1. Woher kam die Idee der funktionellen Lebensmittel? - PH

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Funktionelle Lebensmittel - Wirkungen und Risken?
Der Tag beginnt mit einem ACE-Saft, Müsli angereichert mit Kalzium und Brot,
bestrichen mit einem phytosterinangereicherten Aufstrich. Der Apfel zur Jause
entfällt, statt dessen ein synbiotisches Joghurt. Mittag wieder ein Vitamin C
angereicherter Orangensaft, zwei Omega-3-Eier und ein mit Folsäure angereichertes
Weckerl. Als Nachspeise noch schnell einen Schokoriegel mit Oligofructose. Abends
gönnen wir uns dann ein Schlemmermahl nach einem Tag „gesund gelebt“.
Dies ist kein futuristisches Szenario für die Kids von morgen, sondern ein heute
realisierbarer Menüplan. Bei den erwähnten Lebensmitteln handelt es sich um
sogenannte Functionalfood-Produkte, das sind Lebensmittel, die einen
gesundheitlichen Nutzen über die normalen Lebensmittelinhaltsstoffe hinaus
versprechen.
Functionalfood angereichert mit einer Vielzahl an Substanzen, liegen im
Trend - sowohl bei den Nahrungsmittelproduzenten als auch bei den
Konsumenten/innen. In Europa fallen fast zwei Drittel der einschlägigen Umsätze auf
bakteriell „aufgemotzte“ Produkte. Kein Großkonzern – ob Nestlé, Unilever, Danone,
Numico, Hero, Wander oder Emmi - konnte sich dieser Entwicklung entziehen.
Man wendet sich seitens der Industrie nicht mehr an kranke Konsumenten mit ihren
Mangelerscheinungen, sondern heute geht es viel differenzierter um gesunde
Verbraucher/innen, die ein spezifisches „Ernährungsplus“
zur Erhaltung der
Gesundheit und des Wohlbefindens wünschen. Unter Ausnutzung des generell
zunehmenden
Gesundheitsbewusstseins
werden
die
Grenzen
zwischen
Nahrungsmitteln und Pharmazeutika immer mehr vermischt und den Lebensmitteln
Wirkungen zugesprochen, die bisher nur Arzneimitteln vorbehalten war. Aus der
Sicht der Konsumenten verlieren diese Produkte sehr rasch den Charakter des
Arzneimittels und werden Bestandteil der „normalen“ Ernährung, was die
Hemmschwelle, diese Produkte regelmäßig zu essen, praktisch fallen lässt.
Vitafood = neuer Überbegriff
Die angebotene Palette in diesem Kontext gezielt entwickelter Nahrungsmittel
umfasst außer denen aus dem Bereich Functionalfood (mit Zusatzstoffen, die einen
medizinischen Nutzen und gesundheitliche Vorteile versprechen) auch
Nutraceuticalfood (mit Substanzen, die einen medizinischen Nutzen ausschließlich
zur Verhinderung oder Heilung von Krankheit verheißen) sowie Designerfood (mit
Stoffen, die auf natürliche Art Krankheiten verhindern sollen).
Die Zielgruppen für diese Arten von neuen Ernährungsprodukten sind
dementsprechend weit gestreut – vom Baby bis zu den Senioren, vom intellektuell
besonders Geforderten bis zum Leistungssportler, vom Kranken bis zum
Rekonvaleszenten.
Unterschiedliche Darstellung – Lebensmittelhandel, Konsumenten
Lebensmittelhandel: Nutritionalfood, Disignerfood
Pharmafirmen: Nutraceuticals, Pharmafood, Agromedicalfood, Medicalfood
Konsumenten: Healthy food, FOSHU (food for special health), Wellnessfood
1
1. Woher kam die Idee der funktionellen Lebensmittel?
Japan ist das Land mit der längsten Erfahrung in diesem Bereich – dort kennt man
funktionelle Lebensmittel schon seit 50 Jahren. Die asiatische Lebensweise ist stärker
mit dem Gedanken verbunden, dass Lebensmittel auch heilende Wirkungen haben
können. Seit 1991 gibt es in Japan auch gesetzliche Regelungen für diese
Lebensmittel. 70% der in Japan angebotenen funktionellen Lebensmittel sind
Getränke.
