EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 - 2014 Plenarsitzungsdokument 25.1.2012 B7-0018/2012 ENTSCHLIESSUNGSANTRAG eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung zum Iran und seinem Nuklearprogramm (2012/2512(RSP)) Cornelia Ernst, Sabine Lösing, Willy Meyer im Namen der GUE/NGL-Fraktion RE\890008DE.doc DE PE479.456v01-00 In Vielfalt geeint DE B7-0018/2012 Entschließung des Europäischen Parlaments zum Iran und seinem Nuklearprogramm (2012/2512(RSP)) Das Europäische Parlament, – gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in der Erwägung, dass im IAEO-Bericht vom November 2011 erhebliche Bedenken im Hinblick auf mögliche militärische Dimensionen des Nuklearprogramms des Iran geäußert werden, da die Möglichkeit besteht, dass einige Aktivitäten, die für die Entwicklung eines nuklearen Sprengkörpers maßgeblich sind, nach wie vor fortgeführt werden; B. in der Erwägung, dass in diesem Bericht zudem festgestellt wird, dass der Iran nach wie vor Tätigkeiten zur Urananreicherung und Wiederaufbereitung betreibt, die er gemäß mehrerer Resolutionen des Sicherheitsrates unterbrechen muss; jedoch in der Erwägung, dass der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) die Anreicherung durch seine Vertragsparteien an sich nicht verbietet, sowie in der Erwägung, dass das Anreicherungsprogramm des Iran somit nicht gegen den NVV verstößt; C. in der Erwägung, dass der Iran unter Verstoß gegen seine Verpflichtungen nach dem NVV heimlich eine Anreicherungsanlage in Fordo in der Nähe der Heiligen Stadt Qom gebaut und die IAEO erst lange nach Baubeginn über deren Existenz informiert hat; D. in der Erwägung, dass der Iran zwar angekündigt hat, die Anlage Fordo sei im Februar betriebsbereit und diene der Urananreicherung auf 20 %, der Iran nun jedoch bestätigt hat, dass Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation Ende Januar zu einer einmonatigen Inspektion erwartet werden; E. in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten und andere westliche Großmächte bedeutende Schritte gesetzt haben, um den Iran aus dem internationalen Finanzsystem auszuschließen, indem sie koordinierte Sanktionen gegen seine Zentralbank und seine Handelsbanken angekündigt haben; in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten auch Sanktionen gegen in der Nuklearindustrie des Iran tätige Unternehmen sowie gegen seine Petrochemie- und Ölindustrie verhängt haben; F. in der Erwägung, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) am 23. Januar 2012 beschlossen hat, die Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen und insbesondere ein Verbot der Einfuhr, des Erwerbs oder der Beförderung von iranischem Rohöl und iranischen Erdölerzeugnissen in der EU zu verhängen; in der Erwägung, dass der Iran infolge des Ölembargos 20 % seiner derzeitigen Ölverkäufe einbüßen wird; in der Erwägung, dass der Rat zudem die Vermögenswerte der iranischen Zentralbank in der EU eingefroren hat und die Lieferung von auf die iranische Landeswährung lautenden Banknoten und Münzen an die Zentralbank des Iran verboten hat; G. in der Erwägung, dass einem leitenden Kommandanten der Revolutionsgarden zufolge die PE479.456v01-00 DE 2/5 RE\890008DE.doc Führung in Teheran beschlossen haben soll, die Schließung der Straße von Hormus anzuordnen, wenn die Ölexporte des Landes blockiert werden, und in der Erwägung, dass sich französische und britische Kriegsschiffe am 22. Januar 2012 einer USamerikanischen Gruppe von Flugzeugträgern angeschlossen und die Straße von Hormus passiert haben; H. in der Erwägung, dass die Regierung Obama darauf reagiert hat, indem sie vor einer Schließung der Straße von Hormus warnte, da dies eine Provokation sei, die eine amerikanische Reaktion hervorrufen würde; in der Erwägung, dass General E. Dempsey, der Generalstabschef, sagte, die USA würden „aktiv werden und die Straße wieder öffnen“, was nur mit militärischen Mitteln möglich sei, einschließlich Minenräumbooten, Kriegsschiffeskorten und unter Umständen Luftangriffen; I. in der Erwägung, dass Sanktionen gegen den Iran erfahrungsgemäß keine der Lösung des Streits über das Atomprogramm des Iran dienlichen Resultate gebracht haben; in der Erwägung, dass neue Sanktionen kontraproduktiv sind, da sie der Regierung das beste Argument an die Hand geben, dass der Iran bedroht werde und die nukleare Abschreckung brauche, und da sie die demokratischen Kräfte im Land schwächen; J. in der Erwägung, dass neue Sanktionen das Leiden der Bevölkerung erheblich verschärfen würden, da die iranische Wirtschaft zu etwa 80 % von den Öleinnahmen abhängig ist; K. in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage im Iran zunehmend verschlechtert und nichts darauf hindeutet, dass die Regierung des Iran beabsichtigt, den rechtmäßigen Forderungen der Zivilgesellschaft nach Achtung der demokratischen Rechte und der Menschenrechte Gehör zu schenken; 1. äußert seine große Besorgnis angesichts