Mertens, Wolfgang: Einführung in die psychoanalytische Therapie

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Mertens, Wolfgang: Einführung in die psychoanalytische Therapie. Bd. 3, 1992.
15 Widerstandsanalyse
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- Neben den unbewussten Interaktionsprozessen im Übertragungs- und
Gegenübertragungskontext ist die ständige Beachtung des Widerstandes die
wesentlichste Sache in der analyt. Therapie
 In den unterstützenden und nicht konfliktaufdeckenden Psychotherapieformen werden die Abwehrmechanismen des Patienten gestärkt
oder sogar neue Abwehrformationen aufgebaut, die mit der bisherigen
Abwehrorganisation kompatibel sind, um das neurotische Gleichgewicht
noch weiter zu stabilisieren
- es gibt einige Therapien, die Fördern Verleugnung, Verdrängung usw.
 ebenso einige VT´s, die die den symptomen zugrundeliegende
Psychodynamik abstreiten
- psychodynamische Therapieformen streben ein schrittweises
Bewusstwerden der Widerstandsmechanismen und graduelles Aufgeben
derselben an
 durch ein geduldiges und einfühlsames Verstehen der
lebensgeschichtlich entstandenen Motive, die den Patienten vorsichtig,
ängstlich, zaudernd, schamhaft oder trotzig zurückhaltend sein lassen
 hier helfen die Berücksichtigung der Übertragungs- und
Gegenübertragungseindrücke
15.1 Historischer Überblick
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- Freud: z.T. weigerten sich seine Pat. in Hypnose bestimmte Erinnerungen
mitzuteilen  er folgert, dass es eine psychische Kraft gibt, die sich
dagegen wehrt, pathogenen Erinnerungen bewußt werden zu lassen
 Dieser Widerstand, die affektiv besetzten Eindrücke abzureagieren, hatte
ursprünglich auch die Symptombildung veranlasst (er nimmt an, er entstehe
durch Scham, Selbstbeschuldigung oder durch Angst vor Verletzung)
 Freud führte dann eine Druckprozedur durch, um den Willen
auszuschalten
 Der energetische Kraftaufwand des Analytikers entsprach dem
Kraftaufwand des Patienten, den Freud als Widerstand gegen die
Bemühungen des Arztes bezeichnete
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- Freud: »... eine psychische Kraft ... hatte ursprünglich die pathogene
Vorstellung aus der Assoziation gedrängt und widersetzte sich ihrer
Wiederkehr in der Erinnerung. Das Nichtwissen des Hysterischen war also
eigentlich ein - mehr oder minder bewußtes - Nichtwissenwollen, und die
Aufgabe des Therapeuten bestand darin, diesen Assoziationswiderstand
durch psychische Arbeit zu überwinden«
 Hat sicher Übertragungsphantasien ausgelöst: mächtige Elternfigur
versucht seinen Willen zu brechen und Pat. wird damit zum Kind
 Einstellung: daß der Widerstand des Patienten dem Therapeuten zum
Trotz aufgerichtet wird und deshalb auch so bald wie nur möglich
überwunden werden muss
- Es gibt aber auch zeitweilig eine bewusste Opposition gegenüber dem
Therapeuten (dies ist aber nicht Widerstand)
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- Freud erweitert seine Vorstellung dahingehend: daß darunter alle
Einstellungen und Verhaltensweisen subsumiert wurden, die sich den Zielen
und Vorgehensweisen einer analytischen Behandlung entgegenstellen
 Die Revision der Verführungstheorie und das zunehmende Wissen um
die Bedeutung kindlicher Triebregungen brachten die neue Erkenntnis mit
sich, daß sich der Widerstand nicht mehr nur gegen das Bewußtwerden
traumatischer Erlebnisse, sondern auch gegen unannehmbare Triebregungen
richtete
- Erweiterungen: 1905 erkannte er den »sekundären Krankheitsgewinn«;
1912 befaßt er sich ausführlich mit dem Übertragungswiderstand; 1918
beschreibt er, wie Patienten aus der Übertragung selbst Gewinn ziehen
können und diese als Widerstand gegen die Durcharbeitung verwenden usf.
