Wolfgang Boettcher / Björn Rothstein VL Sprachreflexion im Deutschunterricht Wise 2009/ 2010 Sprachreflexion und Sprachwandel 1. Einleitung Schüler scheinen sich für sprachgeschichtliche Probleme und v.a. für Fragen zum Ursprung der Sprache zu interessieren (Steinig & Huneke 2004). Zum Teil werden Sie jedoch Darstellungen folgender Art in den Schulbüchern konfrontiert. Lautwandeldarstellungen aus Texte, Themen und Strukturen Ein solches Wissen ist für Schülerinnen und Schüler totes Wissen. Warum? Der Bildungsplan 2007: Die Schülerinnen und Schüler, die am Gymnasium die Jahrgangsstufe 9 erfolgreich durchlaufen, verfügen unter Berücksichtigung der oben genannten Schwerpunkte über die folgenden Kompetenzen: […] - im Bereich Reflexion über Sprache auf die Verwendung elementarer Fachbegriffe der Wort- und Satzgrammatik, die Beschreibung und Analyse von Texten mit Hilfe einfacher Sprach- und Kommunikationsmodelle sowie die Erklärung von Grundproblemen der Sprachnorm, der Sprachvarietät und des Sprachwandels an geeigneten Beispielen. […] Sprachvarianten und Sprachwandel - ausgewählte Erscheinungen des Sprachwandels kennen und bewerten: z.B. Bedeutungswandel, fremdsprachliche Einflüsse - „Sprachen in der Sprache“ kennen und in ihrer Funktion unterscheiden: z.B. Standardsprache, Umgangssprache, Dialekt, Gruppensprachen, Fachsprachen, gesprochene und geschriebene Sprache - Mehrsprachigkeit (Schülerinnen und schüler mit anderer Muttersprache und Fremdsprachenlerner) zur Entwicklung der Sprachbewusstheit und zum Sprachvergleich nutzen Kernlehrplan (2007) für den verkürzten Bildungsgang des Gymnasiums – Sekundarstufe I (G8) in Nordrhein-Westfalen, Seite 13 / 20. 2. Neuere deutsche Sprachgeschichte Zum Begriff: - nicht länger als im 19. Jahrhundert (= Weimarer Zeit) endend verstanden - als in unsere Gegenwart hineinreichende Geschichte der Sprache verstanden (Cherubim 2001; Elspass 2007). - Sprachgeschichte betrifft auch die aktuellen Entwicklungstendenzen des Deutschen - Sprachgeschichte ist damit alltagsrelevante Geschichte - Auffassung der Sprachgeschichte als Kulturgeschichte und damit als europäische Geschichte 3. Wie muss eine Sprachgeschichtsdidaktik beschaffen sein? spätestens seit dem Aachener Germanistentag 1994 versteht sich die Germanistik nicht länger als streng philologisch ausgerichtetes Fach, sondern betrachtet sich als besondere Form der Kulturwissenschaft Mitwirkung am kollektiven kulturellen Gedächtnis Fachdidaktik Deutsch rezipiert dies im integrativen Deutschunterrichts o Verbindung mehrerer germanistischer Teildisziplinen (etwa Grammatik und kreatives Schreiben) oder verschiedener Schulfächer (Kunst und Deutsch) (vgl. Klotz 2003; Bogdal 2001). Sprachgeschichte als Kulturgeschichte ermöglicht bildungskategorialen Zugang im Sinne Klafkis o die Schüler können und sollen sich die Alltagsrelevanz des Unterrichtsgegenstands für ihr außerschulisches und u. a. kulturelles Leben bewusst machen. o Sprachgeschichte sollte demnach nicht aus der Paukerei von ohnehin häufig dubiosen Jahreszahlen, Ablautreihen oder Vokalveränderungen bestehen o den Schülern Einblicke in Entstehungs- und Veränderungsbedingungen von Sprachen geben, von denen die Lernenden zum Teil auch heute noch betroffen sind. Sprachgeschichte muss alltagsrelevant vermittelt werden o erlebte Sprachgeschichte o integrativ aus kultureller und sprachlicher Perspektive o handlungs- und produktionsorientierten Methoden o Frage nach der für die Schüler relevanten Zukunft des Deutschen Hierzu passt das Konzept der „neueren Sprachgeschichte“ (Elspass 2007, Cherubim 2001 etc.) o Fließender Übergang zwischen dia- und synchronischer Sprachbetrachtung o Ausdehnung der Sprachgeschichtsbetrachtung bis zur Gegenwart und nicht länger bis zur Weimarer Klassik o Betrachtung aktueller Sprachentwicklungstendenzen