I FACHHOCHSCHULE FURTWANGEN HOCHSCHULE FÜR TECHNIK STUDIENGANG WIRTSCHAFTSINFORMATIK Gruppendynamische Prozesse in Unternehmen erfolgreich gestalten Arbeit im Rahmen des „Führungsseminars“ bei Prof. Dr. Barbara Winckler-Ruß vorgelegt von Eva-Maria Weisser und Jeannine Schönfeldt Furtwangen, 20.04.2001 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt I Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. I Abbildungsverzeichnis .................................................................................... II 1. Einleitung .................................................................................................... 1 1.1 Der Begriff der Gruppendynamik ........................................................................................1 1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit ..................................................................................................2 1.3 Gruppendynamische Prozesse in Unternehmen ...................................................................3 2. Gruppenstruktur und Gruppenprozesse .................................................... 3 3. Methoden zur Analyse von Struktur und Prozesse .................................... 5 3.1 Die soziometrische Methode nach Moreno .........................................................................5 3.2 Das SYMLOG-Verfahren ....................................................................................................7 4. Techniken zur Analyse und Steuerung von gruppendynamischen Prozessen in Unternehmen ........................................................................ 9 4.1 Überblick ..............................................................................................................................9 4.2 Eröffnungs- und Anfangsprozesse .....................................................................................10 4.3 Der Kommunikationsprozess .............................................................................................12 4.4 Der Kooperationsprozess ...................................................................................................13 5. Schlussbetrachtung ....................................................................................15 Literaturverzeichnis .........................................................................................16 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt II Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abgrenzung von Gruppe zu anderen Sozialgebilden ...........................................3 Abbildung 2: Soziogramm einer Gruppe mit Zusammenhalt .....................................................6 Abbildung 3: Soziogramm einer Gruppe mit schlechtem Zusammenhalt ..................................6 Abbildung 4: Der dreidimensionale SYMLOG-Raum ...............................................................8 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 1 1. Einleitung "80% der Probleme, die wir haben, sind kulturelle oder zwischenmenschliche Probleme. Die technischen Probleme kann man lösen" sagte kürzlich ein Leiter der Informatikabteilung einer Grossbank. Der Wirtschaftsinformatiker steht in der Praxis einer ganzen Reihe von Herausforderungen gegenüber. Letztlich stehen diese Herausforderungen alle im Zusammenhang mit den immer komplexer werdenden sozialen Systemen heutiger Unternehmungen. Sie verlangen von Führungskräften generell und von Wirtschaftsinformatikern wegen ihrer Rolle als "Vermittler zwischen unterschiedlichen Welten" im Besonderen, höchste soziale und kulturelle Kompetenz. Die Zusammenhänge zwischen Individuum, Gruppe und Gesellschaft stellen zweifellos den Kern sozialpsychologischer Forschung dar. Mit dem wachsenden Interesse an psychologischen Fragen und Erkenntnissen allgemein und besonders auch bei Führungskräften technischer Ausrichtung hat die Beschäftigung mit Gruppenprozessen, ihren Bedingungen und Wirkungen auf das individuelle Verhalten deutlich zugenommen. Wie stelle ich ein Team zusammen, wie kann ich Klärungsprozesse in Gruppen steuern, kann ich die Arbeitsaktivität in der Gruppe positiv gestalten? Auf diese und weitere Fragen sollen in vorliegender Arbeit eingegangen werden. 1.1 Der Begriff der Gruppendynamik Der Begriff Gruppendynamik wird oft als Sammelbezeichnung für unterschiedliche Sachverhalte verwendet. So wird darunter die Gesamtheit aller sozialpsychologischer Phänomene in Kleingruppen verstanden wie die in ihnen ablaufenden Interaktions- und Kommunikationsprozesse, Normen, Gruppendruck, Gruppenführung, Macht und sozialer Einfluss ... 