 Die wichtigste Erkenntnis Freuds war aber, daß nicht das
Wiedererlangen vergessener Erinnerungen therapeutisch wirksam ist,
sondern allein die Überwindung der Widerstände
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- Der Über-Ich-Widerstand: er entstammt dem Schuldgefühl und Strafbedürfnis des, wird z. B. dann in Erscheinung treten, wenn triebhafte Wünsche
bewußt zu werden drohen
- Der Ich-Widerstand: hier ist der Verdrängungswiderstand derjenige,
welcher den primären Krankheitsgewinn des neurotischen Symptoms
sichert; dies kann mit Hilfe der verschiedenen Abwehrmechanismen
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geschehen, aber auch mit einer Vielzahl von Handlungen und
Erlebnisweisen (ausdauernde Beschäftigung mit präödipalen Dingen kann
ein Widerstand gegen ödipale Themen sein)
 Pat. versucht sich gegen das Aufkommen gefährlicher Triebregungen
und Phantasien zu schützen, die das bisherige neurotische Gleichgewicht
stören würden
 sek. Krankheitsgewinn: kann Vergünstigungen bedeuten, aber auch aus
masochistischen Neigungen oder aus einem neurotischen Ich-Ideal
entstehen
- Es-Widerstand:
 einerseits auf die »Klebrigkeit der Libido« (= Festhalten an erworbenen
Gewohnheiten und Funktionsweisen),
 zum anderen auf den Wiederholungszwang als Abkömmling des
Todestriebes zurückgeführt: immer erneuter Versuch, bislang unbewältigte
psychische Probleme und Konflikte doch noch zu bewältigen
15.2 Definition des Widerstandes
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- zunächst hat Freud Widerstand als bewusstes Phänomen beschrieben, mit
denen sich der Patient gegen das Auftauchen von traumatischen
Erinnerungen wehrt und diese innerhalb seines topographischen Modells als
Ausdruck der Selbsterhaltungstriebe und des Zensors auf einem Kontinuum
von bewußt bis vorbewußt konzeptualisierte
 später wurde ihm klar, dass Widerstand unbewusst ist ( wesentlich für
die Aufgabe des topographischen Modells)
 daher ist Widerstand auch schwer zu erkennen: So beschrieb z. B.
Greenson (1973, S. 72f.) das Schweigen des Patienten, das
Nicht-zum-RedenAuf gelegtsein, eine Unangemessenheit der Af f ekte, die
Körperhaltung, das Kleben an einem bestimmten Zeitraum (wie z. B. der
Kindheit oder der Gegenwart), das Erzählen trivialer Ereignisse, das
Vermeiden bestimmter Themen, Zuspätkommen, Ausbleiben von Träumen,
Langeweile, Flucht in die Gesundheit usw.
