Infantile Zerebralparese Die Infantile Zerebralparese ist eine nicht fortschreitende funktionelle Hirnschädigung des Kindes. Sie ist charakterisiert durch Störungen des Nerven- und Muskelsystems im Bereich von Tonus, Stärke, Koordination und Bewegungsabläufen. Am häufigsten sind spastische Mischformen mit einer generellen Tonuserhöhung der Muskulatur. Die zu Grunde liegende kindliche Hirnentwicklungsstörung kann unterschiedlichste Ursachen haben. Sauerstoffmangel, Nabelschnurkomplikationen, Infektionen, Hirnblutungen und Unfälle können im gesamten Verlauf der Schwangerschaft, am häufigsten jedoch im Verlauf der Geburt (perinatal) zur infantilen Zerebralparese führen. Die Diagnose wird nach Ausschluss anderer fortschreitender Ursachen wie Tumoren oder Entzündungen auf Grund des klinischen Befundes gestellt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass die ursächliche Hirnläsion ein abgeschlossener Prozess ist, die Folgen und Auswirkungen auf das muskuloskeletale System jedoch ständiger Veränderung unterliegen. Eine multidiziplinäre Therapie aus unterschiedlichen medizinischen und therapeutischen Bereichen steht im Mittelpunkt der Behandlung der ICP. Im Vordergrund stehen unterstützende konservative Massnahmen, wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie die durch orthopädische Kontrakturprophylaxe ergänzt werden. Operative Maßnahmen wie eine Sehnenverlängerung oder Umstellungsosteotomien lassen sich häufig im Verlauf der Erkrankung nicht vermeiden. Allgemeines Die infantile Zerebralparese ist eine bei Kindern auftretende meist spastische Störung des Nerven- und Muskelsystems. Sie wurde von dem englischen Orthopäden William John Little im 19. Jahrhundert beschrieben und wird auch als "Little Disease" bezeichnet. Es handelt sich hierbei um einen nicht fortschreitenden Endzustand einer funktionellen Hirnschädigung. Die zu Grunde liegende kindliche Hirnentwicklungsstörung kann unterschiedlichste Ursachen haben. Sauerstoffmangel, Nabelschnurkomplikationen, Infektionen, Hirnblutungen und Unfälle können zum Zeitpunkt vor der Geburt (pränatal), im Laufe der Geburt (perinatal) oder nach der Geburt (postnatal) zur infantilen Zerebralparese führen. Das klinische Gesamtbild zeichnet sich durch sehr unterschiedliche komplexe Bewegungsstörungen aus, die sich auf die Bereiche Tonus, Stärke, Koordination und Bewegungsabläufe der Muskulatur beziehen. Häufigkeit Die infantile Zerebralparese ist in den häufigsten Fällen eine Mehrfachbehinderung. Insgesamt kommt sie bei etwa bei 0.2 %, also 2 von 1000, aller Lebendgeborenen vor. Insbesondere sind Frühgeborene betroffen, so dass sehr kleinen Frühchen etwa 100-300 mal häufiger an einer ICP leiden als am errechneten Termin geborene Babys. Nachweisbare Ursachen für die Ausbildung einer ICP lassen sich nur in etwa 50% der betroffenen Kinder finden. Krankheitsursachen Grundsätzlich ist der Verlauf der Erkrankung vom Zeitpunkt der Schädigung abhängig. Je früher die Schädigung im Schwangerschaftsverlauf auftritt, umso schwerwiegender sind die Folgen. Prinzipiell kann die zu Grunde liegende Hirnschädigung im Zeitraum des Schwangerschaftsbeginns bis zum Ende der Markreifung im 4. Lebensjahr liegen. Unterschiedliche Ursachen können demnach zu verschiedenen Zeitpunkten des Schwangerschaftsverlaufes auftreten. Pränatal, also vor der Geburt, ca. 20% der Fälle und zwar durch: * Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie) * Vergiftungen (Intoxikationen) durch Medikamente, Alkohol, Kohlenmonoxid) * Stoffwechselstörungen * Infektionskrankheiten der Mutter ( Röteln, Toxoplasmose) * Mutterkuchenfehlfunktion (Plazentainsuffizienz) * Genetische Störungen Perinatal, also während der Geburt, ca. 60% der Fälle und zwar durch: * Risikogeburten (Frühgeborene) mit Sauerstoffmangel * Geburtstraumatische Schäden (Hirnblutungen) * Nabelschnurverlegung * Mutterkuchenlösung Postnatal, also nach der Geburt, ca. 20% der Fälle und zwar durch: * Hirngefäßverschlüsse (Thrombose, Embolien) als Folge von Infektionen * Blutgruppenunverträglichkeit * Infektionskrankheiten (Hirnhautentzündung) * Schädel-Hirntrauma In Folge der Schädigung kommt es zur Verhinderung der normalen Entwicklung und Ausprägung des Zentralnervensystems. Es besteht in erster Linie eine Entwicklungshemmung der Willkürmotorik mit einem Weiterbestehen der "primitiven" Reflexe und dem Auftreten krankhafter (pathologischer) Reflexe. Durch das Ausbleiben der Entwicklung physiologischer Reflexbahnen kommt es zu einer Hemmung und Verlangsamung der motorischen Entwicklung. Symptome Grundsätzlich lassen sich verschiedenste Formen der Bewegungs- und Haltungsstörung beobachten. Hierbei lassen sich zwar einzelne Syndrome und Bewegungsstörungen beschreiben, doch in der klinischen Ausprägung handelt es sich bei der infantilen Zerebralparese fast immer um Mischformen. 