1. Sie wird als die Gesamtheit aller Methoden bezeichnet, die es gestatten, mit Hilfe von Gruppen auf die Persönlichkeit einzuwirken. Der Begriff Gruppendynamik kann auch als Überbegriff von Gestaltung und Analyse von Gruppenprozessen definiert werden 2. Die Methoden der Gruppendynamik gehen einerseits auf die Forschung des Soziologen Lewin3 zurück, der die Interaktionsbeziehungen innerhalb von Gruppen beobachtete, und daraus Einfluss auf das 1 Thomas, A.: Grundriss der Sozialpsychologie, S. 30. Thomas, A.: Grundriss der Sozialpsychologie, S. 30. 3 K. Lewin (1890-1947) veröffentlichte mit seinem Buch: Die Lösung sozialer Konflikte 1948 das erste große Werk über die Gruppendynamik. 2 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 2 Einüben von Fertigkeiten schloss. Andererseits liegen Quellen in der Psychotherapie, die die Gruppe als therapeutische Einheit sah. In diesem Zusammenhang haben Autoren wie Moreno4 und Cartwright & Zander5 den Begriff Gruppendynamik geprägt. Später wurde das weite Feld der Gruppendynamik in zwei Bereiche, in Gruppenstruktur und Gruppenprozess unterteilt6. Dabei lief die Entwicklung über die Interaktionsdiagnostik (Netzwerkanalyse) bis hin zu prozessorientierten Forschung (Zeitreihenanalyse). Heute verläuft die Forschung weitaus kontinuierlicher. Trotzdem wird dieses Thema immer noch bearbeitet und diskutiert. Daraus lässt sich erkennen, dass immer noch ein nicht zu unterschätzender Bedarf an gruppenpsychologischen Wissen besteht. Gruppendynamische Prozesse laufen in jeder Gruppe ab. Dazu zählen neben vielen anderen Anfangsprozesse (Mitarbeiter kommt neu in ein Unternehmen, in eine Abteilung/Team), Teambildungsprozesse (ein Team wird neu zusammengestellt), Kommunikationsprozesse (Kommunizieren in der Gruppe) und Kooperationsprozesse. Auf die Prozesse wird in Kapitel 4 besonders eingegangen. 1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit Ziel dieser Arbeit ist es, Gruppendynamische Strukturen und Prozesse in einem Unternehmen aufzuzeigen, sie zu analysieren und Möglichkeiten zur erfolgreichen Gestaltung zu erarbeiten. Hierzu stellen wir kurz die theoretischen Grundlagen dar, wobei wir auch auf die Ursprünge und Entwicklung eingehen. Wir betrachten, wie sich eine Gruppe zusammensetzt, und wie Prozesse darin verlaufen. Hierbei stellen wir zwei Methoden vor, mit deren Hilfe ein Unternehmen oder die Führungskraft Gruppenstrukturen und –prozesse analysieren kann. Im dritten Teil unserer Arbeit zeigen wir Techniken und Methoden auf, mit denen sich gruppendynamische Prozesse erfolgreich gestalten lassen. 4 J. L. Moreno (1974): Die Grundlagen der Soziometrie, Köln 1974. Group Dynamics. Research and Theory, Evanston 1953. 6 O´Connor, G.: Small Group Behaviour, 11, 145ff. zitiert aus: Gattinger, E. et al: Gruppendynamik, S. 253. 5 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 3 1.3 Gruppendynamische Prozesse in Unternehmen Gruppendynamischer Prozesse treten überall dort auf, wo Menschen in Gruppen interaktiv und arbeitsteilig zusammenarbeiten, Gruppenprozesse werden so stark von der Gruppenstruktur beeinflusst, dass sich beide Faktoren fast nicht voneinander trennen lassen. So wird in folgendem Kapitel auf beide Themen gleichermaßen eingegangen. 2. Gruppenstruktur und Gruppenprozesse Es ist relativ einfach, die Gruppe mit ihren Mitgliedern zu benennen, der man angehört, doch ob es sich dabei tatsächlich um eine Gruppe handelt ist ungewiss. Hofstätter versuchte 1957 mit folgender Darstellung die Gruppe gegenüber Masse, Menge, Klasse und Verband abzugrenzen. Plural Familie Menge Masse Klasse Gruppe Verband Abbildung 1: Abgrenzung von Gruppe zu anderen Sozialgebilden7 Lindgren hingegen definierte die Gruppe allgemein als zwei oder mehrere Personen, die in irgendeiner Beziehung zueinander stehen8. Schein sah die Gruppe als irgendeine Anzahl von Menschen, die (1) untereinander in Interaktion stehen, die (2) sich gegenseitig psychologisch wahrnehmen und (3) sich selbst als Gruppe erkennen9. Und Rosenstiel beschreibt die Gruppe als eine Mehrzahl von Personen, die relativ vgl. Hofstätter, P. R.: Gruppendynamik – Kritik der Massenpsychologie, S. 23. vgl. Lindgren, H. C.: Einführung in die Sozialpsychologie. Zitiert aus: Thomas, S. 10. 9 vgl. Schein, E. H.: Organisationspsychologie, S. 108. 