In der EU beschäftigte man sich seit den 90iger Jahren mit funktionellen
Lebensmitteln. Rein rechtlich unterscheiden sich diese Lebensmittel nicht von den
herkömmlichen, bzw. von speziellen Diätprodukten, da es in der EU dafür keine
Regelung gibt. Diese Lebensmittel dringen jedoch immer stärker in Bereiche vor, die
bisher den Arzneimitteln vorbehalten war, deshalb werden diese Lebensmittel auch
manchmal als Pharmafood oder Nutraceuticals1 bezeichnet.
Da es außer in Japan noch keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, ist die
Bestimmung sehr oft eine ausschließlich juristische. Es besteht aber in Fachkreisen
weitgehend Übereinkunft, dass Lebensmittel nicht in Form von Tabletten, Kapseln,
oder Pulver anzubieten sind. Da Arzneimittel zugelassen werden müssen, haben die
Hersteller funktioneller Lebensmittel nur darauf zu achten, dass ihre Produkte die
Richtlinien des Lebensmittelgesetzes nicht überschreiten. Es dürfen auch keine
krankheitsbezogenen Aussagen als Marketinginstrument gemacht werden.
2. Wie wird ein Lebensmittel zu Functionalfood?
Die in den Lebensmitteln eingesetzten Substanzen werden im Reagenzglas und in
Tierstudien getestet2. Dies sagt aber wenig darüber aus, wie eine Substanz im
Menschen tatsächlich wirkt. Von Seiten der Ernährungswissenschafter wird als
bedenklich dargestellt, dass viele Substanzen nicht nur in einem FunctionalfoodProdukt enthalten sind. Möglicherweise könne die Summe des Konsums von
bestimmten Substanzen in Säften, Joghurts etc. am gleichen Tag die akzeptable
Tagesdosis übersteigen (ADI-Wert3) und damit gefährlich werden. Dies trifft vor
allem auf jene Erwachsen zu, die sich einseitig ernähren, ganz besonders aber auf
Kinder.
3. Arten von Functionalfood
Functionalfood wird von den Herstellern oft als die Lösung für alle
Ernährungsprobleme angeboten. Keine Lust auf das Kochen von Gemüse? Macht
nichts, ein Functionalfood-Produkt soll das Gemüse ersetzen – vielleicht ein
Schokoriegel mit Vitaminen und Ballaststoffen angereichert. Andere Lebensmittel
wurden zu Functionalfood, weil ihnen ein krankmachender Stoff entzogen wurde.
1
2
3
Nutraceutical ist eine Wortschöpfung aus nutrient= Nährstoff und pharmaceutical = pharmazeutich
GRAS: Generally recognized as safe
ADI steht für Acceptable Daily Intake – die höchstduldbare Tagesdosis
2
Angereicherte Lebensmittel im Überblick
1. Mit bestimmten Bakterienstämmen angereichert – sie sollen die Darmflora
günstig beeinflussen in probiotischem4 Joghurt
2. Mit Ballaststoffen angereichert – sie sollen die Verdauung verbessern, wirken
sättigend: z.B. Oligofructose5 in präbiotischem Joghurt, Getränken oder Kekse
3. Mit Antioxidantien angereicherte Lebensmittel – sie sollen die Entstehung von
aggressiven Molekülen im Körper verhindern: Vitamine C, E, Beta-Carotin
(Vorstufe zum Vitamin A)
4. Mit sekundären Pflanzeninhaltsstoffen angereichert - sie sollen den
Cholesterinspiegel senken: Flavonoide, Phenole, Lycopin, Phytosterine;
Phytoöstrogene; Energy-Drinks
5. Mit Omega-3-Fettsäuren angereichert - sollen die Blutfettwerte positiv
beeinflussen. Eier, Käse, Margarine6
3.1 Pro-, prä- und synbiotische Lebensmittel
Seit den 80iger Jahren ist bekannt, dass die Zusammensetzung der Darmflora eine
wichtige Rolle spielt (vergl. Paracelsus: „Der Tod sitzt im Darm“). Eine gesunde
Darmflora besteht aus 400-500 verschiedenen Stämmen von Mikroorganismen.
