Funktionelle Lebensmittel - Wirkungen und Risken? Der Tag beginnt mit einem ACE-Saft, Müsli angereichert mit Kalzium und Brot, bestrichen mit einem phytosterinangereicherten Aufstrich. Der Apfel zur Jause entfällt, statt dessen ein synbiotisches Joghurt. Mittag wieder ein Vitamin C angereicherter Orangensaft, zwei Omega-3-Eier und ein mit Folsäure angereichertes Weckerl. Als Nachspeise noch schnell einen Schokoriegel mit Oligofructose. Abends gönnen wir uns dann ein Schlemmermahl nach einem Tag „gesund gelebt“. Dies ist kein futuristisches Szenario für die Kids von morgen, sondern ein heute realisierbarer Menüplan. Bei den erwähnten Lebensmitteln handelt es sich um sogenannte Functionalfood-Produkte, das sind Lebensmittel, die einen gesundheitlichen Nutzen über die normalen Lebensmittelinhaltsstoffe hinaus versprechen. Functionalfood angereichert mit einer Vielzahl an Substanzen, liegen im Trend - sowohl bei den Nahrungsmittelproduzenten als auch bei den Konsumenten/innen. In Europa fallen fast zwei Drittel der einschlägigen Umsätze auf bakteriell „aufgemotzte“ Produkte. Kein Großkonzern – ob Nestlé, Unilever, Danone, Numico, Hero, Wander oder Emmi - konnte sich dieser Entwicklung entziehen. Man wendet sich seitens der Industrie nicht mehr an kranke Konsumenten mit ihren Mangelerscheinungen, sondern heute geht es viel differenzierter um gesunde Verbraucher/innen, die ein spezifisches „Ernährungsplus“ zur Erhaltung der Gesundheit und des Wohlbefindens wünschen. Unter Ausnutzung des generell zunehmenden Gesundheitsbewusstseins werden die Grenzen zwischen Nahrungsmitteln und Pharmazeutika immer mehr vermischt und den Lebensmitteln Wirkungen zugesprochen, die bisher nur Arzneimitteln vorbehalten war. Aus der Sicht der Konsumenten verlieren diese Produkte sehr rasch den Charakter des Arzneimittels und werden Bestandteil der „normalen“ Ernährung, was die Hemmschwelle, diese Produkte regelmäßig zu essen, praktisch fallen lässt. Vitafood = neuer Überbegriff Die angebotene Palette in diesem Kontext gezielt entwickelter Nahrungsmittel umfasst außer denen aus dem Bereich Functionalfood (mit Zusatzstoffen, die einen medizinischen Nutzen und gesundheitliche Vorteile versprechen) auch Nutraceuticalfood (mit Substanzen, die einen medizinischen Nutzen ausschließlich zur Verhinderung oder Heilung von Krankheit verheißen) sowie Designerfood (mit Stoffen, die auf natürliche Art Krankheiten verhindern sollen). Die Zielgruppen für diese Arten von neuen Ernährungsprodukten sind dementsprechend weit gestreut – vom Baby bis zu den Senioren, vom intellektuell besonders Geforderten bis zum Leistungssportler, vom Kranken bis zum Rekonvaleszenten. Unterschiedliche Darstellung – Lebensmittelhandel, Konsumenten Lebensmittelhandel: Nutritionalfood, Disignerfood Pharmafirmen: Nutraceuticals, Pharmafood, Agromedicalfood, Medicalfood Konsumenten: Healthy food, FOSHU (food for special health), Wellnessfood 1 1. Woher kam die Idee der funktionellen Lebensmittel? Japan ist das Land mit der längsten Erfahrung in diesem Bereich – dort kennt man funktionelle Lebensmittel schon seit 50 Jahren. Die asiatische Lebensweise ist stärker mit dem Gedanken verbunden, dass Lebensmittel auch heilende Wirkungen haben können. Seit 1991 gibt es in Japan auch gesetzliche Regelungen für diese Lebensmittel. 