-1- Filozofická fakulta Prešovskej univerzity v Prešove Inštitút germanistiky DIPLOMOVÁ PRÁCA Textuelle und wortbildnerische Besonderheiten in pharmazeutisch-medizinischen Texten (dargestellt an Packungsbeilagen) Textové a slovotvorné špecifiká farmaceuticko-medicínskych textov (na príklade príbalových letákov liečiv) Autor práce: Helena Slamená Vedúci práce: Doc. PhDr. Ladislav Sisák, CSc. Prešov 2006 -2- Čestne prehlasujem, že som túto diplomovú prácu vypracovala samostatne s použitím uvedenej literatúry a pod vedením Doc.PhDr.Ladislava Sisáka, CSc. ...................................................... -3- Na úvod sa chcem poďakovať svojmu konzultantovi Doc.PhDr.Ladislavovi Sisákovi, CSc. za cenné pripomienky, poskytnuté materiály a trpezlivosť nielen pri korektúrach. -4Inhaltsverzeichnis Einleitung..............................................................................................................6 1. Texte und Konzepte der Textualität.................................................................9 1.1. Produktion des Textes........................................................................................16 1.2. Rezeption des Textes, Verstehen und Wissen....................................................19 1.3. Klassifizierung von Texten.................................................................................22 2. Fachsprache, Fachtext und fachsprachliche Kommunikation.....................24 2.1. Fachsprache der Medizin, medizinische Lexik..................................................25 2.2. Kommunikation in der Medizin.........................................................................28 2.3. Fachbezogene Vermittlungstexte, Packungsbeilagen.........................................29 2.3.1. Spezifika der Kommunikationssituation bei den Packungsbeilagen..................30 2.3.2. Die standardisierte Packungsbeilage..................................................................31 2.3.3. Der Textaufbau von einer Packungsbeilage.......................................................32 3. Untersuchungen zur Textualität in Packungsbeilagen. Kohäsion als das untersuchte Kriterium der Textualität ............................35 3.1. Kohäsionsmittel in Packungsbeilagen................................................................36 3.1.1. Mittel der Wiederholung und verweisende Wiederaufnahme............................36 3.1.2. Tempus und Konnektive.....................................................................................42 4. Untersuchungen zur Wortbildung in Packungsbeilagen. Arten der Wortbildung......................................................................................................48 4.1. Zusammensetzung – Substantiv.........................................................................53 4.1.1. Determinativkomposita – die häufigsten Strukturtypen nach der Art des ersten Gliedes...............................................................................................54 4.2. Zusammensetzung – Adjektiv............................................................................57 4.2.1. Determinativkompositum in der Wortbildung des Adjektivs.............................58 4.2.2. Kopulativkompositum in der Wortbildung des Adjektivs..................................59 4.3. Ableitung – Substantiv.......................................................................................59 4.3.1. Explizite Ableitung – Substantiv.......................................................................59 4.3.2. Implizite Ableitung – Substantiv.......................................................................62 4.3.3. Konversion – Substantiv ....................................................................................62 4.4. Ableitung – Adjektiv..........................................................................................63 4.4.1. Explizite Ableitung – Adjektiv...........................................................................63 4.5. Präfixbildung – Substantiv.................................................................................65 4.6. Präfixbildung – Adjektiv....................................................................................66 Zusammenfassung..............................................................................................69 -5Resumé.................................................................................................................71 Literaturverzeichnis..............................................................................................73 Anhang..................................................................................................................77 -6Einleitung Die vorliegende Arbeit trägt den Titel „Textuelle und wortbildnerische Besonderheiten in pharmazeutisch-medizinischen Texten“ und beschäftigt sich mit den Packungsbeilagen von humanen Arzneien als einer eigenartigen Textsorte und mit der Sprache der Packungsbeilage. Der Tätigkeitsbereich der Medizin ist ein Bereich von großer gesellschaftlicher Bedeutung und die Sphäre der medizinischen Wissenschaft ist auch für Forscher aus anderen Wissenschaftsgebieten attraktiv und untersuchungswert – auch für uns Linguisten. Für das ganze Gebiet dieser Humanwissenschaft gibt es im Rahmen der Kommunikation und Verständigung bestimmte Besonderheiten. Die Kommunikation in der Medizin hat mehrere Ebenen, eine davon ist die der Verständigung zwischen dem Fachmann (Arzt, medizinischen Personal, Pharmazeuten) und dem Laien (Patienten). Diese verkehren miteinander entweder direkt, wobei der Kontakt unmittelbar ist, oder ist die Kommunikation indirekt, vermittelt. Eines der Medien in der Medizin, das die Informationen vom Fachmann dem Laien vermittelt, ist die Packungsbeilage – der Beipackzettel, der die Arzneimittel begleitet. Er bildet den Schwerpunkt und Gegenstand der Untersuchung in meiner Diplomarbeit. Ein wesentlicher Faktor für die Themenwahl war die Tatsache, dass die Packungsbeilagen bisher im Rahmen einer Diplomarbeit nicht beschrieben worden sind. Untersuchungswert schienen u.a. die Besonderheiten der Textsorte, die die Beipackzettel von anderen Texten im „Universum von Texten“ unterscheiden. Im Rahmen der Lexik waren es spezifische medizinsprachliche Lexeme, die durch verschiedene Wortbildungsverfahren entstanden sind, m.a.W. komplexe Wörter als Ergebnisse von Wortbildungsprozessen. Der Beipackzettel gehört zu den s.g. vermittelnden Textsorten, die die fachlichen Informationen den Laien (viel öfter als Nichtlaien) vermitteln und so auch zu einer zuverlässigen und sicheren Therapie beitragen. Diese Arbeit stellt sich das Ziel, textuelle Spezifika von den Packungsbeilagen darzustellen und die häufigsten – die produktiven – Strukturtypen von Wortbildungskonstruktionen (WBK) in dieser Textsorte zu finden und zu beschreiben. Schwerpunkt der Analyse ist demzufolge einerseits der Text als komplexe Einheit, andererseits die Wortbildung im Text. Die Wortbildung hängt nämlich mit Satzbildung und Textkonstruktion eng zusammen. Wortbildungskonstruktionen sind Bestandteil des Textes, stehen in Verbindung mit anderen Textkonstituenten und tragen dadurch wesentlich zur Markierung der Textsemantik und der Textkohärenz bei. -7Meine Diplomarbeit gliedere ich in vier größere Teile. Der erste Teil bildet eine Einführung in die Textlinguistik, ihre Begriffe und in die ausgewählten Probleme des Textes. Von den allgemeinen Definitionen und Konzepten der Textualität gehe ich im zweiten Teil zum Fachtext und zu den fachbezogenen Texten über, um ihre Spezifika im Unterschied zu anderen Texten darzustellen. Die Beipackzettel gehören nämlich zu den Fachtexten bzw. zu den fachbezogenen Texten. Den Gegenstand des dritten Kapitels bildet die Beschreibung und Untersuchung zur Textualität, besonders die Untersuchung der Kohäsionsmittel in Beipackzetteln, so wie sie in konkreten Texten realisiert wurden. Hier wurden drei vollständige Packungsbeilagen hinsichtlich der Kohäsionsmittel analysiert und die Ergebnisse wurden mit einem repräsentativen Text einer anderen Textsorte – mit einem Essay – verglichen. Die genauen Angaben sind auch in Form von Tabellen dargestellt. Ich zeige hier die Realisation von einzelnen Kohäsionsmitteln und skizziere die Tendenzen in Abhängigkeit von der Textsorte. Das vierte Kapitel zielt darauf ab, die Frage nach den häufigsten und somit auch produktivsten Wortbildungstypen in medizinisch-pharmazeutischen Texten zu klären. In Fachtexten und fachbezogenen Vermittlungstexten zeigen sich insbesondere Substantive und Adjektive bezüglich der Terminologie charakteristisch, aus diesem Grund werden im Wortbildungsprozessen vierten bei Teil der diesen Arbeit zwei nur Wortarten Untersuchungen durchgeführt. zu Auf Wortbildungsprozesse im Bereich des Adverbs und Verbs wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Nach einigen Kapiteln werden kurze Zusammenfassungen platziert, die die wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem jeweiligen Kapitel auf eine kurze Form bringen. Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurden sowohl theoretische Quellen als auch konkrete authentische Packungsbeilagen benutzt. Es wurde angestrebt, alle theoretischen Ausführungen immer anhand von ausgewählten Beispielen aus der Materialgrundlage zu untermauern (alle Beispiele in dieser Diplomarbeit sind kursiv markiert). Die wichtigsten theoretischen Ausgangspunkte im Bereich der Textlinguistik lieferte v.a. die Arbeit von R.-A. de Beaugrande und W.U. Dressler „Einführung in die Textlinguistik“ und „Studienbuch Linguistik“ von A. Linke, M. Nussbaumer und M. Portmann. Im Bereich der Fachsprache ist diese Diplomarbeit v.a. den Publikationen zur Fachsprache von L. Hoffmann und I. Wiese verpflichtet. Wieses Werk gehört zu den vollständigsten Darstellungen der Problematik der Fachsprache der Medizin. Bei der Wortbildung stütze ich mich v.a. auf das Werk „Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache“ von W. Fleischer und I. Barz. Informationen, die die -8standardisierte Packungsbeilage betreffen, wurden auch aus dem Internet geschöpft und stammen z.T. direkt von den Mitarbeitern des Beratungsservices des pharmazeutischen Herstellers Ratiopharm (http://www.ratiopharm.de). Bei den Untersuchungen wurden Beipackzettel aus den Verpackungen von verschiedenen humanen Arzneimiteln bzw. von verschiedenen Anwendungsgruppen und Arzneimittelgruppen benutzt. Diese Arzneien stammen von verschiedenen pharmazeutischen Herstellern. Solche Wahl der Materialgrundlage wurde getroffen, um die Objektivität der Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu erzielen. Die Liste der untersuchten Packungsbeilagen ist im Quellenverzeichnis zu finden. Ich hoffe, dass meine Arbeit einen anspruchsvollen partiellen Blick auf die textuellen und sprachlichen Spezifika der Packungsbeilage bieten wird. Im Laufe der Vorarbeiten und Verfassung der Arbeit stellte ich fest, dass das Thema noch viel umfangreicher ist und dass mit ihr noch weitere Fragestellungen verbunden sind, die untersuchungswert wären. Ich glaube, dass ich künftig noch Gelegenheit haben werde, sich weiter mit dem Thema Fachsprache und fachsprachliche Kommunikation in der Medizin zu beschäftigen. Auch hoffe ich, dass die vorliegende Arbeit meine Nachfolger dazu veranlassen dürfte, viele andere Aspekte der Beipackzettel-Texte bzw. anderer Fachtexte zu untersuchen und somit zu komplexen Darstellungen in diesem Bereich beizutragen. -91. Texte und Konzepte der Textualität Was ist eigentlich ein Text? Diese Frage wird gleich hier am Anfang gestellt, weil die vorliegende Arbeit den Texten nachgeht, genauer gesagt, den spezifischen Texten, wie sie den Packungsbeilagen von humanen Arzneien zu entnehmen sind. Dieses Kapitel versucht zuerst, den Text zu definieren und verschiedene Konzepte der Textualität kurz vorzustellen. Dann werden zwei getrennte Teile den ausgewählten Aspekten von Textproduktion und Textrezeption gewidmet. Der letzte Teil behandelt die Klassifizierung von Texten. Zu erwähnen ist die Tatsache, dass es bis heute in der Linguistik eine abschließende, allgemeingültige Definition der Größe „Text“ nicht gibt. In der Alltagssprache verwendet man die Bezeichnung „Text“ oft in Verbindung lediglich mit schriftlichen Sprachdokumenten, mit schriftlichen sprachlichen Einheiten. Man kann auch behaupten, dass Texte solche sprachlichen Einheiten sind, die meistens mehr als einen Satz umfassen, und wir empfinden sie als eine zusammenhängende Einheit. (Linke/Nussbaumer/Portmann 1996: 214) Aber welche „Kräfte“ machen die Sätze zu einer solchen Einheit? Dieses Phänomen erklären die verschiedensten Konzepte der Textualität. Die bekanntesten werde ich hier kurz skizzieren. Die grobste Unterscheidung der einzelnen Konzepte beruht darauf, ob sie kohärenzorientiert bzw. kohäsionsorientiert sind, d.h. ob sie bei der Definition mehr an der Oberfläche des Textes bleiben, oder ob sie auch die Tiefenstruktur berücksichtigen. Zu den bekanntesten Definitionen des Textes gehört das prozedurale Textmodell von R.-A. de Beaugrande und W. U. Dressler (1981), das auf sieben Textualitätskriterien beruht. Es sind folgende Kriterien: Kohäsion, Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität. Die Konzeption von Beaugrande und Dressler kennt die s.g. verwender-zentrierte Kriterien, und die s.g. text-zentrierte Kriterien. Behandeln wir jetzt die einzelnen Kriterien: 1. Kohäsion (zu lat. „cohaerere“zusammenhängen, beieinander kleben) ist die Art, wie die Texte in der Oberflächenstruktur grammatisch verknüpft sind. Dem Oberfächentext erlegt seine Organisationsmuster das Sprachsystem der Syntax auf. Die Mittel, die dazu eingesetzt werden, die Kohäsionsrelationen herzustellen, wollen wir hier Kohäsionsmittel nennen. Sie tragen zur Stabilität und Ökonomie vom sprachlichen Material bei. Anhand einer zufällig ausgewählten Packungsbeilage zu Diclofenac Genericon retard 100mg-Filmtabletten lassen sich von vielen Kohäsionsmitteln kurz folgende erwähnen: Rekurrenz (Diclofenac hat eine entzündungshemende, schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkung. ... Art der Anwendung und Dosierung: Einmal täglich 1 - 10 Diclofenac retard 100mg-Filmtablette.), Substitution (Die Filmtabletten dürfen weder geteilt, noch zerkaut werden. ... In diesen Fällen darf das Präparat nicht angewendet werden.), Ellipse (Lagerungshinweise: Nicht über 25C lagern.). Weitere ausführlichere Untersuchungen zur Kohäsion und die Darstellung anderer relevanten Kohäsionsmitteln bilden den Gegenstand des 3. Kapitels. 2. Kohärenz ist der semantisch-thematischer und pragmatischer Zusammenhang, der einen Text als ein einheitliches Ganzes erkennen lässt. Der jeweilige Ausdruck der Sprache hat oft mehrere mögliche Bedeutungen, aber unter normalen Bedingungen im Text nur einen Sinn. Wie z.B. der Ausdruck „Gelenk“ im folgenden Satz: Anwendungsgebiete: Schmerzhafte Entzündungs- und Schwellungszustände bei rheumatischen Erkrankungen von Gelenken. das Gelenk> 1. (Anat.) bewegliche Verbindung zwischen Knochen; 2. (Bot.) polsterförmige Verdickung an Blattstielen oder Stängeln, die eine hebende oder senkende Bewegung des Blattes oder eines Teils des Stängels ermöglicht; 3. (Technik) bewegliche Verbindung zwischen Maschinenteilen oder Teilen eines technischen Gerätes, einer technischen Vorrichtung. Bei der Produktion, als auch bei der Rezeption wird von den möglichen, potentiellen drei Bedeutungen nur eine – die erste – aktualisiert. Vereinfacht darf man sagen, dass alle Ausdrücke so im Text beim Rezipienten eine gewisse Sinnkontinuität aktivieren, wobei die Rolle des Rezipienten auf gar keinen Fall passiv ist. Die erwähnte Sinnkontinuität bildet die Grundlage für Kohärenz, die sich unter der Textoberfäche – in der Texttiefe – „abspielt“. Einen Text zu verstehen bedeutet, seine Texttiefenstruktur zu erschließen. Dem Verstehen werden wir uns noch später widmen. Die Kohäsion der Oberflächentexte und die zugrunde liegende Kohärenz der Textwelten (als die „Welt“ unter der Textoberfläche, die durch den Text „geschaffen“ wird; eine bestimmte mehrdimensionale Texttiefenstruktur, wobei hier die verschiedenen Informationseinheiten in komplexer Weise miteinander verknüpft sind) sind die offensichtlichsten Kriterien der Textualität. Diese beiden Kriterien sind text-zentriert, weil sie unmittelbar mit dem Text, d.h. mit der Beschaffenheit des Textes zusammenhängen. Weitere Merkmale betreffen die Aktivitäten des Produzenten bei Textbildung als auch des Rezipienten bei der verstehenden Textverarbeitung. Sie sind folglich verwender-zentriert. Im Einzelnen sind es: Intentionalität, Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität. - 11 3. Intentionalität bezieht sich auf die Einstellung des Textproduzenten, der einen kohäsiven und kohärenten Text bilden will, um die eigenen kommunikativen Absichten zu erfüllen, z.B. Wissen verbreiten, wie es bei den Packungsbeilagen der Fall ist. Durch Verbreitung des Wissens trägt hier der Produzent der Packungsbeilage zur sicheren und erfolgreichen Therapie bei. Intentionalität hängt eng mit der Illokution zusammen, die noch später behandelt wird. (vgl. Kapitel 1.1.) 