Milchsäurebakterien und Bifidobakterien werden schon seit langem positive
Eigenschaften auf die Darmgesundheit zugesprochen.
Problematisch ist jedoch, dass die meisten Bakterien durch die Magensäure oder die
Gallensäuren abgetötet werden, ehe sie in den Dickdarm gelangen können. Die in
probiotischen Lebensmitteln vorkommenden Bakterienstämme sind gegen die
Verdauungssäfte widerstandsfähiger.
Probiotische Mikroorganismen werden aus dem Darm von Säuglingen isoliert und die
Fähigkeit zur Vergärung von Milchzucker ist bei ihnen weniger ausgeprägt als bei
herkömmlichen Bakterienstämmen. Daher werden sie meist nach der Fermentation
zugesetzt.
Probiotische Kulturen müssen folgenden Ansprüchen genügen:
 Ihre Herkunft muss aus dem menschlichen Darm sein
 Sie müssen hohe Stabilität gegenüber Säuren und Gallensalzen aufweisen
 Es darf keinerlei Gesundheitsrisiko bei der Anwendung beim Menschen
entstehen
 Die gesundheitsfördernde Wirkung muss im Tierversuch nachweisbar sein.
Pro bios = griechisch: für das Leben
Fructooligosaccharide – vermehren Bifidusbakterien, verringern Clostridien
6 AID (2000): Functional Food, S.
4
5
3
In letzter Zeit mehren sich jedoch die kritischen Stimmen gegenüber diesen
Bakterienkulturen und ihren bedingungslosen Anwendungen im Ernährungsbereich:
z.B. im Wiener Hanusch-Krankenhaus wurde die Verabreichung von probiotischer
Joghurt nach einer Probephase wieder eingestellt, da sich zeigte, dass bei den
kranken Menschen die Immunabwehr durch sie eher geschwächt als gestärkt wurde.
Was sind Präbiotika?
Präbiotika sind bestimmte Ballaststoffe, die bevorzugt von Bifidobakterien im Darm
als Nahrung verwendet werden. Sie sollen das Wachstum der physiologischen
Darmflora fördern und eine pathogene Darmflora verhindern helfen.
Die bei uns am häufigsten verwendeten Ballaststoffe sind Inulin und
Oligofructose.
Beide werden durch Heißwasser-Extraktion aus den Zichorienwurzeln gewonnen.
Inulin kommt in natürlicher Form auch noch in Schwarzwurzeln und Topinambur vor.
Inulin
weist
auch
neben
der
Wirkung
als
Ballaststoff
günstige
lebensmitteltechnologische Eigenschaften auf. Es verleiht den Cremespeisen ein
cremiges, fettartiges Mundgefühl, sodass Fette teilweise damit ersetzt werden
können. Dies kommt besonders bei kalorienreduzierten Speisen zum Tragen, da die
Fructoseketten von Inulin nur ein Viertel der Energiemenge von Fetten liefern.
Außerdem können sie größere Mengen von Wasser binden und sind damit auch ein
Verdickungsmittel. Da sie auch leicht süß sind, kann auch Zucker eingespart werden.
Was sind synbiotische Lebensmittel?
Einige probiotische Lebensmittel (wie z.B. Milchprodukte) enthalten gleichzeitig auch
präbiotische Inhaltsstoffe, die wiederum die Ansiedlung von physiologischen Keimen
im Darm bewirken sollen.