7 8 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 4 überdauernd in direkter Interaktion stehen, durch Rollendifferenzierung und gemeinsame Normen gekennzeichnet sind und die ein Wir-Gefühl verbindet.10 Eine zu enge Definition gruppentypischer Merkmale würde viele soziale Gebilde von einer Analyse ausschließen, eine zu weite Definition dagegen die besonderen Merkmale der Gruppe zuwenig repräsentieren. Daher ist folgende Abgrenzung sinnvoll: Eine Gruppe ist, wenn zwei der mehrere Personen miteinander in Beziehung stehen, ein gemeinsames Ziel verfolgen und dabei bestimmte Normen beachten. Rollenerwartungen und Beziehungsstrukturen werden in dieser Gruppe entwickelt11. Gruppen lassen sich in verschiedene Arten unterscheiden12: Kleingruppen, d. h. weniger als 30 Personen zeichnen sich durch ihre Intimität aus. Die 2-Personengruppe ist die kleinste unter ihnen. Grosse Gruppen neigen dazu, sich in Subgruppen zu unterteilen. Je größer die Gruppe, desto weniger intim ist sie, und desto weiter ist der soziale Kontakt. Großgruppen gelten ab 30 Personen. Primärgruppen haben ein persönlichkeits- und normprägenden Einfluss. Sie fördern ein starkes Wir-Gefühl. Sekundärgruppen ermöglichen ein geringeres Maß an Intensität und Emotionalität und bilden formalere Interaktionsregeln und Rollenerwartungen. Formelle Gruppen sind durch außen festgelegt, und folgen einem festgelegten Plan. Sie unterscheiden sich durch Ziele, Normen und Rollen von den informellen Gruppen. Informelle Gruppen entwickeln sich aus der Interaktion der Gruppenmitgliedern selbst. Die Bildung informeller Gruppen in einer formalisierten Organisation kann als Konfliktlösungsmöglichkeit angesehen werden, da sie ihren Mitgliedern das Bedürfnis nach sozialer Identität ermöglicht. Offene Gruppen sind für neue Mitglieder offen, wohingegen geschlossenen Gruppen (Sekten, Banden, Cliquen) die Mitgliedschaft verwehren, oder zumindest erschweren. Eigengruppen nennt man diese Gruppen, denen man von sich aus angehören möchte. Alle anderen Gruppen sind Fremdgruppen, insbesondere dann, wenn sie abgewertet oder abgelehnt werden. Oft wird sie dann auch „Bezugsgruppe“ oder „Vergleichsgruppe“ genannt. Letztendlich können Gruppen auch nach ihrer Beständigkeit klassifiziert werden. Kurzfristige Gruppen unterscheiden sich von langfristigen Gruppen hinsichtlich Dauer, Bindung und Verpflichtung gegenüber Gruppenmitgliedern. Die Gruppenbildung hängt von bestimmten Eingangspotentialen ab. Sie bestehen aus Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen und Handlungsbereitschaften, Einstellungen der Gruppenmitgliedern zu ihrem Gruppenziel, anderen Gruppenmitgliedern und situativen Bedingungen sowie der Ergebniserwartung. Hinzu kommen biologische Merkmale wie Geschlecht, Alter, Stärke, Status, Position, Titel und 10 vgl. Rosenstiel, L.v.: Organisationspsychologie, S. 41f.; Müller/Thomas: Einf. i.d. Sozialpsychologie; Sader, M.: Psychologie der Gruppe. 11 vgl. Thomas, A.: Grundriss der Sozialpsychologie, S. 13. 12 vgl. Thomas, A.: Grundriss der Sozialpsychologie, 12ff. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 5 Berufszugehörigkeit. Die umweltspezifischen Eingangsgrößen beziehen sich auf das physikalische und soziale Umfeld, in dem die Gruppe agiert, den Aufgaben, mit denen sie sich auseinandersetzen muss und den Hindernissen, die der Zielerreichung entgegenstehen. Gruppenprozesse werden durch Interaktionsmuster und Interaktionsinhalt beeinflusst. Das jeweilige Interaktionsmuster in einer Gruppe umfasst die Anzahl der am Gruppengeschehen engagierten Mitgliedern, die Teilnehmerrate und die Teilnahmedauer. Der Interaktionsinhalt umfasst Anzahl und Qualität der aufgabenorientierten Kommunikationen und die sozialen Bedürfnisse der Gruppe. Die betreffenden verbalen und non-verbalen Austauschprozesse, z.B. Zustimmung, Lob, Anerkennung oder Widerspruch und Ablehnung sowie Gruppenprozesse, sofern sie über längere Zeit andauern können, können zu sehr verschiedenen Ergebnissen führen. So nähern sich die Gruppenmitglieder an, empfinden Sympathie und Antipathie, bilden einen Gruppenstruktur in der es dominantere und weniger dominante Mitglieder gibt. Die Machstruktur wird festgelegt. Die hier behandelten Unterscheidungsmerkmale dienen lediglich zur Orientierung. Gruppen sind keine Statischen, sondern dynamische Gebilde und unterliegen ständiger Veränderung durch innere und äußere Kräfte. 3. Methoden zur Analyse von Struktur und Prozesse Es gibt grundsätzlich zwei Verfahren, Prozesse und Strukturen einer Gruppe zu ermitteln: die Mitgliederbefragung und die Gruppenbeobachtung, wobei sich beide Verfahren natürlich miteinander kombinieren lassen. Die Befragung und Beobachtung hängen immer von der Stimmungslage und subjektiven Einflüssen der Beobachter/Befragten ab. Um eine vergleichende Darstellung und Analyse von Einzelaussagen zu erhalten hat Moreno die soziometrische Methode entwickelt. 