 aber: jedes Verhalten kann ein Widerstand sein (auch ein offensichtlich
gutes Verhalten) oder auch nicht
 z.B.: Schweigen gilt zwar als häufige Manifestationsform von
Widerständen, aber bei bestimmten Patienten, die z. B. einer
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symbiotisch-parasitären Mutter alle ihre Erlebnisse erzählen mussten, ist
Schweigen ein erster Schritt in Richtung Individuation und ein Meilenstein
in der Auflösung der Mutter-Übertragung in der Analyse (und in diesem
Fall kein Widerstand).  Träumen kann ein Widerstand sein: ich erzähle
dem Analytiker nur einen Traum, sonst gar nichts
- Was ein Widerstand ist, ist eine Sache des Blickwinkels:
 Analytiker geht davon aus, dass Pat. sich verändern will und unbewusste
psychische Erfahrungen bewusst werden zu lassen und neurotische
Konfliktlösungen aufzugeben: Wenn Pat. mit dem Analytiker ein
Arbeitsbündnis eingeht, kann er die Sichtweise des Analytiker evtl. teilen
 Widerstand ist jegliches Erleben Verhalten, das sich diesen Zielen
widersetzt
 andererseits aus der Perspektive der neurotischen Prozesse, synthetischer
Ich-Funktionen und des Selbstverständnisses des Patienten bedeutet die
Beibehaltung seiner jetzigen Symptome und Charakterhaltungen aber das
Vermeiden unlustvoller Affekte und Spannungen, das Ausweichen vor
weiteren Konflikten und Gefahrensituationen, die Fortsetzung kindlicher
Befriedigungsmöglichkeiten und das Umgehen von Trauer, Scham und
Enttäuschung
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 Aus dieser Sicht haben Widerstände eine nützliche Funktion
- Widerstände schützen einerseits die unbewußten Persönlichkeitsaspekte
vor dem Bewußtwerden, aber sie schützen auch die synthetischen
Funktionen des Ichs gegenüber dem möglicherweise als überwältigend
erlebten Eindringen unbewußter kindlicher Phantasien
 Dementsprechend können Widerstände sowohl vom rationalen Ich des
erwachsenen Patienten ausgehen als auch von den infantilen Phantasien
 Jeder Pat. möchte die bisherige Einheit, so neurotisch sie auch ist, und
das Selbstwertgefühl aufrechterhalten  daher möchte er auch keine kindl.
Konflikte in der neuen zwischenmenschl. Beziehung auftauchen lassen
- Dies zeigt,
 Widerstände können immer und überall auftauchen
 daß Widerstände kein bösartiges Nichtwollen ausdrücken, die
»Segnungen der analytischen Kur« bereitwillig anzunehmen, sondern einen
ungemein wichtigen Aspekt des psychischen Funktionierens, der
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Selbstwertregulierung, des eingespielten Selbstverständnisses darstellen, der
für den Patienten lebensnotwendig ist
- Widerstände können bewußt, vorbewußt oder unbewußt sein
 nach Stone: »taktischen Sphäre«, worunter er die manifesten
Phänomene von Ich Widerständen verstand, und von einer »strategischen
Sphäre«, die sich auf die Tiefe der Psychopathologie und
Persönlichkeitsstruktur eines Patienten bezieht, sowie auf seine gesamten
Reaktionen auf die psychoanalytische Situation, den Prozeß und die Person
des Analytikers.
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- auch Dewald unterscheidet taktische und strategische Widerstände
 strategische W.: unbewusste Operationen, mit deren Hilfe der Pat.
versucht, weiterhin Befriedigungen aus kindlichen Trieben und
Triebabkömmlingen, Objektwahlen und adaptiven und defensiven
psychischen Bewältigungsmodi zu ziehen
 diese W. äußern sich in dem Versuch, die Vergangenheit in der
Gegenwart wieder aufleben zu lassen und zielen darauf ab, Trauer und
Scham zu vermeiden, sowie die Angst und Unsicherheit, die neue
Reifungsschritte mit sich bringen
 diese W. erscheinen in Versuchen, Übertragungsbefriedigungen zu
erlangen, indem der Analytiker unbewußt zu befriedigenden
Gegenübertragungsreaktionen provoziert werden soll
- taktische W.: sie sind intrapsychische und interpersonelle
Verhaltensmuster, mit deren Hilfe sich ein Patient gegen das Bewußtsein
der strategischen Widerstände und der damit verbundenen Konflikte wehrt
 meist werden diese zuerst gedeutet  als erstes solche, die gegen die
Regression und die therapeutische Beziehung gerichtet sind
15.3 Die multiple Funktion von Widerständen
- Waelder´s Prinzip der multiplen Funktion: eine Handlung muss immer aus
mehreren Bedeutungszusammenhängen erklärt werden
 daher sollten auch die Motive für Widerstände auf multiple Funktionen
überprüft werden
15.4 Handhabung der Widerstandsanalyse
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- Greenson: Aufgabe der Widerstandsanalyse gliedert sich in
 Pat. nahe bringen, dass er Widerstand leistet
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 warum er es tut
 wogegen er Widerstand leistet
 d. h. die Analyse des Widerstands erfordert vom Analytiker, daß er
zunächst die vielfältigen Motive und Funktionen des Widerstands bei einem
bestimmten Patienten psychodynamisch verstanden hat
- Aufzeigen von Widerständen, ihrer Existenz, Erscheinungsformen und
Ursprünge kann vorgenommen werden, wenn der Analytiker empathisch die
Fähigkeit des Patienten eingeschätzt hat, sich mit einem bestimmten
Widerstand zu konfrontieren, wenn Angst, Scham- und Schuldgefühle eine
solche Konfrontation erlauben und wenn das Potential für eine
Selbstanalyse und die Identifikation mit den analysierenden Funktionen des
Therapeuten weit genug entwickelt sind.
