Einleitung Konflikte sind allgegenwärtig. Sie entstehen sobald Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, oder Gruppen, die sich durch ihre Struktur von anderen unterscheiden, mit anderen Personen bzw. Gruppen zusammentreffen. In wirtschaftlichen Organisationen entstehen sie meist auf Grund von Kommunikation. Die Ursachen sind aber mannigfacher Natur und werden daher in Unternehmungen unabhängig von ihrer Organisation auftreten. Da Konflikte unumgänglich sind, wollen wir das Konfliktverhalten näher betrachten: Wie müssen sich Konfliktparteien verhalten, um die Konflikte zu lösen und gleichzeitig die Effizienz nicht zu beeinträchtigen? Der Konflikt Konfliktbegriff: Berkel definiert Konflikte als jene "Spannung, die eine Person aufgrund zweier gleichzeitiger, gegensätzlicher oder unvereinbarer Soll-Diskrepanzen" empfindet (weiter Konfliktbegriff) (Berkel, 1978, S. 308). Unter "SollDiskrepanzen" sind die von den Konfliktparteien als gegensätzlich und unvereinbar empfundenen Werte, Interessen, Ziele, Verhaltensweisen usw. zu verstehen. Vertikaler versus horizontaler Konflikt Die Unterscheidung dieser zwei Konfliktarten ist deshalb von großer Bedeutung, da sich für die Handhabung verschiedener Konflikte nur bestimmte Instrumente eignen. In autoritär geführten Arbeitsgruppen sind Konflikte zwischen dem Gruppenleiter und seinen Untergebenen immer vertikaler Art. Da die Konfliktparteien in Arbeitsgruppen, die partizipativ geführt werden, in keinem Über- oder Unterordnungsverhältnis stehen, gibt es immer nur horizontale Konflikte (vgl. Chrstos, 1984, S. 37). Objekt- versus Subjektsphäre Auch diese Unterscheidung ist für die Wahl des passenden Konflikthandhabungsinstruments ausschlaggebend. Der Begriff Objektsphäre umfasst die Summe aller Normen und Regelungen bezüglich der Arbeitsprozesse und der Sachmittelorganisation, die den Fortbestand der Unternehmung gewährleistet. Unter Subjektsphäre hingegen versteht man die persönlichen Denk- und Verhaltensweisen einer Konfliktpartei. Die Denkweisen unterscheidet man in kognitive (erkenntnismässige) Zustände wie Wahrnehmung der Konfliktsituation, der eigenen Person und der gegnerischen Partei etc. und in affektive (gefühlsbetonte) Zustände wie Hass, Liebe, Angst oder Stress (vgl. Pondy, 1967, S. 296 ff). Sachliche versus emotionale Behandlung von Konflikten "Ob ein Konflikt sachlich oder emotionell ausgetragen wird, hängt weniger von der Bedeutung der Konfliktgegenstände als vom Umstand ab, dass sich die Parteien mit dem Konflikte personifizieren" (Chrstos, 1984, S. 38). Problemlösen bei nichtkorrespondierenden Interessen Das Gegenstück zur Kooperation ist die Konkurrenz od. Kommpetition, bei der eine negative Korrespondenz der Erträge vorliegt. Charakteristische Merkmale: Konflikte in Gruppen können vor allem auftreten bei (vgl. Franke, S. 74ff): 2 1) der Zielerreichung: Ein Gruppenmitglied kann seine individuelle Zielsetzung nur auf Kosten der anderen Gruppenmitglieder erreichen. 2) der Kommunikation: Mangelnde Kommunikation oder Fehlkommunikation. Jeder ist daran interessiert, möglichst viel über den anderen zu erfahren, aber nur wenig oder „Entstelltes“ über sich zu verbreiten. Veranlasst die Teilnehmer, Techniken zu entwickeln, die sie mit Informationen über den Partner versorgen, welche dieser nicht freiwillig zu geben bereit ist (spionieren, bespitzeln, überlisten etc.) 3) der Wahrnehmung: Steigert Empfindsamkeit für Unterschiede und Bedrohungen, baut das Bewusstsein für Gemeinsamkeiten ab. Der Sinn für Gegensätzlichkeiten (Dichtomisierung) wird entwickelt und die Neigung zur Fehlwahrnehmung verstärkt. 