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IP/00/1338
Brüssel, den 22. November 2000
Kommission lehnt portugiesische Maßnahmen
gegen Übernahme des Zementunternehmens Cimpor
ab
Die Europäische Kommission hält die Maßnahmen der portugiesischen
Behörden gegen die von Secil Companhia Geral de Cal e Cimentos SA und
von Holderbank geplante Übernahme des portugiesischen Unternehmens
Cimpor Cimentos de Portugal SGPS für mit dem EU-Wettbewerbsrecht
unvereinbar. Diese vom portugiesischen Finanzminister im Juli und im
August 2000 ergriffenen Maßnahmen entbehren nämlich eines berechtigten
Interesses, das gemäß Artikel 21 der Fusionskontrollverordnung der Grund
für eine solche Ablehnung sein kann. Die Kommission hat die Absicht, ihre
ausschließliche Zuständigkeit für die Kontrolle von Zusammenschlüssen von
gemeinschaftsweiter Bedeutung zu verteidigen, und wird auch gegen andere
ähnliche Zuwiderhandlungen vorgehen.
Die Entscheidung stützt sich auf Artikel 21 der Fusionskontrollverordnung, wonach
die Kommission ausschließlich dafür zuständig ist, Zusammenschlussvorhaben
oberhalb bestimmter Umsatzschwellen zu würdigen. Demselben Artikel zufolge
können die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zum Schutz berechtigter
Interessen wie öffentliche Sicherheit, Medienvielfalt und Aufsichtsregeln treffen. Alle
anderen berechtigten Interessen müssen der Kommission mitgeteilt und von ihr
anerkannt werden, bevor sie vom betreffenden Mitgliedstaat durchgeführt werden
dürfen.
Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die portugiesische Regierung durch die
Blockierung des geplanten Erwerbs gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 21 der
Fusionskontrollverordnung verstoßen hat. Das Verbot diente nämlich nicht dem
Schutz der in Artikel 21 vorgesehenen berechtigten Interessen. Auch wurden der
Kommission keine anderen öffentlichen Interessen genannt, die Portugal hätte
schützen wollen.
Die Entscheidung der portugiesischen Regierung, der die Anwendung nationaler
Rechtsvorschriften zu Grunde lag, verweist unter anderem auf "die Notwendigkeit,
die Entwicklung der Eigentumsstrukturen der Gesellschaften, die privatisiert werden,
zu schützen, um das unternehmerische Potential und die Effizienz des nationalen
Produktionsapparates in einer Weise zu verstärken, die den großen
wirtschaftspolitischen Leitlinien Portugals entspricht". Die Kommission hält dies nicht
für ein öffentliches Interesse, das sich im vorliegenden Falle mit den allgemeinen
Grundsätzen der Zusammenschlusskontrolle in Einklang bringen lässt.
Deswegen ist die portugiesische Regierung verpflichtet, sich dem
Gemeinschaftsrecht zu beugen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um
ihre Entscheidung bezüglich des geplanten Zusammenschlusses zurückzunehmen.
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Hintergrund
Die portugiesische Gesellschaft Cimpor Cimentos de Portugal SGPS wurde 1976 als
staatseigenes Unternehmen gegründet. 1991 wurde sie ein öffentliches
Unternehmen, das anschließend 1994 teilweise privatisiert wurde. Die Gesellschaft
wird an der Lissabonner Weltpapierbörse notiert. Der portugiesische Staat hat seine
Beteiligung nach und nach abgestoßen und verfügt gegenwärtig über rund 12 % der
Aktien, einschließlich 10 % Prioritätsaktien. Artikel 22 der Cimpor-Satzung räumt der
Regierung das Recht ein, gegen strategische Beschlüsse und Satzungsänderungen
durch Cimpor ein Veto einzulegen.
Am 15. Juni 2000 kündigte Holderbel, belgische Tochtergesellschaft der
schweizerischen Holderbank-Gruppe und der portugiesischen Secil Companhia
Geral de Cal e Cimentos, ein öffentliches Übernahmeangebot für die Cimpor-Aktien
an. Die Transaktion sollte über Secilpar, eine speziell für diesen Zweck von den
Parteien gemeinsam gegründete und kontrollierte Einrichtung, abgewickelt werden.
Das
Vorhaben,
das
gemeinschaftsweite
Bedeutung
im
Sinne
der
Fusionskontrollverordnung1 hat, wurde der Kommission am 4. Juli 2000 notifiziert.
Am 16. Juni 2000 ersuchten die beteiligten Unternehmen den portugiesischen
Finanzminister um die Genehmigung, durch ein öffentliches Angebot mindestens
67 % des Cimpor-Aktienkapitals erwerben zu dürfen. Nach dem Gesetzesdekret
Nr. 380/93 vom 15. November ist für den Erwerb von über 10 % des Aktienkapitals
einschließlich der Stimmrechte in Unternehmen, die noch nicht völlig privatisiert sind,
die Genehmigung des Finanzminister erforderlich.
Am 6. Juli 2000 lehnte der portugiesische Finanzminister die Transaktion im Wege
der Entscheidung ab. Nach einer Änderung des Übernahmeangebots ersuchten die
beteiligten Unternehmen den Finanzminister erneut am 7. Juli 2000 um
Genehmigung, die dieser aber wiederum durch Entscheidung vom 11. August 2000
verweigerte. Die Gründe der Entscheidung vom 6. Juli 2000 wurden zwar angepasst,
das Ergebnis blieb jedoch dasselbe.
Seitdem hat die portugiesische Regierung bekannt gegeben, dass sie Cimpor völlig
privatisieren und auch ihre Prioritätsaktien abgeben will.
Die Kommission griff 1997 vor dem Europäischen Gerichtshof die portugiesischen
Rechtsvorschriften, auf die sich die beiden Ablehnungsentscheidungen beriefen, mit
der Begründung an, dass sie gegen die Niederlassungsfreiheit und den freien
Kapitalverkehr, zwei Eckpfeiler des europäischen Binnenmarkts, verstoßen
(IP/97/1111). In ähnlicher Weise ging sie gegen Rechtsvorschriften in Spanien, im
Vereinigten Königreich, in Frankreich und Belgien vor. Die diesbezüglichen Urteile
des Gerichtshofs stehen noch aus.
1
Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21.12.1989 über die Kontrolle
von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. L 395 vom 30.12.1990.
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