- Wichtig beim konfrontieren: eine nicht verfolgende oder anklagende
Haltung
 eher eine neugierig suchende, tolerante und verständnisvolle Einstellung
- Natürlich spielt beim Erkennen von Widerständen die Gegenübertragung
des Analytikers eine große Rolle.
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 Bei oralen und symbiotischen Themen kann er sich behaglicher fühlen,
als wenn er selbst zum Zielpunkt erotischen Begehrens wird; als ödipal
begehrter Vater-Mann kann er sich mehr narzißtisch geschmeichelt fühlen,
als wenn er geduldig die vielfältigen Verletzungen innerhalb der
Mutter-Kind-Beziehung nachvollziehen soll; ärgerliche Distanz kann
leichter zu ertragen sein als liebevolle Annäherung usf.
 Widerstand kann auch eine Schonung für den Therap. bedeutet
 denn in jeder Behandlung werden auch immer alte Konfliktthemen des
Analytikers berührt, für die er in unterschiedlichem Ausmaß Lösungen
gefunden hat, die ihn befriedigender und schneller mit diesen Konflikten
umgehen lassen
 aber: manche Konflikte fallen Analytiker schwer und andere leichter
wieder zu aktivieren
 So kann es vorkommen, daß Analytiker, um sich selbst zu
schonen, den Widerstand ihrer Patienten längere Zeit tolerieren und
mitmachen
- Taktische Widerstände schützen den Patienten in der Regel vor dem
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Bewußtwerden seiner strategischen Widerstände, die tieferliegende
Übertragungswünsche, -phantasien und -erwartungen verbergen
 zu Beginn meist als Konfliktabkömmling oder als Ausdruck des
Gegenwarts-unbewussten manifestiert
 mit Konsolidierung der Übertragungsneurose werden immer mehr
strategische W. in ursprünglicher Form und Inhalt bewusster
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- Am Anfang richten sich die W. gegen eine Destabilisierung des Pat. 
später geht der Pat. immer mehr gegen die Widerstände an und überwindet
seine Ängste und Schamgefühle  der Therap. begleitet diesen Prozess mit
Toleranz und Verständnis
15.5 Der affirmative Ansatz von R. Schafer
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- Beschreibung von einem affirmativem Ansatz
 Widerstände werden hier wie jedes andere konflikthafte Material
gesehen, die die Analyse einschränken
 daher ist der W. eine Leistung des Patienten, die es zu studieren gilt
 Der affirmative Ansatz fokussiert viel stärker darauf, woraus sich
die Widerstandshandlung zusammensetzt und nicht einfach darauf, wogegen
sie sich wendet
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- Aus seiner Sicht ist Widerstand ein problematisches Wort, da es dazu
führt, dass man es dem Pat. übelnimmt, dass er damit den Prozess behindert
 Während es bei den Konzepten der Übertragung, des
Wiederholungszwangs, des Agierens ganz selbstverständlich ist, von
unbewußten Handlungsmotiven auszugehen, ist dies beim Widerstand nicht
der Fall oder wird immer wieder vergessen (vielleicht als Auswirkung einer
ärgerlichen Gegenübertragung)
- Greenson gebraucht in der klinischen Arbeit Verben wie davonlaufen,
vermeiden, verstecken usw.  Solche Äußerungen werden oftmals als
Aufforderungen oder Befehle verstanden, damit aufzuhören, in einer
ängstlichen oder infantilen Weise zu handeln
81f
- bei Greenson wird einem Pat. erst mal sein Widerstand aufgezeigt: das
wird vom Patienten wie ein Verbot erfahren, dieses Verhalten nicht mehr
zeigen zu dürfen und führt oftmals dazu, daß der Patient zu subtileren
Widerstandsformen Zuflucht sucht.