o vgl. Punkt 2 Sprachgeschichtsdidaktik als „Geschichts- und Sprachdidaktik“? o Grundlegendes aus Sprachdidaktik Inhaltliches Ziel der Sprachdidaktik ist die Sprachreflexion Zu den Zielen und Begründungen der Sprachreflexion zählen: Förderung des Sprachbewusstseins und des Wissens um Mehrsprachigkeit Bereitstellung sprachreflexivischen Wissens Einsicht in Struktur und Bau der Sprache Hilfswissen für Rechtschreibunterricht und Textkorrektur Förderung der metakommunikativen Kompetenz Verfügbarkeit/ Verfügbarmachung einer kognitiven Orientierung beim Sprachgebrauch Zu den verschiedenen Lernbereichen der Sprachreflexion zählen: - Begriffe definieren und deren Position im Begriffsnetz reflektieren; - Den Wortschatz erweitern mit Hilfe von Clustering und Mindmapping; - Die Makrostruktur von Texten erfassen und Gliederungsstrategien in Schreibprozessen anwenden; - Formulierungsentscheidungen erkennen, beschreiben, beurteilen und verändern; Selbstkorrekturen und Fremdkorrekturen praktizieren; - Gesprächsanalytische Verfahren im Hinblick auf die Alltagssprache und Dramensprache durchführen und im szenischen Spiel produktiv anwenden. Mielke (2003:716) o Geschichtsdidaktik Inhaltliches Ziel ist das Geschichtsbewusstsein, der reflektierte Umgang mit Geschichte Zu den Zielen und Begründungen des Geschichtsbewusstsein zählen: Begegnung mit dem historisch/ kulturell Anderen Relativierung des eigenen, gegenwärtigen, vermeintlichen Selbstverständlichen, Bewusstmachung alternativer Möglichkeiten Wahrnehmungskompetenz langjähriger Entwicklungstrends Durchschauen und Überprüfen historischer Legitimationen Entwicklung von Bewusstsein in den Dimensionen der Zeit, der Wirklichkeit, der Historizität, der Identität, der Politik, des ÖkonomischSozialen und des Moralischen tiefgründigeres Durchschauen des Gegenwärtigen (vgl. Sauer, Michael 2003: Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik. Seelze: Kallmeyer.) Sprachgeschichtsdidaktik o Sprachgeschichte eignet sich aufgrund der Verfremdung durch das historisch Unbekannte besonders zur Sprachreflexion o hat zum Ziel das Sprachgeschichtsbewusstsein (etwa der reflexive Umgang mit aktuellen Sprachwandelprozessen und historischen/gegenwärtigen variationslinguistischen Fragestellungen) o sollte tiefgründigeres Durchschauen des Gegenwärtigen zum Ziel haben o keine Anreihung von Fakten, die zu totem Wissen werden (Renkl 1996) 4. Eine Fallstudie – der Konjunktiv Mal ehrlich: Können Sie alle der folgenden Konjunktivformen bilden? 1. Setzen Sie die nachfolgenden Verben in den Konjunktiv II. Wenn Sie die Form nicht wissen sollten, lassen Sie einfach eine Lücke. Wäre sein ich im Urlaub, Hätte haben ich mehr Zeit, _________ kommen der Bus endlich, _________ geben es keine Hausaufgaben, _________ schaffen man die Schule ab, _________ werden ich reich, _________ heißen ich nur nicht Raymonde, _________ sehen ich meinen Lehrer nicht, _________ fahren ich endlich in den Urlaub, wäre _________ tun mein Lehrer nichts, das _________ lassen der Regen nur nach, schön. _________ laufen mir nur eine Katze zu, _________ nehmen nur der Lehrer nicht alles so ernst _________ helfen mir nur der Klassenbeste, _________ stehen nicht so viel an der Tafel, _________ denken der Lehrer nur mal an uns, _________ bringen der Lehrer uns Schokolade, _________ liegen das Freibad nur näher, 2. Setzen Sie die nachfolgenden Verben in das Präteritum. Wenn Sie die Form nicht wissen sollten, lassen Sie einfach eine Lücke. sein Als ich im Urlaub war , haben Als ich keinen Regenschirm hatte, kommen Als ich nach Hause ___________, geben Als es keine Hausaufgaben ___________, schaffen Bevor ich es nach Hause ______________, werden Als ich wieder gesund ___________, sehen Als ich zu Hause fern_________, fahren Als ich in den Urlaub ___________, tun Als