1. Spastische Syndrome Häufigste Form (75% der Fälle) ist gekennzeichnet durch das Leitsymptom der Muskeltonuserhöhung. Insbesondere kommt es zu einer Verhärtung der Muskulatur während Bewegungen. Es werden die verschiedenen Formen durch die Ausdehnung und Beteiligung der einzelnen Gliedmassen unterschieden: # Hemiplegie (32%) Hierbei sind die Extremitäten einer Körperhälfte betroffen, wobei Arme stärker als Beine betroffen sind. Es besteht eine typische Steigerung des Muskeltonus und ein Weiterbestehen des Pyramidenbahnreflexes über das 3 Lebensjahr hinaus. # Diplegie (40%) Hierbei sind die Beine stärker betroffen als die Arme. Die Intelligenz ist in der Regel normal entwickelt # Tetraplegie (2%) hier besteht eine generalisierte Lähmung aller Extremitäten, sowie eine erheblich verzögerte motorische und geistige Entwicklung. Eine Gehfähigkeit wird nur bei 10% der Patienten erreicht. Insgesamt hat diese Form eine sehr ungünstige Prognose # Paraplegie spastische Lähmung beider Beine # Bilaterale Hemiplegie spastischer Parese aller vier Extremitäten mit Bevorzugung der Arme # Monoplegie spastischer Parese einer Extremität # Triplegie spastischer Parese von drei Extremitäten Infolge der spastischen Lähmungen kommt es zur Gelenkversteifung, wobei insbesondere die langen Beugemuskeln und die Adduktoren von der Spastik betroffen sind. So lassen sich typische klinische Bilder der einzelnen Gelenke beschreiben: * die Hüfte steht angewinkelt gebeugt und nach innen gedreht (Adduktion, Flexion, Innenrotation) * Ellenbogen, Handgelenk, Finger und Kniegelenk neigen zur Beugeversteifung (Beugekontraktur) * der Unterarm ist gebeugt und der Daumen ist nach innen gedreht (Pronationsstellung) * das Sprunggelenk und der Fuß stehen in Spitzfussstellung * die Wirbelsäule zeigt hochgradige Skoliose (Verkrümmung) 2. Ataktische Syndrome Ataktische Syndrome bestehen in 15 % der Fälle mit überwiegender Beteiligung des Kleinhirns, es kommt zu: * Koordination- und Gleichgewichtsstörungen auf Grund einer Kleinhirnschädigung * Sprachstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Tremor (Schütteln), Dysmetrie und Asynergien (Störung der feinen Muskelbewegungen) * Hypotonen (schwachen) Muskelspannungen 3. Dyskinetische Syndrome Die dyskinetischen Syndrome treten in 10% der Fälle mit fast immer beidseitigen Bewegungsstörungen in folgender Weise auf: * wurmartige, unkontrollierte und unwillkürliche Bewegungsabläufe (Athetosen, Choreoathetosen) und Tremor (Schütteln) * mangelnde Kontrolle der Mimik, häufiges Grimassieren * Überdehnung der Gelenkapseln Neben diesen drei beschriebenen Syndromen leiden die Kinder häufig noch unter zusätzlichen Störungen wie: * Krampfanfällen (Epilepsie) mit einer Häufigkeit von 30-50% sind sie besonders häufig bei nach der Geburt erworbener ICP * Psychischen Störungen mit Wesensveränderung, Verhaltensstörungen und Intelligenzdefekten. Die Hälfte aller Kinder hat jedoch keine oder nur eine äußerst diskrete Intelligenzstörungen * Augensymptome (Schielen) * Hör- und Sprachstörungen * Minderwuchs und Muskelschwund der betroffenen Extremität Diagnose Zu Beginn der Diagnosefindung der ICP sollte die Frage eindeutig geklärt werden, ob die Lähmung und motorische Behinderung Folge einer abgeschlossenen Störung ist, oder ob es sich um einen fortschreitenden (progredienten) Prozess wie z.B. einen Tumor, eine Entzündung oder um einen degenerativ-metabolischen Prozess handelt. Ziel der Untersuchung ist es, den Entwicklungszustand des Kindes zu beschreiben. Hierzu können objektive Kriterien wie der "Denver Developmental Screening Test", aber auch eine ausführliche Beobachtung und Untersuchung der motorischen Fähigkeit des Kindes dienen. Im Rahmen einer ausführlichen Anamnese sollten Risikofaktoren, Schwangerschafts- und Geburtsverlauf sowie etwaige Erkrankungen der Mutter genau festgestellt werden. Bei der körperlichen Untersuchung sollte das allgemeine Verhalten des Kindes beobachtet werden. Teilnahmslosigkeit (Apathie) fehlende Kontaktaufnahmen, Unruhe sowie Fütterungsprobleme (Trinkschwäche, Schluckstörung) und abnormes Schreien können auf zentrale Störungen hindeuten. Störungen der Sprache und der Sprachentwicklung, Schielen und begleitende Krampfanfälle können ebenfalls den Verdacht einer infantilen Zerebralparese schon sehr früh erhärten. Bei der Untersuchung der Statik, Lage und Motorik des Kindes ist auf Bewegungsarmut, Schlaffheit, abnorme Steifheit oder auf ein Einnehmen von asymmetrischen Haltungen wie eine ständige Streck- oder Überkreuzungstendenz der Extremitäten, sowie auf SpitzfußStellung der Füße zu achten. Häufig entwickeln sich bei den betroffenen Kindern auf Grund der andauernden Spastik schwerwiegender Skoliosen, also Verbiegungen u.