Gesperrt bis zum Beginn Es gilt das gesprochene Wort! Rede von Dr. Klaus Theo Schröder Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung "Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister aus der Sicht des Bundes" anlässlich eines Diskussionsforums "Klinische Krebsregister in Deutschland - Sachstand und Perspektiven" 16. September 2004 in Frankfurt/Oder Redezeit: 30 Minuten -2- -2Begrüßung Sehr geehrter Herr Minister Baaske, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Patzelt, sehr geehrter Herr Dr. Wenzelides, meine sehr verehrten Damen und Herren, Einführung an die Ausführungen von Herrn Dr. Wenzelides zu den Strukturen des Tumorzentrums Land Brandenburg möchte ich gern anknüpfen. Für die Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister ist das Tumorzentrum Land Brandenburg von besonderer Bedeutung. Bundesweit einmalig ist, dass die klinischen Krebsregister des Tumorzentrums Land Brandenburg sowohl flächendeckend als auch nahezu vollzählig Daten zu Diagnose, Therapie und Nachsorge von Tumorerkrankungen erheben. 10-jähriges Ich freue mich deshalb sehr, dem Tumorzentrum Land Jubiläum Brandenburg zum zehnjährigen Bestehen des flächendeckenden klinischen Krebsregisters zu gratulieren. Zehn Jahre, in denen hier in Brandenburg hervorragende Arbeit geleistet wurde! Rolle Branden- Aber das überrascht mich gar nicht. Die neuen Länder burgs im Ge- - und speziell das Land Brandenburg - spielten bereits sundheitswesen mehrfach eine besondere Rolle im deutschen Gesundheitswesen. Im Gegensatz zu den anderen neuen Ländern wurden 1991 in Brandenburg die Polikliniken im Grundsatz erhalten. Es wurde schon früh erkannt, dass dort große Effizienzreserven auszuschöpfen sind. Ich freue mich deshalb ganz besonders, dass wir mit der Gesundheitsreform die Polikliniken als Gesundheitszentren fortführen. Die Chroniker-Programme für Diabetiker sind ein weiteres Beispiel. Gut abgestimmte Behandlung und Betreuung von chronisch Kranken der Schlüssel zu mehr Lebensqualität für -3- -3Patientinnen und Patienten ist. Zugleich liegt darin eine große Effizienzreserve. Nur heute nennen wir sie - englisch DMP‘s Mit der von uns geschaffenen Möglichkeit für Krankenkassen, solche strukturierten Programme für chronisch kranke Menschen anzubieten, haben wir diesen Gedanken gestärkt und weiterentwickelt. Ich erinnere schließlich an den Sozialversicherungsausweis der ehemaligen DDR. Wir werden auch dies in modifizierter moderner Form jetzt für ganz Deutschland verwirklichen. Ab 2006 soll jede Bürgerin, jeder Bürger eine elektronische Gesundheitskarte erhalten, auf der wichtige Daten gespeichert werden können. Anrede, durch die Polikliniken, die Chroniker-Programme und den Sozialversicherungsausweis lieferten die neuen Länder im Allgemeinen und Brandenburg im Besonderen wesentliche Konzepte für die Gesundheitsreform. Transparenz und Vernetzung sind die Schlüsselworte dafür. Transparenz und Vernetzung im deutschen Gesundheitswesen werden wir insbesondere mit den Gesundheitszentren, den DMP-Programmen und der Gesundheitskarte weiter fördern. Klinische Krebs- Anrede, register Transparenz und Vernetzung, das sind aber auch die Nahziele der klinischen Krebsregister. Sie bilden sozusagen das Fundament, auf dem dann ein ganzes Haus errichtet werden kann. -4- -4Basis für epide- Im weiteren geht es dabei einmal um die erfolgreiche miologische Zusammenarbeit der klinischen und epidemiologischen Krebsregister Krebsregister. Das klinische Krebsregister des Tumorzentrums Brandenburg leitet die von ihm erhobenen Daten an das epidemiologische „Gemeinsame Krebsregister“ der Neuen Länder und Berlin weiter. Als flächendeckendes bevölkerungsbezogenes Krebsregister hat es alle bösartigen Neubildungen einschließlich ihrer Frühstadien zu erheben und zu verarbeiten. Damit können die Daten auch zur Berechnung von Neuerkrankungsraten, Überlebensraten und Ähnlichem herangezogen werden. Wir wissen beispielsweise, dass bei Männern Prostata, Darm und Lunge die häufigsten Krebslokalisationen sind. Dabei bleibt das „Gemeinsame Krebsregister“ aber nicht stehen. Es ist nicht auf die Beschreibung des Krebsgeschehens beschränkt. Ich nenne nur drei weitere, wesentliche Anwendungsfelder: Erstens die wissenschaftliche