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 das wird meist als Kritik verstanden, was den Pat. verletzt und er fühlt
sich missverstanden, wütend und zieht sich zurück
- Wichtig bei Schafer: Neutralität, die vom Analytiker vor allem verlangt,
daß er nicht einseitig Partei ergreift und den Patienten nicht zu einer
bestimmten Handlungsweise drängt, wie z. B. sich endlich mit seinem
Widerstand zu konfrontieren.
 Der Analytiker sollte vielmehr die Beweggründe zu verstehen versuchen,
die es dem Patienten erschweren, seine Handlungen zu verändern, und diese
dem Patienten, wenn die Zeit dafür gekommen ist, auf taktvolle Weise
mitteilen
 dabei muss der Analytiker auch seine eigenen Wertmaßstäbe überprüfen
(oft soll Pat. die Änderungen vollziehen, die der Analytiker nicht schafft)
- Schafer will die analytische Beziehung nicht als Gegnerschaft oder
Opposition verstanden wissen
 Allerdings erschwert nicht nur die herkömmliche Auffassung von
Widerstand diese Einstellung, auch Patienten tragen ihren Teil dazu bei, die
Beziehung als Kampf definieren zu wollen und den Therapeuten dazu zu
verführen, diese Konstruktion mit ihnen zu teilen
- Zentral: das, was herkömmlicherweise als Widerstand betrachtet wird, als
verwirrendes oder noch nicht verständliches Verhalten zu betrachten, das
einen weiteren analytischen Verstehensprozeß erfordert
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 Analytiker sollte auch nicht sofort versuchen, Widerstände aufzulösen,
da dies auch die Möglichkeit einer stärkeren Analyse des Ichs verhindert
und ihn stattdessen in eine bestimmte von ihm gewollte Richtung drängt
 Nützlicher und sinnvoller kann es dann schon sein, Fragen über das
unverständliche Verhalten zu stellen, etwa wenn ein Patient häufig über
längere Zeit schweigt und doch in die Analyse kommt, um über sich zu
erzählen
 da auch dies z.T. als Ungeduld interpretiert wird: eher ein vorsichtiges
Abwarten
- Wenn man z. B. das Zuspätkommen des Patienten vorschnell als
Widerstand gegen ein bestimmtes Thema deutet,kann man die ersten
Anzeichen einer bis dahin angestrengt vermiedenen und unterdrückten
negativen Übertragung übersehen, über die man - analytisch betrachtet 8
hoch erfreut sein könnte
 Zuspätkommen kann auch Vertrauen zu Analytiker bedeuten
- Prinzipiell bedeutet das auch, dass gar nicht klar ist, was eigentlich ein
widerständliches Verhalten ist: auch positives Verhalten kann einen
Widerstand bedeuten
 So kann das Produzieren von ödipalem Material präödipale Themen
unterdrücken helfen und vice versa; die Betonung narzißtischer Themen
eines beeinträchtigten Selbstgefühls kann das Thema eines als minderwertig
empfundenen Penis verschleiern und vice versa etc.