ä. der Wirbelsäule. Die Muskeleigenreflexe zeigen häufig eine gesteigerte Reaktion. Primitivreflexe wie Saug-, Such- und Moororeflex können über die normale Zeit hinaus nachweisbar sein oder auch wieder neu auftreten. Krankhafte Reflexe, wie z. B. der Babinskireflex können zur Ausprägung kommen. Das EEG (Elektroencephalogram; Ableitung der Hirnströme) Untersuchungen können allgemeine Veränderungen aufzeigen, jedoch haben etwa 40% aller erkrankten Kinder einen normalen EEG Befund. Röntgenaufnahmen zeigen in bis zu 75% Veränderungen des Knochenwachstums. Hierbei steht insbesondere eine Verlangsamung der Knochenkernentwicklung im Vordergrund. Häufig lässt sich im Röntgenbild auch eine Skoliose nachweisen. Therapie Eine multidisziplinäre Therapie aus unterschiedlichen medizinischen und therapeutischen Bereichen steht im Mittelpunkt der Behandlung der ICP. Grundsätzlich sollte diese so früh wie möglich im Verlauf der Erkrankung beginnen. Eine kausale, also die Erkrankung heilende Therapie ist auf Grund der Vielfältigkeit der betroffenen Organsysteme nur in den seltensten Fällen möglich. Von besonderer Bedeutung ist die Ausarbeitung eines die verschiedenen Therapiemöglichkeiten einbeziehenden Rehabilitationsplanes, in dem insbesondere die zu erreichenden Therapieziele erläutert und festgelegt werden sollten. Hierbei stehen unterstützende konservative Therapiemaßnahmen, wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, die durch spezielle medikamentöse Therapien und konservative orthopädische Kontrakturprophylaxe durch verschiedene Orthopädietechniken unterstützt werden, im Vordergrund der Behandlung. Erst bei einem fortschreitenden Verlauf, der Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen und unter sehr strenger Operationsindikation sollten operative Maßnahmen zum Einsatz kommen. 1. Konservative Therapie Die konservative Therapie umfasst ein großes Spektrum der Rehabilitationsmedzin. Sie sollte so bald als möglich nach Diagnosefindung beginnen. # Physiotherapie: Eine krankengymnastische Behandlung zur Kontrakturprophylaxe und Verbesserung der motorischen Störungen. Einbeziehung der Eltern, um tägliche Übungen zu ermöglichen. Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis: * Methode nach Bobath: # Entwicklungsneurologische Behandlung bei der pathologische Verhaltensmuster gehemmt und normale Bewegungsmuster gebahnt werden. Es werden insbesondere Stellreflexe und Gleichgewichtsreaktionen der Kinder trainiert. Einwirken auf die Tonusregulation im Rumpf, Fazilitation ausgehend vom proximalen Schlüsselpunkt Wirbelsäule * Methode nach Vojta: # Entwicklungskinesiologische Behandlung, die von einer automatischen Steuerung der Körperlage durch bestimmte Reflexe der höheren Ebenen des ZNS ausgehen. Diese Mechanismen der reflektorischen Fortbewegung lassen sich therapeutisch provozieren und hierdurch können Ersatzmuster für die Aufrichtungsfähigkeit des Körpers geschaffen werden. * Ergotherapie # Die Beschäftigungstherapie besteht vor allem in der Anleitung zur Selbsthilfe, in speziellen Arbeits- und Schreibhilfen, sowie in einer gezielten Therapie für die meist schwer gestörte Sensomotorik der Hände * Logopädie # Eß- und Sprachtherapie * Medikamentöse Therapie # Als Medikamente haben sich Antispastika, Myotonolytika und Anticholinergika zur Behandlung der spastischen Komponente sowie Tranquilizer und Psychopharmaka bei begleitenden psychischen Störungen und Unruhezuständen bewährt * Orthopädietechnik # Die Orthopädietechnik besteht vor allem in einer Kontrakturprophylaxe sowie in einer Gelenkstabilisierung durch Funktionsschienen, Steh-, Geh-, Sitz- und Greifhilfen. 2. Operative Therapie: Im Vordergrund der operativen Therapie steht die Korrektur und Prophylaxe von Kontrakturen und Deformitäten sowie die größtmögliche Herstellung des Muskelgleichgewichts zur weitergehenden Verhinderung pathologischer Bewegungsmuster. Es stehen hierfür verschiedene operative Techniken zur Verfügung: * eine Sehnenverlängerung (Tenotomie) und Muskeleinkerbung (Myotomie), sowie Muskelursprungsverlagerung; Ziel dieser Behandlung ist die Beseitigung der Kontraktur unter Schonung der Spannung der Muskulatur. Weiterhin kommen eine Achillessehnenverlängerung und Hüftbeugekontraktur zur Anwendung * eine Nervendurchtrennung (Neurotomie) ; sie dient der Behandlung schwerster spastischer Kontrakturen, insbesondere bei Gehunfähigkeit. Hierdurch wird irreversibel eine spastische in eine schlaffe Parese (Lähmung) umgewandelt. * Knochenumstellungen (Osteotomie) ; sie kommen häufig zum Einsatz wenn bereits Deformitäten der Gelenke eingetreten sind und eine einfache Sehenverlängerung keinen weiteren therapeutischen Nutzen bringt. * eine Gelenkversteifung (Arthrodesen) ; sie führt zu permanenten Korrekturen im Bereich instabiler Gelenke Infantile Zerebralparese (ICP) und ihre Behandlung Die ICP ist keine einheitliche Erkrankung, sondern ein Symptomenkomplex. Er faßt eine Gruppe von statischen Enzephalopathien zusammen, die klinisch gekennzeichnet sind durch * eine neurologisch definierbare motorische Störung: Spastik, Dyskinese, Ataxie * eine Entstehung vor dem Ende der Neonatalperiode * Fehlen einer