4) der Einstellung zu anderen: Misstrauische, feindselige Haltung. Verstärkt die Neigung, den anderen für sich auszunutzen und wenig auf seine Anliegen einzugehen. 5) den Informationen: Die Informationskontrolle: Da jeder Teilnehmer nur partiell informiert ist, muss er, um überhaupt am Verhandlungsgeschehen teilnehmen zu können, Informationen austauschen, d.h. Informationen anbieten, um Informationen zu bekommen. Alle Teilnehmer sind wechselseitig informationsabhängig. Das Aushandeln einer befriedigenden Übereinkunft hängt davon ab, wie sie es verstehen, den Informationsaustausch zu kontrollieren. 3 Funktion des Konflikts Im Allgemeinen wird mit dem Begriff "Konflikt" immer etwas Negatives assoziiert. Deshalb wird in Organisationen häufig versucht, Konflikte zu vermeiden. Allerdings ist gerade das Fehlen von Konflikten abnormal und die positiven Funktionen des (offenen) Konflikts können nicht genutzt werden. Die folgenden positiven Funktionen werden aber nur wirksam, wenn sich die Konfliktparteien des Konfliktes auch bewusst sind. Eine positive Seite des Konflikts ist seine Integrationsfunktion, eine andere seine Anpassungsfunktion. Erstere bedeutet, dass interne (Konflikte innerhalb der Gruppe) und externe (Konflikte der Gruppe mit Außenstehenden) Konflikte die Festigung und den Erhaltung der Identität und des Zusammenhaltes der Gruppe fördern. Denn bei internen Konflikte kämpft die Gruppe gemeinsam gegen einen (in der Gruppe), der die etablierten Grenzen der Gruppe zerstören würde. Und externe Konflikte erhalten vor allem die Grenzen gegenüber der Umwelt. Die Anpassungsfunktion bewirkt, dass Personen im Laufe eines Konflikts mit anderen Personen gezwungen werden, sich den veränderten Umweltsituationen, denen sie zuerst skeptisch gegenüberstanden, anzupassen, da sonst die Organisation gefährdet wäre. Konfliktpotential Die Bereiche des Konfliktpotentials sind Überzeugungen, Werte, Attitüden und kognitive Programme. Überzeugungskonflikte entstehen, wenn die Konfliktparteien unterschiedliche Assoziationen mit einem Objekt verbinden. Attitüden sind permanente Einstellungen, die durch Erfahrungen (erlernt oder wahrgenommen) geprägt sind. Es entsteht vor allem dann ein Konflikt, wenn ein Individuum auf ein bestimmtes Bezugsobjekt negativ reagiert. Ein Beispiel dazu: 4 - unpünktliche Mitarbeiter sind schlechte Mitarbeiter - Frau C. ist unpünktlich - Frau C. ist eine schlechte Mitarbeiterin Unter kognitiven Programmen versteht man Elemente der Persönlichkeit, die das Verhalten des Individuums steuern. Personen mit unterschiedlichen Programmen zeigen natürlich voneinander abweichende Verhaltensweisen, wodurch Konflikte ausgelöst werden können, da Forderungen nach Verhaltensänderung einen Angriff auf die Identität des Individuums darstellen. Das latente Konfliktpotential manifestiert sich aber nur in einem Konfliktverhalten, wenn bestimmte Nebenbedingungen vorliegen. Wird z.B. die Randschwelle – die Grenze zwischen Konfliktpotential und Konfliktverhalten – nicht überschritten, so entsteht durch die Konfliktursache kein offenes Konfliktverhalten. Dies liegt unter anderem bei Nicht-Bewusstwerdung