3.1 Die soziometrische Methode nach Moreno Mit der soziometrischen Methode lassen sich auf einfache Art und Weise soziale Merkmale, Gruppenstrukturen und Gruppenprozesse analysieren. Ziel dieser Methode ist es, die Beziehungen zwischen Gruppenmitgliedern, Sympathie und Antipathiestrukturen zu erfassen13, die starke Einflussfaktoren der Gruppenprozesse sind. Bei der Soziometrie werden Mitglieder einer Gruppe aufgefordert, nach einem vorher festgelegten Merkmal (Sympathie, Kollegialität, Freundschaft) für eine festgelegte Situation (zusammen in einer WG zusammen wohnen, auf eine einsame Insel gehen, ein Zeitungsduell durchführen) Gruppenmitglieder 13 vgl. Brauner, E.: Muster erkennen - Muster verbessern. In: Gattinger et al: Gruppendynamik, S. 185. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 6 auszuwählen14. Die Analyse soziometrischer Daten erfolgt meist in einer graphischen Darstellung, dem sog. Soziogramm. Michael Max Melanie Carmen Eva Oli Abbildung 2: Soziogramm einer Gruppe mit Zusammenhalt Abbildung 2 zeigt einen recht guten Zusammenhalt in der Gruppe, da hier vorwiegend positive Wahlen vorliegen. Die beiden formellen Führer werden von gleich vielen, wenn auch zum Teil unterschiedlichen Gruppenmitgliedern positiv beurteilt, unter denen ebenfalls ein gutes Beziehungsverhältnis besteht. In der folgenden Gruppe sind sich die Personen 1-4 sehr sympathisch und bilden eine eng verzahnte Untergruppe. Zum 1. Führer besteht keine Beziehung, der 2. Führer wird zudem abgelehnt, und Conny nimmt eine Außenseiterposition ein. Conny David Sebastian Karl Markus Stefan Tobias Nadine Christian Abbildung 3: Soziogramm einer Gruppe mit schlechtem Zusammenhalt 14 vgl. Thomas, A.: Grundriss der Sozialpsychologie Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 7 Als Zusammenfassung der Ergebnisse vielfältiger Studien über den Einsatz soziometrischer Verfahren lässt sich feststellen, dass zwar das Interesse an diesem Verfahren die letzen Jahre nachgelassen hat, das in der Praxis diese Methode nach wie vor bei Kleingruppen eingesetzt wird. Vorteil dieser Methode ist die einfache Gestaltung und die einfache Erhebung und Auswertung der Informationen. Hervorzuheben sind auch die Anschaulichkeit und Plausibilität. Die soziometrische Methode eignet sich vor allem für die Analyse von Kleingruppen in Unternehmen. So lassen sich Arbeitsgruppen (Teams) analysieren und die Gruppenkohäsion und Arbeitsproduktivität feststellen. Eine Schlussfolgerung aufgrund dieser Methode sollte jedoch nur dann gefällt werden, wenn genügend Informationen über die relevanten Kontextbedingungen des individuellen Verhaltens und des Gesamtgruppenverhaltens vorliegen. Zu beachten ist, das es sich bei den Daten um subjektive Einzeleinstellungen handeln. 3.2 Das SYMLOG-Verfahren Zur Erfassung von gruppendynamischen Prozessen sollte man sich nicht alleine auf die subjektive Einstellung der Gruppenmitgliedern verlassen. Zu Gruppenprozessen und Interaktionsvorgängen kann man mit Hilfe systematischer Verhaltensbeobachtungen eine Analyse vornehmen. Bales & Cohen entwickelten das SYMLOG-Verfahren15. Die in diesem System eingesetzten Methoden werden einerseits von geübten Beobachtern eingesetzt, und andererseits in die Hand der Gruppenteilnehmer gegeben. Die gewonnen Informationen geben Aufschluss über die verschiedenen Ebenen der ablaufenden Prozesse wie verbales und nonverbales Verhalten, subjektive Eindrücke der Gruppenteilnehmer über das Verhalten, persönliche Werte, Phantasien und Vorstellungsbilder und erlebte Gruppensituationen. All diese Informationen werden in einen Vektorraum übertragen, dem dreidimensionalen Wahrnehmungs- und Bewertungsraum. 15 vgl. Thomas, A.: Grundriss der Sozialpsychologie, S. 24ff. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 8 Abbildung 416: Der dreidimensionale SYMLOG-Raum Das Gesagte wird in folgende Inhaltsklassen eingeordnet: o Bezugnahmen auf sich Selbst o Bezugnahmen auf andere o Bezugnahme auf die Gruppe als Ganzes o Bezugnahme auf die unmittelbar gegebene äußere Situation, in der die Gruppeninteraktionen stattfinden o Bezugnahme auf allg. Charakteristika der umgebenden Gesellschaft und o Bezugnahme auf irgendein Denkgegenstand, sei er real oder vorgestellt, den der Beobachter als wichtigen Hinweis auf Vorstellungen und Gefühle der sprechenden Person erlebt, als ein Phantasie-Inhalt. Die Qualität jedes Beobachtungsverfahrens hängt von der Eindeutigkeit der beobachteten Merkmale und Verhaltensweisen ab. Deshalb ist auch dieses Verfahren kritisch zu betrachten. 