Progredienz des zugrunde liegenden Prozesses * häufig assoziierte zusätzliche Störungen (Epilepsie, cognitive Funktionsstörungen: globale mentale Retardierung und Teilleistungsstörungen). Übersicht Symptome Ataxie Zielsetzung Tetraparese Diplegie Hemiplegie Athetose Unter diesem Begriff werden Hirnläsionen zusammengefasst, die während der Fetalzeit, perinatal oder neonatal entstanden sind. Als Ursachen kommen vor allem Sauerstoffmangel, Geburtstraumen (mit interzerebralen Blutungen) und pränatale Infektionen in Betracht. Diese sensomotorische Störung von Haltung und Bewegung ist permanent und - auf neurophysiologischer Grundlage behandelt - nicht progredient. Abhängig von der Art (Lokalisation), Zeitpunkt und Schweregrad ergeben sich unterschiedliche pathologische Veränderungen. Sitz der Läsion Typ der Bewegungsstörung Ätiologie Kortex Spastizität: Spastische Tetraplegie (Bein-,tribetont u. komplett) Spastische Hemiplegie Hypoxie, Asphyxie (unzureichende Sauerstoffversorgung) Meningoenzephalitis, zerebrale Fehlbildungen Stammganglien (Striatum) Dyskinesie (Athetose) Hypoxie, Kernikterus Kleinhirn Ataxie, Hypotonie Asphyxie, Fehlbildungen d. K. Das Vollbild einer ICP wird allerdings erst erkennbar, wenn die Funktionen der geschädigten Hirnzentren im Verlauf der ontogenetischen Entwicklung des komplexen Zentralnervensystems reifen. Die Diagnostik der ICP ist rein klinisch und bedarf der Abgrenzung von vorübergehend auftretenden neurologischen Auffälligkeiten oder auch progredienten Krankheitsbildern. Neurodiagnostische bildgebende Untersuchungen (Ultraschall, CT, Kernspintomographie) und Labordiagnostik werden zur Sicherung hinzugezogen. Die Entwicklung der Zerebralparese im Verlaufe des 1. Lebensjahres (Säuglingsalter) ist bei deutlichen Norm- Abweichungen leichter zu erkennen als bei weniger deutlichen oder eindeutigen Symptomen. Nach Vojta betrachtet man entsprechende Auffälligkeiten während der ersten beiden Trimeni (Trimenon= 3 Monate) zunächst als zentrale Koordinationsstörung mit ggf. feststellbaren Anzeichen einer ZerebralpareseBedrohung im zweiten Trimenon. Bei der Entstehung von zerebralen Bewegungsstörungen fällt zunächst der Mangel an Stabilität in der Haltungsbewahrung des Säuglings auf. Der Rumpf ist hypoton. Wir erkennen Bewegungsarmut im Vergleich mit natürlichem angeborenen Bewegungsdrang. In Rückenlage gelingt es dem Kind kaum, den Kopf gegen die Schwerkraft und in der Mittelstellung zu halten. Die Hände geraten aktiv schwerlich ins Gesichtsfeld, wenn die Oberarme nicht von der Unterlage abgehoben werden können. Auch das Becken bleibt unbewegt liegen, eine mangelnde aktive "Schraubbewegung" läßt auf fehlenden Einsatz der schrägen Bauchmuskeln schließen. Die stabile und symmetrische Rückenlage als Voraussetzung für Strampelbewegungen ist unzureichend, die Oberschenkel können nicht genügend gegen die Schwerkraft gehalten werden und der Hand-Auge-Knie- bzw. HandAuge-Fuß-Kontakt kann nicht hergestellt werden. In der Bauchlage fällt das Heben des Kopfes schwer. Armbewegungen finden nicht isoliert statt, sie können nicht vom Körper weg nach vorne bewegt werden. Damit ist ein Unterarmstütz kaum zu entwickeln, das Abheben des Brustkorbs von der Unterlage bleibt unzureichend, eine Stabilisation des Thorax in der Aufrichtung wird somit nicht erreicht. Die Hüftgelenkstellung verbleibt zunehmend in Beugung bei unbewegten Knie- und Sprunggelenken. Der Rumpf kann sein Gewicht nicht genügend zur Seite verlagern, so sind auch Beinbewegungen rumpfunabhängig kaum möglich. Der Mangel an Symmetrie ist somit vorprogrammiert, eine stabilisierende Streckaktivität gegen die Schwerkraft wird kaum erreicht. Wird das Kind schwebend gehalten, so vermissen wir die Aufrichtungsreaktionen. Die Körperhaltung passt sich nicht genügend den vorgenommenen Veränderungen (wie Aufnehmen, Tragen, Bewegen) an, dieser Mangel an Haltungsbewahrung wird über zunehmende Fixation in hypertonen Mustern ausgeglichen. Die Spastik entwickelt sich. zurück zum Anfang Symptome bei einer Spastik: gesteigerte Muskeleigenreflexe vermehrte Ermüdbarkeit Tonuszunahme abhängig von Dehngeschwindigkeit Koordinationstörung, Ungeschicklichkeit, Ataxien kutane (Fremd)reflexe Ausfälle, Paresen Kontraktionen - schlechte Kopfkontrolle - Hypotonie im Rumpfbereich, die Extremitäten sind hyperton - Hyperlordose der Wirbelsäule - Schulter: protrahiert - Schultergelenk: innenrotiert, adduziert - Ellenbogengelenk: leicht flektiert - Handgelenk: proniert, ulnarabduziert, palmarflektiert - Daumen: inkliniert - Hüftgelenk: leichte Flexion, Adduktion, Innenrotation - Kniegelenk: leicht flektiert oder hyperextendiert - Füße: Spitzfußstellung, Knick-Senk-Fuß deutliche Pyramidenbahnzeichen (z.B. Babinski) Dystonien (Athetose, übersteigerte Bereitschaft) autonome Hyperreflexie (Blasenfunktion) zurück zum Anfang Symptomatik bei spastischer Tetraparese Die Spastische Tetraplegie kann