der Konfliktträchtigkeit einer Situation oder bei Nicht-Betroffenheit einer Konfliktpartei vor. Das Konfliktverhalten kann aber auch durch unbewusste Verdrängung des Unangenehmen, durch unbewusstes Vergessen, d.h. das Konfliktpotential wird als uninteressant bzw. unwesentlich empfunden, oder durch bewusste Prozesse, wie Abschalten, Ablenken und Unterdrücken, verhindert werden (vgl. Chrstos, 1984, S.40ff). Offenes Konfliktverhalten Die Instrumente (Formen) der Konflikthandhabung Der überwiegende Teil der Problemlösungssituationen in Gruppen dürfte sich wie folgt darstellen: Man verfolgt ein gemeinsames Ziel, wetteifert aber innerhalb der Gruppe um die besten Beiträge oder die Durchsetzung der eigenen Auffassung. Man verhandelt über die Aufteilung des Ertrages, ist aber gleichermaßen daran interessiert, die Verhandlungskosten (Zeit und Aufwand) möglichst niedrig zu halten. 5 Der typische Fall für gemischte Motive ist das sogenannte „bargaining“: die Interessen liegen teilweise im Konflikt (unterschiedliche Präferenzen) und teilweise in Übereinstimmung (niemand will die Verhandlungen unterbrechen). Bargaining kann als Spezialfall des Gruppenproblems angesehen werden, als eine für alle befriedigende Übereinkunft getroffen werden muss. Das übergeordnete Ziel jedes Gruppenangehörigen in der Bargaining-Situation ist es, ein optimales Verhältnis zwischen seinem persönlichen und dem fremden Nutzen herzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedient er sich soweit wie möglich: 1. Der Ertragskontrolle (macht Angebote, stellt Forderungen, verspricht Belohnungen) 2. Der Verhaltenskontrolle (schneidet jedem das Wort ab, lässt ihn „auflaufen“, spielt ihn durch Tagesordnungsmanipulation aus) 3. Der Informationskontrolle (hält Nachrichten zurück, versucht zu überreden) 6 Der Konfliktprozess: Darstellung des Konfliktprozesses Persönlichkeit Konflikt latent vorhanden Individuum betroffen Konfliktpotential nicht versickert Konfliktpotenial versickert Konflikt manifest Friedliche Koexistenz Spannungslinderung erwünscht Spannungslinderung nicht erwünscht Konflikthandhabung -Ignoranz -Isolation aktiv kooperative Diskussion passiv Manipulation Spannungslinderung nicht eingetreten Anpassung Spannugslinderung eingetreten Ende des Konfliktverhaltens Wie schon weiter oben erwähnt, kann sich, wenn das Konfliktpotential versickert, der latente Konflikt nicht manifestieren und es kommt zur friedlichen Koexistenz. Ergibt sich eine Manifestation des Konflikts und ist eine Spannungslinderung erwünscht, kommt es zur Konflikthandhabung, ist keine Linderung erwünscht, zur Ignoranz oder Isolation. Der Konflikt kann nun aktiv oder passiv (Anpassung) gehandhabt werden. Bei der aktiven Handhabung gibt es zwei Möglichkeiten, einerseits die kooperative Diskussion, bei deren erfolgreicher Durchführung es zu einem Ende des Konflikts kommt, und 7 andererseits die Manipulation. Tritt durch letztere keine Spannungslinderung ein, beginnt der Prozess wieder von vorne. Wird die Spannung aber gelindert, wird das Konfliktverhalten beendet. Kooperative Diskussion Die kooperative Diskussion (Problemlösen) ist der aktivste Versuch, in einem Konflikt einen echten Interessenausgleich zu erreichen. Die Grundannahme ist, dass „eine Lösung für eine Partei nicht befriedigend sein wird, wenn sie nicht auch für die andere Partei befriedigend ist“ (Shephard, 