Krebsursachenforschung, zweitens die Versorgungsforschung und schließlich drittens die Effektivitätsbewertung von Präventions- und Früherkennungsprogrammen. Dabei werden die meisten Daten den Klinikregistern entnommen. Nur ein kleiner Teil der Daten des „Gemeinsamen Krebsregisters“ stammt aus direkten Erhebungen mit Meldebögen. Die klinischen Krebsregister sind also Grundlage für bedeutende Gesundheitsentscheidungen in Brandenburg, ja in Deutschland insgesamt. Basis zur Qualitäts- Vor allem aber im kleinen, wenn es um die Verbesserung verbesserung der der onkologischen Versorgung vor Ort geht, leisten die Versorgung von klinischen Krebsregister ihren Dienst. Krebspatienten Durch Vernetzung der diversen lokalen Krebsregister werden die Daten zu Diagnose, Therapie und Nachsorge von Tumorerkrankungen transparent. Insofern kann es dann -5- -5zum Beispiel um die Verbesserung der Früherkennung oder der Behandlungsqualität als solcher gehen. Eine qualitativ hochwertige Versorgung der Krebspatienten, bei der sie alle nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis und unter Berücksichtigung des Fortschritts in der Medizin behandelt und betreut werden das ist das Haus, das ich meine. Und das Fundament, ohne dass das Haus zusammenbricht, das bilden die klinischen Krebsregister. Im Unterschied zu den bevölkerungsbezogenen - epidemiologischen - Krebsregistern sind sie nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie sind darum auch nicht, leider nicht, in allen Ländern als fester Bestandteil in der regionalen Versorgung Krebskranker und der Qualitätssicherung etabliert. Das Land Brandenburg nimmt insofern eine Ausnahmestellung ein. Denn hier werden flächendeckend und nahezu vollzählig Daten zur Diagnose, Therapie und Nachsorge erhoben. Das Tumorzentrum Land Brandenburg ist damit wegweisend für Länder, die klinische Krebsregister noch nicht als feste Bestandteile in der regionalen Versorgung Krebskranker etabliert haben. Voraussetzungen für Die Qualitätssicherung ist also auf einem guten Weg! Um die Qualitätssicherung mit klinischen Krebsregister als eine Maßnahme der Qualitäts- klinischen Krebsregistern sicherung - sei es im Land Brandenburg, sei es andernorts endgültig zu etablieren, sind aber einige Voraussetzungen zu erfüllen. Ich nenne deren fünf: -6- -6Erstens muss die Dokumentation flächendeckend durchgeführt werden. Es ließe sich den Betroffenen nur schwer vermitteln, falls die Qualitätssicherung Lücken aufweisen sollte. Zweitens muss die Dokumentation für alle Leistungserbringer verpflichtend sein, die an der Versorgung Krebskranker beteiligt sind. Anders ließe sich eine flächendeckende Dokumentation nicht sicher erreichen. Drittens sollten die dokumentierten Daten allen an der Versorgung Krebskranker Beteiligten zugänglich sein und von ihnen ausgewertet und diskutiert werden. Gerade was diese drei Anforderungen anbetrifft, bin ich nicht nur für das Land Brandenburg, aber dort ganz besonders - optimistisch. Noch vom BMG geförderte Feldstudien haben nämlich ergeben, dass diese von klinischen Krebsregistern durchaus erfüllt werden können. In einem Feldstudienverbund erfolgte für Brust-, Lungenund Dickdarmkrebs eine flächendeckende Dokumentation der Krankheits- und Behandlungsgeschichte von Krebspatienten in bestimmten Regionen über einen definierten Zeitraum. Resultat war, dass die Dokumentation flächendeckend durchgeführt werden und für alle Leistungserbringer verpflichtend, aber ihnen auch zugänglich sein soll. Frau Dr. Engel vom Tumorzentrum München wird uns dazu gleich sicher noch einiges mehr sagen können. Optimistisch bin ich aber auch dahingehend, dass es der Selbstverwaltung gelingt, die Weiterbehandlung im ambulanten Bereich besser nachzuvollziehen. Das ist die vierte Voraussetzung für eine Qualitätssicherung mit klinischen Krebsregistern. -7- -7- Die Selbstverwaltung muss weitere Schritte unternehmen, um die Leistungsdaten umfassender, schneller und sektorenübergreifend transparent zu machen. Und schließlich fünftens wünsche ich mir eine bessere Kommunikation und Transparenz zwischen den verschiedenen Versorgungssektoren. Mit mehr Transparenz und Vernetzung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen schaffen wir auch bessere Bedingungen für die Qualitätssicherung