Botschaft an den Grossen Rat

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Botschaft des Regierungsrats des
Kantons Aargau an den Grossen Rat
vom 21. Mai 2008
Gesundheitsgesetz (GesG); Totalrevision
Bericht und Entwurf
1. Beratung
08.141
-2-
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung............................................................................................................... 4
1.
Ausgangslage .............................................................................................................. 6
1.1
1.2
2.
Handlungsbedarf/Revisionsgründe ......................................................................... 10
2.1
2.2
3.
Allgemeines ....................................................................................................... 10
2.1.1 Anpassungen an Bundesrecht (inklusive internationales Recht) ............... 10
2.1.2 Anpassungen an kantonales Recht ........................................................... 11
2.1.3 Anpassungen an gesellschaftliche Entwicklungen .................................... 13
2.1.4 Parlamentarische Vorstösse ..................................................................... 13
Zentrale Themenbereiche .................................................................................. 14
2.2.1 Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden ...................................................... 14
2.2.2 Liberalisierung der Berufszulassung ......................................................... 14
2.2.3 Massnahmen der Gesundheitsvorsorge und Jugendschutz ...................... 15
2.2.4 Versorgungssicherheit .............................................................................. 17
2.2.5 Suizidhilfe ................................................................................................. 19
2.2.6 Medikamentenabgabe............................................................................... 20
Ergebnisse der Vernehmlassung und daraus resultierende Umsetzungsvorschläge
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
4.
Geltendes Recht .................................................................................................. 6
Rahmenbedingungen der Revision ...................................................................... 7
1.2.1 Bundesrecht ................................................................................................ 7
1.2.2 Kantonales Recht ........................................................................................ 8
1.2.3 Gesundheitspolitische Gesamtplanung (GGpl)............................................ 9
1.2.4 Gesetzgeberische Tätigkeiten in anderen Kantonen ................................. 10
22
Allgemeines ....................................................................................................... 22
Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden ............................................................... 22
Liberalisierung der Berufszulassung (§§ 4–27 GesG-E) ..................................... 24
Massnahmen der Gesundheitsvorsorge und Jugendschutz ............................... 25
3.4.1 Werbung im Bereich Tabak und Alkohol (§ 37 Abs. 1 GesG-E)................. 25
3.4.2 Verkaufsverbot von Tabakwaren an unter 16-Jährige (inklusive Automaten;
§ 37 Abs. 2 und 3 GesG-E) ....................................................................... 26
3.4.3 Testkäufe im Bereich Tabak und Alkohol (§ 37 Abs. 4 GesG-E) ............... 26
3.4.4 Abgabeverbot von alkoholischen Getränken an nicht kaufsberechtigte
Jugendliche (§ 37 Abs. 5 GesG-E) ............................................................ 27
3.4.5 Passivrauchschutz (§ 38 GesG-E) ............................................................ 27
Versorgungssicherheit (§§ 39–41 GesG-E) ........................................................ 28
Suizidhilfe........................................................................................................... 28
Medikamentenabgabe (§ 45 GesG-E) ................................................................ 29
Weitere Vernehmlassungsergebnisse ................................................................ 30
Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen..................................................... 31
-3-
5.
Auswirkungen ......................................................................................................... 105
5.1
5.2
5.3
6.
Auf den Kanton sowie die Gemeinden ............................................................. 105
5.1.1 Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden .................................................... 105
5.1.2 Liberalisierung der Berufszulassung ....................................................... 105
5.1.3 Massnahmen der Gesundheitsvorsorge und Jugendschutz .................... 107
5.1.4 Versorgungssicherheit ............................................................................ 109
5.1.5 Vollzug Heilmittel- und Betäubungsmittelwesen ...................................... 110
Auf die Wirtschaft des Kantons Aargau ............................................................ 110
Tabelle Auswirkungen (Übersicht) .................................................................... 112
Weiteres Vorgehen; Zeitplan .................................................................................. 114
A n t r a g : .......................................................................................................................... 96
-4-
Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Regierungsrat unterbreitet Ihnen den Entwurf einer Totalrevision des
Gesundheitsgesetzes (GesG) mit folgendem Bericht:
Zusammenfassung
Seit Inkraftsetzung des geltenden Gesundheitsgesetzes vom 10. November 1987 sind
20 Jahre vergangen. Zahlreiche Revisionsgründe führen dazu, dass die Durchführung einer
Totalrevision heute unumgänglich ist. So ziehen zahlreiche in der Zwischenzeit neu in Kraft
getretene Bundesgesetze Änderungen oder Anpassungen – hier seien insbesondere die
Änderungen auf dem Gebiet der Berufszulassungen oder im Heilmittelwesen erwähnt – auf
kantonaler Ebene nach sich. Ebenfalls hat sich in den vergangenen Jahren das
Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung markant verändert. Hier ist vor allem im Bereich
der Gesundheitsvorsorge (Jugendschutz im Bereich Tabak und Alkohol oder Schutz vor
Passivrauchen) ein deutlicher Wandel erkennbar. Des Weiteren sind aufgrund des
festgestellten Rückgangs der ärztlichen Grundversorgung sowie fehlender Grundlagen zur
Koordination der ambulanten und stationären Notfallversorgung Regelungen auf
Gesetzesstufe notwendig geworden.
So bilden – unter anderem auch im Rahmen der Konkretisierung der Strategien der
Gesundheitspolitischen Gesamtplanung (GGpl) – folgende Themen Schwerpunkte im neuen
Gesundheitsgesetz (GesG):
 Umsetzung der Grundsätze der Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden;
 Liberalisierung des Berufszulassungssystems und damit verbunden die Förderung der
Eigenverantwortung der Patientin beziehungsweise des Patienten;
 Stärkung der Gesundheitsvorsorge sowie des Jugendschutzes durch konkrete
Massnahmen im Bereich der Tabak- und Alkoholwerbung, der Tabakwaren- und
Alkoholabgabe sowie des Schutzes der Bevölkerung vor dem Passivrauch;
 Schaffung gesetzlicher Grundlagen zwecks Koordination der ambulanten und der
stationären ärztlichen Notfallversorgung sowie die konkrete Unterstützung der ambulanten
ärztlichen Grundversorger.
Die präsentierten Themen wurden in der Vernehmlassung unterschiedlich aufgenommen.
Die Totalrevision wird grundsätzlich von allen Seiten begrüsst und als notwendig empfunden.
Die vorgeschlagene Umsetzung der Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden wird von allen
Parteien gutgeheissen, seitens der Gemeinden gibt es verschiedene Vorbehalte (zum
Beispiel Zuständigkeit für gewisse Einrichtungen und Massnahmen der Suchthilfe, integrale
Zuständigkeit der Gemeinden im Bestattungswesen ohne kantonale Vorgaben). Diesen
Vorbehalten wurde weitestgehend Rechnung getragen. Im Bestattungswesen soll der
Kanton gewisse gesundheitspolizeilich relevante Grundsätze für das gesamte Kantonsgebiet
einheitlich regeln. Des Weiteren wird auf Wunsch der Gemeinden durch eine entsprechende
Ergänzung im Gesetz dem Anliegen der Gemeinden nach einheitlichen kantonalen QualitätsVorgaben
-5-
im Bereich der Mütter- und Väterberatung Rechnung getragen. Die neu ins
Gesundheitsgesetz aufgenommene Rechtsgrundlage für Testkäufe im Bereich Tabak und
Alkohol wurde sowohl von den Parteien als auch den Gemeinden mehrheitlich gutgeheissen,
sodass daran festgehalten wird. Zusätzlich erlässt der Regierungsrat hier
Rahmenbedingungen auf Verordnungsstufe, um eine gewisse Einheitlichkeit und Qualität in
der Durchführung zu gewährleisten.
Grosse Vorbehalte wurden seitens der Berufsverbände im naturheilkundlichen Sektor
gegenüber dem vorgeschlagenen Wechsel im Berufszulassungssystem und der damit
verbundenen Freigabe der Naturheilkunde geäussert. Zum Teil äusserten sich auch die
Parteien (CVP, Grüne, EVP) eher kritisch gegenüber dem neuen System. Insbesondere
wurden fehlende Transparenz sowie die Patientensicherheit bemängelt. Unter
Berücksichtigung der Vernehmlassungsrückmeldungen sowie der momentan auf
Bundesebene stattfindenden Entwicklungen im Bereich der Berufsausbildung in
Komplementär- und Alternativmedizin, wurde die Bewilligungspflicht zur Berufsausübung
ausgedehnt auf durch den Bund mittels Diplom anerkannte Berufsabschlüsse.
Dass Werbeeinschränkungen beziehungsweise Werbeverbote im Bereich von Tabak und
Alkohol notwendig seien, wurde von einer grossen Mehrheit der Vernehmlassenden
unterstützt. Auf Skepsis beziehungsweise eher Ablehnung gestossen ist dagegen die
konkrete Ausgestaltung dieser Einschränkungen beziehungsweise Verbote. Insbesondere im
Bereich der Alkoholwerbeeinschränkung, wonach Alkoholwerbung nur dann erlaubt sei,
wenn sie sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften bezieht, wurde mit den
Argumenten der fehlenden Vollzugstauglichkeit insbesondere seitens der FDP und der SVP
wie auch eines grossen Teils der Gemeinden abgelehnt. Auch die konkrete Ausgestaltung
des Tabakwerbeverbots auf öffentlichem Grund sowie privatem Grund, der öffentlich
einsehbar ist, wurde als unpraktikabel und zu unbestimmt beurteilt. Ganz generell wurde
eine Gleichbehandlung der Werbeverbote für Tabakwaren und Alkohol gefordert. Das
Gesundheitsgesetz trägt diesen Anliegen Rechnung und regelt neu die Tabak- und
Alkoholwerbung in dem Sinne einheitlich, dass grossflächige Werbung für Tabakwaren und
alkoholische Getränke wie zum Beispiel Plakat-, Kino- oder Bandenwerbung verboten wird.
Das vorgeschlagene Verkaufsverbot von Tabakwaren an unter 16-Jährige (inklusive
Automaten) stiess bei praktisch allen Vernehmlassenden auf grosse Zustimmung und wird
deshalb unverändert beibehalten.
Neu ins Gesetz aufgenommen – da im Rahmen der Vernehmlassung mehrfach gefordert
(zum Beispiel EVP, Gemeinden) – wird das Abgabeverbot von alkoholischen Getränken an
nicht kaufsberechtigte Jugendliche. Ziel und Zweck dieser Regelung ist es eine möglichst
umfassende Prävention sicherzustellen und die in jüngster Zeit immer wieder
vorkommenden Gewaltexzesse aufgrund alkoholisierter Jugendlicher einzudämmen
beziehungsweise zu verhindern.
-6-
Beim Passivrauchschutz haben sich die SP, die CVP, die Grünen sowie die EVP hinter die
Variante 1 gestellt, die FDP sowie die SVP bevorzugen die Variante 2. Eine Mehrheit der
übrigen Vernehmlassenden inklusive der Gemeinden befürworten die Variante 1. Aufgrund
dieses Ergebnisses sowie aufgrund der Tatsache, dass zum momentanen Zeitpunkt auf
Bundesebene noch nicht definitiv absehbar ist, in welche Richtung das Bundesgesetz zum
Schutz vor Passivrauchen zielt, werden beide Varianten weiterverfolgt.
Im Kapitel Versorgungssicherheit wurde von mehreren Seiten, so insbesondere der
Aargauischen Ärzteschaft aber auch der CVP, der FDP und der Grünen, konkrete finanzielle
Unterstützungen der Ärzteschaft im Bereich des Notfalldiensts etwa in Form eines
entgeltlichen Leistungsauftrags gefordert. Diesem Anliegen wird im neuen
Gesundheitsgesetz dahingehend Rechnung getragen, als der Kanton neu eine gesetzliche
Grundlage schafft, finanzielle Mittel zur Förderung der ärztlichen Grundversorgung einsetzen
zu können. Die Erteilung eines entgeltlichen Leistungsauftrags an den Aargauischen
Ärzteverband steht hier im Vordergrund.
Für den Bereich der Suizidhilfe wird nach wie vor die Auffassung vertreten, dass auf eine
kantonale gesetzliche Regelung zu verzichten sei, auch wenn im Rahmen der
Vernehmlassung die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung aufgeworfen wurde (SVP,
FDP, EVP). Es ist vor allem der Bereich des Sterbetourismus, der die Gemüter erhitzt und zu
Diskussionen Anlass gibt. Gerade in diesem Bereich ist eine gesetzliche Regelung nur dann
effektiv und greifend, wenn sie für die ganze Schweiz Gültigkeit hat. Kantonale
Einzellösungen erfassen das eigentliche Problem nicht. In dem Sinne wird hier ganz klar
eine Bundeslösung bevorzugt.
Äusserst deutlich und grossmehrheitlich zustimmend ist die Vernehmlassung im Bereich der
Medikamentenabgabe ausgefallen. Ablehnend äussert sich insbesondere der Aargauische
Ärzteverband. Aufgrund dieser grossen Zustimmung wird an der bisherigen Regelung,
wonach die Medikamentenabgabe grundsätzlich den Apotheken vorbehalten ist,
festgehalten.
1.
Ausgangslage
1.1
Geltendes Recht
Das heute geltende Gesundheitsgesetz des Kantons Aargau stammt aus dem Jahr 1987. Es
beinhaltet die zentralen organisatorischen und inhaltlichen Bestimmungen zur Regelung des
Gesundheitswesens und der Gesundheitsversorgung im Kanton. So enthält es Massnahmen
zur Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsfürsorge, des Gesundheitsschutzes und der
Gesundheitsversorgung. Weiter regelt es die Organisation und Zuständigkeiten kantonaler
Behörden und Instanzen, sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Berufsausübung von
Medizinalpersonen sowie anderer Berufe, Organisationen und Betriebe der
Gesundheitspflege (Bewilligungserteilung, Bewilligungsentzug, Rechte und Pflichten). Es
enthält ferner Ausführungen zum Verkehr mit Heilmitteln, Aussagen zu den Rechten und
Pflichten der Patientinnen und Patienten, organisatorische Bestimmungen zu Spitälern,
-7-
Krankenheimen, Heilstätten und Heilbädern sowie Regelungen zum Bestattungs- und
Veterinärwesen. Das Gesundheitsgesetz (GesG) wird durch eine Reihe von
Vollzugserlassen auf Dekrets- und Verordnungsstufe ergänzt (zum Beispiel Dekret über
weitere bewilligungspflichtige Berufe der Gesundheitspflege; Verordnungen über die
Zahnärzte, Drogerien und Apotheken; Verordnung über die öffentlichen Bäder; Verordnung
über den Verkehr mit Heilmitteln; Verordnung über das Bestattungswesen, etc.)
Das geltende Gesundheitsgesetz hat seit dem Inkrafttreten am 1. Mai 1988 mehrere
Teilrevisionen erfahren. Diese Teilrevisionen beinhalteten im Wesentlichen folgende
Themen:
 Ausdehnung der Bewilligungspflicht auf weitere Berufe und Organisationen der
Krankenpflege, die gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die
Krankenversicherung (KVG) als Leistungserbringer zulasten der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung zugelassen sind;
 Anpassungen im Rahmen des Projekts "Aufgabenteilung Kanton/Gemeinden"
(Kantonalisierung der Lebensmittel- und Fleischkontrolle sowie der Suchtberatung und
Suchtprävention; Kommunalisierung der Pilzkontrolle sowie der Mütter- und
Väterberatung);
 Anpassungen gewisser organisatorischer Bestimmungen als Folge des neuen
Spitalgesetzes mit der Verselbstständigung der Kantonsspitäler.
1.2
Rahmenbedingungen der Revision
Die Gesundheitsgesetzgebung im Kanton Aargau hat sich an den massgebenden
bundesrechtlichen Vorschriften sowie den kantonalen Vorgaben in rechtlicher und
strategischer Hinsicht zu orientieren. Zur letzteren gehört insbesondere die
Gesundheitspolitische Gesamtplanung des Grossen Rats (GGpl) vom 13. Dezember 2005.
1.2.1 Bundesrecht
Der Bund hat sich in gewissen Bereichen die Kompetenz zur Gesetzgebung vorbehalten
(Art. 118 ff. und 95 Bundesverfassung, BV; SR 101). Gestützt darauf kann er Massnahmen
zum Schutz der Gesundheit sowie Voraussetzungen für einen einheitlichen Wirtschaftsraum
treffen. In diesen dem Bund zur Regelung vorbehaltenen Bereichen hat der Kanton
eingeschränkte oder keine materielle Gesetzgebungskompetenz. Seine Möglichkeiten
beschränken sich hier auf die Regelung von Zuständigkeiten, Vollzugsbestimmungen sowie
organisatorischer Vorkehrungen.
Konkret handelt es sich um folgende Bereiche:
 Umgang mit Lebensmitteln, Heilmitteln, Betäubungsmitteln, Organismen, Chemikalien
und Gegenstände, welche die Gesundheit gefährden können (Art. 118 Abs. 2 lit. a BV);
 Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger
Krankheiten von Menschen und Tieren (Art. 118 Abs. 2 lit. c BV);
 Bestimmungen zur Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich
(Art. 119 BV);
 Regelungen im Bereich der Transplantationsmedizin (Art. 119a BV) sowie der
Gentechnologie im Ausserhumanbereich (Art. 120 BV);
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 Ausübung privatwirtschaftlicher Tätigkeit: Schaffung von Voraussetzungen, damit
Personen mit einer wissenschaftlichen Ausbildung oder mit einem eidgenössischen,
kantonalen oder kantonal anerkannten Ausbildungsabschluss ihren Beruf in der ganzen
Schweiz ausüben können (Art. 95 BV).
1.2.2 Kantonales Recht
Die aargauische Kantonsverfassung (KV; SAR 110.000) beinhaltet Aussagen zur
Stossrichtung im Gesundheitswesen. Sie bildet den übergeordneten rechtlichen Rahmen für
die Revision des Gesundheitsgesetzes. Die Kantonsverfassung macht folgende Aussagen
zum Gesundheitswesen:
§ 41
Gesundheitswesen
1 Der
Kanton trifft im Zusammenwirken mit den Gemeinden und Privaten Vorkehren zur
Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit.
2 Er schafft Voraussetzungen für eine angemessene medizinische Versorgung der gesamten
Bevölkerung. Er fördert die häusliche Krankenpflege.
3 Er fördert und beaufsichtigt die medizinischen Anstalten. Er kann eigene Einrichtungen
schaffen.
4 Er unterstützt die Forschung sowie die Aus- und Weiterbildung des Medizinalpersonals.
5 Er überwacht und koordiniert das Medizinalwesen.
6 Er fördert Turnen und Sport.
§ 27
Öffentliche Ordnung und Sicherheit
Kanton und Gemeinden gewährleisten die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Sie schützen
insbesondere Leben, Freiheit, Gesundheit und Sittlichkeit. Sie wenden soziale Notstände ab.
§ 20
Wirtschaftsfreiheit
1 Jeder
Schweizer hat das Recht auf freie Wahl und Ausübung eines Berufes und auf freie
wirtschaftliche Betätigung.
2 Vorbehalten sind polizeiliche Bestimmungen, die kantonalen Regalrechte und die nach
Massgabe des Bundesrechts zulässigen wirtschaftspolitischen Massnahmen.
§ 52
Wirtschaftspolizeiliche Vorschriften
Der Kanton erlässt im Rahmen der bundesrechtlichen Vorbehalte und Ermächtigungen die
Vorschriften, die eine geordnete Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeiten sicherstellen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es die gemeinsame Aufgabe von
Kanton, Gemeinden und Privaten ist, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Die
Eigenverantwortung jedes Einzelnen steht dabei ebenso im Vordergrund. Weiter soll die
Berufsausübung von Personen im Gesundheitswesen möglichst wenig eingeschränkt
werden. Dabei hat eine Abwägung zwischen Wirtschaftsfreiheit und dem Schutz der
Bevölkerung im Sinne der öffentlichen Ordnung und Sicherheit stattzufinden.
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1.2.3 Gesundheitspolitische Gesamtplanung (GGpl)
Die Gesundheitspolitische Gesamtplanung enthält die strategischen Ziele und Grundsätze
der aargauischen Gesundheitspolitik und bildet den übergeordneten strategischen Rahmen.
Sämtliche Strategien sind auf eine qualitativ gute Gesundheitsvorsorge und
Gesundheitsversorgung der Bevölkerung des Kantons Aargau ausgerichtet. Im
Regelungsbereich des Gesundheitsgesetzes geben insbesondere folgende Strategien
politische Vorgaben für die Revision:
Strategie 1: Prävention und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten
Der Kanton ergreift Massnahmen zur Verhinderung des Auftretens respektive der
Ausbreitung von übertragbaren Krankheiten. Zu diesem Zweck überwacht er in
Zusammenarbeit mit Dritten die übertragbaren Krankheiten im Rahmen des Vollzugs des
Epidemiengesetzes. Er optimiert seine Vorkehrungen laufend und passt diese den neuen
Erkenntnissen an, zum Beispiel infolge neu auftretender Krankheiten wie SARS. Der
Kanton sorgt dafür, dass der breite Impfschutz der Bevölkerung aufrechterhalten respektive
verbessert wird.
Strategie 2: Gesundheitsförderung und allgemeine Prävention
Der Kanton fördert einen eigenverantwortlichen, gesundheitsbewussten Lebensstil sowie
die Gestaltung von gesundheitsfördernden Umweltbedingungen. Zur Verstärkung und
Wirkungsoptimierung von Prävention und Gesundheitsförderung werden alle Bereiche des
öffentlichen und privaten Sektors, welche auf diesem Gebiet aktiv sind, besser
eingebunden und vernetzt.
Strategie 3: Suchtprävention
Der Kanton sorgt mit geeigneten Massnahmen für die Aufrechterhaltung des bisherigen
quantitativen und qualitativen Niveaus in der Suchtprävention. Dazu nimmt er eine
koordinierende und vernetzende Funktion wahr und sorgt dafür, dass die suchtpräventiven
Massnahmen rechtzeitig auch den sich kurzfristig ändernden Verhältnissen angepasst
werden.
Strategie 11: Ambulante Versorgung durch niedergelassene Leistungserbringer
Die ambulante Versorgung unterliegt im Kanton primär dem Prinzip von Angebot und
Nachfrage. Der Kanton trägt im Rahmen seiner Möglichkeiten und des von der
Krankenversicherungsgesetzgebung ermöglichten Spielraums dazu bei, dass für die
Aargauer Bevölkerung eine möglichst flächendeckende und kostengünstige ambulante
Versorgung gewährleistet bleibt. Wenn Leistungen ambulant erbracht werden können,
sollen diese nicht stationär angeboten werden.
Strategie 12: Ambulante Versorgung durch die Spitäler
Die stationären Leistungserbringer können ambulante Leistungen erbringen. Diese
Leistungen haben auch künftig ihren grundsätzlich ergänzenden Charakter zur
niedergelassenen Ärzteschaft und zu den übrigen privaten Leistungserbringern
beizubehalten.
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Strategie 13: Notfallversorgung
Der Kanton sorgt für die Gewährleistung der Notfallversorgung. Der zunehmenden
Beanspruchung der öffentlichen Notfallstationen mit Bagatellfällen wird mit geeigneten
Massnahmen begegnet.
Strategie 14: Rettungswesen
Der Kanton gewährleistet eine flächendeckende, sich an anerkannte Kriterien – wie vom
Interverbands für Rettungswesen (IVR) erarbeitet – anlehnende rettungsdienstliche
Versorgung. Dazu wird die bisherige Struktur inklusive Einsatzleitstelle (ELS) 144
aufrechterhalten und kontinuierlich optimiert.
Strategie 22: Suchtberatung und Suchttherapie
Der Kanton Aargau gewährleistet im Suchtbereich eine bedarfsgerechte ambulante und
stationäre Versorgung.
1.2.4 Gesetzgeberische Tätigkeiten in anderen Kantonen
Der Kanton Aargau ist mit der Überarbeitung des Gesundheitsgesetzes nicht alleine. In
vielen Kantonen der Schweiz laufen zurzeit Revisionsbemühungen im Gesundheitswesen
oder sind bereits abgeschlossen. Dementsprechend orientiert sich der Kanton Aargau auch
an den umliegenden Kantonen in Bezug auf ihre gesetzgeberischen Aktivitäten.
2.
Handlungsbedarf/Revisionsgründe
2.1
Allgemeines
Seit Inkraftsetzung des geltenden Gesundheitsgesetzes vom 10. November 1987 (im
Folgenden: GesG-1987) sind 20 Jahre vergangen. Zahlreiche Revisionsgründe führen dazu,
dass die Durchführung einer Totalrevision heute unumgänglich ist. So ist der Bund
zwischenzeitlich in verschiedenen Bereichen gesetzgeberisch aktiv geworden. Auch im
Kanton hat es Veränderungen im strategischen und rechtlichen Umfeld gegeben, die einen
Handlungsbedarf auslösen. Weitere Gründe sind die geänderten Bedürfnisse und das
veränderte Nachfrageverhalten der Bevölkerung, Erkenntnisse im Rahmen der
Vollzugstätigkeit sowie parlamentarische Vorstösse, welche wichtige Inputs zur Revision des
Gesundheitsgesetzes gegeben haben. Nicht zuletzt haben die technische Entwicklung und
die Rechtssprechung Anlass dazu gegeben, die geltende Regelung zu überdenken.
2.1.1 Anpassungen an Bundesrecht (inklusive internationales Recht)
Das öffentliche Gesundheitsrecht lag – noch unter dem Geltungsbereich der alten
Bundesverfassung – vor allem im traditionellen Kompetenzbereich der Kantone. Auf der
Grundlage der neuen Bundesverfassung (vgl. Art. 118–120 BV) ist der Bund in diesem
Bereich vermehrt rechtssetzerisch tätig geworden. Seit der Inkraftsetzung des GesG-1987
sind folgende Bundesgesetze in Kraft getreten:
 Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG)
vom 9. Oktober 1992 (SR 817.0);
 Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994 (SR 832.10);
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 Bundesgesetz über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) vom 6. Oktober 1995
(SR 943.02);
 Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung
(Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG) vom 18. Dezember 1998 (SR 810.11);
 Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG) vom
15. Dezember 2000 (SR 812.21);
 Bundesgesetz über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG) vom 13. Dezember
2002 (SR 412.10);
 Bundesgesetz über die Forschung an embryonalen Stammzellen
(Stammzellenforschungsgesetz, StFG) vom 19. Dezember 2003 (SR 810.31);
 Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) vom 8. Oktober
2004 (SR 810.12);
 Bundesgesetz über Voraussetzungen und Verfahren bei Sterilisationen
(Sterilisationsgesetz) vom 17. Dezember 2004 (SR 211.111.1);
 Transplantationsgesetz vom 8. Oktober 2004 (SR 810.21);
 Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG)
vom 23. Juni 2006 (SR 811.11).
Im Weitern sind folgende Bundesgesetze in Bearbeitung oder absehbar:
 Bundesgesetz über die Psychologieberufe (Inkrafttreten nicht vor 2010 geplant);
 Humanforschungsgesetz (Inkrafttreten zurzeit noch nicht absehbar);
 Schweizerische Strafprozessordnung (Strafprozessordnung, StPO; geplantes Inkrafttreten
1. Januar 2010);
 Änderung des schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) im Bereich des
Erwachsenenschutzes, des Personen- und Kindesrechts (Inkrafttreten nicht vor
2011/2012).
Die Schweiz hat im Rahmen des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und
ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681) verschiedene
Richtlinien zur Anerkennung von Berufsqualifikationen und Diplomen übernommen. Sowohl
indirekt über Anpassungen des Bundesrechts als auch direkt lösen die Abkommen mit der
EU/EFTA und die entsprechenden Richtlinien auch auf kantonaler Ebene Handlungsbedarf
aus. Aktuell steht die Schweiz vor der Annahme der neuen Richtlinie über die Anerkennung
von Berufsqualifikationen (Richtlinie 2005/36/EG).
All diese Gesetzgebungen haben direkten Einfluss auf den Regelungsbereich des
Gesundheitsgesetzes, indem einerseits gewisse Regelungen des geltenden
Gesundheitsgesetzes obsolet werden, andererseits zusätzliche Regelungen notwendig
werden.
2.1.2 Anpassungen an kantonales Recht
Nicht nur die Entwicklung im Bundesrecht, sondern auch diejenige auf kantonaler Ebene
lösen einen Anpassungsbedarf aus. Verschiedene Themenbereiche, welche bislang im
Gesundheitsgesetz geregelt waren, sind neu in Spezialerlassen geregelt (Spitalgesetz [SpiG]
vom 25. Februar 2003; Pflegegesetz [PflG] vom 26. Juni 2007; Einführungsgesetz zum
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Tierseuchengesetz [EG TSG]; Stand: [08.68] Botschaft 2. Beratung vom 12. März 2008).
Diesen Schnittstellen wird beim Erlass des neuen Gesundheitsgesetzes Rechnung getragen.
- 13 -
Die unter Ziffer 1.2.3 aufgeführten Strategien der GGpl zeigen für verschiedene
Regelungsbereiche des neuen Gesundheitsgesetzes die Stossrichtungen auf. Des Weiteren
hat auch das vom Regierungsrat lancierte Projekt zur Verwirklichung einer
wirtschaftspolitischen Wachstumsstrategie (WIPO) Auswirkungen auf die Regelungen des
neuen Gesundheitsgesetzes (zum Beispiel im Bereich Berufszulassung/Freizügigkeit und
Binnenmarktliberalisierung).
2.1.3 Anpassungen an gesellschaftliche Entwicklungen
Auch im Gesundheitswesen haben die vergangenen zwei Jahrzehnte markante
gesellschaftliche Entwicklungen und gesellschaftspolitischen Wandel mit sich gebracht.
Diese äussern sich in vielfältiger Hinsicht. Beispiele dafür sind:




Akzeptanz komplementärtherapeutischer Verfahren;
Entstehung neuer Berufsbilder;
Verstärktes Bewusstsein für eine gesunde Lebensführung und für Gesundheitsvorsorge;
Verstärktes Bewusstsein für die Selbstbestimmungsrechte der Patientinnen und
Patienten;
 Sensibilisierung für Anliegen des Datenschutzes;
 Liberalisierung und Deregulierung.
Diesen und anderen Entwicklungen muss ein modernes Gesundheitsgesetz Rechnung
tragen.
2.1.4 Parlamentarische Vorstösse
Ausdruck dieser Entwicklungen sind auch eine Anzahl von parlamentarischen Vorstössen,
welche zu verschiedenen Themenbereichen die geänderten Wertvorstellungen und den
gesellschaftlichen Wandel aufzeigen.
Folgende Vorstösse werden im Rahmen der vorliegenden Revision des
Gesundheitsgesetzes behandelt:
 (99.423) Postulat Urs Leuenberger, Widen, vom 21. Dezember 1999 betreffend Schaffung
rechtlicher Grundlagen im aargauischen Rettungswesen vom 21. Dezember 1999
(Überweisung am 9. Mai 2000);
 (03.139) Motion Liliane Studer, Wettingen, vom 20. Mai 2003 betreffend Ausweitung der
Werbeeinschränkungen für Alkohol und Tabak (Überweisung als Postulat am 2.
Dezember 2003);
 (04.168) Motion Sylvia Flückiger-Bäni, Schöftland, vom 22. Juni 2004 betreffend
Sterbehilfe und Abschaffung des Sterbetourismus im Kanton Aargau*;
 (04.290) Motion Liliane Studer, Wettingen, vom 2. November 2004 betreffend rauchfreie
öffentliche Räume zum Schutz der Bevölkerung vor Passivrauchen (Überweisung als
Postulat am 8. November 2005);
 (06.108) Motion Sylvia Flückiger-Bäni, Schöftland, vom 13. Juni 2006 betreffend
Kostenübertragung an die Sterbehilfeorganisationen*;
* Der Regierungsrat erklärte sich bereit, diese beiden Motionen als Postulate entgegenzunehmen. Die Motionärin hielt an den
Motionen fest. Der Grosse Rat lehnte in der Folge am 19. Oktober 2004 beziehungsweise 31. Oktober 2006 die beiden
Motionen ab.
- 14 -
 (06.109) Motion Dr. Rainer Klöti, Auenstein, vom 13. Juni 2006 betreffend Sterbehilfe im
Kanton Aargau (Überweisung als Postulat am 31. Oktober 2006);
 (07.204) Motion Adrian Schoch, Fislisbach, vom 28. August 2007 betreffend Schaffung
der gesetzlichen Grundlagen, um die Weitergabe von alkoholischen Getränken an
Jugendliche zu unterbinden**.
** Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat mit Datum vom 14. Mai 2008, die Motion entgegenzunehmen. Da die Motion
im Zeitpunkt der Botschaft des Regierungsrats zum Gesundheitsgesetz vom 21. Mai 2008 im Grossen Rat noch nicht behandelt
ist, kann deren Abschreibung erst mit der Botschaft zur 2. Beratung beantragt werden.
2.2
Zentrale Themenbereiche
2.2.1 Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden
Mit dem Projekt Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden, welches zu Beginn dieses
Jahrzehnts in drei Paketen (Gesetz zur Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden,
GAT I–III) zahlreiche Reformen realisiert hat, wurden die Grundsätze einer zweckmässigen
Aufgabenteilung implementiert. Diese Zielsetzungen und Grundsätze (vgl. §§ 1 und 2 GAT I;
SAR 691.100) gelten seither als wegleitend für alle neuen Gesetzgebungsvorhaben im
Kanton.
Die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden im Gesundheitswesen wurde im
Anwendungsbereich des Spitalgesetzes und des Pflegegesetzes konkretisiert und muss
auch im Anwendungsbereich des neuen Gesundheitsgesetzes im Sinne der erwähnten Ziele
und Grundsätze erfolgen.
2.2.2 Liberalisierung der Berufszulassung
Das neue Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz,
MedBG) vom 23. Juni 2006 (SR 811.11) bildet den bundesrechtlichen Rahmen für die
kantonalen Regelungen der Berufszulassung der Medizinalpersonen. Es führt insbesondere
dazu aus, dass der Bund für die selbstständige Berufsausübung nicht nur die
Voraussetzungen der Zulassung, sondern auch die Rechte und Pflichten bei der
Berufsausübung weitgehend normiert und damit die bislang im kantonalen Recht
bestehenden Regelungen weitgehend obsolet macht.
Das gegenwärtige Zulassungssystem ist im Bereich der anerkannten Berufe im Vollzug
etabliert und weitestgehend problemlos. Dieses so genannte diplomorientierte Modell stellt
ausschliesslich auf die der Schulmedizin verpflichteten Berufe ab.
Schwierigkeiten bereitet jedoch die ganze Palette komplementärmedizinisch tätigen Berufe
(zum Beispiel Naturheilerin/Naturheiler, Homöopathin/Homöopathen, Akupunkteurinnen/Akupunkteure) und die neu entstandenen Berufe (zum Beispiel Osteopathie). Verschiedene
Kantone sind deshalb in den letzten Jahren dazu übergegangen, einzelne dieser Therapien
zuzulassen und zum Teil formelle Berufsausübungsbewilligungen auszustellen. Diese
Entwicklung wurde durch die Rechtssprechung und die Bundesgesetzgebung über den
Binnenmarkt gefördert.
- 15 -
Im aargauischen Zulassungssystem sind nach geltendem Recht alle erlaubten Berufe im
Gesundheitswesen in abschliessender Form aufgezählt. Mit anderen Worten sind alle
diagnostischen und heilenden Tätigkeiten unabhängig von Methodik und Wirksamkeit, einem
generellen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterstellt. Diese aktuell geltende Regelung kommt
einem indirekten Verbot der Ausübung alternativer Heilmethoden durch Nicht-Medizinalpersonen gleich. Eine eigentliche Regelung dieser Verfahren (wer darf was anbieten, wie
werben etc.) existiert im Kanton Aargau jedoch nicht. So ist denn auch nachvollziehbar, dass
die effektive Durchsetzung dieses Verbots – gerade auch im Hinblick auf die Regelungen in
anderen Kantonen – im Vollzug sehr schwierig ist und an Grenzen stösst.
Im Kontext dieses Umfelds stellt sich die Frage nach der Rollenverteilung zwischen dem
Staat und seinen Bürgerinnen und Bürgern bei der Inanspruchnahme von medizinischen
Dienstleistungen. Dabei zeigt sich, dass der Staat wohl für jene medizinischen Tätigkeiten
und Berufe eine gewisse Qualitätsgarantie übernehmen kann, die ein anerkanntes
Ausbildungssystem durchlaufen. Den Möglichkeiten des Staats sind allerdings bei
zahlreichen Tätigkeiten und Berufen insbesondere im Bereich der Komplementärmedizin, wo
staatlich anerkannte Ausbildungen sehr oft nicht existieren, Grenzen gesetzt. Daraus stellt
sich gleichzeitig die Frage nach dem Umfang der Eigenverantwortung der Patientinnen und
Patienten. Im Spannungsfeld zwischen Liberalisierung beziehungsweise Freizügigkeit in der
Berufszulassung und Sicherstellung der Patientensicherheit durch den Staat geht es somit
letztlich darum, differenzierte Lösungen für eine sinnvolle Abwägung zwischen dem
zwingenden staatlichen Regelungs- und Handlungsbedarf und der Eigenverantwortung der
Patientinnen und Patienten vorzunehmen.
2.2.3 Massnahmen der Gesundheitsvorsorge und Jugendschutz
Das geltende Recht beschränkt sich auf allgemein gehaltene Aussagen, Massnahmen im
Bereich der Gesundheitsvorsorge zu treffen. Gestützt darauf betreibt der Kanton bereits seit
Jahren eine aktive Gesundheitsförderungspolitik (zum Beispiel Schwerpunktprogramme
"Betriebliche Gesundheitsförderung" und "Gesundes Körpergewicht"; Newsletter "Forum
Gesundheit"; Gesundheitsförderungspreis).
Allerdings fehlen konkrete gesetzliche Grundlagen für Massnahmen im Bereich Tabak- und
Alkoholprävention, insbesondere auch unter dem Aspekt des Jugendschutzes, sowie im
Bereich des Passivrauchens. Diese Themen haben gerade in den vergangen Jahren
zunehmend an Bedeutung gewonnen. Das gesundheitsschädigende Potential von Tabakund übermässigem Alkoholkonsum ist unbestritten. Bund und Kantone sind deshalb daran,
die Massnahmen im Bereich der Gesundheitsvorsorge zu verstärken. Dazu gehören in erster
Linie Werbeeinschränkungen beziehungsweise Werbeverbote sowie Abgabeverbote für
Tabak und Alkohol, wobei hier vor allem die Jugendlichen im Fokus dieser Bestrebungen
stehen (Jugendschutz). Da der Einstieg in den Tabakkonsum in der Regel im jugendlichen
Alter erfolgt, geht die Stossrichtung in erster Linie dahin, mittels geeigneter Massnahmen
Jugendliche vom Einstieg in den Tabakkonsum abzuhalten. Der Zusammenhang zwischen
Tabakwerbung und Konsumverhalten, insbesondere bei Jugendlichen, ist durch mehrere
Untersuchungen belegt. Werbung beeinflusst dabei nicht nur die Markenwahl, sondern
erhöht auch die Gesamtnachfrage beziehungsweise den Konsum. Gerade Kinder und
Jugendliche sind für Werbung stark empfänglich.
- 16 -
Aus präventiver Sicht ist es sinnvoll, nicht nur für Tabakwaren Werbeeinschränkungen zu
erlassen, sondern auch für alkoholische Getränke. Alkohol ist nicht nur ein Genussmittel und
alltägliches Konsumgut vieler Menschen, Alkohol ist auch Rausch- und Suchtmittel und
Ursache vieler gesundheitlicher Probleme. Besorgniserregend ist vor allem die Tatsache,
dass Jugendliche deutlich mehr trinken als früher und dass das Rauschtrinken von
Jugendlichen (insbesondere der 15- und 16-Jährigen) deutlich zugenommen haben. Gemäss
der Studie Alkohol und Gewalt im Jugendalter der Schweizerischen Fachstelle für Alkoholund andere Drogenprobleme (SFA) aus dem Jahr 2006 konsumieren rund 20 % der
Jugendlichen Alkohol in problematischer Weise. Diese Gruppe zeigt auch ein deutlich
erhöhtes Mass an gewalttätigem Verhalten. Die Studie macht deutlich, dass Alkoholkonsum
mit Gewalt zusammenhängt.