1964, S. 134, zitiert in Chrstos, 1984, S. 52) – vor allem in kooperativen Gruppen. Ziel der kooperativen Diskussion ist die Suche der meist bevorzugten Alternative für beide Parteien. Die Diskussion verläuft in drei Phasen. Als erstes wird das Konfliktproblem (Gegenstand und Ursache des Konflikts) gemeinsam definiert, wobei keine der Parteien mit einer fest vorgefassten Definition in die Diskussion treten sollte, da dies die Problemlösung meist ausschließt. Durch die gemeinsame Konfliktdefinition soll das Verständnis für den Gegenstand und auch für die Meinung der anderen Partei erhöht und dadurch psychologische Widerstände gegen deren Auffassung abgeschwächt werden. In der zweiten Phase wird nach möglichen Lösungsalternativen und deren Konsequenzen gesucht. Ziel ist es, ein möglichst breites Spektrum an Lösungsalternativen zu erhalten, weil dadurch die Gefahr eines Gewinn-VerlustMachtkampfes, der meist bei nur zwei Alternativen auftritt, vermieden wird. Zum Schluss werden die möglichen Lösungsalternativen bewertet und eine allgemein befriedigende Konfliktlösung ausgewählt. Zunächst legt jede Partei ihre Präferenzordnung dar, anschließend wird ausgewählt, wobei es wiederum sehr wichtig ist, dass der einzelne Beteiligte keine feste Vorstellung von der besten Lösung haben. „Vielmehr sollte er gemeinsam mit den anderen 8 Beteiligten fortlaufende Vergleiche zwischen mehreren Möglichkeiten und einer bestimmten Alternative, d.h. seiner vorläufigen Vorstellung einer befriedigenden Lösung vornehmen“ (Chrstos, 1984, S. 54). Damit die kooperative Diskussion überhaupt funktioniert, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden. Erstens müssen die einzelnen Beteiligten sehr flexibel sein, besonders in der letzten Phase. Zweitens bedarf es eines intensiven und störungsfreien Verlaufs der Kommunikation. Dazu brauchen die Konfliktparteien zu sämtlichen verfügbaren Informationsquellen freien Zugang und müssen diese Informationen auch verarbeiten können. Außerdem bedingt eine störungsfreie Kommunikation gegenseitiges Vertrauen und Anerkennung. In autoritär geführten Gruppen ist eine kooperative Diskussion ausgeschlossen, da sich das Streben nach Anerkennung eher auf die Vorgesetzten und Gleichgestellten als auf die Untergebenen bezieht. Drittens sollte der beachtliche Zeitaufwand eingeplant sein. Und viertes bedarf es auch der Bereitschaft der einzelnen Konfliktparteien, persönliche Interessen zurückzustellen zu Wohl der Gesamtheit. Diese Voraussetzungen sind aber in der Realität leider selten gegeben. Die einzelnen Konfliktparteien haben sehr selten vollkommen freien Zugang zu allen Informationen. Und die Bereitschaft der Beteiligten, eine Kooperative Diskussion zu führen, ist meist sehr niedrig, da Menschen generell eher danach trachten, andere zu beeinflussen bzw. die eigenen Interessen durch zu setzten. Diese Beeinflussung (Machtausübung) wird allgemein als Manipulation bezeichnet. Manipulation Manipulation im engeren Sinne bezeichnet die Situation, wenn der Beeinflusste nicht merkt, dass überhaupt Macht vorliegt oder dass er durch Machtausübung gelenkt wird. Im weiteren Sinne ist Manipulation jede Aktion eines Machthabers, die den Machtunterworfenen zu einer vom Machthaber erwünschten 9 Verhaltensweise bewegt. Wenn die Strategie des Bluffens angewandt wird, bedarf es gar keiner Machtgrundlage, um manipulieren zu