70% der in Japan angebotenen funktionellen Lebensmittel sind Getränke. In der EU beschäftigte man sich seit den 90iger Jahren mit funktionellen Lebensmitteln. Rein rechtlich unterscheiden sich diese Lebensmittel nicht von den herkömmlichen, bzw. von speziellen Diätprodukten, da es in der EU dafür keine Regelung gibt. Diese Lebensmittel dringen jedoch immer stärker in Bereiche vor, die bisher den Arzneimitteln vorbehalten war, deshalb werden diese Lebensmittel auch manchmal als Pharmafood oder Nutraceuticals1 bezeichnet. Da es außer in Japan noch keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, ist die Bestimmung sehr oft eine ausschließlich juristische. Es besteht aber in Fachkreisen weitgehend Übereinkunft, dass Lebensmittel nicht in Form von Tabletten, Kapseln, oder Pulver anzubieten sind. Da Arzneimittel zugelassen werden müssen, haben die Hersteller funktioneller Lebensmittel nur darauf zu achten, dass ihre Produkte die Richtlinien des Lebensmittelgesetzes nicht überschreiten. Es dürfen auch keine krankheitsbezogenen Aussagen als Marketinginstrument gemacht werden. 2. Wie wird ein Lebensmittel zu Functionalfood? Die in den Lebensmitteln eingesetzten Substanzen werden im Reagenzglas und in Tierstudien getestet2. Dies sagt aber wenig darüber aus, wie eine Substanz im Menschen tatsächlich wirkt. Von Seiten der Ernährungswissenschafter wird als bedenklich dargestellt, dass viele Substanzen nicht nur in einem FunctionalfoodProdukt enthalten sind. Möglicherweise könne die Summe des Konsums von bestimmten Substanzen in Säften, Joghurts etc. am gleichen Tag die akzeptable Tagesdosis übersteigen (ADI-Wert3) und damit gefährlich werden. Dies trifft vor allem auf jene Erwachsen zu, die sich einseitig ernähren, ganz besonders aber auf Kinder. 3. Arten von Functionalfood Functionalfood wird von den Herstellern oft als die Lösung für alle Ernährungsprobleme angeboten. Keine Lust auf das Kochen von Gemüse? Macht nichts, ein Functionalfood-Produkt soll das Gemüse ersetzen – vielleicht ein Schokoriegel mit Vitaminen und Ballaststoffen angereichert. Andere Lebensmittel wurden zu Functionalfood, weil ihnen ein krankmachender Stoff entzogen wurde. 1 2 3 Nutraceutical ist eine Wortschöpfung aus nutrient= Nährstoff und pharmaceutical = pharmazeutich GRAS: Generally recognized as safe ADI steht für Acceptable Daily Intake – die höchstduldbare Tagesdosis 2 Angereicherte Lebensmittel im Überblick 1. Mit bestimmten Bakterienstämmen angereichert – sie sollen die Darmflora günstig beeinflussen in probiotischem4 Joghurt 2. Mit Ballaststoffen angereichert – sie sollen die Verdauung verbessern, wirken sättigend: z.B. Oligofructose5 in präbiotischem Joghurt, Getränken oder Kekse 3. Mit Antioxidantien angereicherte Lebensmittel – sie sollen die Entstehung von aggressiven Molekülen im Körper verhindern: Vitamine C, E, Beta-Carotin (Vorstufe zum Vitamin A) 4. Mit sekundären Pflanzeninhaltsstoffen angereichert - sie sollen den Cholesterinspiegel senken: Flavonoide, Phenole, Lycopin, Phytosterine; Phytoöstrogene; Energy-Drinks 5. Mit Omega-3-Fettsäuren angereichert - sollen die Blutfettwerte positiv beeinflussen. Eier, Käse, Margarine6 3.1 Pro-, prä- und synbiotische Lebensmittel Seit den 80iger Jahren ist bekannt, dass die Zusammensetzung der Darmflora eine wichtige Rolle spielt (vergl. Paracelsus: „Der Tod sitzt im Darm“). Eine gesunde Darmflora besteht aus 400-500 verschiedenen Stämmen von Mikroorganismen. Milchsäurebakterien und Bifidobakterien werden schon seit langem positive Eigenschaften auf die Darmgesundheit zugesprochen. Problematisch ist jedoch, dass die meisten Bakterien durch die Magensäure oder die Gallensäuren abgetötet werden, ehe sie in den Dickdarm gelangen können. Die in probiotischen Lebensmitteln vorkommenden Bakterienstämme sind gegen die Verdauungssäfte widerstandsfähiger. Probiotische Mikroorganismen werden aus dem Darm von Säuglingen isoliert und die Fähigkeit zur Vergärung von Milchzucker ist bei ihnen weniger ausgeprägt als bei herkömmlichen Bakterienstämmen. Daher werden