als doppelseitige Hemiplegie aufgefaßt werden. Da sowohl Beine als auch Arme betroffen sind, sind die Möglichkeiten eine Gehfähigkeit zu erreichen, wesentlich geringer als z.B. bei der Diplegie, da der Gebrauch von Gehhilfen u.U. nicht möglich ist. Hier sind alle Extremitäten mehr oder minder gleich stark betroffen (oder: Arme>Beine). Die Bewegungsstörung geht meist mit weiteren zentralen Sörungen (z.B. Kognition) einher. Eine Bewegungsplanung ist entweder stark eingeschränkt oder überhaupt nicht vorhanden. Es entwickeln sich Asymmetrien, Kontrakturen und Deformitäten unter der Schwerkrafteinwirkung. Die Einordnung äußerer und innerer Reize ist erschwert, so sind die Kinder schreckhaft und verunsichert. Ebenso können zerebrale Anfälle auftreten (Häufigkeit und Intensität unbedingt beobachten). Selbst wenn die Kinder schon früh behandelt werden haben sie eine eher schlechtere Prognose. Die Kinder fallen schon früh durch ihre Hypotonie und verminderte Aktivität auf. Oftmals besteht eine Neigung zu epileptischen Anfällen, diese kann sich aber auch später entwickeln. Es können Anfälle verschiedenster Art auftreten, z.B. Muskelkrämpfe, epileptische Anfälle, Grand-Mal Anfälle. Als Begleitstörungen können Microcephalie, verschiedene Grade geistiger Behinderung, Sehstörungen, Seelenblind- bzw. Seelentaubheit und Hörstörungen auftreten. In Rückenlage ist das Bild durch die Ophistotonushaltung und das Fehlen von Kopfkontrolle, sowie eine steif gestreckte Wirbelsäule mit Schulterretraktion, Adduktionsspastizität und extremer Extension der Beine geprägt. In den meisten Fällen besteht in frühen Stadien noch keine Innenrotation der Beine, in den Hüften prägt sie sich oftmals später aus. Wird das Kind probeweise auf die Füße gestellt, sind diese anfangs noch dorsalflektiert, später entwickelt sich dann eine plantarflektion. Durch verstärkt auftretende asymmetrische tonische Nackenreflexe wirkt sich die Seitenhaltung des Halses auf die gesamte Wirbelsäule aus, indem sie Asymmetrien des Rumpfes und Schiefhaltung des Beckens hervorruft. Daraus geht wiederum eine Hüftdysplasie, oft mit Subluxation oder Disluxatin, hervor. Durch die Adduktionsspastizität und Innenrotation der Beine wird oftmals die Ausrenkung beider Hüften hervorgerufen. Meistens kommt es jedoch nur zur Ausrenkung einer Hüfte. In Bauchlage kann das Kind seinen Kopf nicht heben, außerdem ist nicht genügend Tonus in der Rumpfmuskulatur, um Wirbelsäule und Hüften zu Strecken. Einige Kinder sind nicht in der Lage ihren Kopf zur Seite zudrehen; wobei ihnen diese Lage, auch wegen der daraus folgenden erschwerten Atmung, unangenehm ist. Durch diese Probleme bleibt das Kind die meiste Zeit auf dem Rücken liegen. Die Kinder können meist nicht alleine sitzen, es fehlt ihnen die Sitzbasis, da der Rücken sehr nach dorsal gewölbt ist, die Hüften ungenügend gebeugt und die Beine zu sehr adduziert sind. Daraus ergibt sich zusammen mit der Asymmetrie der Wirbelsäule, eine Kyphoskoliose bei dem Kind. Ernährungschwierigkeiten werden durch Zungenstöße, Saug- und Schluckschwierigkeiten und heraufgesetzter Sensibilität des Würgereflexes beim Füttern hervorgerufen. Leichter betroffene tetraplegische Kinder entwickeln ihre Spastizität im Laufe des ersten Lebensjahres. Im Gegensatz zu schwer betroffenen Kindern entwickelt sich keine so starke Spastik, so daß sie sich durchaus bewegen können, wobei eine Seite oftmals mehr betroffen ist als die andere. Durch diese asymmetrische Verteilung der Spastik wird die Bildung von Skoliosen gefördert. Das leichter betroffene Kind verfügt über den Ansporn, sich zu bewegen, obwohl diese Versuche in stereotypen, abnormen Mustern und unter extremer Anstrengung erfolgen müssen, dieses führt dann wieder zu einer Verstärkung der Spastik. Zum Teil entwickeln diese Kinder zusätzlich zu ihrer Spastik athetoide Bewegungen. Ausführliches zur Tetraparese Behandlungsziele: Erhalten der Vitalfunktionen (Atmung und Verdauung). Finden von veränderbaren Positionen zur Erleichterung der Nahrungsaufnahme, der Beschäftigung mit sich selbst und auch dem Umfeld, der Kommunikation und für das Schlafen. Erreichen von Mithilfe beim Positionswechsel und in der Fortbewegung (z.B. eine Gewichtübernahme beim Transfer). Verringerung von Sekundärschäden im sensomotorischen Bereich (Vermeiden typischer Vorzugshaltungen durch Einsatz entsprechender Hilfsmittel). zurück zum Anfang Symptomatik bei beinbetonter Tetraparese (Diparese) Durch Sauerstoffmangel oder eine Blutung unter der Schädeldecke, evtl. Druck auf die Scheitelregion kann es durch eine Schädigung der Pyramidenbahn (hauptsächlich in dem Hirnabschnitt der Scheitelregion, dadurch die überwiegende Betroffenheit von Hüften, Beine und Füssen bei leichter Mitbetroffenheit von Armen und Rumpf)) zur Diparese kommen. Das Störungsbild entsteht eher selten unter der Geburt, zu 60-70% betrifft es Frühgeborene. Entwicklungsverzögerung bei häufig