können (die Macht wird ja vorgetäuscht). Andererseits, falls ein Individuum, weil er Manipulation fürchtet und dieser zuvorkommen möchte, sich als Anpasser verhält, braucht der Machthaber nicht zu manipulativen Maßnahmen greifen. Im Folgenden wird nun auf die wichtigsten Manipulationstechniken näher eingegangen. Die Drohung Bei dieser Taktik kündigt der Machthaber dem Machtunterworfenen negative Sanktionen („coercive power“) an, wenn letzterer nicht das gewünschte Verhalten zeigt (z.B. Entlassung). Voraussetzung für die Wirksamkeit der Drohung ist ihre Glaubwürdigkeit. Diese ist unter anderem nicht gegeben, wenn der Drohende über keine Sanktionsmacht verfügt oder wenn die Sanktion für den Machthaber selbst Schaden mit sich bringen würde (Chef ist abhängig von der wertvollen Arbeit des Untergebenen). Die Drohung hilft, ein Mindestmass an Konformität zu erreichen. Außerdem ist sie einfach und schnell zu handhaben. Diesen Vorteilen stehen einige bedeutende Nachteile gegenüber. Die Drohungen stellen eine Bedrohung für die Persönlichkeit des Bedrohten dar. Daher wird er entweder die Organisation verlassen (exit) oder defensive Maßnahmen (wie Sabotage, „Bummeln“, Desinteresse und Absentismus) ergreifen (neglect), wodurch dem Drohenden unter Umständen Schaden entstehen kann. Außerdem fördern die Drohungen das gemeinsame Misstrauen, was das soziale Klima zerstört. Versprechungen Bei Versprechungen kündigt der Machthaber dem Machtunterworfenen positive Sanktionen oder Belohnung („reward power“) an, wenn letzterer die gewünschten Verhaltensweisen zeigt (z.B. Gehaltserhöhung). Die Belohnungen müssen aber nicht immer monetärer Art sein, sie könnte sich z.B. auch in verstärkter Anerkennung zeigen. Oder sie können sich auch in einem „negatives Versprechen“ äußern, d.h. dass der Machtinhaber verspricht bereits 10 angekündigte Drohungen nicht auszuführen. Auch bei dieser Manipulationstaktik besteht das Problem der Glaubwürdigkeit, der Androhende muss über die nötigen Ressourcen verfügen. Reziprozität Das Appellieren an die Reziprozitätsnorm setzt eine Belohnung voraus (im Gegensatz zum Versprechen, bei dem die Belohnung erst folgt), die durch ein entsprechendes Verhalten des Manipulierten ausgeglichen werden soll, indem er sich „erkenntlich“ zeigt. Dies setzt aber voraus, dass der Machtausübende die Reziprozität selbst akzeptiert und sich dem Beeinflussten für die Zukunft verpflichtet fühlt. (z.B. Abteilungsleiter verteidig Angestellten gegenüber Chef, Untergebener ist ihm etwas schuldig; oder Abteilungsleiter hat Gehaltserhöhung für Angestellten durchgesetzt). Vollendete Tatsachen Bei Drohung, Belohnung und Reziprozität bedient sich der Machtausübende seiner Sanktionsmacht, er kann aber auch die Informationsmanipulation als Instrument anwenden. Der Machtausübende trifft ganz bewusst eine Entscheidung, die den Machtunterworfenen zwingt, darauf einzugehen oder erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen (vgl. Kirsch, 1971b, S. 221). Letzterer hat keine Möglichkeit zu Einwänden oder Gegenmaßnahmen, da nach der Bekanntgabe der Entscheidung die Verbindung abgebrochen wird (z.B. Versetzung in eine andere Abteilung oder Entlassung). Überzeugung Die Überzeugung kann auch als eine Art Informationsmanipulation gesehen werden, da ein Individuum versucht das Verhalten eines anderen in der Form zu beeinflussen, indem es dem ihm