sie meist nach der Fermentation zugesetzt. Probiotische Kulturen müssen folgenden Ansprüchen genügen: Ihre Herkunft muss aus dem menschlichen Darm sein Sie müssen hohe Stabilität gegenüber Säuren und Gallensalzen aufweisen Es darf keinerlei Gesundheitsrisiko bei der Anwendung beim Menschen entstehen Die gesundheitsfördernde Wirkung muss im Tierversuch nachweisbar sein. Pro bios = griechisch: für das Leben Fructooligosaccharide – vermehren Bifidusbakterien, verringern Clostridien 6 AID (2000): Functional Food, S. 4 5 3 In letzter Zeit mehren sich jedoch die kritischen Stimmen gegenüber diesen Bakterienkulturen und ihren bedingungslosen Anwendungen im Ernährungsbereich: z.B. im Wiener Hanusch-Krankenhaus wurde die Verabreichung von probiotischer Joghurt nach einer Probephase wieder eingestellt, da sich zeigte, dass bei den kranken Menschen die Immunabwehr durch sie eher geschwächt als gestärkt wurde. Was sind Präbiotika? Präbiotika sind bestimmte Ballaststoffe, die bevorzugt von Bifidobakterien im Darm als Nahrung verwendet werden. Sie sollen das Wachstum der physiologischen Darmflora fördern und eine pathogene Darmflora verhindern helfen. Die bei uns am häufigsten verwendeten Ballaststoffe sind Inulin und Oligofructose. Beide werden durch Heißwasser-Extraktion aus den Zichorienwurzeln gewonnen. Inulin kommt in natürlicher Form auch noch in Schwarzwurzeln und Topinambur vor. Inulin weist auch neben der Wirkung als Ballaststoff günstige lebensmitteltechnologische Eigenschaften auf. Es verleiht den Cremespeisen ein cremiges, fettartiges Mundgefühl, sodass Fette teilweise damit ersetzt werden können. Dies kommt besonders bei kalorienreduzierten Speisen zum Tragen, da die Fructoseketten von Inulin nur ein Viertel der Energiemenge von Fetten liefern. Außerdem können sie größere Mengen von Wasser binden und sind damit auch ein Verdickungsmittel. Da sie auch leicht süß sind, kann auch Zucker eingespart werden. Was sind synbiotische Lebensmittel? Einige probiotische Lebensmittel (wie z.B. Milchprodukte) enthalten gleichzeitig auch präbiotische Inhaltsstoffe, die wiederum die Ansiedlung von physiologischen Keimen im Darm bewirken sollen. Synbiotische Produkte am Markt: - Milchprodukte: Käse, Hüttenkäse, Joghurt, Milchmischerzeugnisse, Kleinkindernahrung - Halbfettmargarine - Getränke - Schlankheitsdrinks in löslicher Pulverform Bewertung aus Verbraucher/innensicht - In Studien konnte nachgewiesen werden, dass das Wachstum von krankheitserregenden Mikroorganismen mit Hilfe von Präbiotika unterdrückt werden kann. Darüber hinaus regen die Ballaststoffe, wie allgemein bekannt ist, die Verdauung an. - Klinische Studien bei Kleinkindern zeigten, dass die Dauer der Durchfallerkrankungen durch den regelmäßigen Verzehr von probiotischen Kulturen verkürzt werden kann (insbesondere bei Erkrankungen durch Rotaviren), auch Durchfälle bei medikamentösen Therapien oder Strahlentherapien bei Erwachsenen können gemildert werden. - Personen mit Lactoseintoleranz vertragen probiotische Produkte besser - Die therapeutische Wirkung kann aber nur erzielt werden, wenn ein Gramm eines probiotischen Lebensmittels mindestens eine Mill., besser jedoch 3-10 Mill. Keime enthält. 4 - - Die Frische der Produkte ist ein wesentliches Kriterium für deren therapeutische Wirksamkeit. Nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit ist damit zu rechnen, dass die Keimzahl rapide abfällt.7 Probiotika in anderen Lebensmitteln aufzunehmen (wie z.B. in Müsliflocken, Salami) erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, da Belege für ihre Wirksamkeit nicht vorliegen. 