Kompetenzmanagement in der Produktion Konzipierung, Entwicklung und Nutzung eines Software-Tools für Führungskräfte und Personalentwickler In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Herausforderungen und Chancen für soziale Innovationen in industriellen Produktionssystemen bestehen; inwieweit Konzepte der Kompetenz und der Kompetenzentwicklung helfen können, Ansatzpunkte und Vorgehensweisen für soziale Innovationen zu finden; dass Aufgaben und Prozesse einen besonders geeignete Basis für ein Konzept des nachhaltigen Kompetenzmanagements in der Produktion darstellen; wie diese Idee in einem EU-Projekt aufgegriffen und in Form eines einsatzreifen Tools für Führungskräfte in der Produktion umgesetzt wurde; welche zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten sich für Personalverantwortliche in zentralen Unternehmenseinheiten daraus ergeben; wie weitere Informationen und das Tool für Sie zugänglich werden können. Die Autoren Rainer Uhrmann-Nowak, Dipl. Soz. Dipl. Päd., Geschäftsfeldleiter an der Technischen Akademie Esslingen TAE e. V. in Ostfildern Anschrift: Technische Akademie Esslingen, An der Akademie 5, D-73760 Ostfildern. E-Mail: [email protected] Dr. phil. Elmar Witzgall, Dipl. Päd Dipl. Chem., wissen-koennen.de Projektforschung und Beratung in Dortmund Anschrift: Dr. Elmar Witzgall, Welkenerstraße 20a, D-44369 Dortmund E-Mail: [email protected] Inhalt 1. Einführung: Das Leonardo-Projekt 2. Moderne Produktionssysteme – Anforderungen und Chancen der Fortentwicklung durch soziale Innovation 3. Kompetenz und Kompetenzentwicklung – konzeptionelle Potentiale für die Fortentwicklung von Produktions- und Führungsprozessen 4. Zielgruppen, Elemente und Prozesse eines Kompetenzmanagements in der industriellen Produktion 5. Umsetzung in Gestalt des Software-Tools CM ProWork 6. Möglichkeiten der Einbettung dezentralen Kompetenzmanagements in das betriebliche Personalmanagement 7. Literatur 8. Kontakt 1 Einführung: Das Leonardo-Projekt CM ProWork Gegenstand dieses Artikels ist die Konzipierung und Entwicklung eines Software-Tools für das Kompetenzmanagement in der industriellen Produktion. Gefördert wurde das Pilotprojekt im Rahmen des Leonardo-da-Vinci-Programms der Europäischen Union (Nationale Agentur Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung: www.na-bibb.de; Projektnummer PP 148 281), gestartet am 01.10.2005 und beendet am 30.09.2007. Da Leonardo-da-Vinci-Projekte grundsätzlichen einen transnationalen Ansatz verfolgen, bestand das Projektteam aus mehreren europäischen Partnern. Deutscher Koordinator war die BBQ gGmbH in BadenWürttemberg, ansonsten setzte sich das transnationale Team aus Partner-Institutionen in Deutschland, Spanien, England, der Slowakischen Republik und Portugal zusammen. In jedem Partnerland waren Pilotbetriebe als industrielle Erprobungsträger einbezogen (mehr Informationen über das Projekt, die Partner und die Partnerbetriebe finden Sie in der ProjektWebsite www.cmprowork.com). Die von einem deutschen Koordinator geführten Leonardoda-Vinci-Projekte werden von der Nationalen Agentur Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn betreut (www.na-bibb.de). In Folge der sogenannten Kopenhagen-Erklärung der EU (http://eu.int./comm/education/copenhagen/index_de.html), welche auf die Schaffung eines europäischen Bildungsraums mit vergleichbaren Qualifikationsstandards abzielt, hatte in der europäischen Leonardo-da-Vinci-Ausschreibung von 2005 das Thema „Transparenz von Qualifikationen“ einen besonderen Stellenwert. Gefördert werden sollten vom LeonardoBerufsbildungsprogramm im Rahmen dieser Thematik „Maßnahmen und Instrumente zur Darstellung und zum Vergleich von Qualifikationen und Kompetenzen“, daneben sollte auch die Qualität der Berufsbildungssysteme und –verfahren verbessert werden. Da die Berufsbildungssysteme in der EU weiterhin auf nationaler Ebene geregelt werden, ist der EU-weite Ansatzpunkt „Transparenz“ darauf gerichtet, den „outcome“ von beruflichen Lernergebnissen mess- und vergleichbar zu machen. Auf dem Wege des Vergleichens von Vergleichbarem soll Bildungsabschlüsse ein Bildungsraum angerechnet, entstehen, Lernergebnisse in welchem anerkannt und gegenseitig gemeinsame Entwicklungsziele, wenn auch unterschiedlich, verfolgt werden. Das nonformelle, nicht organisierte und nicht durch explizite Lehrmaßnahmen gesteuerte Lernen im Arbeitsprozess kommt dabei aber leicht außer Betracht, da die betreffenden Ergebnisse nicht mit den üblichen Methoden (Zeugnissen, Abschlüssen) erfasst und in Beziehung gesetzt werden können. Die Erfassung und Darstellung der Ergebnisse des nonformellen Lernens ist, um dies zu vermeiden, zu einem wichtigen Aspekt der EU-Bildungsförderung geworden (siehe CEDEFOP 2000). In der industriellen Produktion sind traditionell relativ viele Personen ohne Ausbildungsabschluss oder speziell geeignete Ausbildung beschäftigt. Sie haben ihre Kompetenzen zu einem großen Teil durch nonformales Lernen im Arbeitsprozess, an der Arbeitsaufgabe und im sozialen Kontext erworben. Eher kurze Phasen organisierten Lehrens und Lernens (Schulungen, Unterweisungen, sehr selten Außer-Haus-Lehrgänge) unterstützen dieses Onthe-Job-Lernen, führen aber EU-weit in der Regel nicht zu anerkannten Berufsbildungsabschlüssen. Allerdings ist die Zusammensetzung des Arbeitskräftekörpers in der industriellen Produktion auch sehr stark von den nationalen