16 vgl. Thomas, A.: Grundriss der Sozialpsychologie, S. 26. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 9 4. Techniken zur Analyse und Steuerung von gruppendynamischen Prozessen in Unternehmen 4.1 Überblick In den siebziger Jahren erschloss sich die Gruppendynamik neue Märkte in Wirtschaft und Dienstleistung. Das führte zu einer Einschränkung der prozessorientierten Arbeit. In Standardübungen wurden vermehrt relevante Themen von Führung und Zusammenarbeit bearbeitet. Daneben spielte exemplarische Fallbearbeitung eine große Rolle: Die Trainer suchten aus einem Fundus typischer schwieriger professioneller Situationen diejenigen aus, die ihnen für ihre Teilnehmer (IBM, BP) von aktuellstem Interesse erschienen. Diese wurden dann mit bekannten Techniken bearbeitet. 17 Sowohl betriebliche Trainingsmaßnahmen im Bereich Führung, Kooperation, Verantwortung usw. als auch die Organisationsentwicklung im eigentlichen Sinne berufen sich zu Recht auf die gruppendynamische Tradition der National Training Laboratories (NTL). Mit der Durchführung gruppendynamischer Laboratorien für Industrieunternehmen hatten die NTL bereits 1955 begonnen. Auf diese Weise kamen wesentliche Elemente der auf Lewins Vorstellungen beruhenden Gruppendynamik in der Organisationsentwicklung und das Organisationstraining: TGruppenarbeit, Teile der Aktionsforschung, Survey-Feedback, Arbeit an Führungsstilen usw. Eines der klassischen Werke der Managementliteratur , Chester Barnards "Functions of the executive" (1938)18 weist viele Parallelen zu Lewins Ansätzen auf, so zum Beispiel im Gebrauch der Methapern von Feld und Feldkräften: "Eine Organisation ist ein Feld aus personalen 'Kräften' ...". Daß diese Parallele (u.a.) auf Lewins Einfluß zurückgeht, hält Wolf (1989) für wahrscheinlich, da nach seinen Recherchen Lewin und Barnard freundschaftlich bekannt waren. Die Techniken zur Analyse und Steuerung von Gruppenprozessen sind recht unmittelbar aus den klassischen, insbesondere den skill-orientierten Laboratoriumsansätzen heraus entstanden und betonen insbesondere das Training sozialer Fertigkeiten unter dem Aspekt der betrieblichen Leistungssteigerung, die in folgenden Kapiteln nun näher beschrieben werden.19 17 vgl. König, O.: Gruppendynamik, S. 264. vgl. Barnard, C.: Functions of the executive. In: Rechtien: Angewandte Gruppendynamik, S.129. 19 vgl. Rechtien: Angewandte Gruppendynamik, S. 128. 18 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 10 4.2 Eröffnungs- und Anfangsprozesse In einer Gruppe laufen verschiedene Prozesse aufgrund von Einflussfaktoren ab. Eine besondere Bedeutung hat der Eröffnungs- Teambildungs- oder Anfangsprozess. In diesem Fall wird die Frage 'Wie beginnen wir?' wichtig. Die Anfangsphase ist eine Situation allseitiger emotionaler Verunsicherung, die im Sinne der erhöhten Prägungs- und Lernbereitschaft für den späteren Verlauf Weichen stellen kann. Üblicherweise kommen Teilnehmer mit einer passiven Erwartungshaltung des "Etwas Geboten Bekommens", wenn auch im Zuge des Bekannt-Werdens der Gruppendynamik diese Haltung seltener werden dürfte. Gerade bei solchen Teilnehmern, die selbst in einer aktiv-verantwortlichen, gebenden und helfenden Tätigkeit stehen, ist sie besonders ausgeprägt. Gegenläufige Erfahrungen mit Teilnehmern aus nicht akademischen Berufen lassen vermuten, dass sich hier unter Umständen eine berufsspezifische Problematik auswirkt. Gleich bei welchen Teilnehmerkreis, in der Anfangssituation tauchen Probleme des Sich-BekanntMachens, des Warmwerdens, Gefühle der Verfremdung, Ängste und Enttäuschungserwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen der verschiedensten Art auf. Es ist also eine ganze Skala emotionaler Reaktionen, die in dieser Anfangssituationen auftreten und die für die Ziele der Veranstaltung nutzbar zu machen sind. Dabei auftauchende Ängste sollen bewältigt werden – auch Ängste auf Seiten des Teams. Es gibt nun sehr viele verschiedene Methoden, dieses Bündel von Problemen anzugehen. Die Entscheidung darüber, welche Eröffnung gewählt wird, wird sich letztlich nach den Zielen der Veranstaltung richten. Das heißt auch, dass die Kategorien 'richtig' und 'falsch' nicht am Platze sind, da die Auswirkungen einer Initialtechnik wohl nie in allen Konsequenzen vorauszusehen sind. Welche Form man auch wählt - jeweils ist sicher nur ein Bruchteil der Gesamtproblematik zu bearbeiten. Eine vielgebrauchte Polarität, in der die Eröffnungstechnik