Synbiotische Produkte am Markt:
- Milchprodukte:
Käse,
Hüttenkäse,
Joghurt,
Milchmischerzeugnisse,
Kleinkindernahrung
- Halbfettmargarine
- Getränke
- Schlankheitsdrinks in löslicher Pulverform
Bewertung aus Verbraucher/innensicht
- In Studien konnte nachgewiesen werden, dass das Wachstum von
krankheitserregenden Mikroorganismen mit Hilfe von Präbiotika unterdrückt
werden kann. Darüber hinaus regen die Ballaststoffe, wie allgemein bekannt
ist, die Verdauung an.
- Klinische Studien bei Kleinkindern zeigten, dass die Dauer der
Durchfallerkrankungen durch den regelmäßigen Verzehr von probiotischen
Kulturen verkürzt werden kann (insbesondere bei Erkrankungen durch
Rotaviren), auch Durchfälle bei medikamentösen Therapien oder
Strahlentherapien bei Erwachsenen können gemildert werden.
- Personen mit Lactoseintoleranz vertragen probiotische Produkte besser
- Die therapeutische Wirkung kann aber nur erzielt werden, wenn ein Gramm
eines probiotischen Lebensmittels mindestens eine Mill., besser jedoch 3-10
Mill. Keime enthält.
4
-
-
Die Frische der Produkte ist ein wesentliches Kriterium für deren
therapeutische Wirksamkeit. Nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit ist damit zu
rechnen, dass die Keimzahl rapide abfällt.7
Probiotika in anderen Lebensmitteln aufzunehmen (wie z.B. in Müsliflocken,
Salami) erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, da Belege für
ihre Wirksamkeit nicht vorliegen.
3.2 Lebensmittel mit Antioxidantien
Antioxidantien sind Verbindungen, die Oxidationsprozesse in den Zellen verhindern
sollen. Ausgelöst werden sie durch bestimmte Sauerstoffverbindungen, die als „freie
Radikale“ bezeichnet werden. Freie Radikale sind hoch reaktiv, d.h. sie reagieren
sehr leicht mit anderen Verbindungen und verändern dabei deren chemische
Struktur. Sie kommen überall vor, also finden derartige Reaktionen auch im
menschlichen Körper ständig statt. Besonders empfindlich gegenüber freien
Radikalen sind die Zellmembranen und die Chromosomen.
Es wird vermutet, dass freie Radikale an der Krebsentstehung, an der Bildung von
Herz-Kreislaufproblemen und an der Entstehung von grauem Star beteiligt sind.
Antioxidantien sind Verbindungen, die freie Radikale abfangen und stabilisieren
können, ohne dabei selbst zerstört zu werden.
Wichtige Antioxidantien sind:
- Vitamin C und E
- Pflanzliche Farbstoffe: Carotinoide und Flavonoide
Da diese Substanzen vor allem im Obst und Gemüse enthalten sind, empfehlen
Experten vor allem den Konsum dieser Lebensmittel.
Produkte am Lebensmittelmarkt
ACE-Getränke: der Gehalt an Betacarotin ist meist sehr hoch, sodass 1/8 l ausreicht,
den Tagesbedarf zu decken.
Bewertung aus Verbraucher/inennsicht
Bei Vitamin A sind Überdosierungen gefährlich, daher ist auf die tägliche
Höchstmenge zu achten (10 mg/Tag, was ca. einem halben Liter eines ACEGetränkes entspricht).
Eine Studie der Univ. Bonn zeigte auch, dass die antioxidative Wirkung von ACEGetränken im Vergleich zu üblichen Fruchtsäften gar nicht viel höher ist.
Gewöhnlicher Orangensaft enthielt mehr als ACE-Säfte. Auch grüner Tee ist reich an
antioxidativen Stoffen.