Von grosser Bedeutung ist aber auch, dass die verschiedenen Massnahmen der
Gesundheitsvorsorge auch wirksam vollzogen werden. Insbesondere die Abgabeverbote im
Bereich Tabak und Alkohol müssen konsequent durchgesetzt werden. Im Vordergrund
stehen hier zwei Absatzkanäle, zum Einen die üblichen Verkaufsstellen von Tabak und
Alkohol, zum Anderen die private Abgabe an Nicht-Kaufsberechtigte. Ein Verkaufsverbot
ohne stichprobenweise Kontrolle ist wenig wirksam. Die Praxis in anderen Kantonen hat
gezeigt, dass Kontrollen mittels Testkäufen durch Minderjährige am Effektivsten sind. Die
(unentgeltliche) private Abgabe ist gerade unter Jugendlichen ein häufiges Vorgehen, um die
bestehenden Verkaufsverbote zu umgehen. Das geltende Recht genügt nicht, um gegen
solche Umgehungshandlungen wirksam vorgehen zu können. Mit der Schaffung von
gesetzlichen Grundlagen zur Durchsetzung dieser Abgabeverbote und mit
Werbeeinschränkungen im Bereich Tabak und Alkohol kann darauf hingewirkt werden, dass
der gesundheitsschädigende Konsum von Tabak und Alkohol eingedämmt wird. Darüber
hinaus kann damit ein Beitrag zur Bekämpfung der sicherheits- und ordnungspolitisch
unerwünschten Nebenfolgen übermässigen Alkoholkonsums (Gewalt, Vandalismus) geleistet
werden.
Weiter soll mit entsprechenden Massnahmen der unbestritten gesundheitsschädigenden
Wirkung des Passivrauchens wirksam begegnet werden. Der Kanton Aargau ist nicht der
einzige Kanton, der sich mit der Thematik des Passivrauchens befasst. Mehrere Kantone
(Appenzell Ausserrhoden, Genf, Graubünden, Solothurn, Tessin, Waadt) haben ein
generelles Rauchverbot in öffentlichen Räumen sowie der Gastronomie bereits eingeführt. In
den meisten anderen Kantonen ist das Rauchen jedoch in abgetrennten Raucherräumen
erlaubt. Einzig der Kanton Genf kennt diese Ausnahme nicht. Alle übrigen Kantone, mit
Ausnahme des Kantons Appenzell Innerrhoden, befinden sich in Bezug auf den
Passivrauchschutz ebenfalls in gesetzgeberischen Revisionsarbeiten beziehungsweise
diskutieren entsprechende Massnahmen.
Auch auf Bundesebene – initiiert durch die (04.476) parlamentarische Initiative Gutzwiller
vom 8. Oktober 2004 – ist man daran, den Passivrauchschutz gesamtschweizerisch zu
regeln. So haben die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit der beiden
Kammern in der Folge einen Gesetzesentwurf erarbeitet. Vorgesehen war ein allgemeines
Rauchverbot in geschlossenen öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Räumen (inklusive
Gastronomiebetriebe), mit der Möglichkeit, geschlossene, ausreichend belüftete und
besonders gekennzeichnete Raucherräume einzurichten, sofern darin keine
Arbeitnehmenden beschäftigt werden. Die Stossrichtung der Vorlage entsprach den
- 17 -
zahlreichen aktuellen Bestrebungen in den Kantonen und den verstärkten Forderungen der
Bevölkerung nach rauchfreien Arbeitsplätzen. Der Bundesrat hat am 22. August 2007 den
Gesetzesentwurf zum Schutz vor Passivrauchen unterstützt. Der Nationalrat verabschiedete
am 4. Oktober 2007 in der Folge eine ganze Reihe von Minderheitsanträgen, die in die von
GastroSuisse vorgeschlagene Richtung gehen und der im Kanton Aargau in die
Vernehmlassung gegebenen Variante 2 entsprechen. Am 4. März 2008 sprach sich der
Ständerat jedoch gegen Ausnahmen aus und stimmte der ursprünglichen Version der
Gesetzesvorlage zu, die keine Bewilligungen für Raucherbetriebe vorsieht. Erlaubt sollen
lediglich abgetrennte Raucherräume sein, in denen ausnahmsweise Arbeitnehmende mit
deren ausdrücklicher Zustimmung beschäftigt werden dürfen. Die Vorlage geht nun zurück
an den Nationalrat und wird dort voraussichtlich in der Sommersession 2008 erneut
behandelt.
Auch im Kanton Aargau sind Aktivitäten in Bezug auf den Passivrauchschutz bekannt. Indem
GastroAargau auf freiwilliger Basis die durch Gastro St. Gallen im Jahr 2005 lancierte
Kampagne "rauchfrei geniessen" seinen Gastronomiebetrieben zur Umsetzung empfohlen
hat, wurde im Kanton Aargau bereits ein Schritt in Richtung Passivrauchschutz in der
Gastronomie unternommen. Die Forderungen interessierter Kreise gehen jedoch klar weiter.
So hat die Lungenliga Aargau die Lancierung einer Initiative für den Fall angekündigt, falls
die Revision des Gesundheitsgesetzes zu wenig Schutz vor dem Passivrauchen bringt. Die
Hauptforderung der angekündigten Initiative ist ein Rauchverbot für geschlossene öffentliche
Räume, wie in Gebäuden der öffentlichen Verwaltung, in Spitälern, Heimen, Kultur- und
Sportstätten, Schulen, Kindergärten und anderen Bildungsstätten und in allen Bereichen der
Gastronomie. Eine Ausnahme vom generellen Rauchverbot würde für getrennte und
entsprechend gekennzeichnete Räume mit ausreichender Belüftung gelten. Demgegenüber
wurde im Juli 2007 eine Initiative "gegen Rauchverbote in privaten Räumen" lanciert. Die
Initiative verlangt, dass in der Kantonsverfassung aufgenommen wird, dass in Räumen,
welche sich im Eigentum von Privatpersonen befinden, das Rauchen nicht mehr verboten
werden darf. Die durch Grossrätin Lilian Studer eingereichte (04.290) Motion vom
2. November 2004 betreffend rauchfreie öffentliche Räume zum Schutz der Bevölkerung vor
Passivrauchen wurde vom Regierungsrat als Postulat mit der Verpflichtung
entgegengenommen, die darin formulierten Anliegen bei der Revision des
Gesundheitsgesetzes zu berücksichtigen.
2.2.4 Versorgungssicherheit
Währenddem die Versorgung im stationären Bereich (Spitäler und Pflegeeinrichtungen)
durch das Spitalgesetz sowie das Pflegegesetz sichergestellt ist, enthält das
Gesundheitsgesetz Massnahmen, die der Sicherstellung der medizinischen Versorgung im
ambulanten Bereich dienen. Dazu gehören in erster Linie die generelle Beistandspflicht
sowie die Notfalldienstpflicht der Medizinalpersonen, welche bereits im geltenden Recht
verankert sind. Im Gegensatz zum stationären Bereich unterliegt das ambulante Angebot
jedoch grundsätzlich den Mechanismen des Markts (vgl. dazu Strategie 11 der GGpl). Der
Bund hat allerdings
mit seiner Verordnung über die Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur
Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vom 3. Juli 2002
(SR 832.103) Massnahmen getroffen, um auf die Zunahme ambulanter Leistungserbringer
- 18 -
steuernd einzuwirken. Diese Massnahmen sind bis zum 3. Juli 2008 befristet. Zurzeit laufen
beim Bund die Diskussionen über eine allfällige Verlängerung dieser Massnahmen.
- 19 -
Mit den Strategien 11–14 der GGpl (vgl. Ziffer 1.2.3) wurde zum Ausdruck gebracht, dass
 der Kanton im Rahmen des von der Krankenversicherungsgesetzgebung ermöglichten
Spielraums dazu beiträgt, dass für die Aargauer Bevölkerung eine flächendeckende und
kostengünstige Versorgung gewährleistet ist (Strategie 11 GGpl);
 ambulante Leistungen primär durch privaten Leistungserbringer und nur ergänzend durch
stationäre Leistungserbringer erbracht werden sollen (Strategie 12 GGpl);
 der Kanton für die Gewährleistung der Notfallversorgung sorgt und der zunehmenden
Beanspruchung der öffentlichen Notfallstationen mit Bagatellfällen mit geeigneten
Massnahmen begegnet (Strategie 13 GGpl);
 der Kanton auf der Grundlage der heutigen Strukturen eine flächendeckende
rettungsdienstliche Versorgung gewährleistet (Strategie 14 GGpl).
Insgesamt kann festgestellt werden, dass das ambulante Angebot im Kanton Aargau zurzeit
sehr gut ist und keine eigentlichen Versorgungslücken aufweist. Andererseits gibt es wie in
anderen Kantonen auch im Kanton Aargau gewisse Anzeichen dafür, dass die ärztliche
Grundversorgung durch die Hausärztinnen und Hausärzte zurückgeht. So bereitet es
offenbar Mühe, Nachfolger für die Übernahme einer Hausarztpraxis zu finden. Gründe dafür
sind unter anderem die hohe zeitliche Beanspruchung, die Notfalldienstpflicht sowie die
finanzielle Schlechterstellung gegenüber den ärztlichen Spezialdisziplinen.
Gesetzliche Grundlagen zur Koordination der verschiedenen Dienste, insbesondere
zwischen der ambulanten und der stationären Notfallversorgung, fehlen vollständig.
2.2.5 Suizidhilfe
Seit mehreren Jahren sind die Tätigkeiten von Suizidhilfeorganisationen, insbesondere die
Suizidhilfe an Personen aus dem Ausland (so genannter "Sterbetourismus"), Gegenstand
gesellschaftlicher Diskussionen. Im Februar 2003 wurde einem im Kanton Aargau tätigen
Arzt, der zuhanden der Sterbehilfeorganisation Dignitas Natrium-Pentobarbital (NaP)
rezeptierte, die Bewilligung zur selbstständigen Berufsausübung eingeschränkt. Dieser
Entscheid wurde vom Verwaltungsgericht im Januar 2005 vollumfänglich bestätigt. Seither
wird das von Dignitas gemietete Haus in Reinach, wo insbesondere ausländische
sterbewillige Personen in den Tod begleitet wurden, nicht mehr für die Suizidhilfe genutzt.
Seither konzentrieren sich die Aktivitäten von Dignitas primär auf den Kanton Zürich.
Behördliche Massnahmen baurechtlicher Natur (zum Beispiel Verbot zur Nutzung von
Liegenschaften für die Sterbehilfe) zeigten nur bedingt Wirkung und führten dazu, dass
Dignitas auf andere Möglichkeiten auszuweichen begann (zum Beispiel Suizidhilfe in
Fahrzeugen). Diese Ereignisse fanden eine entsprechend grosse Aufmerksamkeit in den
Medien. Nachdem der Kanton Zürich – analog dem Vorgehen im Kanton Aargau –
aufsichtsrechtlich gegen die das Natrium-Pentobarbital (NaP) verschreibenden Ärzte
vorgegangen ist, wurden neue Methoden der Dignitas bekannt (Suizidhilfe mit Helium), die
wiederum ein entsprechendes Echo in den Medien auslösten.
Auf Bundesebene besteht seit einiger Zeit eine Kontroverse zwischen dem Bundesrat, der
eine gesetzliche Regelung im Bereich der Aufsicht über Sterbehilfeorganisationen ablehnt
(vgl. dazu den Bericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 24. April
2006 "Sterbehilfe und Palliativmedizin – Handlungsbedarf für den Bund?"), und dem
- 20 -
Parlament, das sich bei der Behandlung von parlamentarischen Vorstössen für eine
Regelung ausgesprochen hat. Aktuell sind mehrere parlamentarische Vorstösse hängig, von
denen einzelne demnächst in der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats zur
Behandlung kommen sollten. Inhaltlich streben diese Vorstösse eine bundesgesetzliche
Regelung der Suizidhilfe an (insbesondere Aufsicht über Sterbehilfeorganisationen;
Vermeidung von Suizidhilfetourismus; Änderung von Art. 115 Strafgesetzbuch [StGB], womit
Suizidhilfe an Personen aus dem Ausland nicht mehr zulässig wäre). In zwei Kantonen
(Aargau und Zürich) sind Standesinitiativen hängig, welche ebenfalls eine Anpassung von
Art. 115 StGB (SR 311.0) im eben erwähnten Sinne fordern.
Auch im Kanton Aargau führte die Aktualität des Themas zu verschiedenen
parlamentarischen Vorstössen (vgl. dazu Ziffer 2.1.4).
2.2.6 Medikamentenabgabe
Das traditionelle Medikamentenabgabeverbot (Selbstdispensationsverbot, SD-Verbot) im
Kanton Aargau, welches früher von den beiden betroffenen Berufsverbänden (Ärzteverband
und Apothekerverband) mitgetragen wurde, ist im Verlauf des letzten Jahrzehnts wieder
zunehmend zum Thema geworden. Als Folge des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks auf
alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen ist das Interesse am Medikamentenmarkt sehr
gross. Während die Apothekerinnen und Apotheker auf die konsequente Durchsetzung des
SD-Verbots drängen, verlangen die Ärztinnen und Ärzte eine Liberalisierung.
Hinter dem SD-Verbot steht vor allem das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines
dichten Apothekennetzes, um eine niederschwellige und gute medizinischen Versorgung der
Bevölkerung mit Medikamenten sicherzustellen. Die öffentliche Apotheke ist bezüglich
Beratung und Medikamentensortiment gegenüber der ärztlichen Privatapotheke im Vorteil
und nimmt aufgrund der besonderen fachlichen Ausbildung der Apothekerinnen und
Apotheker eine wichtige Beratungs- und Triagefunktion wahr. Sie fungiert als erste
Anlaufstelle bei Erkrankungen oder Bagatellunfällen und kann – soweit die Patientin oder der
Patient nicht an die Ärztin oder den Arzt überwiesen werden muss – nicht rezeptpflichtige
Medikamente abgeben, ohne dadurch die Krankenversicherung zu belasten. Zudem wird
getreu dem Grundsatz "Wer rezeptiert, dispensiert nicht", die Gefahr reduziert, dass aus
wirtschaftlichen Gründen der Patientin oder dem Patienten mehr abgegeben wird, als
notwendig oder indiziert ist. Die Apotheken erfüllen die ihnen im Gesundheitswesen
zukommenden wichtigen Funktionen nur, wenn sie regional breit gestreut und in
ausreichender Zahl vorhanden sind. Die bei einer Freigabe der Medikamentenabgabe
entstehende Konkurrenz zwischen Ärztinnen und Ärzten beziehungsweise Apothekerinnen
und Apothekern gefährdet das Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit Apotheken.
Insoweit liegt die Beschränkung der Selbstdispensation im öffentlichen Interesse. Die
Beibehaltung eines dichten Apothekennetzes entspringt einem legitimen – und mit der
Wirtschaftsfreiheit vereinbaren – sozialpolitischen Zweck (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts
vom 27. Juni 2000 i.S. F.; AGVE 2001 S. 127 ff.). Das Selbstdispensationsverbot stärkt
allerdings nicht nur die öffentlichen Apotheken im Aargau, sondern gleichzeitig auch den
Versandhandel durch (vor allem ausserkantonale) Apotheken (vgl. Art. 27 HMG), weil der
Bedarf nach Versandhandel bei einem System, wo auch Ärztinnen und Ärzte Medikamente
abgeben dürfen, aus nahe liegenden Gründen weitaus geringer ist.
- 21 -
Die Frage, ob das System des SD-Verbots oder das System der SD-Freigabe das
wirtschaftlich günstigere sei, ist bis heute kontrovers. Dies hängt vor allem damit zusammen,
dass die Medikamentenkosten massgeblich durch gesundheitsökonomische Variablen (zum
Beispiel Ärztedichte) sowie soziökonomische Faktoren (zum Beispiel Alterstruktur)
beeinflusst werden. Ein blosser Vergleich der Höhe der Medikamentenkosten in Kantonen
mit und ohne Selbstdispensation lässt daher keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.
Immerhin zeigt die neuste Studie aus dem Jahr 2004 auf, dass ein System des SD-Verbots
weniger Medikamentenkosten generiert. Bei einer umfassenden ökonomischen Beurteilung
reicht es zudem nicht aus, danach zu fragen, welches System für sich genommen das
kostengünstigere sei. Vielmehr sind auch die mit einem allfälligen Systemwechsel (Wechsel
von SD-Verbot zu
SD-Freigabe) verbundenen "Folgekosten" zu berücksichtigen. Hierzu schlüssige Aussagen
zu machen ist mangels Erfahrungswerten schwierig. Angesichts der Tatsache, dass das
Gesundheitswesen angebotsorientiert funktioniert, ist jedoch tendenziell eine
Mengenausweitung zu befürchten, wenn zu den bestehenden ca. 120 öffentlichen
Apotheken auch Arztpraxen als Medikamentenverkaufsstellen ("Privatapotheken")
hinzukommen würden. Zurzeit hat es im Kanton Aargau rund 800 Arztpraxen.
Das KVG enthält Bestimmungen, die in Richtung der Aargauer Regelung gehen (Art. 37
KVG). Auch die Gerichte (Verwaltungsgericht, Bundesgericht) haben die Aargauer Regelung
bis anhin immer klar geschützt.
Ein Vergleich der Situation in den einzelnen Kantonen präsentiert sich wie folgt:
 SD-Verbot:
 SD-Freigabe:
 Mischsystem:
Aargau; Basel-Stadt, Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, Tessin,
Waadt, Wallis
Basel-Landschaft, Solothurn, Appenzell Innerrhoden, Appenzell
Ausserrhoden, Glarus, Luzern, Obwalden, Nidwalden, St. Gallen,
Schwyz, Thurgau, Uri, Zug
Bern, Graubünden, Schaffhausen, Zürich
Die santésuisse hat sich in einem Positionspapier vom Mai 2004 nicht klar für das eine oder
andere System ausgesprochen. Tendenziell werden dem SD-Verbot jedoch Vorteile
zugestanden. Befürwortet wird ein wettbewerblich organisiertes Gesundheitswesen, weshalb
die Bevorzugung des einen oder anderen Vertriebskanals als nicht adäquat angesehen wird.
Die SD-Freigabe wird nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern es wird gefordert, dass die
Medikamentenabgabe durch Ärztinnen und Ärzte an klare Auflagen geknüpft werde
(Öffnungszeiten der Arztpraxen, Sortimentsbreite, Weitergabe von Vergünstigungen,
Qualitätssicherung, Förderung der Generikaabgabe, Sicherstellung der
Patientenwahlfreiheit).
Der Bundesrat hat in einer Interpellationsbeantwortung vom 21. Mai 2003 festgehalten, der
Vertriebskanal über die Apotheken (SD-Verbot) sei mit Blick auf das Ziel der
Kosteneinsparung zu bevorzugen.
In Europa gilt im Übrigen fast ausnahmslos das System des Selbstdispensationsverbots. Ein
System, wo Ärzte Medikamente abgeben, stellt somit eine schweizerische Eigenheit dar. Ein
Bericht von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Organisation für wirtschaftliche
- 22 -
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2006 empfiehlt der Schweiz
aufgrund internationaler Erfahrungen ein Verbot der Selbstdispensation.
3.
Ergebnisse der Vernehmlassung und daraus resultierende
Umsetzungsvorschläge
3.1
Allgemeines
Die Vernehmlassungsfrist dauerte vom 14. September 2007 bis zum 14. Dezember 2007.
Neben dem Vernehmlassungsbegleitbericht und dem Gesetzestext wurde ebenfalls ein
Fragebogen in die Vernehmlassung gegeben, der die wichtigsten Themen aus dem
Gesundheitsgesetz abbildete. Insgesamt wurden ca. 500 Adressatinnen und Adressaten
angeschrieben, darunter insbesondere die Parteien, die Gemeinden, Berufsverbände im
Gesundheitswesen, Organisationen und Institutionen im Bereich der Gesundheitsvorsorge.
Von den Parteien haben sich die CVP, die EVP, die FDP, die Grünen, die SP sowie die SVP
geäussert. Von den angeschriebenen 229 Gemeinden haben sich 133 geäussert, wobei sich
davon rund die Hälfte der Vernehmlassung eines Verbands (zum Beispiel Aargauischer
Gemeindeschreiberverband, Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau)
angeschlossen hat. Von den Berufsverbänden im Gesundheitswesen sind zahlreiche
Vernehmlassungen, insbesondere zum vorgesehenen Wechsel im Berufszulassungssystem,
eingegangen.
Insgesamt sind mehr als 200 Vernehmlassungen eingetroffen. Zahlreiche Vorschläge und
Anregungen der Vernehmlassenden wurden in der Überarbeitung berücksichtigt. 2/3 der
Vernehmlassenden findet das neue Gesundheitsgesetz gut. Insbesondere die neuen
Massnahmen im Bereich der Gesundheitsvorsorge wie Alkohol- und Tabakprävention sowie
Passivrauchschutz werden begrüsst.
3.2
Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden
Den Vorschlägen für eine Aufgabenteilung zwischen dem Kanton und den Gemeinden
wurden von allen Parteien mit vereinzelten Vorbehalten zugestimmt. Bei den Gemeinden
stiessen sie dagegen mehrheitlich auf Ablehnung. Kritisiert wurden im Wesentlichen die
folgenden Punkte:
 Aufgabe der Gemeinden zur Unterstützung des Kantons bei der Erhebung von
Gesundheitsdaten;
 Verantwortung der Gemeinden für Einrichtungen der Überlebenshilfe, Tagesstrukturen
und Arbeitsprojekte im Bereich der Suchthilfe;
 Verzicht auf kantonale Vorgaben für den in der Zuständigkeit der Gemeinden liegenden
Bereich der Mütter- und Väterberatung;
 Zuständigkeit der Gemeinden zur Durchführung von Testkäufen durch Minderjährige;
 Verzicht auf kantonale Grundzüge für das in der Zuständigkeit der Gemeinden liegende
Bestattungswesen.
- 23 -
Im Rahmen der Überarbeitung wurde den Anliegen der Gemeinden weitgehend Rechnung
getragen. Dies führte zu folgenden Anpassungen:
 In § 2 Abs. 3 GesG-E wurde die Pflicht der Gemeinden zur Unterstützung des Kantons bei
der Erhebung von Gesundheitsdaten gestrichen, nachdem in § 3 Abs. 1 lit. a GesG-E
bereits eine allgemeinen Pflicht der Gemeinden zur Unterstützung des Kantons beim
Vollzug des Gesundheitsgesetzes verankert ist.
 Gestrichen wurde auch die Verantwortung der Gemeinden, für Einrichtungen der
Überlebenshilfe, Tagesstrukturen und Arbeitsprojekte im Bereich der Suchthilfe zu sorgen
(ehemals § 36 Abs. 3). Dies deshalb, weil davon ausgegangen werden kann, dass die
Massnahmen des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes (SPG; SAR 851.200) auch für
suchtmittelabhängige Personen eine ausreichende Grundlage bieten.
 Im Bereich Mütter- und Väterberatung wurde – entsprechend dem Anliegen vieler
Gemeinden – eine Ergänzung ("durch qualifiziertes Fachpersonal") aufgenommen, die
einen gewissen einheitlichen Qualitätsstandard der Mütter- und Väterberatung im
gesamten Kanton gewährleistet (vgl. § 3 Abs. 1 lit. b).
Als Gemeindeaufgabe beibehalten werden soll dagegen die Durchführung von Testkäufen
im Bereich Alkohol und Tabak (§ 37 Abs. 4). Aus dem Gesetz über das Gastgewerbe und
den Kleinhandel mit alkoholhaltigen Getränken (Gastgewerbegesetz [GGG]; SAR 970.100)
geht hervor, dass die Gemeinden bereits heute für Testkäufe im Bereich Alkohol zuständig
sind. Eine geteilte Zuständigkeit für Alkohol und Tabak erscheint nicht sinnvoll, ansonsten
sich bei der Durchführung ergebende Synergien nicht genutzt werden können. Im Übrigen
sind Testkäufe auch ein Mittel um den strafrechtlichen Vollzug der Verkaufsverbote
(Verkaufsverbot von alkoholischen Getränken an unter 16-Jährige sowie von Spirituosen an
unter 18-Jährige, Verkaufsverbot von Tabakwaren an unter 16-Jährige [vgl. § 37])
durchzusetzen und stellen daher eine verwaltungspolizeiliche Aufgaben dar, die gemäss
Gesetz über die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit vom 6. Dezember 2005
(Polizeigesetz [PolG]; SAR 531.200) und dem Dekret über die Gewährleistung der
öffentlichen Sicherheit (Polizeidekret; SAR 531.210) in die Zuständigkeit der Gemeinden
fallen (vgl. insbesondere § 4 Abs. 1 lit. a, letztes Alinea des Polizeidekrets: "Kontrolle der
gesundheitspolizeilichen Aufgaben als verwaltungspolizeiliche Aufgabe der Gemeinden").
Das neu aufgenommene Abgabeverbot alkoholischer Getränke an nicht kaufsberechtigte
Jugendliche (vgl. Ziffer 3.1.3.4) sowie der Verstoss gegen das Rauchverbot (vgl. § 55) sollen
im Vollzug ebenfalls den Gemeinden übertragen werden, da es sich auch bei diesen
Massnahmen ausschliesslich um Aufgaben handelt, die in die Kompetenz der Polizeikräfte
der Gemeinden fallen. Die übrigen Verwaltungsaufgaben im Bereich Passivrauchschutz
sollen hingegen vom Kanton wahrgenommen werden. Um den Gemeinden den Vollzug des
Abgabe- und Rauchverbots zu erleichtern, sollen Widerhandlungen gegen diese Verbote
soweit möglich im Ordnungsbussenverfahren abgewickelt werden. Die Bussenerträge
können von den Gemeinden vereinnahmt werden.
Im Bereich Bestattungswesen (§ 48) wurde – ebenfalls auf Wunsch der Gemeinden – vom
Grundsatz einer konsequenten Aufgabenteilung insofern abgewichen, als der Kanton
gewisse gesundheitspolizeilich relevante Grundsätze des Bestattungswesens für das
gesamte Kantonsgebiet einheitlich zu regeln hat.
- 24 -
3.3
Liberalisierung der Berufszulassung (§§ 4–27 GesG-E)
Vorgeschlagen wurde der Wechsel vom bisher geltenden diplomorientierten Modell zum so
genannten tätigkeitsspezifischen Modell bei der Berufszulassung. Demnach sollen neu
Tätigkeiten definiert werden, welche aus gesundheitspolizeilichen Überlegungen (so
insbesondere Medizinalberufe, KVG-Berufe und Tätigkeiten mit besonderem
Gefährdungspotential) eine kantonale Bewilligung benötigen. Damit verbunden war die
grundsätzliche Freigabe von alternativen Heilmethoden, womit die Ausübung aller nicht der
Schulmedizin verpflichteten Berufe bewilligungsfrei möglich wird.
Diese Liberalisierung wurde in der Vernehmlassung unterschiedlich aufgenommen. Von den
politischen Parteien haben die SVP, die FDP und die SP zustimmend, die CVP, die Grünen
und die EVP ablehnend Stellung bezogen. Der Aargauische Ärzteverband hat dem
Vorschlag ebenfalls zugestimmt. Ablehnung geäussert haben primär die Berufsverbände im
naturheilkundlichen Sektor. Vorbehalte wurden primär in folgenden Bereichen geäussert:
 Patientensicherheit, Gefährdungspotential;
 fehlende Transparenz ohne Bewilligungs- beziehungsweise Zulassungsregelung für
Patientinnen und Patienten;
 Entwicklungen in Ausbildung und Strukturen im Bereich der so genannten
KomplementärTherapie (KT) und der so genannten AlternativMedizin (AM).
Im Rahmen der Überarbeitung wurden die Anliegen geprüft und es wurde eine Anpassung
vorgenommen. Viele der praktizierten alternativen Verfahren und Methoden sind in ihrer
Heilwirkung weder wissenschaftlich erforscht, belegt noch erfassbar. Dies erschwert die für
eine reglementierte staatliche Zulassung zu umschreibenden Voraussetzungen massiv.
Ebenfalls ist die Methodenvielfalt enorm.
In Anerkennung der Bedenken und Anregungen aus der Vernehmlassung wird neu die
Tätigkeit im Bereich Komplementärmedizin dann einer Bewilligungspflicht unterstehen, wenn
der Beruf mit einem eidgenössisch anerkannten Diplom geregelt ist.
Unter Federführung des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie (BBT) hat in den
letzten Jahre eine sogenannte Koordinationskommission Komplementärtherapien und
Alternativmedizin (KoKo) unter Einbezug von Vertreterinnen und Vertretern der
Berufsverbände der Komplementärmedizin, der Schweizerischen Konferenz der kantonalen
Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), des Bundesamts für Gesundheit (BAG)
und der Swissmedic an der Schaffung von eidgenössisch anerkannten Abschlüssen in der
Komplementärmedizin gearbeitet. Es entstanden dabei zwei Projekte, je eine höhere
Fachprüfung für Komplementärtherapien und Alternativmedizin, welche mit einem
eidgenössischen Diplom abschliessen sollen. Der Bundesrat hat Mitte 2007 die
Projektarbeiten zur eidgenössischen Reglementierung und Anerkennung dieser Berufe bis
zur Volksabstimmung zur Initiative "Ja zur Komplementärmedizin" sistiert. Dies in der
Meinung, dass die Reglementierung der nichtärztlichen Alternativmedizin im Zusammenhang
mit dem Abstimmungsergebnis der Volksinitiative beurteilt werden soll.
- 25 -
Mit der nun getroffenen Lösung (§ 4 Abs. 1 lit. g GesG-E) wird zukunftsgerichtet legiferiert.
Bei Vorliegen eines eidgenössischen Diploms in einem Bereich der Komplementärmedizin
wird der Beruf beziehungsweise die Tätigkeit wie aus den Vernehmlassungsergebnissen
gewünscht einer Bewilligungspflicht unterstellt und damit gesundheitspolizeilich normiert.
Dabei sind unter der Begrifflichkeit "Komplementärmedizin" – Stand Wissen zum Zeitpunkt
der Gesetzeserarbeitung – insbesondere die sich aufgrund der Vorarbeiten in der KoKo
abzeichnenden Berufe "Komplementärtherapie" und "Alternativmedizin" zu verstehen.
Zusätzlich wird es die bewilligungsfreien Berufe und Tätigkeiten, die ausserhalb der
anerkannten Wissenschaften im Rahmen von § 4 GesG-E ohne staatliche Reglementierung
und Bewilligung frei tätig sein dürfen, geben.
Zentral und unabdingbar notwendig bei dieser Regelung ist eine umfassende und konstante
Information der Bevölkerung über das tätigkeitsspezifische System, die Zulassungen sowie
die Eigenverantwortung jeder Patientin beziehungsweise jedes Patienten. Diese müssen
wissen, welche Berufe bewilligungspflichtig sind und damit indirekt mit einer gewissen
„staatlichen Qualitätsgarantie“ verbunden sind und welche Tätigkeiten und Berufe ohne
staatliche Kontrolle frei ausgeübt werden. Ebenso unabdingbar mit dieser Regelung
verbunden sind eine Stärkung der Aufsicht und ein adäquates Sanktionensystem.
Diese Lösung steht auch im Einklang mit den Empfehlungen der GDK vom November 2000
und wird in anderen Kantonen zum Teil bereits seit einigen Jahren gelebt. In diesen
Kantonen wird seit Einführung keine Zunahme von Gesundheitsgefährdungen etc.
festgestellt.
3.4
Massnahmen der Gesundheitsvorsorge und Jugendschutz
3.4.1 Werbung im Bereich Tabak und Alkohol (§ 37 Abs. 1 GesG-E)
Die Vernehmlassungen zu den vorgeschlagenen Werbeeinschränkungen in den Bereichen
Tabak (Werbeverbot auf öffentlichem Grund beziehungsweise auf privatem, einsehbarem
Grund) und Alkohol (nur produktebezogene Werbung) fielen unterschiedlich aus. Eine
grosse Mehrheit, so auch alle Parteien, hat sich für ein Werbeverbot für Tabakwaren
ausgesprochen. Im Bereich Alkohol wurde die vorgeschlagene Werbeeinschränkung
dagegen eher abgelehnt (so zum Beispiel von FDP und SVP). Von bürgerlicher Seite wurde
eingebracht, dass die vorgeschlagenen Regelungen stark in die Wirtschaftsfreiheit eingreifen
würden. Einige Befürworter (unter anderem SP, EVP und Grüne) forderten demgegenüber
ein totales Werbeverbot sowohl im Bereich Tabak als auch für Alkohol. Vorbehalte wurden
vor allem in Bezug auf die offenen Formulierungen und die daraus resultierenden grossen
Entscheidungsspielräume der Verwaltungsbehörden geäussert. Es wurde auch die
Vollzugstauglichkeit der vorgeschlagenen Massnahmen in Frage gestellt. Mehrere
Vernehmlasser sprachen sich für eine Angleichung der Regelungen für Alkohol und
Tabakwaren aus. Vereinzelt wurde im Bereich Alkohol eine Differenzierung zwischen
Spirituosen und niederprozentigen alkoholischen Getränken gefordert.
Mit einem neuen Vorschlag wird den in der Vernehmlassung geäusserten Bedenken
Rechnung getragen. Der überarbeitete Vorschlag sieht ein Verbot für grossflächige Werbung
für Tabakwaren und alkoholische Getränke wie beispielsweise Plakat-, Kino- oder
Bandenwerbung vor. Dies führt zu einer einheitlichen Regelung mit grösserem
Bestimmtheitsgrad und somit zu einer Vereinfachung im Vollzug. Der Forderung, nur
- 26 -
Spirituosen einer Werbeeinschränkung zu unterstellen, konnte nicht entsprochen werden,
weil die gesundheitliche Gefährdung grundsätzlich nicht von der Herstellungsweise abhängig
ist, sondern ausschliesslich von der Menge des Konsums in Relation zum Alter und zum
Körpergewicht. Ziel der Werberestriktion ist es, dass Jugendliche generell nicht zum
Alkoholkonsum veranlasst werden (Jugendschutz). Ein totales Werbeverbot wird hingegen
als ein zu weitgehender Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit beurteilt und deshalb abgelehnt.
3.4.2 Verkaufsverbot von Tabakwaren an unter 16-Jährige (inklusive Automaten; § 37
Abs. 2 und 3 GesG-E)
Der Vorschlag für ein Verkaufsverbot von Tabakwaren an Jugendliche unter 16 Jahren
(inklusive Automaten) fand grossmehrheitlich Zustimmung (so auch alle Parteien). Von
verschiedener Seite wurde allerdings die Forderung nach einer Erhöhung der Alterslimite auf
18 Jahren gestellt (zum Beispiel EVP). Vereinzelt wurde zudem ein generelles Verbot von
Automaten verlangt.
Am vorgeschlagenen Verkaufsverbot soll daher festgehalten werden. Aufgrund des klaren
Vernehmlassungsresultats soll die Altersgrenze von 16 Jahren beibehalten werden.
In Bezug auf den Verkauf von Tabakwaren durch Automaten wurde in der Vernehmlassung
vor allem eingewendet, eine zuverlässige technische Umrüstung der Automaten sei nicht
möglich, so dass nicht gewährleistet werden könne, dass Jugendliche keine Tabakwaren
mehr durch Automaten beziehen würden, weshalb der Verkauf durch Automaten gänzlich zu
verbieten sei. Dies widerspricht jedoch den Erfahrungen in verschiedenen anderen
Kantonen. So sind in den Kantonen Graubünden, Luzern und Waadt seit diesem Jahr
gleichlautende Verkaufseinschränkungen bereits in Kraft, wobei der Vollzug (Bezug nur mit
Jetons) problemlos verläuft. Auch um nicht zu stark in die Wirtschaftsfreiheit einzugreifen,
wird am Vernehmlassungsvorschlag festgehalten.
3.4.3 Testkäufe im Bereich Tabak und Alkohol (§ 37 Abs. 4 GesG-E)
Der Vorschlag zur Durchführung von Testkäufen im Bereich Alkohol und Tabak fand
mehrheitlich Zustimmung. Es gab hierzu vereinzelte Vorbehalte grundsätzlicher Natur (FDP,
Grüne). Kritisiert wurde dabei vor allem der Einsatz von Jugendlichen und die Förderung des
Denunziantentums als Folge dieser Regelung. Des Weiteren wurde auch die Forderung
nach kantonalen Rahmenbedingungen für die Durchführung von Testkäufen gestellt (zum
Beispiel SVP).
Aufgrund dieses Resultats wird sowohl an Testkäufen im Bereich Alkohol als auch im
Bereich Tabak festgehalten. Um den oben erwähnten Vorbehalten Rechnung zu tragen, eine
gewisse Einheitlichkeit und Qualität in der Durchführung herbeizuführen und eine möglichst
grosse Gleichbehandlung der getesteten Verkaufsstellen zu gewährleisten erlässt der
Regierungsrat dazu Ausführungsbestimmungen auf Verordnungsstufe.
- 27 -
3.4.4 Abgabeverbot von alkoholischen Getränken an nicht kaufsberechtigte
Jugendliche (§ 37 Abs. 5 GesG-E)
Einzelne Vernehmlasser (zum Beispiel EVP, Gemeinden, Blaues Kreuz, Aargauische
Stiftung Suchthilfe) forderten als zusätzliche Massnahme ein Verbot der Weitergabe von
Alkohol und Tabakwaren an nicht kaufsberechtigte Jugendliche. Die (07.204) Motion Adrian
Schoch vom 28. August 2007 betreffend Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, um die
Weitergabe von alkoholischen Getränken an Jugendliche zu unterbinden, zielt in die gleiche
Richtung.
Nach geltendem Recht ist der Verkauf von alkoholischen Getränken an Jugendliche unter
16 Jahren sowie der Verkauf von Spirituosen an unter 18-Jährige zwar verboten. Kauft eine
ältere Person legal Alkohol und gibt diesen im Anschluss an nicht kaufsberechtigte
Jugendliche ab, können die Bestimmungen zum Schutz der betroffenen Jugendlichen jedoch
umgangen werden.
Um Gewaltexzesse zu verhindern und eine möglichst umfassende Prävention zu
gewährleisten, wird der Forderung nach einer gesetzlichen Regelung Rechnung getragen.
Indem eine weitverbreitete Umgehungshandlung verboten wird, soll ausserdem ein
konsequenter Vollzug der Verkaufsverbote herbeigeführt werden. Ziel ist es auch, die
Motivation des Verkaufspersonals zu stärken, damit diese die bestehenden Verkaufsverbote
tatsächlich umsetzen. Im neuen Gesundheitsgesetz soll daher die Abgabe von alkoholischen
Getränken an unter 16-Jährige sowie die Abgabe von Spirituosen an unter 18-Jährige
verboten werden (vgl. dazu auch die Ausführungen zur begrifflichen Definition unter Kapitel 4
zu § 37 Abs. 5). Da die Gewaltausübung insbesondere mit dem Alkoholkonsum in
Zusammenhang steht, soll auf eine entsprechende Regelung im Bereich Tabak verzichtet
werden.
3.4.5 Passivrauchschutz (§ 38 GesG-E)
Im Kanton Aargau wurden im Bereich Passivrauchschutz zwei Varianten (1 und 2)* in die
Vernehmlassung gegeben. Beide sehen ein generelles Rauchverbot in öffentlich
zugänglichen Räumen vor. Eine Ausnahme vom Verbot gilt in abgetrennten, genügend
belüfteten und besonders gekennzeichneten Räumen. Variante 2 sieht im Bereich
Gastronomie eine weitere Ausnahme vor: Auf Bewilligung hin soll das Führen von
Raucherbetrieben möglich sein, wenn eine räumliche Trennung von Raucher- und
Nichtraucherräumen nicht möglich oder zumutbar ist. Mit Ausnahme der Regelung im
Bereich Arbeitsschutz entspricht die in die Vernehmlassung gegebene Variante 1
grundsätzlich dem ständerätlichen Vorschlag vom 4. März 2008, die Variante 2 dem
Vorschlag des Nationalrats vom 4. Oktober 2007.
Von den politischen Parteien haben sich die SP, die CVP, die Grünen und die EVP für die
Variante 1 ausgesprochen. Die FDP bevorzugt (aufgrund der damals im Ständerat
beschlossenen Fassung) die Variante 2. Die SVP spricht sich für eine offene Lösung der
Selbstverantwortung aus. Bei den Gemeinden und bei den verschiedenen Verbänden ist
eine Mehrheit für die Variante 1. GastroAargau, die Aargauische Industrie- und
Handelskammer und die Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau sprachen
sich für Variante 2, insbesondere aber für eine gesamtschweizerische Regelung aus.
- 28 -
Verschärfend wurde die Forderung gestellt, dass im Interesse des Arbeitnehmerschutzes in
der Gastronomie nur unbediente Raucherräume zulässig sein sollen (unter anderem SP,
EVP, Lungenliga Aargau, Krebsliga Aargau, vpod aargau).
Aufgrund der Vernehmlassung und angesichts der Tatsache, dass im Moment noch nicht
feststeht, in welche Richtung eine Bundeslösung zielen wird, auf welchen Zeitpunkt die
Inkraftsetzung einer solchen zu erwarten ist und ob einer weitergehenden kantonalen
Regelung neben dem Bundesgesetz noch selbstständige Bedeutung zukommen wird, soll
vorderhand an den beiden vorgeschlagenen Varianten festgehalten werden. Im Hinblick auf
die 2. Beratung sollte die Stossrichtung beim Bund bekannt sein.
* Die Benennung der beiden Varianten als "Variante 1" und "Variante 2" bedeutet keine Priorisierung von Variante 1.