Informationen zukommen lässt und die beeinflusste Person diese Information ohne Drohung oder Zwang akzeptiert und sich danach verhält. Bei der Überzeugung werden primäre Informationen, die sich ausschließlich auf die betreffende Angelegenheit beziehen, übermittelt, 11 im Gegensatz zu „vollendeten Tatsachen“ und „autorisierten Vorschriften“ (siehe unten), die auch sekundäre Informationen (Informationen über die Person und das Verhalten des Machtausübenden) verwenden. Techniken, die bei der Überzeugung verwendet werden können (vgl. Klis, 1969, S. 122): 1) Name Calling (Dinge beim Namen nennen): „So wie sie das machen, ist es schlecht.“ 2) Glittering Generality (Gebrauch von Schlagworten, mit positiven Konnotationen): „Jedes Mitglied hat sich der Gruppe gegenüber loyal zu verhalten und sein Bestes zu geben.“ 3) Transfer (die Gefühle, Sanktionsmöglichkeiten oder das Ansehen einer Person zur Sprache bringen): „Sie haben mich jetzt aber sehr enttäuscht.“ 4) Testimonial (eine Information mit einer bestimmten Person in Verbindung bringen): „Der Chef ist auch dieser Meinung.“ 5) Plan Folks or Band Wagon („diese Ansicht entspricht der Volksseele“): „Alle Mitglieder sind davon überzeugt.“ 6) Atmosphere Effect (Gestaltung der physischen und psychologischen Umwelt): dezente Background-Musik bei einem Rendezvous 7) Equivocation (den Beeinflussten zunächst durch unklare Redewendungen verwirren, um ihn im Anschluss danach leichter zur Akzeptierung von Informationen bewegen zu können) Autorisierte Vorschriften Der Machtinhaber definiert den Soll-Zustand einer Situation (wie bei der Taktik der vollendeten Tatsache) und der Machtunterworfene muss sich diesem Zustand anpassen, zumal er auch keine Gegenmaßnahmen setzen kann, weil die „Diskussion (...) durch die, das Autorisierungsrecht legitimierenden Normen, 12 abgebrochen“ wird (Kirsch, 1971b, S. 221). Diese Normen sind Bestandteil des sozialen Systems und stützen sich auf die Möglichkeit ihrer Zwangsweisen Durchsetzung, sodass die autorisierten Vorschriften auch Sanktionsmacht beinhaltet. Wechselseitige Manipulation: Die Verhandlung Eine manipulierte Person hat zwei Reaktionsmöglichkeiten. Sie kann sich anpassen (Anpassung) oder selbst zu manipulativen Maßnahmen greifen (Verhandlung). Diese Entscheidung hängt davon ab, wie viel Macht die Person gegenüber den übrigen Beteiligten besitzt. Debatten sind parteiische Diskussionen, bei denen die Gegner ausschließlich die Taktik des Überzeugens verwenden. Wenn alle Beteiligten zusätzlich die Taktik des Drohens bzw. Versprechens benützen, sodass sie das gesamte verfügbare Repertoire an manipulativen Maßnahmen ausschöpfen können, spricht man von Aushandlungsprozessen. Der Verhandlungsprozess läuft in drei Phasen ab. In der ersten versuchen die Beteiligten Informationen über den gegnerischen Verhandlungsbereich - dieser ergibt sich zum einen aus der Annahme, wie die gegnerische Partei einzelne Alternativen bewertet und zum anderen aus den den Gegner gestellte Minimalund Maximalforderungen – zu gewinnen. Jeder Verhandlungspartner möchte natürlich verhindern, dass der Gegner über seinen (realen) Verhandlungsbereich – v.a. seine Minimalforderung – Bescheid weiß, woraus sich ein Zustand unvollständiger Information ergibt. Die Gegner versuchen nun durch Spionage, Provokation oder indirekt aus der Kenntnis früheren Verhandlungsverhaltens des anderen