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- Widerständiges Verhalten ist letztlich keine Opposition gegen die Analyse
oder gegen den Analytiker, sondern der nächste bedeutsame Schritt im
analytischen Prozeß.
- Viele Widerstände gegen das Aufdecken von Widerständen gehen nach
Schafers Ansicht vom Analytiker selbst aus: die Hauptangst mancher
Analytiker besteht darin, daß ihre ungenügend verarbeiteten, erotischen und
feindseligen Reaktionen auf den Patienten außer Kontrolle geraten könnten.
Im Hinblick auf aggressive, feindselige Reaktionen kann ein Analytiker z.
B. befürchten, daß er das widerständige Verhalten des Patienten zu wenig
taktvoll, mit gereizter Stimme oder den Patienten zwingen wollend
anspricht, oder daß er mit Gegenaggressionen auf die vermutlich
kämpferisch eingestellten Äußerungen des Patienten reagieren würde.
- Auch hinsichtlich der Analyse erotischer Reaktionen scheint es oft
vorzukommen, daß Analytiker insgeheim eine Atmosphäre von
angespannter Distanz und unterschwelligem Antagonismus gegenüber der
stimulierenden Dichte sexueller, sowohl hetero- als auch homosexueller,
Übertragung bevorzugen.
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- Das narzißtische Bedürfnis mancher Analytiker, ein ausschließlich
wohlwollendes und schützendes Einverständnis mit ihren Patienten
aufrechterhalten zu wollen, hängt mit Faktoren zusammen, die in der
Literatur oftmals als Gegenübertragung des Analytikers beschrieben worden
sind, wie z. B. Gefühle der Einsamkeit und Entbehrung, Depressivität und
Grandiosität
15.6 Die Ergebnisse der Mt. Zion-Forschungsgruppe
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- Gemäß der traditionellen psychoanalytischen Theorie werden unbewußte
Wünsche aufgrund der analytischen Situation und der Regression im
Behandlungsverlauf mobilisiert und in der Übertragung in impliziten
Anspielungen auf die Person des Analytikers auszudrücken versucht
 Die Frustration dieser Wünsche anhand der analytischen
Abstinenzhaltung verstärkt den Druck oder Auf -trieb dieser Wünsche,
bewußt zu werden.
 Der Widerstand wendet sich gegen das Bewußtwerden dieser Wünsche
- Ergebnisse der Mt. Zion-Forschungsgruppe sagen aber, dass die Pat.
motiviert sind, ihre unbewältigten Konflikte zu bewältigen
 Der Patient hat auch bereits einen unbewußten Plan, wie die Meisterung
seines Konflikts aussehen könnte. Bevor er diesen aber in die Tat umsetzt,
muß er die Gewißheit haben, daß er mit der Ausführung seines Plans nicht
scheitern wird: daher sind Vertrauen und Sicherheit sehr wichtig und das
empathische Verstehen des Analytikers ist gefragt
 Pat. unternehmen daher eine Anzahl von Tests:
 Wenn der Analytiker den Test nicht besteht (z. B. sich bei einer Kritik
sofort zu rechtfertigen beginnt oder auf Genetisches abzulenken versucht),
wird der Widerstand gegen die abgewehrten unbewußten Inhalte verstärkt
und die Ängstlichkeit des Patienten, sich diesen Themen anzunähern, nimmt
wieder zu
 Besteht der Analytiker den Test, reduziert sich der Widerstand
- Das Bild, das diese Forscher vom Patienten zeichnen, unterscheidet sich
erheblich von dem der herkömmlichen Psychoanalyse:
 Der Patient sucht nach Bewältigung traumatischer Erlebnisse und nicht
nach Befriedigung unerfüllter Wünsche.