4. Akzeptabilität oder Annehmbarkeit betrifft die Einstellung des Textrezipienten, einen kohäsiven und kohärenten Text zu erwarten, der für ihn nützlich oder relevant ist, z.B. um Wissen zu erwerben. Die Akzeptabilität schließt einen Toleranzbereich für kleinere Diskontinuitäten oder Störungen ein. Als die noch im Toleranzbereich liegenden Texte können wir solche bezeichnen, die noch nicht an die EG-Richtlinien angepasst wurden (vgl. Kapitel 2.3.2.). Nehmen wir wieder die bei den ersten zwei Kriterien erwähnte Packungsbeilage zu Diclofenac Genericon retard 100mg-Filmtabletten: Der Textrezipient kann diesen Text als einen relevanten annehmen und ihn akzeptieren. Er will wichtige Informationen über die Diclofenac Genericon Therapie erfahren. Diese werden ihm in Form eines wohlgeformten Textes geliefert. Der Text ist übersichtlich, gegliedert, die einzelnen Absätze werden betitelt und die Titeln drucktechnisch hervorgehoben. Er entspricht auch den Erwartungen des Rezipienten hinsichtlich der Textsorte „Packungsbeilage“. 5. Informativität bedeutet das Ausmaß der Erwartetheit bzw. Unerwartetheit oder Bekanntheit bzw. Unbekanntheit, Ungewissheit der dargebotenen Textelemente. Dieser Begriff wird oft für den Inhalt verwendet. Wir vermuten einen Patienten XY, der seit Jahren an einer rheumatischen Erkrankung leidet. Von seinem Arzt weiß er, dass ihm ein neues Medikament zur Behandlung vom Rheumatismus – Diclofenac Genericon – verordnet wird. Einige Absätze der Packungsbeilage wie z.B. „Anwendungsgebiete“ sind für ihn aus diesem Grund wenig informativ, was sogar dazu führen kann, dass er sie beim Lesen meidet. Er hat nämlich ein bestimmtes Vorverständnis über die Erkrankung. (zum Vorverständnis vgl. Kapitel 1.2.) Der Text als Gesamtheit ist für ihn aber informativ genug, weil ihm neue Informationen über die Einnahme des neuen Medikaments, das ihm zum ersten mal verordnet wurde, geliefert sind. 6. Situationalität betrifft die Faktoren, die einen Text für eine Kommunikationssituation relevant machen. Bedeutung und Gebrauch eines Textes wird über eine gewisse Situation bestimmt. Die Handlungssituation zwischen dem Fachmann und dem Patienten (oft „Laie“) mittels einer Packungsbeilage bildet eine spezifische Kommunikationssituation, die - 12 durch mehrere Besonderheiten gekennzeichnet ist. Es ist Kommunikation schriftlicher Art, es mangelt an einer direkten Verbindung zwischen dem Produzenten und Rezipienten des Textes, der Rezipient hat keine Möglichkeit der Rückfrage. Außerdem sind die Rezipienten anonym und als Gruppe sehr heterogen. Mit Heterogenität ist v.a. ihre Wissensbasis gemeint. Die Packungsbeilage begleitet das Medikament und von ihr hängt teilweise auch eine erfolgreiche Genesung ab. Der Kommunikationssituation bei der Packungsbeilage werden wir uns noch im Kapitel 2.3.1. widmen. 7. Intertextualität betrifft die Faktoren, welche die Verwendung eines Textes von der Kenntnis eines oder mehrerer vorher aufgenommener Texte abhängig macht. Der Bezug zu einem anderen Text wird auf verschiedene Art und Weise hergestellt – z.B. Zitat oder Anspielung. In Bezug auf den Text Diclofenac Genericon stehen viele andere Texte. Auf einer Seite sind es alle Texte derselben Textsorte – alle anderen Packungsbeilagen. Die Verbindung zu ihnen entsteht durch die Form, die sie alle gemeinsam haben. Bei dieser Textsorte wiederholen sich oft ganze Sequenzen; häufig sind es Vorspanntexte wie: Liebe Patientin, lieber Patient! Bitte lesen Sie folgende Gebrauchsinformation aufmerksam, weil sie wichtige Informationen darüber enthält, was Sie bei der Anwendung dieses Arzneimittels beachten sollen. Wenden Sie sich bei Fragen bitte an ihren Arzt oder Apotheker. Auf der anderen Seite sind es Texte über die Erkrankung, an die der Patient leidet und die er bereits kennt (aus Zeitschriften, Büchern, Flugblättern, Gesprächen mit dem Arzt o.Ä.). Die genannten Kriterien fungieren als konstitutive Prinzipien, d.h. sie bestimmen und erzeugen die als Textkommunikation bestimmbare Verhaltensform. Es sind definitorische Merkmale des Textes, seiner Texthaftigkeit und ihre Relevanz für den Text ist natürlich nicht gleichmäßig. Neben diesen gibt es noch regulative Prinzipien, die die Textkommunikation kontrollieren. Die wichtigsten regulativen Prinzipien sind: Effizienz, die vom möglichst geringen Grad an Aufwand und Anstrengung der Kommunikationsteilnehmer beim Gebrauch des Textes abhängt. Sie trägt zur Verarbeitungsleichtigkeit bei. Effektivität hängt davon ab, ob der Text einen starken Eindruck hinterlässt und günstige Bedingungen zur Erreichung eines Ziels erzeugt. Sie bedarf also der Verarbeitungstiefe. Angemessenheit ist die Übereinstimmung eines Textes zwischen seinem Kontext und Art und Weise, wie die Kriterien der Textualität aufrecht erhalten werden. - 13 In unserem Fall ist der höchste Grad der Zuverlässigkeit der Fachkommunikation unter den Nicht-Fachleuten angestrebt. Man strebt sozusagen die absolute Kontrolle über die Textkommunikation bzw. Textrezeption durch unterschiedliche Textrezipienten an. Mit der Unterschiedlichkeit wird ihre unterschiedliche Ausbildung, Vorverständnis, aber auch die Fähigkeit, Texte korrekt zu rezipieren usw. gemeint. (vgl. Kapitel 1.2.) Konzepte der Textkohärenz: Ein wichtiges Modell ist von J.A. Greimas in seiner „Sémantique structurale“ ausgearbeitetes Isotopiekonzept. Es bildet eine Art Zwischenstufe zwischen einer kohäsionsorientierten und einer kohärenzorientierten Textanalyse. Greimas geht bei seinem Konzept aus dem semantischen Gesichtspunkt aus. Auf dieser Ebene verlässt die Konzeption die oberflächen-orientierte Ebene der Kohäsion und untersucht Kohärenzphänomene. Das Isotopiekonzept greift auf die Prinzipien der Rekurrenz und der Substitution zurück (vgl. Kapitel 3.1.1.), obwohl nicht mehr materiell (sprachliches Material) bzw. es untersucht nicht mehr referenzidentische sprachliche Elemente. Das Konzept der Isotopie arbeitet „unterhalb“ der Wortebene, wobei es auf die Semanalyse (Annahme der Zerlegbarkeit von Wortbedeutungen in eine Menge einzelner semantischen Merkmale) zurückgreift. Die textverknüpfende Wirkung der Rekurrenz (der Wiederaufnahme) wird also nicht an ganzen Wortbedeutungen festgemacht, sondern an einzelnen semantischen Merkmalen. Als Grundannahme gilt, dass sich die Wortbedeutungen über die Satzgrenzen hinweg zu Komplexen verbinden. Diese textsemantischen Komplexe werden als Isotopieebenen bezeichnet, wobei der Text über mehrere solche Ebenen verfügen kann. Konzept der Präsuppositionen erfasst und erklärt die Funktion von aussersprachlichen Wissensbeständen (mehr zum Wissen im Kapitel 1.2.) bei der Konstruktion von Textkohärenz. Präsupposition bedeutet eine Voraussetzung, die einer Äußerung zugrunde liegt. Das Konzept unterscheidet zwei Typen von Präsuppositionen: a) Gebrauchsgebundene Präsuppositionen (Pragmatische P.) Die Wissensbestände und Alltagserfahrungen sind nicht sprachlich formuliert, aber sind durch den Text vorausgesetzt (und meist problemlos mitverstanden). „Gebrauchsgebunden“ sind sie deshalb, weil sie einem sprachlichen Ausdruck nicht grundsätzlich anhaften, sondern sich erst aus dem Gebrauch, den man von einem sprachlichen Ausdruck macht, ergeben. Diese werden im Normalfall erst dann expliziert, wenn der Kommunikationspartner Verständnisprobleme hat. - 14 Bsp. Bewahren sie unzugänglich für Kinder! Solche Anweisung aus der Packungsbeilage ist problemlos verständlich, obwohl das Wort „das Arzneimittel“ elidiert wurde; man weiß, dass Arzneimittel für Kinder große Gefahr bedeuten können, falls sie sie ohne Aufsicht eines Erwachsenen einnehmen. Die kohärenzbildende Funktion solcher Präsuppositionen ergibt sich daraus, dass zwei im selben Text ausgedrückte, syntaktisch und inhaltlich aber nicht direkt miteinander verbundene Sachverhalte aufgrund von Präsuppositionen (also sozusagen über gedankliche Zwischenschritte, die im Text nicht realisiert sind) in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden können. b) Zeichengebundene Präsuppositionen Sie lassen sich ihrerseits wiederum in zwei Gruppen unterteilen: ba) Referentielle Präsuppositionen Diese Gruppe ist an die Form des sprachlichen Ausdrucks gebunden und kommt meist auf der Satzebene zum Tragen. Ausgelöst werden sie z.B. durch Verwendung des bestimmten Artikels undoder durch die Setzung von definierenden Attributen. Bsp. Gelo Meer Nasenspray wird zur unterstützenden Behandlung bei verstopfter Nase angewandt. Wer diesen Satz äußert, macht damit auch die referentielle Präsupposition: „Die Nase kann verstopft sein.“. bb) Semantische Präsuppositionen Dieser Typus ist an die Semantik einzelner Wörter oder Ausdrücke gebunden. Es handelt sich um eine Art nicht direkt ausgesprochener, aber mitgemeinter Bedeutung. Bsp. Es reinigt und befeuchtet Ihre Nasenschleimhaut. Die Bedeutung von „reinigen“ schließt die Tatsache ein, dass etwas „verunrenigt, schmutzig“ ist; und „befeuchten“ wiederum die Tatsache, dass etwas „trocken“ ist. Man kann sagen, dass zeichengebundene Präsuppositionen uns etwas wie „verdeckte Rekurrenz“ bzw. „verdeckte Substitution“ ermöglichen und so zur Kohärenz beitragen. (Linke et al. 1996: 223) Im Gegensatz zu den gebrauchsgebundenen (pragmatischen) Präsuppositionen sind sie direkt an den materiell gegebenen Text gebunden. Wenn Textrezipient und Textproduzent über dasselbe Weltwissen, denselben Erfahrungsschatz usw. verfügen, ist es für Textrezipienten problemlos, die vom Produzenten gemachten gebrauchsgebundenen Präsuppositionen im Verlauf des Verstehensprozesses zu ergänzen. Nun gibt es natürlich auch den Fall, wo dem Textrezipienten das nötige Wissen fehlt. Mit dieser Situation muss der Textproduzent rechnen und sich bemühen, Missverständnisse zu vermeiden – vor allem auch in dem hier analysierten Fall, bei Packungsbeilagen von Arzneimitteln. - 15 Aus der Psychologie wurden in die Textlinguistik Konzepte von „frame“ und „script“ importiert. Man versucht, die Verbindung zwischen dem Weltwissen bzw. Handlungswissen mit den in einem Text sprachlich vermittelten Informationen nachzuvollziehen. Im Unterschied zu Präsuppositionen, die man als eine Art „unsichtbarer Kettenglieder“ (Linke et al. 1996: 235) betrachten kann, mit denen Sätze verbunden sind, bilden die Wissensbestände eine Art Vorlage, die verschiedene Begriffe und Aussagen innerhalb des fortlaufenden Textes dadurch verbindet, dass sie in die Vorlage eingesetzt werden können: die Textbezüge kommen hier also nur dann Zustande, wenn auf der „Welt“-Ebene (als Gegensatz zu „Text“-Ebene) ein gemeinsamer Sachbezug gefunden werden kann. Man unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Formen: a) „Frames“ (Rahmen) sind Wissensbestände, die eher statisch organisiert sind. Sie sind als Wissenskomplexe dem als „Weltwissen“ eingeführten Bereich verpflichtet und man kann sie oft durch ein einzelnes Konzept bezeichnen. Bsp. ApothekeApotheker, Regale, Medikamante, Apotheker, Kosmetika, Beratung usw. b) „Scripts“ (Szenen) sind Wissensbestände, die eher prozessual organisiert sind, d.h. einschließlich des Wissens darüber, wie bestimmte Prozesse verlaufen. Bsp. Apothekeman wartet, bis man an die Reihe kommt, man zeigt dem Apotheker das Rezept, er sucht das Medikament aus, gibt Anweisungen, man darf Fragen stellen, man muss das Medikament bezahlen usw. Dies ist ein bestimmtes „Apotheke-Script“ mit Rollen für den Apotheker und die Kunden. Dafür, dass wir eine Reihe von Sätzen als kohärent empfinden (und im Endeffekt, diese Reihe von Sätzen als einen Text akzeptieren können), ist das Vorhandensein von Textthema eine wichtige Voraussetzung. Mit dem Thema ist etwas wie Kerngedanke gemeint, den man dem Text als Ganzem zuordnet, etwas wie inhaltlich-semantische Leitlinie des Textes. Das Thema wird am häufigsten durch Setzen eines entsprechenden Titels am Anfang des Textes signalisiert. Das Hauptthema eines Textes wird meist in mehreren verschiedenen Subthemen realisiert, die dem Hauptthema zu- bzw. untergeordnet sind. Von den Subthemen sind Nebenthemen zu unterscheiden, die dem Haupt-Subthema beigeordnet sind, oft nur rein assoziativ. Die Fragen: Was ist das Thema des Textes? Wovon handelt der Text? weisen auf einen engen Bezug zwischen Textthema und Referezebene des Textes hin. Dies zeigt sich auf der Ebene der Kohäsion: wovon der Text handelt, muss wiederholt referiert werden – Rekurrenz und Substitution sind in diesem Falle ausdrucksseitige Korrelate der Themenkonstruktion. - 16 Die s.g. Vernetzungsmuster bauen auf der Annahme auf, dass der Textrezipient die Informationseinheiten, die ihm ein Text in linearer Anordnung bietet, mithilfe derselben Deutungsmuster strukturiert und ordnet, die er bei der sinnlichen Wahrnehmung der Welt anwendet. Die reihend-lineare Anordnung der Textelemente ist immer durch ein Netz von Relationen (räumliche, situative, sachlich-thematische Vernetzung) unterlagert. Man unterscheidet gewöhnlich drei Grundformen von Vernetzungsmustern: a) Koordinierung (dominiert in beschreibenden Texten) Das typische Kohäsionssignal wäre „und“, das natürlich nicht realisiert werden muss. (zur Untersuchung von Konnektiven vgl. Kapitel 3.1.2.) b) Chronologisierung (dominiert in erzählenden Texten) Das dazugehörende prototypische Kohäsionssignal wäre das „und dann...und dann....und dann...“ Zur Realisierung werden verschiedene Tempora und temporale Konjunktionen verwendet. (zur Untersuchung von Tempora vgl. Kapitel 3.1.2.) c) Konklusivität (dominiert in argumentativen und erklärenden Texten) Der letzte Vernetzungstyp geht auf das Deutungsmuster der Kausalbeziehung zurück. Zentral ist die Ursache-Wirkung- bzw. Grund-Folge-Beziehung, im weiteren Sinne gehören hierher aber auch Beziehungen von Finalität, Konditionalität, Konzessivität. Das prototypische Signal ist das „weil“. Dieses Muster ist in gewisser Weise auf dem Prinzip der Chronologisierung gebaut: Basis der kausalen und konditionalen Verknüpfungen sind nämlich Beziehungen der Vor- und Nachzeitigkeit. 1.1. Produktion des Textes Jeden Text, bzw. jede Textsorte kennzeichen gewisse Besonderheiten bei der Textproduktion und Textrezeption. Ich halte für sinnvoll, an dieser Stelle diese Besonderheiten bei den Packungsbeilagen ausführlicher zu behandeln, um die ganze Kommunikationssituation besser aufzufassen. Die Textproduktion im Allgemeinen, bei Texten verschiedener Art, können sinnvollerweise folgende Phasen (nach de BeaugrandeDressler 1981: 42-45) konstituieren: Planung (der Textproduzent hat die Absicht, mittels des Textes irgendein Ziel zu verfolgen, z.B. sein Wissen weiterzugeben), Ideation (Abbilden einer Planstruktur auf eine Idee), Entwickung (Ideen werden erweitert, näher bestimmt, ausarbeitet, untereinander verbindet), Ausdruck (der bisher angewachsene Inhalt wird weitergegeben) und grammatische Synthese (Ausdrücke werden in grammatische Abhängigkeiten gebracht und in linearer Form im Oberflächentext angeordnet). Diese Phasen laufen natürlich nicht immer linear ab. - 17 Im Zusammenhang mit der Produktion des Textes ist der Aspekt der Pragmatik bzw. der Sprechakttheorie zu betonen. Ich will also nicht die Produktion im Sinne der strukturellen Bildung von Sätzen und Texten behandeln, sondern mehr die Produktion mit dem Hintergedanken der Verwendungsweise korrekt gebildeter Sätze in den angemessenen Kontexten und der künftigen Rezeption. Diese Kompetenz der korrekten Satzbildung wird als pragmatische Kompetenz bezeichnet. (Im Unterschied zur grammatischen Kompetenz.) Bereits an dieser Stelle muss ich anmerken, dass sich die vielfältigen Faktoren, die dem korrekten Gebrauch von Sätzen zugrunde liegen, nur sehr schwer systematisieren lassen, geschweige denn auf universelle Prinzipien unserer kognitiven Ausstattung zurückführen. Die Vielfalt der Fragestellungen und Probleme im Rahmen der Pragmatik führte zur Ausbildung von unterschiedlichen Konzepten. Am bekanntesten ist bestimmt die Pragmatik als die Theorie des sprachlichen Handelns. Sie grenzt an die Bereiche Sprechakttheorie, Theorie der konversationellen Implikaturen, Präsuppositionstheorie und Konversationsanalyse. Näher gehe ich an dieser Stelle auf die Theorie der Sprechakte ein. Gegenstand der Sprechakttheorie Die Sprache dient nicht nur dazu, die Welt zu beschreiben, d.h. die Sprache hat außer der deskriptiven auch die nicht deskriptive Funktion. Mit jedem Satz, Äußerung können gleichzeitig mehrere Arten von sprachlichen Handlungen vollzogen werden. Bsp. Enalpril „Genericon“ darf bei beidseitiger Einengung der Nierenschlagadern nicht angewendet werden. Diese Äußerung kann lediglich als eine Mitteilung oder als Warnung gelten. Die Bedeutung von sprachlichen Äußerungen liegt nämlich in ihrem Gebrauch und in der kommunikativen Absicht des Produzenten. Dieser Handlungsaspekt sprachlicher Äußerungen bildet den Gegenstand der von J.L. Austin (1962) entwickelten und von J.R. Searle (1969) fortgeführten Sprechakttheorie. Unterscheidung performativ und konstativ Im Rahmen seiner Theorie unterscheidet Austin zwei Arten von Äußerungen. Bsp. „Ich verspreche dir, dass ich die Tabletten für dich besorge.