3.3 Lebensmittel mit Zusatz von Omega-3-Fettsäuren
Seit entdeckt wurde, dass Inuits ein geringeres Herzinfarktrisiko haben, gelten
Fischöle als besonders wertvoll. Sie zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an
Omega-3-Fettsäuren aus, die der Körper nicht selbst aufbauen kann. Sie werden
gebraucht für den Aufbau von Neurotransmittern und zur Aufrechterhaltung der
7
vergl. Stiftung Warentest, Heft 7/98
5
Immunfunktion im Körper. Sie können auch dazu beitragen, die Fließgeschwindigkeit
des Blutes zu heben und damit Blutgefäßerkrankungen vorbeugen.
Arten der Omega-3-Fettsäuren:
- DHA (Decosahexaensäure)
- EPA (Eucosapentaensäure)
- α-Linolensäure
Die Wirkung der α-Linolensäure ist jedoch nur halb so hoch wie die der DHA und der
EPA. Sie kommt in Lein-, Raps- und Sojaöl vor.
DHA und EPA kommen vor allem in Meeresfischen (Hering, Makrele, Lachs) vor.
Bedingt durch den bei uns geringen Fischverzehr liegt die durchschnittliche Zufuhr
unterhalb der Empfehlungen (0,3 – 0,4 g EPA und DHA; 1,5 g α-Linolensäure).
In manchen europäischen Ländern werden Omega-3-Fettsäuren bereits der
Babynahrung, Kuchen, Brot und Margarine zugesetzt. Auch Omega-3-Fettsäurenreiche Eier können durch Zusatz von Fischöl, Algen und Leinöl bei der Fütterung
erreicht werden. Auch Erfrischungsgetränke werden mit Omega-3-Fettsäuren
angereichert.
Bewertung aus Verbraucher/innensicht
Experten/innen sind der Meinung, dass die Omega-3-Fettsäuren zwar essentiell sind,
ihr Bedarf jedoch durch natürliche Lebensmittel und nicht durch angereicherte
gedeckt werden sollte. Omega-3-Fettsäuren sind nämlich in isolierter Form besonders
empfindlich gegen Oxidationsprozesse und das Problem der freien Radikalenbildung
ist daher in angereicherten Produkten besonders hoch.
Außerdem wird durch die vermehrte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren auch der
Vitamin E-Bedarf erhöht.
Wesentlich empfehlenswerter ist die Einplanung von 1-2 Fischmahlzeiten pro Woche
und die Marinaden mit Omega-3-Fettsäuren-reichen Marinaden zuzubereiten. Auch
der Eikonsum sollte wegen der darin vorkommenden Omega-3-Fettsäuren nicht
gesteigert werden, denn das würde wieder den Cholesterolspiegel ungünstig
beeinflussen.
3.4 Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe / Wellness-Produkte8
Inhaltsstoffe: Flavonoide, Phenole, Lycopin, Phytosterine;
Diese Produkte werden damit beworben, dass sie das psychische Wohlbefinden
steigern, eine entspannende Wirkung haben oder auch anregend sind. Auch eine
erhöhte Konzentrationsfähigkeit und Ausgeglichenheit werden in der Werbung
angepriesen.
Produkte: Fruchtsäfte, Gemüsesäfte, coffeinhaltige Getränke, Limonaden.
Bevorzugte Inhaltsstoffe dabei sind Kräuterauszüge (Melisse, Ginseng, Hopfen,
grüner Tee).
Bewertung aus Verbraucher/innensicht:
Die pharmakologische Wirkung dieser Produkte ist nicht in
nachgewiesen. Viele der angepriesenen Produkte sind auch zu süß.
8
jedem
Falle
Wellness= engl. Wohlbefinden
6
3.4.1 Energy-Drinks
Der Name ist irreführend, da diese Produkte nicht wegen der in ihnen steckenden
Erergiemenge, sondern wegen ihrer belebenden Wirkung getrunken werden dementsprechend auch die Bezeichnung: Magic Man, Red Bull,...
Die belebende Wirkung dieser Getränke geht vom Coffein aus, das meist aus
Guarana (Samen einer tropischen Schlingpflanze) stammt.