ich nichts ______________, lassen Als ich den Regenschirm zu Hause __________, laufen Als ich nach Hause _____________, nehmen Als ich den Bus _____________, helfen Als ich Opa im Garten _____________, stehen Als ich an der Haltestelle _______________, bringen Als ich Oma den Kuchen _____________, liegen Als ich im Liegestuhl _____________, heißen regnete es. Als Chemnitz noch Karl-Marx-Stadt ____________, waren die neuen Bundesländer Teil der DDR. Abb. 1: Fragebogen für Testgruppe β Rothstein (2008) befragte 128 Schülerinnen und Schüler (=Testgruppe β) unter anderem zum Konjunktiv II. 40 Prozent der gegebenen Antworten waren falsch. Damit beherrschen die Schülerinnen und Schüler implizit nicht das, was der Bildungsplan vorschreibt: Die Schülerinnen und Schüler, die am Gymnasium die Jahrgangsstufe 9 erfolgreich durchlaufen, verfügen unter Berücksichtigung der oben genannten Schwerpunkte über die folgenden Kompetenzen: […] Sprachliche Formen und Strukturen ihrer Funktion […] Grammatische Kategorien und ihre Leistungen in situativen und funktionalen Zusammenhängen kennen und nutzen; insbesondere Tempus; Modus (Indikativ, Konjunktiv I/II); Aktiv/Passiv; Genus, Numerus, Kasus; Steigerung. Kernlehrplan (2007) für den verkürzten Bildungsgang des Gymnasiums – Sekundarstufe I (G8) in Nordrhein-Westfalen, Seite 21. 5. Kapital für den Grammatikunterricht Daraus lässt sich Kapital für die Legitimation des Grammatikunterrichts schlagen. Angenommen ein kompetenter Sprecher des Deutschen, der den Konjunktiv II eines Verbs (etwa helfen) nicht kennt, möchte ihn nachschlagen. Die Konsultation des WAHRIG unter helfen führt zum Artikel 243.1: Im Präteritum Indikativ hatten in älterem Deutsch einige Verben in Singular und Plural unterschiedliche Stammvokale (vgl. noch im Lied: … wie uns die Alten sungen [gegenüber er sang, sie sangen]). Im heutigen Deutsch ist uns bei allen derartigen Verben der Vokal des Plurals durch den Vokal des Singulars ersetzt. Neben Konjunktivformen, die von den heutigen Indikativformen abgeleitet sind, weisen folgende Verben auch noch Konjunktivformen auf, die auf diese älteren Pluralformen zurückgehen. […] helfen hälfe hülfe […] In vielen Fällen wirken heute beide Varianten dieser Konjunktiv-Präteritum-Formen ungewöhnlich und altertümlich. In allen diesen Fällen kann die Konjunktiv-Präteritum-Form durch die würdeForm ersetzt werden. Dies geschieht regelmäßig in der gesprochenen Sprache. (WAHRIG 2003:243) Auch ohne explizite grammatische Kenntnisse ist es möglich, herauszulesen, dass beide Formen ungewöhnlich und altertümlich sind und durch würde ersetzt werden. Wer sich fragt, ob es schüfe oder schaffte im Konjunktiv II heißt, wird durch das Register im WAHRIG keine Antwort ermitteln können – es sei denn, er kennt die Begrifflichkeiten Konjunktiv II und Präteritum und kann dadurch eine Ableitungsregel herauslesen. Der Unterrichtsgegenstand muttersprachliche Grammatik macht durchaus Sinn, wenn es darum geht, Handlungswissen für sprachliche Zweifelsfälle wie den Konjunktiv II bereitzustellen. 6. Normproblematik Allerdings: Das gegenwartsdeutsche Verbalsystem erfährt einen radikalen Abbau der synthetischen Konjunktivformen zugunsten alternativer Konstruktionen (etwa würde + Infinitiv). Müssen Schüler Sprachliches beherrschen, das nicht mehr „zeitgemäß“ ist? Letztlich ist dies eine Frage, wie bzw. ob man normorientiert unterrichtet? Entmündigt man die Schüler in einem normativen Deutschunterricht? Diese Veränderung [die Einführung der Glinz’schen Proben, B.R.] des meist noch traditionellen Grammatikunterrichts hat aber langfristig – und eigentlich bis heute – eine Öffnung nicht nur für eine Linguistisierung bewirkt, sondern auch für eine Anerkennung des Schulkindes als kompetenten Sprecher bzw. Sprachteilhaber gesorgt – zumindest für den Bereich