3.5
Versorgungssicherheit (§§ 39–41 GesG-E)
Das Kapitel Versorgungssicherheit für den ambulanten Bereich enthielt im Wesentlichen
folgende Vorschläge:
 Sicherstellung des ambulanten Notfalldiensts durch eine Notfalldienstpflicht der
Medizinalberufe; Organisation des ambulanten Notfalldiensts durch die Berufsverbände;
 Massnahmen zur Koordination zwischen dem ambulanten und stationären Notfalldienst;
 Koordination der sanitätsdienstlichen Transporte durch die kantonale Notrufzentrale;
 Massnahmen zur Förderung der ärztlichen Grundversorgung.
Diese Vorschläge fanden in der Vernehmlassung eine recht breite Zustimmung.
Forderungen unter anderem auch von politischen Parteien (CVP, FDP, Grüne) zielen darauf
ab, die Massnahmen zur Förderung der ärztlichen Grundversorgung zu verstärken, um der
sich abzeichnenden Entwicklung (Rückgang der Hausarztpraxen) wirksam begegnen zu
können (gesetzliche Pflicht zum Einsatz finanzieller Mittel, so zum Beispiel entgeltlicher
Leistungsauftrag an den Aargauischen Ärzteverband für die Organisation des Notfalldiensts;
Übernahme von erfolglos betriebenen Honorarforderungen aus der Notfalldiensttätigkeit).
Die Absichten des Regierungsrats gehen in die gleiche Richtung. Allerdings möchte der
Regierungsrat keine gesetzliche Verpflichtung zum Einsatz finanzieller Mittel zur Förderung
der Grundversorgung, sondern eine Kann-Formulierung, um bei allfälligen Veränderungen
der Verhältnisse einen entsprechenden Handlungsspielraum zu haben.
3.6
Suizidhilfe
Mit der Vernehmlassungsfassung wurde aufgrund der damaligen aktuellen Beurteilung
vorgeschlagen, auf Bestimmungen zur Suizidhilfe – zumindest für den Moment – zu
verzichten. Was allfällige Regelungen bezüglich Aufsicht über Suizidhilfeorganisationen
betraf, wollte man die Entwicklungen auf Bundesebene abwarten. Hingegen wurde mittels
Fremdänderung in der Strafprozessordnung eine Rechtsgrundlage für die Überwälzung der
strafprozessualen Untersuchungskosten auf Sterbehelfende geschaffen.
Auf den vorgeschlagenen Verzicht auf eine kantonale Regelung der Suizidhilfe im GesG-E
reagierten drei Parteien (SVP, FDP, EVP) mit der Forderung nach einer gesetzlichen
Regelung. Dies zum Teil mit dem Hinweis auf eine fehlende Bundesregelung und die
Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit. Die SVP erachtete eine vernünftige und klare
- 29 -
Regelung als erforderlich, während die FDP eine Bewilligungspflicht für
Sterbehilfeorganisationen anregte. Die EVP bevorzugte ein Verbot der Suizidhilfe. Die
Bezirksamtmännerkonferenz wünscht einlässliche Vorschriften (zum Beispiel
Bewilligungspflicht für Suizidhilfeorganisationen; Verabreichung der letalen Medikation nur
durch und unter Aufsicht einer Medizinalperson) für den gesamten Bereich der Suizidhilfe.
Im Rahmen der Überarbeitung wurden diese Anliegen im Zusammenhang mit den
tatsächlichen Entwicklungen im Kanton Aargau und den aktuellen politischen Bestrebungen
auf Bundesebene geprüft. Der Regierungsrat ist nach wie vor der Meinung, dass ein
eigentlicher Handlungsbedarf für eine Regelung der Suizidhilfe aufgrund der bereits
bestehenden Instrumente und der aktuellen Entwicklung nicht bestehe (vgl. Stellungnahme
des Regierungsrats vom 26. März 2008 zur [07.303] Standesinitiative der EVP-Fraktion
betreffend Änderung von Art. 115 StGB zwecks Verhinderung des Sterbetourismus).
Seit 2005 findet im Kanton Aargau kein ausländischer Suizidhilfetourismus mehr statt.
Aktuell sind beim Bund mehrere parlamentarische Vorstösse hängig, die demnächst in der
Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats zur Behandlung kommen sollten. Inhaltlich
streben diese Vorstösse eine bundesgesetzliche Regelung der Suizidhilfe an (insbesondere
Aufsicht; Vermeidung interkantonaler Suizidhilfetourismus; Änderung von Art. 115 StGB,
womit Suizidhilfe an Personen aus dem Ausland nicht mehr zulässig wäre). Im kantonalen
Verfahren befinden sich zwei Standesinitiativen (Aargau und Zürich), welche ebenfalls eine
Anpassung von Art. 115 StGB im eben erwähnten Sinne fordern. In dieser Ausgangslage
werden vorerst die weiteren Entwicklungen auf Bundesebene abgewartet.
Die vorgeschlagene Fremdänderung der aargauischen Strafprozessordnung (StPO)
bezüglich der Kostenauflage an Suizidhelfende (neuer § 139 Abs. 3bis) gab in der
Vernehmlassung zu keinen Diskussionen Anlass und wird somit unterstützt. Mit Blick auf die
neue eidgenössische Strafprozessordnung (voraussichtliches Inkrafttreten: 1. Januar 2010)
besteht hierzu allerdings noch Abstimmungsbedarf.
3.7
Medikamentenabgabe (§ 45 GesG-E)
Der Vorschlag, die bisherige Regelung im Bereich der Medikamentenabgabe unverändert
weiterzuführen, stiess auf grossmehrheitliche Zustimmung. Damit befürwortet eine
überwiegende Mehrheit die Weiterführung des Systems, wonach Ärztinnen und Ärzte (mit
kleineren Ausnahmen wie zum Beispiel im Notfall) grundsätzlich zu rezeptieren haben und
die Medikamentenabgabe primär durch die öffentlichen Apotheken erfolgt. Lediglich
vereinzelte Vernehmlassende sowie der Aargauische Ärzteverband fordern die Freigabe der
Medikamentenabgabe. Als Begründung wird im Wesentlichen die Freiheit der Patientin
beziehungsweise des Patienten bei der Wahl der Medikamentenabgabestelle sowie der
Verzicht auf einen Standesschutz der Apotheken angeführt.
Aufgrund dieser deutlichen Rückmeldung aus der Vernehmlassung wird aus den bereits
einlässlich dargelegten Gründen (vgl. Ziffer 2.2.6) am bisherigen System des
grundsätzlichen Selbstdispensationsverbots festgehalten.
- 30 -
3.8
Weitere Vernehmlassungsergebnisse
Die Grünen fordern mit ihrer Vernehmlassung die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen
für so genannte Gesundheitsstützpunkte und nehmen dabei Bezug auf die als Postulat
überwiesene (02.184) Motion Geri Müller vom 4. Juni 2002, welche bei dieser Gelegenheit
umgesetzt werden könnte. Gesundheitsstützpunkte werden definiert als "niederschwellige,
interdisziplinäre Anlaufstellen mit einer Konzentration von Fachwissen und -erfahrung in
verschiedenen Gesundheitsbereichen, wo in einem 24-Stunden-Dienst unter anderem
Pflegende (Spitex, Spitin), Suchtberatung, Elternberatung, Ärztinnen und Ärzte,
Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, Apothekerinnen und Apotheker,
Sozialarbeitende etc. arbeiten". Gesundheitsstützpunkte sollen in bestehende Strukturen
(Arztpraxis, Pflegeheim, etc.) integriert werden können.
Abgesehen davon, dass die als Postulat überwiesene (02.184) Motion Geri Müller mit
Beschluss des Grossen Rats vom 4. Juli 2006 zum Rechenschaftsbericht 2005
abgeschrieben wurde mit der Begründung, dass die strategische Ausrichtung in der
Gesundheitspolitischen Gesamtplanung (GGpl) festgelegt und vom Grossen Rat genehmigt
wurde (vgl. Rechenschaftsbericht 2005, Seite 100), lehnt der Regierungsrat diesen
Vorschlag ab. Die ambulante Versorgung soll dabei ohne staatliche Lenkungsmassnahmen
grundsätzlich dem Prinzip von Angebot und Nachfrage unterliegen (vgl. Strategie 11 der
GGpl). Es gibt im Übrigen bereits heute gewisse Arten von Gesundheitsstützpunkten (zum
Beispiel HMO-Praxen) mit einem interdisziplinären Angebot (vgl. Art. 35 Abs. 2 lit. e KVG).
Die Grünen schlagen zudem die Einführung einer Gesundheitsverträglichkeitsprüfung vor.
Diese soll – analog der Umweltverträglichkeitsprüfung – dafür sorgen, dass Grossprojekte
jeglicher Art unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit im Sinne der Prävention beurteilt
werden, wobei die entsprechenden Vorgaben, Indikatoren und Messgrössen durch den
Kanton gemeinsam mit entsprechenden Fachstellen zu entwickeln wären.
Der Regierungsrat lehnt diesen Vorschlag ab. Er geht davon aus, dass vorab im Bauwesen
genügende Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bestehen (vgl. § 52
Abs. 2 des Gesetz über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen [Baugesetz, BauG]
vom 19. Januar 1993: "Alle Gebäude müssen den Anforderungen des Gesundheitsschutzes
entsprechen, namentlich in Bezug auf Raum-, Wohnungs- und Fenstergrössen, Besonnung,
Belichtung, Belüftung, Trockenheit, Wärmedämmung und Schallschutz").
- 31 -
4.
Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen
1. Allgemeines
§ 1 (Zweck)
Abs. 1
In § 1 Abs. 1 GesG-E werden vier zentrale Zwecke genannt, welche das Gesundheitsgesetz
verfolgt:




Gesundheitsvorsorge (Prävention);
Schutz der Gesundheit der Bevölkerung;
Förderung der Gesundheit der Bevölkerung;
Wiederherstellung der Gesundheit der Bevölkerung.
Die Zweckumschreibung mit diesen vier Aspekten wird jedoch insofern in Relation gestellt,
als die Eigenverantwortung des einzelnen Menschen dabei eine zentrale Rolle spielt. Damit
soll verhindert werden, dass Prävention, Schutz, Förderung und Wiederherstellung der
Gesundheit nicht einseitig in den Verantwortungsbereich des Staats übertragen wird. In
gleicher Weise liegt es in der Verantwortung der einzelnen Person, einen Beitrag an die
eigene Gesundheit zu leisten.
Abs. 2
§ 1 Abs. 2 GesG-E statuiert als weiteren zentralen Zweck des Gesundheitsgesetzes die
Förderung der Zusammenarbeit und die Vernetzung der im Gesundheitswesen beteiligten
Partner. Damit sollen Synergien geschaffen werden, die dazu führen, die Qualität des
Gesundheitswesens unter wirtschaftlichem Einsatz der Mittel zu erhalten und wo nötig zu
optimieren.
2. Organisation und Zuständigkeiten
§ 2 (Kanton)
Abs. 1
Im Gegensatz zum heutigen Recht soll auf eine Aufzählung der verschiedenen kantonalen
Gesundheitsbehörden (vgl. §§ 3–13 GesG-1987) verzichtet werden. Stattdessen wird der
Regierungsrat durch Verordnung die kantonalen Gesundheitsbehörden bezeichnen, deren
Organisation regeln sowie die Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen der kantonalen
Gesundheitsbehörden im Detail bestimmen (§ 2 Abs. 1 GesG-E). Dazu gehören im
Wesentlichen das Departement Gesundheit und Soziales mit seinen Abteilungen, der
Kantonsarzt und die nebenamtlichen Amtsärztinnen und Amtsärzte, die Kantonsapothekerin
mit den Apotheken- und Drogerieinspektorinnen und Drogerieinspektoren, der
(nebenamtliche) Kantonszahnarzt, die Kantonstierärztin mit den nebenamtlichen
Amtstierärztinnen und Amtstierärzten sowie den Organen der Fleischkontrolle, der
Kantonschemiker mit den Organen der Lebensmittelkontrolle und die kantonale
Ethikkommission.
- 32 -
Abs. 2
Wie bereits unter geltendem Recht leitet und überwacht das zuständige Departement
(Departement Gesundheit und Soziales) das öffentliche Gesundheitswesen (§ 2 Abs. 2
GesG-E).
Abs. 3
Aufgabe des Kantons ist es zudem, für eine ausreichende Grundlage an Gesundheitsdaten
zu sorgen (§ 2 Abs. 3 GesG-E). Auf die ursprünglich vorgesehene Pflicht der Gemeinden,
den Kanton bei dieser Aufgabe zu unterstützen, wurde nach erheblicher Kritik in der
Vernehmlassung verzichtet. Dies schliesst nicht aus, dass die Gemeinden im Rahmen von §
3 Abs. 1 lit. a GesG-E dem Kanton bei Bedarf Hilfestellung im Vollzug leisten.
Selbstverständlich besteht ein Bedürfnis nach Daten nur insoweit, als nicht der Bund
("eidgenössische Gesundheitsstatistik") über diese bereits verfügt. Da Gesundheitsdaten als
besonders schützenswerte Daten gelten (vgl. Art. 3 lit. c Ziffer 2 des Bundesgesetzes über
den Datenschutz [DSG] vom 19. Juni 1992; SR 235.1), sollen diese nur soweit erhoben
werden könne, als sie zur Erfüllung der kantonalen Aufgaben erforderlich sind.
§ 3 (Gemeinden)
Die Gemeinden haben im Vollzugsbereich der Gesundheitsgesetzgebung nur vereinzelte
Aufgaben. § 3 GesG-E fasst diese in der Übersicht zusammen. Es handelt sich im
Wesentlichen um Aufgaben, die bereits nach dem geltenden Recht von den Gemeinden
wahrgenommen werden.
Abs. 1
Zu den Aufgaben der Gemeinden gehören einerseits die im Katalog von § 3 Abs. 1 lit. a–c
GesG-E aufgeführten Aufgaben, andererseits die weiteren im GesG-E explizit genannten
Aufgaben (§ 37 Abs. 4, § 48 GesG-E). Bei der Aufgabenzuteilung wurde darauf geachtet,
die anerkannten Grundsätze der Aufgabenteilung Kanton/Gemeinden (vgl. § 2 GAT I;
SAR 691.100) umzusetzen.
Die Aufgaben der Gemeinden sind im Einzelnen die Folgenden:
Vollzugsunterstützung
Mit § 3 Abs. 1 lit. a GesG-E wird als allgemeine Aufgabe der Gemeinden die Pflicht zur
Unterstützung des Kantons beim Vollzug des Gesundheitsgesetzes statuiert, sofern der
Kanton auf die Mithilfe der Gemeinden angewiesen ist.
Mütter- und Väterberatung
Mit § 3 Abs. 1 lit. b GesG-E sind die Gemeinden – wie bisher – zuständig für die
Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots im Bereich Mütter- und Väterberatung. Ein
bedarfsgerechtes und qualitativ gutes Angebot im Bereich Mütter- und Väterberatung wird
von der überwiegenden Mehrheit der Gemeinden als wichtig erachtet und es wurde deshalb
in der Vernehmlassung das Anliegen nach einem einheitlichen professionellen Angebot im
gesamten Kanton geäussert. Mit der Ergänzung "durch qualifiziertes Fachpersonal" wurde
diesem Wunsch nach gewissen kantonalen Qualitäts-Vorgaben – trotz gewisser Bedenken in
Bezug auf die Grundsätze der Aufgabenteilung – Rechnung getragen. Als qualifizierte
- 33 -
Fachperson gelten Personen, die den Abschluss "HöFa Mütter- und Väterberatung"
besitzen.
Pilzkontrolle
§ 3 Abs. 1 lit. c GesG-E überträgt die Organisation und Durchführung der Pilzkontrolle den
Gemeinden. Der Kanton wird – wie bis anhin – seine Mithilfe im Bereich der Weiterbildung
der Pilzkontrolleurinnen und Pilzkontrolleure anbieten.
Vollzug Tabak- und Alkoholprävention
In § 37 Abs. 4 GesG-E wird die Zuständigkeit der Gemeinden für Testkäufe durch
Minderjährige im Bereich Tabak und Alkohol verankert. Die Zuständigkeit für Testkäufe im
Bereich alkoholischer Getränke liegt bereits nach geltendem Recht bei den Gemeinden, weil
sie für den Vollzug der Gastgewerbegesetzgebung zuständig sind (vgl. § 25 der
Gastgewerbeverordnung [GGV]; SAR 970.111). Eine geteilte Zuständigkeit für Alkohol und
Tabak erscheint nicht sinnvoll, ansonsten sich bei der Durchführung ergebende Synergien
nicht genutzt werden können. Zudem sind Testkäufe auch ein Mittel um den strafrechtlichen
Vollzug der Verkaufsverbote (Verkaufsverbot von alkoholischen Getränken an unter 16Jährige sowie von Spirituosen an unter 18-Jährige, Verkaufsverbot von Tabakwaren an unter
16-Jährige [vgl. § 37]) durchzusetzen und stellen daher eher verwaltungspolizeiliche
Aufgaben dar.
Im Übrigen sind die Kontrolle von gesundheitspolizeilichen Vorschriften sowie die
Bearbeitung bei Übertretungen solcher Bestimmungen gemäss § 4 Abs. 1 lit. a in
Verbindung mit Abs. 2 des Dekrets über die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit
(Polizeidekret; SAR 531.210) verwaltungspolizeiliche Aufgaben der Gemeinden, was auch
den Vollzug
präventiver Massnahmen umfasst.
Weiter soll der Vollzug des neu aufgenommenen Abgabeverbots für alkoholische Getränke
an nicht kaufsberechtigte Jugendliche sowie der Verstoss gegen das Rauchverbot durch die
Gemeinden erfolgen, da es sich bei diesen Massnahmen ebenfalls ausschliesslich um
Aufgaben handelt, die in die Kompetenz der Polizeikräfte der Gemeinden fallen. Die übrigen
Verwaltungsaufgaben im Bereich Passivrauchschutz sollen hingegen vom Kanton
wahrgenommen werden.
Bestattungswesen
Der Vorschlag, in konsequenter Umsetzung der Grundsätze der Aufgabenteilung das
Bestattungswesen integral und ohne kantonale Vorgaben den Gemeinden zu übertragen,
stiess in der Vernehmlassung auf Gemeindeseite auf Kritik und es wurde die Forderung
erhoben, gewisse Grundsätze im Bestattungswesen weiterhin einheitlich vom Kanton zu
regeln. Dieser Forderung wurde insofern Rechnung getragen, als die gesundheitspolizeilich
relevanten Grundsätze vom Kanton für das gesamte Kantonsgebiet einheitlich geregelt
werden sollen. Details dazu können dem Kommentar zu § 48 GesG-E entnommen werden.
Abs. 2
Es ist den Gemeinden freigestellt, wie sie sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemeindeintern
organisieren. Ihnen stehen die Möglichkeiten gemäss dem Gesetz über die
- 34 -
Einwohnergemeinden vom 19. Dezember 1978 (SAR 171.100; insbesondere §§ 3 und 39)
zur Verfügung. Die Zuständigkeit für gesundheitspolizeiliche Anordnungen auf kommunaler
Stufe geht über die im Baugesetz vom 19. Januar 1993 (SAR 713.100; §§ 50 und 52)
verankerten Grundsätze des Gesundheitsschutzes und der Wohnhygiene als allgemeine
Anforderungen im Bauwesen hinaus.
3. Berufe im Gesundheitswesen
Einleitung
Die geltende Gesundheitsgesetzgebung regelt die Berufszulassung von Berufen im
Gesundheitswesen in abschliessender Aufzählung und diplomorientiert. Dies bedeutet, dass
nur die im Gesundheitsgesetz beziehungsweise im Dekret über weitere bewilligungspflichtige
Berufe der Gesundheitspflege (DBG) vom 16. November 1999 (SAR 301.130) aufgeführten
Berufe ausgeübt werden dürfen, vorausgesetzt die betreffende Person ist im Besitz einer
entsprechenden kantonalen Bewilligung. Allen anderen Berufe, insbesondere im gesamten
Spektrum der Komplementärmedizin, ist eine therapeutische Tätigkeit untersagt. Ihnen sind
die Beratung und Begleitung von im medizinischen Sinne gesunden Personen, Massnahmen
und Methoden zur Steigerung des körperlichen und/oder seelischen Wohlbefindens etc.
erlaubt. Es besteht aktuell im komplementärtherapeutischen Bereich also weder eine
Bewilligungs- noch eine Meldepflicht, sondern ein grundsätzliches Verbot. Dieses entspricht
weder den Bedürfnissen der Bevölkerung noch den Entwicklungen im Bereich
Komplementärmedizin und deren Anerkennung in der Gesellschaft. Faktisch bestehen
sowohl eine grosse Nachfrage und ein Bedürfnis als auch ein effektives Angebot an
komplementärtherapeutisch tätigen Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern. Der
Vollzug ist unbefriedigend und die Aufsicht basiert auf Hinweisen und primär risikobasiert.
Aufgrund der gesellschaftlichen Bedürfnissen und Entwicklungen, aber auch unter
Berücksichtigung der gesundheitspolizeilichen Relevanz von Tätigkeiten im Bereich der
Gesundheit, soll das Berufszulassungssystem grundsätzlich geändert werden und neu das
so genannte tätigkeitsspezifische Modell im Gesundheitsgesetz eingeführt werden.
Das tätigkeitsspezifische Modell ist so konzipiert, dass im Gesundheitsgesetz nicht mehr
einzelne bewilligungspflichtige Berufe bestimmt werden, sondern die Tätigkeiten definiert
werden, welche unter gesundheitspolizeilicher Optik eine kantonale Bewilligung benötigen
(§ 4 GesG-E).
Damit einhergehend ist eine grundsätzliche Liberalisierung der Tätigkeiten und Berufe im
komplementärtherapeutischen Bereich. Die Naturheilkunde (bei Mensch und Tier) darf
weitgehend ohne staatliche Bewilligung und Beaufsichtigung ausgeübt werden. Zusätzlich
wird jedoch auch die Möglichkeit der Bewilligungspflicht zur Ausübung der
Komplementärmedizin eingeführt. Diese Regelung setzt eine eidgenössische
Reglementierung der komplementärmedizinischen Berufe voraus. Voraussetzung für eine
Bewilligungserteilung ist das Vorhandensein eines eidgenössischen Diploms in einem
Bereich der Komplementärmedizin (zum Beispiel Komplementärtherapie, Alternativmedizin;
§ 4 Abs. 1 lit. g GesG-E). Mit dieser Regelung wird das tätigkeitsspezifische Modell in seiner
Reinheit im GesG-E zwar durchbrochen, es kann damit jedoch den Entwicklungen in der
Reglementierung der Berufe im Bereich Komplementärmedizin adäquat Rechnung getragen
werden.
- 35 -
- 36 -
Die nachstehende Grafik zeigt in der Übersicht dieses tätigkeitsspezifische Modell, inklusive
Verweis auf die massgebenden Bestimmungen des GesG-E, auf. Die linke Spalte nennt die
Tätigkeiten, welche eine Bewilligungspflicht zur Folge haben, sowie die für diesen Bereich
geltenden Bestimmungen des GesG-E in Bezug auf Berufsausübung, Rechte und Pflichten,
Aufsicht sowie Disziplinar- und Strafmassnahmen. Soweit einer grundsätzlich
bewilligungspflichtigen Tätigkeit aufgrund der konkreten Umstände kein
Gefährdungspotential zukommt, kann der Regierungsrat diese als bewilligungsfrei erklären
(§ 4 Abs. 3 GesG-E). Die rechte Spalte enthält demgemäss die bewilligungsfreien
Tätigkeiten (inklusive die als bewilligungsfrei erklärten Tätigkeiten) mit den anwendbaren
Bestimmungen des GesG-E in Bezug auf Berufsausübung, Rechte und Pflichten, Aufsicht
sowie Disziplinar- und Strafmassnahmen.
Bewilligungspflichtige Berufe
Bewilligungsfreie Berufe
§ 4 GesG-E
vom GesG-E nicht erfasst
 Tätigkeiten im Rahmen der anerkannten
Wissenschaften (§ 4 Abs. 1 lit. a)
Komplementärtherapie
 MedBG-Berufe (§ 4 Abs. 1 lit. b Ziff. 1)
 KVG-Berufe (§ 4 Abs. 1 lit. b Ziff. 2)
 Div. potentiell gefährliche Tätigkeiten
(§ 4 Abs. 1 lit. c – f)
 Tätigkeit unter einem eidg. anerkannten Diplom der
Komplementärmedizin (§ 4 Abs. 1 lit. g)
Sonderfälle:
Tätigkeiten gemäss Pflegegesetz und Spitalgesetz (§ 4
Abs. 2)
Berufsausübung ist ohne Bewilligung möglich
Befreiung von der Bewilligungspflicht
durch Verordnung möglich
Ungefährliche Tätigkeiten (§ 4 Abs. 3)
Berufsausübung, Rechte und Pflichten
Berufsausübung, Rechte und Pflichten
§ 13- 21
§ 13 Abs. 3 und § 18
Aufsicht
Aufsicht
§ 22 Abs. 1, §§ 49 ff.
§ 22 Abs. 2, § 23, §§ 49 ff.
Disziplinarmassnahmen
Disziplinarmassnahmen
§ 24
-
Strafrechtliche Massnahmen
Strafrechtliche Massnahmen
-
§ 54
3.1. Allgemeine Bestimmungen
§ 4 (Bewilligungspflicht zur Berufsausübung)
Abs. 1
§ 4 Abs. 1 GesG-E bestimmt, dass jedermann, der sich fachlich selbstständig, also
eigenverantwortlich nach den Regeln der Schulmedizin, das heisst der wissenschaftlichen
Medizin verpflichtet betätigt (§ 4 Abs. 1 lit. a GesG-E) eine Berufsausübungsbewilligung
braucht. Als anerkannte Wissenschaften gelten diejenigen Gebiete, welche an
Schweizerischen Universitäten und Fachhochschulen gelehrt oder von der
Medizinalberufegesetzgebung erfasst sind. Die aufgezählten Tätigkeiten sind weit gefasst zu
verstehen. So beinhaltet beispielsweise die "Behandlung von Schwangeren" auch die
Begleitung während der Geburt und die Nachbetreuung von Mutter und Kind
(Wochenbettzeit). Bei Tieren (primär Nutztieren) ist die Zyklusuntersuchung als tierärztliche
Handlung (Bewilligungspflicht gemäss § 4 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 GesG-E) zu verstehen, die
beispielsweise nicht durch eine Besamungstechnikerin beziehungsweise einen
Besamungstechniker ausgeübt werden kann.
- 37 -
Die Bewilligungspflicht im Zusammenhang mit der Heilmittelabgabe ergibt sich entweder
gestützt auf § 25 GesG-E (Apotheken, Drogerien) oder in Anwendung von §§ 43ff. GesG-E.
- 38 -
Weiter bedarf unabhängig von der zur Anwendung gelangenden Behandlungsmethode einer
Bewilligung, wer sich fachlich selbstständig in Berufen betätigt, die unter die
Medizinalberufegesetzgebung (Art. 2 MedBG) fallen (§ 4 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 GesG-E) oder die
in der Krankenversicherungsgesetzgebung zur Gruppe der Leistungserbringer (vgl. Art. 35 ff.
KVG und Art. 38 ff. Verordnung über die Krankenversicherung, KVV) gehören (§ 4 Abs. 1 lit.
b Ziff. 2 GesG-E).
Ebenso ist der Bewilligungspflicht unterstellt, wer gefährliche übertragbare Krankheiten (zum
Beispiel Tuberkulose, Hirnhautentzündungen) behandelt (§ 4 Abs. 1 lit. c GesG-E). Dies
rechtfertigt sich im Hinblick auf das mögliche grosse Risiko einer Krankheitsübertragung.
Ebenfalls der Bewilligungspflicht unterstellt sind Behandlungen im Bereich der Empfängnisund Zeugungsfähigkeit (§ 4 Abs. 1 lit. d GesG-E), Gelenkmanipulationen mit Impulsen (§ 4
Abs. 1 lit. e GesG-E), wobei hier als Beispiel die Vitalogie zu nennen ist. Ebenfalls fallen
weitere bezeichnete Eingriffe, welche Verletzungen unter der Haut verursachen (Akupunktur)
oder instrumental in die Körperöffnungen eingreifen, unter die Bewilligungspflicht (§ 4 Abs. 1
lit. f GesG-E). Als Beispiel für einen derartigen Eingriff sei die Magenspiegelung erwähnt.
Als Ergebnis der Vernehmlassung wird zwar an der grundsätzlichen Liberalisierung der
komplementärtherapeutischen Berufe festgehalten. Das heisst, dass alle nicht unter § 4
GesG-E fallenden Berufe und Tätigkeiten frei ausgeübt werden können. Zusätzlich wird auch
die Bewilligungspflicht zur Ausübung der Komplementärmedizin eingeführt. Diese Regelung
setzt eine eidgenössische Reglementierung der komplementärmedizinischen Berufe voraus.
Voraussetzung für eine Bewilligungserteilung ist das Vorhandensein eines eidgenössisch
anerkannten Diploms (zum Beispiel in Komplementärtherapie oder Alternativmedizin; § 4
Abs. 1 lit. g GesG-E).
Mitunter sind auch die telemedizinischen Behandlungen wie zum Beispiel
Telefonkonsultation, Internetkonsultation, Videokonsultation, Biodatenmonitoring etc. in
Anwendung von § 4 Abs. 1 GesG-E bewilligungspflichtig. Mit anderen Worten kommt es
dabei nicht auf die Unmittelbarkeit des Kontakts an.
Abs. 2
Personen, die in stationären Einrichtungen gemäss den Bestimmungen der
Pflegegesetzgebung (zu denken an Pflegeheime) und der Spitalgesetzgebung
(insbesondere Spitäler und Rehakliniken) tätig sind, sind auch ohne
Berufsausübungsbewilligung zur fachlich selbstständigen, eigenverantwortlichen
Berufsausübung zugelassen (§ 4 Abs. 2 GesG-E). Dabei spielt es keine Rolle, ob die
Tätigkeit im stationären Bereich oder ambulant ausgeübt wird. Die Befreiung von der
Bewilligungspflicht basiert auf der Überlegung, dass Personen (so zum Beispiel
Medizinalpersonen wie Ärztinnen und Ärzte, weitere Berufspersonen wie zum Beispiel
Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner,
Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, Logopädinnen und Logopäden und andere) in
stationären Einrichtungen gemäss § 4 Abs. 2 GesG-E in einem Vertragsverhältnis
(Anstellung, Mandat oder Ähnliches) zur Institution stehen, welche ihrerseits eine –
gesundheitspolizeilich motivierte – Bewilligung besitzt (vgl. § 6 Pflegegesetz-E und § 8a
(neu) SpiG gemäss 12. Übergangs- und Schlussbestimmungen Ziff. II GesG-E). Über die
Bewilligung an die stationären Einrichtungen gemäss Pflege- und Spitalgesetzgebung wird
- 39 -
von der erteilenden Behörde die fachliche Qualität der Versorgung und Betreuung gefordert
(vgl. auch Art. 39 KVG) und es kann so dem gesundheitspolizeilichen Aspekt Rechnung
getragen werden. Ebenfalls kann via Aufsicht und allfälliger Überprüfung dieser
Betriebsbewilligung sowie allenfalls via Auflagen und Weisungen beziehungsweise Entzug
möglichen Verletzungen der in der Bewilligung statuierten Voraussetzungen betreffend
Qualität und Fachlichkeit Einhalt geboten werden.
Selbstredend benötigt die Belegärztin und der Belegarzt an zum Beispiel einem
Regionalspital für ihre beziehungsweise seine Tätigkeit ausserhalb des Spitals eine
Berufsausübungsbewilligung. Ebenso benötigen Personen, die in bewilligungspflichtigen
Berufen tätig sind und ihre Privatpraxis in einem Spital oder ähnlichem führen, ganz normal
eine Berufsausübungsbewilligung. Hingegen benötigen Medizinalpersonen, die
ausschliesslich innerhalb des Spitals (zum Beispiel Oberärztin/Oberarzt, Chefärztin/Chefarzt)
– unabhängig von dessen Trägerschaft und Rechtsform – tätig sind, keine
Berufsausübungsbewilligung. Dies im Unterschied zur geltenden Regelung.
Diese Neuregelung entspricht auch dem Gedanken des MedBG. Art. 34 MedBG statuiert
diesfalls die Bewilligungspflicht für die selbstständige Ausübung eines universitären
Medizinalberufs. Dabei ist der Begriff der Selbstständigkeit nach MedBG unter anderem in
Beachtung der Ausführungen des Bundesamts für Gesundheit anhand eines für den Steuerund Sozialversicherungsbereichs erarbeiteten Berichts (BBl 2002 I 1126) und in Anwendung
der Rechtsprechung im Einzelfall unter Würdigung der gesamten Umstände zu betrachten.
So fallen gemäss Ausführungen des Bundesamts für Gesundheit in aller Regel zum Beispiel
Chefärztinnen und Chefärzte oder in Aktiengesellschaften angestellte Medizinalpersonen
nicht unter die Reglung von § 34 MedBG. Falls die Kantone eine entsprechende
Bewilligungspflicht vorsehen möchten, ist dies speziell zu legiferieren. Dies erfolgt im Kanton
Aargau durch die grundsätzliche Formulierung in § 4 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 GesG-E (fachlich
selbstständige das heisst eigenverantwortliche Ausübung eines Berufs, der unter das
MedBG fällt) weshalb die Ausnahmebestimmung in § 4 Abs. 2 GesG-E nötig wird. Der
Selbstständigkeitsbegriff des MedBG und des GesG-E sind somit grundsätzlich nicht
deckungsgleich.
In stationären Einrichtungen der Pflegegesetzgebung beziehungsweise Spitalgesetzgebung
tätige Personen, die in Anwendung von § 4 Abs. 2 GesG-E ohne
Berufsausübungsbewilligung zur eigenverantwortlichen Tätigkeit berechtigt sind, unterstehen
den gleichen Berufspflichten mit entsprechendem Disziplinarrecht und haben dieselben
Berufsrechte wie Medizinalberufe gemäss MedBG beziehungsweise die in weiteren Berufen
des Gesundheitswesens tätigen Personen (vgl. §§ 13 ff. GesG-E).
Die Bewilligungspflicht für Medizinalberufe, die ausserhalb von stationären Einrichtungen
gemäss § 4 Abs. 2 GesG-E in einem nach der Definition der Medizinalberufegesetzgebung
(Art. 34 MedBG) nicht selbstständigem Statuts tätig sind (denkbar zum Beispiel im Rahmen
einer als Aktiengesellschaft konzipierten Praxisgemeinschaft, wobei die Beurteilung wie
erwähnt immer im Einzelfall vorzunehmen ist), ergibt sich automatisch gestützt auf § 4 Abs. 1
lit. b Ziff. 1 GesG-E (Beruf, der unter das MedBG fällt). Vgl. dazu auch die Ausführungen zu
§ 25 Abs. 1 lit. c GesG-E.
- 40 -
Abs. 3
Der Regierungsrat wird ermächtigt, für Menschen und Tiere ungefährliche Anwendungen von
der Bewilligungspflicht zu befreien (§ 4 Abs. 3 GesG-E), was beispielsweise bei der
Akupunktur vorgesehen ist. Piercen und Tätowieren hingegen fällt bereits von der Tätigkeit
und den betroffenen Personen her nicht unter die Gesundheitsgesetzgebung und untersteht
derart keiner Bewilligungspflicht. Unter "bewilligungsfrei" sind somit Berufe und Tätigkeiten,
die von vornherein gemäss Konzeption von § 4 Abs. 1 und 2 GesG-E nicht der
Bewilligungspflicht unterliegen sowie Berufe und Tätigkeiten, die gemäss § 4 Abs. 3 GesG-E
von der Bewilligungspflicht befreit sind, zu verstehen.
Abs. 4
Mit § 4 Abs. 4 GesG-E werden die auch für Berufe und Tätigkeiten an und mit Tieren
anwendbaren Bewilligungsbestimmungen genannt.
Zusammengefasst sind also grundsätzlich nur noch Berufstätigkeiten nach den
Erkenntnissen der anerkannten Wissenschaften sowie die Betätigung in einem in der
Krankenversicherungsgesetzgebung als Leistungserbringer vorgesehenen Beruf und die
Betätigung in Bereichen mit besonderem Gefährdungspotential bewilligungspflichtig und
unterstehen damit der staatlichen Regelung. Sobald künftig die Berufe in der
Komplementärmedizin auf Stufe Bund mit einem Diplom geregelt werden, ist auch für diese
Berufe eine explizite Zulassung beziehungsweise Bewilligungspflicht vorgesehen. Mit dieser
Regelung wird es Patientinnen und Patienten freigestellt, sich eigenverantwortlich auch
ausserhalb der staatlich beaufsichtigten Berufskategorien behandeln zu lassen.
Verschiedenste Gesundheitsberufe können damit
im komplementärtherapeutischen Bereich frei und ohne staatliche Bewilligung und nur mit
entsprechend minimaler Aufsicht (vgl. § 13 Abs. 3, § 18, § 22 Abs. 2, § 23 und §§ 49 ff.
GesG-E) selbstständig tätig sein. Die bewilligungsfrei Tätigen haben sich bei ihrer Arbeit
selbstverständlich an die allgemeinen Regeln des Vertrags- und Haftpflichtrechts sowie an
die generellen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu halten. Ebenso ist zu erwarten,
dass die häufig bereits vorhandenen verbandseigenen Qualitätsbestimmungen und -richtlinien den Patientinnen und Patienten bei der Auswahl ihrer Therapeutinnen und
Therapeuten dienlich sein können. Für die bewilligungsfrei tätigen Berufe ergeben sich die
Möglichkeiten zur Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln gestützt auf § 44 GesG-E.
§ 5 (Bewilligungsvoraussetzungen)
Abs. 1
Anspruch auf eine Bewilligung hat, wer die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Die
Formulierung der einzelnen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 GesG-E) lehnt sich eng an die
Bundesgesetzgebung an. Im Geltungsbereich des MedBG sind sowohl die fachlichen als
auch die persönlichen Bewilligungsvoraussetzungen abschliessend geregelt. Entsprechend
kann der Kanton keine weiteren Voraussetzungen stipulieren. Kantonale
Ausführungsbestimmungen können hingegen die Voraussetzungen gemäss MedBG
präzisieren. Insofern kann beispielsweise nicht generell die Pflicht zum Abschluss einer
Berufshaftpflichtversicherung als Bewilligungsvoraussetzung statuiert werden. Wie im
MedBG ist die Berufshaftpflichtversicherung als Berufspflicht ausgestaltet (§ 15 Abs. 1 lit. c
GesG-E).
- 41 -
Wo von Bundesrechts wegen bereits an die Berufsausübung Voraussetzungen formuliert
werden, gehen diese natürlich vor (vgl. Art. 36 und 15 Abs. 4 MedBG; Art. 32 PsyG-E u.a.).
So sieht unter anderem Art. 36 Abs.1 lit. b MedBG vor, dass Gesuchstellerinnen und
Gesuchsteller vertrauenswürdig sein müssen sowie physisch und psychisch Gewähr für eine
einwandfreie Berufsausübung zu bieten haben. Unter Vertrauenswürdigkeit ist zu verstehen,
dass die Person über einen guten Leumund verfügt beziehungsweise allgemein
vertrauenswürdig sein muss. Die Vertrauenswürdigkeit kann durch verschiedene Faktoren
beeinträchtigt werden. Mitunter ist vorauszusetzen, dass keine berufsrelevanten Straftaten
vorliegen. Die berufliche Relevanz einer Straftat bestimmt sich nach der Schwere und nach
dem Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs. Dafür ist ein Auszug aus dem
Strafregister und bei ausländischen Gesuchstellenden (zusätzlich) auch ein gleichwertiges
ausländisches Dokument vorzulegen. Zur Belegung der Voraussetzungen können auch
weitere Bestätigungen wie Letter of Good Standing, Arbeitszeugnisse, Arztzeugnisse etc.
verlangt werden.
Im Rahmen der Vernehmlassung hat sich ergeben, dass gestützt auf die neue Richtlinie
2005/36/EG (siehe Ausführungen zu § 6 GesG-E) auf das explizite Erfordernis der
Beherrschung der deutschen Sprache verzichtet werden muss. Neu wird verlangt, dass eine
Person über die für die Berufsausübung notwendigen Sprachkenntnisse verfügt. Bei in
Berufen im Gesundheitswesen tätigen Personen ist einer möglichst optimalen und
sachgerechten Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten aber auch gegenüber
den Behörden Beachtung zu schenken. Dies ergibt sich mitunter im Zusammenhang mit den
Berufspflichten. Faktisch dürften äusserst gute Kenntnisse der deutschen Sprache als
Amtssprache im Praxisstandortkanton zu verlangen sein.