Einige Energy-Drinks enthalten auch Taurin (= ein Abbauprodukt der Aminosäure
Methionin) das im Körper die Aufgabe der Signalübertragung an der Zellmembran
hat.
Weitere Inhaltsstoffe von Energy-Drinks sind neben Zucker-Myo-Inosit und
Glucoronolacton (beides Polysaccharide), die auch in der Nahrung normal enthalten
sind.
Bewertung aus Verbraucher/innensicht
Die angepriesene Wirkung kann genauso durch Tee oder Kaffee erzielt werden.
Wesentlich ist jedoch, dass Energy-Drinks keine geeigneten Getränke für Kinder sind.
Ihre dehydrierende Wirkung (neben der Gefährlichkeit sie mit Alkohol zu vermischen
und groben Fehleinschätzungen zu unterliegen) ist gerade bei viel Bewegung darauf
zu achten, dass genug getrunken wird. Darüber hinaus sind bei diesen Produkten vor
allem auch die Verpackungen zu kritisieren.
7
Light Produkte
Immer mehr Alltagslebensmittel schmücken sich mit dem Zusatz "light" oder
"limited". Diese Begriffe meinen aber nicht das Gleiche: Leicht, light kann heißen:
- leicht bekömmlich
- kalorienreduziert, kalorienarm
- alkoholarm, alkoholreduziert
- nikotinarm
- leicht verdaulich
- fettarm, fettreduziert
- coffeinarm, coffeinreduziert
- mit weniger Kohlensäure
Wie werden Light-Produkte light / leicht?
So vielseitig die Bedeutung der Begriffe ist, so vielseitig sind auch die Möglichkeiten
in der Lebensmitteltechnologie.
 Es wird mit Süßstoffen anstatt Zucker gesüßt
 Produkte werden mit Luft und Sauerstoff aufgeschäumt und erhalten so mehr
Volumen, der Energiegehalt für 100 g verringert sich jedoch nicht!
 Mineralwasser wird mit wenig oder gar keiner Kohlensäure versetzt.
 Bei fettreichen Produkten wird ein Teil des Fettes durch Kohlenhydrate oder durch
Wasser ersetzt.
 Der Alkoholgehalt wird herabgesetzt.
 Nikotin- oder Coffeingehalt wird reduziert.
Gesetzliche Grundlagen
Die Begriffe um „light“ sind lebensmittelrechtlich nicht geschützt bzw. definiert – d.h.
es müssen nicht zwingend bestimmte Eigenschaften mit derartigen Produkten
verbunden sein.
Nur brennwertverminderte Lebensmittel sind gesetzlich geregelt: sie müssen
mindestens 40% weniger Energie liefern als das vergleichbare „normale“ Produkt.
Der Gesetzgeber unterscheidet dabei 3 Bereiche:
- Kalorienarm: sind Lebensmittel mit weniger als 50 kcal in 100 g
verzehrfertigen Lebensmitteln. Suppen, Brühen und Getränke dürfen nur 20
kcal enthalten.
- Kalorienreduziert: sind Lebensmittel, die mindestens 40% weniger Kalorien
haben als das vergleichbare Produkt.
- Kalorienreduzierte Mahlzeiten: sie dürfen 100 kcal pro 100 g verzehrfertigem
Gericht haben bzw. 400 kcal pro Mahlzeit oder 1200 kcal für die Tagesration,
die Mindest–Tagesmenge an den essentiellen Nährstoffen ist dabei
vorgeschrieben.
Bewertung der Light-Produkte aus Verbraucher/innensicht
Erfrischungsgetränke
Sie haben eine besonders ausgeprägte Marktposition. Die Ursprungsgetränke haben
meist einen hohen Zuckergehalt, der durch Süßstoffe wie Cyclamat, Aspartam,
Acesulfam oder Saccharin ersetzt wird. Sie haben wohl weniger Kalorien und
schädigen die Zähne durch den Zuckergehalt nicht, aber stumpfen die
Geschmacksempfindung ab und die Schwelle für den Genuss von Süß wird immer
8
höher. Die süße Sucht wird gefördert. Bei Kindern kommt noch eine weitere
Problematik dazu – der ADI-Wert für Süßstoffe kann leicht überschritten werden.