vorhandener Bewegungsplanung. Typisch ist Adduktion und Innenrotation der Beine, sowie die Beugung von Hüft- und Kniegelenken, was dann zum sogenannten Scherengang führt. Jede willkürliche Bewegung geht mit überschießenden Spannungsreaktionen der Muskulatur einher, nicht nur auf die Beine beschränkt. Die Bewegungsausführung ist durch hypertone Muskelaktivität auffällig erschwert, Koordination erfolgt in der zeitlichen Geschwindigkeit deutlich verlangsamt und bedarf intensiver "Konzentration". Das Gangbild fällt durch Spitzfußgang bei innenrotierten Beinen, nicht durchgestreckten (oder auch überstreckte) Knien sowie mangelnde Rumpfrotation und Beckenaufrichtung (Hyperlordose) auf. Zu beobachten sind hier auch häufig die extremen Seitneigungen bei jedem Schritt und assoziierte Armbewegungen. Zusätzlich können Teilbereiche der Wahrnehmungsverarbeitung gestört sein, auch die Sprache kann etwas verspätet einsetzen. Behandlungsziele: Verbesserung der Haltungskontrolle durch Fördern differenzierter sensomotorischer Leistungen. Verbesserung von Bewegungsausmaß, Dosierung, Tempo, Kraft und Ausdauer. Selbstständigkeit bei Nahrungsaufnahme, Körperpflege und beim Aus- und Anziehen. Vermeiden von Sekundärschäden im sensomotorischen Bereich. zurück zum Anfang Symptomatik bei spastischer Hemiplegie Bezeichnend ist die einseitige spastische Tonuserhöhung, die am Arm meist ausgeprägter ist als am Bein. Die Tonuserhöhung ist in der Beugemuskulatur höher als in den Streckern. Beim Gebrauch der Hände fällt schon zu Beginn des Greifens die einseitige Bevorzugung auf, wobei es bei der Gegenseite zu assoziierten Reaktionen mit Faustschluß und eingeschlagenen Daumen kommt. Bezeichnend ist auch der Gang, es wird auf Zehen und äußeren Fußrand getreten, das betroffene Bein ist funktionell länger. Auffälligkeiten lassen sich erst ab dem 3. Lebensmonat erkennen, ein immer wiederkehrender Faustschluß, eine protrahierte Schulter bei Beugung im Ellenbogen auf der betroffenen Seite fallen ebenso auf wie das ausschließliche Greifen mit dem nicht betroffenen Arm (über die Mittellinie hinaus). Bauchlage, Zwischenpositionen und Krabbeln werden vermieden, bevorzugte Seitlage auf der betroffenen Seite. Die Unterschiedlichkeit der beiden Körperhälften bedeutet eine somatosensorische Wahrnehmungsstörung, eine Störung des Körperschemas, des Gefühls für Symmetrie. Skoliosegefahr. Krampfanfälle können vorkommen, ebenso Seh- und Sprachstörungen. Behandlungsziele: Verbessern der Haltungskontrolle im Sinne eine Verbesserung der Belastungsphase der betroffenen Seite, Überkreuzen der Körpermitte von Armen und Beinen. Erreichen der Positionen, die vermieden werden (Bauchlage, Krabbel-Stand, 45°-Seitlage. Erreichen von Robben, Krabbeln und Klettern. Anstreben beidhändigen Handelns zur Erleichterung von Nahrungsaufnahme, Körperpflege sowie Aus- und Anziehen. Vermeiden von sensomotorischen und emotionalen Sekundärschäden. zurück zum Anfang Symptomatik bei Athetose Die Athetose als eine der häufigsten Formen der extrapyramidalen Lähmung beruht auf einer Schädigung des Striatums (Streifenhügel, Bezeichnung für ein Teil der basalen Stammganglien des Gehirns, gehört zum extrapyramidalen System), wodurch die hemmende Wirkung auf die Willkürmotorik entfällt. Das Hauptmerkmal der Athetosen ist ihre gestörte tonische Koordination, die zu hyperkinetischen Bewegungsabläufen (übermäßige Bewegungstätigkeit, unkontrollierte, langsame, schraubende Bewegungen der Gliedmaßen und des Rumpfes, willkürlich ablaufende Körperbewegung, Muskelzucken) führt. Bei Aufmerksamkeitszuwendung und seelischer Erregung nimmt die Bewegungsunruhe zu, im Schlaf hört sie im allgemeinen auf. Ein beobachtbares Phänomenen der Athetose sind langsame, wahllose, wurm- oder schraubenförmige Bewegungen, besonders am Gesicht, der Halsmuskulatur und der distalen Gliedmaßenabschnitten. Charakteristisch sind weiterhin bizarre Überstreckungen, die Spreizung der Finger, das Grimassieren bei geöffneten und verzerrten Mund, Speichelfluss und verkrampfte Nackenhaltung, sowie die Drehbewegung des Kopfes. Der Gang ist überschießend und stolpernd, im Gegensatz zur Spastik entstehen durch die ständig wechselnde Überschußbewegungen keine Kontrakturen. Athetose und Spastik sind häufig kombiniert. Hier ist das Zusammenspiel von Agonisten und Antagonisten gestört. Einerseits ein die Haltung behindernder ständig wechselnder Muskeltonus und andererseits ständig ungebremste überschießende Bewegungen in bizarren Formen, die gezielte Bewegungen behindern. Der plötzliche Verlust der Haltungskontrolle kann durch hypotone Muskelaktivität kräftemäßig nicht kompensiert werden. Überbeweglichkeit in bestimmten Gelenken kann zu Luxationen führen. Die motorische Strategieentwicklung ist nicht eindeutig erkennbar und kann von fehlinterpretiert werden. Ebenso führen unwillkürliche Mimik und Gestik, Sprachstörungen zu kommunikativen Mißverständnissen, die