Bildungssystemen abhängig – in Ländern mit schulischen Berufsbildungssystemen wie beispielsweise der Slowakischen Republik sind beispielsweise relativ viele Gelernte in der Produktion tätig, wobei dies nichts über das Anforderungsniveau ihrer Tätigkeit aussagt. Unabhängig vom formalen Qualifikationsniveau, aber stark abhängig von der Arbeits- und Lernkultur in den Industriebetrieben, werden durch das nonformelle, punktuell gestützte Lernen sehr unterschiedliche, darunter auch recht hohe Kompetenzen erworben (Witzgall 2006 und 2007). Die Personaleinsatz- und -förderungsstrategien der Führungskräfte in der Produktion spielen dabei eine zentrale Rolle. Grundsätzlich ist eine Tendenz zur Professionalisierung von Produktionsarbeit anzunehmen, die sich z. B. dadurch ausdrückt, dass die Betriebe bei entsprechender Arbeitsmarktlage den Arbeitskräftekörper ihrer Produktion vermehrt mit Personal auch fachfremder und fachnaher Qualifikation ausstatten (Dworschak u. a. 2006, S. 5-8). Die in der industriellen Produktion tätigen Werkerinnen und Werker setzen sich, formal betrachtet, demnach überwiegend aus Anlernten (ohne Berufsausbildung, aber mit On-the-Job-Qualifizierung), Umgelernten (mit fachfremder Ausbildung und On-the-Job-Qualifizierung) und Gelernten (mit On-the-Job-Qualifizierung) zusammen. Ungelernte, das heißt Personen ohne jede Ausbildung und ohne On-the-JobQualifizierung, sind mittlerweile in der industriellen Produktion nur noch schwer einzusetzen. Zeugnisse und Zertifikate sagen demnach im Zweifelsfall eher weniger über die Kompetenzen und die Beschäftigungsfähigkeit von industriellen Werkern aus als Beschreibungen der beruflichen Betätigungsfelder, der damit verbundenen Erfahrungen, Bewährungen, Verhaltensweisen und Lerninhalte. Allerdings gab es kein Verfahren, mit dem die On-the-Job erworbenen Kompetenzen der Werker differenziert genug und über die Betriebs- und Ländergrenzen hinweg vergleichbar erfasst und dargestellt werden konnte, und das möglichst auch von Führungskräften in der Produktion. Mit der Entwicklung des Tools CM ProWork wurde daher Neuland betreten. Allerdings gab es hierfür Vorarbeiten in Form einer eher einfachen Software für das Aufgabenmanagement in der industriellen Produktion (Bullinger / Witzgall 2002, S. 66-87). Diese Vorarbeiten konnten genutzt werden, weil die Kompetenzentwicklung von Werkern sehr stark mit der Übernahme von Aufgabenverantwortung und der Entwicklung von Aufgabenbeherrschung im kooperativen Arbeitsprozess verbunden ist. 2 Moderne Produktionssysteme – Anforderungen und Chancen der Fortentwicklung durch soziale Innovation Die Kundenerwartungen in der globalisierten Wirtschaft werden anspruchsvoller und immer schwerer zu befriedigen. Kürzer werdende Produktlebenszyklen, eine nie gekannte Zunahme der Produktvarianten, ein vermehrter Trend zu kundenorientierter Losgröße-1Produktion sowie eine stetige Verlagerung und Erneuerung von Produktionsprozessen erfordern ein hohes Maß an Planung, Steuerung und Führung, um im Wettbewerb bestehen zu können. Dynamische Märkte erfordern dynamische Unternehmen, die sich kontinuierlich anpassen, stetig neu konfigurieren und sich dabei fortlaufend optimieren. Der Produktionsbereich ist unmittelbar und in besonderem Maße von dieser Entwicklung betroffen. Er soll die Quadratur des Kreises erreichen, indem er Liefertreue gegenüber dem Kunden, niedrige Kapitalbindung durch Bestandssenkung, optimierte Durchlaufzeiten bei minimalen Rüstzeiten und eine hohe Ressourcenauslastung bei kurzfristigen und stark schwankenden Kundenabrufen gewährleistet. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen alle Flexibilitätspotenziale technischer, organisatorischer und personeller Art systematisch entwickelt und ausgeschöpft werden. Dazu gehört nicht zuletzt die Entwicklung der Kompetenzen der in der Produktion tätigen Werkerinnen und Werker als unmittelbar Ausführende bei der Umsetzung der Produktionsaufträge. Im Bereich technischer Innovationen sind deutsche Produktionsbetriebe im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe, im Bereich sozialer Innovationen (Beispiele: KVP, Zielgespräche, Team- und Gruppenarbeit) dagegen in der Schlussgruppe (Armbruster 2005). Dies lässt vermuten, dass wichtige Potenziale nicht ausgeschöpft sind, die eine bessere Balance zwischen technischer und sozialer Innovation sicherstellen könnten, offenbar aber teilweise vernachlässigt werden. Soziale Innovationen im genannten Sinne sind meist leichter anzustoßen und haben gegenüber technischem Overengineering den Vorteil, dass sie kostengünstiger sind und die Flexibilität erweitern, statt sie einzuschränken. Werkerinnen und Werker in der Produktion werden bei Innovationen oft noch als Restgröße oder Hindernisse betrachtet, statt als eine soziale Ressource in der Produktion. Ergebnisse aus einem ABWF-Projekt (Witzgall 2006) zeigen, dass deutlich bessere Ergebnisse in den Bereichen Innovation, Prozessverbesserung, Qualitätssicherung und Flexibilisierung erzielt werden können, wenn Werkerinnen und Werker systematisch und methodisch richtig in betriebliche Veränderungs- und Optimierungsprozesse einbezogen werden. Ein richtig verstandenes und betriebenes Kompetenzmanagement für diese Gruppe ist ein Schlüssel für langfristig stabile Prozesse und erfolgreiche Innovationen im Produktionsbereich. Das Kompetenzmanagement in der Produktion und den dort tätigen Werkerinnen und Werkern wird für Unternehmen auch deshalb wichtiger, da das künftige Arbeitskräfteangebot aufgrund des demographischen Wandels zahlenmäßig kleiner und immer älter sein wird. Dabei steigen die Qualifikationsanforderungen der Betriebe, der Ersatzbedarf an Qualifizierten wird aufgrund der demographischen Entwicklung hoch sein, aber die Qualifikationsstruktur der Erwerbsbevölkerung verbessert sich absehbar nicht weiter. Damit wird Kompetenzentwicklung und die Beschäftigungsfähigkeit der bereits vorhandenen Mitarbeiter auch unter veränderten Bedingungen zukünftig immer wichtiger (Walwei 2005). 