Süßwaren
Zuckerfreie Naschwaren wie Kaugummi, Zuckerl und Bonbons, wo Zucker entweder
teilweise oder ganz durch Süßstoffe ersetzt wird verlocken zu mehr Konsum, weil die
Eltern meinen, diese Produkte seien weniger schädlich. Süßwaren wie Marmelade,
Kekse und Kuchen mit Süßstoff hergestellt, sind zwar für die Diabetiker/innen noch
eine gewisse Alternative, eine wertvolle Diäthilfe sind sie jedoch nicht, da auch hier
die Hemmschwelle für Süßes herabgesetzt wird.
Knabberartikel
Sie sollen für den sorglosen Genuss vor dem Fernseher sorgen. So werden Chips mit
weniger Fett als Light-Chips angeboten, für die Belastung der Tageskalorienmenge
sind sie jedoch immer noch zu bedenken.
Genussmittel
Sie werden meist nicht wegen ihres Nährwertes, sondern wegen ihrer anregenden
Wirkung auf das Nervensystem konsumiert.
- Kaffee wird als entcoffeinierte Ware oder als magenschonend angeboten – es
kann aber sehr unkontrollierter Genuss dadurch provoziert werden.
- Light-Tabakwaren haben einen verringerten Nikotin - und/ oder Teergehalt
- Alkoholarme oder –freie Biere sind absolut sinnvoll.
Milchprodukte
Light–Topfenspeisen, Light-Joghurt, Light-Käse – oft verbergen sich dahinter
altbekannte Produkte, die Bezeichnung light verhilft zu mehr Umsatz. Mehr Wasser
und mehr Luft müssen dabei oft teuer erkauft werden. Für Sauermilch-, Kefir- und
Joghurterzeugnisse darf der Begriff „light“ nur verwendet werden, wenn sie
höchstens 1,8% Fett und nicht mehr als 31 kcal/100 g enthalten. Käse darf in der
Trockenmasse höchstens 32,5% Fett enthalten. Halbfettbutter entsteht, wenn ein
Teil des Fettes durch Wasser ersetzt wird. Damit diese Butter geschmacklich und in
Konsistenz jedoch entspricht, sind viele Zusatzstoffe notwendig und wird damit zu
einem chemischen Cocktail. Sie eignet sich dann auch nicht mehr zum Braten und
Backen. Rechtlich gesehen ist sie auch keine Butter mehr, sondern ein fettreduziertes
Streichfett.
Fleischerzeugnisse
Mehr und mehr Wurstwaren „specken“ ab, ein kritischer Vergleich kann jedoch
zeigen, dass selbst „Salami light “ noch eine Kalorienbombe ist.
Grundsätzlich ist zu bemerken, dass beim Einkauf immer ein direkter Vergleich
gemacht werden soll. Ein leichter Aufstrich von einer Firma kann immer noch eine
Kalorienbombe im Vergleich zu einem normalen Produkt einer anderen Firma sein.
Leicht heißt also nicht immer leicht, sondern häufig nur leichter als...!
Leichtprodukte verführen zur Selbsttäuschung und zum Selbstbetrug –
man nimmt eine 2. Portion nach dem Motto: „du darfst...“. Das macht den Traum
vom Kaloriensparen dann erst recht kaputt.
Ohne Zweifel aber können Light-Produkte den Einstieg in eine langfristige
Ernährungsumstellung erleichtern, wenn das Bewusstsein gegeben ist, dass es nicht
die Lebensmittel sind, die das Übergewicht verursachenm, sondern das eigene
Ernährungsverhalten.
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