Thesenblatt für „Das kommunikative Gedächtnis“ von H. WELZER: KAPITEL I: „Das kommunikative Gedächtnis“ - - - - - - - - - Einstieg: Harald Welzer setzt sich mit der Frage auseinander, ob die verschiedensten Leistungen des Gehirns rein auf neurobiologischen Grundlagen passieren. Welzer befürwortet, dass die Neurowissenschaften in den vergangenen Jahren – alleine schon durch die zunehmende Entwicklung bildgebender Verfahren – einen sehr komplexen Zugang zum Gehirn des Menschen (Anzahl der Nervenzellen, mit denen das menschliche Gehirn ausgestattet ist, Aufbau der Nervenzellen, Aufgaben und Funktionen der einzelnen Nervenzellen) ermöglicht haben. Welzer bezweifelt an dieser Stelle aber auch, dass mit Hilfe dieser modernen Apparaturen und den daraus sich ergebenden Erkenntnissen es möglich ist, die ganz speziellen „Denkleistungen“ unseres Gehirns zu erklären..Er meint: „Nach dem Studium der neurowissenschaftlichen Standardlinien fühlt man sich ein bisschen wie der Besucher einer gigantischen neuen Fabrikanlage (…), während einen die ganze Zeit die Frage beschäftigt, ob denn das alles wohl zur Herstellung von Panzern oder von Margarine dient.“ (zit. n. Welzer, S.8f.) Welzer hat uns also eingangs klargemacht, dass er die Aktivitäten und Leistungen, die unser Gehirn tagtäglich vollbringt, nicht (ausschließlich) auf neurobiologische Grundlagen einzugrenzen sind. Er sieht das Gehirn in ein komplexes System eingebettet. Der Mensch bediene sich verschiedenster Kommunikationsmittel, wie z.B. Sprache, Malerei, Musik, Schrift,… Das, was den Menschen jedoch vom Tier unterscheide, so Welzer weiter, sei sein „Bewusstsein“ und sein „autobiographisches Gedächtnis“ und dieses entspringe der Kommunikation. „Kommunikation hält die Welt im Innersten zusammen (…), Kommunikation ist das ‚unerschöpfliche’ und ‚spezifisch menschliche Potential’, Netzwerke direkter und indirekter, enger und loser, naher und ferner Verbindungen herzustellen.“ (vgl. Welzer, 10) Welzer sieht das menschliche Zusammensein als ein ebenso komplexes System wie unser menschliches Gehirn. Die Inhalte des menschlichen Gehirns seien vor allem sozialer Natur. (vgl. Welzer, 10) Welzer sieht die Funktionen und Aufgaben des Gehirns nicht nur in einfachen Reizen, Werten oder Daten, sondern in viel differenzierten Informationen mit Bedeutungsgehalt und diese Bedeutungen wiederum entstehen durch Kommunikation! Wolf SINGER unterstützt dieses Auffassung und bringt dabei einen weiteren Aspekt hinein: Gehirne würden in einen Dialog miteinander treten, davon „hinge die Entstehung von Bewusstsein“ ab, so Singer (vgl. Welzer, 10). Singer entfernt sich dabei auch von jeglichen neurobiologischen Erklärungen. Mit etwas 3, 4 Jahren entwickle sich nach Welzer unser reflexives und selbstbezogenes Bewusstsein. Die Bedeutungen über die Dinge des Lebens, die wir vorher gemacht haben, wurden nicht erlernt oder verinnerlicht, sondern in der Praxis des Zusammenseins „erfahren“! Daraus resultierend bringt Welzer an, habe sich „das Gehirn selbst in Abhängigkeit von sozialer Erfahrung entwickelt, geformt und strukturiert.