der Syntax, dem damals und wohl immer noch dominanten Bereich der „Grammatik“ in der Schule. (Klotz 1996:18) - doch wieviel können die Schülerinnen und Schüler genau? Sich im [muttersprachlichen, B.R.] Unterricht mit Grammatik zu beschäftigen heißt also nicht – wie in manchen anderen Schulfächern üblich –, etwas völlig Neues zu erwerben, sondern es heißt, Distanz zu gewinnen zu etwas, über das man schon verfügt. (Gornik 2003:815) - sprachliche Zweifelsfälle geben hier Aufschluss: Ein sprachlicher Zweifelsfall (Zf) ist eine sprachliche Einheit (Wort/Wortform/Satz), bei der kompetente Sprecher im Blick auf (mindestens) zwei Varianten (a, b...) in Zweifel geraten können, welche der beiden Formen (standardsprachlich) korrekt ist (vgl. Sprachschwankung, Doppelform, Dublette). Die beiden Varianten eines Zweifelsfalls sind formseitig oft teilidentisch (z.B. dubios/dubiös, lösbar/löslich, des Automat/des Automaten, Rad fahren/rad fahren/radfahren, Staub gesaugt/ staubgesaugt/gestaubsaugt). (Klein 2003:7) - zu sprachlichen Zweifelsfällen führt Rothstein (2008) eine Studie durch. Testgruppe β mit 87 Schülern der Klassen 11 und 12 aus einem Tübinger beruflichen Gymnasium. Drei Fragebögen von Schülern mit anderer Erstsprache als Deutsch wurden ausgesondert. Fall 1: Koordination: 3. Kreuze an, welchen der Sätze Du für sprachlich richtig hältst. Sprachlich richtig ist: Donald und Daisy gehen ins Kino. Sprachlich richtig ist: Donald und Daisy geht ins Kino. Ich weiß es nicht, welcher von beiden Sätzen sprachlich richtig ist. Sprachlich richtig ist: Essen und Trinken ist wichtig. Sprachlich richtig ist: Essen und Trinken sind wichtig. Ich weiß es nicht, welcher von beiden Sätzen sprachlich richtig ist. Sprachlich richtig ist: Obst und Gemüse sind gesund. Sprachlich richtig ist: Obst und Gemüse ist gesund. Ich weiß es nicht, welcher von beiden Sätzen sprachlich richtig ist. Sprachlich richtig ist: Grund und Boden ist teuer. Sprachlich richtig ist: Grund und Boden sind teuer. Ich weiß es nicht, welcher von beiden Sätzen sprachlich richtig ist. Abb. 1: Fragebogen: Koordinationsteil Ergebnisse: Plural Donald 99 % Daisy und [gehen] Essen und Trinken [sein] 17 % Obst und Gemüse [sein] 50 % Grund und Boden [sein] 57 % Singular 0% weiß nicht 1% 79 % 46 % 39 % 4% 4% 4% Tab. 1: Koordinationen bei Testgruppe β Fall 2: Flexion: 2. Kreuze an, welche der unterstrichenen Formen Du für richtig hältst! Richtig ist: die Geschichte des Menschens Richtig ist: die Geschichte des Menschen Ich weiß nicht, welche von beiden Formen richtig ist. Richtig ist: Mike gibt dem Fluglotse ein Zeichen. Richtig ist: Mike gibt dem Fluglotsen ein Zeichen. Ich weiß nicht, welche von beiden Formen richtig ist. Richtig ist: Mike gibt dem Pilot ein Zeichen. Richtig ist: Mike gibt dem Piloten ein Zeichen. Ich weiß nicht, welche von beiden Formen richtig ist. Richtig ist: die Höhle des Bären Richtig ist: die Höhle des Bärs Ich weiß nicht, welche von beiden Formen richtig ist. Abb. 2: Fragebogen: Teil zum Fugenmorphem Ergebnisse: Menschens Menschen weiß nicht 10 % 86 % 4% Fluglotse Fluglotsen weiß nicht 14 % 82 % 4% Bären Bärs weiß nicht 93 % 5% 2% Pilot Piloten weiß nicht 37 % 62 % 1% Tab. 2: Flexionsbeispiele bei Testgruppe β Interessanterweise weiß man nur sehr wenig über den sprachlichen Entwicklungsstand von beispielsweise Gymnasiasten. zwei Konzeptionen des Spracherwerbs (Fiehler 2003:812): o Das Plateaumodell fasst den natürlichen Erstspracherwerb zu einem bestimmten Zeitpunkt als abgeschlossen auf. o Nach dem Performanzmodell unterliegt Spracherwerb einer lebenslangen Veränderung. Wird natürlicher Spracherwerb ausschließlich auf den systemtheoretischen Bereich der Sprache – auf phonetisch/phonologische, morphologische und syntaktische Strukturen – bezogen, so besteht Grund zur Annahme, dass diese zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig erworben werden. Fasst man unter Spracherwerb aber auch den Erwerb des Wortschatzes, der Schrift, der kommunikativen Kompetenz (Pragmatik) und der Stilistik, so liegt es nahe, ein Performanzmodell zu vertreten, da beispielsweise der Wortschatz des eigenen Idiolekts aufgrund von Wortneuschöpfungen, neu hinzukommenden Lehnwörtern etc. ständig ergänzt wird. Mit dem Plateau- und dem Performanzmodell korrelieren zwei Definitionen der muttersprachlichen Kompetenz: o o Muttersprachler (‚native speaker’) beherrscht die Phonologie und Morphosyntax einer Sprache und grammatikalisierte semantische Unterscheidungen und die Arten, wie grammatische Einheiten als Bausteine von Texten fungieren, beachtet (vgl. Berman & Slobin 1994:611). Fortgeschrittener/ bewanderter Muttersprachler (‚proficient speaker’) ist ein Muttersprachler, der sich sprachlich situations-, rhetorik- und diskursadäquat zu verhalten weiß (Berman & Slobin 1994:597, Berman 2004) Fazit: Nach der Standardhypothese besteht die Aufgabe des Deutschlehrers (im Schulfach Deutsch) vorwiegend in der Unterstützung der Prozesse, durch die Muttersprachler zu bewanderten Muttersprachlern (‚proficient speaker’) werden. Aber: Immerhin im Bereich der Zweifelsfälle muss der Deutschunterricht Handlungswissen, wie mit diesen umzugehen ist, bereitstellen. Demnach: Insbesondere für Sprachwandelsituationen muss der Deutschunterricht Hintergrunds- und Handlungswissen bereitstellen, um eine situations- und ggf. normadäquate Handhabung dieser zu gewährleisten. Ein bewusster Umgang und die kritische Auseinandersetzung mit der Norm sind entscheidend. Literatur: Berman, R. (2004): Between emergence and mastery. The long developmental route of language acquisition. In: Berman, R. (Hrsg.): Language development across childhood and adolescence. Amsterdam, 9-34. Berman, R. & Slobin, D. (1994): Relating events in narrative. A crosslinguistic developmental study. Hillsdale. Bogdal, K.-M. (2001): Kulturwissenschaftliche Wende im Deutschunterricht. Der Deutschuntericht 2001/3, 2-3. Cherubim, D. (Hg.) (2001): Sprache und Kulturgeschichte (= Der Deutschunterricht 53, Heft 1) DUDEN (2001): Richtiges und gutes Deutsch. Mannheim. Elspass, S. (2007): „Neue Sprachgeschichte(n)“. Einführung in das Themenheft. Der Deutschunterricht 2007/3, 2-6. Fiehler, R. (2003): Spracherwerb im Erwachsenenalter. In: Rickheit, G. / Herrmann, T. / Deutsch, W. (Hrsg.): Psycholinguistik. Ein internationales Handbuch. Berlin, 812-819. Gornik, H. (2003): Methoden des Grammatikunterrichts. In: Bredel, U. / Klotz, P. / Ossner, J. / Siebert-Ott, G. (Hrsg.): Didaktik der deutschen Sprache - ein Handbuch. Paderborn, 814-829. Klafki, W. (1963): Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim. Klotz, P. (1996): Grammatische Wege zur Textgestaltungskompetenz. Theorie und Empirie. Tübingen. Klotz, P. (2003): Integrativer Deutschunterricht. In: Michael Kämper-van den Boogaart (Hg.): Deutsch Didaktik. Leitfaden für die Sekundarstufe I und II. Berlin: Cornelsen, 46-59. Koch-Priewe, B., Stübig, F. & Arnold, K.-H. (2007): Das Potenzial der allgemeinen Didaktik. Stellungnahmen aus der Perspektive der Bildungstheorie von Wolfgang Klafki. Weinheim: Beltz. Merten, St. (2007): Grammatikunterricht. Woher er kommt, wohin er führt. Wirkendes Wort 1/2007, 119-127. Meyer, M.A. & Meyer, H. (2007): Wolfgang Klafki. Eine Didaktik für das 21. Jahrhundert? Weinheim: Beltz. Mielke, A. (2003): Sprachunterricht in der Sekundarstufe II. In: Bredel, U. / Klotz, P. / Ossner, J. / Siebert-Ott, G. (Hrsg.): Didaktik der deutschen Sprache - ein Handbuch. Paderborn, 709-718. Rothstein, B. (2008): Sprachintegrative Grammatikvermittlung in Theorie und Praxis. Habilitationsschrift. 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