Abs. 2
Die detaillierte Formulierung der Zulassungsvoraussetzungen erfolgt auf Stufe Verordnung
(§ 5 Abs. 2 GesG-E). Es ist beabsichtigt, primär und ausschliesslich auf die
bundesrechtlichen Anforderungen in verschiedenen Lebenssachverhalten (Verweis MedBG,
Krankenversicherungsgesetzgebung, SRK/BBT-Regelungen etc.) Bezug zu nehmen. Hier
wird sich die Verordnung insbesondere an die Ausbildungs- und Weiterbildungserfordernisse
gemäss den KVG-Berufen, den SRK/BBT-Regelungen und den Empfehlungen der GDK
(Osteopathinnen und Osteopathen) etc. halten. Die Formulierung zusätzlicher Erfordernisse
wie zum Beispiel längere praktische Tätigkeit als bereits in der
Krankenversicherungsgesetzgebung verlangt etc. ist nicht beabsichtigt. Ebenso soll in der
Verordnung geregelt werden, welche Unterlagen zur Belegung der Voraussetzungen
notwendig sind.
Weiter werden in der Verordnung die – zusätzlich zu § 4 Abs. 1 lit. b – gemäss § 4 als
bewilligungspflichtige Berufe bezeichnet (§ 5 Abs. 2 GesG-E). Dies dient der
Rechtssicherheit sowohl im Sinne der Patientinnen und Patienten als auch der in Berufen
des Gesundheitswesens tätigen Personen.
- 42 -
Unter die in der Verordnung zu bezeichnenden Berufe fallen (Stand heute):
 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Solange das Psychologieberufegesetz
noch nicht in Kraft ist, ist diesbezüglich noch kein Verweis auf Bundesrecht möglich. Mit
den Übergangs- und Schlussbestimmungen (§ 55 GesG-E) wird die Möglichkeit gegeben,
dass dannzumal eine Einordnung in § 4 Abs. 1 lit. b GesG-E erfolgen wird.
Zwischenzeitlich wird in der Verordnung eine eigenständige Regelung notwendig sein,
welche sich an den bisherigen Zulassungsvoraussetzungen gemäss § 36 GesG-1987
ausrichten wird.
 Aktuelle und zukünftige BBT-Berufe und/oder ehemalige SRK Berufe, welche nicht bereits
unter die KVG-Berufe fallen (zum Beispiel Dentalhygienikerin/Dentalhygieniker,
Medizinische Masseurin/Medizinischer Masseur, Podologin/Podologe, Drogistin/Drogist,
Augenoptikerin und Augenoptiker und andere) wobei für eine Berufszulassung eine
gewisse Stufe der Ausbildung vorauszusetzen ist (zum Beispiel eidgenössisch höhere
Fachprüfung/
Diplom für Augenoptikerinnen/Augenoptiker, für Drogistinnen/Drogisten, u.ä.).
 allenfalls weitere Berufe, die von der GDK geregelt werden (zum Beispiel Osteopathin/
Osteopath).
Diese Liste kann durch Verordnungsänderung jederzeit angepasst werden. Ein
entsprechender Bedarf kann sich insbesondere aufgrund neu auf Bundesstufe geregelter
Berufe ergeben. Mit dieser Lösung kann flexibel auf Veränderungen in den
Berufsanerkennungen und bei Ausbildungen eingegangen werden.
Erklärtes Ziel im Hinblick auf die Binnenmarktliberalisierung ist es, dass die
Voraussetzungen, die von Bundesrecht wegen bereits gelten, in der Verordnung
abschliessend als fachlich notwendige Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung
bezeichnet werden. Dabei ist zu denken an Bestimmungen für die Berufsausübung (MedBG
und PsyG-E), für die Berufsausbildung mit entsprechenden Abschlüssen
(Berufbildungsgesetzgebung), für die Anerkennung von Ausbildungen
(Berufsbildungsgesetzgebung/Empfehlungen der Gesundheitsdirektorenkonferenz
beziehungsweise -SRK/BBT-Anerkennungen) und für die Zulassung zur Tätigkeit zulasten
der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Krankenversicherungsgesetzgebung).
Entgegen der geltenden Regelung wird auf eine explizite Möglichkeit, Medizinalpersonen bei
einer Notstandssituation unter erleichterten Bedingungen zuzulassen (§ 17 Abs. 3 GesG1987), verzichtet. Mit der EU-Personenfreizügigkeit und -Diplomanerkennung ist bei
Medizinalberufen eine Notstandssituation in Zukunft eher unwahrscheinlich und wäre
allenfalls über Art. 36 Abs. 3 MedBG abzudecken.
Abs. 3
Grundsätzlich ist die gesuchstellende Person oder die Bewilligungsinhaberin und der
Bewilligungsinhaber in Anwendung der allgemeinen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen
gegenüber der Bewilligungsbehörde verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Die Abklärung der
Bewilligungsvoraussetzungen geht somit im Normalfall über die gesuchstellende Person
oder die Bewilligungsinhaberin und den Bewilligungsinhaber. In Zeiten der Mobilität und in
Anbetracht der Realität, dass verschiedene in Berufen des Gesundheitswesens tätige
Personen an verschiedenen Standorten ihre Tätigkeit ausüben, ist eine Berechtigung zur
- 43 -
direkten Einholung von Auskünften sachgerecht (§ 5 Abs. 3 GesG-E). Zu denken ist an die
Anfrage von Behörden und Amtstellen (Unbedenklichkeitsbestätigungen, Details zum
Umfang der Berufsausübungsbewilligung in anderen Kantonen/Ländern u.ä.) aber auch von
weiteren Stellen wie Patientenorganisationen, Ombudsstellen, Versicherern u.ä.
Selbstverständlich sind für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang diese Stellen
Informationen weitergeben dürfen, die entsprechenden – allenfalls spezialgesetzlichen –
Bestimmungen anwendbar.
Kommt es zum Beispiel aufgrund von Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen für die
Erteilung der Berufsausübungsbewilligung zur Anordnung einer Begutachtung betreffend die
gesuchstellende Person (zum Beispiel Krankheit, Suchtproblematik), müssen die
entstandenen Kosten den betroffenen Personen in Rechnung gestellt werden können (§ 5
Abs. 3 GesG-E).
§ 6 (Meldepflicht)
Abs. 1
Nicht der Bewilligungspflicht sondern lediglich der Meldepflicht unterstehen gestützt auf das
bilaterale Abkommen vom 21. Juni 1999 über die Freizügigkeit die so genannten 90-TageDienstleistenden (§ 6 Abs. 1 GesG-E). Dabei handelt es sich um Personen, die aus dem
EG-EFTA-Raum kommend, im Kanton Aargau beziehungsweise der Schweiz pro Jahr
temporär bis zu 3 Monaten eine gemäss § 4 GesG-E bewilligungspflichtige Tätigkeit
ausüben. Zu denken ist beispielsweise an einen ausländischen Zahnarzt, der bei einem
Kollegen in der Praxis spezialzahnärztlich tätig ist.
90-Tage-Dienstleistende, die in einer stationären Einrichtung gemäss § 4 Abs. 2 GesG-E
tätig sind, unterliegen keiner Meldepflicht.
Abs. 2
Bei den anlässlich der Meldung zu erbringenden Dokumente und Angaben (§ 6 Abs. 2
GesG-E) stützt sich der Gesetzgeber auf die entsprechenden Regelungen in der neuen
Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung der Berufsqualifikationen vom 7. September
2005. Die EU hat diese neue Richtlinie über die Anerkennung von Diplomen im EU-Raum
am 20. Oktober 2005 verabschiedet. Die Schweiz muss nun festlegen, ob sie diese Richtlinie
im Rahmen von Anhang III ("Gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen") des
Abkommens über den freien Personenverkehr übernehmen will. Im Jahr 2007 hat der Bund
dazu eine Anhörung durchgeführt, die insgesamt ein positives Ergebnis zugunsten einer
Übernahme der Richtlinie ergab. Seither hat die Schweiz entsprechende Verhandlungen mit
den zuständigen Stellen aufgenommen. Ein genauer Zeitplan für die Übernahme der
Richtlinie ist zurzeit der Erstellung dieser Botschaft noch nicht bekannt. Es darf jedoch damit
gerechnet werden, dass die Richtlinie 2005/36/EG in der Schweiz vor 2009 angewendet
wird. So rechtfertigt sich in der Gesetzesarbeit ein Abstellen auf die künftig geltenden EUVorschriften (insbesondere betreffend Berufsqualifikation und Versicherungsschutz und zu
erbringender Bescheinigung über die rechtmässige Ausübung des Berufs in der EU, § 6
Abs. 2 lit. a–c GesG-E). Ebenfalls wurde seitens der Kantone im Rahmen der Anhörung eine
2-jährige Umsetzungsfrist verlangt. Das Ergebnis ist noch offen.
- 44 -
Abs. 3
Die zuständige Behörde prüft die verlangten Unterlagen in einem beschleunigten Verfahren
(§ 6 Abs. 3 GesG-E). Unter einem beschleunigten Verfahren wird in der Regel eine
Beurteilung innert 10 Arbeitstagen verstanden.
Abs. 4
Personen mit einer Berufsausübungsbewilligung aus anderen Kantonen haben in Beachtung
der Binnenmarktgesetzgebung Anspruch auf Ausübung ihres Berufs auch im Kanton Aargau.
Aus Ausfluss des Territorialitätsprinzips ist zu statuieren, dass derartig tätige Personen der
zuständigen Behörde eine gemäss § 4 GesG-E bewilligungspflichtige Tätigkeit ebenfalls
melden (§ 6 Abs. 4 GesG-E) und die Behörde in einem analogen beschleunigten Verfahren
die Unterlagen prüft. Als Bescheinigung über die Rechtmässigkeit der Berufsausübung im
Herkunftskanton wird in der Regel eine Berufsausübungsbewilligung und
Unbedenklichkeitsbestätigung der ausstellenden Behörde Auskunft zu geben haben. Ebenso
sind Diplome und allfällig erforderliche Weiterbildungstitel einzureichen. Als Ausfluss der
allgemeinen Aufsichtspflicht kann die zuständige Behörde auch weitere Angaben zur Person
(zum Beispiel Strafregisterauszug, Lebenslauf o.ä.) verlangen.
Abs. 5
Sowohl für 90-Tage-Dienstleistende als auch für Personen, die gestützt auf die
Binnenmarktgesetzgebung im Kanton Aargau tätig sind, gelten die Bestimmungen betreffend
Einschränkung, Entzug, Auflagen/Weisungen, Erlöschen der Bewilligung sowie
Veröffentlichung (§ 6 Abs. 5 GesG-E). Die Berufspflichten und -rechte ergeben sich
umfassend aufgrund §§ 13 ff. GesG-E
§ 7 (Unselbstständige Tätigkeiten)
Abs. 1
Mit „unselbstständig“ im Sinne dieses Gesetzes ist die fachliche Unselbstständigkeit
gemeint, mit anderen Worten die nicht eigenverantwortliche Tätigkeit. Dies unabhängig
davon, ob jemand wirtschaftlich selbstständig ist oder nicht (§ 7 Abs. 1 GesG-E). Die fachlich
unselbstständige Berufsausübung hat unter der direkten Verantwortung und der Aufsicht der
Bewilligungsinhaberin beziehungsweise des Bewilligungsinhabers zu erfolgen. Damit ist
insbesondere verlangt, dass die Bewilligungsinhaberin beziehungsweise der
Bewilligungsinhaber vor Ort in den Praxisräumlichkeiten anwesend ist und so effektiv eine
Aufsicht führen kann. Selbstredend muss sie beziehungsweise er zeitlich gleichzeitig
zusammen mit der unselbstständig tätigen Person anwesend sein. Aufgrund der
Vernehmlassungsergebnisse wurde aus Gründen der Praktikabilität auf die explizite
Erwähnung der Unmittelbarkeit der Aufsicht verzichtet. Die Art und Weise einer korrekten
Wahrnehmung der Aufsicht liegt im Verantwortungsbereich der Bewilligungsinhaberin
beziehungsweise des Bewilligungsinhabers.
Grundsätzlich wird für fachlich unselbstständig tätige Personen keine Bewilligung gefordert
(Spezialregelung bei Medizinalberufen gemäss § 8 GesG-E). So können Drogistinnen und
Drogisten, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, Podologinnen und Podologen,
Augenoptikerinnen und Augenoptiker etc. ohne behördliche Bewilligung oder Meldung
fachlich unselbstständig tätige Personen beschäftigen. Ebenfalls soll weiterhin möglich sein,
- 45 -
dass Nichtmedizinalpersonen bei Personen mit universitären Medizinalberufen mit
Berufsausübungsbewilligung im Rahmen von § 7 fachlich unselbstständig ohne Bewilligung
tätig sind (zum Beispiel ärztlich delegierte Psychotherapie,
Dentalhygienikerin/Dentalhygieniker bei Zahnärztin beziehungsweise Zahnarzt,
Veterinärtechnikerin/Veterinärtechniker bei Tierärztin beziehungsweise Tierarzt u.ä.).
Abs. 2
An die fachlich unselbstständig Tätigen werden nicht a priori die gleichen Voraussetzungen
wie an Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber gestellt. Fachlich unselbstständige
Tätigkeiten können somit durchaus im Kontext mit Aus- und Weiterbildungen stehen (zum
Beispiel bei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten). Zwingend notwendig ist jedoch,
dass adäquate fachliche Qualifikationen vorliegen. Die Verantwortung für das Vorhandensein
einer genügenden Qualifikation – sowie allgemein für die unselbstständig tätige Person –
trägt die Bewilligungsinhaberin und der Bewilligungsinhaber (§ 7 Abs. 2 GesG-E). Allfällige
Fehlhandlungen oder ungenügende Qualifikationen der unselbstständig Tätigen werden der
Inhaberin beziehungsweise dem Inhaber der Berufsausübungsbewilligung zugerechnet.
Somit stehen die Bewilligungsinhaberin und der Bewilligungsinhaber gegenüber der
Aufsichtsbehörde primär in Pflicht. Zur Anwendung gelangen diesfalls mitunter die §§ 10–12
GesG-E. Durch Verweis von § 13 GesG-E zu § 7 GesG-E ist weiter auch sichergestellt, dass
auch für fachlich unselbstständig Tätige die Berufspflichten und Berufsrechte Gültigkeit
haben.
Abs. 3
Fachlich unselbstständig tätige Personen dürfen nur Verrichtungen vornehmen, zu deren
Ausübung auch die Bewilligungsinhaberin und der Bewilligungsinhaber berechtigt
beziehungsweise befähigt sind sowie die nicht durch die Bewilligungsinhaberin und den
Bewilligungsinhaber persönlich ausgeführt werden müssen (§ 7 Abs. 3 GesG-E). Somit ist
ausgeschlossen, dass in fachlicher Unselbstständigkeit Tätigkeiten ausgeübt werden, die
nicht in den Tätigkeitsbereich der Bewilligungsinhaberin und des Bewilligungsinhabers fallen
(zum Beispiel physiotherapeutische Tätigkeit bei Medizinischer Masseurin/Medinischem
Masseur mit Berufsausübungsbewilligung, Augenoptikertätigkeit bei Drogistin/Drogist mit
Berufsausübungsbewilligung).
Abs. 4
Das Handeln im Namen und auf Rechnung der Bewilligungsinhaberin und des
Bewilligungsinhabers ist Konsequenz der Regelung gemäss den Absätzen 1 und 2 (§ 7 Abs.
4 GesG-E).
Abs. 5
Zur Sicherstellung der Qualität der fachlichen Aufsicht kann der Regierungsrat eine
Begrenzung der unselbstständig tätigen Personen pro Bewilligungsinhaberin
beziehungsweise Bewilligungsinhaber vornehmen (§7 Abs. 5 GesG-E).
- 46 -
§ 8 (Unselbstständige Tätigkeiten von Personen mit universitären Medizinalberufen
[Assistentinnen und Assistenten]; Bewilligungspflicht)
Abs. 1
Bei Personen, die einen universitären Medizinalberuf ausüben und gemäss § 4 der
Bewilligungspflicht unterstehen, ist wie bis anhin für die Beschäftigung von im Medizinalberuf
fachlich unselbstständig tätigen Personen eine Assistentenbewilligung notwendig (§ 8 Abs. 1
GesG-E). Bei Medizinalberufen spricht man bei fachlich unselbstständiger Tätigkeit von
Assistentinnen und Assistenten oder Assistenzärztinnen und Assistenztierärzten. Im
Unterschied zur geltenden Regelung auf Verordnungsstufe wird die Erteilung der
Assistentenbewilligung nicht mehr an das Vorliegen einer speziellen Bedarfssituation
geknüpft. Ebenfalls erfolgt keine Unterscheidung, ob die Assistenzperson zu
Ausbildungszwecken oder anderweitig beschäftigt werden soll.
Abs. 2
Die konkreten Voraussetzungen betreffend fachliche Qualifikationen etc. regelt der
Regierungsrat (§ 8 Abs. 2 GesG-E).
Abs. 3
Auch bei bewilligungspflichtigen Assistentinnen und Assistenten gelten die Grundsätze von
§ 7 (§ 8 Abs. 3 GesG-E). Explizit wird auch bei Assistentinnen und Assistenten die
Möglichkeit der Begrenzung der bei einer zur selbstständigen Berufsausübung zugelassenen
Medizinalperson tätigen Assistentinnen und Assistenten aufgeführt. Dahinter steht, wie auch
bei § 7 Abs. 5 GesG-E die Überlegung, dass ab einer gewissen Anzahl von fachlich
unselbstständig tätigen Personen eine sachgerechte und korrekte Aufsicht durch die
Bewilligungsinhaberin beziehungsweise den Bewilligungsinhaber nicht mehr sichergestellt
ist. Bei Ärztinnen und Ärzten kann sich je nach Situation die Frage nach einer Bewilligung
gemäss § 25 Abs. 1 lit. c GesG-E (Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch
Ärztinnen und Ärzte dienen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG) stellen. Ebenfalls ist die
Möglichkeit der Befristung von Assistentenbewilligungen vorgesehen. Eine Differenzierung in
verschiedene "Assistentenkategorien" (unter anderem Aus- und Weiterbildungsassistenz) ist
unter diesen Überlegungen nicht notwendig.
Allfällige Fehlhandlungen der Assistentinnen und Assistenten werden der Inhaberin
beziehungsweise dem Inhaber der Assistentenbewilligung, welche beziehungsweise welcher
ja auch Inhaberin beziehungsweise Inhaber einer Berufsausübungsbewilligung ist,
zugerechnet. Zur Anwendung können also mitunter die §§ 10–12 GesG-E gelangen. So
stehen also die Bewilligungsinhaberin und der Bewilligungsinhaber gegenüber der
Aufsichtsbehörde primär in Pflicht. Durch Verweis von § 13 GesG-E zu § 8 GesG-E ist weiter
auch sichergestellt, dass auch für Assistentinnen und Assistenten die Berufspflichten und
Berufsrechte Gültigkeit haben.
- 47 -
§ 9 (Stellvertretung)
Abs. 1
Grundsätzlich können sich alle Berufe im Gesundheitswesen bei Verhinderung oder
vorübergehender Abwesenheit vertreten lassen. Bei Medizinalberufen mit
Berufsausübungsbewilligung ist eine Vertretung bewilligungspflichtig (§ 9 Abs. 1 GesG-E).
Für die Stellvertretung bei Organisationen und Betrieben im Gesundheitswesen haben die §§
26 und 27 GesG-E Gültigkeit (betreffen Apotheken; vgl. § 27 GesG-E). Bei Medizinalberufen
ist analog der geltenden Regelung die Vertretung auch möglich falls die Person mit
Berufsausübungbewilligung verstorben ist. Diesfalls wird die Vertreterbewilligung an die
Erben erteilt.
Abs. 2
Bei den weiteren bewilligungspflichtigen Berufen (Physiotherapeutinnen und
Physiotherapeuten, Medizinischen Masseurinnen und Masseuren etc.) im
Gesundheitswesen ist eine Vertretung ohne Bewilligung oder Meldung möglich (§ 9 Abs. 2
GesG-E). Vorbehalten bleibt die Bewilligungspflicht der Stellvertretung in Drogerien gemäss
§ 27 GesG-E.
Abs. 3
Stellvertretungen haben die in § 5 GesG-E genannten fachlichen und persönlichen
Voraussetzungen zu erfüllen (§ 9 Abs. 3 GesG-E). Dies rechtfertigt sich unter dem Aspekt,
dass sie fachlich eigenverantwortlich (§ 9 Abs. 4 GesG-E) Behandlungen vornehmen. Bei
bewilligungspflichtigen Stellvertretungen überprüft die zuständige Behörde das
Vorhandensein, bei nichtbewilligungspflichtigen Stellvertretungen liegt dies in der
Verantwortung der Person mit Berufsausübungsbewilligung.
Abs. 4
Das Handeln im Namen und auf Rechnung der vertretenen Person ist Konsequenz der
Regelung gemäss den Absätzen 1 und 2 (§ 9 Abs. 4 GesG-E).
Abs. 5
Mittels Verordnung werden Ausführungsbestimmungen zum Beispiel zur möglichen Dauer
einer Vertretung und Pensenteilung beziehungsweise Begrenzung der Anzahl Vertretenden
erlassen (§ 9 Abs. 5 GesG-E). Es ist weiter zur Regelung auf Verordnungsstufe vorgesehen,
dass bei Stellvertreter-Personen, die bereits im Besitz einer Berufsausübungsbewilligung in
einem universitären Medizinalberuf sind, eine Meldung an die Bewilligungsbehörde genügt.
Ebenso soll wie bis anhin möglich sein, dass zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte auch dann
als Stellvertretung zugelassen werden, wenn sie noch nicht über sämtliche grundsätzlich
erforderlichen Voraussetzungen verfügen (zum Beispiel Weiterbildung formal noch nicht
abgeschlossen), ihre Stellevertretung jedoch durch ein Spital oder eine andere
Bewilligungsinhaberin oder einen anderen Bewilligungsinhaber (zum Beispiel Praxispartnerin
beziehungsweise Praxispartner der zu stellvertretenden Medizinalperson) qualifiziert
begleitet beziehungsweise supervidiert wird.
- 48 -
Allfällige Fehlhandlungen der Stellvertreterinnen und der Stellvertreter werden – im Fall von
bewilligungspflichtigen Stellvertretungen gemäss § 9 Abs. 1 GesG-E – der Inhaberin
beziehungsweise dem Inhaber der Stellvertreterbebewilligung, welche beziehungsweise
welcher ja auch Inhaberin beziehungsweise Inhaber einer Berufsausübungsbewilligung ist,
zugerechnet. Bei nichtbewilligungspflichtigen Stellvertretungen gemäss § 9 Abs. 2 GesG-E
zeichnen die Inhaberin beziehungsweise der Inhaber der Berufsausübungsbewilligung
verantwortlich. Zur Anwendung können also mitunter die §§ 10–12 GesG-E gelangen. So
stehen also die Bewilligungsinhaberin und der Bewilligungsinhaber gegenüber der
Aufsichtsbehörde primär in Pflicht. Durch Verweis von § 13 GesG-E zu § 9 GesG-E ist
jedoch auch sichergestellt, dass auch für Stellvertreterinnen und Stellvertreter die
Berufspflichten und Berufsrechte Gültigkeit haben.
§ 10 (Einschränkung der Berufsausübungsbewilligung; Entzug)
Abs. 1
Für die universitären Medizinalberufe sehen bereits Art. 37 f. MedBG mögliche
Einschränkungen der Bewilligungen und weiteren Auflagen etc. durch die Kantone vor. § 10
Abs. 1 GesG-E nimmt in diesem Sinne für alle Berufe im Gesundheitswesen diese
Möglichkeiten auf. Fachliche Einschränkungen betreffen den Bereich der ausgeübten
Tätigkeit. Zeitliche Einschränkungen können die Laufzeit der Berufsausübungsbewilligung
aber auch zum Beispiel die Dauer der Tätigkeit betreffen. Unter räumlichen Einschränkungen
sind Einschränkungen betreffend den geografischen Geltungsbereich zu verstehen.
Selbstredend haben sich entsprechende Einschränkungen nach den allgemeinen
Grundsätzen des Verwaltungsrechts (Prinzip der Verhältnismässigkeit etc.) zu richten sowie
– falls sich das nicht aus der unmittelbaren Umsetzung von Bundesrecht (MedBG etc.) ergibt
– dem Ziel der Wahrung der öffentlichen Gesundheit zu dienen. Die in § 10 Abs. 2 GesG-E
genannten Gründe entsprechen inhaltlich Art. 38 MedBG.
Abs. 2
Die in § 10 Abs. 2 GesG-E genannten Gründe entsprechen inhaltlich Art. 38 MedBG.
Abs. 3
Bei Vorliegen gewisser Sachverhalte kann die Berufsausübungsbewilligung durch die
erteilende Behörde entzogen werden (§ 10 Abs. 3 GesG-E). Da bei Verletzung von
Berufspflichten, Vorschriften des MedBG oder Ausführungsvorschriften (damit sind auch
kantonale gemeint) bei im Sinne des MedBG selbstständig tätigen Medizinalberufen
ausschliesslich Disziplinarmassnahmen gemäss Art. 43 Abs. 1 MedBG angeordnet werden
dürften (abschliessende Regelung im Bundesrecht), wird diese Bestimmung für
Medizinalberufe nur subsidiär und/oder in Einzelfällen (vgl. Ausführungen zu § 4 GesG-E
betreffend des Begriffs "Selbstständigkeit" gemäss MedBG) Anwendung finden. Hingegen
kann bei anderen Berufen des Gesundheitswesens das Erfüllen der in § 10 Abs. 3 lit. a–d
GesG-E genannten Sachverhalte zu einem Entzug oder allenfalls einer milderen
Einschränkung führen. Die Auflistung entspricht betreffend Litera b der geltenden Regelung
mit Bezug auf Art. 43 MedBG und betreffend Litera c inhaltlich der geltenden Regelung mit
der Ergänzung der Beihilfeleistung. Unter Litera d fallen Sachverhalte, die nicht in erster
Linie im Kontext mit der Berufsausübung im Gesundheitswesen stehen, aber dennoch
Auswirkungen auf die Bewilligung haben können.
- 49 -
Zu denken ist insbesondere an massive finanzielle Probleme ausserhalb der Praxistätigkeit,
an ein massiv gespanntes Verhältnis zu den Behörden, an allgemein "unseriöses" Verhalten
u.a.
Abs. 4
Die verschiedenen umfangmässigen aber auch zeitlichen Dimensionen einer Einschränkung
beziehungsweise eines Entzugs werden in § 10 Abs. 4 GesG-E genannt.
Abs. 5
In Ergänzung von § 33 Abs. 3 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) soll eine
Kostenauflage bei Abklärungen und Expertisen auch ohne, dass es explizit im Interesse des
Beteiligten liegt, möglich sein. Die gesundheitspolizeilichen Interessen des Staats
rechtfertigen eine derartige Präzisierung. In der Praxis zeigt sich, dass bei Verfahren um
Einschränkung oder Entzug von Berufsausübungsbewilligungen die Gesundheitsbehörde für
eine sachgerechte Entscheidfindung häufig weitere Erhebungen (fachliche Abklärungen u.a.)
vornehmen oder auch Expertisen einholen muss.
§ 11 (Erlöschen der Bewilligung)
Die einmal erteilte Berufsausübungsbewilligung gilt zeitlich unbefristet. Bewusst werden
sowohl auf eine Befristung als auch auf eine "Verfallsbestimmung" (zum Beispiel wenn
Praxis nicht innert Frist eröffnet wird oder Altersbegrenzung u.ä.) verzichtet. Stellt eine
Bewilligungsinhaberin oder ein Bewilligungsinhaber ihre beziehungsweise seine Tätigkeit für
eine bestimmte Zeit ein, indem sie oder er zum Beispiel im Ausland eine Weiterbildung
macht, wird dies bei der Meldung an die Behörde vermerkt und die Bewilligung sistiert.
Ein automatisches Erlöschen zieht der Tod (§ 11 lit. a GesG-E), der dauernde und
vollständige Entzug (§ 11 lit. b GesG-E), der schriftliche Verzicht (§ 11 lit. c GesG-E), mit
anderen Worten die erklärte, in der Regel dauernde Einstellung der Tätigkeit u.ä. sowie das
in einem Strafverfahren (Art. 67 und 67b StGB) ausgesprochene Berufsverbot (§ 11 lit. d
GesG-E) nach sich.
§ 12 (Veröffentlichung)
Mit § 12 GesG-E wird die Grundlage geschaffen, dass die im Kanton Aargau zuständige
Aufsichts- und Bewilligungsbehörde unter gewissen, im Gesetz genannten Voraussetzungen
Informationen betreffend die Erteilung, die Einschränkung, den Entzug und das Erlöschen
einer Bewilligung sowie das Verbot einer Tätigkeit (vgl. § 23 GesG-E) der Öffentlichkeit oder
Dritten bekannt geben darf.
Eine Information soll gegenüber anderen kantonalen, eidgenössischen oder ausländischen
Behörden (zum Beispiel falls dort bereits eine Bewilligung vorhanden ist oder beantragt
wird), aber auch gegenüber den jeweiligen Berufsverbänden (unter anderem im
Zusammenhang mit § 39 Abs. 2 GesG-E) oder den Krankenversicherern, soweit dies zur
Erfüllung einer öffentlichen Aufgaben erforderlich ist, erfolgen können. Was die Bekanntgabe
an ausländische Behörden angeht, müssen die sich aus den internationalen Abkommen
(Schengen/
Dublin) ergebenden Grundsätze des Datenschutzrechts eingehalten werden. Diese
- 50 -
widerspiegeln sich in § 14 Abs. 3 und 4 des kantonalen Gesetzes über die Information der
Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen (IDAG) vom 24. Oktober 2006, welche
entsprechend anwendbar sind. Je nach dem muss eine Information auch gegenüber der
breiten Öffentlichkeit (Patientinnen und Patienten) möglich sein. So kann der Vernetzung und
Qualität im Gesundheitswesen gedient werden und es können allenfalls unwissende
Patientinnen und Patienten zum Schutz ihrer Gesundheit über Umfang und Berechtigung zur
Ausübung eines Berufs im Gesundheitswesen mit Informationen erreicht werden.
3.2. Berufsausübung
§ 13 (Geltungsbereich)
Abs. 1
§ 13 GesG-E bestimmt den Geltungsbereich der Bestimmungen über Rechte und Pflichten
der im Gesundheitswesen tätigen Berufe. So haben sie Gültigkeit für alle Berufe mit Pflicht
zur Berufausübungsbewilligung (§ 4 Abs. 1 GesG-E), für alle Berufe, welche zur
selbstständigen Tätigkeit ohne Bewilligung berechtigt sind (das heisst in stationären
Einrichtungen;
vgl. § 4 Abs. 2 GesG-E) sowie für alle Berufe, welche meldepflichtig sind (§ 6 GesG-E), dies
unabhängig davon, ob die Tätigkeit fachlich eigenverantwortlich und selbstständig oder
unselbstständig oder in Vertretung ausgeübt wird (§ 13 Abs. 1 GesG-E). Ebenfalls spielt es
keine Rolle, wo der Beruf ausgeübt wird (so auch in Spitälern, Pflegeheimen etc.).
Abs. 2
Hier gilt es anzumerken, dass für die universitären Medizinalberufe gemäss MedBG die
Berufspflichten (Art. 40 MedBG) einheitlich und abschliessend im MedBG geregelt sind.
Selbstverständlich können auf die Medizinalberufe gemäss MedBG entsprechend
ausführende kantonalrechtliche Bestimmungen Anwendung finden. Für Berufe ausserhalb
der Medizinalberufegesetzgebung haben primär die §§ 14–21 GesG-E Gültigkeit, Art. 40 lit.
a, b und
e MedBG findet ergänzend Anwendung. So gelten zum Beispiel die Berufspflichten (inklusive
Weiterbildung) auch für die nicht unter gemäss Art. 34 MedBG i.V.m. Art. 40 MedBG den
MedBG-Berufspflichten unterstehenden Berufe des Gesundheitswesens (§ 13 Abs. 2
GesG-E).
Abs. 3
Die Bestimmungen über Rechte und Pflichten finden für die bewilligungsfreien Berufe, das
heisst diejenigen Berufe, die nicht unter die Bewilligungspflicht und Meldepflicht fallen nur in
Bezug auf die Bekanntmachungen Anwendung (§ 13 Abs. 3 GesG-E). Dies lässt sich trotz
Gewichtung der Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten aus Gründen des
öffentlichen Interesses (Abwehr/Schutz der Patientinnen und Patienten vor Gefahren durch
unsachgemässe, irreführende Bekanntmachungen) rechtfertigen. Personen, die
bewilligungsfrei tätig sein dürfen, haben sich selbstverständlich an die allgemeinen
Verpflichtungen zivil- und strafgesetzlicher Natur zu halten (zum Beispiel Schutz der
Persönlichkeit gemäss Zivilgesetzbuch [ZGB], Einhaltung vertraglicher Pflichten gemäss
Obligationenrecht [OR], zum Beispiel Dokumentationspflicht gemäss Auftragsrecht etc.).
Ebenso unterstehen sie den vertraglichen und ausservertraglichen haftpflichtrechtlichen
- 51 -
Verantwortlichkeiten. Auch haben die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zum Beispiel
zur Bearbeitung von Personendaten, zur Schweigepflicht u.a. Gültigkeit.
- 52 -
§ 14 (Grundsatz)
Abs. 1
Diese Bestimmung entspricht weitgehend dem geltenden Recht. Es hat eine
Zusammenführungen der einzelnen Regelungen und die Aufnahme der allgemein
anerkannten Begrifflichkeiten und Standards (Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit)
stattgefunden (§ 14 Abs. 1 GesG-E). Als Auslegungshilfen zur Bestimmung der jeweils
aktuellen anerkannten Grundsätze können neben den wissenschaftlichen Standards mitunter
Richtlinien von Fachgesellschaften u.ä. dienen (zum Beispiel SAMW-Richtlinien).
Abs. 2
Die sorgfältige und gewissenhafte Berufsausübung ergibt sich aus der Einhaltung der
gemäss Absatz 1 genannten Grundsätze und entspricht den allgemeinen Anforderungen an
ein Behandlungsverhältnis. Die persönliche Berufsausübung schliesst eigentliche
Filialpraxen aus. Denkbar ist die Tätigkeit an mehren Orten, wobei sich die Anwesenheit
beziehungsweise die persönliche Berufsausübung mit den Öffnungszeiten decken muss (§
14 Abs. 2 GesG-E).
Denkbar ist – vorbehältlich anderweitiger Bestimmungen (zum Beispiel Art. 46 KVV) – die
Führung einer Praxis in Form einer Aktiengesellschaft o.ä. Zentral dabei ist, dass sich
dadurch an den beruflichen Verpflichtungen der im Gesundheitswesen tätigen Person
überhaupt nichts ändert. Die Bewilligungsinhaberin beziehungsweise der
Bewilligungsinhaber ist auch unter solchen Voraussetzungen für die erbrachten Leistungen
persönlich verantwortlich. Insbesondere ist sie oder er persönlich für alle diagnostischen,
therapeutischen und anderen Verrichtungen verantwortlich, welche sie oder er selbst, oder
eine unter ihrer beziehungsweise seiner Aufsicht stehende unselbstständig tätige Person,
vornimmt. Sie oder er haftet persönlich für Behandlungsfehler beziehungsweise Verletzung
der beruflichen Sorgfaltspflichten etc.
Abs. 3
Die Beschränkung der Berufstätigkeit auf das im Rahmen der Aus- und Weiterbildung
Erlernte sowie die erhaltene Bewilligung findet sich schon in vergleichbarer Art und Weise im
geltenden Recht (§ 14 Abs. 3 GesG-E). Neu ist explizit auch die Weiterbildung aufgeführt.
Diese Bestimmung findet auch Anwendung auf Personen, die ohne Bewilligung zur
Berufsausübung berechtigt sind (§ 13 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2). Das Angebot von
Tätigkeiten, die bewilligungsfrei möglich sind, ist ohne weiteres möglich. So kann auch eine
Person mit Berufsausübungsbewilligung bei entsprechenden Kenntnissen zusätzlich zum
Beispiel naturheilkundliche Tätigkeiten anbieten.
§ 15 (Einzelne Berufspflichten)
Abs. 1
In Absatz 1 werden die Personen, die in Berufen des Gesundheitswesens tätig sind, auf die
sich für die Patientinnen und Patienten gestützt auf die Bundesverfassung und das Zivilgesetzbuch ergebenden grundlegenden Rechte gemäss § 28 GesG-E verpflichtet; sie spiegeln
sich in der vorliegenden Bestimmung als Pflichten (lit. a).
- 53 -
Die Aufzeichnungspflicht sowie die öffentlich-rechtliche Aufbewahrungspflicht von 10 Jahren
gemäss Litera b entspricht dem bisherigen Recht. Im Rahmen des Anwendungsbereichs des
kantonalen Gesetzes über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das
Archivwesen (IDAG) vom 24. Oktober 2006 (vgl. Kommentar zu § 28 hinten) gilt
grundsätzlich § 21 IDAG. Dies bedeutet, dass jene Daten zu vernichten sind, wenn sie zur
Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe oder zu Beweis- und Sicherungszwecken nicht mehr
benötigt werden (§ 21 Abs. 1 IDAG). Die Frist von 10 Jahren ab Erstellung der Akten gemäss
GesG-E stellt in diesem Sinne eine Mindestaufbewahrungsfrist dar und wird explizit als
solche bezeichnet. Der Vorbehalt in § 21 Abs. 2 IDAG, wonach Bestimmungen über das
Archivwesen vorgehen, hat für Patientenakten keine Bedeutung. Patientenakten fallen
grundsätzlich nicht unter die §§ 43 beziehungsweise 45 IDAG. Für die dem Bundesgesetz
über den Datenschutz (DSG) vom 19. Juni 1992 (SR 235.1) unterliegenden
Rechtsverhältnisse gelten dessen Bestimmungen.
Gemäss Litera c haben Personen, die in Berufen des Gesundheitswesens tätig sind, dafür
zu sorgen, dass die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken durch eine
Haftpflichtversicherung abgedeckt sind. Dies bedeutet insbesondere, dass Personen, deren
Berufsrisiken bereits vollumfänglich durch die Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers
abgedeckt sind (insbesondere Spitalärzte), keine Berufshaftpflichtversicherung abschliessen
müssen. Weiter haben Personen, die gemäss MedBG einen universitären Medizinalberuf
selbstständig ausüben, gemäss Art. 40 lit. h MedBG auch die Möglichkeit, für die mit ihrer
Tätigkeit verbundenen Risiken anstelle einer Berufshaftpflichtversicherung andere, gleichwertige Sicherheiten zu erbringen.
Abs. 2
Um Klarheit hinsichtlich der in der Vernehmlassung aufgeworfenen Frage, ob Patientenakten
zwingend nach Ablauf der Mindestaufbewahrungsfrist zu vernichten sind, obwohl sie
aufgrund weiterer Zwecke weiterhin aufbewahrungswürdig erscheinen, wird in Absatz 2 eine
spezialgesetzliche und damit dem IDAG diesbezüglich vorgehende Regelung aufgenommen.
Es wird eine Maximalfrist von 20 Jahren ab Erstellung der Akten sowie die
Archivierungsmöglichkeit vorgesehen. Mit Vorliegen von medizinischen Gründen rechtfertigt
sich die längere Aufbewahrung beispielsweise für langandauernde Krankheitsbilder, für
welche das Zurückgreifen auf ältere Dokumente zur optimalen Behandlung der betroffenen
Person ein ärztliches Bedürfnis darstellt (zum Beispiel psychiatrische Behandlungen,
Krebsbehandlungen, vererbbare Krankheiten). Ein besonderes öffentliches Interesse, das
zur Archivierung von Patientenakten bei in Berufen des Gesundheitswesens tätigen
Personen berechtigt, stellt das Forschungsinteresse dar. Bei dieser Archivierung wird die
Zugriffsberechtigung restriktiv zu halten und die Aufbewahrung gesondert vorzunehmen sein.
Abs. 3
Mit Absatz 3 wird der Regierungsrat ermächtigt, insbesondere Form, Inhalt und Umfang der
Dokumentationen näher zu bestimmen (beispielsweise die Bezeichnung der bei einzelnen
Berufen aufzuzeichnenden Sachverhalte; Nachvollziehbarkeit von Änderungen; Aufnahme
von Vermerken im Sinne einer Gegendarstellung der Patientin beziehungsweise des
Patienten). Dabei soll er den berufsspezifischen Besonderheiten Rechnung tragen können.
Weiter wird mit der Regelung der Modalitäten der Aufbewahrungspflicht (beispielsweise
Aktenaufbewahrung und Übergabe der Praxis an eine Nachfolge) insbesondere den sich im
- 54 -
Rahmen der bisherigen Rechtsanwendung aufgetretenen Fragen in diesem Bereich
begegnet.
§ 16 (Beistandspflicht)
Das MedBG statuiert als Berufspflicht in Art. 40 lit. g Folgendes: "Sie leisten in dringenden
Fällen Beistand (…)." Diese für die Medizinalberufe kraft Bundesrecht geltende Pflicht soll für
alle Personen, welche einen Beruf im Gesundheitswesen ausüben, Geltung haben.
Relativiert wird diese Pflicht zur Nothilfe lediglich insofern, als diese sich im Umfang an den
beruflichen Kenntnissen und den Fähigkeiten der einzelnen Berufskategorien zu messen hat.