3 Kompetenz und Kompetenzentwicklung – Potentiale für die Fortentwicklung von Produktions- und Führungsprozessen An dieser Stelle stellen sich folgende Fragen: Welcher Mehrwert steht hinter dem Konzept der Kompetenz anstelle von Qualifikation? Welche Potentiale lassen sich mit Kompetenzentwicklung erschließen, die von Konzepten der Qualifikationsentwicklung nicht erreicht werden? Gerade im Bereich der industriellen Produktion gibt es viele gute und erprobte Konzepte der Organisations- und Qualifikationsentwicklung. Stichworte können beispielsweise sein: Job Enrichment, Training und Unterweisung, Kontinuierliche Verbesserungsprozesse. Das Konzept der Kompetenz kann und will diese und andere nicht ersetzen, sondern zu allererst integrieren: Definiert man Kompetenz als psychische Disposition zum erfolgreichen Handeln (im Sinne von Baitsch 1996), dann geht es dabei nicht nur um kognitive und aktionsbezogene Befähigungen (Wissen und Können), sondern auch um emotionale und motivationale Voraussetzungen (Wollen). Handlungsfähigkeit konstituiert nur dann Handlungskompetenz, wenn sie mit Handlungsbereitschaft einhergeht. Handlungskompetenz benötigt Entwicklungsvoraussetzungen. Es reicht beispielsweise nicht, auf das Wollen von Mitarbeitern zu vertrauen, sie aber nicht mit Kompetenzen (im alltagssprachlichen Sinne) zum erweiterten Handeln (Sollen und Dürfen) auszustatten. Kompetenzen sind daher immer in ihrem auch organisatorischen Bedingungs- und Entwicklungskontext zu betrachten. Dass gut eingespielte Teams erfolgreicher handeln können als gleich große Gruppen nicht aufeinander eingestellter Individuenist bekannt. An vielen Beispielen lässt sich zeigen, dass sogenannte Praktikergemeinschaften (communities of practice, siehe z. B. Wenger 1998) kollektive Kompetenz entfalten, die sich vor allem auf gemeinsame geteilte Überzeugungen und Bedeutungskontexte, routinisierte Interaktions- und Beteiligungsstrukturen und die Fähigkeit, das in den verschiedenen Köpfen vorhandene Wissen in einen gemeinsamen Handlungskontext zu integrieren, stützt. Kollektive Kompetenz ermöglicht beispielsweise in der Fertigung, dass auch dann erfolgreich gehandelt werden kann, wenn keine klaren Zuständigkeiten bestehen, wenn Einzelpersonen nicht den notwendigen Überblick haben, wenn formale Vorgehensweisen sich nicht mehr als praktikabel erweisen und wenn schnell praxisnahes Wissen zur Hand sein muss. Während qualifikationsorientierte Konzepte eher im Rückblick konstatieren, welche Prüfungen und Abschlüsse eine bestimmte Person absolviert hat, wirken Kompetenzkonzepte dynamisierend: Es wird nicht nur das Lernergebnis im engeren Sinne betrachtet, sondern auch dessen Umsetzung in der Praxis und dessen Fortsetzung, wenn die Notwendigkeit und Möglichkeit dazu besteht. In diesem Zusammenhang sagen Arbeits- und Lernbiographien oft mehr über personale Kompetenz aus als Prüfungszeugnisse. Es geht demnach nicht nur um die aktuell gezeigte Leistung, sondern stärker um die Potentiale von Menschen (und Kollektiven), mit Lern- und Leistungsanforderungen umzugehen. Das Kompetenzkonzept erweitert zum Dritten den Blick: Personalverantwortliche haben in ihren Planungen vornehmlich „Maßnahmen“ wie Schulungen, Seminare, Workshops u. ä. im Blick. Das Kompetenzkonzept gestattet einen Blick darüber hinaus, vor allem auf die Arbeits- und Lernkultur als Kontext von Kompetenzentwicklung. Damit sind z. B. Konventionen oder Annahmen über den Zusammenhang von Arbeiten und Lernen gemeint. Ist es für die Werkerinnen und Werker selbstverständlich, dass sie in ihrer Tätigkeit immer weiter lernen müssen, weil sich die Aufgaben ändern, weil neue Aufgaben entstehen und neue Bedingungen gemeistert werden müssen? Sehen dies auch die Vorgesetzten so und bekräftigen diese die Meinung. Gibt es dazu Zielvorstellungen und werden Lernerfolge ebenso gewürdigt wie Arbeitsleistungen? Kompetenzentwicklung ist bei lebens- und arbeitserfahrenen Menschen ein allmählicher Prozess, der nur in Grenzen direkt stimuliert werden kann. Oft wird übersehen, dass insbesondere Ressourcen einen maßgeblichen Einfluss auf die Kompetenzentwicklung ausüben. Im Falle von Industriewerkern stellen beispielsweise wechselnde Aufgaben mit anspruchsvolleren Inhalten eine wichtige Ressource dar, aber auch die Zeit und Gelegenheit zur Einarbeitung, zur Besprechung von Problemen, zum Austausch von Wissen und zur Kontaktaufnahme mit Fachleuten. Kompetenzentwicklung beruht auf Lernen. Lehr-Lern-Settings wie z. B. gut organisierte Unterweisungen können dieses Lernen unterstützen, aber niemals komplett abdecken. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass vor allem dann Kompetenzentwicklung geschieht bzw. sich Kompetenzen offenbaren, wenn Mitarbeiter eigenaktiv Lernprozesse für sich und die Kollegen organisieren und realisieren. Diese Formen individueller und kollektiver Selbstqualifizierung, die von Führungs- und Fachkräften im Grunde erwartet werden, gehören für Werkerinnen und Werker noch nicht zum „normalen“ Arbeitsleben. Das Kompetenzkonzept stellt daher darauf ab, nicht in allen Fällen Anforderungen zu definieren und diese in Lehrkonzepte und -maßnahmen umzusetzen. Alternativ oder ergänzend ist zu fragen, ob und wie die Betroffenen dazu gebracht werden können, diese Lernanforderungen für sich zu erkennen und sich ein Stück weit bei der Bewältigung selbst zu helfen. Kompetenz kann nur in Grenzen und mit relativ hohem Aufwand gemessen werden (Erpenbeck / von Rosenstiel 2003), da es dabei ja um vielschichtige Prozesse und Strukturen, psychische Dispositionen des Handelns geht. Im Grunde bedeutet darum Kompetenzmessung letztlich, anhand der praktischen Bewährung von Personen in unterschiedlichen und wechselnden Situationen auf die (in den psychischen Tiefenstrukturen verborgenen) Kompetenzen und die Entwicklung dieser Kompetenzen zu schließen. Da sich in der Regel in unterschiedlichen Handlungsfeldern bei ein und derselben Person eine unterschiedliche Performanz des Handelns darstellt, macht es Sinn, Kompetenzen nach Maßgabe wichtiger Handlungsdomänen zu benennen und dann z. B. von Fach-, Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenz zu sprechen. Wie schon weiter oben erwähnt, verbergen sich „dahinter“ aber immer miteinander verflochtene, kognitive, motivationale und praktische Komponenten (s. Abbildung 1). Fachkompetenz Sozialkompetenz WISSEN KÖNNEN WOLLEN Methodenkompetenz Abb. 1: Domänen und Komponenten von Kompetenz Kompetenzbeurteilung und Kompetenzentwicklung sind, wenn auch nicht immer so genannt und verstanden, Kernaufgaben der Vorgesetzten im Betrieb. Will man das Führungshandeln und die damit verbundenen Prozesse wesentlich verbessern, wird man nicht daran vorbei kommen, sich dieser Tatsache, den damit verbundenen Schwierigkeiten, aber auch Potentialen bewusst zuzuwenden. Da die Kompetenzentwicklung recht komplexe Beurteilungsleistungen einschließt, müssen sich auch die methodischen, sozialen und kommunikativen Kompetenzen der damit befassten Vorgesetzten entwickeln. Dies gilt aber auch im organisationalen Maßstab: Eine Organisation wie z. B. ein Betrieb, der sich der Frage der Kompetenzentwicklung annimmt, muss bis in die Spitze (Topmanagement und Personalleitung) lernen, dessen Besonderheiten und Potentiale zu erkennen, darauf gerichtete Strategien zu entwickeln und in Kraft zu setzen. Dies eben ist organisationale Kompetenzentwicklung. 4 Zielgruppen, Elemente und Prozesse eines Kompetenzmanagements in der industriellen Produktion Im Fall der Produktionsarbeit besitzen vor allem die dezentral eingesetzten Produktionsleiter bzw. Meister die Verantwortung, aber auch die besten Einflussmöglichkeiten für die Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter. Instrumente des Kompetenzmanagements sollten sich daher vor allem für diesen dezentralen Einsatz im Aufgabenkontext von ProduktionsFührungskräften eignen. Kompetenzmanagement Auf der Schnittstellen anderen zum Seite zentralen muss dieses Personalwesen dezentrale und dessen Kompetenzmanagement aufweisen, so dass ein beiderseitiger Nutzen entstehen kann. Die Zielgruppen eines Kompetenzmanagements in der industriellen Produktion wurden weiter oben schon benannt. Neben den direkt produktiv eingesetzten Werkerinnen und Werkern macht es durchaus auch Sinn, die unmittelbar in der Produktion tätigen Facharbeiter und -angestellten einzubeziehen. In der Praxis hängt die Leistungsfähigkeit von Produktions-Arbeitssystemen ohnehin wesentlich von der individuellen und kollektiven Kompetenz aller dort tätigen Werkerinnen und Werker ab, ob diese nun fachlich ausgebildet sind oder nicht. Spezielle psychologische Verfahren zur Kompetenzmessung lassen sich in der Produktion nur schwer einsetzen und nur sehr begrenzt nutzen. Wie schon dargestellt macht es viel mehr Sinn, von der praktischen Handlungsperformanz der Mitarbeiter auf deren Kompetenzen zu schließen und davon ausgehend wieder eine Kompetenzentwicklung zu betreiben, die sich an verbesserter Handlungspraxis bemessen lässt. Im Falle der Produktionsarbeit stellen vor allem die Arbeitsaufgaben eine sehr gute Bemessungsgrundlage dar, da diese meistens gut definiert sind und sich entsprechende Handlungserfolge von den längerfristig in der Produktion tätigen Führungskräften sehr gut und zuverlässig beurteilen lassen. Durch Arbeitsaufgaben, deren Verteilung, Gestaltung und Bewertung kann das individuelle, aber auch das kollektive Lernen im Arbeitsprozess sehr wirkungsvoll beeinflusst werden. Arbeitsaufgaben werden als Lernaufgaben von den Werkerinnen und Werkern auch sehr geschätzt, weil sie praxisrelevant sind, keine schulähnlichen Lernanforderungen stellen und weil deren Bewältigung zum beruflichen Selbstbild gehört. Mit Arbeitsaufgaben lassen sich auch indirekte, prozessbezogene Lerninhalte (z. B. Verfahren des Qualitätsmanagements) verbinden, die abstrakter Produktionsarbeit zählen. sind, aber mittlerweile ebenfalls zum Repertoire der Die meisten Führungskräfte in der Produktion benutzen in der Regel schon eigene, einfache Instrumente für das alltägliche Aufgabenmanagement, d. h. für die Zuordnung von Aufgaben zu verantwortlichen Personen bzw. von zu erlernenden Aufgaben und Personen. Diese