oft beschrieben wird, ist die von 'strukturiert' versus 'unstrukturiert'. Eine völlig durchstrukturierte Situation, in der den Teilnehmern kaum Raum gelassen wird, die oben skizzierten Emotionen zu realisieren, ist wahrscheinlich sowohl für Teilnehmer als auch für das Leistungsteam die am wenigsten ängstigende Möglichkeit - sicherlich gelegentlich angebracht bei sehr heterogenen oder auch ängstlichen Gruppen. - Der andere Pol des unstrukturierten Beginnes bedeutet im Extremfall: Das Team tut gar nichts und wartet in aller Ausführlichkeit, bis sich aus den Teilnehmern heraus Strukturierungen bilden und Möglichkeiten gefunden werden, die entstehenden Probleme zu meistern. Das ist das Prinzip des Organisationsentwicklungs-Laboratoriums, dessen Extremform wohl darin besteht, dass nicht einmal für Verpflegung und alltägliche Notwendigkeiten der Teilnehmer gesorgt ist.20 20 Antons, K.: Praxis der Gruppendynamik, S.23. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 11 Inwieweit ein Team in Richtung eines umstrukturierten Beginnes entscheidet, hängt letztlich auch vom Zutrauen des Teams zu sich selbst ab. Je unstrukturierte die Anfangssituation ist, ein desto höheres Maß an Vertrautheit und Kooperation der Teammitglieder untereinander ist erforderlich. Ein wesentliches Moment für die Mobilisierung eigener Bedürfnisse, für die Artikulation und das Umgehen-Können mit demselben und schließlich für das Erarbeiten von Wegen zur Vereinbarung verschiedener Bedürfnisse und Interessen ist sicherlich das Erzeugen und Provozieren emotionaler Reaktionen, die zwischen leichter Verfremdung und direktem Schock variieren können. Wenig brisante, aber unter Umständen sehr deutliche emotionale Reaktionen können zum Beispiel provoziert werden durch eine Art Puzzle-Spiel21 oder eine Art der Quadratübung zur Gruppenzusammensetzung. Heftigere Emotionen können provoziert werden zum Beispiel dadurch, dass sich, gerade in kürzeren Veranstaltungen, bei denen es auf den Demonstrationscharakter ankommt, der Leiter "einschleicht" und mit den Teilnehmern auf den nicht erscheinenden Referenten schimpft; oder indem mit einem provozierenden Vortrag, der bis hin zu einer Art Publikumsbeschimpfung gehen kann, eröffnet wird. Der Vortragende kann gewiss sein, dass unter den Teilnehmern zumindest einige Personen sind, die einem Referenten nicht alles abnehmen. Das Zulassen und Akzeptieren solcher Verärgerungsreaktionen, verbunden mit Fragen nach Gefühlen, kann unter Umständen schon eine relativ große Zuhörerschaft in eine aktive und engagierte Diskussion verwickeln. Das „Debriefing“, dass ein solcher Text eigentlich nur zur Diskussion reizen will, kann natürlich dazu führen, dass Teilnehmer gegenüber weiteren Aktionen erst einmal kritisch eingestellt sind. Diese Möglichkeiten seien hier nur als Anregungen mitgeteilt. Die im folgenden aufgeführten Techniken für die Anfangsphase stellen eine Zwischenform zwischen der strukturierten und unstrukturierten Situation dar. Sie sind teilstrukturiert insoweit, dass sie einen Aktionsrahmen vorgeben, der aber inhaltlich durch die Teilnehmer selbst gefüllt werden muss. Es besteht für das Team die Möglichkeit, methodische Hilfen zu geben, um gemeinsam die Anfangsproblematik einer kleineren oder größeren Gruppe zu bewältigen. Die beschriebenen Situationen haben durchaus Übungscharakter, wobei das Thema die Situation selbst ist. Es erübrigt sich fast hinzufügen, dass solche Übungen möglichst wirklich zu Beginn, d.h. ohne Eröffnungsreferat oder theoretische Einleitung gestartet werden sollte. Die Übung Mini Lab spiegelt in kurzer, szenenartiger und wenig brisanter Form eine Reihe von Situationen, die im weiteren Verlauf eines typischen Laboratoriums auftreten und an geeigneter Stelle wieder aufgegriffen werden können. Die Übungen Gruppenbildung und Gruppen- und Trainerwahl betonen den Prozess des Zusammenwachsens aus einem unstrukturierten Plenum zu arbeits- und aktionsfähigen kleinen Gruppen, wobei Gruppenbildung eine strukturierte und weniger ängstigende Form darstellt. 21 vgl. Pfeiffer, J.W., Jones, J.E. II, 1970. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 12 Bei Gruppen- und Trainerwahl ist zu beachten, dass Plenumsituationen, wie sie in dieser Übung auftreten, als frustrierend erlebt werden, und dass die Konstituierung von Kleingruppen unter Umständen die Motivation zu weiteren Plenumveranstaltungen stark reduzieren kann. 22 Die Übung Planung der Anfangsphase einer Tagung nimmt insofern eine Zwischenstellung zwischen den beiden vorherigen ein, als sie einerseits sehr weitgehend, d.h. zeitlich weit vorgreifend strukturiert, aber den Teilnehmern sehr viel Freiheit in der Findung von Organisationsstrukturen lässt. Allen drei Übungen ist gemeinsam, dass die Problematik des Entscheidungsprozesses in Gruppen sehr stark in den Vordergrund gerückt wird. Die Zwiebelschale fokussiert die Problematik der Wahrnehmung, der Beobachtung und des Feedback. Das Erwartungsseminar stellt besonders deutlich heraus, wie notwendig es ist, in gruppendynamischen Prozessen Erwartungen, Motive, Befürchtungen und Hoffnungen der Teilnehmer in den Prozess einzubeziehen.23 4.3 Der Kommunikationsprozess In der Sozialpsychologie wird der Begriff der Kommunikation als zentraler und grundlegender Faktor allen sozialen Geschehens gesehen24. In der Tat scheint eine funktionierende Kommunikation, die wiederum auf einer intakten Wahrnehmungsfähigkeit beruht, die Vorbedingung für viele der Probleme, die in den weiteren Kapiteln bearbeitet werden: Kooperative Verhaltensweisen, Entscheidungen in Gruppen, Beratungstätigkeit - all das setzt Kommunikationsfähigkeit voraus. So einfach dies gesagt ist, so schwierig ist es häufig zu realisieren. Die menschliche Kommunikation ist außerordentlich vielen Störungsmöglichkeiten ausgesetzt25. Das in der sozialen Realität außerordentlich rasche Wechselspiel zwischen Kommunikator und Kommunikant (Sender und Empfänger) vielleicht gerade wegen dieser ständigen Fluktuation, in der dauernden Gefahr, Fehlwahrnehmungen, Ängsten, Stereotypen etc. zum Opfer zu fallen. Von daher ist es sinnvoll, in einer Art mikroskopischer Sichtweise den Kommunikationsprozess zu zerlegen und nach einer solchen Diagnostik Schulung und Training der Kommunikationsfähigkeit anzustreben. Die meisten der Übungen sind solche mikroskopische Situationen, in denen der sonst mehr oder weniger unterschwellig ablaufende Kommunikationsprozess sozusagen im Probierglas dargestellt wird. Übungen wie Einweg-Zweiweg-Kommunikation und Kommunikationsmuster in Gruppen untersuchen quasi experimentellen Situationen die Auswirkungen von vorbestimmten Kommunikationsstrukturen auf Verhaltens- und Reaktionsmöglichkeiten und auf die begleitenden emotionalen Prozesse. Die Übung Leitungsstile greift einen Faktor heraus, nämlich den des Führungsverhaltens und zeigt noch einmal 22 vgl. Antons, K.: Praxis der Gruppendynamik, S.25. vgl. Antons, K.: Praxis der Gruppendynamik, S.25. 24 vgl. Hartley/Hartley, R. (1969). 25 vgl. Watzlawick/Beavin/Jackson, D.D. (1969). 23 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 13 stärker vom Erlebnisaspekt her das, was strukturell in 'Kommunikationsmuster in Gruppen' zu diagnostizieren ist. Lerntechniken versucht ähnliches in differenzierterer Weise, wobei speziell der Lernprozess und wissensmäßige Ergebnisse auf ihre Abhängigkeit von Kommunikationsfaktoren hin untersucht werden. Der kontrollierte Dialog schließlich, der seine Herkunft aus der scholastischen Disputation nicht verleugnen kann, ist eine der eindrücklichsten Übungen, die dem Verfasser bekannt sind. Die Notwendigkeit, ein normales Gespräch auseinander zu ziehen, den sonst ineinander verschmelzenden Prozess von Zuhören und eigenem Reagieren erlebnismässig zu zerlegen, stellt außerordentlich hohe Ansprüche an jeden Beteiligten und vermittelt unübersehbare Evidenzen. 4.4 Der Kooperationsprozess der Prozess der Zusammenarbeit ist die Fähigkeit mehrerer Beteiligten, ein gemeinsames Ziel verhaltensrelevant im Auge zu behalten, sich funktional im Hinblick auf dieses gemeinsame Ziel hin zu bewegen und dabei fähig zu sein, mit - berechtigten - Partialinteressen der einzelnen umzugehen. Im Zusammenhang mit dem ebenso häufig gebrauchten Wort „Teamarbeit“ hat der Begriff der Kooperation heute eine überhöhte Bedeutung gewonnen und damit wohl auch einen ideologischen Wert, der hier nicht unbestritten bleiben soll: „Nur ein dauerhaftes Unterdrücken von Konflikten wird den Eindruck einer ständigen Kooperation innerhalb einer Gruppe erwecken. Realität dürfte vielmehr sein, dass dauerhafte Kooperation und Einigkeit eine Illusion sind und dass mit dem Kooperationsverhalten nur ein Teilaspekt beleuchtet wird, der Anderes, Wesentliches außer acht lässt.