§ 17 (Infrastruktur)
Unter dem Aspekt der Qualitätssicherung werden neu explizit Anforderungen an die
Ausrüstung, Einrichtung und die Räumlichkeiten von Personen, die in Berufen des
Gesundheitswesens tätig sind, gestellt (§ 17 GesG-E). Denkbar und aufgrund der
allgemeinen Mobilität auch immer häufiger ist eine Tätigkeit ohne stationäre Praxis im
Kanton (zum Beispiel in Arzt- oder Zahnarztpraxen ambulant tätige Anästhesieärztinnen und
Anästhesieärzte, "fahrende Tierarztpraxen" oder Augenoptikerinnen und Augenoptiker).
Auch diesfalls wird jedoch eine zweckentsprechende Infrastruktur, die den Anforderungen an
eine sorgfältige Berufsausübung entspricht, verlangt. In der Verordnung werden je nach
Gefährdungspotential einer Berufstätigkeit ausführende, ergänzende Bestimmungen
erlassen.
§ 18 (Bekanntmachungen)
Abs. 1
Ergänzend zur inhaltlich von Art. 40 lit. d MedBG (Werbung) übernommenen Regelung wird
umfassend die "Bekanntmachung", das heisst Werbung, allgemein der Auftritt nach Aussen
geregelt (§ 18 Abs. 1 GesG-E). In Anbetracht der Bedeutung dieser Bestimmung als
Gegenpol zur Liberalisierung der Berufe im Gesundheitswesen rechtfertigt sich eine explizite
Regelung der Bekanntmachung im GesG-E (vgl. auch § 13 Abs. 2 und 3 GesG-E). Jegliche
Bekanntmachung muss – wie auch für den Geltungsbereich des MedBG vorgesehen –
objektiv sein, einem öffentlichen Bedürfnis entsprechen sowie weder irreführend noch
aufdringlich sein. Insbesondere beim öffentlichen Bedürfnis dürfte es sich um ein in der
Praxis schwer definierbares Kriterium handeln. Dies ist übrigens ein Punkt, welcher schon
bei Erarbeitung des MedBG erkannt wurde. Es ist an der zuständigen (Aufsichts-) Behörde,
die Einhaltung der Bestimmungen über eine korrekte Bekanntmachung zu prüfen und hierzu
allenfalls allgemein anwendbare Kriterien zu finden. Anhaltspunkte dazu könnten zum
Beispiel im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 19. Dezember
1986 (SR 241) und der daraus ergehenden Rechtsprechung gesucht werden. Das UWG hat
im Gegensatz zu den gesundheitspolizeilich motivierten Werbebestimmungen primär den
lauteren Wettbewerb und das Verhältnis zwischen den Mitbewerbern im Auge.
Abs. 2
Je nach Gefährdungspotential soll bei gewissen Berufen und Tätigkeiten eine Liberalisierung
der gesundheitspolizeilich motivierten Beschränkungen möglich sein. So kann es angezeigt
sein, die Grundsätze der Bekanntmachungen gemäss Absatz 1 im Kontext mit dem
Gefährdungspotential des Berufs beziehungsweise der Tätigkeit in der Verordnung zu regeln
- 55 -
(18 Abs. 2 GesG-E).
- 56 -
§ 19 (Berufsgeheimnis)
Abs. 1
Die Wahrung des Berufsgeheimnisses erfährt mit dem Tatbestand von Art. 321 des
Strafgesetzbuchs (StGB; SR 311.0; Verletzung des Berufsgeheimnisses) einem
strafrechtlichen Schutz. Die Schweigepflicht gemäss GesG-E wird wie bis anhin auf alle
Personen, die in Berufen des Gesundheitswesens tätig sind, sowie ihre Hilfspersonen
ausgedehnt. Ausgenommen sind Berufe und Tätigkeiten mit beziehungsweise an Tieren.
Absatz 1 gibt die grundsätzlich geltende Schweigepflicht wieder.
Abs. 2
Für die verschiedenen Möglichkeiten der Befreiung vom Berufsgeheimnis, welche in
Abweichung vom Grundsatz in Absatz 1 gelten, wird in Absatz 2 auf die zwei nachfolgenden
Paragrafen verwiesen.
§ 20 (Meldepflichten)
Die beiden meldepflichtigen Sachverhalte entsprechen dem bisherigen Recht. Es handelt
sich um strafrechtliche Anzeigen beim zuständigen Bezirksamt. Die zuständige Behörde wird
in der Verordnung bezeichnet. Die epidemiologischen Meldepflichten sind abschliessend im
Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen
(Epidemiengesetz) vom 18. Dezember 1970 (SR 818.101) geregelt.
§ 21 (Melderechte)
Abs. 1
Die Einwilligung der dazu berechtigten Person oder subsidiär die schriftliche Ermächtigung
der zuständigen Behörde zur Offenbarung des Geheimnisses übernimmt in Absatz 1 die
bestehende Regelung. In Anlehnung an die Regelung des Berufsgeheimnisses im StGB
(Art. 321) sowie an Lehre und Praxis wird nun ausdrücklich erwähnt, dass das Gesuch um
Entbindung vom Berufsgeheimnis von der schweigepflichtigen Person selbst gestellt werden
muss. Bei den Verfahren betreffend Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht vollzieht
das Departement Gesundheit und Soziales grundsätzlich Art. 321 Ziff. 2 des
Strafgesetzbuchs (schriftliche Bewilligung der vorgesetzten Behörde oder Aufsichtsbehörde).
Das Departement Gesundheit und Soziales entscheidet auf Gesuch hin in einem normalen
Verwaltungsverfahren nach VRPG. Die Ermächtigung zur Offenbarung des Geheimnisses
wird erteilt, wenn private oder öffentliche Interessen an einer Offenbarung das
Geheimhaltungsinteresse überwiegen.
Abs. 2
In Absatz 2 wurde die bisherige Möglichkeit des Melderechts von Wahrnehmungen, die auf
Verbrechen oder Vergehen schliessen lassen, auf weitere sich aus den Bedürfnissen der
Praxis ergebenden Sachverhalte ausgedehnt, für welche sich eine bereits durch den
Gesetzgeber vorgenommene Interessenabwägung eignet. Bei Vorliegen des
entsprechenden Sachverhalts handelt es sich nicht um eine Pflicht, sondern um ein Recht
des Geheimnisträgers.
- 57 -
 Litera a betrifft das Inkasso (Rechnungsstellung, betreibungsrechtliche und prozessuale
Geltendmachung) von Forderungen aus dem Behandlungsverhältnis. Da grundsätzlich
bereits die Tatsache eines Behandlungsverhältnisses unter das Geheimnis fällt (zum
Beispiel psychiatrische Behandlung), wäre für den Gang zum Betreibungsamt
beziehungsweise die prozessual vorgesehenen Instanzen ein Entbindungsverfahren
durchzuführen, falls die behandelte Person nicht in die Offenbarung einwilligt. Mit der
vorgeschlagenen Lösung soll der grundsätzlich schweigepflichtigen Person ermöglicht
werden, ohne Zwischenschaltung eines Entbindungsverfahrens das Bestehen der
Forderung zu überprüfen und falls sie gerechtfertigt ist, vollstrecken zu lassen. Die
Schweigepflicht hat nicht die Funktion, die Durchsetzung berechtigter Forderungen zu
erschweren.
 Litera b soll der Leichenidentifikation (zum Beispiel Anwendungsfall Tsunami-Opfer;
Auskünfte gegenüber Kantonspolizei oder Bezirksamt) dienen.
 Litera c ermöglicht es den behandelnden Personen, Mitteilungen gegenüber der
Vormundschaftsbehörde (beziehungsweise der künftigen Kinderschutzbehörde; vgl. lit. d),
den Kinderschutzgruppen der Kantonsspitäler Aarau und Baden, den Strafbehörden
sowie Kinder betreffende Sachverhalte der häuslichen Gewalt der kantonalen Anlaufstelle
gegen häusliche Gewalt zu machen. Damit wird dem Schutz des Kindeswohls, welchem
bei der Interessenabwägung im Entbindungsverfahren jeweils besondere Bedeutung
zugemessen wird, Rechnung getragen.
 In Anwendung von Litera d können Meldungen an die Vormundschaftsbehörden, die
Strafbehörden sowie Erwachsene betreffende Sachverhalte der häuslichen Gewalt an die
kantonale Anlaufstelle gegen häusliche Gewalt erfolgen. Hauptanwendungsbereich
stellen in ihrer Selbstständigkeit beeinträchtige Personen (dementkranke Personen) dar,
zu deren Schutz die Prüfung von vormundschaftlichen Massnahmen ermöglicht werden
soll; eine Einwilligung und die Stellungnahme zum Gesuch der schweigepflichtigen
Person während des Entbindungsverfahrens ist meist zufolge fehlender Urteilsfähigkeit
nicht möglich.
 Der Begriff "Erwachsenenschutz" entspricht der Terminologie der Botschaft zur Änderung
des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Erwachsenenschutz, Personenrecht und
Kindesrecht) vom 28. Juni 2006. Heute erfolgen die Meldungen an die
Vormundschaftsbehörde; künftig an eine Erwachsenenschutzbehörde zur Prüfung einer
Beistandschaft. Die Erwachsenenschutzbehörde gemäss Art. 440 der Botschaft zur
Änderung des Zivilgesetzbuchs übernimmt auch die Aufgaben der Kindesschutzbehörde.
 Litera e betrifft Meldungen im Zusammenhang mit der Prüfung einer Fürsorgerischen
Freiheitsentziehung (FFE) in Anwendung des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen
Zivilgesetzbuch und Partnerschaftsgesetz (EG ZGB) an die zur Anordnung einer
Unterbringung zuständige Behörde (SAR 210.100; § 67 lit. b: Bezirksamt,
Vormundschaftsbehörde, Bezirksarzt).
 Mit Litera f wird den schweigepflichtigen Personen die Möglichkeit eingeräumt,
Wahrnehmungen, die auf Verbrechen oder Vergehen schliessen lassen, bei der
Strafverfolgungsbehörde anzuzeigen. Eine Einwilligung durch die Geheimnisherrin oder
den Geheimnisherrn ist in derartigen Fällen kaum erhältlich. Der Versuch, eine
Einwilligung zu erhalten oder eine Stellungnahme während eines Entbindungsverfahrens
einzuholen, kann allenfalls auch die polizeilichen Ermittlungen beeinträchtigen. Auch hier
handelt es sich lediglich um eine Berechtigung. Die schweigepflichtige Person wird selbst
eine Interessenabwägung vornehmen und das Vertrauensverhältnis zum Patienten
- 58 -
beziehungsweise zur Patientin nicht leichtfertig in Frage stellen. Damit ist davon
auszugehen, dass entsprechende Meldungen gravierende Sachverhalte beinhalten,
welche sich gegen besonders sensible Rechtsgüter (beispielsweise sexuelle Integrität,
Leib und Leben) richten.
 Litera g versetzt die schweigepflichtige Person in die Lage, zur Wahrung ihrer
Verfahrensrechte das Geheimnis zu offenbaren. Mit der Anstrengung von Verfahren
gegen die schweigepflichtige Person offenbart die Patientin beziehungsweise der Patient
bereits
einen Teil des Geheimnisses gegenüber der zuständigen Behörde. Damit beispielsweise
eine wirksame Verteidigung ermöglicht wird und die Beurteilung aufgrund aller relevanten
Fakten erfolgen kann, ist die schweigepflichtige Person darauf angewiesen, auch
ihrerseits das Geheimnis offenbaren zu können. Die Offenbarung erfolgt beispielsweise
gegenüber Strafverfolgungsbehörden und gerichtlichen Behörden.
Die Bekanntgabe beinhaltet besonders schützenswerte Personendaten. Die zur Offenbarung
berechtigenden Fallkonstellationen werden im Gesetz bezeichnet. Die Meldungen an
öffentliche Organe erfüllen die Voraussetzungen i.S. von § 14 Abs. 2 IDAG. Die
Bekanntgabe durch öffentliche Organe an Inkassostellen ist zur Durchsetzung von
Rechtsansprüchen i.S. von § 15 Abs. 1 lit. c IDAG erforderlich. Die Bekanntgabe durch
private Leistungserbringer an Inkassostellen ist aufgrund der Rechtfertigung in Art. 13 Abs. 1
DSG kompatibel.
Abs. 3
Die Offenbarung wird in Absatz 3 weiterhin auf die zur Erreichung des bezeichneten Zwecks
erforderlichen Daten mit Geheimnischarakter begrenzt. Adressatinnen und Adressaten der
Datenpreisgabe sind die für die besonderen Sachverhalte zuständigen Behörden; diese
werden vom Regierungsrat bezeichnet.
Abs. 4
Für die in Abs. 2 lit. a und g bezeichneten Fallkonstellationen können auch weitere
Adressatinnen und Adressaten als die in Absatz 3 erwähnten Behörden in Frage kommen.
Im Fall von Litera a sind dies die von der schweigepflichtigen Person für das Inkasso
beauftragte rechtliche Vertretung (Rechtsanwalt beziehungsweise von der entsprechenden
Verfahrensordnung zugelassene Dritte) und die vertraglich zum Inkasso beauftragte Person
(Auslagerung der Rechnungsstelle an Dritte, zum Beispiel Ärztekasse, Treuhandbüro,
Inkassobüro). Hinsichtlich Litera g sind es zusätzlich zu ihrer rechtlichen Vertretung ihre
Haftpflichtversicherung und eine medizinische Gutachterstelle. Auch gegenüber diesen
Dritten soll die Datenbekanntgabe ohne Entbindungsverfahren ermöglicht werden, was mit
Absatz 4 vorgesehen wird. Diese Berechtigung setzt allerdings voraus, dass die
schweigepflichtige Person dafür besorgt ist, dass der Datenschutz in geeigneter Weise
sichergestellt ist.
§ 22 (Aufsicht)
Die Aufsichtsbehörde ist zuständig, um die notwendigen Massnahmen zur Einhaltung der
Berufspflichten und -rechte zu treffen zum Beispiel bis hin zum Entzug der Bewilligung
gemäss § 10 GesG-E (§ 22 Abs. 1 GesG-E). Grundsätzlich unterliegen die
- 59 -
bewilligungsfreien Berufe und Tätigkeiten nur dann der Aufsicht, wenn dies zum Schutz der
Gesundheit erforderlich ist (§ 22. Abs. 2 GesG-E) oder im Zusammenhang mit den ihnen
obliegenden Pflichten (§13 Abs. 3 i.V.m. § 18 GesG-E) steht.
- 60 -
§ 23 (Verbot der Heiltätigkeit)
Im Bereich der bewilligungsfreien Tätigkeiten (inklusive Tätigkeiten und Berufen die gemäss
§ 4 Abs. 3 GesG-E von der Bewilligungspflicht befreit werden) besteht der Bedarf nach einer
Möglichkeit, diese Heiltätigkeit oder allgemein Handlungen in diesem Bereich bei
Gesundheitsgefährdung zu verbieten. Dies drängt sich im Gegenzug zur Freigabe der
Berufsausübung auf. So muss unbedingt eine staatliche Eingriffsmöglichkeit für den Fall von
gesundheitsgefährdenden Verfehlungen auch gegenüber Personen, die eine an sich
bewilligungsfreie Heiltätigkeit ausüben gegeben sein (§ 23 GesG-E). Diese staatliche
Eingriffsmöglichkeit ist wie erwähnt unabhängig davon, ob der Beruf beziehungsweise die
Tätigkeit primär bewilligungsfrei oder zufolge der Regelung gemäss § 4 Abs. 3 GesG-E von
der Bewilligungspflicht befreit worden ist. Ebenso unerheblich ist, in welcher Art und Weise
(selbstständig oder unselbstständig etc.) die Berufsausübung oder Tätigkeit erfolgt.
§ 24 (Disziplinarmassnahmen)
Disziplinarmassnahmen sind Sanktionen gegenüber Personen, die unter einer besonderen
Aufsicht des Staats stehen. Der Zweck von § 24 GesG-E besteht darin, sämtliche Personen,
die in Berufen des Gesundheitswesens tätig sind (vgl. § 13 Abs. 1 GesG-E), einer
disziplinarischen Verantwortlichkeit zu unterstellen. Die Bestimmung entspricht inhaltlich
weitgehend Art. 43 MedBG, welcher Disziplinarmassnahmen gegenüber den dem MedBG
unterstehenden Personen regelt. Soweit die Bestimmung auf Organisationen und Betriebe
im Gesundheitswesen sinngemäss Anwendung findet (vgl. 26 Abs. 4 GesG-E), ist die
fachverantwortliche Person zu belangen.
Disziplinarisch geahndet werden Verstösse gegen Vorschriften des dritten Kapitels des
GesG-E (inklusive Ausführungsbestimmungen): Im Vordergrund steht die Sanktionierung
von Verstössen gegen die Berufspflichten (§§ 14–20 GesG-E), daneben fallen auch andere
Widerhandlungen in Betracht, beispielsweise die Verletzung der Meldepflicht gemäss § 6
GesG-E.
Das Spektrum der möglichen Disziplinarmassnahmen ist sehr weit und reicht von der
Verwarnung über die Busse bis zur Anordnung eines Berufsverbots. Besondere Erwähnung
verdient die neu geschaffene Möglichkeit, eine Busse bis Fr. 20'000.– auszusprechen (lit. c,
die Höhe der Busse entspricht dem Ansatz in Art. 43 Abs. 1 lit. c MedBG). Eine
Disziplinarbusse kann allein oder kombiniert mit einem Berufsverbot angeordnet werden. Die
Bussenkompetenz der Aufsichtsbehörde ergibt sich für den vom MedBG erfassten
Personenkreis – für die Kantone verbindlich – bereits aus dem Bundesrecht; einzig die
Ausweitung auf die übrigen in Berufen des Gesundheitswesens tätigen Personen ist dem
Bereich autonomer kantonaler Rechtssetzung zuzuordnen. In diesem Zusammenhang ist
darauf hinzuweisen, dass die Bussenkompetenz der Aufsichtsbehörde nicht in Widerspruch
zu § 99 Abs. 2 KV steht. Die in § 99 Abs. 2 KV vorgesehene Beschränkung der
Bussenkompetenz von kantonalen Verwaltungsstellen und Gemeindebehörden gilt nur für
den Bereich des Straf- und Verwaltungsstrafrechts, nicht jedoch für jenen des
Disziplinarrechts, das heisst Disziplinarbussen fallen nicht unter § 99 Abs. 2 KV (vgl.
Arbeitsgruppe neue Kantonsverfassung, Sitzung vom 6. Juli 1981, Bussenkompetenz der
kantonalen Verwaltungsstellen und Gemeindebehörden gemäss § 99 Abs. 2 nKV). Mit der
geringfügig vom MedBG (Art. 43 Abs. lit. d und e) abweichenden Formulierung in § 24 lit. d
GesG-E wird klar gestellt, dass ein befristetes Berufsverbot nicht nur für das ganze, sondern
- 61 -
auch nur für einen Teil des Tätigkeitsspektrums angeordnet werden kann. Die Aussprechung
eines Berufsverbots ist mitunter auch gegenüber Personen möglich, die fachlich
unselbstständig in bewilligungspflichtigen Berufen tätig sind (vgl. § 7 und 8 GesG-E).
Personen, die einen bewilligungsfreien Beruf ausüben, unterstehen keiner besonderen
Aufsicht des Staats. Sie sind daher vom Geltungsbereich von § 24 GesG-E nicht erfasst;
allfällige Verfehlungen werden nicht disziplinarisch, sondern strafrechtlich geahndet (§ 54
GesG-E, vgl. auch Berufsverbot gemäss § 23 GesG-E).
4. Organisationen und Betriebe im Gesundheitswesen
§ 25 (Betriebsbewilligungspflicht)
Abs. 1
Die Pflicht zur Erreichung einer Betriebsbewilligung umfasst mit wenigen Ausnahmen
dieselben Organisationen und Betriebe wie in den geltenden kantonalen Bestimmungen (§
25 Abs. 1 GesG-E). Die Betriebsbewilligung wird auf die gesamtverantwortliche
Leitungsperson ausgestellt. Wie bereits unter geltendem Recht bereits bei Apotheken und
Drogerien gelebt, benötigen Betriebe gemäss § 25 GesG-E sowohl eine Betriebsbewilligung
als auch muss kumulativ die gesamtverantwortliche Person grundsätzlich im Besitz einer
Berufsausübungsbewilligung sein (vgl. § 26 GesG-E).
Eine Betriebsbewilligung benötigen insbesondere sowohl öffentliche Apotheken als auch
Spitalapotheken (§ 25 Abs. 1 lit. a GesG-E) sowie Drogerien (§ 25 Abs. 1 lit. b GesG-E).
Neben den bereits bisher im GesG-1987 bewilligungspflichtigen Betrieben gestützt auf die
Krankenversicherungsgesetzgebung (Spitex-Organisationen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. e
KVG und Art. 51 KVV, Organisationen der Ergotherapie gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. e KVG und
Art. 52 KVV, Laboratorien gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. f KVG und Art. 53 f. KVV, Abgabestellen
für Mittel und Gegenstände gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. g KVG und Art. 55 KVV) sind neu auch
Transport- und Rettungsunternehmen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. m KVG und Art. 56 KVV
bewilligungspflichtig (§ 25 Abs. 1 lit. c GesG-E). Ebenso fallen unter die in § 25 Abs. 1 lit. c
GesG-E durch die Krankenversicherungsgesetzgebung bezeichneten Leistungserbringer die
so genannten Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärztinnen und Ärzte
dienen (Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG). Davon zu unterscheiden sind Einzel- oder Gruppenpraxen,
die ausser der Berufsausübungsbewilligung (vgl. § 4 GesG-E) keine zusätzliche
Betriebsbewilligung benötigen. Unter Einrichtungen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG können
HMO-Praxen aber auch andere Zentren der ambulanten Versorgung gezählt werden.
Ärztinnen und Ärzte sind im Rahmen eines vertraglichen Angestelltenverhältnisses dort
fachlich selbstständig tätig (dies im Unterschied zu Assistenzarztverhältnissen gemäss § 8
GesG-E). Inhaltlich können solche Zentren beispielsweise als Netzwerk von Ärztinnen und
Ärzten mit Angehörigen weiterer Berufe im Gesundheitswesen verstanden werden, denkbar
sind jedoch auch Einrichtungen, die medizinische Dienstleistungen ausschliesslich für
andere Leistungserbringer im diagnostischen (zum Beispiel Radiologie und Pathologie) oder
Behandlungsbereich (zum Beispiel Anästhesie) anbieten.
- 62 -
Ebenfalls wird neu in § 25 Abs. 1 lit. d GesG-E eine subsidiäre Bewilligungspflicht für
Institutionen, die medizinische Forschung an Menschen betreiben, statuiert. Dabei ist an
Firmen oder Institutionen zu denken, die ausserhalb anderer Bewilligungen (zum Beispiel
Spital, Rehaklinik) Forschung an Menschen betreiben.
Abs. 2
Neben den bereits erwähnten möglichen Betriebsbewilligungen gemäss Spital- oder
Pflegegesetzgebung fallen unter die aufgrund anderer Bestimmungen erteilten Bewilligungen
mitunter auch die Detailhandelsbewilligungen (vgl. §§ 43 ff. GesG-E) nach HMG (§ 25 Abs. 2
GesG-E).
§ 26 (Bewilligungsvoraussetzungen)
Abs. 1
Die Voraussetzungen zur Erteilung der Betriebsbewilligung richten sich – so möglich –
primär nach den bundesrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Heilmittel- und
Krankenversicherungsgesetzgebung (§ 26 Abs. 1 lit. a GesG-E). Bei Betrieben und
Organisationen ausserhalb des HMG/KVG-Bereichs sowie falls zum Beispiel die
Zulassungsvoraussetzungen offen formuliert sind (zum Beispiel "erforderliches
Fachpersonal", vgl. zum Beispiel Art. 51 lit. c KVV), werden die fachlichen, strukturellen und
personellen Anforderungen in der Verordnung geregelt. Unter den Begriff "strukturelle
Anforderungen" fallen Räumlichkeiten, Labor, Einrichtungen u.ä.
Wie unter geltendem Recht bei Apotheken und Drogerien muss für eine Betriebsbewilligung
eine gesamtverantwortliche Leitungsperson bezeichnet werden, die über eine
Berufsausübungsbewilligung verfügt (Ausnahmen gemäss § 26 Abs. 3 GesG-E).
Selbstredend hat die gesamtverantwortliche Leitungsperson während den Betriebszeiten
grundsätzlich anwesend zu sein (zur Stellvertretung siehe § 26 Abs. 1 lit. d GesG-E und § 27
Abs. 1 GesG-E). Die Bezeichnung einer gesamtverantwortlichen Leitungsperson dient der
Qualitätssicherung sowie ist unter dem Aspekt der Gleichbehandlung in Bezug auf die
Ausbildung und praktische Tätigkeit mit freiberuflich tätigen Personen (zum Beispiel
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann etc.) zu sehen. Da ohne weiteres die
gesamtverantwortliche Leitungsperson nicht
Eigentümerin oder Eigentümer des Betriebs beziehungsweise der Organisation sein muss,
ist der Freiheit in der Entscheidfindung von Fachfragen gebührende Bedeutung beizumessen
(§ 26 Abs. 1 lit. c GesG-E).
Bei Abwesenheit der gesamtverantwortlichen Leitungsperson muss zwingend eine fachlich
qualifizierte Stellvertretung sichergestellt sein. Konzeptionell ist dies bereits bei der
Bewilligungserteilung nachzuweisen und in der Umsetzung entsprechend vorzunehmen. Die
Abwesenheit kann vorübergehend oder für einen gewissen Zeitraum (zum Beispiel Ferien,
Weiterbildung, Mutterschaftsurlaub etc.) andauernd sein. Mitunter dürfte gerade bei
Apotheken und Drogerien aufgrund der Öffnungszeiten die Frage nach der Abdeckung durch
die gesamtverantwortliche Person beziehungsweise der adäquaten Stellvertretung von
Bedeutung sein. Sind die Betriebszeiten grösser als die Anwesenheit der
gesamtverantwortlichen Leitungsperson ist eine fachlich qualifizierte Stellvertretung
sicherzustellen. Alle Organisationen und Betriebe müssen das Thema Stellvertretung
- 63 -
qualifiziert regeln (§ 26 Abs. 1 lit. d GesG-E). Stellvertretungen in Drogerien, Apotheken und
Einrichtungen gemäss Art. 35 Abs. 2
lit. n KVG sind zusätzlich bewilligungspflichtig (vgl. § 27 GesG-E). In den anderen Betrieben
und Organisationen ist keine Stellvertreterbewilligung nötig.
Abs. 2
In Einrichtungen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG benötigen alle fachlich selbstständig
tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie alle weiteren fachlich selbstständig in Berufen des
Gesundheitswesens tätigen Personen (zum Beispiel Physiotherapeutinnen,
Ergotherapeuten) eine Berufsausübungsbewilligung, dies im Unterschied zu anderen
Betrieben gemäss § 25 GesG-E. Dies rechtfertigt sich unter dem Aspekt der
Versorgungssicherheit (vgl. § 39 GesG-E) und allgemein aus gesundheitspolizeilichen
Überlegungen (§ 26 Abs. 2 GesG-E).
Abs. 3
Wie erwähnt richten sich die zu formulierenden Voraussetzungen zur Erteilung der
Betriebsbewilligung primär nach den HMG/KVG-Bestimmungen. Bei Betrieben und
Organisationen, bei denen bei den Bewilligungsvoraussetzungen nicht auf bundesrechtliche
Vorgaben abgestützt werden kann, sind die fachlichen, strukturellen und personellen
Anforderungen in der Verordnung zu regeln. So wird beispielsweise bei Rettungsdiensten
auf die Richtlinien des Interverbands für Rettungswesen zu verweisen sein. Allgemein
werden in der Verordnung mitunter detaillierte Aussagen zu den
Bewilligungsvoraussetzungen für die einzelnen Betriebe und Organisationen zu machen
sein. Insbesondere wird eine Aussage notwendig, was unter fachlich qualifizierter
Stellvertretung zu verstehen ist, auf wie viele Personen diese verteilt werden kann und
welchen zeitlichen Umfang eine Stellvertretung haben kann. Ausnahmen vom Erfordernis,
dass die gesamtverantwortlichen Leitungsperson im Besitz einer Bewilligung gemäss § 4
sein muss, können sich aus betriebsinhärenten Gründen zum Beispiel bei Transport- und
Rettungsunternehmen, Abgabestellen für Mittel und Gegenstände aufdrängen (§ 26 Abs. 3
GesG-E).
Abs. 4
Die Bestimmungen insbesondere zur Schliessung eines Betriebs/Entzug der
Betriebsbewilligung und die Berufspflichten und -rechte haben sinngemäss Gültigkeit (§ 26
Abs. 4 GesG-E).
§ 27 (Stellvertretung in Apotheken, Drogerien und Einrichtungen gemäss Art. 35
Abs. 2 lit. n KVG)
Abs. 1
Die Stellvertretung bei Apotheken (öffentliche Apotheken und Spitalapotheken), Drogerien
und Einrichtungen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG ist bewilligungspflichtig. Bei Tod der
verantwortlichen Leitungsperson kommt die Möglichkeit gemäss § 9 GesG-E ebenfalls zur
Anwendung (§ 27 Abs. 1 GesG-E).
Abs. 2
- 64 -
Mitunter werden in der Verordnung detaillierte Aussagen zu diesen
Stellvertreterbewilligungsvoraussetzungen zu normieren sein. Denkbar ist, dass die
Stellvertretung durch mehrere Personen wahrgenommen wird, dazu werden in der
Verordnung Minimal- und Maximalansätze formuliert sowie allenfalls Aussagen zur
Pensenteilung erfolgen. Ebenfalls werden Aussagen zu Umfang und Dauer einer möglichen
Stellvertretung zu machen sein (§ 27 Abs. 2 GesG-E).
Abs. 3
Die allgemeinen Regelungen zur Stellvertretung, die Bestimmungen zur Schliessung eines
Betriebs/Entzug der Betriebsbewilligung und Veröffentlichung sowie gewisse Berufspflichten
und -rechte haben sinngemäss Gültigkeit, letztere durch Verweis auf § 26 GesG-E (§ 27
Abs. 3 GesG-E).
5. Rechte und Pflichten der Patientinnen und Patienten
Einleitung
Im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten im Bereich Rechte und Pflichten der Patientinnen
und Patienten erfolgte auch eine Überprüfung der Bestimmungen hinsichtlich des schon
länger bestehenden als auch insbesondere des kürzlich in Kraft getretenen Bundesrechts.
Entsprechend erwiesen sich verschiedene Bestimmungen des geltenden
Gesundheitsgesetzes als gänzlich oder teilweise nicht mehr erforderlich. Es handelt sich
dabei um folgende bisherigen Regelungsbereiche:
§ 50 GesG-1987 (Künstliche Befruchtung)
Am 1. Januar 2001 ist das Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung
(Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG) vom 18. Dezember 1998 in Kraft getreten. Damit
entfiel die Anwendbarkeit bisheriger kantonaler Bestimmungen im Bereich der medizinisch
unterstützten Fortpflanzung. Aus dem Bundesrecht ergaben sich keine zwingend neu zu
erlassenden Regelungen. Somit ist eine kantonale Regelung nicht mehr erforderlich.
§ 51GesG-1987 (Sterilisation, Kastration)
Am 1. Juli 2005 ist das Bundesgesetz über Voraussetzungen und Verfahren bei
Sterilisationen (Sterilisationsgesetz) vom 17. Dezember 2004 in Kraft getreten. Damit entfiel
die Anwendbarkeit bisheriger kantonaler Bestimmungen im Sterilisationsbereich zu
Verhütungszwecken. Zeitgleich wurde die kantonale Einführungsverordnung zu diesem
Bundesgesetz in Kraft gesetzt, worin die gestützt auf das Bundesrecht erforderlichen
Bestimmungen erlassen wurden. Mit dem kantonalen Erlass wurde die Verordnung über die
Sterilisation unmündiger und entmündigter Personen vom 7. November 2001 aufgehoben.
Die vom Bundesrecht nicht erfasste kantonale Regelung (Sterilisation und Kastration zu
anderen als Verhütungszwecken) wurde hinsichtlich ihrer praktischen Bedeutung überprüft.
Die chirurgische Kastration – die operative Entfernung der Keimdrüsen (Eierstöcke, Hoden)
– wie auch die hormonale (medikamentöse) Kastration werden nicht als Methode zur
Beseitigung der Fortpflanzungsfähigkeit zugelassen (vgl. Bericht der Kommission für
Rechtsfragen des Nationalrates vom 23. Juni 2003, S. 6322). Die chirurgische Kastration hat
keine praktische Bedeutung mehr (auch nicht bei Triebtätern). Die medikamentöse
- 65 -
Kastration ist in der Praxis nur ein ganz marginales Thema; sie ist reversibel und wurde nur
sehr selten angewendet (Androcur; denkbar bei Triebtätern).
- 66 -
Noch denkbare Anwendungsfälle unterstehen der Regelung über die Grundsätze der
Wissenschaft und Berufsethik (vorgängige psychiatrische Beurteilung bei Sexualtätern),
gelten als normaler Heileingriff (Karzinome in den Keimdrüsen) oder als medizinische
Massnahme (Sexchange [Krankenkassen verlangen psychiatrisches Gutachten];
Hermaphrodit [Zwitter]).
Für den Bereich, der nicht schon vom Bundesrecht erfasst ist, erübrigt sich mangels
tatsächlicher praktischer Bedeutung eine kantonale Regelung.
§ 52 GesG-1987 (Entnahme und Verpflanzung von Gewebeteilen oder Organen)
Am 1. Juli 2007 ist das Bundesgesetz über die Transplantation von Organen, Geweben und
Zellen (Transplantationsgesetz) vom 8. Oktober 2004 in Kraft getreten. Damit entfiel die
Anwendbarkeit bisheriger kantonaler Bestimmungen betreffend die Verpflanzung von
Gewebeteilen oder Organen sowie die zu diesem Zweck vorgenommenen Entnahmen.
Zeitgleich wurde die kantonale Einführungsverordnung zu diesem Bundesgesetz in Kraft
gesetzt, worin die gestützt auf das Bundesrecht erforderlichen Bestimmungen erlassen
wurden.
Die vom Bundesrecht nicht erfasste kantonale Regelung (Entnahme von Organen und
Geweben zu anderen als Transplantationszwecken) wurde überprüft. Das Erfordernis der
vorherigen schriftlichen Einwilligung von Spender und Empfänger (bisheriger Abs. 1) ist
bereits durch das generelle Recht auf Einwilligung abgedeckt. Die Entnahme zu
Forschungszwecken (bisheriger Abs. 4) wird in die künftige Bestimmung über die Forschung
überführt. Der Umgang mit embryonalen und fetalen Gewebeteilen und Organen
beziehungsweise Material (bisherige Abs. 5 und 6) für andere als Transplantationszwecke ist
in Teilbereichen im Fortpflanzungsmedizin-, Stammzellenforschungs-, Sterilisations-, und
Transplantationsgesetz sowie im Gesetz über die genetischen Untersuchungen beim
Menschen bereits geregelt und wir auch Thema im künftigen Humanforschungsgesetz sein.
Nachdem der Bund somit die für diesen Bereich erforderlichen Regelungen bereits erlassen
hat beziehungsweise in absehbarer Zeit erlassen wird, erübrigen sich Bestimmungen auf
kantonaler Ebene.
§ 54 GesG-1987 (Sterbehilfe)
Der bisherige Absatz 1 regelte die aktive Sterbehilfe. Die direkte aktive Sterbehilfe ist bereits
durch das Strafgesetzbuch verboten (gezielte Tötung; zum Beispiel Spritze, die zum Tod
führt). Diesbezüglich ist eine kantonale Regelung überflüssig.
Die indirekte aktive Sterbehilfe (Nebenwirkung von Medikament setzt Lebensdauer herab;
zum Beispiel Morphium) ist im Strafgesetzbuch nur indirekt geregelt. Sie ist gemäss den
SAMW-Richtlinien zulässig und wird auch im Aargau praktiziert. Sie ist im
Gesundheitsgesetz nicht speziell zu regeln.
Der bisherige Absatz 2 bezog sich auf die passive Sterbehilfe (Verzicht auf Aufnahme oder
Abbruch von lebenserhaltenden Massnahmen; zum Beispiel Sauerstoffgerät abstellen). Sie
ist im Strafgesetzbuch ebenfalls nur indirekt geregelt, gemäss den SAMW-Richtlinien
zulässig und wird auch im Kanton Aargau praktiziert. Da dieser Bereich durch das
Strafgesetz, die SAMW-Richtlinien und die Berufsethik bereits genügend gesteuert wird,
erübrigt sich hier eine kantonale Regelung (vgl. dazu Kapitel 2.2.5 und 3.1.5).
- 67 -
- 68 -
§ 28 (Grundsätze)
Die Rechte der Patientinnen und Patienten sind Ausfluss verschiedener
verfassungsmässiger Rechte (insbesondere Art. 7 BV: Recht auf Schutz der
Menschenwürde; Art. 10 BV: Recht auf Leben und persönliche Freiheit; Art. 13 BV: Recht
auf Schutz vor Missbrauch der persönlichen Daten) und Gegenstand anderer grundlegender
Normen (zum Beispiel Art. 28 ff. ZGB). Die im Gesundheitsgesetz enthaltenen
Patientenrechte gelten grundsätzlich für alle Rechtsbeziehungen zwischen medizinischen
Leistungserbringern und Patientinnen beziehungsweise Patienten, ungeachtet dessen, ob es
sich um privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse im ambulanten oder
stationären Bereich handelt.
Abs. 1 und 2
§ 28 Abs. 1 und 2 GesG-E statuieren im Sinne einer Grundsatzerklärung den Anspruch der
Patientinnen und Patienten auf Wahrung dieser Rechte, wobei Abs. 2 die grundlegendsten
Patientenrechte aufführt. Dazu gehören auch das Recht auf Akteneinsicht beziehungsweise
Aktenherausgabe sowie das Recht auf Schutz der Daten (§ 28 Abs. 2 lit. d und e GesG-E).
Für diese Rechte bestehen Schnittstellen zu spezialgesetzlichen Grundlagen, dem
Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) vom 19. Juni 1992 (SR 235.1) einerseits sowie
dem kantonalen Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das
Archivwesen (IDAG) vom 24. Oktober 2006 andererseits.
Abs. 3
Die Patientenrechte gemäss Abs. 2 lit. a–c können durch Verordnung des Regierungsrats
eingeschränkt werden. Absatz 3 verlangt dafür ein gegenüber dem Patientenrecht
höherwertiges privates oder öffentliches Interesse. Es handelt sich dabei nicht um
schwerwiegende Grundrechtseingriffe. Entsprechend der geltenden Regelung in § 7 Abs. 2
des Patientendekrets könnte der zuständige Arzt ein Besuchsverbot anordnen, wenn es das
medizinische Interesse der Patientin oder des Patientin erfordert. Ein anderer
Anwendungsfall wäre analog § 12 des Patientendekrets, zunächst die Aufklärung der
Patientin beziehungsweise des Patienten nicht vorzunehmen, wenn sie geeignet ist, diesen
beziehungsweise diese übermässig zu belasten. Die Aufklärung hat jedoch zu erfolgen,
wenn der Patient beziehungsweise die Patientin die umfassende Information ausdrücklich
wünscht. Ein weiterer Anwendungsfall wäre die Situation, in welcher die gesetzliche
Vertretung ihre Zustimmung zu einer lebensrettenden Massnahme verweigert und der Arzt
beziehungsweise die Ärztin die Verweigerung der Zustimmung in dringenden Fällen
missachten darf (entsprechend § 17 Abs. 2 des Patientendekrets).
Da in Absatz 3 ein gegenüber dem Patientenrecht höherwertiges privates oder öffentliches
Interesse verlangt wird, stellt diese Bestimmung entgegen einzelner in der Vernehmlassung
geäusserter Bedenken kein Freipass für den Regierungsrat dar, die Patientenrechte nach
Gutdünken einzuschränken.
Die in der Vernehmlassung aufgeworfene Frage, ob gestützt auf § 28 Abs. 3
Zwangsbehandlungen ermöglicht würden, ist zu verneinen, da eine Zwangsbehandlung ein
schwerwiegender Grundrechtseingriff darstellen würde, der im Gesetz selbst vorgesehen
sein müsste. Auch eine Fürsorgerische Freiheitsentziehung (FFE) stellt einen
- 69 -
schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar; deren spezifische Bestimmungen hinsichtlich
Voraussetzungen beziehungsweise Inhalt bundesrechtlich und bezüglich Verfahren
kantonalrechtlich geregelt ist (vgl. Botschaft zu § 29 unten); die Bestimmungen des GesG-E
lassen jene Bestimmungen unberührt.
Abs. 4
Gemäss seinem Geltungsbereich gilt das DSG für die Bearbeitung von Daten durch private
Personen (Art. 2 Abs. 1 DSG). Das IDAG gilt für den Umgang mit Personendaten durch
öffentliche Organe, wobei als öffentliche Organe nicht nur alle Behörden, Kommissionen und
Organe von öffentlich-rechtlichen Anstalten auf kantonaler und kommunaler Ebene gelten,
sondern auch natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften des
Handelsrechts, die öffentliche Aufgaben erfüllen (§ 1 lit. b i.V.m. § 3 lit. c Ziff. 1 und 2 IDAG).