Instrumente stellen nach dem oben Gesagten eine geeignete Basis für ein darauf aufbauendes, dual strukturiertes Kompetenzmanagement dar. Dessen inhaltliche und methodische Struktur kann wie nachfolgend skizziert werden: - Erste Ebene: Aufgabenmanagement. Dazu gehört vor allem die Klärung / Steuerung von: - Aufgabenverantwortung (Wer macht was?) im Ist-Zustand - Aufgabenverantwortung im Soll-Zustand - Aufgabenbeherrschung (Wer kann was?) - Lernbedarf (Wer soll welche Aufgabe erlernen?) - Zweite, darauf aufsetzende Ebene: Eigentliches Kompetenzmanagement. Folgende Fragen stehen im Vordergrund der Kompetenzerfassung: - Welches Können wurde durch die Ausführung von Arbeitsaufgaben erworben? - Welches Wissen wurde dabei erworben? - Welche Verantwortung wurde übertragen und übernommen? - Welches Verhalten wurde darüber hinaus in den alltäglichen Arbeitsprozessen gezeigt? - Methodischer Rahmen des Kompetenzmanagements mit den Elementen: - Einbeziehung der Zielgruppenangehörigen in die Erhebung und Beurteilung - Nachhaltige Praxis: Wiederholung in regelmäßigen Abständen zur Beurteilung, ob eine positive Entwicklung vorliegt. - Rückmeldung über die Ergebnisse und Besprechung der Konsequenzen - Bereitstellung von Ressourcen (v. a. Zeit, Kooperations- und Kommunikationsmöglichkeiten, Wissenszugänge) zur Unterstützung der Kompetenzentwicklung. Die gewählte Kombination von Aufgabenmanagement und Kompetenzmanagement erleichtert die Einführung von Verfahren des Kompetenzmanagements in der Produktion, weil dadurch ein wichtiger Verantwortungsbereich der dort tätigen Führungskräfte ausgebaut wird und die Erfahrung, die sie im alltäglichen Aufgabenmanagement (und allem, was sich damit verbindet) gesammelt haben, benötigt und genutzt wird. 5 Umsetzung in Gestalt des Software-Tools CM ProWork Die Entwicklung eines wie oben skizziert dualen Instruments zum Kompetenzmanagement in der Stückgüterproduktion war die Zielstellung des Leonardo-Pilotprojektes CM ProWork. Diese Entwicklung konnte auf einem Vorläuferinstrument zum Aufgabenmanagement aufbauen, welches in Form einer Excel-Arbeitsmappe realisiert und schon in mehreren Projekten eingesetzt worden war (www.aufgaben-qualifikationsmanagement.wissen- koennen.de). Dieses Vorläuferinstrument enthielt schon den inhaltlichen Kern, der für ein jedes Tool zum Aufgabenmanagement unumgänglich ist: Dies ist ein Aufgabeninventar, welches in strukturierter Form die Arbeitsaufgaben darstellt, die verteilt, übernommen, erlernt und praktisch beherrscht werden sollen. Die in CM ProWork übernommene Grundstruktur des Aufgabeninventars (s. Abbildung 2) ist an parallel laufenden Grundprozessen der Produktion orientiert, nämlich denen der Vorbereitung, Durchführung und Beendigung von Produktionsaufträgen sowie dem der Kontrolle und Verbesserung der Auftragsbearbeitung hinsichtlich Produktivität und Qualität. Prozess C: Kontrolle und Verbesserung Vorge- von Produktionsprozessen Nachge- lagerter Prozess B: Vorbereitung und Abschluss lagerter Prozess von Produktionsaufträgen Prozess Prozess A: Durchführung von Produktionsaufträgen Abb. 2: Grundstruktur des prozessorientierten Aufgabeninventars Jede Prozessebene des Inventars beinhaltet zwei Aufgabenbereiche. Die Aufgabenbereiche sind wiederum in Aufgabenkomplexe und Einzelaufgaben untergliedert, was folgende Hierarchie des Aufgabeninventars ergibt: - Prozess |- Aufgabenbereich |- Aufgabenkomplex |- Einzelaufgabe Die Grobstruktur des Aufgabeninventars (Aufgabenbereiche und Aufgabenkomplexe) sieht folgendermaßen aus. 1. Fertigen 2. 3. 4. 5. 6. 1.1 Maschinen führen 1.2 Manuelle Produktionsschritte ausführen 1.3 Maschinenfunktionen aufrechterhalten 1.4 Daten im Prozess erfassen Auftragsdurchlauf gewährleisten 2.1 Materialfluss aufrechterhalten 2.2 Zusammenarbeit abstimmen Produktionsaufträge einplanen 3.1 Verfügbarkeiten feststellen 3.2 Personalbesetzung abstimmen und anpassen 3.3 Aufträge verteilen und terminieren Ausführung der Produktionsaufträge vorbereiten 4.1 Fertigungsunterlagen bereitstellen 4.2 Material bereitstellen 4.3 Maschinen rüsten 4.4 Messzeuge rüsten 4.5 Handhabungs- und Transporthilfen rüsten Qualität und Produktivität sichern 5.1 Daten auswerten 5.2 Audits durchführen 5.3 Anweisungen erstellen Qualität und Produktivität verbessern 6.1 Qualitätssicherung verbessern 6.2 Produktivität verbessern Verwaltet und genutzt werden ausschließlich die Einzelaufgaben. Im Rahmen von CM ProWork wurde das Inventar vor allem um kooperations- und verbesserungsbezogene Einzelaufgaben ergänzt, so dass es jetzt insgesamt 96 Einzelaufgaben enthält. Jeder Einzelaufgabe wurde außerdem ein Wissensniveau (in den Stufen 1, 2 oder 3) zugeordnet: - Wissensniveau 1: Da die Aufgabe eine lineare Ablaufstruktur besitzt, beschränkt sich das Aufgabenwissen auf die Kenntnis der Abfolge der Arbeitsschritte und deren vorgabegerechter Ausführung - Wissensniveau 2: Die Aufgabe besitzt eine verzweigte Ablaufstruktur. Es ist deshalb zusätzlich Beurteilungs- und Entscheidungswissen gefordert. - Wissensniveau 3: Die Aufgaben besitzt eine offene (heuristische) Struktur. Der Mitarbeiter muss deshalb zusätzlich komplexes Beurteilungs-, Eingriffs- und Folgewissen besitzen und in der Lage sein, planmäßig vorzugehen. Das Aufgabeninventar kann, wie die Erprobung zeigte, auf die Stückgüterproduktion in jedem modernen, Stückgüter produzierenden Betrieb der M+E-Industrie und die dort