“ ist nach Austin eine performative Äußerung. Von den konstativen Äußerungen werden sie durch zwei Merkmale abgegrenzt, nämlich: -dass sie den Vollzug der Handlung darstellen und -dass sie weder wahr, noch falsch sind. Einige Äußerungen sind dabei explizit performativ, wie das obengenannte Beispiel („Ich verspreche...“), den Gegensatz bilden primär (implizit) perfomative Äußerungen. („Ich besorge die Tabletten für dich.“) - 18 Bsp. 1 Tablette enthält 5mg Enalprilmealeat. ist demgegenüber eine konstative Äußerung. Mit der performativkonstativ-Distinktion hat Austin den Blick auf die Tatsache gelenkt, dass mit sprachlichen Äußerungen Handlungen vollzogen werden. Die Sprechakte Mit der Äußerung 1 Kapsel enthält 100mg Eucalyptusöl. spricht man einen Satz der deutschen Sprache aus und sagt damit, dass 1 Kapsel 100mg Eucalyptusöl enthält. Dieser Akt des Etwas-Sagens heißt lokutionärer Akt. Das, was im lokutionären Akt gesagt wird, kann man in einer bestimmten Weise gebrauchen. Mit der obigen Äußerung kann man jemanden vor der Annahme der Tablette warnen (wenn er gegen Eucalyptusöl allergisch ist), man kann ihn informieren, oder ihm dieses Mittel empfehlen. Ergebnis dieses Aktes ist, dass eine Äußerung eine bestimmte illokutionäre Rolle (z.B. Warnung, Rat, Empfehlung) besitizt. Welche das jeweils ist, hängt davon ab, welche Äußerung in welcher Situation gemacht wird. Äußerung 1 Kapsel enthält 100mg Eucalyptusöl. stammt aus einer Packungsbeilage, aus dem Absatz mit dem Untertitel „Zusammensetzung“. Aus diesem Kontext weiß der Rezipient, dass es sich höchstwahrscheinlich bloß um eine Mitteilung handelt. (Ein Allergiker interpretiert das natürlich als eine Warnung.) Selbstverständlich sind die Grenzen zwischen den einzelnen Rollen eher fließend als fest. Um die illokutionäre Rolle zu bestimmen, dienen dem Rezipienten verschiedene illokutionäre Indikatoren wie Wortfolge, Betonung, Interpunktion, der Modus des Verbs, explizit performative Formeln, performative Verben u.a. Hat eine Äußerung einen bestimmten kausalen Effekt, so vollzieht man mit ihr noch einen perlokutionären Akt. Diese Akte sind bei unseren analysierten Texten, bei Gebrauchsanweisungen – Packungsbeilagen von besonderer Bedeutung. Perlokutionäre Akte wie z.B. jemanden von etwas abhalten, ihn zu etwas überreden, ihn von etwas überzeugen; hat man also erst dann vollzogen, wenn auf seiten der Rezipienten gewisse Wirkungen eingetreten sind. Lokutionärer Akt: Die Wirkungen anderer Arzneimittel können deshalb abgeschwächt undoder gekürzt werden. Von Cineol, dem Hauptbestandteil von Eucalyptusöl, sind solche Wirkungen auf Antiepileptika sowie auf Schlaf- und Schmerzmittel (Barbiturate, Pyrazolone) bekannt. Illokutionäre Rolle, illokutionärer Akt: Informieren, Warnen. Perlokutionärer Akt: XY, der seit Jahren starke Schlafmittel einnimmt, weiß, dass Aspecton®Eukaps für ihn nicht geeignet ist und wird ihn auch nicht einnehmen. - 19 Klassifikation von Sprechakten Die ursprüngliche Klassifikation von Sprechakten von Austin wurde nach Searle so bearbeitet, dass er zu folgenden Grundkategorien illokutionärer Akte gelangt (Graewendorf 1996: 393f.): -Repräsentativa (Assertive) wie behaupten, feststellen, beschreiben, sind durch den illokutionären Zweck gekennzeichnet, den Produzenten darauf festzulegen, dass etwas bestimmtes der Fall ist, dass also eine Proposition wahr ist. Der ausgedrückte psychische Zustand ist die Überzeugung, dass etwas Bestimmtes der Fall ist. -Direktva wie befehlen, auffordern, erlauben, raten, haben die illokutionäre Kraft, einen Rezipienten dazu zu bringen, etwas zu tun. Der ausgedrückte psychische Zustand ist der Wunsch. -Kommisiva wie versprechen, ankündigen, drohen, haben den illokutionären Zweck, den Produzenten auf einen zukünftigen Handlungsverlauf bzw. ein zukünftiges Verhalten festzulegen. Der ausgedrückte psychische Zustand ist eine Absicht. -Expressiva wie danken, gratulieren, sich entschuldigen, haben den illokutionären Zweck, zu einem (in dem propositionalen Gehalt angegebenen) Sachverhalt eine psychische Einstellung auszudrücken. Die ausgedrückten psychischen Zustände varieren. -Deklarativa wie den Krieg erklären, heiraten, kündigen sind fast durchweg an die Existenz außersprachlichen Institutionen gebunden. Das Besondere dieser Klasse illokutionärer Akte ist, dass der erfolgreiche Vollzug eines deklarativen illokutionären Aktes die Übereinstimmung zwischen propositionalem Gehalt und Realität herstellt. Bei den fachbezogenen Vermittlungstexten, bei Packungsbeilagen, haben wir v.a. mit den Direktiva (Halten sie sich daher genau an die Anweisungen Ihres Arztes, verständigen sie ihn sofort, wenn es zu den beschriebenen Beschwerden kommt.) und Repräsentativa zu tun (Gelo Meer® wird aus dem Meer gewonnen. Es enthält wichtige Spurenelemente und Mineralstoffe wie Magnesium, Kalium und Kalzium, denen die Schleimhaut schützende und antientzündliche Wirkung zugesprochen wird.). 1.2. Rezeption des Textes, Verstehen und Wissen Die Rezeption eines Textes „beruht primär in der Erkennung seines Inhalts, der sich aus der grammatischen und der referentiellen Tiefenstruktur und dem von der Illokutionsstruktur abhängigen Sinn ergibt.“ (Dolník/Bajzíková 1998: 100) Das Verstehen eines Textes fordert aber bestimmt mehr als die textgrammatische und textsemantische Struktur liefert – die Einheiten des lexikalischen Wissens, die - 20 Bedeutungen sind unterdeterminiert und sie enthalten nicht die vollständigen Informationen über die bezeichnete Entität. Im Text müssen sie daher durch Komponenten des gespeicherten Weltwissens vom Rezipienten ergänzt werden. Der Prozess des Verstehens ist also kognitiv und prozedural: durch die textsemantische Struktur werden im Rezeptionsvorgang verschiedene Wissensbestände aktiviert, die den Rezipienten dazu befähigen, das Textverständnis zu erreichen. Das, was der Autor mit seinem Text meint, und das, was der Rezipient versteht, ist aber niemals deckungsgleich. In der Hermeneutik spricht man von der hermeneutischen Differenz. Sie hängt damit zusammen, dass das Vorverständnis (siehe unten) auf eigenen Erfahrungen beruht und dadurch sehr individuell ist. Wir können auch sagen, dass wir bei der Rezeption mit bestimmten „Textlöchern“ zu tun haben, die im Normalfall ohne besondere Anstrengungen durch den Rezipienten ausgeglichen werden. Von den Produzenten einer Packungsbeilage wird angestrebt, Texte mit möglichst geringer Anzahl solcher „Löcher“ zu produzieren. Eine spezifische Situation entsteht u.a. dann, wenn ein Fachtext von einem Laien rezipiert wird – dann ist dieser Text voll von „Löchern“, die ein Fachmann demgegenüber übehaupt nicht als „Löcher“ wahrnehmen würde. Bsp. Man zählt die Schwangerschaft stets vom 1. Tag der letzen Menstruation an und rechnet dann mit einer Tragzeit von 10 Schwangerschaftsmonaten. Ein Laie kann sich die Frage stellen, was der „Schwangerschaftsmonat“ ist. Der Fachmann weiss, dass 1 Schwangerschaftsmonat 28 Tage dauert. Die Wissenslücke entstand in diesem Falle durch die Unkenntnis des Terminus technicus. Die Textsorte Beipackzettel von Medikamenten kennzeichnen verschiedene Strategien des Produzenten zur Sicherung der Verständlichkeit. Für solche verständnissichernde Verfahren können wir Eindeutschung und umschreibende Ersetzung medizinischer Fachwörter halten. Die formale Darstellung erfolgt zumeist in runden Klammern. Bei den genannten Verfahren handelt es sich vornehmlich um die Prinzipien der fachsprachlichen Übersetzung, Spezifizierung, Explikation, Klassifizierung und Konkretisierung. Eines der Konzepte, das die Verknüpfung von Weltwissen und Handlungswissen mit den im Text sprachlich vermittelten Informationen nachzuvollziehen versucht, ist die „frame und script“-Theorie, die bereits im Kapitel 1. behandelt wurde. Wissen unterschiedlicher Art wird nicht nur bei der Rezeption, sondern schon bei der Produktion des Textes aktiviert. - 21 Wissensbestände, von denen das Textverstehen abhängt, sind entweder sprachlicher Art (mit Komponenten Grammatik und Lexikon) oder sind sie aussersprachlich. Obwohl die außersprachlichen Wissensbestände und das gemeinsame Weltwissen nicht das Hauptthema dieses Kapitels darstellen , halte ich für relevant, sie an dieser Stelle kurz zu skizzieren. Auch bei dieser Klassifikation handelt es sich nicht um wohldefinierte und eindeutig voneinander abgrenzbare Bereiche. Weltwissen ist die allgemeinste und umfassendste Kategorie. Sie umfasst unterschiedliche Wissensinhalte wie Alltagswissen (was eine Tablette ist , was alles wir in einem Krankenhaus finden...), individuelles Erfahrungswissen, aber auch Bildungsund Fachwissen sowie Kulturwissen. Art und Umfang dieses Wissens, das einem Menschen zur Verfügung steht, ist nämlich eng mit der Kulturgemeinschaft und mit der sozialen Gruppe verbunden, in der er aufgewachsen ist bzw. in der er lebt. Das gemeinsame Charakteristikum dieser verschiedenen Wissensbestände liegt darin, dass es sich immer um eine Art von „Inventar“-Wissen, oder Objekt-Wissen handelt. Man spricht oft vom enzyklopädischen Wissen. Handlungswissen stimmt ungefähr mit dem „script“-Konzept überein. Es ist also v.a. prozessual orientiertes Wissen. Dieses befähigt uns auch dazu, bestimmte Handlungen unserer Kommunikationspartner zu erwarten. Es umfasst oft ganze Handlungskomplexe und ist kulturell geprägt. Z.B. – wenn ich eine Medikamentenpackung öffne und dort einen Zettel finde, weiss ich, dass es sich um eine Packungsbeilage handelt, die für mich – den Patienten bestimmt ist. Dieses Wissen (diese Erkenntnis), erlaubt mir, die einzelnen inhaltlichen Bausteine als auch die Gesamtheit des Textes unter dieser Perspektive zu interpretieren und zu verstehen. In diesem Sinn ist Handlungswissen eine der wichtigen Vorausetzungen dafür, dass ich den „Handlungswert“, den ein Textproduzent mit seinem Text verbindet, korrekt einschätzen kann, auch wenn mir die betreffende Person und ihre persönlichen Intentionen und Handlungsmotive nicht näher bekannt sind. Konzeptuelle Deutungsmuster beziehen sich auf einen relativ eng gefassten Wissensbestand, der sowohl als Teilbereich als auch Voraussetzung unseres Weltwissens betrachtet werden kann. Angesprochen sind diejenigen Interpretationsmuster, die unsere alltägliche Wahrnehmung von Welt steuern bzw. strukturieren und die es uns erlauben, verschiedene Tatbestände, Sachverhalte oder Ereignisse als in einer bestimmten Art und Weise aufeinander bezogen zu verstehen. Es lassen sich drei Grundmuster konzeptueller Deutung unterscheiden: - 22 a) Koordinative Beziehung (hängt mit der textuellen Vernetzung durch Koordinierung zusammen, vgl. Kapitel 1.) b) Temporale Beziehung (hängt mit der textuellen Vernetzung durch Chronologisierung zusammen, vgl. Kapitel 1.) c) Kausale Beziehung (hängt mit der textuellen Vernetzung durch Konklusivität zusammen, vgl. Kapitel 1.) Alles Wissen, das sich der Mensch aneignet, wird ständig als eine Brücke verwendet, um neues Wissen hinzuzufügen. Wenn eine Wissenseinheit im s.g. „aktiven Speicher des Gedächtnisses“ (de BeaugrandeDressler 1981: 93) aktiviert wird, so werden andere im Speicher eng verbundene Elemente ebenfalls aktiv. Dieses Prinzip nennt man Aktivierungsverbreitung. Bei der Rezeption ermöglicht diese Aktivierungsverbreitung, ausführliche Assoziationen zu bilden, Voraussagen zu treffen, Hypothesen aufzustellen, gedankliche Vorstellungen zu entfalten usw., all das freilich weit über die Aussagen des Oberfächentextes hinaus. Wenn wir über Wissen sprechen, dürfen wir nicht eine der bedeutendsten geisteswissenschaftlichen Methoden – die Hermeneutik auslassen. Hermeneutik setzt sich das Ziel, den Sinn von Texten aus ihrem jeweiligen Zusammenhang zu verstehen. Das Wissen, die Erfahrungen, die sich ein Mensch bereits aneignet hat, sind bei der Rezeption eines unbekannten Textes in seinem Bewusstsein und er ist von diesen Erfahrungen beeinflusst. Diesen Hintergrund nennt man das hermeneutische Vorverständnis und es bildet den ersten Schritt zum Verstehen des Textes. Bei der Auseinandersetzung mit dem Text verschmilzt das eigene Vorverständnis mit der eigentlichen Bedeutung des Textes. Wichtig ist die Tatsache, dass der Rezpient bereit sein muss, sich mit seinem Vorverständnis auseinander zu setzen und es zu überprüfen. Je nachdem muss man dann falsche Vorstellungen korrigieren und so kommt es zu einer Vertiefung des eher subjektiven Vorveständnisses, man gelangt zu einem noch erweitertem Vorverständnis. 1.3. Klassifizierung von Texten Bei der Behandlung von Texten gelangt man spontan an die Frage ihrer Kategorisierung und Zuordnung einer bestimmten Gruppe gleichartiger Texte. Solche Gruppen gleichartiger Texte bezeichnet man als Textsorten. Texte einer solchen Gruppe zeichnen sich durch bestimmte Bündel von definitorischen Merkmalen aus. Im Rahmen der textlinguistischen Forschung ist bisher noch nicht gelungen, eine einheitliche - 23 Textsortenklassifikation zu erstellen und es besteht auch noch kein textlinguistischer Konsens darüber, nach welchen Verfahren die Zuordnung eines Textes zu einer Textsorte genau erfolgen müsste. Im allgemeinen ist es sinnvoller, die Kriterien zu benennen, nach denen man sich jeweils Übersicht verschaffen möchte. (Obwohl in den bereits existierenden Bezeichnungen der Textsorten die Kriterien – textinterne mit textexternen – oft vermischt werden...) Klassifikationskriterien für die Textsorten sind sehr heterogener Natur. Sie können in zwei große Gruppen geteilt werden: Textinterne Kriterien, wie: lautlich-paraverbale (bzw.graphische) Ebene (z.B. Spezifika der Nachrichten im Rundfunk, Maschinenschrift, Handschrift), Wortwahl, Art und Häufigkeit von Satzbaumustern (z.B. Nominalkonstruktionen, Partizipialgefüge), Themenbindung und Themenverlauf, das Thema selbst, Textstrukturmuster (textsortenspezifische Gliederungs- oder Baustruktur, oft als Makrostruktur bezeichnet) u.a. Textexterne Kriterien, wie: Textfunktion, Kommunikationsmedium, das den Text „trägt“ (z.B. Telefonanruf, Brief), Kommunikationssituation, in die ein Text eingebettet ist u.a. Obschon die Klassifikationen nicht einheitlich sind, werden oft bei den Textsortenanalysen und Hierarchiebildungen „Textklassen“ (Grossgruppen) von „Textsorten“ (Untergruppen) abgegrenzt. Auch die Bezeichnung „Texttyp“ kommt vor, so das theoretisch eine terminologische Dreiordnung Texttyp Textklasse Textsorte möglich ist, in unserem Fall dann: Anleitungstext Gebrauchsanweisung Packungsbeilage. Bei dieser Klassifikation wurden textexterne Kriterien berücksichtigt. Einige etablierte Textsorten können nach ihrer Funktion definiert werden. (de BeaugrandeDressler 1981: 190) Deskriptive Texte dienen zur Auffüllung von Wissensräumen. Hier würde am häufigsten das globale Muster des Rahmens („frame“) angewendet werden, was auch für instruktive Texte wie Packungsbeilagen gilt. Narrative Texte ordnen Handlungen und Ereignisse in einer bestimmten sequentiellen Reihenfolge an. Argumentative Texte fördern die Annahme oder die Bewertung von bestimmten Ideen und Überzeugungen. 