emotionale Störungen begünstigen können. Die sensomotorische Entwicklung der betroffenen Kinder ist meist stark verzögert (sehr verspätetes Gehen, z.T. nur mit Hilfsmitteln). Behandlungsziele: Verändern der Haltungskontrolle durch willkürliche Steuerung unwillkürlicher Bewegungen, das Finden eigener Strategien. Verbessern der Atmung zur Unterstützung der Kommunikation und zur Erleichterung bei der Nahrungsaufnahme. Unterstützung der Selbstständigkeit bei der Fortbewegung (auch mit Hilfsmitteln). Vermeiden von Sekundärschäden auf sensomotorischer und emotional-sozialer Ebene. zurück zum Anfang Symptomatik bei Ataxie Führende Symptome sind die Hypotonie, sowie ein Mangel an koordinierter Muskelspannung. Bedingt durch den Koordinationsmangel kommt es zu wenig gesteuerten, fahrigen und eckigen Bewegungen. Die Abläufe sind unharmonisch und wenig flüssig. Sie müssen ständig in ihrer Richtung korrigiert werden und sind dadurch unökonomisch, es fehlt an Zielsicherheit, Abstufen und Dosierung. Bei vorwiegender Rumpfataxie ist das Stehen instabil, wackelig und durch die stark beeinträchtigten Balancereaktionen oft kaum möglich. Der Gang ist torkelnd und mit dem eines Betrunkenen ähnlich. Im Gegensatz zum Spastiker mit seiner motorischen Hemmung und zum Athetotiker mit seinen ungezügelten Überschußbewegungen kann der Ataktiker Arme und Beine willkürlich und im vollen Ausmaß bewegen. Jedoch sind die Bewegungen nicht sinnvoll gezielt und dosiert. Ataktische Syndrome: niedriger Muskeltonus, mangelnde Bewegungssteuerung, insbesondere bezüglich des Bewegungsausmaßes und der Richtung sowie bei automatischen Mitbewegungen, gestörten Gleichgewichtsreaktionen und Artikulationsstörungen. Hier wird die bremsende Funktion des Antagonisten zu spät eingesetzt. Aus dieser Übersteuerung resultieren die mangelhafte Koordination, das mangelhafte Gleichgewicht und über das Ziel hinausschießende Willkürbewegungen. Die sensomotorische Entwicklung ist verzögert, spätes Laufen. Die Kinder sind zunächst nur hypoton, schließlich stellen sich dazu noch deutlich gesteigerte Sehnenreflexe ein. Bei vorhandener Bewegungsplanung ist die Haltungskontrolle nicht ausreichend. Das Gleichgewicht ist schwer gestört, so werden große Unterstützungsflächen gewählt: Sitzen zwischen den Fersen, breitbeiniges, unsicheres Gehen. Weitere Auffälligkeiten können kognitive Störungen, Teilleistungsschwächen, Aufmerksamkeitsschwächen, emotionale Instabilität sein. Behandlungsziele: Verbessern der Haltungskontrolle durch Förderung der Dosierung, der Kraftzunahme und der Ausdauer. Verbesserung der Atmung zur Unterstützung der Kommunikationsfähigkeit und Beeinflussung des Speichelflusses. Selbstständigkeit bei der Nahrungsaufnahme, der Körperpflege und dem Aus- und Anziehen. Vermeiden von Sekundärschäden auf sensomotorischer Ebene. zurück zum Anfang Die grundsätzliche Zielsetzung einer Behandlung beruht auf der Unterstützung zur Erlangung der größtmöglichen Selbstständigkeit des betroffenen Kindes unter Berücksichtigung der individuellen Befundlage. Selbstständigkeit beinhaltet sowohl das Erlernen von Fähigkeiten ohne künftige äußere Hilfestellung als auch unter Zuhilfenahme von Personen und/oder Hilfsmittel. Hierbei geht es immer um qualitative und quantitative Zunahme alltagsbezogener Aktivitäten auf motorischer, geistiger, emotionaler und sozialer Ebene. Behandlungskonzepte können nur zielführend sein, wenn sie sich mit den neurophysiologischen Aspekten der jeweils vorliegenden Störung befassen. Historische Ansätze wie Tenotomie (W.J.Little) , Relaxation oder Kräftigung geschwächter Antagonisten, bzw. passives Durchbewegen als einzige Maßnahme konnten dieser Anforderung nicht genügen. Erst durch das Ehepaar Bobath wurden weiterführende, empirisch gesicherte Konzepte entwickelt, die sich der Hemmung (Inhibition) pathologischer Bewegungsmuster bei gleichzeitiger Förderung (Fazilitation) von Haltung, Bewegung, Richt-, Stütz- und Gleichgewichts- Reaktionen widmeten. Von proximalen Schlüsselpunkten (Kontrollpunkten) aus wurden einerseits die abnormen Bewegungsmuster weithin unter Kontrolle gehalten, andererseits Stell- und Gleichgewichtsreaktionen gebahnt. Dadurch wurde die Möglichkeit einer dynamischen Bahnung/Kontrolle der Bewegung geschaffen. Diese Maßnahmen nehmen Einfluß auf die Haltungskontrolle und werden dem Kind über die ihm zur Verfügung stehenden Sinnesorgane vermittelt. Die Palette der sensorischen Reize wird dem Kind in einer bestimmten zeitlichen Abfolge angeboten unter Beachtung der Reizantwort als Reaktion des Kindes auf spezifische Reize (visuell, taktil, sensomotorisch= Bewegungsabläufe, sozial= Verhaltensmuster). Ohne diese Interaktion hätte eine Behandlung wenig Sinn. Der Therapeut reduziert seine Hilfen in dem Maße, wie die Eigenaktivität des Kindes zunimmt. Fazilitieren bedeutet schließlich, das Kind zu einer bestimmten aktiven Bewegung anzuregen, seine