tätigen Werker und Fachkräfte angewendet werden. Die Aufgaben reichen bis in den Bereich der Produktions-Führungskräfte hinein, decken deren Aufgabenfeld aber nicht komplett ab. Das Aufgabeninventar von CM ProWork ist spezifizierbar und erweiterbar, also an den jeweiligen Betrieb anpassbar. In der Grundstruktur ist das Aufgabeninventar aber verbindlich, weil nur so eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse über die Betriebs- und Ländergrenzen hinweg realisiert werden kann. Beim Einsatz des Tools wird bei jedem (ausgewählten) Mitarbeiter der Produktion aufgenommen, welche Aufgaben von ihm verantwortlich übernommen wurden (auch: in einer Sollstruktur übernommen werden sollen) und, unabhängig davon, welche Aufgaben von ihm beherrscht werden. Anhand der Eingaben in diese aufgabenbezogene Tool-Ebene berechnet das Tool auf der Kompetenzmanagementebene die sogenannten Aufgabenkompetenzen: Aufgabenzuständigkeit Aufgabenkönnen Aufgabenwissen Die Aufgabenkompetenz eines Mitarbeiters manifestiert sich danach in seiner Fähigkeit und Bereitschaft, viele, auch unterschiedliche, darunter auch schwierige Aufgaben verantwortlich zu übernehmen, zu erlernen und in der Praxis zu beherrschen. Derartige Aufgabenkompetenzen werden mit Verfahren der Qualifikationsmessung (z. B. Prüfung) nicht erfasst. Assessmentverfahren stehen dem gewählten Vorgehen methodisch näher, bewegen sich allerdings in eher künstlichen Bewährungssituationen und haben meist keine automatische Ergebnisdarstellung. Vor allem die Mitarbeiter, welche keine klassischen Fachqualifikationen nachweisen können, erhalten durch das Konzept der Aufgabenkompetenzen erstmalig die Möglichkeit des Nachweises der Kompetenzen, welche in der Produktion in erster Linie entwickelt und eingebracht werden. Allerdings erfordern moderne Produktionsprozesse auch Kompetenzen, die nicht unmittelbar aus Arbeitsaufgaben, sondern aus der aufgabenübergreifenden Gewährleistung von Prozessen und der Bewältigung von Veränderungen in diesen Prozessen resultieren. Da das eigentliche Prozess-Veränderungs-Management nicht zu den Aufgaben von Werkern und Fachkräften gehört, wurde bei der CM ProWork-Entwicklung nur auf das Verhalten abgestellt, welches die Mitarbeiter im Rahmen von prozessbezogenen Kooperations-, Kommunikations- und Lernvorgängen zeigen. Diese so genannten Prozesskompetenzen werden nicht vom Tool errechnet, sondern von den Nutzern des Tools eingestuft (auf Grundlage einer Intervallskala) und dann vom Tool dargestellt. Folgende Prozesskompetenzen stellt das Tool dar: Lernbereitschaft – Bereitschaft zur Übernahme neuer Aufgaben und zum Erlernen des damit verbundenen Wissens und Könnens; Kooperationsbereitschaft - Bereitschaft und Fähigkeit zur kooperativen Bewältigung von Situationen und Veränderungen im Arbeitsprozess: Kommunikationskompetenz - Motivation und Fähigkeit zur kommunikativen Verständigung im Arbeitsprozess, zur Wahrnehmung und Verhandlung von unterschiedlichen Standpunkten; Sozialkompetenz - Fähigkeit zur Wahrnehmung verschiedener Interessen und Bedürfnisse und zur Herstellung von sozialer Kohäsion. Die Prozesskompetenzen beziehen sich ausschließlich auf das Verhalten der Mitarbeiter im Arbeitsprozess. Mit ihnen werden Verhaltensmerkmale erfasst, welche für die gemeinsame Aufgabenbewältigung, den kooperativen Umgang mit Problemen, den Austausch von Wissen und für das Um- und Neulernen von zentraler Bedeutung sind. Wegen des gewünscht engen Bezugs zum Arbeitsprozess konnten keine fertigen Skalen aus anderen Instrumenten übernommen werden, sondern es musste eine Neuentwicklung erfolgen. Der Vorteil des Prozessbezugs besteht darin, dass mit der Einstufung keine allgemeinen, persönlichkeitsbezogenen Einschätzungen vorgenommen werden müssen. Einstufungen dieser Art sollten den Führungskräften in der Produktion auch nicht abverlangt werden; sie können eventuell starke Vorbehalte bei der Zielgruppe Werkerinnen und Werker herbeiführen. Das Tool stellt die errechneten Aufgabenkompetenzen und die eingestuften Prozesskompetenzen für alle erfassten Mitarbeiter in einem Kompetenzbericht dar (siehe Abbildung 3): Abb. 3: Die Form der Kompetenzbericht-Darstellung Die Werte der insgesamt sieben Dimensionen der Aufgaben- und der Prozesskompetenz werden im Zahlenraum von 1, 2, 3 und 4 auf den Spalten der tabellarischen Darstellung des Kompetenzberichts eingetragen. Auf Zwischenwerte wird zugunsten einer einheitlichen Darstellung auf einem angemessenen Genauigkeitsniveau verzichtet. Der Kompetenzbericht kann in MS Excel exportiert und dann beliebig weiterverarbeitet werden. Der ebenfalls vom Tool errechnete Lernbedarf wird in einem Lernbedarfsbericht dargestellt (getrennt für den Ist- und den Sollzustand der Aufgabenverantwortung). Dieser Bericht gibt Auskunft, welche Aufgaben deshalb kritisch sind, weil sie von den dafür Verantwortlichen nicht oder nur unzureichend beherrscht werden. Um welche Personen es sich dabei handelt, wird auf Knopfdruck aufgelistet. Eine ganz wesentliche Erweiterung der Tool-Mächtigkeit wurde durch positionsbezogene Funktionen ermöglicht: - Auf der Grundlage des – betriebsspezifisch angepassten – Aufgabeninventars können Positionen als Ansammlung von Aufgaben definiert werden. - Wenn den Aufgaben im Inventar betriebsspezifische Anforderungen zugeschrieben wurden, dann kann eine Auflistung von Aufgaben und zugehörigen Positionen abgerufen, ausgedruckt