2. Fachsprache, Fachtext und fachsprachliche Kommunikation In diesem Kapitel nehmen wir die verschiedenen Aspekte der Fachkommunikation im Allgemeinen und in der Medizin unter die Lupe, um sich des Unterschiedes zu - 24 anderen (nicht-fachlichen) Bereichen bewusst zu werden. Die von uns behandelten Texte gehören nämlich in den Bereich der Fachtexte – zu den fachbezogenen Vermittlungstexten. Die letzten Jahrzehnte verzeichnen ein wachsendes Interesse der Linguistik an Problemen der fachsprachlichen Kommunikation. Es erklärt sich zum Teil aus der Rolle, die Wissenschaft und Technik im gesellschaftlichen Leben spielen. Die gegenwärtige Fachsprachenforschung ist kommunikativ-funktional orientiert, d.h. vor allem die Fragen des Fachsprachengebrauchs unter den sozialen und kommunikativen Bedingungen rücken in den Mittelpunkt des Interesses. Die Grundlage für die kommunikativ orientierte Betrachtung von Fachsprachen bildet die Definition von Fachsprache von L.Hoffmann (1976: 170): „Fachsprache – das ist die Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung zwischen den in diesem Bereich tätigen Menschen zu gewährleisten.“ Diese Definition berücksichtigt aber den Vermittlungsbereich nicht, von dem u.a. Hess-Lüttich spricht (siehe unten). Die Auffassung, dass die Sprache den Charakter eines Handlungsinstruments hat und als eine Tätigkeit in komplexe Tätigkeitszusamenhänge integriert ist, ist in der Linguistik allgemein anerkannt. Produkte dieser sprachlich-kommunikativen Tätigkeit sind Texte. Im Zusammenhang mit der Fachsprache ist ein Fachtext Manifestation von Fachsprache und Produkt der Fachkommunikation. Die Fachlichkeit des Textes kann man am Redeuniversum festmachen, auf das der Text verweist. Den Fachtexten entspicht das Fachwissen jeweiliger Autoren. Es ist aber auch zu bedenken, welche wichtige Bedeutung die fachexterne Kommunikation im Alltag gewinnt. Die Folge davon ist eine Fülle fachlich vermittelnder Textsorten (wissenschaftliche Abhandlungen, Lexika, Gebrauchsanweisungen, Bedienungsanleitungen, Ratgeber...). Die Fachsprache darf natürlich nicht nur als eine gewisse Geheimsprache angesehen werden. Fachsprachliche Texte enthalten außer den fachsprachlichen Elementen nämlich stets gemeinsprachliche m.a.W. der Fachwortschatz einer Sprache wird gemeinhin als Subsystem des Gemeinwortschatzes gesehen. Zwischen Fachsprache und Gemeisprache, über die alle Sprachteilhaber in annähernd gleicher Weise verfügen, gibt es aber keine feste Grenze: Fachsprachen machen von den lexikalischen und syntaktischen Mitteln der Gemeinsprache Gebrauch und diese wandelt sich unter dem Einfluss der Fachsprachen, insbesondere durch die Bereicherung ihres Wortschatzes. - 25 Nach Hess-Lüttich (Götze/Hess-Lüttich 1999: 625) unterscheidet man Ebenen fachsprachlicher Kommunikation, wenn derselbe Sachverhalt je nach Adressat oder Gesprächspartner verschieden ausgedrückt wird: a) Wissenschaftssprache, Theoriesprache: Wissenschaft (Der Arzt diagnostizierte „Diabetes mellitus“.) b) fachliche Umgangssprache, Werkstattsprache: Praxis (Der Arzt teilt der Krankenschwester die Diagnose mit: „Altersdiabetes“.) c) Verteilersprache, Werbesprache: öffentliche Information (Der Arzt teilt dem Patienten die Diagnose mit: „Zucker“.) Eine andere Gliederung nach demselben Autor unterscheidet Stufen der Fachlichkeit je nachdem, ob Fachsprachen fachintern (zwischen zwei Wissenschaftlern einer Disziplin), interfachlich (zwischen zwei Experten verschiedener Disziplinen) oder fachextern (zwischen Experten und Laien) gebraucht werden. 2.1. Fachsprache der Medizin, medizinische Lexik In diesem Teil widme ich mich ausführlicher dem Bereich der medizinischen Lexik, da ich später die Wortbildungsprozesse analysieren werde. Die gegenwärtige Medizin ist ein sehr umfassender und in sich stark differenzierter Wissenschaftsbereich. Die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft ist durch einen kontinuierlichen Wissenszuwachs und eine höhere Qualität der medizinischwissenschaftlichen Erkenntnis charakterisiert. Als Indikator für den Wissensumfang kann der Umfang des Fachwortschatzes gelten. Insgesamt wird der medizinische Wortschatz einschließlich der Grenzgebiete auf 500 000 Termini geschätzt (Lippert 1978: 87). Da wissenschaftliche Erkenntnis und Information in einem engen Zusammenhang stehen, ist die Expansion der wissenschaftlichen Forschung mit quantitativen und qualitativen Veränderungen (v.a. im terminologischen System) und der Informationsentwicklung verbunden. Es sind Prozesse der Erweiterung des Fachwortschatzes, des Ersatzes veralterter Termini und damit verbundene Fragen der neuen Motivationsstrukturen im Benennungssystem. Die s.g. terminologisch relevante oder terminologisierte Lexik wird in der fachsprachlichen Literatur übereinstimmend als das eigenständigste, hervorstechendste Merkmal der Fachsprache angesehen. Die Fachlexeme sind die Hauptinformationsträger der fachlichen Kommunikation. Für alle Fachsprachen ist charakteristisch, dass sie einem nominalen gegenüber einem verbalen Ausdruck den Vorzug geben. Wir sprechen vom fachsprachlichen Nominalstil. - 26 Man unterscheidet die Fachwörter von den Fachtermini. Ein Fachwort erreicht den Status eines Terminus dann, wenn seine Bedeutung durch eine Definition genau festgelegt ist. Termini entstehen durch zwei Möglichkeiten: einmal sind Termini Neuschöpfungen wie Vitamin, Amputation, Ikterus usw. also vorher nicht bekannte Wörter; zum Zweiten werden zum Terminus bekannte und benutzte Wörter oder Wortzusammensetzungen der Gemeinsprache, die mit einer besonderen Bedeutung versehen werden – man spricht auch von ihrer fachspezifischer Neudefinition: Lösung in der Chemie, Tropfen in der Pharmazie, grüner Star in der Medizin, Verstopfung in der Medizin usw. Autoren sprechen bei der Neudefinition von der Wortbildung Einige durch Terminologisierung. Wiese erwähnt in ihrer „Fachsprache der Medizin“ alle Bereiche der medizinischen Lexik: die thematisch relevante Lexik der Medizin benenne Gegenstände, Zustände und Prozesse sowie deren Qualität und Quantität in Bezug auf eine bestimmte Norm. Die hauptsächlichsten medizinischen Kategorien nach Wiese sind: Körperteile und ihre Beschreibungen nach Organsystemen; Krankheiten und ihr prozesshafter Charakter, ihre Dauer und Intensität sowie Modifikationen nach Art und Verhalten; Syndrome, Symptome, d.h. Beschwerden des Patienten und Befunde; Untersuchungsmethoden und -verfahren; Operationsverfahren und -techniken; ärztliche Instrumente. Zum spezifischen Wortschatz der Medizin gehören auch Benennungen der wissenschaftlichen Disziplinen, der medizinischen Einrichtungen, des medizinischen Personals und des Patienten. Die medizinische Fachsprache ist durch eine große Bezeichnungsvielfalt gekennzeichnet, diese Erscheinung könnte sogar zu den charakteristischen Eigentümlichkeiten der medizinischen Terminologie gezählt werden. Die Entstehung dieser synonymen Benennungen ist durch die erkenntnistheoretische Funktion des Terminus bedingt und gehört zur normalen Entwicklung einer wissenschaftlichen Terminologie. Man darf auch behaupten, dass Mehrfachbenennungen durch unterschiedliche Gesichtspunkte des wissenschaftlichen Erkenntnisvorgangs und durch unterschiedliche Bewertung bestimmter Merkmale des bezeichneten Sachverhaltes verursacht sind. Der medizinische Wortschatz besteht aus lateinischen und griechischen Wörtern und Wortelementen (Endaglitis obliterans, Asthma bronchiale, Typhus abdominalis), aus muttersprachlichen Fachlexemen (Starrkrampf, Mittelohrentzündung, Hirngeschwulst) sowie aus Fachlexemen, die verschiedenen Sprachen entlehnt wurden (Fratzke 1980: 10ff.). Für die Gegenwart sind direkte Übernahmen oder Lehnübersetzungen aus dem - 27 Englischen charakteristisch („Restless Legs-Syndrom“, zweidimensionale „real-time“ Echokardiographie, „cross-sectional-real-time-System“ Technik). Vielfach sind die Übernahmen aus dem anglo-amerikanischen Schrifttum ebenfalls lateinisch- griechischer Herrkunft. (Becher 1981: 222f. ) Eine Vielzahl medizinischer Termini sind Hybride, d.h. sie bestehen aus sprachlichen Elementen unterschiedlicher Herkunft („Killerzelle“, „non T non B-Zelle“, „Slow-Virus-Infektionen“, „Satelliten- Pankreatitis“). Dieser Problematik werde ich mich noch ausführlicher bei der Wortbildung im 4. Kapitel widmen. In der medizinischen Literatur werden entsprechend den formalsprachlichen Eigenschaften folgende Gruppierungen unterschieden (Porep/Steudel 1974: 7ff. ): Tabelle 1. Gruppierungen der medizinischen Termini 1. Termini technici - Appendicitis acuta Anaemia perniciosa 2. Eingedeutschte Termini - akute Appendizitis perniziose Anämie 3. Eingedeutschte Kurzbezeichnungen (s.g. Trivialbezeichnungen) - die Appendizitis die Perniziosa 4. Bezeichnungen der Allgemeinsprache (s.g. volkstümliche Bezeichnungen) - Blinddarmentzündung ø Diesen Gruppierungen Verwendungssphären. entsprechen V.a. die bestimmte volkstümlichen bevorzugte Bezeichnungen kommunikative dienen der Verständigung zwischen dem Fachmann und dem Laien. In den Packungsbeilagen werden oft die Lexeme aus den einzelnen Sphären kombiniert (z.B. eingedeutschter Terminus zur Bezeichnung einer zu behandelnden Erkrankung – Lungenemphysem mit reversibler Obstruktion – und volkstümliche Bezeichnung – Blählunge mit vorübergehend erhöhtem Atemwegswiderstand – als Synonym in Klammern), um den möglichst höchsten Grad der Verständlichkeit zu gewährleisten. In den medizinischen Texten liegt eine unterschiedliche Frequenz in Gebrauch der einzelnen Terminivarianten vor. Neben der gleichberechtigten Stellung von Varianten im Sprachgebrauch gibt es auch bevorzugte Verwendungen einer bestimmten Variante. Im gegenwärtigen medizinischen Sprachgebrauch nimmt der Gebrauch abgekürzter Formen (muttersprachlicher oder englischer), insbesondere der Gebrauch von Initialwörtern und Silbenwörtern zu. Diese Tatsache trägt zwar einerseits zur Rationalisierung der fachsprachlichen Kommunikation bei, andererseits ergeben sich aber aus dem Gebrauch von Kurzformen Probleme hinsichtlich der Verständlichkeit. - 28 (HA: Hämophilie A; HKK: Herz-Kreislauf-Erkrankungen; ARE, bzw. ARD: akute respiratorische Erkrankung, bzw. acute respiratory disease; SIDS: sudden infant death syndrome) Auch die Kurzwörter und Initialwörter werden weiter gründlicher im 4. Kapitel behandelt. Auf die syntaktischen Eigenschaften von der Fachsprache der Medizin gehe ich an dieser Stelle ausführlicher nicht ein. Ich erwähne nur kurz die typischen syntaktischstilistischen Merkmale, die für alle Fachsprachen charakteristisch sind: Nominalstil mit Abstrakta, Partizipialkonstruktionen, Genitivketten, Häufung von Verbalsubstantiven, Funktionsverbgefügen und Passivkonstruktionen (mit und ohne Agensausblendung). Die Fachtextsorte Beipackzettel von Medikamenten ist gekennzeichnet durch die Verwendung des medizinisch-pharmakologischen Fachwortschatzes, der aufgrund zahlreicher Fachgebiete wiederum in einzelne Teilfachsprachen zerfällt, und dessen Verflechtung mit Bezeichnungen und Strukturen der Gemeinsprache in fachlichen Handlungszusammenhängen. 2.2. Kommunikation in der Medizin Die Medizin als Wissenschaft ist sehr kompliziert und komplex. Als forschende Tätigkeit ist sie eng mit der gesellschaftlichen Institution Gesundheitswesen verbunden und diese Tatsache bedingt eine komplexe und stark differenzierte Kommunikationsstruktur des medizinischen Bereiches. H. Lippert (1979: 84) stellt in diesem Zusammenhang einen dreigliedrigen Schichtmodell dar. Er geht von folgenden Ebenen aus: a) wissenschaftliche Kommunikation im Bereich der theoretischen und der klinischen Medizin (Kommunikationspartner: Fachmann – Fachmann) b) Kommunikation des klinischen Alltags (Kommunikationspartner: Arzt – Arzt bzw. Arzt – mittleres medizinisches Personal) c) Kommunikation zwischen Arzt (bzw. medizinischem Personal) und Patient; Vermittlungsbereich zwischen medizinischer Wissenschaft und Gesellschaft. Dieses Modell stimmt mit den allgemeinen Ebenen Kommunikation nach Hess-Lüttich überein. (vgl. Kapitel 2.) der fachsprachlichen - 29 Die kommunikative Beziehung zwischen Arzt und Patient hängt u.a. wesentlich von der Fähigkeit des Arztes ab, wissenschaftliche Inhalte dem Verständnis des Patienten zugänglich zu machen. Doch existiert zwischen Arzt und Patienten eine Barriere in der Kommunikationssphäre. Diese Barriere hat gleich drei Aspekte: Sprachbarriere, Verständnisbarriere und Terminologiebarriere. Sie hängt mit dem Wesen der Fachkommunikation und sozialen Verteilung des Wissens zusammen. Die Distribution von Fachwissen nach außen – die fachexterne Kommunikation – bereitet praktische Probleme. Hoffmann erläutert: „Fachkommunikation ist an institutionell ausgegliederte, sich selbst in dieser Kommunikation reproduzierende Teilsysteme gebunden, und das Fachwissen bildet die Voraussetzung für die Teilnahme an solchen Kommunikation.“ (Hoffmann et al. 1998: 446) Obwohl der Patient den Gegenstand der medizinischen Untersuchung bildet, befindet er sich in diesem Fall außerhalb des Systems. Ähnliche Barrieren wie die in der täglichen Arzt-Patient-Kommunikation können auch beim Textverständnis entstehen, hier allerdings scheiden die Rückfragen von Patienten aus. Für den Rezipienten eines unbekannten Fachtextes kann es drei Arten praktischer Probleme geben, die sich v.a. an die Textsemantik binden : a) im Text kommen Ausdrücke vor, die der Rezipient nicht kennt; b) im Text kommen Ausdrücke vor, deren fachlichen oder terminologischen Wert der Rezipient nicht kennt, oder c) im Text kommen Ausdrücke vor, deren operationelen Beitrag zur fachlichen Wissensproduktion der Rezipient nicht vollziehen kann. Bei der Produktion einer Packungsbeilage stebt man an, alle erwähnten Situationen zu meiden. 2.3. Fachbezogene Vermittlungstexte, Packungsbeilagen Fachbezogene Vermittlungstexte wie Beipackzettel von Medikamenten sind Bestandteil unseres Alltagslebens. Sie gehören zu den fachlich vermittelnden Textsorten, d.h. sie sichern die fachexterne Kommunikation. Fachgeprägte Gebrauchstexte weisen fachsprachliche Erscheinungen auf, wie sie von reinen Fachtexten her bekannt sind. Am auffälligsten ist der Fachwortschatz. Dieser wird, wie in reinen Fachtexten, vornehmlich aufgrund referentieller Notwendigkeit, d.h. sachgesteuert, verwendet. Ein Grund dafür, dass auch Texte der Alltagskommunikation einen nicht unbeträchtlichen Anteil von Fachwortschatzelementen enthalten, besteht - 30 darin, dass die verschiedenen Lebensbereiche in wachsendem Maße fachlich erfasst bzw. verwaltet werden. Auch in textueller Hinsicht enthalten fachgeprägte Gebrauchstexte solche aus reinen Fachtexten bekannten Textbezeichnungen), Erscheinungen wie Textuntergliederungen, Deklarationsformen typographische (explizite Mitteln und aussersprachliche Mitteln. (vgl. Kapitel 2.3.3.) Der Beipackzettel bildet neben dem Gespräch mit dem Arzt oder Apotheker eine wesentliche Informationsquelle für den Patienten – den Rezipienten dieses Textes. Die ärztliche Aufklärung (es besteht die Aufklärungspflicht über die Arzneimitteltherapie durch den behandelnden Arzt) und die Packungsbeilage sollen den Patienten über diejenigen Fakten informieren, die für die Anwendung des Arzneimittels und die damit verbundenen Risiken von besonderer Bedeutung sind. Sie sollen ihn in die Lage versetzen, die Bedeutung der Arzneimitteltherapie für die Behandlung seiner Krankheit zu verstehen und durch eine zuverlässige Anwendung des Arzneimittels deren Erfolg sichern. Von besonderer Bedeutung sind diese Informationen bei der Selbstmedikation, wo der Kontakt mit dem Arzt fehlt. Die Produzenten (Autoren) des Beipackzettels sind die Rechtsabteilung, die medizinischen Abteilungen und der Marketingressort des jeweiligen pharmazeutischen Unternehmens. Die Packungsbeilage durchläuft mehrere Produktionsphasen vom ersten Textentwurf über verschiedene Basistextversionen bis hin zum endgültigen Basistext. Verantwortlich für die Konzeption der Basistexte sowie für die Revision der späteren Beipackzettel ist letztlich der Fachbereich klinische Forschung. Auf Initiative des zuständigen Bearbeiters (des Vertriebsleiters oder Herstellungsleiters) werden die Packungsbeilagen neu formuliert. Die Erstellung von Packungsbeilagen ist also kein einmaliger Prozess, sondern sie ist dynamisch und währt so lange, wie ein Arznemittel auf dem Markt ist. Von diesem Vorgang zeugt die Angabe „Stand der Information“ mit Datumsangabe (Monat und Jahr) auf jedem Beipackzettel. 