3.2 Lebensmittel mit Antioxidantien Antioxidantien sind Verbindungen, die Oxidationsprozesse in den Zellen verhindern sollen. Ausgelöst werden sie durch bestimmte Sauerstoffverbindungen, die als „freie Radikale“ bezeichnet werden. Freie Radikale sind hoch reaktiv, d.h. sie reagieren sehr leicht mit anderen Verbindungen und verändern dabei deren chemische Struktur. Sie kommen überall vor, also finden derartige Reaktionen auch im menschlichen Körper ständig statt. Besonders empfindlich gegenüber freien Radikalen sind die Zellmembranen und die Chromosomen. Es wird vermutet, dass freie Radikale an der Krebsentstehung, an der Bildung von Herz-Kreislaufproblemen und an der Entstehung von grauem Star beteiligt sind. Antioxidantien sind Verbindungen, die freie Radikale abfangen und stabilisieren können, ohne dabei selbst zerstört zu werden. Wichtige Antioxidantien sind: - Vitamin C und E - Pflanzliche Farbstoffe: Carotinoide und Flavonoide Da diese Substanzen vor allem im Obst und Gemüse enthalten sind, empfehlen Experten vor allem den Konsum dieser Lebensmittel. Produkte am Lebensmittelmarkt ACE-Getränke: der Gehalt an Betacarotin ist meist sehr hoch, sodass 1/8 l ausreicht, den Tagesbedarf zu decken. Bewertung aus Verbraucher/inennsicht Bei Vitamin A sind Überdosierungen gefährlich, daher ist auf die tägliche Höchstmenge zu achten (10 mg/Tag, was ca. einem halben Liter eines ACEGetränkes entspricht). Eine Studie der Univ. Bonn zeigte auch, dass die antioxidative Wirkung von ACEGetränken im Vergleich zu üblichen Fruchtsäften gar nicht viel höher ist. Gewöhnlicher Orangensaft enthielt mehr als ACE-Säfte. Auch grüner Tee ist reich an antioxidativen Stoffen. 3.3 Lebensmittel mit Zusatz von Omega-3-Fettsäuren Seit entdeckt wurde, dass Inuits ein geringeres Herzinfarktrisiko haben, gelten Fischöle als besonders wertvoll. Sie zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren aus, die der Körper nicht selbst aufbauen kann. Sie werden gebraucht für den Aufbau von Neurotransmittern und zur Aufrechterhaltung der 7 vergl. Stiftung Warentest, Heft 7/98 5 Immunfunktion im Körper. Sie können auch dazu beitragen, die Fließgeschwindigkeit des Blutes zu heben und damit Blutgefäßerkrankungen vorbeugen. Arten der Omega-3-Fettsäuren: - DHA (Decosahexaensäure) - EPA (Eucosapentaensäure) - α-Linolensäure Die Wirkung der α-Linolensäure ist jedoch nur halb so hoch wie die der DHA und der EPA. Sie kommt in Lein-, Raps- und Sojaöl vor. DHA und EPA kommen vor allem in Meeresfischen (Hering, Makrele, Lachs) vor. Bedingt durch den bei uns geringen Fischverzehr liegt die durchschnittliche Zufuhr unterhalb der Empfehlungen (0,3 – 0,4 g EPA und DHA; 1,5 g α-Linolensäure). In manchen europäischen Ländern werden Omega-3-Fettsäuren bereits der Babynahrung, Kuchen, Brot und Margarine zugesetzt. Auch Omega-3-Fettsäurenreiche Eier können durch Zusatz von Fischöl, Algen und Leinöl bei der Fütterung erreicht werden. Auch Erfrischungsgetränke werden mit Omega-3-Fettsäuren angereichert. Bewertung aus Verbraucher/innensicht Experten/innen sind der Meinung, dass die Omega-3-Fettsäuren zwar essentiell sind, ihr Bedarf jedoch durch natürliche Lebensmittel und nicht durch angereicherte gedeckt werden sollte. Omega-3-Fettsäuren sind nämlich in isolierter Form besonders empfindlich gegen Oxidationsprozesse und das Problem der freien Radikalenbildung ist daher in angereicherten Produkten besonders hoch. Außerdem wird durch die vermehrte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren auch der Vitamin E-Bedarf erhöht. Wesentlich empfehlenswerter ist die Einplanung von 1-2 Fischmahlzeiten pro Woche und die Marinaden mit Omega-3-Fettsäuren-reichen Marinaden zuzubereiten. Auch der Eikonsum sollte wegen der darin vorkommenden Omega-3-Fettsäuren nicht gesteigert werden, denn das würde wieder den Cholesterolspiegel ungünstig beeinflussen. 