Kompetenzmanagement in der Produktion - ADAM

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Kompetenzmanagement in der Produktion
Konzipierung, Entwicklung und Nutzung eines Software-Tools für Führungskräfte und
Personalentwickler
In diesem Beitrag erfahren Sie,

welche Herausforderungen und Chancen für soziale Innovationen in industriellen
Produktionssystemen bestehen;

inwieweit Konzepte der Kompetenz und der Kompetenzentwicklung helfen können,
Ansatzpunkte und Vorgehensweisen für soziale Innovationen zu finden;

dass Aufgaben und Prozesse einen besonders geeignete Basis für ein Konzept des
nachhaltigen Kompetenzmanagements in der Produktion darstellen;

wie diese Idee in einem EU-Projekt aufgegriffen und in Form eines einsatzreifen Tools für
Führungskräfte in der Produktion umgesetzt wurde;

welche zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten sich für Personalverantwortliche in zentralen
Unternehmenseinheiten daraus ergeben;

wie weitere Informationen und das Tool für Sie zugänglich werden können.
Die Autoren
Rainer Uhrmann-Nowak, Dipl. Soz. Dipl. Päd., Geschäftsfeldleiter an der Technischen
Akademie Esslingen TAE e. V. in Ostfildern
Anschrift: Technische Akademie Esslingen, An der Akademie 5, D-73760 Ostfildern.
E-Mail: [email protected]
Dr. phil. Elmar Witzgall, Dipl. Päd Dipl. Chem., wissen-koennen.de Projektforschung und
Beratung in Dortmund
Anschrift: Dr. Elmar Witzgall, Welkenerstraße 20a, D-44369 Dortmund
E-Mail: [email protected]
Inhalt
1. Einführung: Das Leonardo-Projekt
2. Moderne Produktionssysteme – Anforderungen und Chancen der Fortentwicklung
durch soziale Innovation
3. Kompetenz und Kompetenzentwicklung – konzeptionelle Potentiale für die
Fortentwicklung von Produktions- und Führungsprozessen
4. Zielgruppen, Elemente und Prozesse eines Kompetenzmanagements in der
industriellen Produktion
5. Umsetzung in Gestalt des Software-Tools CM ProWork
6. Möglichkeiten der Einbettung dezentralen Kompetenzmanagements in das
betriebliche Personalmanagement
7. Literatur
8. Kontakt
1
Einführung: Das Leonardo-Projekt CM ProWork
Gegenstand dieses Artikels ist die Konzipierung und Entwicklung eines Software-Tools für
das Kompetenzmanagement in der industriellen Produktion. Gefördert wurde das Pilotprojekt
im Rahmen des Leonardo-da-Vinci-Programms der Europäischen Union (Nationale Agentur
Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung: www.na-bibb.de; Projektnummer PP 148
281), gestartet am 01.10.2005 und beendet am 30.09.2007. Da Leonardo-da-Vinci-Projekte
grundsätzlichen einen transnationalen Ansatz verfolgen, bestand das Projektteam aus
mehreren europäischen Partnern. Deutscher Koordinator war die BBQ gGmbH in BadenWürttemberg, ansonsten setzte sich das transnationale Team aus Partner-Institutionen in
Deutschland, Spanien, England, der Slowakischen Republik und Portugal zusammen. In
jedem Partnerland waren Pilotbetriebe als industrielle Erprobungsträger einbezogen (mehr
Informationen über das Projekt, die Partner und die Partnerbetriebe finden Sie in der ProjektWebsite www.cmprowork.com). Die von einem deutschen Koordinator geführten Leonardoda-Vinci-Projekte werden von der Nationalen Agentur Europa beim Bundesinstitut für
Berufsbildung in Bonn betreut (www.na-bibb.de).
In
Folge
der
sogenannten
Kopenhagen-Erklärung
der
EU
(http://eu.int./comm/education/copenhagen/index_de.html), welche auf die Schaffung eines
europäischen Bildungsraums mit vergleichbaren Qualifikationsstandards abzielt, hatte in der
europäischen Leonardo-da-Vinci-Ausschreibung von 2005 das Thema „Transparenz von
Qualifikationen“ einen besonderen Stellenwert. Gefördert werden sollten vom LeonardoBerufsbildungsprogramm im Rahmen dieser Thematik „Maßnahmen und Instrumente zur
Darstellung und zum Vergleich von Qualifikationen und Kompetenzen“, daneben sollte auch
die Qualität der Berufsbildungssysteme und –verfahren verbessert werden. Da die
Berufsbildungssysteme in der EU weiterhin auf nationaler Ebene geregelt werden, ist der
EU-weite Ansatzpunkt „Transparenz“ darauf gerichtet, den „outcome“ von beruflichen
Lernergebnissen mess- und vergleichbar zu machen. Auf dem Wege des Vergleichens von
Vergleichbarem
soll
Bildungsabschlüsse
ein
Bildungsraum
angerechnet,
entstehen,
Lernergebnisse
in
welchem
anerkannt
und
gegenseitig
gemeinsame
Entwicklungsziele, wenn auch unterschiedlich, verfolgt werden. Das nonformelle, nicht
organisierte und nicht durch explizite Lehrmaßnahmen gesteuerte Lernen im Arbeitsprozess
kommt dabei aber leicht außer Betracht, da die betreffenden Ergebnisse nicht mit den
üblichen Methoden (Zeugnissen, Abschlüssen) erfasst und in Beziehung gesetzt werden
können. Die Erfassung und Darstellung der Ergebnisse des nonformellen Lernens ist, um
dies zu vermeiden, zu einem wichtigen Aspekt der EU-Bildungsförderung geworden (siehe
CEDEFOP 2000).
In
der
industriellen
Produktion
sind
traditionell
relativ
viele
Personen
ohne
Ausbildungsabschluss oder speziell geeignete Ausbildung beschäftigt. Sie haben ihre
Kompetenzen zu einem großen Teil durch nonformales Lernen im Arbeitsprozess, an der
Arbeitsaufgabe und im sozialen Kontext erworben. Eher kurze Phasen organisierten Lehrens
und
Lernens
(Schulungen,
Unterweisungen,
sehr
selten
Außer-Haus-Lehrgänge)
unterstützen dieses Onthe-Job-Lernen, führen aber EU-weit in der Regel nicht zu
anerkannten
Berufsbildungsabschlüssen.
Allerdings
ist
die
Zusammensetzung
des
Arbeitskräftekörpers in der industriellen Produktion auch sehr stark von den nationalen
Bildungssystemen abhängig – in Ländern mit schulischen Berufsbildungssystemen wie
beispielsweise der Slowakischen Republik sind beispielsweise relativ viele Gelernte in der
Produktion tätig, wobei dies nichts über das Anforderungsniveau ihrer Tätigkeit aussagt.
Unabhängig vom formalen Qualifikationsniveau, aber stark abhängig von der Arbeits- und
Lernkultur in den Industriebetrieben, werden durch das nonformelle, punktuell gestützte
Lernen sehr unterschiedliche, darunter auch recht hohe Kompetenzen erworben (Witzgall
2006 und 2007). Die Personaleinsatz- und -förderungsstrategien der Führungskräfte in der