2.3.1. Spezifika der Kommunikationssituation bei den Packungsbeilagen Der Beipackzettel als Mittel der Kommunikation zwischen Fachmann und Patienten ist durch zwei grundsätzliche Spezifika im Rahmen der Kommunikationssituation gekennzeichnet. Erstens ist es die Tatsache, dass die Textproduzenten und der Rezipient bzw. die Zielgruppenangehörigen einander anonym bleiben. Der Name und Anschrift der Firma, neuerdings auch die des Herstellers, fungieren in der Rolle des Senders. Zweitens, es handelt sich nicht um eine direkte face-to-face-Interaktion, sondern um eine textuelle - 31 Ein-Weg-Kommunikation, eine monologische Kommunikationsrichtung, die dem Rezipienten nicht die Möglichkeit bietet, bei eventuellen Unsicherheiten und interpretationsbedürftigen Angaben direkte, unmittelbare Rücksprache mit den Textproduzenten zu halten. Es besteht eine räumliche Trennung und zeitliche Verschiebung im Hinblick auf die Produktion und Rezeption des Textes, und der Rezipient befindet sich in einer starren Rolle. Mit der kommunikativen Funktionen der Fachtextsorte Beipackzettel beschäftigen sich u.a. Möhn und Pelka. Ausgehend von ihrem Dualitätskonzept beim Funktionsbegriff (d.h. Zweiheit der Funktion: einerseits Funktion des Textes, andererseits sprachliche Grundfunktion), lassen sich bestimmten sprachlichen Grundfunktionen spezifische Textfunktionen gegenüberstellen: a) deskriptive Grundfunktion – Textfunktion: mitteilen, informieren, in Kenntniss setzen, erläutern, aufklären Referenz: Eigenschaften, wirksame Bestandteile, Präparatebezeichnung, Neben/Wechselwirkungen, Gegenanzeigen, Hintergrundinformationen u.a. b) instruktive/appelative Grundfunktion – Textfunktion: anweisen, anleiten, vorschreiben, verordnen, auffordern, ratgeben, empfehlen Referenz: Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, Gegenanzeigen, Wechsel/Nebenwirkungen, Aufbewahrungshinweis, Anwendungsverbot (Verfalldatum), Warnhinweise (z.B. für Autofahrer). Natürlich ist eine klare Ausgrenzung der Textfunktionen innerhalb einzelner Textabschnitte nicht immer gegeben, insbesondere die Abschnitte über Neben/Wechselwirkungen und Gegenanzeigen weisen eine Verschränkung informierender, aufklärender, anweisender und empfehlender Textteile auf. Möhn (1991: 188, 193) spricht in diesem Zusammenhang von der „bi-intentionalen“ Funktion: instruieren = appelieren + informieren. 2.3.2. Die standardisierte Packungsbeilage Die ab 1978 mit dem Inkrafttreten des AMG (Arztneimittelgesetzes) von 1976 erstmals gesetzlich vorgeschriebene Packungsbeilage richtete sich ursprünglich gleichzeitig an Ärzte und Patienten. Dies führte dazu, dass die Information der Patienten wegen der vorwiegend fachtechnisch abgefassten, für den Laien weitgehend unverständlichen Beipackzettel häufig nur unzulänglich war. Durch das Inkrafttreten der 2.AMG-Novelle 1987 wurde eine Trennung der Packungsbeilage in eine Gebrauchsinformation für Fachkreise (Fachinformation) und eine für den Verbraucher – den Patienten (Packungsbeilage) vorgeschrieben. - 32 Seitdem gab es verschiedene Initiativen zur patientenfreundlichen Gestaltung von Packungsbeilagen. Darunter wird v.a. patientennahe Sprache, eindeutige und einfache, undramatische Formulierungen, patientengefällige Ausdrucksweise u.ä. verstanden. Als Grundlage für eine patientengerechte Gestaltung von Packungsbeilagen konnte „Anleitung zur Erstellung einer Gebrauchsinformation“ betrachtet werden. Die erste Richtlinie der EG (Europäischen Gemeinschaft), die die Packungsbeilagen betraf, wurde vom Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften am 3. Mai 1989 angenommen. In ihr wurde verankert, dass alle Arzneimittel in der EG zukünftig eine Packungsbeilage beinhalten müssen, sofern die geforderten Angaben nicht auf der Packung oder dem Behältnis aufgeführt werden können. Die Inhalte der schon existierenden Packungsbeilagen unterschieden sich nämlich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, daraus entstanden Handelskonflikte. Diese (und ihr folgende Richtlinien) sollten den Verkehr der pharmazeutischen Produkte in der EG erleichtern und außerdem ein hohes Maß an Verbraucherschutz gewährleisten. Die Richtlinie sicherte auch, dass sich die Packungsbeilage grundsätzlich und ausschließlich an den Verbraucher richten soll. Durch die Richtlinie 2001/83/EG (sie wurde inzwischen durch die Richlinien 2004/24/EG und 2004/27/EG geändert) besteht eine bindende Vorgabe der EG für den deutschen Gesetzgeber. Die Umsetzung der genannten Anleitung in die Praxis setzte jedoch eine Transformierung an das deutsche Recht voraus. Die EG-Richtlinie steht seit Oktober 2005 in Kraft (als 14.AMG-Novelle). Die Packungsbeilagen, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu Analysen benutzt wurden, stammen noch aus der Zeit vor dieser Gesetzlegung. Das hängt mit der Tatsache zusammen, dass das Material seit November 2004 gesammelt wurde und zu jenem Zeitpunkt noch keine Packungsbeilagen nach neuer Norm zur Verfügung standen. Auf der anderen Seite ist zu bemerken, dass die Richtlinie in Deutschland keine weitreichende Änderungen des § 11 AMG mit sich zog. Die Änderungen werden näher im nächsten Kapitel besprochen. 2.3.3. Der Textaufbau von einer Packungsbeilage Als unverbindliche Orientierung für die thematische Gliederung von Beipackzetteln diente bis zum In-Kraft-Treten der Richtlinie 2001/83/EG die Reinfolge der in § 11 Abs. 1 Nr. 1-11, Abs. 2 und 5 des AMG festgelegten Pflichtangaben: Name/Anschrift der Firma oder des pharmazeutischen Unternehmers, Bezeichnung des Arzneimittels, wirksame Bestandteile nach Art und Menge, Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 33 Dosierungsanleitung mit Einzel- und Tagesangaben und dem Hinweis „soweit nicht anders verordnet“, die Art der Anwendung, Anwendungsverbot nach Ablauf des Verfalldatums, der Hinweis, dass Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahrt werden sollen sowie ggf. Warn- und bestimmte Aufbewahrungshinweise. Laut Artikel 7 der EG-Richtlinie wird die Reihenfolge erstmals verbindlich vorgeschrieben, sie weicht aber von der deutschen Systematik ab. Über diese Pflichtangaben hinausgehende weitere Angaben für die gesundheitliche Aufklärung des Patienten, wie z.B. Eigenschaften des Arzneimittels müssen „deutlich abgegrenzt und abgesetzt sein“, mit der Fachinformation (d.h. der Gerauchsinformation für Fachkreise, dem s.g. Summary of Product Charakteristics - SmPC) übereinstimmen und dürfen keinen Werbecharakter haben. Nebenwirkungen werden innerhalb des Gesamtabschnitts teilweise untergliedert entsprechend ihrer Lokalisation. Über die Aufzählung der Nebenwirkungen hinaus sollen – falls dies möglich ist – beim Auftreten von unerwünschten Wirkungen zu ergreifende Gegenmaßnahmen angeführt werden. Darüber hinaus finden sich zum Teil erläuternde standardisierende Vorspanntexte zu Beginn der Abschnitte über die Pflichtangaben Neben- /Wechselwirkungen und Gegenanzeigen. Die Hinweise zur Dosierung sind ausführlicher, als sie für die deutsche Packungsbeilage bisher gefordert wurden. In Abhängigkeit vom Arzneimittel werden folgende Informationen gefordert: Dauer der Behandlung, falls diese begrenzt werden muss; Maßnahmen für den Fall einer Überdosierung und für den Fall, dass die Einnahme einer oder mehreren Dosen unterlassen wurde. Es soll auch auf die Gefahr hingewiesen werden, dass ein abruptes Absetzen des Arzneimittels Entzugserscheinungen auslösen kann. Für die Packungsbeilage fehlt der Kinder-Warnhinweis, der aber – im Gegensatz zum bisherigen deutschen Gesetz – auf der äußeren Umhüllung bzw. auf dem Behältnis anzugeben ist. Weiterhin ermöglicht die Richtlinie, dass einige Informationen auch mittels Piktogrammen wiedergegeben werden können. Dies wird in der Pharmaindustrie kontrovers diskutiert – vor der Anwendung von Piktogrammen sollte erst eine Vereinheitlichung zumindest innerhalb der EG durchgeführt werden. Piktogramme müssen für bestimmte Aussagen entworfen werden, die dann in allen EG-Ländern die gleiche Bedeutung haben. Eine weitere Voraussetzung ist, dass auch die Verbraucher Pikogramme entsprechend ihrer Bedeutung interpretieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Abbildungen falsch ausgelegt werden. - 34 In manchen veranschaulichende Packungsbeilagen nicht-sprachliche, wurden illustrative bereits bisher Elemente verschiedene verwendet v.a. Abbildungen. Wir sprechen von dem visuellen Code als einer wichtigen Kostituente zahlreicher Textsorten v.a. Fachtextsorten. In Packungsbeilagen und Gebrauchsanweisungen sind es überwiegend Abbildungen von Objekten, die im Text genannt wurden. Der visuelle Code sichert die inhaltlich-logische Zuordnung der bildlichen Mittel zu den verbalen Darlegungen und erfüllt somit eine kommunikative und kognitive Funktion. Außerdem werden auch verschiedene typographische Darstellungsmöglichkeiten verwendet (verschiedene Druckarten, -größen, -farben). Der visuelle Code erleichtert dem Rezipienten des Textes das Erkennen der inhaltlichen Zusammenhänge dadurch, dass er bestimmte Sachverhalte veranschaulicht. Die illustrativen Elemente tragen nicht unmittelbar zur Textkonstituierung bei. In medizinisch-pharmazeutischen Texten, in Packungsbeilagen von humanen Arzneimitteln kennzeichnet der eventuelle visuelle Code das Streben der Produzenten nach Exaktheit, Verständlichkeit und gedanklicher Klarheit. Dieses spiegelt sich auch in der Einheit von gedanklich-thematischer Gliederung des Textes in Teiltexte und formalem Textaufbau (Absätze). Die Bemühungen um eine patientenfreundliche Gestaltung einer Packungsbeilage führten auch zur Herausbildung eines verbreiteten und beliebten Frage-AntwortKonzepts, nach dem heutzutage viele Packungsbeilagen aufgebaut sind: Bsp. Wann wird Betaisodona Wund-Gel verwendet? Verbrennungen, Schnitt- und Schürfwunden... Wie verwenden sie Betaisodona Wund-Gel? Das Wund-Gel wird mehrmals täglich auf die erkrankte Stelle gleichmäßig aufgetragen. ... Welche unerwünschte Wirkungen kann Betaisodona Wund-Gel haben?... usw. Im realen Leben wird man aber oft mit der Tatsache konfrontiert, dass der Patient häufig durch eine Fülle von Informationen überfordert wird. Es ist bekannt, dass gerade für die Information über einen komplexen Sachverhalt gilt: weniger ist oft mehr. Ziel einer optimalen, patientenfreundlichen Packungsbeilage sollte daher sein, nicht die maximale Information zu bieten, sondern die optimale Information zu vermitteln. Im Zusammenhang mit dem Textaufbau einer Packungsbeilage bietet sich die Frage nach den Grenzen des Textes an. Sind die einzelnen Teile der Packungsbeilage selbstständige Texte oder bilden sie einen kompakten Text? Eine mögliche Lösung für diese Frage besteht darin, dass man – wie es im Rahmen textpragmatischer Ansätze zum Teil geschieht – die kommunikative Funktion als - 35 ausschlaggebendes Kriterium einer Textdefinition azugrunde legt. Tut man dies, so kann man behaupten, dass man dann mit einem Text zu tun hat, sobald man einem sprachlichen Gebilde eine bestimmte kommunikaive Funktion zusprechen kann. (In unserem Falle ist es deskriptive und instruktive, appelative Grundfunktion.) Bei Packungsbeilagen arbeiten wir mit einem gewissen Textverband, der aus mehreren Teiltexten besteht. Deskription, Appell, Instruktion sind eine Art der „Hyperfunktion“ des gesamten Textverbandes. Zusammenfassend zum Kapitel 2.3.: Die Beipackzettel als Textsorte sind spezifisch hinsichtlich ihrer Produktion und auch Rezeption. Der Prozess der Produktion wird nicht nur inhaltlich, sondern auch formal gesteuert. Für den Inhalt sind Forschungsergebnisse verbindlich, für die formale Seite gilt eine gesetzliche Norm. Bei der Rezeption tritt vor allem die Frage nach dem höchst möglichen Grad des Verständnisses in den Vordergrud. In dieser spezifischen Kommunikationssituation könnte nämlich das eventuelle Missverständnis schlimme, sogar fatale Folgen nach sich ziehen. 3. Untersuchungen zur Textualität in Packungsbeilagen. Kohäsion als das untersuchte Kriterium der Textualität Die Untersuchungen, die in diesem Kapitel durchgeführt werden, fallen in das Fachgebiet der Textlinguistik. Der Untersuchungsgegenstand der Textlingustik sind Texte und sie beschäftigt sich nicht nur mit der Abgrenzung und Klassifizierung von Texten, sondern sie untersucht auch den Bau und die Struktur von Texten, m.a.W. sie untersucht die Funktionen der sprachlichen Bauelemente, die die Texte konstituieren. Unter sprachlichen Bauelementen verstehen wir einzelne Elemente wie Sätze oder Textabschnitte, die systematisch zusammenhängen und so verbunden sind, dass sie Texte bilden. Um diese sprachlichen Elemente zu Texten zu verbinden, werden verschiedene Mittel benutzt. Wenn die Elemente (Sätze, Textabschnitte u.s.w.) in einem semantischen und syntaktischen Zusammenhang zueinander stehen, sprechen wir von der Kohäsion; die Mittel, die dazu eingesetzt werden, wollen wir Kohäsionsmittel nennen. Wir unterscheiden ferner verschiedene Ausdrucksmittel von Kohäsion. Als eines der Textualitätskriterien wurde die Kohäsion nach de Beaugrande/Dressler in dieser Arbeit schon früher behandelt. Obwohl sie eines der wichtigsten textkonstituierenden Merkmale ist und eine Art „Voraussetzung“ für die Textualität bildet, darf man die Analysen natürlich nicht nur auf sie beschränken. - 36 Auf der anderen Seite steht die Tatsache, dass sich Kohäsion (Kohäsionsmittel) – als Vernetzung an der Oberfläche – am besten objektiv untersuchen und beschreiben lässt; die Ergebnisse sind auch gut (statistisch) auszuwerten. 3.1. Kohäsionsmittel in Packungsbeilagen Die Kohäsionsmittel -formen bilden im folgenden Kapitel den Gegenstand meiner Untersuchung. Zuerst werden alle Mitteln beschrieben und mit Beispielen aus untersuchten Texten versehen; diesen Ausführungen folgt die Tabelle, in der die Frequenz des Auftretens von jeweiligen Mitteln übersichtlich dargestellt ist. Es wurden drei vollständige Beipackzettel von unterschiedlicher Länge (T1, T2, T3) analysiert. Sie stammen von unterschiedlichen pharmazeutischen Unternehmen und begleiten Medikamente aus verschiedenen medizinischen Gebieten. Die Ergebnisse werden mit einem Text anderer Textsorte – einem essayistischen Text (T4) – verglichen. Bei der Arbeit mit Texten wurden die einzelnen Formen zuerst ausgesucht, gezählt und dann die Zahlen ausgewertet bzw. die Ergebnisse bei Texten T1-T3 mit den Ergebnissen beim T4 verglichen. Um die Übersicht bei der Arbeit mit dem Text zu erreichen, wurden verschiedene Farbstifte benutzt, durch die die einzelnen Kohäsionsmittel im Text farbig unterschieden wurden. Eine der analysierten Packungsbeilagen – Trittico® retard 150 mg-Tabletten – und der Essay sind auch im Anhang zu finden. Nach dem Prinzip, wie sie im Text funktionieren, unterscheidet man zwei Gruppen von Köhasionsmitteln. Entweder erfüllen sie ihre textverknüpfende Funktion durch Wiederholung oder sie wirken textkonnex auf ihre eigene Art und Weise. Es ist der Fall bei den Tempora, Konnektiven und Textorganisatoren. 3.1.1. Mittel der Wiederholung und verweisende Wiederaufnahme Rekurrenz Unter Rekurrenz wird die materielle Wiederaufnahme eines einmal angeführten Textelements im nachfolgenden Text verstanden. Im einfachsten Fall wird das gleiche Lexem immer wieder aufgegriffen. Rekurrenz wirkt im Text verknüpfend, weil den rekurrenten sprachlichen Elementen der „Text-Ebene“ dieselbe Referenz auf der „WeltEbene“ zukommt. So wird das Thema des Textes wie der rote Faden durch den Text gezogen. In Einzelfällen muss man die Entscheidung treffen, ob dasselbe Referenzobjekt gemeint wird, d.h. der Rezipient muss bereits ein weitgehendes Textverständnis aufbringen. Dieses Kohäsionsmittel spielt in Fachtexten eine besondere - 37 Rolle, v.a. aus den Gründen der Exaktheit der Referenzetablierung. Bei anderen Textsorten wird die unbegründete Rekurrenz eher als monoton und stilistisch unschön empfunden. Man unterscheidet mehrere Formen der Rekurrenz. Der vorliegenden Untersuchung liegt nur die lexikalische Rekurrenz, als Wiederholung derselben Wörter oder Ausdrücke, zugrunde. Im Gegensatz zur lexikalischen Rekurrenz steht partielle Rekurrenz, als Wiederholung von Wortkomponenten mit Wortklassenwechsel. Ausgewählte Beispiele: 1.) Was enthält Exhirud®-Gel?, ...Wie wirkt Exhirud®-Gel? ,...ist in jedem Fall vor der Anwendung von Exhirud®-Gel ein Arzt zu befragen. 