3.4 Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe / Wellness-Produkte8 Inhaltsstoffe: Flavonoide, Phenole, Lycopin, Phytosterine; Diese Produkte werden damit beworben, dass sie das psychische Wohlbefinden steigern, eine entspannende Wirkung haben oder auch anregend sind. Auch eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und Ausgeglichenheit werden in der Werbung angepriesen. Produkte: Fruchtsäfte, Gemüsesäfte, coffeinhaltige Getränke, Limonaden. Bevorzugte Inhaltsstoffe dabei sind Kräuterauszüge (Melisse, Ginseng, Hopfen, grüner Tee). Bewertung aus Verbraucher/innensicht: Die pharmakologische Wirkung dieser Produkte ist nicht in nachgewiesen. Viele der angepriesenen Produkte sind auch zu süß. 8 jedem Falle Wellness= engl. Wohlbefinden 6 3.4.1 Energy-Drinks Der Name ist irreführend, da diese Produkte nicht wegen der in ihnen steckenden Erergiemenge, sondern wegen ihrer belebenden Wirkung getrunken werden dementsprechend auch die Bezeichnung: Magic Man, Red Bull,... Die belebende Wirkung dieser Getränke geht vom Coffein aus, das meist aus Guarana (Samen einer tropischen Schlingpflanze) stammt. Einige Energy-Drinks enthalten auch Taurin (= ein Abbauprodukt der Aminosäure Methionin) das im Körper die Aufgabe der Signalübertragung an der Zellmembran hat. Weitere Inhaltsstoffe von Energy-Drinks sind neben Zucker-Myo-Inosit und Glucoronolacton (beides Polysaccharide), die auch in der Nahrung normal enthalten sind. Bewertung aus Verbraucher/innensicht Die angepriesene Wirkung kann genauso durch Tee oder Kaffee erzielt werden. Wesentlich ist jedoch, dass Energy-Drinks keine geeigneten Getränke für Kinder sind. Ihre dehydrierende Wirkung (neben der Gefährlichkeit sie mit Alkohol zu vermischen und groben Fehleinschätzungen zu unterliegen) ist gerade bei viel Bewegung darauf zu achten, dass genug getrunken wird. Darüber hinaus sind bei diesen Produkten vor allem auch die Verpackungen zu kritisieren. 7 Light Produkte Immer mehr Alltagslebensmittel schmücken sich mit dem Zusatz "light" oder "limited". Diese Begriffe meinen aber nicht das Gleiche: Leicht, light kann heißen: - leicht bekömmlich - kalorienreduziert, kalorienarm - alkoholarm, alkoholreduziert - nikotinarm - leicht verdaulich - fettarm, fettreduziert - coffeinarm, coffeinreduziert - mit weniger Kohlensäure Wie werden Light-Produkte light / leicht? So vielseitig die Bedeutung der Begriffe ist, so vielseitig sind auch die Möglichkeiten in der Lebensmitteltechnologie. Es wird mit Süßstoffen anstatt Zucker gesüßt Produkte werden mit Luft und Sauerstoff aufgeschäumt und erhalten so mehr Volumen, der Energiegehalt für 100 g verringert sich jedoch nicht! Mineralwasser wird mit wenig oder gar keiner Kohlensäure versetzt. Bei fettreichen Produkten wird ein Teil des Fettes durch Kohlenhydrate oder durch Wasser ersetzt. Der Alkoholgehalt wird herabgesetzt. Nikotin- oder Coffeingehalt wird reduziert. Gesetzliche Grundlagen Die Begriffe um „light“ sind lebensmittelrechtlich nicht geschützt bzw. definiert – d.h. es müssen nicht zwingend bestimmte Eigenschaften mit derartigen Produkten verbunden sein. Nur brennwertverminderte Lebensmittel sind gesetzlich geregelt: sie müssen mindestens 40% weniger Energie liefern als das vergleichbare „normale“ Produkt. Der Gesetzgeber unterscheidet dabei 3 Bereiche: - Kalorienarm: sind Lebensmittel mit weniger als 50 kcal in 100 g verzehrfertigen Lebensmitteln. Suppen, Brühen und Getränke dürfen nur 20 kcal enthalten. - Kalorienreduziert: sind Lebensmittel, die mindestens 40% weniger Kalorien haben als das vergleichbare