Produktion spielen dabei eine zentrale Rolle. Grundsätzlich ist eine Tendenz zur
Professionalisierung von Produktionsarbeit anzunehmen, die sich z. B. dadurch ausdrückt,
dass die Betriebe bei entsprechender Arbeitsmarktlage den Arbeitskräftekörper ihrer
Produktion vermehrt mit Personal auch fachfremder und fachnaher Qualifikation ausstatten
(Dworschak u. a. 2006, S. 5-8). Die in der industriellen Produktion tätigen Werkerinnen und
Werker setzen sich, formal betrachtet, demnach überwiegend aus Anlernten (ohne
Berufsausbildung, aber mit On-the-Job-Qualifizierung), Umgelernten (mit fachfremder
Ausbildung und On-the-Job-Qualifizierung) und Gelernten (mit On-the-Job-Qualifizierung)
zusammen. Ungelernte, das heißt Personen ohne jede Ausbildung und ohne On-the-JobQualifizierung, sind mittlerweile in der industriellen Produktion nur noch schwer einzusetzen.
Zeugnisse und Zertifikate sagen demnach im Zweifelsfall eher weniger über die
Kompetenzen und die Beschäftigungsfähigkeit von industriellen Werkern aus als
Beschreibungen der beruflichen Betätigungsfelder, der damit verbundenen Erfahrungen,
Bewährungen, Verhaltensweisen und Lerninhalte. Allerdings gab es kein Verfahren, mit dem
die On-the-Job erworbenen Kompetenzen der Werker differenziert genug und über die
Betriebs- und Ländergrenzen hinweg vergleichbar erfasst und dargestellt werden konnte,
und das möglichst auch von Führungskräften in der Produktion. Mit der Entwicklung des
Tools CM ProWork wurde daher Neuland betreten. Allerdings gab es hierfür Vorarbeiten in
Form einer eher einfachen Software für das Aufgabenmanagement
in der industriellen
Produktion (Bullinger / Witzgall 2002, S. 66-87). Diese Vorarbeiten konnten genutzt werden,
weil die Kompetenzentwicklung von Werkern sehr stark mit der Übernahme von
Aufgabenverantwortung und der Entwicklung von Aufgabenbeherrschung im kooperativen
Arbeitsprozess verbunden ist.
2
Moderne Produktionssysteme – Anforderungen und Chancen der
Fortentwicklung durch soziale Innovation
Die Kundenerwartungen in der globalisierten Wirtschaft werden anspruchsvoller und immer
schwerer zu befriedigen. Kürzer werdende Produktlebenszyklen, eine nie gekannte
Zunahme der Produktvarianten, ein vermehrter Trend zu kundenorientierter Losgröße-1Produktion sowie eine stetige Verlagerung und Erneuerung von Produktionsprozessen
erfordern ein hohes Maß an Planung, Steuerung und Führung, um im Wettbewerb bestehen
zu können. Dynamische Märkte erfordern dynamische Unternehmen, die sich kontinuierlich
anpassen, stetig neu konfigurieren und sich dabei fortlaufend optimieren.
Der Produktionsbereich ist unmittelbar und in besonderem Maße von dieser Entwicklung
betroffen. Er soll die Quadratur des Kreises erreichen, indem er Liefertreue gegenüber dem
Kunden, niedrige Kapitalbindung durch Bestandssenkung, optimierte Durchlaufzeiten bei
minimalen Rüstzeiten und eine hohe Ressourcenauslastung bei kurzfristigen und stark
schwankenden Kundenabrufen gewährleistet. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden,
müssen alle Flexibilitätspotenziale technischer, organisatorischer und personeller Art
systematisch entwickelt und ausgeschöpft werden. Dazu gehört nicht zuletzt die Entwicklung
der Kompetenzen der in der Produktion tätigen Werkerinnen und Werker als unmittelbar
Ausführende bei der Umsetzung der Produktionsaufträge.
Im Bereich technischer Innovationen sind deutsche Produktionsbetriebe im europäischen
Vergleich in der Spitzengruppe, im Bereich sozialer Innovationen (Beispiele: KVP,
Zielgespräche, Team- und Gruppenarbeit) dagegen in der Schlussgruppe (Armbruster 2005).
Dies lässt vermuten, dass wichtige Potenziale nicht ausgeschöpft sind, die eine bessere
Balance zwischen technischer und sozialer Innovation sicherstellen könnten, offenbar aber
teilweise vernachlässigt werden. Soziale Innovationen im genannten Sinne sind meist
leichter anzustoßen und haben gegenüber technischem Overengineering den Vorteil, dass
sie kostengünstiger sind und die Flexibilität erweitern, statt sie einzuschränken.
Werkerinnen und Werker in der Produktion werden bei Innovationen oft noch als Restgröße
oder Hindernisse betrachtet, statt als eine soziale Ressource in der Produktion. Ergebnisse
aus einem ABWF-Projekt (Witzgall 2006) zeigen, dass deutlich bessere Ergebnisse in den
Bereichen Innovation, Prozessverbesserung, Qualitätssicherung und Flexibilisierung erzielt
werden können, wenn Werkerinnen und Werker systematisch und methodisch richtig in
betriebliche Veränderungs- und Optimierungsprozesse einbezogen werden. Ein richtig
verstandenes und betriebenes Kompetenzmanagement für diese Gruppe ist ein Schlüssel
für langfristig stabile Prozesse und erfolgreiche Innovationen im Produktionsbereich.
Das Kompetenzmanagement in der Produktion und den dort tätigen Werkerinnen und
Werkern wird für Unternehmen auch deshalb wichtiger, da das künftige Arbeitskräfteangebot
aufgrund des demographischen Wandels zahlenmäßig kleiner und immer älter sein wird.
Dabei steigen die Qualifikationsanforderungen der Betriebe, der Ersatzbedarf an
Qualifizierten wird aufgrund der demographischen Entwicklung hoch sein, aber die
Qualifikationsstruktur der Erwerbsbevölkerung verbessert sich absehbar nicht weiter. Damit
wird Kompetenzentwicklung und die Beschäftigungsfähigkeit der bereits vorhandenen
Mitarbeiter auch unter veränderten Bedingungen zukünftig immer wichtiger (Walwei 2005).
3
Kompetenz und Kompetenzentwicklung – Potentiale für die Fortentwicklung von
Produktions- und Führungsprozessen
An dieser Stelle stellen sich folgende Fragen: Welcher Mehrwert steht hinter dem Konzept
der
Kompetenz
anstelle
von
Qualifikation?
Welche
Potentiale
lassen
sich
mit
Kompetenzentwicklung erschließen, die von Konzepten der Qualifikationsentwicklung nicht
erreicht werden?
Gerade im Bereich der industriellen Produktion gibt es viele gute und erprobte Konzepte der
Organisations- und Qualifikationsentwicklung. Stichworte können beispielsweise sein: Job
Enrichment, Training und Unterweisung, Kontinuierliche Verbesserungsprozesse.
Das Konzept der Kompetenz kann und will diese und andere nicht ersetzen, sondern zu
allererst integrieren:

Definiert man Kompetenz als psychische Disposition zum erfolgreichen Handeln (im
Sinne von Baitsch 1996), dann geht es dabei nicht nur um kognitive und
aktionsbezogene Befähigungen (Wissen und Können), sondern auch um emotionale und
motivationale Voraussetzungen (Wollen). Handlungsfähigkeit konstituiert nur dann
Handlungskompetenz, wenn sie mit Handlungsbereitschaft einhergeht.

Handlungskompetenz benötigt Entwicklungsvoraussetzungen. Es reicht beispielsweise
nicht, auf das Wollen von Mitarbeitern zu vertrauen, sie aber nicht mit Kompetenzen (im
alltagssprachlichen Sinne) zum erweiterten Handeln (Sollen und Dürfen) auszustatten.
Kompetenzen sind daher immer in ihrem auch organisatorischen Bedingungs- und
Entwicklungskontext zu betrachten.

Dass gut eingespielte Teams erfolgreicher handeln können als gleich große Gruppen
nicht aufeinander eingestellter Individuenist bekannt. An vielen Beispielen lässt sich
zeigen, dass sogenannte Praktikergemeinschaften (communities of practice, siehe z. B.
Wenger 1998) kollektive Kompetenz entfalten, die sich vor allem auf gemeinsame geteilte
Überzeugungen
und
Bedeutungskontexte,
routinisierte
Interaktions-
und
Beteiligungsstrukturen und die Fähigkeit, das in den verschiedenen Köpfen vorhandene
Wissen in einen gemeinsamen Handlungskontext zu integrieren, stützt. Kollektive
Kompetenz ermöglicht beispielsweise in der Fertigung, dass auch dann erfolgreich
gehandelt
werden
kann,
wenn
keine
klaren
Zuständigkeiten
bestehen,
wenn
Einzelpersonen nicht den notwendigen Überblick haben, wenn formale Vorgehensweisen
sich nicht mehr als praktikabel erweisen und wenn schnell praxisnahes Wissen zur Hand
sein muss.
Während qualifikationsorientierte Konzepte eher im Rückblick konstatieren, welche
Prüfungen
und
Abschlüsse
eine
bestimmte
Person
absolviert
hat,
wirken
Kompetenzkonzepte dynamisierend:

Es wird nicht nur das Lernergebnis im engeren Sinne betrachtet, sondern auch dessen
Umsetzung in der Praxis und dessen Fortsetzung, wenn die Notwendigkeit und
Möglichkeit dazu besteht. In diesem Zusammenhang sagen Arbeits- und Lernbiographien
oft mehr über personale Kompetenz aus als Prüfungszeugnisse.

Es geht demnach nicht nur um die aktuell gezeigte Leistung, sondern stärker um die
Potentiale von Menschen (und Kollektiven), mit Lern- und Leistungsanforderungen
umzugehen.
Das Kompetenzkonzept erweitert zum Dritten den Blick:

Personalverantwortliche haben in ihren Planungen vornehmlich „Maßnahmen“ wie
Schulungen, Seminare, Workshops u. ä. im Blick. Das Kompetenzkonzept gestattet einen
Blick darüber hinaus, vor allem auf die Arbeits- und Lernkultur als Kontext von
Kompetenzentwicklung. Damit sind z. B. Konventionen oder Annahmen über den
Zusammenhang von Arbeiten und Lernen gemeint. Ist es für die Werkerinnen und Werker
selbstverständlich, dass sie in ihrer Tätigkeit immer weiter lernen müssen, weil sich die
Aufgaben ändern, weil neue Aufgaben entstehen und neue Bedingungen gemeistert
werden müssen? Sehen dies auch die Vorgesetzten so und bekräftigen diese die
Meinung. Gibt es dazu Zielvorstellungen und werden Lernerfolge ebenso gewürdigt wie
Arbeitsleistungen?

Kompetenzentwicklung ist bei lebens- und arbeitserfahrenen Menschen ein allmählicher
Prozess, der nur in Grenzen direkt stimuliert werden kann. Oft wird übersehen, dass
insbesondere Ressourcen einen maßgeblichen Einfluss auf die Kompetenzentwicklung
ausüben. Im Falle von Industriewerkern stellen beispielsweise wechselnde Aufgaben mit
anspruchsvolleren Inhalten eine wichtige Ressource dar, aber auch die Zeit und
Gelegenheit zur Einarbeitung, zur Besprechung von Problemen, zum Austausch von
Wissen und zur Kontaktaufnahme mit Fachleuten.