2.) Daher können starke Hemmstoffe dieses Enzyms, wie z.B Ciclosporin (Arzneimittel1 zur Unterdrückung des Imunsystems), Itraconazol oder Ketoconazol (Arzneimittel2+3 gegen krankheitserregende Pilze), Erythromycin oder Clarithromycin (Antibiotika), HIV-Protease-Hemmer (Arzneimittel4 bei HIV-Infektion) und Nefazodon (Antidepressivum) das Risiko für eine Myopathie erhöhen. 3.) Ein CPK-Spiegel über das Fünffache des oberen Normwertes bei einem Patienten mit unerklärbaren Muskelsymptomen... ...Bei deutlich erhöhten CPK-Spiegeln (über das Fünffache des oberen Normwertes) sollte keine Behandlung begonnen werden. Zur Analyse: (T1-T3) Rekurrente Elemente finden wir in ugf. 17-19% aller belegten Sätze (siehe Tab.1.). Am häufigsten wiederholen sich Lexeme, man findet aber auch wortwörtliche Wiederholung von ganzen Textteilen, wie es Beispiel 3 zeigt. Die Verwendung des Begriffs Arzneimittel unter der Nummer 2 ist ein Exempel des unterschiedlichen Referenzobjektes. Es handelt sich nicht um das eine Arzneimittel, sondern um mehrere: Ciclosporin, Itraconazol , Ketoconazol und HIV-ProteaseHemmer. Um die Unklarheiten beim Verstehen zu vermeiden, wird die in Beipackzetteln häufige Formulierung benutzt: Benennung und in Klammern Erklärung durch ein Synonym, Hyperonym o.Ä. (T4) Zur Rekurrenz im Essay müssen wir Folgendes feststellen: Im T4 finden wir Rekurrenz in ugf. 22% der Sätze. Obwohl in den erzählenden Texten die häufige Verwendung von Rekurrenz als monoton und stilistisch unbefriedigend empfunden wird, ist bei T4 der Gegensatz der Fall – hier ist die Rekurrenz zweckmäßig . Ein wesentlicher Faktor für so häufige Rekurrenz ist die Notwendigkeit, auf mannigfaltige Subjekte und Gegenstände im Text immer wieder zu referieren, und sie voneinander deutlich zu unterscheiden. - 38 Substitution Wenn ein Textelement, also ein Wort, oder eine Wortgruppe, im nachfolgenden Text durch ein ihm inhaltlich nahes Textelement wieder aufgenommen wird und diese Textelemete haben dieselbe Referenz, spricht man von Substitution. Dies gilt oft bei Synonymen, Unterbegriffen (Hyponymen), Oberbegriffen (Hyperonymen), Metaphern, oder auch bei Lexemen, die demselben Wortfeld angehören. Bei Substitution ist die Kohäsion schwächer als im Falle der Rekurrenz, auf der anderen Seite werden durch Substitution oft neue Bedeutungsaspekte in Bezug auf das betroffene Referenzobjekt eingebracht. Ausgewählte Beispiele: 1.) ..., vom medizinischen Blutegel (Hirudo medicinalis)... 2.) ... nach stumpfen Traumen (Zerrungen, Quetschungen, Verstauchungen). 3.) Welche Packungsgrößen stehen zur Verfügung? Es sind Packungen zu 20 und 60 Stück verfügbar. 4.)...als Botenstoffe der Weiterleitung dieser Reize. ... ..., die der Weiterleitung von Impulsen dienlich sind. 5.) Simvahexal® 20 mg soll mit Wasser eingenommen werden. Die Filmtabletten können entweder auf nüchternen Magen oder nach einer Mahlzeit eingenommen werden. 6.) Eine erneute Gabe von Simvastatin oder die Verabreichung eines anderen Statins in der niedrigsten Dosierung... Zur Analyse: (T1-T3) Unter den gefundenen Substituten befinden sich v.a. Synonyme (Beispiele 1, 3, 5), Hyponyme (Beispiel 2) und Hyperonyme (Beispiel 4, 6) . Im fünften Beispiel wird ein weiterer Bedeutungsaspekt deutlich - Simvahexal® 20 mg hat Form einer Filmtablette. Die Synonyme bilden die zahlreichste Gruppe. In Klammern wird die Benennung oft durch ein Synonym aus dem anderen kommunikativen Bereich ergänzt. (zu den kommunikativen Verwendungssphären vgl. Kapitel 2.1.) Im ersten Beispiel ist es Ergänzung durch den lateinischen Terminus technicus. (T4) Auch beim Essay dient Substitution als Kohäsionsmittel, das neue Aspekte der Bedeutung einzuziehen ermöglicht. Viel häufiger aber ist Substitution als Variation der Ausdrücke aus stilistischen Gründen verwendet. In den Packungsbeilagen sind Synonyme, Hyponyme und Hyperonyme oft in Klammern als verständnissichernde und ergänzende Ausdrücke zu suchen, im Essay stehen sie selbstständig im Satz. Pro-Formen Bei der Verknüpfung mit Pro-Formen werden inhaltsleere Elemente wie Pronomina, Pronominaladverbien und Demonstrativpronomina benutzt, um auf ein Bezugselement zu verweisen. Erst, wenn es klar ist, auf welches Textelement im Vortext eine Pro-Form Bezug nimmt, ist über dieses Textelement ein Referenzbezug möglich. Aus diesem Mechanismus erklärt sich die starke textverknüpfende Kraft dieser Kohäsionsmittel. - 39 In Bezug auf die Verweisrichtung kann man den anaphorischen Verweis (Rückverweis) vom kataphorischen Verweis (Vorverweis) unterscheiden. Ausgewählte Beispiele: 1.) Trittico® beeinflußt im zentralen Nervensystem verschiedene Botenstoffe1, die1 der Weiterleitung von Impulsen dienlich sind. 2.) Dieses Arzneimittel kann die Reaktionsfähigkeit und Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen1. Dies1 gilt besonders dann,... 3.) ...erbliche Muskelerkrankungen in der eigenen Vorgeschichte1 oder der1 der Familie. Zur Analyse: (T1-T3) Aus den Pro-Formen bilden Relativpronomen die größte Gruppe. Produktiv sind auch s.g. „adjektivische“ Demonstrativpronomen. Sie werden zu den Artikelwörtern gezählt – sie beziehen sich nämlich auf keine Nomen, sondern identifizieren das bereits aus dem Vortext bekannte Element: diese Wirkstoffe, dieses Arzneimittel, dieselbe Vorgehensweise. Alle in den Beipackzetteln gefundenen ProFormen werden anaphorisch benutzt, d.h. es wird immer nur auf Elemente aus dem Vortext referiert. (T4) Die Verweisung auf ein Bezugselement durch eine Pro-Form zeigt sich bei T4 eindeutig als das am häufigsten verwendete Kohäsionsmittel überhaupt (ugf. 88% aller Sätze enthalten eine Pro-Form). Auch hier werden alle Formen anaphorisch benutzt. Obwohl die Pro-Formen in so hohem Maße verwendet werden, kommt es nicht zu ihrer Häufung und sie erschweren die Rezeption nicht – es ist immer eindeutig und klar, auf welches andere Element im Vortext sie verweisen. Bestimmter und unbestimmter Artikel – Textdeixis und Wissensdeixis Artikel als Kohäsionsform funktioniert im Text ähnlich wie die Pro-Formen. Sowohl der unbestimmte als auch der bestimmte Artikel sind eine Art Anweisung an den Rezipienten, im umgebenden Text nach Bezugselementen zu suchen. Man spricht auch von der Textdeixis als Hinweisfunktion der Wörter im Text. Mit dem unbestimmten Artikel können neue, unbekannte Grössen in einen Text eingeführt werden. Der bestimmte Artikel wird demgegenüber gewöhnlich dann benutzt, wenn über bereits Bekanntes gesprochen wird. Das Bekannte muss sich nicht immer im Text befinden, deshalb spricht man auch von (Vor-)Wissensdeixis. Ausgewählte Beispiele: 1.) Vorbeugung einer erneuten koronären Herzkrankheit... 2.) Tritt während der Einnahme von Simvahexal® 20 mg eine Schwangerschaft ein, sollte die Behandlung mit Simvahexal® 20 mg unterbrochen werden. Zur Analyse: (T1-T3) Die Untersuchung zeigte die eindeutige Überzahl des bestimmten Artikels. In den analysierten Packungsbeilagen kommen nämlich überwiegend - 40 Substantive vor, die durch die Situation identifiziert werden sollen und es ist klar, was gemeint ist (Beispiel 2); oder soll das Substantiv durch den bestimmen Artikel individualisiert werden. Der unbestimmte Artikel steht am häufigsten bei den Bezeichnungen von Elementen einer Klasse, bei der Klassifizierung (Beispiel 1). (T4) Die Analyse der Verwendung des bestimmten und unbestimmten Artikels im T4 zeigte ähnliche Ergebnisse wie bei den Packungsbeilagen T1-T3. Auch im Essay ist die Überzahl des bestimmten Artikels eindeutig und zweckmäßig. Der bestimmte Artikel erfüllt auch hier am häufigsten die Aufgabe der Individualisierung und Identifizierung des Substantivs. Situationsdeixis Pro-Formen und der bestimmte Artikel übernehmen im Text oft auch eine andere Aufgabe – sie stellen einen Bezug zu der konkreten Situation her, die in den Text eingebettet ist, sie verknüpfen den Text mit dem ihn umgebenden aussersprachlichen Kontext. So verweisen sie aus dem Text hinaus auf eine aussersprachliche Realität, sie haben situationsdeiktische Funktion. Referenz soll in diesem Fall in der aktuellen, konkreten Kommunikationssituation gesucht werden. Ausgewählte Beispiele: 1.) Hinweis für den Arzt: Bitte injizieren Sie z.B. Adrenalin intrakavernös! 2.) Die Anwendungsdauer wird vom Arzt bestimmt. 3.) Beim Abbau bereits vorhandener Blutgerinnsel wird der Organismus unterstützt und ein Fortschreiten des Krankheitsprozesses durch unmittelbares Einwirken am Krankheitsherd unterbunden. Zur Analyse: (T1-T3) Dieses Kohäsionsmittel kommt in Packungbeilagen nur selten vor (vgl. genaue Angaben in Tab.1.). An die konkrete Situation ist die Verwendung des bestimmten Artikels in den Beispielen 1 und 2 gebunden, wo der bestimmte, behandelnde Arzt gemeint ist, d.h. nicht ein beliebiger Arzt o.ä. Im dritten Beispiel wird mit dem Krankheitsprozess Thrombose gemeint, die mit Exhirud®-Gel behandelt wird. (T4) Im Zusammenhang mit der Situationsdeixis in T4 ist der sich wiederholende Verweis auf den Erzähler – den Autoren des Textes – zu erwähnen. Er referiert wiederholend auf sich selbst als die Hauptfigur der Geschichte. In den Packungsbeilagen finden wir solchen Verweis auf den Produzenten des Textes überhaupt nicht. Situationsdeiktisch wirken im T4 fast ausschließlich Pro-Formen und nicht der bestimmte Artikel. Ellipse Der Textverweis wird bei Ellipse (bei einem unvollständigen Satz) durch Leerstellen erzeugt. Die Funktionsweise kann am ehesten mit derjenigen von Pro-Formen - 41 verglichen werden. Im Textzusammenhang werden die vorhandenen Leerstellen offenbar als anaphorische Suchanweisung interpretiert. Bei Ellipsen werden nicht alle Valenzstellen des Verbs besetzt. Wegen des Kontextes können also Ergänzungen des Verbs ausgespart bleiben d.h. elidiert werden. Textproduzenten müssen die Angemessenheit einer Ellipse in einer Situation abwägen, um zu entscheiden, welches Ausmaß an Ellipse Effizienz eher nützt als schadet. Ausgewählte Beispiele: 1.) Für Kinder unerreichbar aufbewahren. (Elidiert: das Arzeimittel) 2.) Wie wenden Sie Exhirud®-Gel an? Auf das erkrankte Gebiet auftragen und vorsichtig einmassieren.(Elidiert: Sie wenden Exhirud®-Gel so an, dass sie es...) 3.) Verfalldatum beachten. (Elidiert: Sie) 4.) Bei Unklarheiten fachliche Beratung einholen. (Elidiert: Sie) Zur Analyse: (T1-T3) In Packungbeilagen sind Leerstellen nicht unbedingt an den anaphorischen Verweis gebunden. In der Packungsbeilage, die nach dem Prinzip FrageAntwort konzipiert ist, finden wir Ellipsen bei Antworten – es sind die s.g. Reduktionen bei Antwortsätzen. Die übrigen elliptischen Konstruktionen sind in den Aufforderungssätzen zu suchen, die gewöhnlich mit Eliminierung des Subjekts verbunden sind (Beispiele 1, 3, 4). (T4) Auch im essayistischen T4 finden wir elliptische Konstruktionen. Während es bei den Packungsbeilagen am häufigsten Ellipsen bei den Antworten und das ellidierte Subjekt bei Sätzen mit instruktiver und appellativer Funktion waren, werden im T4 auch andere Verbalergänzungen und identische Teilausdrücke in Sätzen elidiert. Explizite metatextuelle Verknüpfungsmittel In diese Kategorie gehören diejenigen Formen, bei denen der Textproduzent sich auf seinen eigenen Text bezieht und explizit einen Textverweis herstellt, indem er im Text über den Text spricht. Diese Form der Thematisierung von einzelnen Textstellen, von Textstrukturen bzw. von Eigenheiten des Textverlaufs bezeichnet man als Metakommunikation. Zu diesem Zweck hat sich eine ganze Reihe weitgehend stereotyper Formeln ausgebildet. (z.B. wie bereits erwähnt, unter Punkt X, vgl.X, im folgenden...) Ausgewählte Beispiele: 1.) Maßnahmen zur Reduktion des Myopathierisikos durch Arzneimittelwechselwirkungen (siehe oben). 2.) Simvastadin sollte bei schweren Nierenfunktionsstörung mit Vorsicht verwendet „Dosierungsanleitung, Art und Dauer der Anwendung“) werden. (siehe auch - 42 Zur Analyse: (T1-T3) Die stereotypen Formeln werden nur in der umfangreichsten Packungsbeilage Simvahexal® 20 mg benutzt. Sie dienen zur besseren Orientierung im Text und verweisen auf verschiedene Stellen im Text anaphorisch (siehe oben), aber auch kataphorisch (siehe auch „Dosierungsanleitung, Art und Dauer der Anwendung“). (T4) Explizite Textverknüpfung, wie wir sie in T1-T3 finden, können wir als kennzeichnend für fachliche und andere sachliche Texte bezeichnen. Im essayistischen T4 finden wir explizite Textverknüpfung überhaupt nicht. Tabelle1. Frequenz des Vorkommens von Kohäsionsmitteln der Wiederholung und Wiederaufnahme Kohäsions- Frequenz Frequenz Frequenz Frequenz mittel (in %) im T1 (in %) im T2 (in %) im T3 (in %) im T4 Rekurrenz 17,95 17,22 18,92 22,11 Substitution 17,95 43,05 14,86 18,95 Pro-Formen 2,56 31,13 32,43 88,42 68,89:31,11 73,94:26,06 75,61:24,39 65,36:34,64 9,38 0,69 8,14 13,04 17,95 1,32 6,76 5,64 0 10,60 0 0 Bestimmter: :Unbestimmter Artikel Situationsdeixis Ellipse Explizite Textverknüpfung T1=Exhirud®-Gel von Sanofi-Synthelabo, Stand der Information September 2000 (Textlänge 39 Sätze) T2=Simvahexal® 20 mg Filmtabletten von Hexal, Stand der Information November 2002 (Textlänge 151 Sätze) T3=Trittico® retard 150 mg-Tabletten von CSC Pharmaceuticals, Stand der Information Mai 1999 (Textlänge 74 Sätze) T4=Martin Lambeck: Harter Test für sanfte Heiler; Essay (Textlänge 95 Sätze) 3.1.2. Tempus und Konnektive Tempus Die verbale Kategorie Tempus hat keine besonders aktive textverknüpfende Funktion und als Kohäsionsmittel ist sie eher „unauffällig“. Tempuskontinuität auch über die Satzgrenze hinaus muss aber im Normalfall gegeben sein, damit einer Satzfolge überhaupt Texthaftigkeit zugesprochen werden kann. Vor allem in erzählenden Texten kann die Tempusverwendung wichtig werden als Hinweis auf die - 43 Sequenzierung der erzählten Ereignisse, wie auch ganz generell die zeitlich-lineare Ordnung von Referenzobjekten über das Tempus signalisiert werden kann. Zur Analyse: (T1-T3) Bereits bei der ersten, flüchtigen Untersuchung von Tempusformen kann man feststellen, dass sie in den Teiltexten, d.h. in den einzelnen Teilen der Packungsbeilage, nicht gleichmäßig vergeteilt sind. Aus diesem Grund wählte ich bei der Analyse die Gliederung, wie sie in der Tabelle 2. dargestellt ist. In den drei untersuchten Texten T1-T3 kommen drei von sechs Tempusformen vor. Plusquamperfekt, Futur I. und Futur II. kommen überhaupt nicht vor. Diese Tatsache wäre dadurch zu erklären, dass es in dieser Textorte einfach nicht die Notwendigkeit besteht, vorvergangene (Plusquamperfekt) oder vermutete Geschehen (Futur I., Futur II.) auszudrücken. Von den Vergangenheitsformen überwiegt das Präteritum, dann folgt das Perfekt. Die eindeutig dominante Tempusform in allen Texten ist das Präsens. Allgemein dient Präsens nicht nur zum Ausdruck der gnomischen Tatsachen sowie der real gegenwärtigen Sachverhalte, sondern auch zur Bezeichnung eines zukünftigen Geschehens. In den analysierten Texten bezeichnet das Präsens am häufigsten bestimmte gültige Sachverhalte etwa im Sinne vom atemporalen (generellen) Präsens, das an keine objektive Zeit gebunden ist (Das Arzneimittel ist in Form von Tabletten mit zwei Bruchrillen erhältlich, die es ermöglichen, 50 mg einzunehmen.). Das Präteritum bezeichnet immer vergangene Sachverhalte. Es tritt nur in bestimmten Teilen von Packungbeilagen auf, die Ausnahme bildet der erste analysierte Text Exhirud®-Gel, wo das Präsens die einzige Tempusform ist. Am häufigsten wird Präteritum im Text 2 verwendet, und zwar in Teilen: Anwendungsgebiete, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln und bei der Art der Anwendung bzw. im Teil, wo die Art der Anwendung und Dosisanleitung behandelt werden. Diese Teile bilden eine homogene Einheit, deswegen werden sie in der Tabelle als ein Teil auch ausgewertet. Bei den Anwendungsgebieten wird das Präteritum nur dort benutzt, wo die Erfahrungen bei der Anwendung aus der Vergangenheit beschrieben werden (..., wenn Diät und andere nicht-medikamentöse Maßnahmen allein eine ungenügende Wirkung zeigten.). Hier ist die Zahl hoch (40%) im Vergleich mit anderen Teilen, wo auch Präteritum verwendet wurde. Bei den Nebenwirkungen werden durch präteritale Form solche Wirkungen markiert, die bereits in der Vergangenheit auftraten. (Selten traten Nebenwirkungen auf, die das Nervensystem betrafen, wie: Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Nervosität und Zittern.). Bei den Wechselwirkungen sind es auch Erfahrungen aus der Vergangenheit (Es bestand kein Zusammenhang zwischen der Therapie mit Simvahexal® 20 mg und dem Auftreten - 44 von Blutungen oder Veränderungen der Gerinnungszeit bei Patienten, die keine oralen Antikoagulanzien einnahmen.). Im Teiltext Art der Anwendung werden durch Präteritum mit der Anwendung zusammenhängende Ereignisse aus der Vergangenheit markiert (Bei Kindern wird die Anwendung von Simvahexal® 20 mg nicht empfohlen, da Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit nicht durchgeführt wurden.). Bei der letzten Packungsbeilage kommt Präteritum bei den Nebenwirkungen vor, und zwar ist es gleich bei mehr als 42% der untersuchten Verbformen. In diesem Text werden noch häufiger die Nebenwirkungen, die in der Vergangenheit vorkamen, erwähnt. Das Perfekt ist die letzte Tempusform, die man – mit Ausnahme des ersten Textes – in einigen Fällen findet. Im Text 2 wird im Teil Art der Anwendung durch Perfekt die Vorzeitigkeit des Geschehens markiert (Die folgenden Angaben gelten, soweit ihnen Ihr Arzt Simvahexal® 20 mg nicht anders verordnet hat.). So ist es auch beim letzten Text Trittico® retard 150 mg-Tabletten. Hier kommt das Perfekt auch bei der Dosierungsanleitung vor (Ist der gewünschte Erfolg eingetreten, kann die Dosis vom Arzt vorsichtig auf die nötige Erhaltungsdosis gesenkt werden.). (T4) Die Skala der Tempora im erzählenden T4 ist viel breiter als bei den Fachtexten T1-T3. Außer Futur II. finden wir alle Tempusformen: Präsens (48,32% aller Tempusformen), Präteritum (42,28%), Perfekt (3,36%), Plusqamperfekt (3,36%), Futur I. (2,68%). Auch hier ist Präsens dominant. Im T4 dient er aber nicht zur Bezeichnung des gegenwärtigen, sondern des vergangenen Geschehens: der Erfahrungen des Erzählers mit den Ärzten. Außerdem allgemeingültige Sachverhalte, ähnlich wie bei T1-T3. bezeichnet Präsens - 45 Tabelle 2. Tempusverwendung in einzelnen Pflichtteilen von den Packungsbeilagen (nach AMG) Teil der Packungsbeilage Tempusformen Tempusformen Tempusformen (in %) im T1 (in %) im T2 (in %) im T3 Präs. Prät. Präs. Prät. Perf. Präs. Prät. Perf. 