und z. B. im Rahmen von Stellenbeschreibungen genutzt werden. - Für ausgewählte Positionen und Mitarbeiter kann die dritte Ergebnisdarstellung, der so genannte Positionsbericht, aufgerufen werden. Er zeigt mit einem Zahlenwert zwischen 1 und 10 die Positionsfitness (d. h. Eignung für die Besetzung der Funktion auf Grundlage der aktuellen Aufgabenbeherrschung) der Mitarbeiter. Diese Funktion eignet sich wegen der Betriebsspezifik der Eingaben auch zur Errechnung unternehmensbezogener Kompetenzwerte, zusätzlich zu den unternehmensunspezifischen Werten, welche im Kompetenzbericht stehen. Auch die Berichte zum Lernbedarf und zur Positionsfitness können in MS Excel exportiert und weiterverarbeitet werden. Das Tool CM ProWork liegt als datenbankbasierte Einzelanwenderversion (Betriebssystem: MS Windows mit DotNet-Framework 2) mit einer modernen Benutzeroberfläche vor. Zum Tool gehört ein gut ausgebautes Help-System, welches den Anwender bei der Orientierung und Nutzung unterstützt. Die Ergebnisse und Datensätze können gezielt abgespeichert und wieder aufgerufen werden. 6 Möglichkeiten und Ansätze der Einbettung des dezentralen Kompetenzmanagements in das betriebliche Personalmanagement Mit dem Tool CM ProWork können erstmals – auf sicherer methodischer Grundlage – die durch das Agieren, Kooperieren und Lernen im Arbeitsprozess erworbenen Kompetenzen betriebsübergreifend wie betriebsspezifisch dargestellt und ihre Entwicklung verfolgt werden. Die Führungskräfte (z. B. Meister, Fertigungsleiter), welche das Tool als Handwerkszeug nutzen, werden beim alltägliche Aufgabenmanagement, bei der Erfassung des Lernbedarfs, bei der Einführung neuer Aufgaben und Positionen und bei der Entwicklung von Maßnahmen der Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter unterstützt. Die betriebliche Erprobung hat gezeigt, dass die meisten Werkerinnen und Werker bereit sind, sich direkt an der Dateneingabe und an den Einstufung zu beteiligen und die Erfassung ihrer Kompetenz nicht als Diskriminierung empfinden. Die Voraussetzung dafür ist natürlich ein transparentes und partizipatives Vorgehen bei der Einführung und Nutzung des Tools. Das dezentrale Kompetenzmanagement, welches die Führungskräfte mit Hilfe des Tools etablieren, kann durch eine Einbettung in übergeordnete Zusammenhänge seine eigene Wirksamkeit noch besser entfalten und übergeordnete Instanzen, wie das Personalmanagement, positiv beeinflussen. Diese unterstellte Wechselwirkung dezentralen und zentralen Kompetenzmanagements hat mannigfache Gründe. Die sorgfältige Erfassung der Daten und die Einstufung der Mitarbeiter erzeugt im Resultat detaillierte Berichte über Kompetenzen, Lernbedarfe, Positionen, Anforderungen und Eignungen. Defizite werden so sichtbar und können auch vor Ort mit direkten Maßnahmen wie z.B. Schulung, Qualifizierung, Coaching, Reorganisation und Ressourcenzuteilung angegangen werden. Betriebliche Bewertungsmaßstäbe und Regularien für den Umgang mit diesen Resultaten können aber nicht im Produktionsbereich alleine entwickelt werden, dazu ist die Einbettung in das betriebliche Personal- und Kompetenzmanagement nötig. Das dezentrale Kompetenzmanagement, d.h. die Produktionsebene, profitiert in folgender Weise von der Einbettung in diese übergeordneten Zusammenhänge. Die Personalabteilung kann, bei gegenseitiger Beratung über die Konsequenzen der Berichte und bei der Einordnung von Problemfällen, unterstützend wirken. Die Operationalisierung der Ergebnisse und ihre Einbindung in Zielvereinbarungsgespräche braucht ebenfalls (Defizitbenennung, die Unterstützung Maßnahmenplanung, Absprache, Unterstützungsbedarf u.s.w.). einer professionellen Konsensherstellung, Personalabteilung Verbindlichkeit der Das Kompetenzmanagement kann und sollte mit anderen Managementaktivitäten (v. a. dem Qualitäts-, Arbeitsschutz- und Umweltmanagement) verflochten werden, weil so ein Mehrfachnutzen entsteht und Doppelarbeit vermieden werden kann. Für eine derartige Nutzung der Ergebnisse aus dem CM ProWork-Tool reichen die Befugnisse und Einflüsse des Produktionsmanagements aber nicht aus. Auch hier muss eine übergeordnete Instanz verschiedene betriebliche Teilsysteme koordinieren und integrieren. Wenn Partizipation und Mitarbeiterbeteiligung, z.B. bei der Berücksichtigung der Ergebnisse im Zusammenhang von Leistungsentlohnung und Aufstieg, angestrebt werden, ist ein strategisches, koordiniertes und rückgemeldetes Vorgehen notwendig, um nicht unvorhergesehene und kontraproduktive Effekte hervorzurufen. Auch dabei ist eine bereichs- und abteilungsübergreifende Kooperation notwendig. Abgesehen davon werden für diesen Bereich gesamtbetriebliche Maßstäbe und Verfahren benötigt. Das Tool eignet sich grundsätzlich auch zur Stimulierung und Ergebniskontrolle von Selbstqualifizierung im individuellen und kollektiven Maßstab. Es stellt dar, wo die betreffenden Defizite liegen und zeigt den Mitarbeitern und Gruppen direkt, wie sich ihre Ergebnisse in punkto Aufgaben- und Prozesskompetenzen mit der Zeit entwickeln. Wegen der starken Ressourcen- und Lernkompetenzanhängigkeit von Selbstqualifizierungsprozessen geht es hier aber meist nicht ohne angemessenen Support spürbar vorwärts. Nicht zuletzt ist die zentrale Personalabteilung gefragt, wenn es um unterstützende und flankierende Maßnahmen bei der Selbstqualifizierung und der Selbstorganisation des Lernens auch in der