der politischen und militärischen Eskalation der Beziehungen zwischen dem Iran einerseits und den Vereinigten Staaten und den EUMitgliedstaaten andererseits; fordert beide Seiten auf, von jeglichen Maßnahmen Abstand zu nehmen, die die Spannungen noch verschärfen könnten, die militärische Präsenz in der Region zu verringern und an den Verhandlungstisch zurückzukehren; 2. spricht sich nachdrücklich für eine friedliche politische Lösung im Konflikt um das Nuklearprogramm des Iran aus; bekräftigt seine Ablehnung jedweder militärischer Maßnahmen und jeder Androhung des Einsatzes von Gewalt und weist warnend darauf hin, dass militärische Maßnahmen zu einer Verschärfung der Krise mit schwerwiegenden Auswirkungen auf den Frieden und die Stabilität in der Region führen würden; 3. äußert große Besorgnis angesichts der militärischen Übungen der Vereinigten Staaten und Israels in der Region und der Verletzung der territorialen Integrität des Iran durch USamerikanische Drohnen; fordert Israel und die USA auf, in ihren Beziehungen zum Iran sowie zu allen anderen Staaten von der Androhung bzw. vom Einsatz von Gewalt gegen die territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit Abstand zu nehmen; ist der Ansicht, dass vertrauensbildende Maßnahmen, wie die Gewährung einer negativen Sicherheitsgarantie für den Iran, zur Stabilisierung der Region beitragen würden; 4. bedauert zutiefst die Entscheidung des Rates über neue Sanktionen und fordert den Rat auf, sie umgehend zu überprüfen; weist darauf hin, dass die Sanktionspolitik der USA und RE\890008DE.doc 3/5 PE479.456v01-00 DE der EU zu keinen Fortschritten im Hinblick auf eine Lösung im Atomstreit mit dem Iran geführt hat; ist der Ansicht, dass neue Sanktionen kontraproduktiv sind, zu keiner Wiederaufnahme der Verhandlungen, sondern im Gegenteil zu neuen Spannungen führen werden und negative Auswirkungen auf die iranische Bevölkerung haben; 5. fordert die E3+3 und den Iran auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, und fordert die Verhandlungsführer auf, einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss auszuarbeiten; ist der Ansicht, dass die Beteiligung Brasiliens und der Türkei an den Verhandlungen die Suche nach einem Kompromiss erleichtern würde; 6. fordert die Vereinigten Staaten und die EU auf, nicht mit zweierlei Maß zu messen und das Recht des Iran anzuerkennen, Uran in beschränktem Umfang anzureichern, unter der Voraussetzung, dass der Iran das Zusatzprotokoll ratifiziert und der IAEO umfassenden Zugang zu allen seinen Nuklearanlagen gewährt sowie die allmähliche Ersetzung seiner Schwerwasserreaktoren durch die Leichtwassertechnologie akzeptiert; 7. fordert den Iran und all diejenigen Länder im Nahen Osten, die Investitionen in Kernkraft in Erwägung ziehen, auf, nicht den von vielen EU-Mitgliedstaaten begangenen Fehler zu wiederholen und eine gefährliche und altmodische Technologie zu fördern; ruft diese Länder vielmehr auf, alle Optionen im Zusammenhang mit modernen Technologien für erneuerbare Energieträger, Energieeffizienz und Energieeinsparung zu prüfen; 8. wiederholt seine Forderung nach einer strikten Anwendung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) durch alle Seiten und in jeglicher Hinsicht; 9. fordert das Parlament und die Regierung des Iran auf, das Zusatzprotokoll der IAEO zu ratifizieren und umzusetzen und die Bestimmungen des Umfassenden Sicherungsabkommens vollständig umzusetzen; 10. wiederholt seine Forderung an alle Nuklearmächte, ihr Kernwaffenarsenal schrittweise abzubauen, die Rolle von Kernwaffen in der Sicherheitspolitik allmählich einzuschränken und eine atomwaffenfreie Zone in Europa und im Nahen Osten zu unterstützen; 11. ist besorgt darüber, dass Israel, Indien und Pakistan nicht dem NVV beigetreten sind; fordert diese Länder zum Beitritt zu diesem Vertrag auf; 12. ist der Auffassung, dass die Verhandlungen über die Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten und im Mittelmeerraum ein erster wichtiger Schritt sein könnten, um den Bedenken der Länder dieser Region in Bezug auf ihre Sicherheit gerecht zu werden; 13. unterstützt uneingeschränkt die demokratischen Bestrebungen des iranischen Volkes und bedauert zutiefst, dass die Regierung und das Parlament des Iran offensichtlich nicht auf die berechtigten Forderungen der iranischen Bürger, insbesondere der jungen Generation, eingehen, deren Hoffnungen auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu lange unterdrückt wurden; 14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und PE479.456v01-00 DE 4/5 RE\890008DE.doc Sicherheitspolitik, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dem Generaldirektor der IAEO, den Regierungen und Parlamenten der Maschrik-Staaten, des Golf-Kooperationsrates, Israels, Palästinas, des Irak und der Türkei sowie der Regierung und dem Parlament der Islamischen Republik Iran zu übermitteln. RE\890008DE.doc 5/5 PE479.456v01-00 DE