Kompetenzentwicklung beruht auf Lernen. Lehr-Lern-Settings wie z. B. gut organisierte
Unterweisungen können dieses Lernen unterstützen, aber niemals komplett abdecken.
Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass vor allem dann Kompetenzentwicklung
geschieht bzw. sich Kompetenzen offenbaren, wenn Mitarbeiter eigenaktiv Lernprozesse
für sich und die Kollegen organisieren und realisieren. Diese Formen individueller und
kollektiver Selbstqualifizierung, die von Führungs- und Fachkräften im Grunde erwartet
werden, gehören für Werkerinnen und Werker noch nicht zum „normalen“ Arbeitsleben.
Das Kompetenzkonzept stellt daher darauf ab, nicht in allen Fällen Anforderungen zu
definieren und diese in Lehrkonzepte und -maßnahmen umzusetzen. Alternativ oder
ergänzend ist zu fragen, ob und wie die Betroffenen dazu gebracht werden können, diese
Lernanforderungen für sich zu erkennen und sich ein Stück weit bei der Bewältigung
selbst zu helfen.
Kompetenz kann nur in Grenzen und mit relativ hohem Aufwand gemessen werden
(Erpenbeck / von Rosenstiel 2003), da es dabei ja um vielschichtige Prozesse und
Strukturen, psychische Dispositionen des Handelns geht. Im Grunde bedeutet darum
Kompetenzmessung letztlich, anhand der praktischen Bewährung von Personen in
unterschiedlichen und wechselnden Situationen auf die (in den psychischen Tiefenstrukturen
verborgenen) Kompetenzen und die Entwicklung dieser Kompetenzen zu schließen. Da sich
in der Regel in unterschiedlichen Handlungsfeldern bei ein und derselben Person eine
unterschiedliche Performanz des Handelns darstellt, macht es Sinn, Kompetenzen nach
Maßgabe wichtiger Handlungsdomänen zu benennen und dann z. B. von Fach-, Sozial-,
Methoden- und Selbstkompetenz zu sprechen. Wie schon weiter oben erwähnt, verbergen
sich „dahinter“ aber immer miteinander verflochtene, kognitive, motivationale und praktische
Komponenten (s. Abbildung 1).
Fachkompetenz
Sozialkompetenz
WISSEN
KÖNNEN
WOLLEN
Methodenkompetenz
Abb. 1:
Domänen und Komponenten von Kompetenz
Kompetenzbeurteilung und Kompetenzentwicklung sind, wenn auch nicht immer so genannt
und verstanden, Kernaufgaben der Vorgesetzten im Betrieb. Will man das Führungshandeln
und die damit verbundenen Prozesse wesentlich verbessern, wird man nicht daran vorbei
kommen, sich dieser Tatsache, den damit verbundenen Schwierigkeiten, aber auch
Potentialen
bewusst
zuzuwenden.
Da
die
Kompetenzentwicklung
recht
komplexe
Beurteilungsleistungen einschließt, müssen sich auch die methodischen, sozialen und
kommunikativen Kompetenzen der damit befassten Vorgesetzten entwickeln. Dies gilt aber
auch im organisationalen Maßstab: Eine Organisation wie z. B. ein Betrieb, der sich der
Frage der Kompetenzentwicklung annimmt, muss bis in die Spitze (Topmanagement und
Personalleitung) lernen, dessen Besonderheiten und Potentiale zu erkennen, darauf
gerichtete Strategien zu entwickeln und in Kraft zu setzen. Dies eben ist organisationale
Kompetenzentwicklung.
4
Zielgruppen, Elemente und Prozesse eines Kompetenzmanagements in der
industriellen Produktion
Im Fall der Produktionsarbeit besitzen vor allem die dezentral eingesetzten Produktionsleiter
bzw. Meister die Verantwortung, aber auch die besten Einflussmöglichkeiten für die
Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter. Instrumente des Kompetenzmanagements sollten
sich daher vor allem für diesen dezentralen Einsatz im Aufgabenkontext von ProduktionsFührungskräften
eignen.
Kompetenzmanagement
Auf
der
Schnittstellen
anderen
zum
Seite
zentralen
muss
dieses
Personalwesen
dezentrale
und
dessen
Kompetenzmanagement aufweisen, so dass ein beiderseitiger Nutzen entstehen kann.
Die Zielgruppen eines Kompetenzmanagements in der industriellen Produktion wurden
weiter oben schon benannt. Neben den direkt produktiv eingesetzten Werkerinnen und
Werkern macht es durchaus auch Sinn, die unmittelbar in der Produktion tätigen
Facharbeiter und -angestellten einzubeziehen. In der Praxis hängt die Leistungsfähigkeit von
Produktions-Arbeitssystemen ohnehin wesentlich von der individuellen und kollektiven
Kompetenz aller dort tätigen Werkerinnen und Werker ab, ob diese nun fachlich ausgebildet
sind oder nicht.
Spezielle psychologische Verfahren zur Kompetenzmessung lassen sich in der Produktion
nur schwer einsetzen und nur sehr begrenzt nutzen. Wie schon dargestellt macht es viel
mehr Sinn, von der praktischen Handlungsperformanz der Mitarbeiter auf deren
Kompetenzen zu schließen und davon ausgehend wieder eine Kompetenzentwicklung zu
betreiben, die sich an verbesserter Handlungspraxis bemessen lässt. Im Falle der
Produktionsarbeit
stellen
vor
allem
die
Arbeitsaufgaben
eine
sehr
gute
Bemessungsgrundlage dar, da diese meistens gut definiert sind und sich entsprechende
Handlungserfolge von den längerfristig in der Produktion tätigen Führungskräften sehr gut
und zuverlässig beurteilen lassen.
Durch Arbeitsaufgaben, deren Verteilung, Gestaltung und Bewertung kann das individuelle,
aber auch das kollektive Lernen im Arbeitsprozess sehr wirkungsvoll beeinflusst werden.
Arbeitsaufgaben werden als Lernaufgaben von den Werkerinnen und Werkern auch sehr
geschätzt, weil sie praxisrelevant sind, keine schulähnlichen Lernanforderungen stellen und
weil deren Bewältigung zum beruflichen Selbstbild gehört. Mit Arbeitsaufgaben lassen sich
auch indirekte, prozessbezogene Lerninhalte (z. B. Verfahren des Qualitätsmanagements)
verbinden,
die
abstrakter
Produktionsarbeit zählen.
sind,
aber
mittlerweile
ebenfalls
zum
Repertoire
der
Die meisten Führungskräfte in der Produktion benutzen in der Regel schon eigene, einfache
Instrumente für das alltägliche Aufgabenmanagement, d. h. für die Zuordnung von Aufgaben
zu verantwortlichen Personen bzw. von zu erlernenden Aufgaben und Personen. Diese
Instrumente stellen nach dem oben Gesagten eine geeignete Basis für ein darauf
aufbauendes, dual strukturiertes Kompetenzmanagement dar. Dessen inhaltliche und
methodische Struktur kann wie nachfolgend skizziert werden:
-
Erste Ebene: Aufgabenmanagement.