Informationen zu gewinnen. In der zweiten Phase kommt es zu einer Veränderung des gegnerischen Verhandlungsbereiches. Dies kann einerseits dann geschehen, wenn eine 13 Konfliktpartei zu hohe Forderungen stellt, weil sie die Minimalforderungen des Gegners zu niedrig eingeschätzt hat. Die „benachteiligte“ Partei muss dann der anderen die berichtigten Informationen zukommen lassen. Andererseits können die Veränderungen beabsichtigt sein, um ein besseres Ergebnis zu erzielen. Dies kann direkt durch Überzeugung und indirekt durch Verweisen auf die Sanktionsmacht erreicht werden. In der dritten Phase wird der Kompromiss gefunden. Die Kompromisslösung ist „dann gefunden, wenn Partei A erwartet, dass B nicht erwartet, von A könne man weitere Konzessionen erwarten – und umgekehrt“ (Thiele, 1968, S. 255). „Focal Points“ zeichnen sich durch Symmetrie (d.h. diese Alternative liegt in der Mitte des Verhandlungsbereichs) und Einfachheit aus und erleichtern die Lösung (vgl. Walton/McKersie, 1965, S. 51f, zitiert in Chrstos, 1984, S. 65). Das Verharren einer Konfliktpartei auf einer Alternative ist eine zweite Möglichkeit der Kompromisslösung, wenn jene Partei nicht unbedingt auf eine Einigung angewiesen ist (vgl. Walton/McKersie, 1965, S. 82ff, zitiert in Chrstos, 1984, S. 65). Gelingt es nicht, einen Kompromiss zu finden, bleibt noch die Möglichkeit der Schlichtung durch eine Drittpartei. Diese Alternative ist aber nur wirksam, wenn sich die Parteien an den Schiedsspruch gebunden fühlen. In einem Unternehmen wird der gemeinsame Vorgesetzte die Rolle das Schiedsrichters übernehmen, weil er Sanktionsmacht besitzt und dadurch gewährleistet wird, dass sich die Konfliktparteien an das Urteil anpassen. Lehnen die Parteien ein Dritt-Parteien-Urteil ab und handelt es sich bei dem Konfliktgegenstand um eine Nebensächlichkeit, so kann ein Zufallsurteil den Konflikt beenden. Diese Methode wird aber sehr selten angewandt. 14 Anpassung „Durch die Anpassung einer Konfliktpartei an die Manipulation durch die gegnerische Partei bzw. an das Ergebnis der kooperativen Diskussion wird ein externes Gleichgewicht hergestellt und die Konfliktsituation entspannt“ (Chrstos, 1984, S. 69). Es gibt laut Lindblom (1965, S. 35ff, zitiert in Chrstos, 1984, S. 69) drei Formen der Anpassung. Erstens, die parametrische, bei der der Anpasser die Forderung des Gegners als fix ansieht und die Konsequenzen der Anpassung nicht beachtet. Zweitens, die unterwürfige, bei der negative Konsequenzen für den Anpasser vermieden werden und drittens die kalkulierte, bei der der Anpasser die Konsequenzen bewusst in Kauf nimmt, da er sich davon einen Vorteil verspricht. 15 Zusammenfassung der Manipulationstaktiken: Manipulation wechselseitig einseitig Verhandlung Kompromiss nicht möglich keine Schlichtung Schlichtung Zufallslos Dritt-ParteienUrteil Kompromiss möglich einzige Machtbasis: Sanktionen einzige Machtbasis: Information -Drohung -Versprechen -Reziprozität -Vollendete Tatsachen -Überzeugung autorisierte Vorschriften Kompromiss 16 Lösungsmodelle von Schulz & Frey (vgl. S. Schulz & D. Frey in Elisabeth Ardelt-Gattinger, Hans Lechner und Walter Schlögl (Hrsg.), S. 156 ff) 1. Die Gruppe sollte möglichst heterogen besetzt sein – eine Vielzahl von Standpunkten und Perspektiven im Entscheidungsgremium sollte vertreten sein. Dies beugt vorschnellem Konsens vor und verhindert das entscheidungsautistische Selbstbestätigungsmechanismen die Gruppe beherrschen. Minoritäten lösen immer wieder produktive Konflikte aus die der Gruppe kreativere Ideen bringen und bessere Entscheidungen ermöglichen. 