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 100 0 100 0 0 100 0 0 Anwendungsgebiete 100 0 60 40 0 100 0 0 Gegenanzeigen 100 0 100 0 0 100 0 0 Nebenwirkungen 100 0 87,39 12,61 0 57,14 42,86 0 Wechselwirkungen 100 0 85,71 14,29 0 100 0 0 Dosierungsanleitung 100 0 5,77 0 15,38 Art der Anwendung 0 5,77 84,62 100 86,54 92,31 0 7,69 Anwendungsverbot 50* 0 0 0 0 50* 0 0 * 0 0 0 0 100 0 0 Name/Anschrift der Firma Bezeichnung des Arzneimittels Wirksame Bestandteile Hinweis, unzug. für Kinder aufzubewahren *=die restlichen Formen bilden Infinitivkonstruktionen T1=Exhirud®-Gel von Sanofi-Synthelabo, Stand der Information September 2000 (Textlänge 39 Sätze) T2=Simvahexal® 20 mg Filmtabletten von Hexal, Stand der Information November 2002 (Textlänge 151 Sätze) T3=Trittico® retard 150 mg-Tabletten von CSC Pharmaceuticals, Stand der Information Mai 1999 (Textlänge 74 Sätze) Konnektive Wie bereits die Bezeichnung besagt, Konnektive wirken konnex – sie verbinden. Zu Konnektiven gehören Konjunktionen (koordinierende und subordinierende) und Pronominaladverbien. Sie funktionieren als Kohäsionsmittel nicht nur innerhalb eines Satzgefüges, sondern auch zwischen selbstständigen Sätzen. Sie bilden wichtige satzübergreifende Bindeglieder m.a.W. sie machen Relationen zwischen Sätzen bzw. Einheiten mit propositionalem Status explizit. Durch diese Verknüpfung von Textelementen wird gleichzeitig der konzeptuelle Charakter der Verbindung gegeben, d.h. entweder die untergeordnete Beziehung von - 46 Sätzen (Subjunktionen) oder die nebengeordnete Beziehung (Konjunktionen). Pronominaladverbien (Wortverbindungen mit Struktur da(r)- , wo(r)- + Präposition/Adverb) bilden einen Übergangsbereich zwischen konnektiven und anaphorischen (wiederaufnehmenden) Ausdrücken; die Grenze lässt sich nicht scharf ziehen. Mit sprachlichen Mitteln der Referenz und Konnexion werden Einzelsätze zu Satzketten und schließlich zum Text verbunden. ● Konjunktionen (auch als koordinierende Konjunktionen bezeichnet) verknüpfen nicht Wörter oder Wortgruppen, sondern Satzglieder bzw. Satzgliedteile oder Sätze. Sie stehen immer außerhalb eines Satzgliedes. Wir unterscheiden folgende semantische Gruppen von Konjunktionen: -Adversativ: zum Ausdruck der Gegensätzlichkeit der verbundenen Elemente (aber, doch, sondern, ...); -Alternativ: zum Ausdruck der abwechselnden Beziehung zwischen den Elementen (oder, etweder....oder, ...); -Kausal: zum Ausdruck des Verhältnises zwischen Ursache und Wirkung (denn); -Kopulativ: zum Ausdruck der Verbindung zwischen den Elementen (und, nicht nur...sondern auch, weder...noch, ...); -Modal: zur Bezeichnung der Art und Weise (statt, aber, und, ...). ● Subjunktionen (auch subordinierende Konjunktionen bezeichnet) verknüpfen Sätze – nicht Satzglieder und Satzgliedteile wie die Konjunktionen – und stehen auch außerhalb eines Satzgliedes. Wir unterscheiden folgende semantische Gruppen von Subjunktionen: -Adversativ: zum Ausdruck der Gegensätzlichkeit der verbundenen Elemente (während); -Final: zum Ausdruck der Zweckbestimmtheit (damit, um...zu, ...); -Kausal: zum Ausdruck des Verhältnisses zwischen Ursache und Wirkung (weil, zumal, umso mehr als, ...); -Konditional: zum Ausdruck der Bedingung (bevor, ehe, falls, ...); -Konsekutiv: die Folge bezeichnend (um...zu, sodass, ...); -Konzessiv: zum Ausdruck de einräumenden Bedingung (obwohl, trotzdem, wie auch, ...); -Kopulativ: zum Ausdruck der Verbindung zwischen den Elementen (um...zu); -Modal: zur Bezeichnung der Art und Weise (je...desto, als ob, indem, dadurch...dass, ...) ; -Substitutiv: zum Ausdruck des Ersatzes, Austausches von den verbundenen Elementen (ehe, anstatt...dass, anstatt...zu, ...); - 47 -Temporal: zum Ausdruck der Vor-, Gleich-, oder Nachzeitigkeit (als, sobald, bevor, bis, ehe, wenn, ...). Zur Analyse: (T1-T3) In allen drei Texten überwiegt die Verwendung von Konjunktionen. Es ist v.a. die kopulative Konjunktion „und“ und alternative Konjunktion „oder“. Die Subjunktionen werden meistens temporal oder konditional benutzt („wenn“). Häufig werden kausale Subjunktionen verwendet („da“, „weil“). Die Verwendung hängt teilweise mit der Art der Vernetzungsmuster zusammen. Bei Packungbeilagen handelt es sich um Kombination Koordinierung-Konklusivität (vgl. Vernetzungsmuster im Kapitel 1.). Pronominaladverbien als Kohäsionsmittel werden in den durchgesuchten Packungsbeilagen fast überhaupt nicht benutzt. Sie kommen in einigen Fällen von Konnektiven im T3 vor. Wie bereits erwähnt wurde, gehören sie hinsichtlich ihrer Funktion zu bestimmten Grenzfällen: teils wirken sie wiederaufgreifend, verweisend und teils auch verbindend. (Da Trittico® retard 150 mg-Tabletten eine beruhigende, schlaffördernde Wirkung haben, empfiehlt es sich, sie abends einzunehmen. Dadurch wird Tagesmüdigkeit weitestgehend vermieden.; ... Die Folge davon ist eine gebesserte Stimmungslage und ein positiver Einfluß auf das körperliche und seelische Wohlbefinden.) (T4) Im T4 ist das gegenseitige Verhältnis zwischen Konjunktionen und Subjunktionen viel ausgeglichener als bei T1-T3. Im T4 kommen im gleichen Maße sowohl koordinierende als auch subordinierende Beziehungen zum Ausdruck. Viel häufiger als in T1-T3 finden wir auch Pronominaladverbien. Bei den Konjunktionen sind die kopulative Konjunktion „und“ und alternative „oder“ am häufigsten verwendet; bei den Subjunktionen sind es „wenn“ – sowohl temporal als auch konditional benutzt – und andere temporale Subjunktionen. Tabelle 3. Frequenz der Verwendung von Konnektiven Art von Frequenz Frequenz Frequenz Frequenz Konnektiven (in %) im T1 (in %) im T2 (in %) im T3 (in %) im T4 Konjunktionen 80 62,16 74,65 44,83 Subjunktionen 20 29,73 21,83 39,66 0 0 2,11 15,51 Pronominaladverbien T1=Exhirud®-Gel von Sanofi-Synthelabo, Stand der Information September 2000 (Textlänge 39 Sätze) T2=Simvahexal® 20 mg Filmtabletten von Hexal, Stand der Information November 2002 (Textlänge 151 Sätze) - 48 T3=Trittico® retard 150 mg-Tabletten von CSC Pharmaceuticals, Stand der Information Mai 1999 (Textlänge 74 Sätze) T4=Martin Lambeck: Harter Test für sanfte Heiler; Essay (Textlänge 95 Sätze) Zusammenfassend zum 3. Kapitel: Nach den durchgeführten Analysen können wir feststellen, dass die Kohäsionsmittel in verschiedenen Texten bzw. bei verschiedenen Textsorten unterschiedlich realisiert werden. Die Ergebnisse bei den einzelnen Mitteln sind zwar statistisch vergleichbar, die Unterschiede betreffen aber ihre textsortenspezifische Verwendung: z.B. Rolle der Substitution im essayistischen Text (Rolle bei der Ausdrucksvariation) und ihre Funktion der Präzisierung in einem Fachtext. Was bei einer Textsorte als mangelhaft , monoton und unzureichend empfunden wird (z.B. Verwendung einer einzigen Tempusform im erzählenden Text), ist oft für andere Textsorte typisch. Einige Kohäsionsmittel sind ausschließlich nur für bestimmte Textsorten charakteristisch (z.B. explizite Textverknüpfung für sachliche Texte). 4. Untersuchungen zur Wortbildung in Packungsbeilagen. Arten der Wortbildung Warum sollte man sich eigentlich mit der Wortbildung befassen und sie untersuchen? Die Kenntnis der Wortbildung – der Prozesse, durch welche neue Wörter entstehen und entstanden sind, ist von großer Bedeutung aus mehreren Gründen. Eines der Gründe ist die Bedeutung der Wortbildung bei der Rezeption eines Textes: die Speicherung der häufigsten Affixe im Gedächtnis erleichtert die Erschließung, Speicherung und Abrufung lexikalischer Einheiten, die vorher nicht im Speicher enthalten waren. Jedes Wortbildungselement drückt nämlich einen bestimmten Typ der semantischen Beziehung aus (synchron betrachtet). Bei den Fachsprachen nützt die Kenntnis der häufigen und produktiven Affixe und Bildungsmuster zur Schaffung neuer Termini und zur Terminolgienormung. L. Hoffmann nennt einen weiteren Aspekt der Leistung von Wortbildungslehre – den Beitrag zur fachsprachlichen Lehre. Es wäre möglich, für die fachsprachliche Ausbildung zu einem Minimum an Wortbildungsmitteln, -modellen und -regeln zu gelangen, d.h. durch die Einschränkung auf die wirklich relevanten Affixe eine Entlastung von unnötigem Ballast zugunsten einer gründlichen Aneignung des Nötigsten zu erzielen und damit eine höhere Effektivität der Ausbildung zu gewährleisen. Natürlich wird auch hier die rezeptive Seite, das Erkennen eines - 49 unbekannten Affixes als Bestandteil eines neuen Wortes, an erster Stelle stehen. (Hoffmann 1987: 122f.) Eine weitere, nicht wenig wichtige Rolle spielen die Wortbildungen bei der Satzverflechtung – bei der Herstellung von Kohäsion und Stärkung der Kohärenz, von denen im ersten und dritten Kapitel die Rede war. Relevant ist dabei aber der Texttyp: nicht bei jedem Texttyp spielt die Verflechtung durch Wortbildung eine Rolle. W.Wildgen nennt bei den Texten, für die Wortbildung als textverflechtendes Mittel relevant ist, v.a. Texte mit Wortspielen, journalistische Texte, Werbetexte u.a. Alle diese können wir als Gegensatz zu den von uns behandelten Texten verstehen. (vgl. Lipka 1987: 66) Dabei halte ich auch die einschränkende Bemerkung von L.Lipka von besonderer Bedeutung : „The frequency of the use of word-formation processes depends on the intentions underlying a particular text.“ (1987: 66f.) Ähnliche Meinung vertritt auch W. Fleischer (1978: 82) – nach ihm unterliegt „die Verwendung von Komposita und Derivaten im Wechsel mit semantisch mehr oder weniger äqivalenten Wortgruppen oder Simplizia...Gesetzmäßigkeiten der Textstruktur und kommunikativen Erfordernissen.“ Die kommunikativen Absichten realisiert im Text sein Produzent. Verschiedene textzentrierte Intentionen können für ihn im Vordergrund stehen: Streben nach Variation und/oder Eindeutigkeit, Versuch einer Bedeutungserklärung sowie der Präzisierung oder Differenzierung usw. Und was streben die Produzenten einer Packungsbeilage an? Bei der Packungsbeilage als einem wichtigen Text für den Patienten wird v.a. die hinreichende Eindeutigkeit und Informationsverdichtung (nicht nur in Bezug auf die beschränkte Größe einer Packungsbeilage) angestrebt. Auf der Ebene des Lexems werden derartige Absichten nicht selten durch Verwendung von Wortbildungskonstruktionen erzielt. „Compounds and nominalisations in particular may effect a high degree of information condensation by structural reduction of morphological elements, as compared to paraphrases .“ (Lipka 1987: 63) Die Frage danach, welche Rolle die Wortbildung bzw. die Wortbildungskonstruktionen (WBK) in der Packungsbeilage spielen, gab den Anstoß für meine Untersuchungen zur Wortbildung in diesem Kapitel. Als Ausgangspunkt für die Untersuchungen der Wortbildung in Packungsbeilagen wurden Substantive und Adjektive gewählt. Sie sind nämlich die Wortarten, die die lexikalischen Spezifika der pharmazeutisch-medizinischen Kommunikation ausmachen - 50 und die terminologisch kennzeichnend sind. Als Einheiten des Textes gehören sie zu den Inhaltswörtern (im Gegensatz zu Funktions- oder Strukturwörtern wie Artikel, Konjunktion, Präposition usw.), die textsortenspezifisch sind. Für Fachsprachen ist der fachsprachliche Nominalstil charakteristisch, d.h. dass sie einem nominalen gegenüber einem verbalen Ausdruck den Vorzug geben. In nominativer Sicht spielen Substantive die zentrale Rolle. Es sind Wörter, die über eine ausgeprägte lexikalische Bedeutung verfügen und unabhängig von Kontextbedingungen stehen können, es sind Autosemantika (im Unterschied zu den Synsemantika wie z.B. Pronomen). Die Aufmerksamkeit beim praktischen Gebrauch der Fachsprachen wie auch beim Nachdenken über sie konzentriert sich auf das fachsprachliche Wort – den Terminus, der die fachsprachlichen Systeme aufbaut. Adjektive gehören in der Fachsprache der Medizin auch zur thematisch relevanten und terminologisierten Lexik. Adjektive als Wortart dienen zur Bezeichnung von Merkmalen, Eigenschaften und Relationen, die in der objektiven Realität nicht selbstständig auftreten, sondern an Gegenständen und Erscheinungen beobachtet werden; Adjektive sind also Synsemantika. Ich strebte die Suche nach den typischen, produktiven Modellen der Wortbildung bei den oben erwähnten Wortarten an, indem ich sie der Materialgrundlage – den Packungsbeilagen – entnommen habe. Wir dürfen nämlich behaupten, dass die Ausnutzung der einzelnen Bildungsmuster und Bildemittel nicht nur für einen bestimmten Zeitabschnitt typisch ist (m.a.W. Produktivität einer bestimmten Wortbildungsart, eines Wortbildungstyps in einem bestimmten Zeitabschnitt), sondern auch für einen bestimmten Kommunikations- und Wissensbereich (Produktivität bestimmter Wortbildungstypen in einem Kommunikations- und Wissensbereich). Von der Produktivität ist noch die Texthäufigkeit als Vorkommenshäufigkeit im Text abzusetzen. (Hoffmann 1987: 115f.) Die Texthäufigkeit ergibt sich aus der einfachen Zählung der wortbildenden Elemente (z.B. Affixe) unabhängig davon, in oder an welchen Einheiten sie auftreten. Ein Element kann so auch zehnmal in einem Text auftreten, diese Häufigkeit kann aber ebensogut seine ständige Wiederholung in demselben Wortbildungstyp bedeuten. Den Gegenstand meiner Untersuchung bildet also die Produktivität bestimmter Wortbildungstypen in den Beipackzetteln (ich werde diese Eigenschaft für Belange dieser Arbeit „Produktivität im Text“ nennen) und nicht die Vorkommenshäufigkeit der einzelnen wortbildenden Elemente. Die Verben und Adverbien, die in medizinisch-pharmazeutischen Texten verwendet werden, sind im Hinblick auf die Terminologiebildung und Textbildung demgegenüber nicht so charakteristisch (siehe auch Kapitel 2. Fachsprache, Fachtext und - 51 fachsprachliche Kommunikation) und werden in die Untersuchungen nicht einbezogen. Es wurden auch keine Simplizia analysiert – soweit sie keine Wortbildungsprodukte sind – weiter keine Wortgruppenlexeme und ebensowenig Kunstwörter (Benennungen von Arzneien). Den Gegenstand der Analyse bilden ausschließlich medizinsprachliche Gefüge in Wortstruktur (Morphemgefüge, Morphemkonstruktionen oder WortSyntagmen). Es wird versucht, eine komplexe deskriptiv-synchrone Darstellung der häufigsten, im Text produktiven Wortbildungsmodelle bzw. Strukturtypen bei Substantiven und Adjektiven vorzunehmen und ihre Produktivität zu begründen. Die erarbeiteten Übersichten ermöglichen überdies einen Überblick über die einzelnen Verfahren und Strukturen, die in den untersuchten Texten infrage kommen. Die einzelnen Strukturtypen werden immer an Beispielen aus den Texten aufgezeigt. Als sinnvoll erwies sich, sich auch der Semantik von einzelnen WBK zu widmen – wir wollen schließlich wissen, welche onomasiologische Kategorien durch die WBK in