Produkt. - Kalorienreduzierte Mahlzeiten: sie dürfen 100 kcal pro 100 g verzehrfertigem Gericht haben bzw. 400 kcal pro Mahlzeit oder 1200 kcal für die Tagesration, die Mindest–Tagesmenge an den essentiellen Nährstoffen ist dabei vorgeschrieben. Bewertung der Light-Produkte aus Verbraucher/innensicht Erfrischungsgetränke Sie haben eine besonders ausgeprägte Marktposition. Die Ursprungsgetränke haben meist einen hohen Zuckergehalt, der durch Süßstoffe wie Cyclamat, Aspartam, Acesulfam oder Saccharin ersetzt wird. Sie haben wohl weniger Kalorien und schädigen die Zähne durch den Zuckergehalt nicht, aber stumpfen die Geschmacksempfindung ab und die Schwelle für den Genuss von Süß wird immer 8 höher. Die süße Sucht wird gefördert. Bei Kindern kommt noch eine weitere Problematik dazu – der ADI-Wert für Süßstoffe kann leicht überschritten werden. Süßwaren Zuckerfreie Naschwaren wie Kaugummi, Zuckerl und Bonbons, wo Zucker entweder teilweise oder ganz durch Süßstoffe ersetzt wird verlocken zu mehr Konsum, weil die Eltern meinen, diese Produkte seien weniger schädlich. Süßwaren wie Marmelade, Kekse und Kuchen mit Süßstoff hergestellt, sind zwar für die Diabetiker/innen noch eine gewisse Alternative, eine wertvolle Diäthilfe sind sie jedoch nicht, da auch hier die Hemmschwelle für Süßes herabgesetzt wird. Knabberartikel Sie sollen für den sorglosen Genuss vor dem Fernseher sorgen. So werden Chips mit weniger Fett als Light-Chips angeboten, für die Belastung der Tageskalorienmenge sind sie jedoch immer noch zu bedenken. Genussmittel Sie werden meist nicht wegen ihres Nährwertes, sondern wegen ihrer anregenden Wirkung auf das Nervensystem konsumiert. - Kaffee wird als entcoffeinierte Ware oder als magenschonend angeboten – es kann aber sehr unkontrollierter Genuss dadurch provoziert werden. - Light-Tabakwaren haben einen verringerten Nikotin - und/ oder Teergehalt - Alkoholarme oder –freie Biere sind absolut sinnvoll. Milchprodukte Light–Topfenspeisen, Light-Joghurt, Light-Käse – oft verbergen sich dahinter altbekannte Produkte, die Bezeichnung light verhilft zu mehr Umsatz. Mehr Wasser und mehr Luft müssen dabei oft teuer erkauft werden. Für Sauermilch-, Kefir- und Joghurterzeugnisse darf der Begriff „light“ nur verwendet werden, wenn sie höchstens 1,8% Fett und nicht mehr als 31 kcal/100 g enthalten. Käse darf in der Trockenmasse höchstens 32,5% Fett enthalten. Halbfettbutter entsteht, wenn ein Teil des Fettes durch Wasser ersetzt wird. Damit diese Butter geschmacklich und in Konsistenz jedoch entspricht, sind viele Zusatzstoffe notwendig und wird damit zu einem chemischen Cocktail. Sie eignet sich dann auch nicht mehr zum Braten und Backen. Rechtlich gesehen ist sie auch keine Butter mehr, sondern ein fettreduziertes Streichfett. Fleischerzeugnisse Mehr und mehr Wurstwaren „specken“ ab, ein kritischer Vergleich kann jedoch zeigen, dass selbst „Salami light “ noch eine Kalorienbombe ist. Grundsätzlich ist zu bemerken, dass beim Einkauf immer ein direkter Vergleich gemacht werden soll. Ein leichter Aufstrich von einer Firma kann immer noch eine Kalorienbombe im Vergleich zu einem normalen Produkt einer anderen Firma sein. Leicht heißt also nicht immer leicht, sondern häufig nur leichter als...! Leichtprodukte verführen zur Selbsttäuschung und zum Selbstbetrug – man nimmt eine 2. Portion nach dem Motto: „du darfst...“. Das macht den Traum vom Kaloriensparen dann erst recht kaputt. Ohne Zweifel aber können Light-Produkte den Einstieg in eine langfristige Ernährungsumstellung erleichtern, wenn das Bewusstsein gegeben ist, dass es nicht die Lebensmittel sind, die das Übergewicht verursachenm, sondern das eigene Ernährungsverhalten. 9