Dies bedeutet, dass – je nach konkretem Rechtsverhältnis der medizinischen Behandlung –
das DSG oder das IDAG anwendbar ist. Das IDAG (inklusive Rechtsschutz; vgl. § 32 Abs. 3
GesG-E) gilt demnach für Spitäler und Heime, soweit sie einen öffentlichen
Versorgungsauftrag haben (Spitalkonzeption vgl. § 6 Spitalgesetz; Pflegeheimkonzeption
vgl. § 4 Pflegegesetz). Das DSG (inklusive Rechtsschutz; vgl. Art. 15 DSG) gilt
demgegenüber für das Rechtverhältnis zwischen Patientinnen und Patienten und
ambulanten Leistungserbringern sowie den privaten Spitälern und Heimen ohne öffentlichen
Versorgungsauftrag.
Mit § 28 Abs. 4 GesG-E werden diese spezialgesetzlichen Grundlagen vorbehalten und
damit die Schnittstelle zum GesG-E geklärt. Im Anwendungsbereich des kantonalen
Datenschutzrechts bedeutet dies aufgrund der allgemeinen Rechtsgrundsätze, dass
datenschutzrechtliche Bestimmungen des spezielleren und neueren Gesundheitsgesetzes
vorgehen, sofern diese ein mindestens gleich hohes Schutzniveau wie das IDAG bieten.
Zusammenfassend gelten die im Datenschutzrecht anwendbaren Grundlagen gemäss
nachstehender Grafik wie folgt:
- 70 -
Behörden
(Behörden, Kommissionen und Organe von öffentlich-rechtlichen Anstalten auf kantonaler und
kommunaler Ebene; vgl. § 3 lit. c Ziff. 1 IDAG)
IDAG
Spitäler/Heime mit
öffentlichem
Versorgungsauftrag
(öffentliche Organe i.S. von
§ 3 lit. c Ziff. 2 IDAG)
Private Spitäler und Heime
ohne öffentlichen
Versorgungsauftrag
ambulante
Leistungserbringer
IDAG
DSG
DSG
Patientinnen und Patienten
- 71 -
Abs. 5
Bei der Regelung der Einzelheiten auf Verordnungsstufe gemäss Absatz 5 handelt es sich
einerseits um Details zu den Patientenrechten (beispielsweise den Umfang der Aufklärung
(insbesondere Arzt, Zweck, Risiken Kosten; freie und aufgeklärte Einwilligung), und
anderseits um Bestimmungen zu den Patientenpflichten (beispielsweise, sich an die
Hausordnung zu halten und auf Mitpatientinnen beziehungsweise Mitpatienten und Personal
Rücksicht zu nehmen).
§ 29 (Einschränkung der Bewegungsfreiheit)
Abs. 1
Diese Bestimmung soll die Rechtsgrundlage für in der Praxis vorkommende Massnahmen
wie Gitter am Bett gegen Stürze oder Fixationen bilden. Es handelt sich dabei nicht mehr um
einen nicht schwerwiegenden Grundrechtseingriff, weshalb dessen Regelung bereits auf
Gesetzesebene erfolgt. Die Bestimmung ist explizit als Massnahme in einer
Ausnahmesituation mit restriktiv gehaltenen Voraussetzungen formuliert. Zusätzlich zur
besonders im Zentrum stehenden Abwägung der Verhältnismässigkeit wird ausdrücklich die
Befristung und Dokumentation verlangt.
Nach bisherigem Recht gibt es nur für die Durchführung von Zwangsmassnahmen im
Rahmen einer Fürsorgerischen Freiheitsentziehung (FFE) und von Zwangsmassnahmen in
der psychiatrischen Klinik Königsfelden eine Rechtsgrundlage (Art. 397a ff. ZGB und § 67a
ff. EG ZGB; SAR 210.100). Handelt es sich um ein FFE-Verfahren, sind dessen spezifischen
Bestimmungen anzuwenden.
Liegt eine Fürsorgerische Freiheitsentziehung (FRE) vor, gelten weiterhin die spezifischen
Bestimmungen des ZGB und EG ZGB.
Mit der Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Erwachsenenschutz,
Personenrecht und Kindesrecht) vom 28. Juni 2006 werden mit Art. 383 die
Voraussetzungen für die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in Wohn- oder
Pflegeeinrichtungen definiert. Daher sollen im kantonalen Recht lediglich die Spitäler
geregelt werden.
Abs. 2
Die Möglichkeit der Anrufung einer Stelle gemäss Absatz 2 lehnt sich eng an die geplanten
Bestimmungen zum neuen Erwachsenenschutzrecht des Bundes an (dort soll die künftige
Erwachsenenschutzbehörde angerufen werden können).
§ 30 (Forschung)
Abs. 1 und 3
Die Bestimmungen zur Forschung entsprechen weitgehend dem bisherigen Recht. Es handelt sich um eine Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten des Verfassungsartikels und des
Bundesgesetzes über die Forschung am Menschen. Den Bestimmungen gehen aktuell insbesondere die Bestimmungen der Heilmittelgesetzgebung (insbesondere HMG und VKlin)
- 72 -
und des Stammzellenforschungsgesetzes vor. Für die Forschung mit beziehungsweise an
Tieren findet die Tierschutzgesetzgebung Anwendung.
Entsprechend den Grundsätzen des ZGB hat die gesetzliche Vertretung (Abs. 1 lit. b und c
GesG-E) bei ihrem Entscheid die Mündelinteressen wahrzunehmen, weshalb sich die in der
Vernehmlassung angeregte Aufnahme einer entsprechenden Verpflichtung der gesetzlichen
Vertretung im GesG-E erübrigt.
Auch die von Vernehmlassenden vorgeschlagene Ergänzung, wonach die Einwilligung
jederzeit widerrufen werden könne, erscheint nicht erforderlich. Zunächst ist das Recht einer
Versuchsperson, die Einwilligung jederzeit und ohne Beeinträchtigung ihrer therapeutischen
Betreuung zu widerrufen, bereits in Art. 54 Abs. 1 lit. e Ziff. 6 HMG statuiert. Hinzu kommt,
dass vorliegend davon ausgegangen wird, dass Einwilligungen generell jederzeit widerrufen
werden können.
Abs. 2
Mit der Ausdehnung der Voraussetzungen für die Forschung am Menschen gemäss Absatz
2 (nicht mehr nur in Institutionen und nicht mehr nur unter Leitung und Verantwortung einer
Ärztin beziehungsweise eines Arzts) wurde eine sinnvolle Öffnung der Bestimmung im
Wissen um die Bedeutung des Forschungsstandorts Aargau vorgenommen. Auf die Funktion
der Ethikkommission im Bereich der Forschung wird in der Verordnung eingegangen (vgl.
auch § 2 Abs. 2 GesG-E).
§ 31 (Obduktion)
Abs. 1
Die bisherige Widerspruchslösung wurde in eine grundsätzliche Zustimmungslösung
umgewandelt, was dem allgemeinen Einwilligungserfordernis in medizinische Eingriffe
entspricht.
Abs. 2
Die zum Kreis der Zustimmungsberechtigten gehörenden nächsten Angehörigen gemäss
Abs. 2 werden in der Verordnung definiert. Es werden zunächst die von der urteilsfähigen
Patientin beziehungsweise die vom urteilsfähigen Patient bezeichneten Personen sein.
Mangels Urteilsfähigkeit oder Bezeichnung sind es insbesondere die Lebenspartner und die
nahen Blutsverwandten. Dies entspricht der geltenden Regelung in § 2 des
Patientendekrets.
Abs. 3
Für Obduktionen, welche aus Gründen der öffentlichen Gesundheit auch gegen den Willen
der zustimmungsberechtigten Personen zulässig sein sollen, wurde neu in Abs. 3 eine explizite Grundlage geschaffen. Die im gleichen Absatz enthaltene Konstellation der zwingend
notwendigen näheren Abklärung der Todesursache entspricht bisherigem Recht und dient
der Qualitätssicherung.
Abs. 4
- 73 -
Abs. 4 entspricht dem bisherigen § 55 Abs. 4 GesG. Er beinhaltet den Hinweis darauf, dass
die Obduktion mit § 31 GesG-E nicht abschliessend geregelt wird.
- 74 -
Abs. 5
Absatz 5 betrifft die Überführung des nach Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes noch
zu regelnden Teils der bisherigen Bestimmungen zur Entnahme und Verpflanzung von
Gewebeteilen oder Organen (§ 52 Abs. 4 GesG-1987). Er regelt die Entnahme von Organen,
Geweben und Zellen nach dem Tod zu Forschungszwecken. Aufgrund des Gesetzestexts
entstand im Vernehmlassungsverfahren berechtigterweise die Befürchtung, dass mit dieser
Regelung auch Absatz 3 Anwendung finden würde und damit auch Entnahmen gegen den
Willen der zustimmungsberechtigten Personen möglich sein würden. Entsprechend der
tatsächlichen Absicht wird in diesem Absatz nun ausdrücklich nur auf die Absätze 1 und 2
verwiesen, womit klargestellt ist, dass die Entnahmen zu Forschungszwecken gegen den
Willen der zustimmungsberechtigten Personen nicht zulässig ist. Die in der Vernehmlassung
geäusserte Frage, ob § 31 auch für Transplantationen gelte, ist zu verneinen; Handlungen
zum Zweck der Transplantation werden abschliessend durch die Bundesgesetzgebung
geregelt (vgl. 5. Einleitung; oben)
§ 32 (Rechtsschutz)
Abs. 1
Patientenrechtsstreitigkeiten werden gemäss Absatz 1 auf dem zivilrechtlichen
Verfahrensweg entschieden, sofern die Leistungserbringer beziehungsweise ihre
Trägerschaften dem Privatrecht unterliegen. Dies sind insbesondere die Kantonsspitäler
Aarau und Baden sowie die Psychiatrischen Dienste Aargau AG oder andere stationäre
Einrichtungen in Form von Stiftungen oder Vereinen sowie die ambulanten
Leistungserbringer.
Entsprechende Streitigkeiten aus dem Bereich von öffentlich-rechtlichen Institutionen
(beispielsweise Krankenheim Lindenfeld, Regionales Krankenheim Baden) werden auf dem
verwaltungsrechtlichen Verfahrensweg entschieden, wobei die Bestimmungen des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes zur Anwendung gelangen.
Abs. 2
In Absatz 2 werden besondere Verfahrensbestimmungen im Anwendungsbereich des
eidgenössischen oder kantonalen Datenschutzrechts vorbehalten (vgl. § 28 Abs. 2 lit. d und
e und Abs. 4 GesG-E).
Datenschutzrechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis mit privaten Institutionen
ohne öffentlichen Versorgungsauftrag werden gleich wie jene aus dem Rechtsverhältnis mit
ambulanten Leistungserbringern in Anwendung von Art. 15 DSG vor dem Zivilrichter
entschieden, wobei die Artikel 28ff. ZGB (Persönlichkeitsschutz) gelten.
Datenschutzrechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis mit Institutionen mit
öffentlichem Versorgungsauftrag sind öffentliche Organe i.S. von § 3 lit. c Ziff. 2 IDAG,
weshalb sich das Verfahren nach dem IDAG richtet. Handelt es sich um öffentlich-rechtliche
Institutionen, haben diese nach dem Schlichtungsverfahren allenfalls eine begründete
Verfügung im Sinne von § 38 IDAG zu erlassen. Sind es Institutionen des Privatrechts,
haben sie grundsätzlich keine Verfügungsbefugnis; diese steht ihnen indessen in diesem
- 75 -
Bereich kraft IDAG zu. Das Verfügungs- und Beschwerdeverfahren richtet sich bei öffentlichrechtlichen und zivilrechtlichen Institutionen nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz.
6. Gesundheitsvorsorge
§ 33 (Grundsatz)
Abs. 1
In § 33 GesG-E wird der Grundsatz der geteilten Verantwortlichkeit für die Gesundheit
verankert. Die primäre Eigenverantwortung jeder und jedes Einzelnen für die eigene
Gesundheit wird in Absatz 1 explizit festgehalten. Damit ist gemeint, dass jede und jeder
selber für die persönliche Gesundheit im Rahmen der eigenen Möglichkeiten verantwortlich
ist. Dies beinhaltet einerseits, dass die gesundheitsförderlichen Aspekte und die
Gesundheitsrisiken erkannt und letztere soweit als möglich vermieden werden. Andererseits
gehört zur Eigenverantwortung auch eine gesunde Lebensweise wie beispielsweise
ausreichende Bewegung und gesunde Ernährung, Verzicht auf Tabak, massvoller Umgang
mit Alkohol sowie den nötigen Ausgleich zur Stressbewältigung schaffen.
Abs. 2
Nicht alle für die Gesundheit massgebenden Faktoren liegen innerhalb des Einflussbereichs
der Individuen. § 33 Abs. 2 GesG-E sieht deshalb eine subsidiäre Verantwortung der
öffentlichen Hand vor. Der Kanton und die Gemeinden setzen sich dafür ein, dass die
Einzelnen durch gute Rahmenbedingungen und ausreichende Informationen und
Unterstützung in der Lage sind, die Eigenverantwortung für ihre Gesundheit auch wirklich
wahrnehmen zu können. Sie sorgen zudem dafür, dass schädliche Umwelt- und
Umfeldeinflüsse (natürliche und soziale) vermindert oder aufgehoben werden.
§ 33 GesG-E stellt eine reine Grundsatzbestimmung dar. Konkrete Massnahmen sind aus
dem statuierten staatlichen Engagement nicht ableitbar.
Bereits heute hat das Gemeinwesen Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung. Die
gesetzliche Verankerung der geteilten Verantwortung vergrössert diese nicht generell. Die
Regelung im neuen Gesundheitsgesetz ist aufwandneutral.
§ 34 (Gesundheitsvorsorge)
Ziel der Gesundheitsvorsorge ist es, die bestehende Gesundheit zu erhalten und zu fördern
sowie Krankheiten und Unfälle zu verhüten. § 34 GesG-E statuiert das Zusammenwirken des
Kantons mit privaten und öffentlichen Organisationen, welche im Gebiet der
Gesundheitsvorsorge aktiv sind, wie es in der Strategie 2 der GGpl vorgesehen ist. Weiter
wird die rechtliche Grundlage für Massnahmen der Gesundheitsförderung, der Prävention
und des Gesundheitsschutzes in Bezug auf Gefährdungen durch belastende Lebensbedingungen geschaffen. Der Massnahmenkatalog ist abschliessend.
Die Gesundheitsförderung bezweckt den Erhalt und die Verbesserung des
Gesundheitszustands der gesamten Bevölkerung sowie von Einzelpersonen und von
verschiedenen Personengruppen. Es sollen Lebensgewohnheiten und -bedingungen
gefördert werden, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken wie zum Beispiel eine
gesunde Ernährung und genügend Bewegung. Ziel der Prävention ist es, Risikofaktoren, die
Krankheiten begünstigen oder auslösen, zu reduzieren oder abzuschwächen. Der
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Gesundheitsschutz bezüglich Gefährdungen durch Umwelt- und Umfeldbelastungen umfasst
natürliche und soziale Einflüsse. Als Beispiel ist der Schutz vor Infektionen durch die
Lebensmittelhygiene zu erwähnen.
Die zweckmässigen Massnahmen der Gesundheitsvorsorge beziehen sich nicht nur auf
verschiedene Bereiche, wie zum Beispiel Ernährung, Bewegung, Körpergewicht, etc.,
sondern auch auf verschiedene Lebensphasen (Jugend, Erwerbsleben, Ruhestand) und sind
somit auch unterschiedlich auszugestalten. Eine spezielle Erwähnung, zum Beispiel der
Prävention im Alter, ist allerdings nicht erforderlich, weil § 34 GesG-E die Grundsätze der
Gesundheitsvorsorge in allgemeingültiger Weise für sämtliche Aspekte und Altersgruppen
festschreibt.
Die Verordnung über die öffentlichen Bäder vom 21. März 2001 (SAR 325.211) stützt sich im
geltenden Recht auf §§ 47 und 48 GesG-1987. Im neuen Gesundheitsgesetz dient § 57 als
Rechtsgrundlage.
Die besonderen Regelungen des Bundes namentlich im Bundesgesetz vom 18. Dezember
1970 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz;
SR 818.101), Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände vom 9. Oktober
1992 (Lebensmittelgesetz, LMG, SR 817.0), Bundesgesetz vom 21. März 2003 über die
Gentechnik im Ausserhumanbereich (Gentechnikgesetz [GTG]; SR 814.91) und
Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG, SR 916.40) gehen den kantonalen
Bestimmungen vor.
§ 35 (Impfungen)
Impfungen werden in gewissen Bevölkerungskreisen kritisch beurteilt. Der Impfschutz wird
aufgrund seiner wichtigen Funktion zur Verhinderung von Epidemien explizit im Gesetz
geregelt. Es liegt im öffentlichen Interesse, dass die Bevölkerung und insbesondere
abwehrschwächere Personengruppen vor Epidemien geschützt werden.
Abs. 1
Der Kanton sorgt im Rahmen der Impfempfehlungen des Bundes für den Impfschutz der
Bevölkerung gegen übertragbare Krankheiten. Die Schutzimpfungen werden durch Dritte
ausgeführt. Bereits seit längerem werden Impfungen nicht mehr durch den Kanton, sondern
nur noch durch die Lungenliga und die niedergelassene Ärzteschaft verabreicht. Im Übrigen
können nur Personen Impfungen vornehmen, die gemäss § 4 Abs. 1 lit. f GesG-E zu dieser
Tätigkeit legitimiert und zugelassen sind.
Abs. 2
Der Kanton informiert die Bevölkerung im Rahmen der Impfempfehlungen des Bundes
gemäss den aktuellen Erfordernissen im Kanton. Im Gegensatz zum geltenden Recht wird
auf die Möglichkeit, dass Impfungen auf kantonaler Ebene für obligatorisch erklärt werden
können, verzichtet.
§ 36 (Suchtprävention und Suchthilfe)
§ 36 GesG-E bezieht sich nur auf die substanzgebundenen Abhängigkeiten. Im Bereich der
substanzungebundenen Abhängigkeiten (so genannte Verhaltenssüchte) ist noch offen, in
- 77 -
welchem Rahmen eine notwendige Prävention und Suchthilfe stattfinden soll. Im Projekt
Gebietsreform wird geklärt werden, wie sich dieser Bereich entwickelt, welcher
Beratungsbedarf sich daraus ergibt, wer diese Dienstleistungen erbringen soll und wie die
dazu benötigte Finanzierung gewährleistet werden kann. Eine Aufnahme ins GesG-E wäre
demzufolge verfrüht.
- 78 -
Abs. 1
In § 36 Abs. 1 GesG-E werden die drei gesundheitspolitischen Zielsetzungen der
Suchtprävention und Suchthilfe, welche die Aufgabenbereiche der ambulanten
Suchtberatung, die stationäre Suchttherapie sowie die Überlebenshilfe umfasst,
festgehalten:
 Verhinderung der Entstehung süchtigen Verhaltens und Bekämpfung des
Suchtmittelmissbrauchs (Prävention);
 Ausstieg aus der Suchtmittelabhängigkeit (Suchtberatung und -therapie);
 Gesundheitsschutz vor den Auswirkungen des Suchtmittelkonsums Dritter.
Zweck der Suchtprävention ist es, einen Beitrag zur Verhinderung süchtigen Verhaltens zu
leisten, indem Schutzfaktoren für eine Suchtentwicklung aufgezeigt, Risikofaktoren entgegen
gewirkt und schützende individuelle und soziale Faktoren gefördert werden. Die Suchtberatung und -therapie haben die Beendigung eines Missbrauchs und wo immer möglich, die
physische und psychische Unabhängigkeit von Suchtmitteln sowie die soziale Reintegration,
Selbstständigkeit und Selbstbestimmung der süchtigen Menschen zum Ziel. Die
Heroinabgabe an schwerstabhängige Drogensüchtige als spezielle Therapieform stellt den
ersten, notwendigen Schritt in Richtung Ausstieg dar und stützt sich auf § 36 Abs. 1 lit. b
GesG-E.
Als weiteres grundsätzliches Ziel wird der Schutz Dritter vor den gesundheitsschädigenden
Auswirkungen durch Suchtmittelkonsum festgehalten. Darunter fallen beispielsweise die
Bereiche "Strassenverkehr und Suchtmittel" oder der Passivrauchschutz, welcher in § 38
GesG-E detailliert geregelt wird.
Abs. 2
Die Bestimmungen zur Verantwortlichkeit des Kantons und der Gemeinden entsprechen
dem bisherigen Recht (vgl. dazu §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 der Verordnung über die
Suchthilfe vom 11. Mai 1994; SAR 851.311). In § 36 Abs. 2 GesG-E wird die Zuständigkeit
des Kantons für die Suchtprävention, die ambulante Suchtberatung sowie der Zugang zur
stationären Suchtmitteltherapie statuiert. Zudem koordiniert er die Angebote der
Suchtprävention, der Suchtberatung und Suchttherapie und vernetzt die Zusammenarbeit
der in diesem Bereich tätigen Institutionen.
§ 37 (Tabak- und Alkoholprävention; Jugendschutz)
Abs. 1
Das Werben für Alkohol und Tabak, insbesondere im Bereich des Jugendschutzes, wird in
einer ganzen Reihe von Erlassen des eidgenössischen Rechts eingeschränkt. Die
entsprechenden Verbote sind inhaltlich unterschiedlich ausgestaltet. Im Folgenden soll ein
Überblick über das geltende Recht in diesem Bereich gegeben werden.
 Verbot von Tabak- und Alkoholwerbung, welche sich an Jugendliche unter 18 Jahren
richtet (Art. 18 der Verordnung über Tabakerzeugnisse und Raucherwaren mit
Tabakersatzstoffen [Tabakverordnung; TabV; SR 817.06] vom 27. Oktober 2004; Art. 11
des Bundesgesetzes über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände [Lebensmittelgesetz;
LMG; SR 817.0] vom 9. Oktober 1992; Art. 4 der Verordnung des EDI über alkoholische
- 79 -
Getränke [SR 817.022.110] vom 23. November 2005; Art. 42b Abs. 3 lit. e des
Bundesgesetzes über die gebrannten Wasser [Alkoholgesetz; AlkG; SR 680] vom 21. Juni
1932)
 Verboten ist insbesondere die Werbung:
 an Orten, wo sich hauptsächlich Jugendliche aufhalten;
 in Zeitungen, Zeitschriften oder anderen Publikationen, die hauptsächlich für
Jugendliche bestimmt sind;
 auf Schülermaterialien (Schulmappen, Etuis, Füllfederhaltern usw.);
 mit Werbegegenständen, die unentgeltlich an Jugendliche abgegeben werden, wie
T-Shirts, Mützen, Fähnchen, Badebällen;
 auf Spielzeug;
 durch unentgeltliche Abgabe von Tabakwaren oder alkoholischen Getränken an
Jugendliche;
 an Kultur-, Sport- oder anderen Veranstaltungen, die hauptsächlich von
Jugendlichen besucht werden.
Zudem dürfen alkoholische Getränke nicht mit Angaben oder Abbildungen versehen
werden, die sich speziell an Jugendliche unter 18 Jahren richten oder entsprechend
aufgemacht sind.
 Werbeverbot für Spirituosen an verschiedenen öffentlichen Orten (Art. 42b Abs. 3 AlkG)
 Verboten ist die Werbung für Spirituosen:
 in und an öffentlichen Zwecken dienenden Gebäuden oder Gebäudeteilen und auf
ihren Arealen;
 in und an öffentlichen Verkehrsmitteln;
 auf Sportplätzen sowie an Sportveranstaltungen;
 in Betrieben, die Heilmittel verkaufen oder deren Geschäftstätigkeit vorwiegend auf
die Gesundheitspflege ausgerichtet ist;
 auf Packungen und Gebrauchsgegenständen, die keine gebrannten Wasser
enthalten oder damit nicht im Zusammenhang stehen.
Ausserdem dürfen keine Wettbewerbe durchgeführt werden, bei denen Spirituosen als
Werbeobjekt oder Preis dienen oder ihr Erwerb Teilnahmebedingung ist.
 Beschränkung der Werbung für Spirituosen (Art. 42b Abs.1 AlkG)
Die Werbung für Spirituosen darf in Wort, Bild und Ton nur Angaben und Darstellungen
enthalten, die sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften beziehen.
 Sonderbestimmungen für Radio und Fernsehen (Bundesgesetz über Radio und
Fernsehen [RTVG] vom 24. März 2006 [SR 784.40]; Alkoholgesetz; Radio- und
Fernsehverordnung [RTVV] vom 9. März 2007 [SR 784.401])
Die Werbung für Tabakwaren und Spirituosen ist in TV und Radio verboten. Die Werbung
für die anderen alkoholischen Getränke darf in Wort, Bild und Ton nur Angaben und
Darstellungen enthalten, die sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften
beziehen (Art. 10 RTVG; Art. 42b Abs. 3 lit. a AlkG). Zum Schutz der Gesundheit und der
- 80 -
Jugend erliess der Bundesrat weitere Einschränkungen, so darf zum Beispiel keine
Alkoholwerbung vor, während oder nach Sendungen ausgestrahlt werden, die sich an
Kinder oder Jugendliche richten.
- 81 -
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Alkohol- und Tabakwerbung, die sich an
Jugendliche unter 18 Jahre richtet, verboten ist. Im Bereich Alkohol ist Werbung für
Erwachsene grundsätzlich erlaubt. Zu beachten ist aber die Einschränkung der
Darstellungsweise von Werbung für Spirituosen: Diese ist nur erlaubt, wenn sie sich
unmittelbar auf das Produkt bezieht. Darstellungen, die dem Produkt oder dessen Genuss
eine besondere Anziehung verleihen sind dagegen verboten. Zudem ist das Werben für
Spirituosen an bestimmten Orten (zum Beispiel öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlichen
Gebäuden, Sportveranstaltungen etc.) verboten. In Bezug auf Radio und Fernsehen gelten
strengere Regeln. Dort ist die Werbung für Tabakerzeugnisse und Spirituosen ganz
verboten. Für die anderen alkoholischen Getränke darf nur geworben werden, wenn sich die
Werbung auf das Produkt bezieht. Zudem gelten weitere Ausführungsbestimmungen zum
Schutz der Jugend und der Gesundheit.
Alkohol- und Tabakprodukte können von Erwachsenen legal erworben werden. Es erscheint
daher auch angemessen, wenn für diese Erzeugnisse geworben werden kann, solange sich
die Werbung an Erwachsene richtet. Folgerichtig verbietet das Bundesrecht "nur" Alkoholund Tabakwerbung, die sich an Jugendliche richtet. Die bundesrechtlichen Bestimmungen
führen aber in Bezug auf den Jugendschutz nur beschränkt zum Ziel. Ein Verzicht auf
"jugendbezogene" Werbung erscheint als ungenügend, denn Kinder und Jugendliche fühlen
sich auch durch Werbung angesprochen, die sich an Erwachsene richtet. Das Gleiche gilt für
die freiwillige Selbstbeschränkung der Zigarettenindustrie in der Werbung. Die Schweizer
Zigarettenfabrikanten haben sich mit der Vereinbarung zwischen Swiss Cigarette und der
Schweizerischen Lauterkeitskommission vom 27. April 2005 verpflichtet, dass sich die
Vermarktung und Distribution von Tabakprodukten ausschliesslich an erwachsene
Rauchende und nicht an Minderjährige richten und im Einklang mit dem Prinzip der
Entscheidungsfreiheit eines informierten Erwachsenen stehen soll. Dadurch kann aber
wiederum nicht verhindert werden, dass Kinder und Jugendliche, gerade auch von der noch
zulässigen Werbung angesprochen werden. Zudem bindet diese Vereinbarung nur die
Zigarettenindustrie und ist ausserdem kündbar. Im Bereich der restlichen Tabakindustrie und
den Herstellern von alkoholischen Getränken sind keine Selbstbeschränkungen bekannt.
Trotz den bereits bestehenden Werbeeinschränkungen bestehen noch viele Möglichkeiten
für Tabak- und Alkoholwerbung, so zum Beispiel auf Plakaten, in Kinos, in Zeitungen sowie
direkte Promotionen über Stände und Wettbewerbe oder durch Sponsoring von Kultur- und
Sportveranstaltungen. Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung und insbesondere der
Jugend vor den Folgen von übermässigem Alkohol- und Tabakkonsum kann aber nur
wirksam sein, wenn die Werbung für Tabak- und Alkoholprodukte eingeschränkt und der
Verkauf dieser Produkte an Jugendliche verboten wird. Ziel dieser Bestimmung ist es, die
Jugendlichen im Sinne der Prävention möglichst vom frühzeitigen Konsum von Alkohol- und
Tabakprodukten abzuhalten.
§ 37 Abs. 1 GesG-E statuiert ein Verbot für grossflächige Werbung für Tabakwaren und
alkoholische Getränke, wie Plakat-, Kino- und Bandenwerbung. Die Aufzählung ist nicht
abschliessend. Mit dem in § 37 Abs. 1 GesG-E statuierten Werbeverbot soll jene Werbung
nicht mehr zulässig sein, die aufgrund ihrer Grösse eine weiträumige Wirkung hat. Damit ist
all jene Werbung für Tabakwaren und alkoholische Getränke gemeint, die man
beispielsweise als Passant, als Verkehrsteilnehmer oder als Besucher einer Veranstaltung
üblicherweise wahrnimmt, ohne dieser besondere Beachtung zu schenken. Kleinflächige
- 82 -
Werbung an einer Plakatsäule, die Auslage in einem Schaufenster oder Inserate in
Printmedien werden vom Werbeverbot beispielsweise nicht tangiert. Festzuhalten ist aber,
dass ein genügender Jugendschutz auch im Bereich der nicht weiträumig wahrnehmbaren
Werbung aufgrund der oben erwähnten bundesrechtlichen Bestimmungen gewährleistet ist,
da jegliche Werbung für Tabak- und Alkoholprodukte verboten ist, die sich an unter 18Jährige richtet. Darunter fallen auch zum Beispiel Inserate in Zeitschriften, die sich speziell
an Jugendliche richten oder Werbung an Veranstaltungen, die hauptsächlich von
Jugendlichen besucht werden. Da bei Firmenbezeichnungen der Hersteller nicht das Werben
für das Produkt im Vordergrund steht, sollen grossflächige Firmenbezeichnungen am
Geschäftssitz oder am Produktionsort nicht unter das Werbeverbot für Tabakwaren und
alkoholische Getränke fallen. Ebenfalls nicht erfasst werden sollen Transportmittel, da dies
wegen der heutigen Mobilität, die sich überkantonal erstreckt, nicht zweckmässig erscheint.
Sollte aber auf einem Werbemittel beispielsweise der Name eines alkoholischen Getränks
von weit her sichtbar sein und erst bei näherer Betrachtung der Zusatz "alkoholfrei"
wahrgenommen werden können, wäre in Anwendung der oben ausgeführten Überlegungen
diese Werbung verboten. Im Gegensatz dazu soll beispielsweise Werbung für eine
Veranstaltung zulässig bleiben, die nur ein aus der Nähe wahrnehmbares Logo eines
Sponsors enthält, welcher Alkohol- oder Tabakprodukte herstellt/verkauft.
Abs. 2
Der Verkauf von alkoholischen Getränken ist in der eidgenössischen Lebensmittel- und
Gebrauchsgegenständeverordnung und im Bundesgesetz über die gebrannten Wasser
geregelt. Alkoholische Getränke dürfen nicht an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren
abgeben werden; Spirituosen nicht an unter 18-Jährige. Dieser Grundsatz wird auch im
kantonalen Gastgewerbegesetz festgehalten. Für den Verkauf von Tabakwaren an
Jugendliche und Kinder fehlt jedoch eine Regelung. Gleich wie in anderen Kantonen
(Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, Luzern, St. Gallen, Solothurn, Thurgau, Wallis,
Zürich) wird durch § 37 Abs. 2 GesG-E auch für den Kanton Aargau ein Verkaufsverbot von
Tabakwaren für Personen unter 16 Jahren eingeführt.
Abs. 3
Um das Verkaufsverbot an unter 16-Jährige konsequent umsetzen zu können, muss auch
der Verkauf von Tabakwaren durch Automaten verhindert werden. Personen dieser Altersgruppe haben hier meist unkontrollierten Zugang. Der Verkauf durch Automaten soll daher
nur noch zulässig sein, wenn die Betreiber durch geeignete Massnahmen den Verkauf an
Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren verunmöglichen. Dabei kann die Alterskontrolle
beispielsweise mittels Chip erfolgen. Die Abgabe von alkoholischen Getränken mittels
Automaten ist bereits in § 1 Abs. 2 lit. d des Gastgewerbegesetzes verboten, Eine Regelung
im GesG-E erübrigt sich daher.
Abs. 4
Ein Verkaufsverbot ohne stichprobenweise Kontrolle ist wenig wirksam. Die Praxis in
anderen Kantonen hat gezeigt, dass die effektivsten Kontrollen durch Testkäufe von
Minderjährigen erfolgen. § 37 Abs. 4 GesG-E stellt die Rechtsgrundlage dar für Testkäufe
zur Kontrolle der Einhaltung der Verkaufsverbote gemäss den Absätzen 2 und 3 sowie der
Alkoholabgabeverbote gemäss § 1 Abs. 2 lit. a und b des Gastgewerbegesetzes. Da auch
- 83 -
bei den gemäss Absatz 2 umgerüsteten Automaten die Alterskontrolle durch eine Person
erfolgt, die anschliessend den Automaten mittels Chip frei schaltet, damit das gewünschte
Produkt bezogen werden kann, sind auch in diesem Bereich Testkäufe sinnvoll. Mit Hilfe der
Testkäufe soll geprüft werden, ob das Verkaufspersonal der Abgabestellen bereit ist,
Alkohol- und Tabakprodukte ohne vorgängige Alterskontrolle an Jugendliche abzugeben.
Irreführende Machenschaften wie nicht wahrheitsgemässe Angaben durch die Jugendlichen
oder der Einsatz von älter wirkenden Jugendlichen, wären dabei nicht zulässig. Obwohl
davon ausgegangen wird, dass die Gemeinden im Bereich Alkohol bereits aufgrund des
Gastgewerbegesetzes zur Durchführung von Testkäufen legitimiert sind, soll aus Gründen
der Transparenz und um die Rechtssicherheit zu gewährleisten in § 37 Abs. 4 GesG-E nun
eine explizite Rechtsgrundlage für Testkäufe im Bereich Alkohol und Tabak geschaffen
werden. Für die Durchführung zuständig sind die Gemeinden. Sie können den Vollzug
mittels Leistungsvereinbarung an Dritte übertragen. Der Regierungsrat legt zur
Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs (so zum Beispiel zur Betreuung der
Jugendlichen) und zur Gewährleistung einer rechtmässigen Durchführung der Testkäufe
(keine irreführenden Machenschaften) Rahmenbedingungen fest. Die Grundprinzipen des
Verwaltungsrechts wie die Grundsätze des verhältnismässigen Handelns und der Fairness
gelten aber ohnehin.
Abs. 5
Die Abgabe von Alkohol an Jugendliche wird in verschiedenen Erlassen des
eidgenössischen Rechts geregelt (Bundesgesetz über die gebrannten Wasser;
Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände; Lebensmittel- und
Gebrauchsgegenständeverordnung vom 23. November 2005 [SR 817.02]; Schweizerisches
Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 [SR 311.0]). Auf kantonaler Ebene ist die Abgabe
von alkoholischen Getränken an unter 16-Jährige und von Spirituosen an unter 18-Jährige
für das Gastgewerbe und Betriebe, die Kleinhandel mit alkoholischen Getränken betreiben,
verboten (§ 1 Abs. 2 lit. a und b des Gastgewerbegesetzes). Nach geltendem Recht ist die
private Abgabe von Alkohol an Jugendliche unterhalb der gesetzlichen Altersgrenze jedoch
nicht strafbar, ausgenommen ist die Verabreichung oder das zur Verfügung stellen von
alkoholischen Getränken in Mengen, welche die Gesundheit gefährden können.
Damit kann die gesetzliche Altersgrenze der Verkaufsverbote für alkoholische Getränke an
Jugendliche leicht umgangen werden, weshalb in § 37 Abs. 5 GesG-E die Abgabe von
alkoholischen Getränken an Personen unter 16 Jahren oder von Spirituosen an Personen
unter 18 Jahren verboten wird. Davon erfasst werden soll die (un-)entgeltliche Abgabe an
Nicht-Kaufsberechtigte, die nicht unter die Abgabeverbote des Gastgewerbegesetzes fallen.
Die Bestimmungen des Gastgewerbegesetzes bleiben deshalb vorbehalten. Damit ein
massvoller Konsum erlernt werden kann und es möglich ist, dass Jugendliche beispielsweise
an
einem Familienfest ein Glas Wein trinken dürfen, ist die Abgabe durch die Eltern (sowohl
leibliche als auch Stief- und Pflegeeltern) vom Verbot ausgenommen. Falls hier Missbräuche
festgestellt werden müssten, wären wohl ohnehin vormundschaftliche Vorkehren angezeigt.
- 84 -
§ 38 (Schutz vor Passivrauchen)
Variante 1 (entspricht der Regelung im Kanton Solothurn)
Das Rauchen wird in geschlossenen, öffentlich zugänglichen Räumen verboten, nicht also
beispielsweise auf Balkonen oder in offenen Innenhöfen von Gebäuden. Private Räume
werden grundsätzlich vom Rauchverbot nicht erfasst. Wenn aber private Räume der
Allgemeinheit zugänglich sind, so ist das Rauchen nicht mehr zulässig.
Zu den geschlossenen, öffentlich zugänglichen Räumen zählen insbesondere Gebäude der
öffentlichen Verwaltung, Spitäler, Heime, Vereinslokale, sofern diese für Nicht-Vereinsmitglieder zugänglich sind, Kultur- und Sportstätten, Versammlungslokale, Schulen und andere
Bildungsstätte sowie alle Bereiche der Gastronomie. Das Merkmal der öffentlichen
Zugänglichkeit entfällt nicht durch die Anordnung irgendeiner Begrenzung des Kreises der
Zutrittsberechtigten, sondern erst dadurch, dass dieser eindeutig umschrieben und
bestimmbar ist. Auf einen bestimmten, abgegrenzten Personenkreis beschränkt ist
beispielsweise der Zugang zu Vereinsräumlichkeiten nur für Vereinsmitglieder.
Eine Ausnahme vom Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Räumen gilt für Rauchräume
(Fumoirs). Damit der Schutz vor Passivrauchen trotzdem gewährleistet ist, müssen solche
Rauchräume von den übrigen Räumen abgetrennt und ausreichend belüftet sein.
Rauchräume sind als solche zu bezeichnen, damit die Gäste bewusst entscheiden können,
ob sie einen solchen aufsuchen wollen oder dies unterlassen möchten. Das Bedienen von
Gästen in Rauchräumen ist erlaubt.
Variante 2 (entspricht dem Vorschlag von GastroSuisse)
Das Rauchen wird in geschlossenen, öffentlich zugänglichen Räumen verboten. Eine
Ausnahme gilt für getrennte und entsprechend gekennzeichnete Rauchräume mit
ausreichender Belüftung. Absatz 1 entspricht der Regelung in Variante 1, weshalb auf die
oben erwähnten Erläuterungen verwiesen wird.
In Gastronomiebetrieben, die über mehr als einen Raum verfügen, kann das Raumangebot
in Raucher- und Nichtraucherräume aufgeteilt werden, sofern der Betreiber das Rauchen
überhaupt zulassen will. Als weitergehende Ausnahme können Betriebe auf Bewilligung hin
als Raucherbetriebe geführt werden. Die entsprechende Bewilligung wird erteilt, wenn der
Betreiber des Gastronomiebetriebs den Nachweis erbringt, dass eine Trennung von
Raucher- und Nichtraucherräumen nicht möglich oder zumutbar ist. Dies trifft zu, wenn eine
Trennung baulich nicht möglich ist oder sie die Existenz des Betriebs bedroht. Die
entsprechenden Entscheidungskriterien sollen auf Verordnungsstufe festgelegt werden.
Durch die Kennzeichnungspflicht der Raucherbetriebe wird die Wahlfreiheit der Gäste
sichergestellt.
- 85 -
7. Versorgungssicherheit
§ 39 (Notfalldienst)
Abs. 1
Die Notfalldienstpflicht bestimmter Berufe (Ärztinnen/Ärzte; Apothekerinnen/Apotheker,
Zahnärztinnen/Zahnärzte, Tierärztinnen/Tierärzte) soll im Vergleich zum geltenden Recht
unverändert beibehalten werden (§ 39 Abs. 1 GesG-E). § 39 GesG-E enthält aber neu
gewisse Bestimmungen, welche gegenüber dem heutigen Recht Klärung bringen und den
Vollzug unterstützen. Notfalldienstpflichtig sind jene Personen der genannten
Berufskategorien, welche im Besitz einer Berufsausübungsbewilligung sind. Ebenfalls
notfalldienstpflichtig sind deren Stellvertretungen. Daraus ergibt sich, dass die in stationären
Einrichtungen gemäss Spitalgesetz und Pflegegesetz tätigen Personen nicht
notfalldienstpflichtig sind (vgl. § 4 Abs. 2 GesG-E). Dies rechtfertigt sich deshalb, weil diese
Personen in aller Regel innerhalb der Einrichtung notfalldienstliche Pflichten haben.