Dazu gehört vor allem die Klärung / Steuerung von:
- Aufgabenverantwortung (Wer macht was?) im Ist-Zustand
- Aufgabenverantwortung im Soll-Zustand
- Aufgabenbeherrschung (Wer kann was?)
- Lernbedarf (Wer soll welche Aufgabe erlernen?)
-
Zweite, darauf aufsetzende Ebene: Eigentliches Kompetenzmanagement.
Folgende Fragen stehen im Vordergrund der Kompetenzerfassung:
- Welches Können wurde durch die Ausführung von Arbeitsaufgaben erworben?
- Welches Wissen wurde dabei erworben?
- Welche Verantwortung wurde übertragen und übernommen?
- Welches Verhalten wurde darüber hinaus in den alltäglichen Arbeitsprozessen gezeigt?
-
Methodischer Rahmen des Kompetenzmanagements mit den Elementen:
- Einbeziehung der Zielgruppenangehörigen in die Erhebung und Beurteilung
- Nachhaltige Praxis: Wiederholung in regelmäßigen Abständen zur Beurteilung, ob eine
positive Entwicklung vorliegt.
- Rückmeldung über die Ergebnisse und Besprechung der Konsequenzen
- Bereitstellung von Ressourcen (v. a. Zeit, Kooperations- und
Kommunikationsmöglichkeiten, Wissenszugänge) zur Unterstützung der
Kompetenzentwicklung.
Die gewählte Kombination von Aufgabenmanagement und Kompetenzmanagement
erleichtert die Einführung von Verfahren des Kompetenzmanagements in der Produktion,
weil dadurch ein wichtiger Verantwortungsbereich der dort tätigen Führungskräfte ausgebaut
wird und die Erfahrung, die sie im alltäglichen Aufgabenmanagement (und allem, was sich
damit verbindet) gesammelt haben, benötigt und genutzt wird.
5
Umsetzung in Gestalt des Software-Tools CM ProWork
Die Entwicklung eines wie oben skizziert dualen Instruments zum Kompetenzmanagement in
der Stückgüterproduktion war die Zielstellung des Leonardo-Pilotprojektes CM ProWork.
Diese Entwicklung konnte auf einem Vorläuferinstrument zum Aufgabenmanagement
aufbauen, welches in Form einer Excel-Arbeitsmappe realisiert und schon in mehreren
Projekten
eingesetzt
worden
war
(www.aufgaben-qualifikationsmanagement.wissen-
koennen.de).
Dieses Vorläuferinstrument enthielt schon den inhaltlichen Kern, der für ein jedes Tool zum
Aufgabenmanagement unumgänglich ist: Dies ist ein Aufgabeninventar, welches in
strukturierter Form die Arbeitsaufgaben darstellt, die verteilt, übernommen, erlernt und
praktisch beherrscht werden sollen. Die in CM ProWork übernommene Grundstruktur des
Aufgabeninventars (s. Abbildung 2) ist an parallel laufenden Grundprozessen der Produktion
orientiert,
nämlich
denen
der
Vorbereitung,
Durchführung
und
Beendigung
von
Produktionsaufträgen sowie dem der Kontrolle und Verbesserung der Auftragsbearbeitung
hinsichtlich Produktivität und Qualität.
Prozess C: Kontrolle und Verbesserung
Vorge-
von Produktionsprozessen
Nachge-
lagerter
Prozess B: Vorbereitung und Abschluss
lagerter
Prozess
von Produktionsaufträgen
Prozess
Prozess A: Durchführung von
Produktionsaufträgen
Abb. 2: Grundstruktur des prozessorientierten Aufgabeninventars
Jede Prozessebene des Inventars beinhaltet zwei Aufgabenbereiche. Die Aufgabenbereiche
sind wiederum in Aufgabenkomplexe und Einzelaufgaben untergliedert, was folgende
Hierarchie des Aufgabeninventars ergibt:
- Prozess
|- Aufgabenbereich
|- Aufgabenkomplex
|- Einzelaufgabe
Die Grobstruktur des Aufgabeninventars (Aufgabenbereiche und Aufgabenkomplexe) sieht
folgendermaßen aus.
1. Fertigen
2.
3.
4.
5.
6.
1.1 Maschinen führen
1.2 Manuelle Produktionsschritte ausführen
1.3 Maschinenfunktionen aufrechterhalten
1.4 Daten im Prozess erfassen
Auftragsdurchlauf gewährleisten
2.1 Materialfluss aufrechterhalten
2.2 Zusammenarbeit abstimmen
Produktionsaufträge einplanen
3.1 Verfügbarkeiten feststellen
3.2 Personalbesetzung abstimmen und anpassen
3.3 Aufträge verteilen und terminieren
Ausführung der Produktionsaufträge vorbereiten
4.1 Fertigungsunterlagen bereitstellen
4.2 Material bereitstellen
4.3 Maschinen rüsten
4.4 Messzeuge rüsten
4.5 Handhabungs- und Transporthilfen rüsten
Qualität und Produktivität sichern
5.1 Daten auswerten
5.2 Audits durchführen
5.3 Anweisungen erstellen
Qualität und Produktivität verbessern
6.1 Qualitätssicherung verbessern
6.2 Produktivität verbessern
Verwaltet und genutzt werden ausschließlich die Einzelaufgaben. Im Rahmen von CM
ProWork wurde das Inventar vor allem um kooperations- und verbesserungsbezogene
Einzelaufgaben ergänzt, so dass es jetzt insgesamt 96 Einzelaufgaben enthält. Jeder
Einzelaufgabe wurde außerdem ein Wissensniveau (in den Stufen 1, 2 oder 3) zugeordnet:
-
Wissensniveau 1:
Da die Aufgabe eine lineare Ablaufstruktur besitzt, beschränkt sich das
Aufgabenwissen auf die Kenntnis der Abfolge der Arbeitsschritte und deren
vorgabegerechter Ausführung
-
Wissensniveau 2:
Die Aufgabe besitzt eine verzweigte Ablaufstruktur. Es ist deshalb zusätzlich
Beurteilungs- und Entscheidungswissen gefordert.
-
Wissensniveau 3:
Die Aufgaben besitzt eine offene (heuristische) Struktur. Der Mitarbeiter muss
deshalb zusätzlich komplexes Beurteilungs-, Eingriffs- und Folgewissen besitzen und
in der Lage sein, planmäßig vorzugehen.
Das Aufgabeninventar kann, wie die Erprobung zeigte, auf die Stückgüterproduktion in
jedem modernen, Stückgüter produzierenden Betrieb der M+E-Industrie und die dort tätigen
Werker und Fachkräfte angewendet werden. Die Aufgaben reichen bis in den Bereich der
Produktions-Führungskräfte hinein, decken deren Aufgabenfeld aber nicht komplett ab. Das
Aufgabeninventar von CM ProWork ist spezifizierbar und erweiterbar, also an den jeweiligen
Betrieb anpassbar. In der Grundstruktur ist das Aufgabeninventar aber verbindlich, weil nur
so eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse über die Betriebs- und Ländergrenzen hinweg
realisiert werden kann.
Beim Einsatz des Tools wird bei jedem (ausgewählten) Mitarbeiter der Produktion
aufgenommen, welche Aufgaben von ihm verantwortlich übernommen wurden (auch: in einer
Sollstruktur übernommen werden sollen) und, unabhängig davon, welche Aufgaben von ihm
beherrscht werden.
Anhand der Eingaben in diese aufgabenbezogene Tool-Ebene berechnet das Tool auf der
Kompetenzmanagementebene die sogenannten Aufgabenkompetenzen:

Aufgabenzuständigkeit

Aufgabenkönnen

Aufgabenwissen
Die Aufgabenkompetenz eines Mitarbeiters manifestiert sich danach in seiner Fähigkeit und
Bereitschaft, viele, auch unterschiedliche, darunter auch schwierige Aufgaben verantwortlich
zu
übernehmen,
zu
erlernen
und
in
der
Praxis
zu
beherrschen.
Derartige
Aufgabenkompetenzen werden mit Verfahren der Qualifikationsmessung (z. B. Prüfung)
nicht erfasst. Assessmentverfahren stehen dem gewählten Vorgehen methodisch näher,
bewegen sich allerdings in eher künstlichen Bewährungssituationen und haben meist keine
automatische Ergebnisdarstellung. Vor allem die Mitarbeiter, welche keine klassischen
Fachqualifikationen
nachweisen
können,
erhalten
durch
das
Konzept
der
Aufgabenkompetenzen erstmalig die Möglichkeit des Nachweises der Kompetenzen, welche
in der Produktion in erster Linie entwickelt und eingebracht werden.
Allerdings erfordern moderne Produktionsprozesse auch Kompetenzen, die nicht unmittelbar
aus Arbeitsaufgaben, sondern aus der aufgabenübergreifenden Gewährleistung von
Prozessen und der Bewältigung von Veränderungen in diesen Prozessen resultieren. Da das
eigentliche Prozess-Veränderungs-Management nicht zu den Aufgaben von Werkern und
Fachkräften gehört, wurde bei der CM ProWork-Entwicklung nur auf das Verhalten
abgestellt, welches die Mitarbeiter im Rahmen von prozessbezogenen Kooperations-,
Kommunikations- und Lernvorgängen zeigen. Diese so genannten Prozesskompetenzen
werden nicht vom Tool errechnet, sondern von den Nutzern des Tools eingestuft (auf
Grundlage einer Intervallskala) und dann vom Tool dargestellt.
Folgende Prozesskompetenzen stellt das Tool dar:

Lernbereitschaft
– Bereitschaft zur Übernahme neuer Aufgaben und zum Erlernen des damit
verbundenen Wissens und Könnens;

Kooperationsbereitschaft
- Bereitschaft und Fähigkeit zur kooperativen Bewältigung von Situationen und
Veränderungen im Arbeitsprozess:

Kommunikationskompetenz
- Motivation und Fähigkeit zur kommunikativen Verständigung im Arbeitsprozess, zur
Wahrnehmung und Verhandlung von unterschiedlichen Standpunkten;

