Dritter Adventsonntag (16.12.2012) Sonia Salamon 1. Kurze Auslegung von Lk 3,10-18 Die vorliegende Perikope enthält einen Ausschnitt aus der Bußpredigt des Johannes. Im Unterschied zu Mt sind in der Bußpredigt nach Lk die Adressaten das Volk (V 7). Die Perikope wird mit einer Frage des Volkes (V 10) eingeleitet: „Was sollen wir also tun?“. Insgesamt wird diese Frage dreimal gestellt, denn ebenso fragen in V 12 die Zöllner danach und in V 14 die Soldaten. Gleichzeitig wird diese Frage zur persönlichen Frage an den Lesenden bzw. sie kann als Aufforderung verstanden werden, eine handlungsorientierte Antwort zu finden. Johannes weist in seinen Antworten die Fragenden nicht daraufhin, dass diese seine persönliche Lebensgestaltung teilen sollen. Vielmehr nimmt er ihre Beziehung zu den Menschen und ihre Lebenswirklichkeit in den Blick. So geht es in der ersten Antwort darum, mit den Armen und Bedürftigen (entsprechend alttestamentlicher Weisungen) zu teilen. Die Zöllner und Soldaten fordert er nicht auf, ihren Beruf aufzugeben, sondern er fordert sie auf, gesetzlich und gerecht zu handeln. Somit wird die Umkehr durch die Umkehr zu Gott und im gerechten Leben und Handeln verwirklicht. V 15 leitet dann zur Frage über, ob Johannes nicht der Messias sei. Obwohl in den beiden vorausgehenden Kapiteln des Lukasevangeliums diese Frage bereits geklärt wurde, wird sie hier erneut thematisiert. Wahrscheinlich nimmt der Erzähler die Frage nochmals auf, weil es damals eine Gruppierung gab, die Johannes als Messias verstand. In V 16 verweist daher Johannes selbst darauf, dass ein Stärkerer kommen wird – der Name Jesus wird nicht genannt. Es wird eine Spannung aufgebaut, obwohl für die Lesenden bereits klar ist, auf wen verwiesen wird. Erst in den kommenden Versen, welche sich auf die Taufe Jesu beziehen, erscheint dann Jesus. Mit Johannes wird die christliche Taufe angekündigt, welche die Wassertaufe mit der Geisttaufe verbindet. Bereits die Wassertaufe des Johannes ist in der damaligen Zeit ein Novum: Wasserbäder waren nämlich vorwiegend Reinigungsbäder, die selbst und öfters vollzogen wurden. Die Wassertaufe des Johannes ist ein Zeichen der Umkehr und Vergebung der Sünden (setzt also das Sündenbekenntnis voraus). Sie wird nur einmal vollzogen und ist keine Selbsttaufe. Der abschließende V 17 greift die alttestamentliche Gerichtssprache auf (sie ist ebenso in den vorausgehenden Versen 7-9 zu finden). 2. Zielsatz Den Hörerinnen und Hörern wird bewusst, dass Umkehr nicht nach abgehobenen Idealen verlangt, sondern im konkreten menschlichen Leben ansetzt, und zwar in der Art und Weise, wie wir unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen gestalten. 3. Predigtgedanken Motivation Zwiespältig erleben viele von uns diese Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Auf der einen Seite die Vorfreude, die vielen Bräuche und Traditionen, welche eine besondere Atmosphäre vermitteln, und gleichzeitig der bekannte Weihnachtsstress, die Gedanken daran, was noch alles zu erledigen bzw. zu besorgen wäre, Weihnachtslieder und Weihnachtsbräuche bereits jetzt in der Adventszeit, sodass vielen von uns am Weihnachtstag die Luft bereits raus ist. Dazu haben wir heute geradezu ein Kontrastevangelium gehört, wenn wir an die Figur des Johannes des Täufers denken und uns in Erinnerung rufen, in welchen einfachen Verhältnissen und unter welchen Bedingungen Johannes der Täufer lebte. Problemfragen Es stellt sich die Frage, ob mit dem heutigen Evangelium uns Johannes, der Täufer, als Vorbildfigur vor Augen gestellt wird? Müssen wir also dementsprechend unser gesamtes Leben umkrempeln bzw. alles Bisherige aufgeben, um christliche Umkehr zu leben? Versuch und Irrtum Das Wort „Umkehr“ kann leicht zu diesem Gedankengang verleiten. Das würde also heißen, ich kehre um, schlage eine ganz andere Richtung ein und lasse alles andere hinter mir. Lösung Das heutige Evangelium versteht Umkehr in einem anderen Sinn. Johannes hat ja die Zuhörenden zur Umkehr aufgefordert, ihnen aufgezeigt, dass ihre Lebensweise verhindert, Gott zu begegnen. Sehr bewegt und beeindruckt von diesen wohl sicher auch harten Worten des Täufers haben die Menschen ihn gefragt: Was sollen wir tun? Johannes forderte sie aber nicht auf, alles aufzugeben und dann etwa so zu leben, wie er es tat. Sondern er setzte in der jeweiligen Lebenssituation seiner Zuhörenden an. So forderte er auf, die Beziehungen zu den Mitmenschen in den Blick zu nehmen und entsprechend moralisch zu handeln: Wer etwas hat, soll auch dem anderen etwas davon geben. Wörtlich heißt es im Evangelium: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat. Er sagte also nicht, dass er alles - in diesem Beispiel beide Gewänder - hergeben muss, sondern einen Teil demjenigen, der keines hat. Spannend wird es noch einmal als die Zöllner dieselbe Frage stellen: Was sollen wir tun? Zöllner waren zurzeit Jesu unbeliebt, da sie die Steuern eingetrieben haben. Zudem war es wohl gang und gebe, dass Zöllner einiges in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Und welche Antwort erhalten sie? Sie sollen nicht mehr verlangen, als festgesetzt ist. Sie werden also nicht aufgefordert, ihren Beruf aufzugeben, sondern gemäß ihrem Dienst nur das zu verlangen, was festgesetzt ist. Eine ähnliche Antwort erhalten auch die Soldaten: Sie werden auch nicht aufgefordert ihren Beruf aufzugeben, sondern niemanden zu misshandeln, niemanden zu erpressen und sich mit dem zufrieden zu geben, was sie verdienen. Johannes setzt also in der jeweiligen Lebenssituation der Menschen an und wie sie ihre Beziehung zu den Mitmenschen gestalten. Und dort setzt er die nötige Umkehr an. Lösungsverstärkung Die Botschaft des heutigen Evangeliums kann uns also einerseits entlasten, denn sie verbindet Umkehr nicht mit hohen Idealen, wie etwa so zu leben wie Johannes. Andererseits fordert sie uns auch heraus, unsere Beziehungen in den Blick zu nehmen: Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um? Diese Adventszeit lädt uns wieder ein, umzukehren. Umzukehren zu Gott durch ein gerechtes Leben und Handeln an unseren Mitmenschen.