und die Arbeit der klinischen Krebsregister. Die Gesundheitskarte, von der heute schon die Rede war, kann als zentraler Bestandteil einer Telematik-Infrastruktur dabei unterstützend wirken. Klinische Anrede, Krebsregister können mehr aber klinische Krebsregister können mehr als den Krankheitsverlauf und die Nachsorge nach einem einheitlichen Standard zu Zwecken der Qualitätssicherung zu erfassen. Ich möchte auf zwei mir wichtige Aspekte hinweisen: Zum einen lässt sich mit klinischen Krebsregistern die Leistungsfähigkeit von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen bewerten. Zum anderen ermöglichen sie es, die Versorgungsstrukturen insgesamt weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang ist die Erörterung der Frage von Synergieeffekten bei der Datenerfassung und -nutzung von großer Bedeutung. DMP Brustkrebs Vor diesem Hintergrund habe ich Verständnis für die Forderung nach einer Verknüpfung von Daten aus dem DMP Brustkrebs mit den Krebsregistern. Der Beschluss der -8- -8Gesundheitsministerkonferenz vom Juni dieses Jahres zielt in diese Richtung. Über die Forderung an das BMGS, für eine sach- und fachgerechte ressourcensparende Einbindung der Krebsregister in das DMP Sorge zu tragen, führen wir derzeit mit den Ländern Gespräche. Das wird schwierig, aber wir werden unseren Teil dazu beitragen, dass wir erfolgreich sein werden. Also der Dialog ist eingeleitet und die Gespräche werden fortgesetzt. Finanzierung Um für die Zukunft die finanzielle Basis sicherzustellen, ist bei der DRG-Einführung gesetzlich festgelegt worden, dass für die besonderen, krankenhausübergreifenden Aufgaben von Tumorzentren neben den DRG-Fallpauschalen gesonderte Zuschläge abgerechnet werden können. Die Höhe der Zuschläge wird von den Selbstverwaltungspartnern auf Bundesebene vereinbart. Mit dem Entwurf des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetz, das sich zurzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet, ist vorgesehen, dass die Zuschläge auch auf Ortsebene festgesetzt werden können, wenn auf Bundesebene keine Vereinbarung zustande kommt. Förderung in der Wir knüpfen damit an an die bereits in der Vergangenheit Vergangenheit geleisteten Förderungen. Dass gerade das Tumorzentrum Land Brandenburg in den zehn Jahren seines Bestehens vieles auf die Beine stellen konnte, lag vielleicht auch ein wenig an der Förderung durch den Bund. Förderung 1991-1995 Ab 1991 wurden die neuen Bundesländer mit insgesamt rund 65 Mio. Euro gefördert. -9- -9Fast ein Drittel davon, nämlich rund 20 Mio. Euro, gingen allein an das Land Brandenburg. Damit wurde vor allem der Ausbau einer Reihe von Tumorzentren und Onkologischen Schwerpunkte von 1991 bis 1995 gefördert. Rostock, Greifswald, Schwerin, Frankfurt und Potsdam, 4 Tumorzentren in Berlin und das Brandenburgische Tumorzentrum und der Onkologische Schwerpunkt Cottbus standen auf dieser „Agenda“. Damit ist eine bedeutsame Infrastruktur geschaffen worden. Eine Basis dafür, dass alle Krebspatienten nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis und auch unter Berücksichtigung des Fortschritts in der Medizin behandelt und betreut werden. Förderung 1997-2001 Und diese Basis wurde weiter verbessert. Deshalb hat noch das BMG seit 1997 Projekte gefördert, die verstärkt die Prozess- und Ergebnisqualität der regionalen onkologischen Versorgung analysieren und verbessern sollen. Etwa den Feldstudienverbund zur Verbesserung der flächendeckenden, regionalen Versorgung von Krebskranken. Darauf war ich bereits bei der Qualitätssicherung zu sprechen gekommen. Darüber hinaus förderte das BMGS verschiedene Vorhaben zur Verbesserung der Schmerztherapie und Palliativmedizin, zur Entwicklung von Standards in der Onkologie und zur Krebsfrüherkennung. Schluss Anrede, - 10 - - 10 Transparenz und Vernetzung sind Schlüsselworte für die Gesundheitsreform und die Gesundheitspolitik der Zukunft. Mit den klinischen Krebsregistern im Land Brandenburg werden sie heute schon gelebt. Damit eine bessere Versorgung der Krebspatienten erreicht wird. Das ist entscheidend. Damit ein ganzes Haus auf einem stabilen Fundament errichtet werden kann. Herr Minister, Sie und alle, die daran ihren Anteil hatten, können zurecht stolz auf das Ergebnis der Arbeit sein.