 Er ist kein passiver Rezipient von Deutungen, sondern sucht selbst aktiv
nach Einsicht und Verstehen seiner Schwierigkeiten. Sein Widerstand
besteht so lange, wie nicht ausreichende Bedingungen von Sicherheit erfüllt
sind, triebhafte und affektive Handlungsweisen äußern zu können.
 am Ende einer erfolgreichen Analyse haben sich nicht so sehr die
Wünsche von Patienten als vielmehr die Erwartungen, wie andere Menschen
auf ihre Wünsche reagieren werden, geändert
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 Wenn diese Sicherheit nicht erreicht wird, liegt das an den
antianalytischen Gegenübertragungsreaktionen des Analytikers, die keine
ausreichende Sicherheit für den Patienten zulassen
15.7 Die Zentralität des Übertragungs-Widerstandes
- Gill: »Abwehr-Übertragung«, »Übertragung der Abwehr« und »Abwehr
gegen die Übertragung« = »Widerstand gegen das Bewußtwerden der
Übertragung«
 Übertragungs-Widerstand = »Widerstand gegen die Auflösung der
Übertragung«
 unter diese beiden lass sich sämtliche Widerstände subsumieren, wenn
man zwischen Herkunft bzw. Quelle des Widerstands und seiner
Manifestationsform unterscheidet
 es ist dies eine eindeutige Option für ein interpersonelles WiderstandsKonzept
 der Übertragungs-Widerstand in seinen beiden Formen ist damit
Zentral für die Analyse
- in vielen Anspielungen nimmt der Pat. Bezug auf die Hier und JetztBeziehung zum Analytiker, ohne diese aber direkt anzusprechen
 Diese Bezugnahmen stellen eine komplexe Mischung aus
Übertragungselementen, projektiven Vorannahmen und Hier und
jetzt-Eindrücken dar, die über die vorbewußten und unbewußten
Objektbeziehungen des Patienten Aufschluß vermitteln
 z.B. eine Verschiebung der Objekt-Dimension, in der Pat. über eine
andere Person spricht, aber eigentlich den Analytiker meint
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 eine Andere: Aufgrund einer zumeist unbewußten vorübergehenden
Identifikation mit seinem Analytiker verändert der Patient seine
Selbstrepräsentanz. So spricht er z. B. davon, daß er sich in letzter Zeit
oftmals gelangweilt fühle, ohne rechte Antriebskraft und Lust für seine
Arbeit sei (dies könnte z.B. heißen: »Ich denke, daß Sie gelangweilt sind,
wenn Sie mir zuhören sollen, und keine rechte Lust dazu verspüren.
Vielleicht erinnert mich das auch an meinen Vater, der mir nie zuhören
konnte und wollte, weil er sich beim Zeitunglesen immer von mir gestört
fühlte. Ich bin jetzt enttäuscht und ärgerlich, kann mein Bedürfnis Ihnen
gegenüber aber nicht aussprechen. Statt dessen identifiziere ich mich mit
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Ihrer Langeweile mir gegenüber und erlebe mich jetzt selbst als
langweilig.«)
15.8 Zusammenfassung
- Die intensive Beschäftigung mit den Problembereichen des Narzißmus und
der Selbstwertregulierung hat das psychoanalytische Verständnis über
Erscheinungsformen und Funktionen von Widerständen stark bereichert.
 Insbesondere die Haltung, keine verurteilende Einstellung gegenüber der
Existenz von Widerständen einzunehmen, sondern sich in das
Selbstverständnis des Analysanden einzufühlen, verdankt diesem Wissen
ihre Entstehung
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- Die klassisch autoritäre Einstellung: »Laß gefälligst Deine Abwehr fallen,
weil ich dich sonst nicht erleben oder spüren kann«, übersah, daß es sich bei
der analytischen Beziehung um eine Interaktion handelt, an der auch der
Analytiker beteiligt ist: Seine Ausstrahlung, seine
Geschlechtszugehörigkeit, seine Persönlichkeit, sein Alter, und das
Insgesamt seiner Gefühle und Haltungen dem Analysanden gegenüber
vermitteln dem Analysanden unaufhörlich Signale und Hinweise dafür, wie
sicher er sich in dieser Beziehung fühlen darf
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