Sozialkompetenz
- Fähigkeit zur Wahrnehmung verschiedener Interessen und Bedürfnisse und zur
Herstellung von sozialer Kohäsion.
Die Prozesskompetenzen beziehen sich ausschließlich auf das Verhalten der Mitarbeiter im
Arbeitsprozess. Mit ihnen werden Verhaltensmerkmale erfasst, welche für die gemeinsame
Aufgabenbewältigung, den kooperativen Umgang mit Problemen, den Austausch von
Wissen und für das Um- und Neulernen von zentraler Bedeutung sind. Wegen des
gewünscht engen Bezugs zum Arbeitsprozess konnten keine fertigen Skalen aus anderen
Instrumenten übernommen werden, sondern es musste eine Neuentwicklung erfolgen. Der
Vorteil des Prozessbezugs besteht darin, dass mit der Einstufung keine allgemeinen,
persönlichkeitsbezogenen Einschätzungen vorgenommen werden müssen. Einstufungen
dieser Art sollten den Führungskräften in der Produktion auch nicht abverlangt werden; sie
können eventuell starke Vorbehalte bei der Zielgruppe Werkerinnen und Werker
herbeiführen.
Das
Tool
stellt
die
errechneten
Aufgabenkompetenzen
und
die
eingestuften
Prozesskompetenzen für alle erfassten Mitarbeiter in einem Kompetenzbericht dar (siehe
Abbildung 3):
Abb. 3:
Die Form der Kompetenzbericht-Darstellung
Die Werte der insgesamt sieben Dimensionen der Aufgaben- und der Prozesskompetenz
werden im Zahlenraum von 1, 2, 3 und 4 auf den Spalten der tabellarischen Darstellung des
Kompetenzberichts eingetragen. Auf Zwischenwerte wird zugunsten einer einheitlichen
Darstellung auf einem angemessenen Genauigkeitsniveau verzichtet. Der Kompetenzbericht
kann in MS Excel exportiert und dann beliebig weiterverarbeitet werden.
Der ebenfalls vom Tool errechnete Lernbedarf wird in einem Lernbedarfsbericht dargestellt
(getrennt für den Ist- und den Sollzustand der Aufgabenverantwortung). Dieser Bericht gibt
Auskunft, welche Aufgaben deshalb kritisch sind, weil sie von den dafür Verantwortlichen
nicht oder nur unzureichend beherrscht werden. Um welche Personen es sich dabei handelt,
wird auf Knopfdruck aufgelistet.
Eine ganz wesentliche Erweiterung der Tool-Mächtigkeit wurde durch positionsbezogene
Funktionen ermöglicht:
-
Auf der Grundlage des – betriebsspezifisch angepassten – Aufgabeninventars
können Positionen als Ansammlung von Aufgaben definiert werden.
-
Wenn den Aufgaben im Inventar betriebsspezifische Anforderungen zugeschrieben
wurden, dann kann eine Auflistung von Aufgaben und zugehörigen Positionen
abgerufen, ausgedruckt und z. B. im Rahmen von Stellenbeschreibungen genutzt
werden.
-
Für ausgewählte Positionen und Mitarbeiter kann die dritte Ergebnisdarstellung, der
so genannte Positionsbericht, aufgerufen werden. Er zeigt mit einem Zahlenwert
zwischen 1 und 10 die Positionsfitness (d. h. Eignung für die Besetzung der Funktion
auf Grundlage der aktuellen Aufgabenbeherrschung) der Mitarbeiter. Diese Funktion
eignet sich wegen der Betriebsspezifik der Eingaben auch zur Errechnung
unternehmensbezogener
Kompetenzwerte,
zusätzlich
zu
den
unternehmensunspezifischen Werten, welche im Kompetenzbericht stehen.
Auch die Berichte zum Lernbedarf und zur Positionsfitness können in MS Excel exportiert
und weiterverarbeitet werden.
Das Tool CM ProWork liegt als datenbankbasierte Einzelanwenderversion (Betriebssystem:
MS Windows mit DotNet-Framework 2) mit einer modernen Benutzeroberfläche vor. Zum
Tool gehört ein gut ausgebautes Help-System, welches den Anwender bei der Orientierung
und Nutzung unterstützt. Die Ergebnisse und Datensätze können gezielt abgespeichert und
wieder aufgerufen werden.
6
Möglichkeiten
und
Ansätze
der
Einbettung
des
dezentralen
Kompetenzmanagements in das betriebliche Personalmanagement
Mit dem Tool CM ProWork können erstmals – auf sicherer methodischer Grundlage – die
durch das Agieren, Kooperieren und Lernen im Arbeitsprozess erworbenen Kompetenzen
betriebsübergreifend wie betriebsspezifisch dargestellt und ihre Entwicklung verfolgt werden.
Die Führungskräfte (z. B. Meister, Fertigungsleiter), welche das Tool als Handwerkszeug
nutzen, werden beim alltägliche Aufgabenmanagement, bei der Erfassung des Lernbedarfs,
bei der Einführung neuer Aufgaben und Positionen und bei der Entwicklung von Maßnahmen
der Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter unterstützt. Die betriebliche Erprobung hat
gezeigt, dass die meisten Werkerinnen und Werker bereit sind, sich direkt an der
Dateneingabe und an den Einstufung zu beteiligen und die Erfassung ihrer Kompetenz nicht
als Diskriminierung empfinden. Die Voraussetzung dafür ist natürlich ein transparentes und
partizipatives Vorgehen bei der Einführung und Nutzung des Tools.
Das dezentrale Kompetenzmanagement, welches die Führungskräfte mit Hilfe des Tools
etablieren, kann durch eine Einbettung in übergeordnete Zusammenhänge seine eigene
Wirksamkeit
noch
besser
entfalten
und
übergeordnete
Instanzen,
wie
das
Personalmanagement, positiv beeinflussen. Diese unterstellte Wechselwirkung dezentralen
und zentralen Kompetenzmanagements hat mannigfache Gründe.

Die sorgfältige Erfassung der Daten und die Einstufung der Mitarbeiter erzeugt im
Resultat
detaillierte
Berichte
über
Kompetenzen,
Lernbedarfe,
Positionen,
Anforderungen und Eignungen. Defizite werden so sichtbar und können auch vor Ort
mit direkten Maßnahmen wie z.B. Schulung, Qualifizierung, Coaching, Reorganisation
und Ressourcenzuteilung angegangen werden. Betriebliche Bewertungsmaßstäbe und
Regularien für den Umgang mit diesen Resultaten können aber nicht im
Produktionsbereich alleine entwickelt werden, dazu ist die Einbettung in das
betriebliche
Personal-
und
Kompetenzmanagement
nötig.
Das
dezentrale
Kompetenzmanagement, d.h. die Produktionsebene, profitiert in folgender Weise von
der Einbettung in diese übergeordneten Zusammenhänge.

Die Personalabteilung kann, bei gegenseitiger Beratung über die Konsequenzen der
Berichte und bei der Einordnung von Problemfällen, unterstützend wirken. Die
Operationalisierung der Ergebnisse und ihre Einbindung in Zielvereinbarungsgespräche
braucht
ebenfalls
(Defizitbenennung,
die
Unterstützung
Maßnahmenplanung,
Absprache, Unterstützungsbedarf u.s.w.).
einer
professionellen
Konsensherstellung,
Personalabteilung
Verbindlichkeit
der

Das Kompetenzmanagement kann und sollte mit anderen Managementaktivitäten (v. a.
dem Qualitäts-, Arbeitsschutz- und Umweltmanagement) verflochten werden, weil so
ein Mehrfachnutzen entsteht und Doppelarbeit vermieden werden kann. Für eine
derartige Nutzung der Ergebnisse aus dem CM ProWork-Tool reichen die Befugnisse
und Einflüsse des Produktionsmanagements aber nicht aus. Auch hier muss eine
übergeordnete Instanz verschiedene betriebliche Teilsysteme koordinieren und
integrieren.