Abs. 2
Die Organisation des ambulanten Notfalldiensts soll – wie dies bereits heute weitgehend der
Fall ist – über die Berufsverbände laufen. Davon ausgenommen sind allerdings die
Tierärztinnen und Tierärzte, die sich ohne Mitwirken des Verbands selbstständig
organisieren. Präzisiert wird hierbei, dass diese Organisation auch jene Berufsangehörigen
mitumfassen soll, welche nicht Mitglied des Berufsverbands sind (§ 39 Abs. 2 Einleitungssatz
GesG-E). Dem Berufsverband wird die Möglichkeit gegeben, bei Vorliegen wichtiger Gründe
(zum Beispiel Alter, Spezialisierung, familiäre Pflichten) Personen vom Notfalldienst zu
befreien und von diesen eine zweckgebundene Entschädigung zu verlangen, die für die
Belange des Notfalldiensts zu verwenden ist (§ 39 Abs. 2 lit. a und b GesG-E). Befreiungen
dürfen jedoch die notfalldienstliche Versorgung nicht gefährden.
Abs. 3 und 4
Der Kanton soll bei diesem Modell nur dann tätig werden müssen, wenn zwischen dem
Berufsverband und der notfalldienstpflichtigen Person Differenzen entstehen (§ 39 Abs. 3
GesG-E) oder Anzeichen bestehen, dass die Sicherstellung der ambulanten
Notfallversorgung nicht mehr gewährleistet ist (§ 39 Abs. 4 GesG-E).
Abs. 5
Mit § 39 Abs. 5 GesG-E wird der Regierungsrat ermächtigt, die erforderlichen
Vollzugsbestimmungen zu erlassen. Dem Regierungsrat soll zudem das Recht eingeräumt
werden, Organisationen, welche die Lebensrettung von Personen bezwecken, finanziell zu
unterstützen (zum Beispiel Schweizer Alpenclub [SAC]). In der Verordnung sollen die
konkreten Beitragskriterien geregelt werden.
§ 40 (Koordination in der Notfallversorgung)
Gemäss Strategie 13 der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung sorgt der Kanton für die
Gewährleistung der Notfallversorgung und begegnet der zunehmenden Beanspruchung der
öffentlichen Notfallstationen an den Spitälern mit Bagatellfällen mit geeigneten Massnahmen.
Hintergrund dieser Strategie ist die Absicht, dass Personen eine (teurere) Behandlung in der
Notfallstation eines Spitals nur dann in Anspruch nehmen sollen, wenn dies medizinisch
- 86 -
indiziert ist, ansonsten aber primär der (günstigere) ambulante Notfalldienst benutzt werden
soll. Somit geht es letztlich auch darum, für eine zweckmässige Triage zu sorgen.
Abs. 1 und 2
In diesem Sinne wird mit § 40 Abs. 1 und 2 GesG-E die Grundlage dafür geschaffen,
Massnahmen zur Koordination zwischen der ambulanten und der stationären ärztlichen
Notfallversorgung zu treffen sowie Projekte zu fördern und zu unterstützen. Dazu gehör etwa
die Einführung einer einheitlichen Notfallnummer. Als weiteres konkretes Beispiel dazu kann
auf das am Kantonsspital Baden eingeführte Modell hingewiesen werden. Die
notfalldienstpflichtigen Ärztinnen und Ärzte der Region betreiben gemeinsam eine
Notfallpraxis, die der Notfallstation des Spitals unmittelbar vorangegliedert ist. So kann
sichergestellt werden, dass eine zweckmässige Triage durch den ambulanten Notfalldienst
vorgenommen wird und nur jene Fälle ins Spital weitergeleitet werden, die einer
Spitalbehandlung tatsächlich bedürfen. Ergänzt wird dieses Konzept durch eine 24-StundenApotheke in der unmittelbaren Nähe des Kantonsspitals Baden, die von den
notfalldienstpflichtigen Apothekerinnen und Apothekern der Region betrieben wird. In diesem
Sinne soll seitens des Kantons die Möglichkeit zur Förderung und Unterstützung solcher
oder anderer geeigneter Modelle bestehen.
Abs. 3
Der Koordination in der Notfallversorgung dient zudem auch der Betrieb einer kantonalen
Notrufzentrale (§ 40 Abs. 4 GesG-E), die neben Polizei und Feuerwehr auch die
Sanitätsdienste (Spitäler und Private) betreut und koordiniert. Auf diese Weise können
zahlreiche Synergien genutzt und Schnittstellen mit Reibungsverlusten beseitigt werden.
Dies betrifft die notfalldienstlichen Transporte (so genannte D1), kann aber auch reine
Verlegungstransporte betreffen. Einzelheiten sollen hierzu auf Verordnungsebene geregelt
werden.
§ 41 (Förderung der ärztlichen Grundversorgung)
Wie in anderen Kantonen gibt es auch im Kanton Aargau gewisse Anzeichen dafür, dass die
ärztliche Grundversorgung durch die Hausärztinnen und Hausärzte zurückgeht. So bereitet
es offenbar Mühe, Nachfolger für die Übernahme einer Hausarztpraxis zu finden. Gründe
dafür sind unter anderem die hohe zeitliche Beanspruchung, die Notfalldienstpflicht sowie die
finanzielle Schlechterstellung gegenüber den ärztlichen Spezialdisziplinen.
Abs. 1
Sollten sich dieser Trend weiter fortsetzen, muss der Kanton die Möglichkeit haben,
Massnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung zu treffen (§ 41 Abs. 1
GesG-E).
Abs. 2 und 3
Gemäss Absatz 2 soll der Kanton die Möglichkeit haben, finanzielle Mittel zu diesem Zweck
einzusetzen. Dazu gehören Massnahmen im Bereich der Aus-, Weiter- und Fortbildung
(vgl. § 41 Abs. 2 lit. a GesG-E), um zum Beispiel wieder vermehrt junge Ärztinnen und Ärzte
als Praxisassistenzen in Hausarztpraxen zu bringen. Im Rahmen eines Pilotprojekts wird
dies bereits seit dem Jahr 2008 umgesetzt, finanziert über mittel des Lotteriefonds. Mit dem
- 87 -
Inkrafttreten des neuen Gesundheitsgesetzes würden diese Massnahmen aus dem
ordentlichen Staatshaushalt finanziert. Was den Einsatz finanzieller Mittel für weitere
Anreizmassnahmen zur Förderung der ärztlichen Grundversorgung gemäss § 41 Abs. 2 lit. b
GesG-E angeht, steht hier die Erteilung eines entgeltlichen Leistungsauftrags an den
Aargauischen Ärzteverband für die Organisation der notfalldienstlichen Grundversorgung im
Vordergrund. Dies entspricht der Forderung, wie sie unter anderem auch von politischen
Parteien gestellt wurde. Einzelheiten wird der Regierungsrat durch Verordnung regeln.
8. (Heilmittel- und Betäubungsmittelwesen)
Einleitung
Das Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG) vom
13. Dezember 2000 (SR 812.21) trat am 1. Januar 2002 in Kraft. Damit trat eine
Bundeslösung an die Stelle der bislang unter den Kantonen vereinbarten Konkordatslösung
(Interkantonale Vereinbarung über die Kontrolle der Heilmittel mit der interkantonalen
Kontrollstelle für Heilmittel, IKS). Es verbleiben den Kantonen aufgrund der
bundesrechtlichen Bestimmungen vereinzelt Regelungskompetenzen mit
Handlungsspielraum, im Wesentlichen aber Vollzugsaufgaben (vgl. Art. 83 HMG).
In Bezug auf den kantonalen Regelungsbedarf hat der Bund nebst dem Heilmittelgesetz
folgende Verordnungen erlassen:





Verordnung über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich (AMBV; SR 812.212.1);
Verordnung über die Arzneimittel (VAM; SR 812.212.21);
Verordnung über die Tierarzneimittel (TAMV; 812.212.27);
Medizinprodukteverordnung (MepV; SR 812.213);
Verordnung über klinische Versuche mit Heilmitteln (VKlin; SR 812.214.2).
Im Grundsatz kann festgestellt werden, dass der Herstellungs- und Grosshandelsbereich in
der Zuständigkeit des Bundes (Swissmedic) und der Detailhandel in jene der Kantone fällt.
Im Zug des HMG wurde auch das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die
psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) vom 3. Oktober 1951 (SR 812.121)
teilrevidiert. Die §§ 45–50 enthalten in diesem Sinne die erforderlichen Regelungen im
kantonalen Zuständigkeitsbereich.
§ 42 (Aufsicht)
Abs. 1
Art. 83 Abs. 1 HMG regelt die Vollzugszuständigkeit des Kantons. Im Rahmen der
bundesrechtlichen Vorgaben ist die Aufsicht und der Vollzug im Heilmittel- und
Betäubungsmittelwesen Aufgabe des Kantons (§ 42 Abs. 1 GesG-E). Die Pflicht des
Kantons zur Marktüberwachung ergibt sich aus den bundesrechtlichen Bestimmungen. Die
Organisation des Inspektionswesens ist dagegen weitgehend Sache des Kantons. Zu den
Kontrollaufgaben gehören im Wesentlichen:
 Aufsicht über den Detailhandel (Marktüberwachung); Inspektionen (Art. 20 Abs. 2 und
Art. 58 HMG; Art. 31 VAM);
 Inspektionen im Bereich der Bewilligungen an Betriebe, die Blut oder Blutprodukte lagern
(Art. 34 Abs. 4 HMG);
- 88 -
 Inspektoratswesen (Art. 60 Abs. 3–5 HMG);
 Kontrollen und Inspektionen im Bereich der Tierarzneimittel (Art. 30 ff. TAMV).
- 89 -
Abs. 2
§ 42 Abs. 2 GesG-E sieht die Möglichkeit vor, diese Aufgabe ganz oder teilweise an Dritte zu
übertragen.
Abs. 3
Zudem soll die Grundlage geschaffen werden, dass der Regierungsrat direkt ohne
Genehmigung des Grossen Rats mit anderen Kantonen Zusammenarbeitsverträge im
Bereich Heilmittelwesen (zum Beispiel gemeinsame Heilmittelkontrolle, gemeinsame
Ethikkommission) abschliessen kann (§ 42 Abs. 3 GesG-E). Diese Delegation gibt dem
Regierungsrat eine gewisse Handlungsfreiheit im operativen Bereich. Die finanzrechtliche
Zuständigkeit des Grossen Rats und die Regeln des Finanzreferendums (§ 63 KV) werden
durch diese Delegation nicht tangiert.
§ 43 (Bewilligungen)
Abs. 1
Das Bundesrecht überlässt dem Kanton nur noch im Bereich des Detailhandels einen
gewissen Handlungsspielraum. Das Bundesrecht überträgt den Kantonen folgende
Bewilligungen:
 Erteilung von Herstellungsbewilligungen zur Herstellung von Heilmitteln in einem
Detailhandelsgeschäft und/oder nach formula magistralis, formula officinalis und nach
eigener Formel (Art. 5 Abs. 2 lit. a HMG i.V.m. Art. 6 AMBV);
 Erteilung der Bewilligungen für den Detailhandel: Regelung der
Bewilligungsvoraussetzungen und des Verfahrens (Art. 30 HMG);
 Erteilung der Bewilligungen für den Versandhandel, wobei der Rahmen des
Versandhandels im Bundesrecht abschliessend geregelt ist (Art. 27 HMG; Art. 29 und 30
VAM);
 Erteilung von Bewilligungen an Betriebe, die Blut oder Blutprodukte lagern; Regelung der
Bewilligungsvoraussetzungen und des Verfahrens (Art. 34 Abs. 4 HMG);
 Bewilligungserteilung zur Anwendung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln;
Bezeichnung der Berufe und der Arzneimittel, welche angewendet werden dürfen;
Regelung der Aufsicht (Art. 27a VAM);
 Kompetenz der Kantone, zu bewilligen, dass bestimmte verschreibungspflichtige
Arzneimittel durch entsprechend ausgebildete Fachpersonen unter Aufsicht angewendet
werden dürfen (Art. 24 Abs. 3 HMG);
 Bewilligung zur Abgabe von Arzneimitteln in Zoo- und Imkerfachgeschäften (Art. 9
TAMV).
Abs. 2 und 3
Vom Konzept her ist vorgesehen, dass im GesG-E in allgemeiner Weise die
Voraussetzungen der Bewilligungserteilung geregelt sind und die Details dann vom
Regierungsrat auf Verordnungsstufe bestimmt werden (vgl. § 43 Abs. 2 und 3 GesG-E).
Betriebsbewilligungen an Apotheken und Drogerien gemäss § 25 GesG-E decken die
Bewilligung für den Detailhandel gemäss § 30 HMG ab.
- 90 -
Bewilligungsvoraussetzungen sind:
 das für eine fachgerechte Tätigkeit erforderliche Personal;
 zweckentsprechende betriebliche Verhältnisse;
 ein geeignetes Qualitätssicherungssystem.
Die bisher in § 43 Abs. 2 GesG-1987 formulierte Bewilligungspflicht für die "Anwendung von
Präparaten zu Versuchen am Menschen" (das heisst Durchführungsbewilligungen von
klinischen Studien; Forschungsvorhaben mit Heilmitteln) fällt im GesG-E weg. Begründen
lässt sich dies mit der Regelung der klinischen Versuche durch die eidgenössische
Heilmittelgesetzgebung (Art. 53 ff. HMG) sowie der Verordnung über klinische Versuche mit
Heilmitteln (VKlin). Danach ist jeder klinische Versuch mit Heilmitteln in Übereinstimmung mit
den anerkannten internationalen Regeln durchzuführen. Für die Durchführung muss ein
positives Votum der zuständigen Ethikkommission vorliegen. Ebenso sind weitgehende
Meldepflichten gegenüber der Swissmedic vorgesehen etc. Damit ist eine zusätzliche,
spezielle gesundheitspolizeiliche Durchführungsbewilligung obsolet geworden.
§ 44 (Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln; Allgemeine Grundsätze)
Die Abgabe und die Anwendung von Arzneimitteln ist im Bundesrecht bereits weitgehend
geregelt (vgl. dazu Art. 23 ff. HMG und Art. 20 ff. VAM).
Abs. 1
Für den im Zuständigkeitsbereich der Kantone liegenden Detailhandel sollen allgemeine
Grundsätze in Bezug auf die Abgabe- und Anwendung von Arzneimitteln verankert werden.
Dazu gehören gemäss § 44 Abs. 1 lit. a–d (GesG-E):
 Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Form des Haustür- und Strassenverkaufs sowie
durch Verkauf auf Märkten;
 Verbot der Abgabe von Arzneimitteln durch Fachleute der Komplementärmedizin;
 Verbot der Abgabe in Selbstbedienung;
 Verbot der Abgabe in Automaten.
Bei dem in § 44 Abs. 1 lit. c GesG-E statuierten Verbot der Selbstbedienung sind
Ausnahmen denkbar, die der Regierungsrat durch Verordnung näher regeln kann. So soll
der Regierungsrat die Möglichkeit haben, Arzneimittel der Abgabekategorie D in
Selbstbedienung zulassen zu können. Die Zulassung der Selbstbedienung verlangt
gleichwohl, dass die in Art. 26 Abs. 1 lit. c VAM bundesrechtlich vorgeschriebene
Beratungspflicht eingehalten wird. Ausnahmen vom Selbstbedienungsverbot werden sich
auch danach auszurichten haben, ob und wenn ja, welches Gefährdungspotential den
einzelnen Arzneimitteln zukommt.
Abs. 2
Das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln durch Fachleute der Komplementärmedizin
gemäss § 44 Abs. 1 lit. b GesG-E steht unter dem Vorbehalt des Bundesrechts. Gemäss
Art. 25a VAM sollen Personen mit einer eidgenössisch anerkannten Ausbildung in einem
Bereich der Komplementärmedizin bei der Ausübung ihres Berufs die von der Swissmedic
bezeichneten Arzneimittel der Abgabekategorien C und D selbstständig abgeben dürfen.
- 91 -
Zurzeit existiert noch keine eidgenössisch anerkannte Ausbildung. Sollte diese einmal
vorliegen, wäre der Regierungsrat befugt, durch Verordnung eine Ausnahme zum Verbot
gemäss § 44 Abs. 1 lit. b GesG-E zu statuieren.
Art. 27a VAM regelt, welche Berufskategorien mit Bewilligung des Kantons
verschreibungspflichtige Arzneimittel anwenden dürfen. Es sind dies nebst den
Medizinalpersonen diplomierte Hebammen, diplomierte Dentalhygienikerinnen und
Dentalhygieniker, diplomierte Chiropraktorinnen und Chiropraktoren, diplomierte
Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter sowie Fachleute der Komplementärmedizin
mit eidgenössisch anerkannter Ausbildung. Das kantonale Recht muss also festlegen,
welche dieser Berufskategorien verschreibungspflichtige Arzneimittel der Abgabekategorien
A und B anwenden dürfen. Zudem bestimmt der Kanton die zur Anwendung freigegebenen
Arzneimittel im Detail. Die zur Anwendung berechtigten Berufskategorien und die dazu
freigegebenen Arzneimittel soll der Regierungsrat durch Verordnung festlegen können.
§ 45 (Ärztinnen und Ärzte; Zahnärztinnen und Zahnärzte)
§ 45 GesG-E übernimmt die bisherige Regelung des so genannten
Selbstdispensationsverbots unverändert.
Abs. 1 und 2
Vom Grundsatz des Selbstdispensationsverbots gibt es drei Ausnahmen:
 Unmittelbare Anwendung des Arzneimittels (§ 45 Abs. 1 GesG-E);
 Abgabe von Arzneimitteln im Notfall (§ 45 Abs. 1 GesG-E);
 Abgabe mit Bewilligung der zuständigen Behörde (§ 45 Abs. 2 GesG-E).
Für Zahnärztinnen und Zahnärzte besteht die Abgabe- und Anwendungsberechtigung im
Rahmen von § 45 Abs. 1 GesG-E, das heisst unmittelbare Anwendung und Abgabe im
Notfall.
Die Bewilligung an Ärztinnen und Ärzte gemäss § 45 Abs. 2 GesG-E setzt voraus, dass die
Arztpraxis in einer Ortschaft ohne öffentliche Apotheke ist und zudem die Beschaffung der
Arzneimittel nicht – rasch und für jedermann möglich – in einer öffentlichen Apotheke einer
nahe gelegenen Ortschaft gewährleistet ist.
Im Kanton Aargau besitzen rund 20 Ärztinnen und Ärzte eine so genannte
Selbstdispensationsbewilligung (Berechtigung zur Führung einer Privatapotheke). Es handelt
sich im Wesentlichen um Arztpraxen in relativ abgelegenen Ortschaften.
Abs. 3
In § 45 Abs. 3 GesG-E wird neu der Grundsatz verankert, dass das Recht der Patientinnen
und Patienten auf freie Wahl unter den zugelassenen Arzneimittelabgabestellen nicht
beeinflusst werden darf. Diese Bestimmung ist Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts und
soll dazu dienen, Interessenkonflikte und Interessenverflechtungen zwischen den beiden
beteiligten Berufsständen (Ärztinnen/Ärzte und Apothekerinnen/Apotheker) präventiv zu
verhindern.
- 92 -
§ 46 (Tierärztinnen und Tierärzte)
Abs. 1
Tierärztinnen und Tierärzte sind – wie bereits unter geltendem Recht – berechtigt,
Tierarzneimittel abzugeben und anzuwenden. Voraussetzungen sind gemäss § 46 Abs. 1
GesG-E der Besitz einer Berufsausübungsbewilligung und neu der Besitz einer separaten
Abgabebewilligung. Die Abgabe von Arzneimitteln in der Tierarztpraxis gilt als Detailhandel
im Sinne von Art. 30 HMG, weshalb eine kantonale Bewilligung von Bundesrechts wegen
vorgeschrieben ist.
Abs. 2
Da gerade im Bereich der Veterinärmedizin sehr oft Gemeinschaftspraxen mit mehreren
selbstständig tätigen Tierärztinnen und Tierärzten existieren, soll in diesem Fall die
Abgabebewilligung für die gesamte Praxis auf eine verantwortliche Person sowie eine
Stellvertretung ausgestellt werden (§ 46 Abs. 2 GesG-E).
§ 47 (Spitäler und Heime)
In Spitälern und Heimen sind de facto zwei grundsätzliche Formen von Apotheken denkbar.
Grössere Spitäler (Kantonsspital Aarau AG, Kantonsspital Baden AG) haben eine eigene
Spitalapotheke. Diese ist gemäss § 25 Abs. 1 lit. a GesG-E bewilligungspflichtig und wird
durch eine Apothekerin oder einen Apotheker mit Berufsausübungsbewilligung geführt.
Bei den meisten Spitäler und Heime wird die Apotheke demgegenüber nicht durch eine
festangestellte Apothekerin oder einen festangestellten Apotheker geführt. Die
pharmazeutische Versorgung wird in diesen Fällen einer Apothekerin oder ein Apotheker mit
öffentlicher Apotheke mittels Vertrag übertragen. § 47 GesG-E hält hierzu fest, dass die
Verantwortung einer Apothekerin oder einem Apotheker mit einer
Berufsausübungsbewilligung zu übertragen ist.
9. Bestattungswesen
§ 48 (Zuständigkeit und Grundsätze)
Das Bestattungswesen ist im geltenden GesG-1987 in den §§ 59–61 geregelt. Von zentraler
Bedeutung ist die "Zuständigkeitsnorm" in § 59 GesG-1987, wonach das Bestattungswesen
Aufgabe der Einwohnergemeinden ist. § 60 GesG-1987 enthält Grundsatzbestimmungen
(insbesondere zur Grabesruhe sowie zu Leichenschau, Legalinspektion und Legalobduktion)
und regelt die Kostentragung. Gemäss § 61 GesG-1987 erlässt der Regierungsrat nähere
Bestimmungen über die Leichenschau, die Einsargung, Zeitpunkt, Art und Form der
Bestattung, die Durchführung von Legalinspektionen, Legalobduktionen und Exhumationen
sowie über die Anlage von Friedhöfen und Gräbern. Gestützt auf diese Delegationsnorm hat
der Regierungsrat die Bestattungsverordnung (SAR 371.111) sowie die Verordnung über die
Leichenschau, die Legalinspektion und die Legalobduktion (SAR 371.311) erlassen. Die
Detailregelung des Bestattungswesen obliegt den Gemeinden, welche zu diesem Zweck ein
Friedhofreglement zu erlassen haben.
Wenngleich die bisherige Regelung in der Vergangenheit keine grösseren Probleme
aufgeworfen hat, vermag sie in verschiedenerlei Hinsicht nicht mehr zu genügen. So
- 93 -
bestehen im Bereich Legalinspektion und Legalobduktion Doppelspurigkeiten zur
Strafprozessordnung (§§ 116 und 117 StPO; SAR 251.100), die durch den Verzicht einer
Regelung im Gesundheitsgesetz zu beheben sind. Weiter widerspricht die recht weit
gehende kantonale Regelung des Bestattungswesens den Grundsätzen der
Aufgabenteilung, handelt es sich doch um eine Materie, die unbestrittenermassen in den
Zuständigkeitsbereich der Gemeinden fällt. Daher soll den Gemeinden inskünftig neben der
Vollzugs- auch eine stark erweiterte Rechtssetzungskompetenz zukommen. Der damit
verbundene Wegfall von Rechtsnormen im kantonalen Recht wird durch Anpassungen und
Ergänzungen in den kommunalen Friedhofreglementen aufzufangen sein. Da die Regelung
des Bestattungswesens durch eine grosse Kontinuität geprägt ist und die Gemeinden die
Vorgaben der Bundesverfassung (insbesondere "Anspruch auf schickliche Bestattung"
beziehungsweise Menschenwürde) zu beachten haben, kann davon ausgegangen werden,
dass zentrale, weithin unbestrittene Grundsätze des Bestattungswesens keine Änderungen
erfahren werden (zum Beispiel Zulässigkeit der Erdbestattung und Urnenbeisetzung auf
öffentlichen Friedhöfen, BGE 45 I 119). Einen grösseren Freiraum kommt den Gemeinden
dagegen bei der Regelung von organisatorischen und finanziellen Belangen im
Zusammenhang mit dem Bestattungswesen zu (insbesondere Kosten der Bestattung,
Anlage von Friedhöfen und Gräbern, Abräumung von Gräbern).
Abs. 1
Die Zuständigkeit der Gemeinden erstreckt sich nicht nur auf den Vollzug, sondern – unter
Vorbehalt der Absätze 2 und 3 – auch auf die Rechtssetzung im Bereich des
Bestattungswesens.
Abs. 2
Der Regierungsrat regelt – für sämtliche Gemeinden einheitlich – gewisse Aspekte des
Bestattungswesens; dies jedoch nur insoweit, als dies zur Wahrung von
gesundheitspolizeilichen Interessen erforderlich ist. Die Regelung zielt insbesondere darauf
ab, eine Gesundheitsgefährdung der Öffentlichkeit durch Leichen sowie die Bestattung
Scheintoter zu verhindern. Die vom Regierungsrat zu diesem Zweck festzulegenden
Grundsätze betreffen insbesondere Ort und Zeitpunkt der Bestattung, Einsargung,
Grabesruhe, Grabestiefe, Exhumation und Leichenschau.
Abs. 3
Der Vorbehalt der Gesetzgebung über die Strafrechtspflege dient der klaren Abgrenzung von
gesundheitsrechtlichen und strafprozessualen Aspekten des Bestattungswesens. Nach den
Bestimmungen des Strafprozessrechts richtet sich insbesondere die Legalinspektion, die
Legalobduktion und die Exhumation einer Leiche zur Aufklärung einer Straftat.
10. Aufsicht und Massnahmen
Die Bestimmungen dieses Kapitels sollen einen wirkungsvollen Vollzug gewährleisten. Da es
um den Schutz hochwertiger Rechtsgüter geht, sind griffige Aufsichtsinstrumente
vorzusehen; daneben sind die zuständigen Behörden mit den notwendigen
Aufsichtskompetenzen auszustatten. Wenngleich dies bei den nachfolgenden
Bestimmungen jeweils nicht ausdrücklich erwähnt wird, sind die Behörden bei der
Wahrnehmung von Aufsichtsbefugnissen und der Anordnung von Massnahmen an die
- 94 -
allgemeinen verfassungsmässigen Schranken staatlichen Handelns, namentlich an den
Verhältnismässigkeitsgrundsatz, gebunden. So dürfen sie von den gesetzlich umschriebenen
Aufsichtsbefugnissen nur Gebrauch machen, wenn dies zur Wahrung von öffentlichen
Interessen (insbesondere Abwehr einer drohenden Gesundheitsgefährdung) erforderlich ist;
stehen verschiedene Mittel zur Verfügung, so ist dasjenige zu wählen, das am wenigsten in
die Rechtsstellung der betroffenen Person eingreift. Aus dem Grundsatz der
Verhältnismässigkeit folgt beispielsweise, dass die zuständige Behörde nur in dem Umfang
in Unterlagen Einblick nehmen darf, als dies zur Erfüllung der Aufsichtsfunktion tatsächlich
erforderlich ist. Insoweit erweist sich die in der Vernehmlassung beantragte ausdrückliche
Verankerung des (ohnehin geltenden) Grundsatzes, dass die Aufsichtsbehörde nur
"notwendige Unterlagen" herausverlangen dürfe, als entbehrlich (vgl. § 49 lit. a GesG-E).
§ 49 (Aufsichtsbefugnisse)
Die Befugnisse der Aufsichtsbehörden sind im geltenden Recht nur fragmentarisch geregelt;
entsprechende Normen finden sich in diversen Erlassen und auf verschiedenen Normstufen
(beispielsweise Art. 58 HMG, Art. 18 BetMG, § 30 der Verordnung über die Apotheken
[SAR 311.511], § 16 der Verordnung über die Zahnärzte [SAR 311.335]). Angesichts
möglicher Regelungslücken besteht die Gefahr, dass im Einzelfall ein Eingreifen mangels
gesetzlicher Grundlage nicht möglich ist beziehungsweise erschwert wird. Mit § 49 GesG-E
werden die den zuständigen Behörden zukommenden Aufsichtsbefugnisse in allgemeiner
Weise, das heisst mit Geltung für sämtliche Vollzugsbereiche, auf Gesetzesstufe normiert.
Die Befugnis, Auskünfte sowie die Herausgabe von Unterlagen zu verlangen (lit. a), stellt ein
eher mildes Aufsichtsmittel dar, das in vielen Fällen ausreicht, um den massgebenden
Sachverhalt abzuklären. Bei den Daten, die der Aufsichtsbehörde zugänglich zu machen
sind, wird es sich unter Umständen um sensible Personendaten handeln, die zudem durch
ein Berufsgeheimnis geschützt sind. Diesem Umstand haben die Vollzugsbehörden durch
ein verhältnismässiges Vorgehen Rechnung zu tragen. Allerdings ist festzuhalten, dass sich
die der Aufsicht unterstehenden Personen gegenüber der Aufsichtsbehörde grundsätzlich
nicht auf das Berufsgeheimnis berufen können. Soll beispielsweise überprüft werden, ob ein
Arzt seiner Dokumentationspflicht nachkommt, setzt dies voraus, dass in die
Patientendossiers Einblick genommen werden kann. In derartigen Fällen kann sich die
beaufsichtigte Person nicht hinter einem Berufsgeheimnis "verstecken", um so die Aufsicht
durch die zuständige Behörde zu vereiteln. Vielmehr gilt der Grundsatz, dass für seine
eigenen Verfehlungen niemand das Privileg eines Berufsgeheimnisses beanspruchen kann.
Anders präsentiert sich die Lage, wenn nicht der Geheimnisträger selbst im Fokus der
Abklärungen der Aufsichtsbehörde steht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein
Psychiater einen Arzt behandelt, der psychisch erkrankt ist und gegen den in diesem
Zusammenhang ein aufsichtsrechtliches Verfahren eingeleitet wurde. Für den Psychiater gilt
uneingeschränkt das Berufsgeheimnis, da sich die Untersuchung nicht gegen ihn richtet;
dementsprechend fällt die Herausgabe von Unterlagen nur unter den in § 21 Abs. 1 GesG-E
umschriebenen Voraussetzungen in Betracht.
Der Zutritt zu Räumlichkeiten (lit. b) hat in der Regel nach Voranmeldung und zu den
üblichen Betriebszeiten zu erfolgen. In Fällen zeitlicher Dringlichkeit oder wenn die Gefahr
besteht, dass der Zweck der Kontrolle vereitelt würde, können Räumlichkeiten auch
ausserhalb der üblichen Geschäftszeiten und ohne Voranmeldung betreten werden. Die
- 95 -
konkrete Ausgestaltung des Zutrittsrechts richtet sich zudem nach den dem jeweiligen
Vollzugsbereich eigenen Erfordernissen und Gepflogenheiten: So erfolgen beispielsweise im
Heilmittelbereich Kontrollen im Rahmen der behördlichen Marküberwachung grundsätzlich
unangemeldet (Botschaft zum HMG, BBl 1999, S. 3540).
Die Behörden sind befugt, Proben zu erheben und Gegenstände zu Abklärungszwecken zu
beschlagnahmen (lit. c). Eine Bestimmung in dieser allgemeinen Form rechtfertigt sich
insbesondere deshalb, weil unklar sein kann, wie ein Gegenstand rechtlich zu qualifizieren
ist (zum Beispiel Heilmittel, Medizinprodukt, Lebensmittel). Soweit die zu
Abklärungszwecken beschlagnahmten Gegenstände gesundheitsgefährdend sind
beziehungsweise einer verbotenen Tätigkeit dienen oder gedient haben, können sie gemäss
§ 50 Abs. 2 lit. a GesG-E "amtlich verwahrt" oder "vernichtet" werden. Ansonsten sind sie
grundsätzlich dem Eigentümer zurückzugeben.
§ 50 (Verwaltungsmassnahmen)
Abs. 1
Die Bestimmung umschreibt die Verwaltungsmassnahmen, welche die zuständigen
Behörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben treffen können.
Abs. 2
Mögliche Massnahmen sind in Absatz 2 aufgeführt. Dieser Katalog ist nicht abschliessend.
Ausdrücklich genannt werden Massnahmen, welche die Rechtsstellung der Bürgerin
beziehungsweise des Bürgers empfindlich beeinträchtigen können und somit einer möglichst
präzisen Rechtsgrundlage bedürfen.
Die zuständigen Behörden können Proben erheben und Gegenstände zu
Abklärungszwecken beschlagnahmen (lit. a). Als Beispiel für einen Gegenstand, der einer
verbotenen Tätigkeit dient, kann ein von einem Naturheiler eingesetztes Gerät zur
Bekämpfung von AIDS oder zur Veränderung der Zeugungsfähigkeit genannt werden.
Beispiele für Gegenstände, welche die Gesundheit gefährden: rostiges Skalpell, defekte und
verkeimte Zahnarztinstrumente.
Bei gravierenden Missständen, kann es sich als notwendig erweisen, die Benützung von
Räumen und Einrichtungen zu untersagen sowie Betriebe zu schliessen (lit. b; Beispiele:
Verbot einen Operationssaal zu benutzen, Schliessung einer Arztpraxis oder einer
Apotheke).
Der Begriff "Bekanntmachungen" (lit. c) umfasst neben eigentlicher Werbung auch andere
Formen der Information über eine Heiltätigkeit (zum Beispiel Briefkopf mit
Berufsbezeichnung, Telefonbucheinträge). Unzulässige Bekanntmachungen sind zu
unterbinden. Je nachdem, in welcher Form sie erfolgen, stehen hierzu verschiedene Mittel zu
Verfügung: Werbebroschüren, Flugblätter und dergleichen können beschlagnahmt werden;
bei Telefonbucheinträgen, Zeitungsinseraten, Internetpublikationen und dergleichen kommt
eine Beschlagnahme kaum in Betracht, hier bleibt als Handlungsoption nur das Verbieten
beziehungsweise Beseitigen.
- 96 -
§ 51 (Kosten)
Unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen ist das Verwaltungsverfahren in erster Instanz
unentgeltlich (§ 33 Abs. 1 VRPG). Aufsichtsrechtliche Verfahren können bei der zuständigen
Behörde einen erheblichen Aufwand verursachen. Mit § 51 GesG-E soll daher die
Möglichkeit geschaffen werden, auch im erstinstanzlichen Verfahren Kosten zu erheben. Die
Verlegung von Kosten rechtfertigt sich jedoch nur dann, wenn tatsächlich Massnahmen
angeordnet werden (auch im Rahmen von § 51 GesG-E gilt somit das "Unterliegerprinzip").
§ 52 (Informationspflicht anderer Behörden)
Gerichts- und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, der zuständigen Behörde Tatsachen
und Wahrnehmungen zu melden, die ein aufsichtsrechtliches Einschreiten erfordern. Die
Bestimmung dient vor allem der speditiven Erfassung und Abklärung von Disziplinarfällen.
Voraussetzung für die Meldepflicht sind substanzielle Hinweise, dass die Berufspflichten
verletzt sein könnten beziehungsweise die Eignung zur Berufsausübung in Frage gestellt ist.
Zu melden sind somit nur Vorfälle und Tatsachen, die eine gewisse Schwere aufweisen und
die aller Voraussicht nach ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde erfordern.
In Bezug auf Personen, die dem MedBG unterstehen, gilt die Meldepflicht im Grundsatz
bereits von Bundesrechts wegen (Art. 42 MedBG). Eine vergleichbare Regelung findet sich
beispielsweise auch in der Anwaltsgesetzgebung.
Meldepflichtige Vorfälle, welche die Berufspflichten verletzen könnten (lit. a), sind
beispielsweise grobe Behandlungsfehler oder sexuelle Übergriffe auf Patientinnen und
Patienten.
Gemäss Litera b zu melden sind Tatsachen, welche die Eignung zur Berufsausübung in
Frage stellen. Darunter fallen insbesondere Tatsachen, die darauf hindeuten, dass die
Bewilligungsvoraussetzungen gemäss § 5 lit. b GesG-E im Nachhinein weggefallen sind
("Vertrauenswürdigkeit", "physische und psychische Gewähr für eine einwandfreie
Berufsausübung"). Als Beispiele zu nennen sind: Suchtprobleme, gravierende psychische
Störungen oder schwere Delinquenz.
§ 53 (Information der Öffentlichkeit)
Bei einer drohenden Gesundheitsgefährdung informieren die zuständigen Behörden die
Öffentlichkeit. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung rechtfertigt sich insbesondere
deshalb, weil unter Umständen über konkrete Sachverhalte – beispielsweise individuell
bezeichnete Personen oder Produkte – informiert werden muss. In derartigen Fällen soll die
als notwendig erachtete Information nicht mit Hinweis auf das Amtsgeheimnis oder den
Datenschutz unterbleiben, vielmehr hat die zuständige Behörde zu entscheiden, ob das
Interesse an der Information der Öffentlichkeit die entgegenstehenden privaten Interessen
überwiegt. Die zuständige Behörde ist bei der Art und Weise der Kommunikation keinen
Beschränkungen unterworfen. Sie hat diejenige Form zu wählen, die geeignet ist, den mit
der Bestimmung verfolgten Zweck (Abwendung einer Gesundheitsgefährdung) tatsächlich zu
erreichen (so wäre beispielsweise neben der Information der breiten Öffentlichkeit über die
Medien auch eine zielgruppenspezifische Information per E-Mail denkbar).
- 97 -
- 98 -
11. Strafbestimmungen
§ 54 (Allgemeine Widerhandlungen)
Es besteht ein unabweisbares Bedürfnis, Widerhandlungen gegen das Gesundheitsgesetz
wirkungsvoll zu sanktionieren. Die Sanktionierung muss jedoch nicht zwingend durch eine im
Gesundheitsgesetz verankerte Strafbestimmung erfolgen. Verschiedene strafwürdige
Verhaltensweisen sind bereits von Bestimmungen in anderen Gesetzen erfasst. So werden
Widerhandlungen beim Umgang mit Heilmitteln durch das HMG geregelt (beispielsweise die
Herstellung von Arzneimitteln ohne Bewilligung oder die Abgabe von Arzneimitteln durch
unberechtigte Personen; vgl. Art. 86 f. HMG). Weiter kann die Aufsichtsbehörde bei
Personen, die in Berufen des Gesundheitswesens tätig sind, weit gehende
Disziplinarsanktionen, insbesondere eine Busse bis Fr. 20'000.–, anordnen. Es wäre wenig
sinnvoll, wenn für die gleiche Verfehlung neben der disziplinarischen zusätzlich noch eine
strafrechtliche Busse ausgesprochen würde (so werden beispielsweise auch Anwälte bei der
Verletzung von "Berufsregeln" ausschliesslich disziplinarisch bestraft). Für Verfehlungen im
Geltungsbereich des Disziplinarrechts (insbesondere Verletzung von Berufspflichten) sind
daher im GesG-E keine strafrechtlichen Sanktionen vorzusehen.
Abs. 1
In Absatz 1 werden Tatbestände aufgezählt, die weder durch das Disziplinarrecht noch durch
Strafbestimmungen in anderen Erlassen abgedeckt sind, und somit einer Normierung im
GesG-E bedürfen. Bei Widerhandlungen kann eine Busse bis maximal Fr. 100'000.–
ausgesprochen werden. Der Bussenrahmen dürfte am ehesten ausgeschöpft werden bei
Personen, die – allenfalls gewerbsmässig und in grossem Stil – bei der Ausübung einer
bewilligungsfreien Tätigkeit die Gesundheit von Menschen gefährden (lit. a).
Machenschaften von dubiosen Heilern und Scharlatanen soll mit strafrechtlichen Mitteln
entschieden entgegengetreten werden; zu diesem Zweck muss die Möglichkeit bestehen,
Bussen zu verhängen, welche die fehlbaren Personen empfindlich treffen.
lit. a
Personen, die eine bewilligungsfreie Tätigkeit ausüben, unterstehen keiner disziplinarischen
Verantwortlichkeit. Verfehlungen sind daher strafrechtlich zu sanktionieren. In diesem
Bereich dürfte der wichtigste Anwendungsfall von § 54 GesG-E liegen.
lit. b
Das Nichteinholen einer Berufsausübungsbewilligung wird disziplinarrechtlich sanktioniert;
dies zumindest dann, wenn die Bewilligung für die betroffene Person grundsätzlich erhältlich
wäre (zum Beispiel Arzt ist ohne Bewilligung tätig; vgl. Botschaft zum MedBG, BBl 2005,
Seite 231). Wenn eine Person hingegen eine Tätigkeit ausübt, für die sie die entsprechenden
persönlichen und fachlichen Voraussetzungen nicht mitbringt, ist sie gemäss § 54 GesG-E
zu bestrafen (zum Beispiel Tätigkeit eines Handwerkers als Arzt beziehungsweise einer
Verkäuferin als Hebamme).