Aufmerksamkeit zu erhalten, zu erhöhen, letztendlich nur die Initialbewegung einzuleiten und ein Abstürzen innerhalb eines Bewegungsablaufes zu verhindern. Hierbei ist immer zu beachten, daß ein gutes Gleichgewicht zwischen Reizfrequenz und Reizpause erreicht wird. Unverzichtbar ist auf jeden Fall die positive Bestätigung, ein Aufmuntern durch Mimik, Blick, Gestik und Stimme. Die Vermeidung von Kontrakturen und Deformitäten mit ihren unterschiedlichen Techniken, bzw. prophylaktische Anregungen für das Handling im Alltag begleitet selbstverständlich die Therapie. Vaclav Vojta entwickelte, ausgehend davon, daß alle Bausteine der Motorik im ZNS veranlagt sind und bei einer Zerebralparese Zugänge zu physiologischen Haltungs- und Bewegungsmustern blockiert seien die Methode der Reflexlokomotion (Reflexkriechen und Reflexumdrehen). Der Kerngedanke der Therapie ist die Verhinderung einer pathologischen Entwicklung durch eben die Anwendung der reflexveranlagten Lokomotion, die die Fixierung der pathologischen Stereotypie bei der ICP auflösen kann. Innerhalb von genau definierten Zonen (10 Druckpunkte am Körper) werden Rezeptoren gereizt, die afferent zum ZNS leiten und dort über efferente Bahnen einerseits eine vegetative als auch eine unbewußte koordinierte motorische Antwort andererseits auslösen. So entsteht eine reflexogene Fortbewegung. (Auf die Vojta-Methode wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen werden). Sicherlich ist zu sagen, daß die Wahl der Methode (sei es Bobath oder Vojta) den individuellen Bedürfnissen des Kindes angepasst sein muß. Einwirken auf die Tonusregulation im Rumpf, Fazilitation ausgehend vom proximalen Schlüsselpunkt Wirbelsäule Auszug aus: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (1999) Therapie Das Behandlungskonzept muß allen vorliegenden Funktionsstörungen Rechnung tragen; es ist langfristig und interdisziplinär auszurichten. Es ist das Ziel, dem Patienten zu erleichtern, sich mit seiner Lähmung seinem Umfeld besser einzupassen und seine Möglichkeiten besser auszuschöpfen. Die Fähigkeit des Kindes, therapeutische Impulse aufzunehmen, und die Belastbarkeit der Familie sind begrenzt. Es ist deshalb individuell und altersphasenbezogen die jeweils optimale Therapie oder Kombination von Therapien zu wählen. * Funktionelle Übungsbehandlung der motorischen Störungen. o Die krankengymnastische Behandlung stellt die erste therapeutische Maßnahme dar, meist als Frühtherapie schon vor der definitiven Diagnosesicherung; nach Bestätigung der Diagnose ist sie praktisch immer indiziert. Ihr Ziel ist eine Verbesserung des motorischen Lernens und die Vermeidung von Kontrakturen und Skelett-Fehlhaltungen. Bislang hat sich nicht beweisen lassen, daß eine der verschiedenen angebotenen Behandlungsmethoden den anderen überlegen wäre. Die Auswahl der Vorgehensweise erfolgt in Absprache zwischen Arzt und Therapeut(in) individuell nach dem Alter und Funktionszustand des Kindes, der Belastbarkeit der Familie und der Verfügbarkeit. o Ergotherapie ist indiziert zur Verbesserung von Haltung, Tonus, Handfunktion und Handlungskompetenz im Alltag. o Logopädische Behandlung erfolgt zur Verbesserung der Mundmotorik, des Schluckens und Kauens, sowie zur Verbesserung von Artikulation und Phonation. * Hilfsmittelverordnung Zur Funktionsverbesserung und Vermeidung von Sekundärfolgen wie Kontrakturen und Hüftluxationen; Innenschuhe, Gehorthesen, Schienen. Zur Ermöglichung von nicht selbständig erreichbaren Körperhaltungen: Sitzschale, Stehbrett. Zur Ermöglichung der Fortbewegung: Rollstuhl, Rollator. Zur Erleichterung der Pflege: Badehilfe, Pflegebett. * Medikamentöse Therapie o Zur Beeinflussung der Spastik: Baclofen, Tetrazepam, Tizanidin, Memantin. Bei Dystonie: L-Dopa, Trihexyphenidyl, Tetrabenazin. o Bei spastischen und dystonen Formen der ICP: lokale Injektion von Botulinumtoxin A in die vorwiegend betroffenen Muskeln; es ist jedoch nur die Behandlung umschriebener Probleme möglich. o Vor allem bei schweren, schmerzhaften Tonussteigerungen der unteren Körperhälfte: intrathekale Langzeitbehandlung mit Baclofen über ein subcutanes Pumpsystem. * Operative Behandlung von Sekundärproblemen Kontrakturen, drohende oder manifeste Hüftluxationen und Skoliosen können ein operatives Vorgehen mit intensiver krankengymnastischen Vor- und Nachbetreuung erfordern. Der optimale Zeitpunkt wird kontrovers diskutiert und muß individuell abgestimmt werden. * Therapie zusätzlicher Störungen o Frühförderung, Ergotherapie oder Heilpädagogik bei cognitiven Problemen und bei Verhaltensstörungen. o Sehstörungen haben meist eine zentrale Ursache: spezifische Frühfördermaßnahmen, Förderbeschulung. Seltenere periphere Wahrnehmungsbehinderungen: medizinische Behandlungsmöglichkeiten Schielbehandlung, Cataract- und Netzhaut-Op, Hörgeräte, Cochlear Implant. o Epilepsie mit Auftreten beeinträchtigender Anfälle: antikonvulsive Behandlung.