Wenn Partizipation und Mitarbeiterbeteiligung, z.B. bei der Berücksichtigung der
Ergebnisse im Zusammenhang von Leistungsentlohnung und Aufstieg, angestrebt
werden, ist ein strategisches, koordiniertes und rückgemeldetes Vorgehen notwendig,
um nicht unvorhergesehene und kontraproduktive Effekte hervorzurufen. Auch dabei ist
eine bereichs- und abteilungsübergreifende Kooperation notwendig. Abgesehen davon
werden für diesen Bereich gesamtbetriebliche Maßstäbe und Verfahren benötigt.

Das Tool eignet sich grundsätzlich auch zur Stimulierung und Ergebniskontrolle von
Selbstqualifizierung im individuellen und kollektiven Maßstab. Es stellt dar, wo die
betreffenden Defizite liegen und zeigt den Mitarbeitern und Gruppen direkt, wie sich ihre
Ergebnisse in punkto Aufgaben- und Prozesskompetenzen mit der Zeit entwickeln.
Wegen
der
starken
Ressourcen-
und
Lernkompetenzanhängigkeit
von
Selbstqualifizierungsprozessen geht es hier aber meist nicht ohne angemessenen
Support spürbar vorwärts. Nicht zuletzt ist die zentrale Personalabteilung gefragt, wenn
es um unterstützende und flankierende Maßnahmen bei der Selbstqualifizierung und
der Selbstorganisation des Lernens auch in der Fertigung geht.
Aber nicht nur das Produktionsmanagement profitiert von der Einbettung dezentralen
Kompetenzmanagements
in
das
betriebliche
Personalmanagement,
auch
die
Personalabteilung selbst hat Vorteile aus einer solchen Integration verschiedener Bereiche
und Herangehensweisen.

Das Lernen in der Arbeit ist für Personalabteilungen in vielen Bereichen, vor allem aber
in der Produktion, noch eine „Black Box“. Durch das CM ProWork-Tool und die mit ihm
angefertigten Berichte kommt Licht in diese Box und es ermöglicht dadurch einen
inhaltlichen und methodischen Erkenntnisgewinn bei den Personalverantwortlichen.

Wo
die
Kompetenzberichte
einen
„harten“
Kern
an
Wissenslücken
oder
Fertigkeitsdefiziten aufzeigen, können auch organisierte, formelle Qualifizierungs- und
Weiterbildungsmaßnahmen
Abhilfe
schaffen.
Diese
werden
gemeinhin
von
Personlabteilungen organisiert und auch auf ihre Wirkung hin untersucht. Die
Verschränkung der Effekte formellen und nonformellen Lernens im Sinne von
Kompetenzentwicklung
wird
auch
bei
den
Personalabteilungen
wichtige
Erkenntnisfortschritte für die künftige Betreuung der Produktionsbereiche hervorrufen.

Vor allem die vom Tool dargestellten Prozesskompetenzen geben einen ansonsten
sehr schwierig herzustellenden Einblick in die „Soft Skills“ der Mitarbeiter in der
Produktion, indirekt aber auch in die Sozial- und Führungskompetenzen der
Führungskräfte. Die Personalabteilungen können eventuelle, abteilungsbezogene
Defizite festmachen und nach geeigneten Trainings- und Fortbildungskonzepten für die
Führungskräfte Ausschau halten.

Durch
die
umfänglichen
und
differenzierten
Ergebnisberichte
(Kompetenz-,
Lernbedarfs- und Positionsbericht) des Tools steht den Personalabteilungen eine Fülle
von Daten und Möglichkeiten zur Verfügung, um zum Beispiel Zielgespräche, die
Ausrichtung von KVP-Prozessen, das betriebliche Ideenmanagement und die
Grundlagen betrieblicher Prämienlohnsysteme zu bereichern oder neu zu gestalten.

Die Möglichkeit, mit dem Tool Positionen (z.B. Einrichter, Maschinenbediener etc.) zu
definieren, diesen Positionen Aufgaben zuzuordnen, die Aufgaben wiederum mit
konkreten Anforderungen zu unterlegen (z.B. Staplerführschein, Grundkenntnisse CNCSteuerung etc.) und diese Angaben mit den Aufgabenkompetenzen der Werkerinnen
und
Werker
abzugleichen,
eröffnet
völlig
neue
Ansatzpunkte
passgenauer
Stellenbesetzungen, Umsetzungen sowie Urlaubs- und Krankheitsvertretungen.

Ebenso können solche Positionsprofile bei Neueinstellungen, beim Ausstellen von
Arbeitszeugnissen und bei der Qualifizierungsplanung genutzt werden.

Da das Tool Hinweise auf organisatorische Mängel im Produktionsbereich gibt, legt es
auch Reorganisationsmaßnahmen nahe, die auf Anreicherung von Aufgabenprofilen
und damit auf lernförderliche Aufgabengestaltung abzielen. In einer mittelfristigen
Betrachtungsweise
dienen
die
Kompetenzberichte
des
Tools
als
Evaluierungsinstrument über die Wirksamkeit organisatorischer Umstellungen und
flankierender, qualifikatorischer Maßnahmen, da sie die Kompetenzentwicklung der von
solchen Maßnahmen betroffenen Werker/-innen reflektieren.
Ohne im Detail absehen zu können oder zu wollen, wie eine Übertragung des hier gewählten
methodischen Inventars auf andere betriebliche Gruppen und Bereiche aussehen könnte,
kann dennoch angenommen werden, dass die detaillierte Beschäftigung mit der
Kompetenzentwicklung von Mitarbeitern Ausstrahlungseffekte zeitigen und Anregungen für
die Schaffung eines gesamtbetrieblichen Kompetenzmanagementsystems geben kann.
7
Literatur
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Witzgall, E.
Voraussetzungen und Möglichkeiten der
Kompetenzentwicklung bei Werkern / Werkerinnen.
Quem-Bulletin 6/2006, Berlin
Witzgall, E.
Kompetenzentwicklung durch Lernen im Arbeitsprozess
der industriellen Produktion. In: Dworschak u. a. 2007,
S. 19 ff.
8
Kontakte

Zugang

Zugang zur Beratung und zu einem Tool-Glossar: [email protected]

Zugang zum Tool und dessen Implementierung: www.kompetenzmanagement.wissen-
zu
Informationen
(inkl.
Good
Practice):
[email protected]
koennen.de

Berufliche
Bildung
und
Qualifikation
([email protected])

Projekt-Website: www.cmprowork.com
BBQ
gGmbH,
Frau
Christine
Simeon
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