Fertigung geht. Aber nicht nur das Produktionsmanagement profitiert von der Einbettung dezentralen Kompetenzmanagements in das betriebliche Personalmanagement, auch die Personalabteilung selbst hat Vorteile aus einer solchen Integration verschiedener Bereiche und Herangehensweisen. Das Lernen in der Arbeit ist für Personalabteilungen in vielen Bereichen, vor allem aber in der Produktion, noch eine „Black Box“. Durch das CM ProWork-Tool und die mit ihm angefertigten Berichte kommt Licht in diese Box und es ermöglicht dadurch einen inhaltlichen und methodischen Erkenntnisgewinn bei den Personalverantwortlichen. Wo die Kompetenzberichte einen „harten“ Kern an Wissenslücken oder Fertigkeitsdefiziten aufzeigen, können auch organisierte, formelle Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen Abhilfe schaffen. Diese werden gemeinhin von Personlabteilungen organisiert und auch auf ihre Wirkung hin untersucht. Die Verschränkung der Effekte formellen und nonformellen Lernens im Sinne von Kompetenzentwicklung wird auch bei den Personalabteilungen wichtige Erkenntnisfortschritte für die künftige Betreuung der Produktionsbereiche hervorrufen. Vor allem die vom Tool dargestellten Prozesskompetenzen geben einen ansonsten sehr schwierig herzustellenden Einblick in die „Soft Skills“ der Mitarbeiter in der Produktion, indirekt aber auch in die Sozial- und Führungskompetenzen der Führungskräfte. Die Personalabteilungen können eventuelle, abteilungsbezogene Defizite festmachen und nach geeigneten Trainings- und Fortbildungskonzepten für die Führungskräfte Ausschau halten. Durch die umfänglichen und differenzierten Ergebnisberichte (Kompetenz-, Lernbedarfs- und Positionsbericht) des Tools steht den Personalabteilungen eine Fülle von Daten und Möglichkeiten zur Verfügung, um zum Beispiel Zielgespräche, die Ausrichtung von KVP-Prozessen, das betriebliche Ideenmanagement und die Grundlagen betrieblicher Prämienlohnsysteme zu bereichern oder neu zu gestalten. Die Möglichkeit, mit dem Tool Positionen (z.B. Einrichter, Maschinenbediener etc.) zu definieren, diesen Positionen Aufgaben zuzuordnen, die Aufgaben wiederum mit konkreten Anforderungen zu unterlegen (z.B. Staplerführschein, Grundkenntnisse CNCSteuerung etc.) und diese Angaben mit den Aufgabenkompetenzen der Werkerinnen und Werker abzugleichen, eröffnet völlig neue Ansatzpunkte passgenauer Stellenbesetzungen, Umsetzungen sowie Urlaubs- und Krankheitsvertretungen. Ebenso können solche Positionsprofile bei Neueinstellungen, beim Ausstellen von Arbeitszeugnissen und bei der Qualifizierungsplanung genutzt werden. Da das Tool Hinweise auf organisatorische Mängel im Produktionsbereich gibt, legt es auch Reorganisationsmaßnahmen nahe, die auf Anreicherung von Aufgabenprofilen und damit auf lernförderliche Aufgabengestaltung abzielen. In einer mittelfristigen Betrachtungsweise dienen die Kompetenzberichte des Tools als Evaluierungsinstrument über die Wirksamkeit organisatorischer Umstellungen und flankierender, qualifikatorischer Maßnahmen, da sie die Kompetenzentwicklung der von solchen Maßnahmen betroffenen Werker/-innen reflektieren. Ohne im Detail absehen zu können oder zu wollen, wie eine Übertragung des hier gewählten methodischen Inventars auf andere betriebliche Gruppen und Bereiche aussehen könnte, kann dennoch angenommen werden, dass die detaillierte Beschäftigung mit der Kompetenzentwicklung von Mitarbeitern Ausstrahlungseffekte zeitigen und Anregungen für die Schaffung eines gesamtbetrieblichen Kompetenzmanagementsystems geben kann. 7 Literatur Armbruster, H. u. a. Techno-organisational innovation in the European Manufacturing industry. “European Manufacturing Survey” Bulletin 1, December 2005 (Fraunhofer Institute Systems and Innovation Research (ISI), Karlsruhe Baitsch, Ch. Lernen im Prozess der Arbeit – ein psychologischer Blick auf den Kompetenzbegriff. Quem-Bulletin 1. Berlin 1996 Bullinger, H.-J. / Witzgall, E. Qualifikationsmanagement in der Produktion. Pläne und Werkzeuge für die Baustelle Lernende Organisation. Stuttgart 2002 CEDEFOP (Hrsg.) Lernen sichtbar machen. Ermittlung, Bewertung und Anerkennung nicht formal erworbener Kompetenzen in Europa (Jens Bjornavold). Luxemburg 2001 Dworschak, B. u. a. Statt Abqualifizierung: Kompetenzentwicklung. Konzepte und betriebliche Erfahrungen bei gering qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. QuemMaterialien Nr. 78, Berlin 2007 Erpenbeck, J. / von Rosenstiel, L. Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart 2003 Walwei, U. Demografie und Arbeitswelt. Vortrag im Rahmen des „Kolloquiums Fundamentale“ des Zentrums für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale der Universität Karlsruhe. 15.12.2005 Wenger, E. Communities of Practice. Learning, Meaning and Identity. Cambridge 1998 Witzgall, E. Voraussetzungen und Möglichkeiten der Kompetenzentwicklung bei Werkern / Werkerinnen. Quem-Bulletin 6/2006, Berlin Witzgall, E. Kompetenzentwicklung durch Lernen im Arbeitsprozess der industriellen Produktion. In: Dworschak u. a. 2007, S. 19 ff. 8 Kontakte Zugang Zugang zur Beratung und zu einem Tool-Glossar: [email protected] Zugang zum Tool und dessen Implementierung: www.kompetenzmanagement.wissen- zu Informationen (inkl. Good Practice): [email protected] koennen.de Berufliche Bildung und Qualifikation ([email protected]) Projekt-Website: www.cmprowork.com BBQ gGmbH, Frau Christine Simeon