Erziehung.... ...oder die Achterbahn der Familienidylle Ferien, einfach mal abschalten, aus dem Alltag ausklinken und geniessen... Zusammen mit meiner Familie und Freunden geniesse ich einige erholsame Tage auf der zweitgrössten griechischen Insel Evia. Ich schwimme im Pool und werde mit einem gewaltigen Platschen eines blonden Mädchens aus meinen Ferienträumen geholt. Ärgerlich wische ich mir das Wasser aus dem Gesicht und blicke mich nach dem lebhaften Kind um. Dieses war bereits ein weiteres Mal aus dem Schwimmbecken geklettert und mit einem Riesensatz haarscharf am Kopf einer älteren Frau vorbei in den Pool gesprungen. Erschrocken fuhr die Frau hoch und murrte: „Pass doch auf wo du hinspringst. Du bist nicht alleine hier!“ „Sicher bin ich das...“, rief das Mädchen übermütig und spritzte der Dame nochmals kräftig ins Gesicht. Ich schaute zu und wartete gespannt auf die Reaktion der Frau. „Na, dann wäre es wohl besser, wenn deine Eltern da wären, um auf dich aufzupassen“, schrie sie erbost. In diesem Moment schwamm ein jüngerer Mann auf sie zu: “Lassen Sie sofort meine Tochter in Ruhe. Wenn Ihnen Kinder nicht ins Konzept passen, gehen Sie doch in den Seniorenclub. Unsere Tochter kann tun und lassen, was sie will!“ Hätte sich jener Vater nicht eingemischt, wäre ich niemals auf die Idee gekommen, dass es sich bei dem gemütlich am Baderand sonnenden Pärchen um die Eltern des blonden Mädchen handelt. Die ganze Zeit hatten sie dem Treiben teilnahmslos zugesehen. Selbst die Ermahnungen der Aufsichtspersonen am Pool liessen sie unberührt. Erst die in ihren Augen ungerechtfertigte Einmischung in ihre „Erziehungsmethode“ brachte ihre Gefühle in Wallung und liess sie zu einer Reaktion gegen den „Erzieher von aussen“ hinreissen. Währendem ich am Ort des Geschehens vorbei schwamm und weitere Schwimmbadlängen hinter mich brachte, drehten meine Gedanken weiter um das Erlebte: Antiautoritär Erzogene sind oftmals nicht gemeinschaftsfähig und versäumen so wichtige Aspekte im Leben. Befürworter des antiautoritären Erziehungsstils betonen zwar stets, dass sie nicht aus Prinzip und grundsätzlich gegen jegliche Autorität sind, allerdings für eine frühe Entwicklung und Förderung der Selbstentfaltung des Kindes eintreten. Herkömmliche und altmodische Erziehungsstile würden die Kinder dressieren, einengen, bevormunden und ihre Kreativität unterdrücken. Mir wird in diesem Moment so richtig bewusst, dass die grenzenlose Erziehung in der Gesellschaft unweigerlich im Konflikt endet. Eine autoritäre Erziehung muss nicht einengend sein. Väter und Mütter, die es als Auftrag sehen, ihren Kindern liebevoll Grenzen und Richtungsweisungen aufzuzeigen und selber als Vorbild nach ihren eigenen Worten leben, ernten die Dankbarkeit ihrer Kinder. Das Land der unbegrenzten Freiheiten gibt es nicht, nicht einmal in den Staaten. Die Freiheiten eines Jeden sind dort erschöpft, wo sie die Mitmenschen in ihrer Lebensweise einschränken. Dazu gibt es Grenzen. Zugegeben, würden sich alle mit Toleranz und Nächstenliebe an solche ethischen Grenzen halten, müsste man keine Gesetze erlassen, die „Freiheit“ klar und gleichermassen definiert. All die verschiedenen Medienberichte und Vorträge über „DIE“ beste Erziehungsmethode – und diese Spannweite reicht bekanntlich meilenweit – haben mitunter einiges zur allgemeinen Verunsicherung beigetragen. Erziehung ist aber nach wie vor ein Eckpfeiler unserer Gesellschaft, denn unerzogene Kinder können nicht lernen und ungebildete Kinder sind unglücklich und werden oft destruktiv. Bildung setzt Erziehung mit Grenzen voraus. Das Leben ist ein Spiel mit Regeln und Entwicklungsmöglichkeiten, die von Jugendlichen wiefolgt umschrieben wird: 1. Seid meine Eltern, nicht meine Freunde. 2. Seid beteiligt an meinem Alltagsleben, aber ganz diskret. 3. Freut euch über meine Erfolge und zeigt es mir. 4. Zeigt mir, dass ihr da seid, ohne mir im Weg zu stehen. 5. Seid geduldig mit mir, ich bin am Lernen. 6. Vertraut darauf, dass ich aus Fehlern lerne. 7. Ich lerne mehr von dem, was ihr tut, als von dem, was ihr sagt. 8. Wenn ihr mich respektiert, lerne ich, andere zu akzeptieren. 9. Gebt mir Ideen für mein Leben, damit ich mich organisieren kann. 10. Steht konsequent hinter euren Regeln und befolgt sie ebenfalls. Der jugendliche Lebensabschnitt gleicht einer Passstrasse auf einen der höchsten Berge. Diese Strasse ist kurvenreich, steil, unübersichtlich und an steilen Stellen seitlich begrenzt mit Leitplanken. Die Leitplanken dieser Strasse zeigen sinnbildlich die Erziehung auf. Es sind keine eiserne Stangen oder Abgrenzungen, welche die Richtung des Weges erzwingt. Es sind biegsame Planken, welche vom Weg abgekommene Jugendliche vor dem unheilbaren Sturz in den Abgrund bewahren. Es ist vergleichsweise jene Erziehung, die den Jugendlichen den sicheren Weg vorgibt. Kinder brauchen Eltern, die erziehen. Und unsere Gesellschaft braucht Eltern, die diese Aufgabe wahrnehmen. In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre tagtägliche Arbeit. Walter Staub, Präsident Oberstufe Flaach