2. Die Gruppe sollte sich regelmäßig in Subgruppen aufteilen, die über dasselbe Problem beraten. (vgl. Janis, 1982). Innerhalb jeder Gruppe bildet sich nach einiger Zeit eine dominante Sichtweise des Entscheidungsproblems heraus, die nicht zwangsläufig richtig sein muss – Subgruppen sollen helfen Offenheit für neue Informationen zu behalten. 3. Anstelle einer Harmonienorm sollte in der Gruppe die Norm des kritischen Rationalismus herrschen, d.h. alles kann hinterfragt werden, niemand ist perfekt und Fehler sind erlaubt. 4. Externe Experten sollten von Zeit zu Zeit zu Gruppendiskussionen eingeladen werden. Die reflektieren kritisch und sind nicht „betriebsblind“. 5. Innerhalb der Gruppe sollten klare Zuständigkeiten zugeteilt werden, so dass Expertenrollen transparent sind. 6. Bei wichtigen Sitzungen sollte eine diskursive Entscheidungstechnik eingesetzt werden z.b. devils advocacy oder dialectial inquiry. 17 7. Der Gruppenführer sollte als unparteiischer Koordinator und Mentor fungieren. 8. „Teamreflexivität“ ist sehr wichtig. Ausblick: In der Konfliktforschung gibt es sehr unterschiedlich Ansichten und Meinungen, die sich gegenseitig widersprechen, aber alle für sich logisch und begründet sind. Zum Beispiel meint Pondy (1969, S. 499ff), dass die Machtverhältnisse eine Konfliktquelle seien, aber Boulding (1964b, S. 136ff zitiert in Chrstos, 1984, S. 84) sieht in ihnen eine Möglichkeit der Konfliktlösung und –vermeidung. Für Corwin (1969, S. 507ff) stellen strikte Regelungen des Arbeitsablaufes ein Konfliktpotential dar, Mulder (1978, S. 22ff, zitiert in Chrstos, 1984, S. 84) ist vom Gegenteil überzeugt. Diese Liste ließe sich noch lange fortsetzten. Unserer Meinung nach gibt es keine Konflikthandhabungsmöglichkeit, die auf jeden Konflikt passt. Es kommt immer auf die Personen, die in den Konflikt involviert sind, die Begleitumstände und den Inhalt des Konfliktes an, welche Instrumente man am Besten zur Lösung des Konflikts einsetzten sollte. 18 Literaturverzeichnis: Ardelt-Gattinger, Elisabeth, Lechner, Hans und Schlögl, Walter (Hrsg.), „Gruppendynamik (Anspruch und Wirklichkeit in Gruppen)“, Verlag für Angewandte Psychologie Göttingen, 1998 Berkel, K., „Konflikte und Konfliktverhalten“, in: Mayer, A. (Hrsg.), „Organisationspsychologie“, Stuttgart, 1978, S. 305 – 331 Corwin, R.G., „Patterns of Organizational Conflict”, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 14, 1969, S. 507 – 521 Chrstos, H., “Konflikthandhabung in Arbeitsgruppen”, Diss, Wien, 1984 Franke, Heinz, „Das Lösen von Problemen in Gruppen“, Goldmann Verlag, 1975 Kirsch, W., „Entscheidungsprozesse“, 3. Band: „Entscheidungen in Organisationen“, Wiesbaden, 1971 Klis, M., „Willensdurchsetzung durch Überzeugung und Manipulation – ein Beitrag zur Analyse betriebswirtschaftlicher Führungsstile“, Diss., 1969 Pondy, L.R., „Organizational Conflict: Concepts and Models“, in: Administrative Science Quarterly, 1967, S. 296ff Pondy, L.R., “Varieties of Organizational Conflicts”, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 14, 1969, S. 499 – 506 Thiele, L.D., “Konflikte im Entscheidungsprozess der Unternehmungsorganisation”, Diss., 1968 19