- 99 -
lit. c
Zu Litera b analog Bestimmung für Betriebe gemäss § 25 GesG-E: Das Nichteinholen einer
grundsätzlich erhältlichen Betriebsbewilligung wird disziplinarrechtlich sanktioniert; sind die in
§ 26 GesG-E umschriebenen Voraussetzungen für eine Bewilligungserteilung nicht gegeben,
ist die fachverantwortliche Person zu bestrafen.
Abs. 2
Da es sich bei § 54 GesG-E um einen Übertretungsstraftatbestand handelt, muss die
Strafbarkeit von Versuch und Gehilfenschaft ausdrücklich erwähnt werden.
Abs. 3
Werden in einem Unternehmen Delikte begangen, sind grundsätzlich die natürlichen
Personen zu bestrafen, welche für das Unternehmen gehandelt haben (beziehungsweise
hätten handeln sollen). Wenn die Straftat keiner natürlichen Person zugerechnet werden
kann, hat das Unternehmen die Busse zu bezahlen. Eine gleichlautende Bestimmung findet
sich auch in § 160 Abs. 4 des Baugesetzes (SAR 713.100) sowie § 29 Abs. 4 des
Energiegesetzes (SAR 773.100).
§ 55 (Widerhandlungen im Bereich Tabak- und Alkoholprävention)
Abs. 1 und 2
Die in § 55 Abs.1 GesG-E erwähnten Widerhandlungen gegen Massnahmen der Tabak- und
Alkoholprävention werden mit Busse bis maximal Fr. 10'000.– sanktioniert (Abs. 1). Der
Gemeinderat ist für Bussen bis zu Fr. 2'000.– das zuständige Straforgan (Abs. 2).
Die Verkaufsverbote von Tabakwaren gemäss § 37 Abs. 2 und 3 GesG-E stehen in einem
sachlichen Zusammenhang zu den Verkaufsverboten von alkoholischen Getränken gemäss
§ 1 Abs. 2 lit. a und b des Gastgewerbegesetzes. Das Gleiche gilt für das Abgabeverbot von
alkoholischen Getränken an nicht kaufsberechtigte Jugendliche (vgl. Kommentierung zu § 37
Abs. 5 GesG-E). Aufgrund von § 14 Abs. 2 des Gastgewerbegesetzes liegen
Widerhandlungen gegen die Verkaufsverbote von alkoholischen Getränken in der
Strafkompetenz des Gemeinderats. Eine Gleichbehandlung in Bezug auf das Strafverfahren
liegt deshalb auf der Hand. Die Bussenkompetenz wird in Anpassung an das per 1. Januar
2009 in Kraft tretende Gesetz über die Umsetzung der neuen Bundesgesetzgebung im
Strafrecht und Strafprozessrecht auf Fr. 2'000.– festgesetzt. Um die Gleichbehandlung auch
in Bezug auf den Bussenrahmen zu gewährleisten, wird mittels Fremdänderung § 14 Abs. 2
des Gastgewerbegesetzes angepasst (von der maximal auszusprechenden Busse von
Fr. 500.– auf Fr. 2'000.–).
Ebenso soll der Gemeinderat als Strafbehörde für Widerhandlungen gegen das Rauchverbot
gemäss § 38 GesG-E zuständig sein. Eine strafrechtliche Sanktionierung der "Betreiber" von
öffentlich zugänglichen Räumen ist nicht vorgesehen.
Um den Gemeinden im Bereich ihrer Strafkompetenz den Vollzug zu erleichtern, sollen
Widerhandlungen gemäss § 55 Abs. 1 lit. b und c GesG-E ins Ordnungsbussenverfahren
verwiesen werden. Die Bussenbeträge fallen zugunsten der aufwandbelasteten Gemeinden
an (vgl. § 5 Verordnung über das Ordnungsbussenverfahren
- 100 -
[Ordnungsbussenverfahrenverordnung, OBVV; SAR 991.512].
- 101 -
Abs. 3
Widerhandlungen gegen das Werbeverbot für Tabakwaren und alkoholische Getränke (§ 37
Abs. 1 GesG-E) werden mit Busse bis Fr. 100'000.– bestraft. Da ein Verstoss gegen das
Werbeverbot im Vergleich zu den Straftatbeständen gemäss Abs. 1 eine gravierendere
Tathandlung darstellt, rechtfertigt sich der höhere Bussenrahmen. Zudem sind die
Gemeinden im Bereich der Werbeverbote mit keinen Vollzugsaufgaben betraut, weshalb
ihnen auch die Strafkompetenz nicht zufallen soll. Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.
Ebenso ist § 54 Abs. 3 GesG-E (Verantwortlichkeit des Unternehmens) anwendbar.
12. Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 56 (Übergangsrecht)
In übergangsrechtlicher Hinsicht besteht Bedarf nach folgenden Bestimmungen:
Abs. 1
Es wird in Absatz 1 festgehalten, dass die vor Inkrafttreten des neuen Gesundheitsgesetzes
erteilten Bewilligungen grundsätzlich gültig bleiben, was sich aus Gründen des Besitzstands
rechtfertigt. Für den Fall, dass die Bewilligungsvoraussetzungen im Vergleich zum alten
Recht strenger ausfallen, muss die Bewilligungsinhaberin beziehungsweise der
Bewilligungsinhaber die strengeren Voraussetzungen nach Ablauf einer Frist von 2 Jahren
seit Inkrafttreten des neuen Gesundheitsgesetzes erfüllen. Diese Einschränkung rechtfertigt
sich aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Patientinnen und Patienten.
Abs. 2
Vereinzelt werden mit dem neuen Gesundheitsgesetz gewisse Tätigkeiten neu einer
Bewilligungspflicht unterstellt. Personen oder Organisationen, welche eine solche Tätigkeit
bereits heute ausüben, müssen innert einem Jahr seit Inkrafttreten des Gesundheitsgesetzes
ein entsprechendes Gesuch stellen. Unter diese Bestimmung könnten zum Beispiel
Transport- und Rettungsunternehmen oder Osteopathinnen und Osteopathen fallen.
Abs. 3
Für die Umsetzung des Schutzes vor Passivrauchen (vgl. § 38 GesG-E) sind unter
Umständen baulichen Massnahmen erforderlich, die eine gewisse Zeit benötigen. Aus
diesem Grund wird eine Frist von 2 Jahren für die Umsetzung der Massnahmen gesetzt. Aus
Gründen der Gleichbehandlung soll die Übergangsfrist für alle, welche von der Regelung des
Schutzes vor Passivrauchen tangiert sind, Geltung haben, auch wenn die Massnahme ohne
weiteres umsetzbar wäre (Abs. 3).
Abs. 4
Mit Abs. 3 wird zudem eine Frist von 2 Jahren zur Umsetzung der Regelung bezüglich
Verkauf von Tabakwaren durch Automaten an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren
(vgl. § 37 Abs. 4 GesG-E) gesetzt.
- 102 -
§ 57 (Änderung bundesrechtlicher Bestimmungen)
Auf Bundesebene sind weitere Erlasse mit direktem oder indirektem Bezug zum
Gesundheitsgesetz im Gang (zum Beispiel Bundesgesetz über die Psychologieberufe;
Humanforschungsgesetz; Erwachsenenschutzrecht), die unter Umständen eine Anpassung
des Gesundheitsgesetzes notwendig machen. Unter sehr eingeschränkten Bedingungen
("keine erhebliche Entscheidungsfreiheit") soll der Regierungsrat ermächtigt werden, die zur
Ausführung von Bundesrecht erforderlichen Anpassung des Gesundheitsgesetzes
vorzunehmen.
§ 58 (Vollzug)
§ 59 (Publikation und Inkrafttreten)
Es handelt sich hier um gängige Schlussbestimmungen.
Fremdänderungen
1. Strafprozessordnung (StPO) vom 11. November 1958
Mit einem neuen § 139 Abs. 3bis Strafprozessordnung (StPO) soll die Grundlage geschaffen
werden, dass im Fall von Suizidhilfe die Kosten der Untersuchung einer Selbsttötung den
Personen oder Organisationen, welche bei der Selbsttötung Hilfe geleistet haben, auferlegt
werden können, soweit sie nicht dem Nachlass der verstorbenen Person belastet werden
können. Hat die verstorbene Person zuletzt einen ausländischen Wohnsitz, sollen die Kosten
immer der Hilfe leistenden Person oder Organisation auferlegt werden können.
Voraussichtlich am 1. Januar 2010 wird die neue Schweizerische Strafprozessordnung
(CH-StPO) in Kraft treten und damit zur Aufhebung der kantonalen Strafprozessordnung
führen. Die Frage, inwieweit die bundesrechtliche Regelung des Strafprozessrechts noch
Raum für kantonale Bestimmungen im Sinne von § 139 Abs. 3bis zulässt, wird zurzeit noch
geprüft und soll auf die 2. Beratung hin geklärt werden.
2. Spitalgesetz (SpiG) vom 25. Februar 2003
Die rein gesundheitspolizeiliche Bewilligungspflicht für Spitäler ist nach geltendem Recht in
§ 58 GesG-1987 enthalten. Ausgehend von den inhaltlichen Vorgaben gemäss Art. 39 KVG
soll die Bewilligungspflicht ins Spitalgesetz überführt werden. Die Bewilligungspflicht für
stationäre Pflegeeinrichtungen befindet sich ebenfalls im entsprechenden Spezialerlass (§ 6
Pflegegesetz).
Die Bewilligungsvoraussetzungen richten sich nach Art. 39 Abs. 1 lit. a–c KVG. Es sind dies:




ausreichende ärztlichen Betreuung;
erforderliches Fachpersonal;
zweckentsprechende Einrichtungen;
zweckentsprechende pharmazeutische Versorgung.
Die Bewilligung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden oder befristet werden. Die
Bewilligung wird vorübergehend oder dauernd entzogen, wenn die Voraussetzungen für
deren Erteilung nicht mehr erfüllt sind. Die Bewilligung kann sodann auch entzogen werden,
wenn Auflagen oder Bedingungen nicht eingehalten oder gesetzliche Bestimmungen verletzt
- 103 -
werden. Vor dem Entzug soll zuerst eine Verwarnung mit Fristansetzung zur Behebung der
festgestellten Mängel ergehen. In Absatz 4 wird die Grundlage geschaffen, um bei drohender
oder bestehender Gefährdung der betreuten Personen eine sofortige Schliessung des
Spitals verfügen zu können. Absatz 5 regelt die Aufsicht und die der Aufsichtsbehörde
zustehende Rechte (Zutritt zu den Räumen, Auskünfte, Unterlagen).
Die ursprünglich in der Vernehmlassungsfassung vorgesehene Formulierung, dass
"Eröffnung und Betrieb einschliesslich Erweiterung und Änderung des bisherigen Angebots"
einer Bewilligung bedürfen, wurde von mehreren Parteien, aber auch von den Spitälern stark
kritisiert. Man befürchtete damit eine Verschärfung der Bewilligungspflicht sowie eine
planerische Einflussnahme seitens des Kantons.
Obwohl diese Befürchtungen nicht zutreffen und damit auch keine über die bisherige
Bewilligungspflicht in § 58 GesG-1987 hinausgehende Regelung und schon gar nicht eine
Einflussnahme insbesondere im planerischen Bereich beabsichtigt war, wurde der
entsprechende Passus gestrichen. Allerdings bleibt festzuhalten, dass eine
gesundheitspolizeiliche Bewilligung immer nur eine Momentaufnahme darstellen kann, mit
welcher zum Ausdruck gebracht wird, dass die erforderlichen personellen und
infrastrukturellen Voraussetzungen für den Spitalbetrieb aktuell erfüllt sind. Bei wesentlichen
Veränderungen muss das Vorhandensein der Bewilligungsvoraussetzungen auch
entsprechend neu überprüft werden können.
3. Gesetz über das Gastgewerbe und den Kleinhandel mit alkoholhaltigen Getränken
(Gastgewerbegesetz, GGG) vom 25. November 1997
§ 6 des Gastgewerbegesetzes (GGG; "Wo es die betrieblichen Möglichkeiten erlauben, ist
auf die Bedürfnisse der nichtrauchenden Gäste Rücksicht zu nehmen.") kann aufgrund der
Regelung in § 38 GesG-E aufgehoben werden.
Analog zu § 55 Abs. 2 GesG-E wird der Bussenrahmen für die Strafkompetenz des
Gemeinderats in § 14 Abs. 2 GGG von Fr. 500.– auf Fr. 2'000.– erhöht.
Fremdaufhebungen
Mit dem neuen Gesundheitsgesetz können verschiedene Erlasse aufgehoben werden. Nebst
dem geltenden Gesundheitsgesetz aus dem Jahr 1987 kann auch das Gesetz über die
Bekämpfung der Tuberkulose aus dem Jahr 1951 aufgehoben werden.
Des Weiteren können
 das Gesundheitsgesetz (GesG) vom 10. November 1987,
 das Gesetz über die Bekämpfung der Tuberkulose (Tuberkulosegesetz) vom 10. Juli
1951,
 das Dekret über weitere bewilligungspflichtige Berufe der Gesundheitspflege (DBG) vom
16. November 1999,
 das Dekret über die Rechte und Pflichten der Krankenhauspatienten (Patientendekret,
PD) vom 21. August 1990,
 das Dekret über die Organisation des Kantonalen Laboratoriums vom 26. Mai 1909
- 104 -
aufgehoben werden.
- 105 -
Die Regelungsinhalte dieser Dekrete werden – soweit erforderlich – in den Grundsätzen im
neuen Gesundheitsgesetz und im Übrigen auf Verordnungsstufe (zum Beispiel
bewilligungspflichtige Berufe vgl. § 5 Abs. 2 GesG-E; Patientenrechte vgl. § 28 Abs. 5 GesGE; Organisation § 2 Abs. 1 GesG-E) abgehandelt. § 6 des Gastgewerbegesetzes wird durch
§ 38 GesG-E ersetzt.
5.
Auswirkungen
5.1
Auf den Kanton sowie die Gemeinden
5.1.1 Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden
Das neue Gesundheitsgesetz erwähnt explizit in § 3, § 37 Abs. 4 sowie § 48 die Aufgaben
der Gemeinden. Insbesondere die in § 3 Abs. 1 lit. a–c festgehaltenen Aufgaben
(Unterstützung Kanton bei Vollzug GesG; Bereitstellung bedarfsgerechtes Angebot im
Bereich Mütter- und Väterberatung; Organisation und Durchführung der Pilzkontrolle unter
Mithilfe Kanton) werden bereits heute durch die Gemeinden unverändert vollzogen. Daraus
ergeben sich weder für den Kanton noch für die Gemeinden oder Dritte Mehrbelastungen.
Im Bereich des Bestattungswesens (§ 48 GesG-E) werden neu durch den Kanton nur noch
diejenigen Grundsätze durch den Regierungsrat geregelt, welche zur Wahrung von
gesundheitspolizeilichen Interessen erforderlich sind. Das heisst, dass gewisse Bereiche
gemäss den Grundsätzen der Aufgabenteilung dem Regelungsbereich der Gemeinden zu
überlassen sind (zum Beispiel Bestattungsarten, Anlage von Friedhöfen und Gräbern). Der
Wegfall von Regelungen im kantonalen Recht wird bei den Gemeinden einen gewissen
Rechtssetzungsaufwand auslösen. Dieser Aufwand dürfte aber moderat ausfallen, da die
Normen des kantonalen Rechts in den bereits bestehenden Friedhofreglementen häufig
"wiederholt" werden. Soweit die eine oder andere Regelungslücke entstehen sollte, ist im
Übrigen davon auszugehen, dass die Gemeinden weitestgehend die bisherige kantonale
Regelung übernehmen werden. Im Bereich des Vollzugs, der unverändert bei den
Gemeinden liegt, ist weder für den Kanton noch für die Gemeinden mit einem Mehraufwand
zu rechnen.
5.1.2 Liberalisierung der Berufszulassung
Die vorgesehene Liberalisierung bei der Berufszulassung im Gesundheitswesen, wonach
aufgrund des Wechsels vom diplomorientierten zum tätigkeitsspezifischen Modell Tätigkeiten
und Berufe im komplementärtherapeutischen Bereich weitgehend ohne staatliche
Bewilligung ausgeübt werden dürfen, zieht eine vermehrte Informationstätigkeit des Kantons,
nach sich. Einhergehend mit der Eigenverantwortlichkeit der Patientinnen und Patienten bei
der Auswahl ihrer Behandlung ist es Pflicht der Behörden, umfassend und kontinuierlich über
das tätigkeitsspezifische System und die staatlich geregelten Zulassungen etc. zu
informieren (zum Beispiel gezielte Information via Verbände). Ebenso ist als Folge der
Liberalisierung ein allfälliger Mehraufwand im Aufsichtsbereich inklusive Vollzug nicht
auszuschliessen. So hat der Kanton auf Anzeige oder Meldung von Dritten hin,
möglicherweise vermehrt entsprechend tätig zu werden. Ziel ist es, den anfallenden
Mehraufwand mit den bestehenden personellen Ressourcen abzudecken. Auf der anderen
Seite wird der administrative Aufwand in bestimmten Bereichen geringer ausfallen (bisherige
- 106 -
Aufsicht in Bezug auf die verbotenen Tätigkeiten im Bereich der Komplementärtherapie,
Entbindungen Berufsgeheimnis).
- 107 -
5.1.3 Massnahmen der Gesundheitsvorsorge und Jugendschutz
Gesundheitsvorsorge (§ 34 GesG-E)
Die Massnahmen gemäss § 34 werden grundsätzlich vom Kanton finanziert, so wie dies
bereits heute der Fall ist. So finanziert der Kanton seine aktive Gesundheitsförderungspolitik
(zum Beispiel Schwerpunktprogramme "Betriebliche Gesundheitsförderung" und "Gesundes
Körpergewicht"; Newsletter "Forum Gesundheit"; Gesundheitsförderungspreis) aus den
ordentlichen Budgetmitteln. Die Gemeinden haben in diesem Bereich keine Verpflichtungen.
Es ist allerdings erwünscht, wenn sie selbst auch aktiv sind. Vgl. zum Beispiel die Stadt
Aarau mit der Stiftung "Aarau eusi gsund Stadt". Ein neues Engagement zeichnet sich auch
in der Region Baden/Wettingen ab.
Impfungen (§ 35 GesG-E)
Die Kosten der Impfungen werden in der Regel von der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung übernommen, da sich der Kanton Aargau an die Empfehlungen
des Bundes hält. Falls es sich bei einer Impfung nicht um eine Pflichtleistung handelt, gehen
die Kosten zulasten der Patientinnen und Patienten. Kosten für den Kanton entstehen somit
keine.
Suchtprävention und Suchthilfe (§ 36 GesG-E)
Im Bereich der Suchtprävention und der Suchthilfe ergeben sich keinerlei Veränderungen zu
bisher. Die Zuständigkeit des Kantons in diesen Bereichen bleibt bestehen.
Werbeverbot Tabak und Alkohol (§ 37 Abs. 1 GesG-E)
Durch die neue Verankerung des Verbots von grossflächiger Werbung für Tabakwaren und
Alkohol ergibt sich eine neue Vollzugsaufgabe für den Kanton. Von der Sache her ist es im
Sinne der Synergiennutzung sinnvoll, diese Aufgabe dem Amt für Verbraucherschutz zu
übertragen, da das Amt für Verbraucherschutz bereits heute für den Vollzug des
bundesrechtlichen Werbeverbots im Bereich Tabak und Alkohol für Werbung, die sich direkt
an Jugendliche richtet, zuständig ist. Da Werbung im Tabak- und Alkoholbereich gemäss
den neuen Bestimmungen auch dort platziert werden kann, wo kein konkreter Bezug zu
Lebensmitteln gegeben ist, wird das Amt für Verbraucherschutz mit einer neuen Aufgabe
betraut, die zu einem gewissen Mehraufwand führt, der nicht durch die bestehenden
personellen Ressourcen abgedeckt werden kann. Insbesondere kein Bezug zu
Lebensmitteln ist zum Beispiel bei der Überprüfung von Plakaten an Strassenabschnitten
gegeben. Generell kann gesagt werden, dass die Kontrolle der neuen Werbeverbote Tabak
und Alkohol im Rahmen der Verhältnismässigkeit stichprobenweise oder auf Anzeige von
Dritten hin ausgeübt werden.
- 108 -
Verkaufsverbot von Tabakwaren inklusive Automaten (§ 37 Abs. 2 und 3 GesG-E)
Ebenfalls neu ist das Verkaufsverbot von Tabakwaren (inklusive Automaten) an Personen
unter 16 Jahren. Auch hier können für den Vollzug im Sinne der Synergiennutzung bereits
bestehende Absatzkanäle im Rahmen der Kontrolle der Verkaufsverbote für Alkohol genutzt
werden. So kontrolliert das Amt für Verbraucherschutz bereits heute Betriebe, die Alkohol
abgeben (Gastrobetriebe, Hotels, Kioske, Tankstellen, etc.). Durch die neue Aufgabe der
Alterskontrolle beziehungsweise der Kontrolle von Zugriffseinschränkungen bei
Zigarettenautomaten, entsteht dem Amt für Verbraucherschutz nur ein geringer
Mehraufwand. Die meisten Automaten, die heute noch Tabakwaren anbieten, befinden sich
in den Gastronomiebetrieben. Es besteht somit die Möglichkeit, gleichzeitig im Rahmen von
üblichen Betriebskontrollen Kontrollen im Bereich des Tabakwarenverkaufs durchzuführen.
In dem Sinne erhält das Amt für Verbraucherschutz eine neue Vollzugsaufgabe, welche sich
jedoch nur gering zu einer Mehrbelastung auswirken wird.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Amt für Verbraucherschutz mit dem
Vollzug des Werbeverbots sowie des Verkaufsverbots einen zusätzlichen Stellenbedarf von
total 50 % aufweist.
Testkäufe im Bereich Tabak und Alkohol (§ 37 Abs. 4 GesG-E)
Die Gemeinden sind aufgrund von § 37 Abs. 4 GesG-E für die Durchführung von Testkäufen
im Bereich Tabak und Alkohol zuständig. Da es sich bei der neuen gesetzlichen Grundlage
um keine verpflichtende Formulierung handelt ("kann-Formulierung"), hängen etwaige für die
Gemeinden anfallende Kosten davon ab, ob die Gemeinde sich überhaupt zur Durchführung
solcher Testkäufe entscheidet und auf welche Art und Weise sie diese durchführen will
(Aufgabe der Gemeindepolizeien oder Zusammenarbeit mit Dritten, zum Beispiel Blaues
Kreuz). Da es sehr schwierig ist, hier annähernd verlässliche Aussagen über die anfallenden
Kosten zu machen, kann hier höchstens das zurzeit laufende speziell vom Kanton in
Zusammenarbeit mit der Suchtprävention Aargau, dem Kinder- und Jugendwerk des Blauen
Kreuzes und der Vereinigung der Aargauer Gemeindepolizeien dafür entwickelten Projekt
"Alkohol-Testkäufe" beispielhaft aufgeführt werden. Vgl. dazu die Zahlen in der
nachfolgenden Tabelle zu den Testkäufen. Sofern man sich dafür entscheidet, TabakTestkäufe in ähnlichem Rahmen wie die Alkohol-Testkäufe durchzuführen, können die
genannten Zahlen vergleichsweise herangezogen werden. Sofern sich eine Gemeinde
jedoch dafür entscheidet, die Verkaufsverbote nicht im Rahmen von Testkäufen zu
überprüfen, fallen keine Mehrkosten an.
Abgabeverbot von Alkohol an nicht Kaufsberechtigte (§ 37 Abs. 5 GesG-E)
Ebenfalls neu für den Vollzug zuständig sind die Gemeinden für die Überprüfung des
Abgabeverbots von Alkohol an nicht kaufsberechtigte Jugendliche aufgrund von § 37 Abs. 5
GesG-E. Dabei handelt es sich – wie bei den Testkäufen – um eine gemeindepolizeiliche
Aufgabe. Auch in diesem Bereich ist mit personellen sowie finanziellen Mehraufwendungen
der Gemeinden zu rechnen. Der Umfang dieser Aufwendungen hängt unter anderem von der
Art und Weise der Durchführung der Kontrollen ab.
- 109 -
Passivrauchschutz (§ 38 GesG-E)
Der Vollzug des neuen Paragrafen des Passivrauchschutzes (§ 38 GesG-E) wird in geteilter
Zuständigkeit Kanton/Gemeinden vorgenommen. Für die Ahndung des Verstosses gegen
das Rauchverbot sind die Gemeinden zuständig. Die Bewilligungserteilung in der
Gastronomie zur Führung eines Raucherbetriebs (vgl. Variante 2) wird insbesondere aus
Gründen der Rechtsgleichheit und -einheit bei der Beurteilung durch den Kanton
vorgenommen werden können. Die Durchführung der Kontrolle der Kennzeichnung als
Raucherraum, der räumlichen Abtrennung sowie der Belüftung der Raucherräume (Fumoirs)
können dem Amt für Verbraucherschutz übertragen werden (Variante 1 und 2). Das Amt für
Verbraucherschutz prüft bereits heute in den Gastronomiebetrieben die Belüftungen in den
Küchen. Im Rahmen dieses Vollzugs für das Amt für Verbraucherschutz neu sind jedoch die
diesbezüglichen Kontrollen in anderen Räumen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind (zum
Beispiel Spitäler, Heime, Schulen, Bildungsstätten, etc.), sofern kein lebensmittelrechtlicher
Bezug besteht. Dabei ist zum heutigen Zeitpunkt unklar, in welchem Umfang hier tatsächlich
Fumoirs vorhanden sein werden, die kontrolliert werden müssten. Diese neue
Vollzugsaufgabe wird zu einem gewissen Mehraufwand führen, der nicht durch die
bestehenden personellen Ressourcen des Amts für Verbraucherschutz abgedeckt werden
kann. Im Bereich der Kontrolle des Passivrauchschutzes ist ebenfalls mit einem zusätzlichen
Stellenbedarf von 50 % zu rechnen. Auch hier ist natürlich vorgesehen, die diesbezüglichen
Kontrollen, falls tatsächlich solche Fumoirs bestehen sollten, im Rahmen der
Verhältnismässigkeit stichprobenweise oder auf Anzeige von Dritten hin auszuüben.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl dem Kanton, als auch den
Gemeinden im Rahmen des Vollzugs der Massnahmen der Gesundheitsvorsorge nur aus
den §§ 37 und 38 GesG-E zusätzlicher Aufwand entsteht. Auf der anderen Seite ist aber
auch zu beachten, dass den Gemeinden aus dem Vollzug in Form von Gebühren- und
Bussenerträgen auch wieder Einnahmen zufliessen werden.
5.1.4 Versorgungssicherheit
Durch das verstärkte Engagement des Kantons im Bereich der Versorgungssicherheit
können sich je nach Entwicklung Mehrkosten ergeben.
Finanzielle Unterstützung von Organisationen, welche die Lebensrettung von
Personen bezwecken (§ 39 Abs. 5 GesG-E)
Gemäss § 39 Abs. 5 GesG-E kann der Regierungsrat Organisationen, welche die
Lebensrettung von Personen bezwecken, finanziell unterstützen. Diese Rechtsgrundlage
wurde insbesondere für den bereits heute jährlich geleisteten wiederkehrenden Beitrag des
Kantons von rund Fr. 23'000.–/Jahr an den Schweizer Alpenclub (SAC) geschaffen. Da es
sich hierbei um Betriebsbeiträge im Rahmen des Kantonsbudgets (Departement
Volkswirtschaft und Inneres) handelt, fallen hier keine zusätzlichen Kosten an. Gleiches gilt
für die Beiträge an das Schweizerische Toxzentrum (Fr. 85'000.–/Jahr) sowie den
Interverband für Rettungswesen (Fr. 40'000.–/Jahr), welche bereits heute im Rahmen der
ordentlichen Budgets geleistet werden.
- 110 -
Koordination in der Notfallversorgung (§ 40 Abs. 2 GesG-E)
In § 40 Abs. 2 GesG-E hat der Kanton die Möglichkeit, Projekte, die der Koordination
zwischen der ambulanten und der stationären Notfallversorgung dienen (vgl. Kantonsspital
Baden) zu fördern und zu unterstützen, was sich jedoch im Endeffekt kostensparend
auswirken wird, weil die teureren Strukturen der Spitäler nur noch bei entsprechender
Indikation in Anspruch genommen werden.
Förderung der ärztlichen Grundversorgung (§ 41 GesG-E)
Mit § 41 GesG-E bekennt sich der Kanton zum Problem des Hausärztinnen und
Hausärztemangels und zur Notwendigkeit der Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung
im ambulanten Bereich. Durch die verpflichtende Formulierung in Absatz 2, wonach er zu
diesem Zweck finanzielle Mittel einsetzt, werden Mehrkosten für den Kanton zu erwarten
sein. Finanzielle Unterstützung ist konkret im Bereich Aus-, Weiter- und Fortbildung von
Ärztinnen und Ärzten zu erwarten (lit. a), wobei der Regierungsrat im Rahmen eines
Pilotprojekts für die Jahre 2008 und 2009 für die Förderung und Finanzierung der
Praxisassistenzstellen in den Grundversorgerpraxen insgesamt 1 Mio. Franken zulasten des
Lotteriefonds bereits bewilligt hat. Sollte nach Ablauf dieser Pilotphase entschieden werden,
die Praxisassistenzstellen weiterhin finanziell zu unterstützen, ergeben sich daraus ab dem
Jahr 2010 Mehrkosten für den Kanton in budgetiertem Umfang von jährlich voraussichtlich
0.5 Mio. Franken. Ein starkes Hausarztsystem sollte sich jedoch insgesamt Kosten sparend
auswirken. Ebenfalls verpflichtet sich der Kanton Aargau mit erwähnter Bestimmung,
finanzielle Mittel für weitere Anreizmassnahmen einzusetzen, die der Förderung der
ärztlichen Grundversorgung dienen (lit. b). Hier ist insbesondere an eine gut funktionierende
Organisation des ambulanten Notfalldiensts zu denken. Seitens des Aargauischen
Ärzteverbands liegt dazu ein konkretes Konzept vor. Eine Beteiligung des Kantons an diesen
Kosten ist im Rahmen der Erteilung eines entgeltlichen Leistungsauftrags im Umfang von Fr.
270'000.– denkbar.
5.1.5 Vollzug Heilmittel- und Betäubungsmittelwesen
Der Vollzug des Heilmittel- und Betäubungsmittelwesens führt zu keinen zusätzlichen
Aufgaben. Allfällige Einsparungen lassen sich durch die Zusammenarbeit mit anderen
Kantonen erzielen (vgl. § 42 Abs. 3 GesG-E).
5.2
Auf die Wirtschaft des Kantons Aargau
Die im Rahmen des total revidierten Gesundheitsgesetzes vorgeschlagenen neuen
Massnahmen tangieren die Wirtschaft im Kanton Aargau bedingt bis gar nicht. Betroffen ist
die Wirtschaft nur durch die Bereiche "Liberalisierung Berufszulassung" sowie die
Massnahmen der Gesundheitsvorsorge.
- 111 -
Liberalisierung der Berufszulassung
§ 4 Abs. 1 lit. g GesG-E verlangt neu eine Bewilligungspflicht für fachlich Selbstständige mit
einem eidgenössisch anerkannten Diplom der Komplementärmedizin. Da zurzeit noch kein
Berufsbild im Rahmen der Komplementärmedizin vom Bund definitiv verabschiedet ist, fallen
hier keine zusätzlichen Mehraufwendungen für die beruflich selbstständig Tätigen im Bereich
der Komplementärmedizin an. Zudem wurde § 4 Abs. 1 lit. g GesG-E aufgrund der
Vernehmlassung neu insbesondere auf Wunsch der Verbände im naturheilkundlichen Sektor
nach vermehrter staatlicher Anerkennung der Komplementärmedizin ins Gesetz
aufgenommen. Die Bestimmung liegt somit im Interesse der Wirtschaft. Im Übrigen zieht sich
der Staat durch die generelle Liberalisierung der Berufszulassungsregelung aus der
Wirtschaft zu
einem gewissen Teil zurück.
Werbeverbote Tabak und Alkohol (§ 37 Abs. 1 GesG-E)
Im Bereich der Werbeverbote Tabak und Alkohol ergeben sich insbesondere deshalb für die
Wirtschaft keine massgebenden Einschränkungen, weil sich der Markt hier durch die bereits
in anderen Kantonen bestehenden Werbeeinschränkungen beziehungsweise -verbote selbst
reguliert. So weicht die Allgemeine Plakatgesellschaft (APG; gemäss eigenen Aussagen) bei
Plakatwerbeverboten von gewisser Grösse aufgrund der beschränkten Werbewirksamkeit
nicht automatisch auf Plakate kleineren Formats aus. Sie verzichtet aufgrund der
Einschränkungen gänzlich auf das Werbemittel des Plakats. Zugleich wird bereits heute in
öffentlichen Verkehrsmitteln auf Tabak- und Alkoholwerbung verzichtet. In Kinovorführungen
ist die Ausstrahlung von Werbefilmen und Diapositiven vor 20 Uhr untersagt. Zudem dürfen
höchstens zwei Werbefilme pro Vorstellung gezeigt werden. Gemäss Rücksprache mit der
Cinecome AG (einziger Vertreiber für Kinowerbung in der Schweiz) gibt es seit 2008
insbesondere für Tabakwerbung eine Selbstbeschränkung in den Kinos, wonach keine
Tabakwerbung mehr ausgestrahlt wird. Im Bereich Alkohol gibt es lediglich noch eine
Werbung für Wein.
Verkaufsverbot von Tabakwaren durch Automaten (§ 37 Abs. 3 GesG-E)
Im Bereich des Verkaufs von Tabakwaren durch Automaten ergeben sich für die Betreiber
aufgrund der Pflicht zur Umrüstung insofern Kosten, als dass sie sich entscheiden, in ihren
Automaten weiterhin Tabakwaren anzubieten. Eine solche technische Umrüstung (auf
Jetonbetrieb) ist nicht billig. Gewisse Hersteller (zum Beispiel der Tabakmulti British
American Tobacco Switzerland) haben ihre Automaten aufgrund solcher kantonaler
Einschränkungen/
Verbote bereits umgestellt (zum Beispiel in den Kantonen Luzern, Waadt, Graubünden).
Ebenfalls haben auch in diesem Bereich bereits Selbstbeschränkungen stattgefunden. So
hat sich die SELECTA-Gruppe letztes Jahr dazu entschieden, auf den Verkauf von
Tabakwaren durch Automaten gänzlich zu verzichten.
- 112 -
5.3
Tabelle Auswirkungen (Übersicht)
Kanton
Massnahmen
Gemeinden
Aufwand
Ertrag bzw.
Minderaufwand
Aufwand
Mütter-/
Väterberatung
---
---
Keine Veränderungen
Pilzkontrolle
Keine Veränderungen
Berufszulassung
Mehraufwand Aufsicht
und Information
(können mit den
bestehenden
Ressourcen
abgedeckt werden)
Allgemeine
Gesundheitsvors
orge
Keine Veränderungen
Impfungen
---
Suchthilfe
Keine Veränderungen
Werbeverbote
Alkohol/Tabak
Zusätzlicher
Vollzugsaufwand
Verkaufsverbot
Tabak (inklusive
Automaten)
Nur geringer
Mehraufwand
(Kontrolle im Rahmen
bestehender
Absatzkanäle für
Alkohol)
Ertrag bzw.
Minderaufwand
Keine Veränderungen
Administrativer
Minderaufwand;
Erträge aus
Disziplinarverfah
ren
---
---
---
---
---
---
---
Keine Veränderungen
Gebühren- und
allfällige
Bussenerträge
---
---
Gebühren- und
allfällige
Bussenerträge
Aufwand je nach
Umfang des
Vollzugs (z.B. im
Rahmen von
Testkäufen)*
Allfällige
Bussenerträge
Aufwand je nach
Umfang des
Vollzugs (z.B. im
Rahmen von
Testkäufen)*
Allfällige
Bussenerträge
Total: 50 %-Stelle
Verkaufsverbot
Alkohol
(bereits
bestehende
Massnahme!)
Keine Veränderungen
Verbot Abgabe
Alkohol
---
---
Aufwand je nach
Umfang des
Vollzugs
Allfällige
Bussenerträge
Passivrauchschut
z
Zusätzlicher
Vollzugsaufwand
(50 %-Stelle)
Gebühren- und
allfällige
Bussenerträge
Aufwand je nach
Umfang des
Vollzugs
Allfällige
Bussenerträge
- 113 -
Kanton
Massnahmen
Aufwand
Gemeinden
Ertrag bzw.
Minderaufwand
Aufwand
Ertrag bzw.
Minderaufwand
---
---
Finanzielle
Unterstützung
von
Organisationen,
welche die
Lebensrettung
von Personen
bezwecken
Keine Veränderungen
Versorgungssicherheit;
Koordination
Notfallversorgung
Vollzugsaufwand;
Förderung und
Unterstützung von
Projekten
---
---
---
Förderung
ärztliche
Grundversorgung
ambulanter
Bereich
Massnahmen Aus-,
Weiter und
Fortbildung: ca.
Fr. 500'000.–/Jahr
---
---
---
Leistungsauftrag an
Ärzteverband ca.
Fr. 270'000.–
Heilmittel-/Betäubungsmittelwese
n
Keine Veränderungen
---
---
Bestattungswese
n
Keine Veränderungen
Rechtssetzung
---
* Im Bereich Alkohol werden die Testkäufe im Rahmen eines vom Kanton zusammen mit der
Suchtprävention Aargau, dem Kinder- und Jugendwerk des Blauen Kreuzes und der Vereinigung der
Aargauer Gemeindepolizeien lancierten Projekts anlässlich von drei Testkaufserien durchgeführt. Die
Teilnahme an diesem Projekt seitens der Gemeinden ist fakultativ. Die Verteilung der anfallenden
Kosten beziehungsweise die Kostenbelastung seitens des Kantons und der teilnehmenden
Gemeinden hängt von diversen Faktoren ab. Entscheidender Faktor ist die Anzahl der zu testenden
Alkoholverkaufsstellen in einer Gemeinde. Im Rahmen der 1. Testkaufserie übernimmt der Kanton
jeweilen die vollen Kosten. Im Rahmen der 2. und 3. Testkaufserie tragen die anfallenden Kosten die
Gemeinden:
 Testkaufserie: Kanton: Fr. 2'750.– bei 50 getesteten Verkaufsstellen in einer Gemeinde;
 Testkaufserie: Gemeinde: Fr. 1'989.– bei (noch) 33 getesteten Verkaufsstellen in einer Gemeinde;
 3. Testkaufserie: Gemeinde: Fr. 1'525.– bei (noch) 25 getesteten Verkaufsstellen in einer
Gemeinde.
- 114 -
6.
Weiteres Vorgehen; Zeitplan
Geschäfte
2008
1. Beratung Kommission Gesundheit und Soziales
Juni
1. Beratung im Grossen Rat
August/September
Beschluss Regierungsrat Botschaft 2. Beratung
Dezember
2009
2. Beratung Kommission Gesundheit und Soziales
Januar
2. Beratung im Grossen Rat sowie
Schlussabstimmung
März
Beschluss Regierungsrat: Redaktionelle
Überprüfung
April
Grosser Rat: Genehmigung redaktionelle
Überprüfung
Mai
Publikation im Amtsblatt
Mai
Referendumsfrist (90 Tage)
Mai bis Juli
Termine Volksabstimmung
27. September oder
29. November
Anpassung Verordnungen
Vorbereitungsarbeite
n ab ca. Mitte Jahr
Inkraftsetzung Gesetz und Verordnung
1. Januar 2010
im Verlauf des Jahrs
Antrag:
1.
Der vorliegende Entwurf einer Totalrevision des Gesundheitsgesetzes (GesG) wird in 1.
Beratung zum Beschluss erhoben.
- 115 -
2.
Die folgenden parlamentarischen Vorstösse werden abgeschrieben:
 (99.423) Postulat Urs Leuenberger, Widen, vom 21. Dezember 1999 betreffend Schaffung
rechtlicher Grundlagen im aargauischen Rettungswesen;
 (03.139) Motion Liliane Studer, Wettingen, vom 20. Mai 2003 betreffend Ausweitung der
Werbeeinschränkungen für Alkohol und Tabak;
 (04.290) Motion Liliane Studer, Wettingen, vom 2. November 2004 betreffend rauchfreie
öffentliche Räume zum Schutz der Bevölkerung vor Passivrauchen;
 (06.109) Motion Dr. Rainer Klöti, Auenstein, vom 13. Juni 2006 betreffend Sterbehilfe im
Kanton Aargau.
Aarau, 21. Mai 2008
IM NAMEN DES REGIERUNGSRATS
Landammann:
Peter C. Beyeler
Staatsschreiber:
Dr. Peter Grünenfelder
Beilage:
 Synopse Gesundheitsgesetz (GesG)
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