“26. Die Auswahl der nachfolgend genannten Übungen geht darauf hinaus, das die sonst in der Gruppendynamik weniger deutlich werdenden positiven Potenzen von Konkurrenz- und Rivalitätsverhalten zu betonen. Die Methode „Haus-Baum-Hund“ lässt auf einer spürbaren Ebene die Widerstände gegen kooperatives Verhalten deutlich werden27. Die „Quadrat-Übung“ ist sicher als einer der Wegbereiter der idealisierenden Kooperationsideologie zu verstehen; wegen ihrer weiten Verbreitung wurde sie dennoch hier aufgenommen. Die Übung Kohlengesellschaft demonstriert einen speziellen Aspekt der Kooperation, nämlich das für bestimmte Aufgabenlösungen alle in einer Gruppe vorhandenen Ressourcen notwendig sind. Es beeindruckt Gruppenmitglieder durchweg, in welchem Ausmaß das Problem des Umgangs mit Informationen umgangen wird: Häufig wird die Wichtigkeit von Fakten nicht erkannt, weil nicht gesehen wird, dass sie etwas Neues, dem anderen Unbekanntes enthalten. Die implizite Annahme, dass die anderen auch denken und wissen müssen, was man selbst denkt und weißt, verhindert, dass Informationsbesitz als Machtmittel erkannt wird. 26 27 vgl. Antons, K.: Praxis der Gruppendynamik, S.113. nähere Beschreibung bei Antons, K.: Praxis der Gruppendynamik, S.115-121. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 14 Die spieltheoretischen Richtungen der Sozialpsychologie gehen davon aus, dass Gruppenverhalten in einer ständigen Spannung zwischen eigener Belohnung und Belohnung der anderen, Maximierung des eigenen und des gemeinsamen Gewinnes stehen28. Statt inhaltsleerer Entscheidungen über rechts und links, schwarz und weiß können zum Beispiel reale Namen von zu wählenden Kandidaten eingesetzt werden. Die Belohnung kann dann zum Beispiel ein jeweils zu erhaltender Zuschuss zur Finanzierung einer Gruppe sein. Dabei ist jedoch Vorsicht geraten: Gerät man allzu sehr in der Nähe relevanter politischer Entscheidungen, dann artet eine solche Übung leicht in eine Personaldebatte aus, wobei die Einsicht in die Struktur der Übung und die Spielzusammenhänge aus dem Auge verloren werden. Der Turmbau ist wiederum eine der "Star-Übungen".29 Der in der Einleitung beschriebene Wechsel des Interaktionsmedium, die Möglichkeit zur manuellen Aktivität und zum planerisch-kreativen Gestalten macht sicher einen großen Teil des Reizes dieser Übung aus. - Auch die verschiedenen Versionen des Planspiels sind gerade durch ihre Möglichkeit zum aktiven Planen - unter Umständen verbunden mit dem lebhaften Flair des Rollenspiels - von außerordentlich belebender und auflockernder Wirkung. 28 29 vgl. Mills, J.: Experimental social psychology, London. vgl. Antons, K.: Praxis der Gruppendynamik, S.131 Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 15 5. Schlussbetrachtung Die Gruppenstruktur- und Prozessanalyse und deren Gestaltung können als klassische und nach wie vor zentrale Arbeitsmethoden der Gruppendynamik angesehen werden. Unterschiedlich kann jedoch die Art und Weise sein, wie diese Verfahren eingebracht werden: dies kann in Form von vorstrukturierten Übungen geschehen, deren erstes Ziel es ist, den Umgang mit den Verfahren zu vermitteln oder es kann unstrukturierter zur Verdeutlichung und Beeinflussung des aktuellen Gruppenprozesses werden. Wichtig ist jedoch, dass die Techniken nicht zum Selbstzweck, zum Zeitvertreib oder zur Unterhaltung eingesetzt werden, sondern zur bewussten Veränderung zwischenmenschlicher Interaktionssituationen. Gruppendynamische Prozesse in Unternehmen erfolgreich gestalten ist unser Thema. Wie stelle ich ein Team zusammen, wie kann ich Prozesse in Gruppen steuern, kann ich die Arbeitsaktivität in der Gruppe positiv gestalten? Diese Arbeit soll einen kleinen Beitrag dazu leisten, auf diese Fragen eine umfassende Antwort zu geben, damit in Zukunft nicht mehr 80% der Probleme in Unternehmen zwischenmenschlicher Natur sind. Eva-M. Weisser & Jeannine Schönfeldt 16 Literaturverzeichnis ANTONS, K.: Praxis der Gruppendynamik, 6.Aufl., Hogrefe - Verlag für Psychologie Göttingen 1996. BARNARD, C.: Functions of the executive, Cambrigde/Mass.: Harvard University Press 1938. GATTINGER/LECHNER/SCHLÖGL (HRSG): Gruppendynamik. Anspruch und Wirklichkeit der Arbeit in Gruppen. Verlag für angewandte Psychologie, Göttingen 1998. HARTLEY, E. - HARTLEY, R.: Die Grundlagen der Sozialpsychologie, Berlin 1969. KÖNIG, O.: Gruppendynamik, 3.Aufl., Profil Verlag München 1999. HOFSTÄTTER, P. R.: Gruppendynamik. Kritik der Massenpsychologie, 3.Aufl., Reinbek: Rowohlt 1986. MILLS, J.: Experimental social psychology, London, 1969. MORENO, J. L.: Die Grundlagen der Soziometrie, Köln 1974. PFEIFFER, J.W. - JONES, J.E.: A handbook of structured experiences for human relations training, Vol. I + II, University Associates Press, Iowa City/Iowa 1970. RECHTIEN, W.: Angewandte Gruppendynamik, 3.Aufl., Beltz Verlag Weinheim 1999. ROSENSTIEL, L.V. 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