“ (zit. n. Welzer, 11) Welzer erläutert auf etwa 2 Seiten den weiteren Aufbau des Buches… 1 - - - - - - - - - Wichtige Gedankengänge in Bezug auf den Aufbau des Buches: Welzer möchte das Gedächtnis sowohl aus neurowissenschaftliches Perspektive als auch aus kognitivpsychologischer Perspektive abhandeln. Zentrale Fragestellung in Welzers Werk bleibt durchgehend: „Wie bildet sich unser Gedächtnis, wie arbeitet es und wie verarbeitet es? Notizen zum „Kommunikativen Gedächtnis“: WELZER: „Das kommunikative Unbewusste“: Hat nichts mit Freud’s bekanntem „Psychoanalytischen Unbewussten“ zu tun, „es bildet ganz im Gegenteil die Grundierung für unsere bewussten Wahrnehmungen und Reflexionen…“. (zit. n. Welzer, 13) Nun zum „Komunikativen Gedaächtnis: Assmann & Aleida: „Das kollektive Gedächtnis. Dies ist aber eine Differenzierung von HALBWACHS. ‚Das „kulturelle Gedächnis nach Assmann: „Sammelbegriff für alles Wissen, das im spezifischen Interaktionsrahmen einer Gesellschaf Handeln und Erleben steuert und von Generation zu Generation zur wiederholten Einübung und Einweisung ansteht.“ (Assmann zit. n. Welzer, 13) NACH ASSMANN: „Das kommunikative Gedächtnis“ als Bindeglied im gesellschaftlichen Handeln und interagieren. NACH ASSMANN: „Wissenschaft als hochspezialisierte Form von Gedächtnisbildung. ZUSAMMENFASSEND NACH MIR: Also scheint nach Assmann das „kommunikative Gedächtnis zweierlei Charakteristika zu haben: Ein a) sozialgesellschaftliches, und b) (theoretisch)-wissenschaftliches. WEITER NACH ASSMANN: „Kurzzeitgedächtnis vergleichbar mit Kurzzeitgedächtnis“. WEITER NACH ASSMANN: Unterschied zwischen „kulturellen“ und „kommunikativen“ Gedächtnis: a, kulturelles Gedächtnis: zeichnet sich durch Alltagsferne aus und b, das kommunikative Gedächtnis: ist durch Alltagsnähe gekennzeichnet. Das kulturelle Gedächtnis: stützt sich auf markante, schicksalhafte „Fixpunkte“ im Leben, nicht unbedingt auf das Hier und Jetzt. Merkmale sind a) Identitätskonkretheit (eigener Wissensvorrat, Klarheit über die eigene Position in der „Wir-Gruppe“/Gesellschaft) und b) Rekonstruktivität (wechselseitige Beziehungen in der „Wir-Gruppe“, die Aktivitäten in der „Wir-Gruppe“). (vgl. ASSMANN) Assmann unterscheidet außerdem beim „kulturellen Gedächtnis“ 2 Modi: 1.) gespeichertes, archiviertes Wissen, und b) aktualisiertes (abrufbares) Wissen. Weitere Merkmale nach Assmann für das „kulturelle Gedächtnis“: a) Geformtheit, b) Organisiertheit und c) Verbindlichkeit. Im ersten Teil des Buches geht es WELZER darum, Entstehung, Funktionsweise und emotionale Qualitäten des Gedächtnisses zu klären! Beispiel: „Entwicklungspsychologie“: „Autobiographisches Gedächtnis“, „memory talk“ -> hier geht es um das Thematisieren vergangener Ereignisse und Erlebnisse (Kleinkinder bedienen sich des Öfteren des „Memory-talk“, sie brabbeln die Erwachsenen einfach mit erlebten Eindrücken, die sie über den ganzen Tag gemacht haben, voll, beispielsweise, vgl. auch Seminarmitschriften!!!) -> hierdurch kommt es zu einer Herausbildung verschiedener Zonen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 2 - - „Conversational rememeberings“: Verarbeitung oder Auseinandersetzung erlebter Vergangenheiten. Praxis der „Kommunikativen Gedächtnisses“: „transportiert Vergangenheit und Geschichte“ der erzählenden Personen – parallel, einfach beiläufig, was also auch so viel heißt wie, dass wenn beim „Kommunikativen Gedächtnis“ vom „Transportieren, Erzählen“ von Vergangenem die Rede ist, so muss da nicht unbedingt von Vergangenheit im wörtlichen Sinne gesprochen wird. Es geht einfach um das Resümieren, Verfertigen, „Pallabern“ von erlebten Dingen, die wie gesagt ganz beiläufig gemacht werden. Das „kommunikative Unbewusste“: Colwyn TREVARTHEN: geht davon aus, dass bereits beim Säugling Repräsentanzen in Bezug auf seine ersten Bezugspersonen vorhanden sind, was z.B. Körperhaltung, Mimik,…betrifft. Vielleicht so zu verstehen (auch im Sinne der Bindungsforschung), dass der Säugling unbewusst Bewegungsmuster, gestische Muster entwickelt, „die ihn für seine Bezugspersonen identifizierbar“ machen. Und darauf reagieren seine Bezugspersonen dann, weil sie identifizieren können, welche Signale was bedeuten und dann „adäquat“ reagieren, eingehen können. Vielleicht meint WELZER anhand dieses Beispiels auch das „Kommunikative Unbewusste“. KAPITEL 2: „Das Gedächtnis ist erfinderisch. Befunde aus der Neurowissenschaft und der kognitiven Psychologie.“ - - - - WELZER beginnt mit einer Geschichte – von J. PIAGET erzählt. Eine Geschichte von einer Erinnerung an eine falsche Erinnerung. „Falsche Erinnerungen“: Wir haben die „falsche“ Vorstellung, dass das Gedächtnis so etwas wie ein Computer, eine Festplatte sei, auf der alles abgespeichert würde und wieder abrufbar wäre. Dem ist aber nicht so. Unser Gedächtnis ist viel komplexer, denn es handelt sich hier um ein „konstruktives System“ (constructive memory framework), welches nicht einfach abbildet und abspeichert und abbildet, sondern filtert und interpretiert. Und dies tut es in Kooperation mit anderen Subsystemen, die für Einspeichern, Aufbewahren und Abrufen verantwortlich sind. Womit wir wieder bei dem schon angesprochenen Punkt wären, dass unser Gedächtnis ein „Komplexes System“ – bestehend aus mehreren anderen Systemen ist, die miteinander verbunden sind und kooperieren. Erinnerungsspuren und Engramme: sind Muster neuronaler Verbindungen (sie haben verschiedene Teile des Gehirns über) und sind abrufbar. Wenn wir uns also an etwas erinnern, dann heißt das, dass wir uns bereits unbewusst zurecht gelegter (Verhaltens,- Bewegungs,…-)-Muster bedienen. Jedoch ist nicht zu vergessen: Es geht beim Vorgang des „Sich-Erinnerns“ (n. Piaget) wohl nicht alleine um die „Erfahrung“ des Erinnerns, sondern wir müssen von einer viel komplexeren Leistung des Gehirns ausgehen… Nach Daniel SCHACTER bewahrt ( Konturen unserer Vergangenheit) und hält unser Gedächtnis fest , und zwar hält es Ereignismerkmale fest. Das Geheimnis des Vergessens und Nicht-Erinnerns: Kann aus neurowissenschaftlicher Erkenntnis dann passieren, wenn Erinnerungen selten oder gar nicht abgerufen werden, dadurch werden die dafür zuständigen neuronalen Verbindungen schwächer. Auch wird das Phänomen angesprochen, dass beispielsweise alltägliche Ereignisse eher vergessen (und nicht mehr abgerufen werden), als länger zurückliegende Ereignisse, weil die vielleicht auch emotional behafteter sind und sie das Gedächtnis öfters abruft. 3 4