den Packungsbeilagen zum Ausdruck gebracht werden. Bei der Behandlung der einzelnen Wortbildungstypen führe ich also auch Kommentare zur Semantik an. Die Materialgrundlage für die Analysen bildeten charakteristische substantivische und adjektivische Wortbildungskonstruktionen, die 30 Packungsbeilagen von humanen Arzneimitteln entnommen wurden. Es wurden insgesamt mehr als 600 substantivische und 250 adjektivische WBK untersucht. Alle untersuchten WBK gehören zur medizinischen Fachsprache bzw. es sind teilweise terminologisierte Lexeme aus einer Vielzahl anderer Fachgebiete – z.B. Bezeichnungen der Pharmaka, Körperbausteine, Stoffwechselprodukte aus Chemie usw. Solche Termini und terminologisierte Benennungen bilden einen gewissen terminologischen Übergangsbereich zwischen Medizin und anderen benachbarten Fachgebieten. Bei dieser Aufgabe wurden zunächst substantivische und adjektivische WBK in Texten ausgesucht und zwei alphabetische Listen – je eine für eine Wortart – erstellt. Diese Listen ermöglichten mir, eine bessere Orientierung in den untersuchten WBK zu gewinnen. Die kompletten Listen sind im Anhang zu finden. Die Ausführungen sind nach den einzelnen produktiven Wortbildungsarten geordnet. In den folgenden Übersichten werden oft Symbole und schematische Darstellungen benutzt. In den Darstellungen wird das Inventar und die Distribution einzelner Konstituenten berücksichtigt, wobei folgende Abkürzungen und Zeichen verwendet werden: S, S - simples Substantiv und abgeleitetes bzw. zusammengesetztes Substantiv A, A - simples Adjektiv und abgeleitetes bzw. zusammengesetztes Adjektiv - 52 - Wenden wir uns zunächst für die Belange dieser Arbeit den einzelnen Arten der Wortbildung im Deutschen. Die Wortbildungsarten, die in den Packungsbeilagen produktiv sind, werden weiter im Einzelnen in getrennten Unterkapiteln behandelt. Im Deutschen unterscheiden wir folgende Arten der Wortbildung: 1. Zusammensetzung (Komposition) Eine Zusammensetzung Konstituenten ist eine Morphemkonstruktion, (Kompositionsglieder) auch als deren freie unmittelbare Morpheme oder Morphemkonstruktionen vorkommen können: z.B. Atemluft atem luft. Bei der Klassifikation der Wortbildungstypen nach den syntagmainternen Beziehungen gibt es für Komposita zwei Möglichkeiten: Subordination einer (Determinativkomposita) unmittebaren oder Konstituente Koordination unter beider die andere Konstituenten (Kopulativkomposita). Aus dem Koordinationsverhältnis der beiden Konstituenten ergibt sich der Unterschied zu den motivierten Determinativkomposita: die zweite Konstituente kann nicht die ganze Konstruktion semantisch repräsentieren: z.B falsch-negativ ≠ negativ. Die Zusammensetzung ist typisch für das Nomen (Substantiv, Adjektiv). 2. Ableitung (Derivation) entweder als Suffigierung (s.g. explizite Ableitung) oder als Ableitung ohne Suffix (s.g. implizite Ableitung und Konversion). Eine explizite Ableitung ist eine Morphemkonstruktion, von deren unmittelbaren Konstituenten nur die erste auch frei im Satz vorkommen kann, die zweite begegnet nur gebunden an ein anderes Morphem oder eine andere Konstruktion. Die erste Konstituente wird auch als Basis der Ableitung, die zweite als Ableitungssuffix bezeichnet: Störung. Eine implizite Ableitung ist ein freies Morphem oder eine freie Morphemkonstruktion ohne Ableitungssuffix, das nicht durch zwei unmittebare Konstituenten, sondern als V, V - simples Verb und abgeleitetes bzw. zusammengesetztes Verb ADV - Adverb PART - Partikel PARTIZ - Partizip ۰- subordinatives Verhältnis zwischen den Konstituenten - - koordinatives Verhältnis zwischen den Konstituenten D- Derivator P- Präfix Bei den angeführten Beispielen werden manchmal einige Konstituenten vereinfacht und zwar die, die in dem betreffenden Abschnitt nicht gerade behandelt werden (z.B. S۰S - durch welche Wortbildungsprozesse diese Derivate entstanden sind, wird später unter Ableitung behandelt). Außerdem werden in den Schemen keine Fugenelemente berücksichtigt. - 53 Ganzes durch seinen semantischen und formalen Bezug auf ein anderes, diesbezüglich korrespondierendes freies Morphem oder eine Morphemkonstruktion motiviert ist. Es liegt meist die Transposition in eine andere Wortart vor: z.B. Dauer dauern. In der deutschen Gegenwartssprache handelt es sich dabei gewöhnlich um deverbative Substantive. Konversion ist Bildung neuer Wörter durch Überführung in eine andere Wortklasse ohne formale Veränderungen (ohne Affixe). Obwohl im Deutschen grundsätzlich jedes Wort z.B. substantiviert werden kann, bezieht sich die Konversion in erster Linie auf usuelle, festgewordene Bildungen. 3. Präfixbildung (Präfigierung) Unter dem Präfix ist ein gebundenes Morphem zu verstehen, das reihenbildend vor ein Grundmorphem oder eine Morphemkonstruktion tritt, um ein Wort oder eine Flexionsform eines betreffenden Wortes zu bilden. Ihre eigentliche Domäne ist die Wortbildung des Verbs, beim Substantiv und Adjektiv tritt die Präfixbildung hinter Zusammensetzung und Ableitung zurück: z.B. ausscheiden. Von besonderer Bedeutung ist die Bemerkung, dass Präfixe und Suffixe (d.h. wortbildende Affixe) unterschiedliche semantische Funktionen haben d.h. sie sind polyfunktional. Meine Analysen werden zeigen, dass dasselbe Suffix oder Präfix im Text in einer von seinen Funktionen produktiv sein kann, während in einer anderen (bei einem anderen Wortbildungstyp) nicht. 4.1. Zusammensetzung – Substantiv Der Strukturtyp einer substantivischen Zusammensetzung ergibt sich aus der Wortbildungsstruktur der beiden Konstituenten und ihrer Wortklasse. Die Konstituenten können substantivische (beschränkt auch adjektivische) Simplizia, Derivate, Präfixwörter oder Komposita sowie Verbstämme sein. Die Untersuchung zeigte, dass wir in dieser Art von Texten bei substantivischen Zusammensetzungen ausschließlich mit Determinativkomposita zu tun haben. Im Determinativkompositum wird die zweite unmittelbare Konstituente durch die erste näher bestimmt, determiniert und so engt das Erstglied semantisch die Extension des Zweitgliedes ein. Es zeigte sich auch, dass die häufigsten Konstituenten der Determinativkomposita nicht Simplizia, sondern Ableitungen und andere Zusammensetzungen sind. Kopulativkomposita kommen überhaupt nicht vor. Bei den genannten Determinativkomposita handelt es sich um s.g. MehrfachKomposita. Der Bedeutungsumfang (Extension) eines solchermaßen determinierten Nomens wird in dem Maße enger, wie sein Bedeutungsinhalt (Intension) größer wird. - 54 Solche mehrgliedrige Bildungen finden sich in allen Fachsprachen, wo das Wortbildungsverfahren der Komposition zum Aufbau von Nomenklaturen, Terminologie genutzt wird. Mehrfach-Komposita sind hier ein relativ einfaches Mittel, eine notwendige terminologische Prägung mit höchstmöglichen Durchsichtigkeit der Form zu vereinbaren. Widmen wir uns jetzt den einzelnen produktiven Typen der Determinativkomposita: 4.1.1. Determinativkomposita – die häufigsten Strukturtypen nach der Art des ersten Gliedes a) Das substantivische Erstglied Die substantivischen Determinativkomposita mit erstem substantivischen Glied zeigen sich als der produktivste Strukturtyp überhaupt. Diese Konstruktionen bilden rund 80 aller untersuchten substantivischen WBK. Dabei können wir zwischen folgenden Typen unterscheiden: S۰S (Aromastoff, Gallenstein, Kehlkopf); S۰S (Einnahmevorschrift, Flüssigkeitansammlung, Mundschleimhautentzündung); S۰S (Nebennierenmark); S۰S (Darmentzündung, Harnsäuregehalt, Hauterscheinung). Unter diesen Bildungen finden wir auch Zusammensetzungen mit dem Durchkopplungsbindestrich. Die erste Konstituente bei solchen Bildungen besteht aus zwei oder mehreren Substantiven, die außerhalb der Bindung an die zweite Konstituente unter Einfügung der Konjunktion „und“ in eine Wortgruppe zu transformieren sind (Hals-Nasen-Ohren-Bereich, Herz-Kreislauf-Nebenwirkung, Magen-Darm-Trakt, Nutzen-Risiko-Abschätzung). Mit Hilfe des Durchkopplungsbindestrichs können auch ganze Sätze oder Wortgruppen als erste Konstituente an ein Substantiv zur Zusammensetzung angefügt werden (Öl-in-Wasser-Typ, Wasser-in-Öl-Emulsion). Die erste Konstituente einer Zusammensetzung in den Packungsbeilagen ist oft auch eine Abkürzung (pH-Wert), Initialwort (CK-Erhöhung) oder Kurzwort (Laborwert). Abkürzungen sind keine spezielle Wortbildungsart sondern eine Besonderheit der Schreibweise. Es handelt sich um graphische Symbole. Die Initialwörter bestehen aus aneinandergereihten Großbuchstaben, die die Anfangslaute der Vollform bezeichnen, die der abgekürzten Norm zugrunde liegt. Diese Vollform kann eine Zusammensetzung oder aber auch eine Wortgruppe sein. Unter Kurzwörtern im eigentlichen Sinne werden solche Kurzformen verstanden, die als zusammenhängender Teil einer Vollform erscheinen (wie Laborwert anstatt Labor- - 55 atorium-wert). Alle diese Kurzformen haben v.a. die ökonomische Funktion, wobei sie in den Packungsbeilagen nie unverständlich gebraucht werden bzw. sie werden immer im Voraus erklärt (z.B. ACE-Hemmer ist eine Klasse der blutdrucksenkenden Arzneimittel). Zusammensetzungen mit Kurzwörtern und Initialwörtern tragen in hohem Maße zur erwünschten Informationsverdichtung in den Beipackzetteln bei. Sehr häufig werden die einzelnen Konstituenten der Zusammensetzung durch einen Bindestrich getrennt (Bilirubin-Gehalt, Elektrolyt-Lösung, Histamin-Rezeptor, UmweltEinfluss). Weil der Strukturtyp der Determinativkomposita mit substantivischem erstem Glied so produktiv ist, halte ich für sinnvoll, auf die häufigsten semantischen Beziehungen der Konstituenten von S(S)۰S(S)-Strukturen näher einzugehen und eine Übersicht über die häufigsten Wortbildungsbedetungen zu geben. So will ich die zahlreiche Gruppe noch weiter ausdifferenzieren. Übersicht der Wortbildungsbedeutungen Allgemein unterscheiden wir folgende semantische Beziehungen zwischen jeweils zwei unmittelbaren Konstituenten: lokale, temporale, finale, kausale, komparative, posessive, ornative, partitive, instrumentale, materiale, konstitutionale, adhäsive, Agens-Beziehung, Patiens-Beziehung, prozessuale, thematische und graduative Beziehung. Es zeigte sich, dass in den gefundenen Zusammensetzungen nicht alle von diesen Beziehungen durch zahlreiche Belege vertreten sind, einige sind sogar überhaupt nicht zu finden. Zu finden sind folgende Typen (immer wird Wortbildungsbedeutung und Paraphrase angeführt; Adie erste Konstituente, Bdie zweite Konstituente): Patiens-Beziehung (mit A wird etwas getan) Alkoholmissbrauch, Blutwäsche, Darmbewegung, Darmlähmung, Flüssigkeitsansammlung, Gefäßschwellung, Schleimabsonderung Kausale Beziehung (A ist Ursache von B) Alkohol-Vergiftung, Entzündungsreaktion, Hautproblem, Lageschwindel Finale Beziehung (B ist geeignet für A) Augentropfen, Beruhigungsmittel, Betäubungsmittel, Nasenspülung, Nährstoff Agens-Beziehung (B erzeugt A; A erzeugt B; B tut etwas mit A) Insektengift, Narkosearzt Lokale Beziehung (B befindet sich, vollzieht sich in A; stammt von A; führt zu A) - 56 Bauchorgan, Bauchschmerz, Blutzelle, Brustdrüse, Gelenkschmerz, Harnstein Prozessuale Beziehung (mit A vollzieht sich etwas) Bakerienwachstum, Blickkrampf, Blutbildung, Heilungsprozess Materiale Beziehung (B besteht aus A) Eisenpräparat, Flüssigkeitsschicht, Kaliumpräparat Temporale Beziehung (A nennt Zeitpunkt -raum von B) Anfangsdosis, Monatsblutung Ornative Beziehung (B ist versehen mit A) Aromastoff, Filmtablette aa) Komposita aus Fremdwörtern Eine zahlreiche Gruppe bilden Zusammensetzungen bzw. Determinativkomposita aus Fremdwörtern. Eine solche Zusammensetzung der Fremdwörter erfolgt grundsätzlich nach denselben Gesetzen wie bei den Wörtern heimischen Ursprungs. Viele Bildungen sind hybrid, d.h. sie bestehen aus einem heimischen und einem fremden Element. Das Fremdwort kann als erste (Bronchialkrampf) oder auch als zweite unmittelbare Konstituente (Frühdyskinesie) auftreten. Die Zusammensetzungen aus Fremdwörtern verschiedener Herkunft (meistens lateinisch, griechisch, aber auch englisch) bilden in medizinisch-pharmazeutischen Texten eine große Gruppe. Es kommen auch solche Bildungen vor, in denen Elemente mehrerer Sprachen kombiniert werden (Antibabypille). In unserem Beispiel ist es das griechische Morphem anti, das englische baby und das deutsche pille. b) Das adjektivische Erstglied In der Gruppe von analysierten substantivischen WBK sind auch Konstruktionen mit adjektivischem erstem Glied, obwohl nicht in so hohem Maße wie die Komposita mit substantivischem erstem Glied, belegt. Das Adjektiv in solchen Bildungen wird immer in der unflektierten Form verwendet. In den untersuchten Packungsbeilagen sind folgende Strukturtypen produktiv: A۰S (Aktivkohle, Dickdarm, Dünndarm, Einzeldosis, Gelbsucht); A۰S (Bronchialkrampf); A۰S (Akutbehandlung, Weichkapsel); A۰S(Bewusstsein, Autoimmunkrankheit) Mit Adjektiven als Bestimmungsformen von Komposita wird in der Regel eine Determination bewirkt, die auf eine Eigenschaft des von der Grundform bezeichneten Gegenstands zielt. - 57 c) Der Verbalstamm als Erstglied und das flexionslose Erstglied Nur sehr selten kommen Strukturtypen mit Verb (Verbstamm) oder mit flektionslosem erstem Glied vor. Es lassen sich bei den einzelnen Typen folgende Beispiele anführen: V۰S (Dosierspray, Lutschpastille, Nährstoff); V۰S (Bindegewebe, Drehschwindel, Hörverlust, Saugarbeit, Sehstörug, Schüttelfrost, Wirkkomponente); V۰S (Abbauprodukt); V۰S (Begleiterkrankung, Verschwommensehen). Bei Komposition mit verbaler Bestimmungsform konstituiert die Determinationsbeziehung in der Regel einen Handlungszusammenhang – durch die Bestimmungsform wird der von der Grundform bezeichnete Gegenstand bezüglich einer für ihn chrakteristischen Tätigkeit oder hinsichtlich eines typischen Verwendungszwecks näher spezifiziert. Als flexionsloses Erstglied finden wir keine Pronomen oder Numeralien, nur sehr selten Partikel oder Adverbien. PART۰S (Innenohr, Innenhaut) ; PART۰S (Spätkomplikation); ADV۰S (Mehrfach-Vergiftung, Einmaldosis). Partikeln und Adverbien dienen hier dazu, die Bedeutung der nominalen Grundform in einen Orientierungsrahmen (Raum, Zeit, hierarchische Ordnung o.Ä.) einzuordnen. Alle in diesem Absatz erwähnten Strukturtypen sind eher selten, sie bilden weniger als 5 aller analysierten substantivischen WBK. 4.2. Zusammensetzung – Adjektiv Bei der Darstellung von Zusammensetzung des Adjektivs (und schließlich auch später bei der Ableitung) ist es zu bemerken, dass auch Partizipien mit einzubeziehen sind. Nicht wenige Partizipien werden neben ihrer Rolle im Verbalparadigma auch als reguläre Adjektive/Attribute gebraucht (entwässernd, fortschreitend, sedierend, vorgeschädigt). Auch bei den adjektivischen WBK kennt die syntagmainterne Strukturbeziehung sowohl Subordination, als auch Koordination, wobei bei den zusammengesetzten Adjektiven in den Beipackzetteln beide Beziehungen belegt sind – im Unterschied zu den Substantiven. Außerdem zeigte die Analyse, dass die Zusammensetzung nicht mehr zu der dominanten Wortbildungsart gehört, wie es bei den Substantiven der Fall ist. - 58 - Partizipialkompositum in der Wortbildung des Adjektivs Die Partizipialkomposita nehmen innerhalb der adjektivischen Komposition eine besondere Stellung. In hohem Maße bleiben sie semantisch identische Alternativkonstruktionen syntaktischer Konstruktionen und tendieren nur schwach zur Lexikalisierung. Die Verwendung von solchen Partizipialkomposita (in unserem Fall ausschließlich mit Partizip I.) ist in hohem Maße textsortendifferenziert; in den Packungsbeilagen ist diese Wortbildungsart ohne Zweifel die produktivste im Rahmen der adjektivischen Zusammensetzungen. atemtätigkeit + unterdrückend atemtätigkeitsunterdrückend; harnsäure + ausscheidend harnsäureausscheidend; entzündung + hemmend entzündungshemmend; stimmung + aufhellend stimmungsaufhellend. Die Wortbildungsbedeutungen der Partizipialkomposita entsprechen im Wesentlichen den syntaktisch-semantischen Beziehungen der alternativen syntaktischen Verbkonstruktionen. Bei Komposita mit Partizip I. handelt es sich überwiegend um Entsprechungen eines Akkusativobjektverhältnisses. 4.2.1. Determinativkompositum in der Wortbildung des Adjektivs Das Determinativkompositum bildet eine zahlmäßig viel kleinere Gruppe als bei den Substantiven. Die Mannigfaltigkeit der ersten Konstituenten ist auch nicht so hoch. Die Strukturen beim adjektivischen Determinativkompositum sind folgend : S۰A (alkalifrei); S۰A (altersabhängig, hautfreundlich); S۰A (behandlungsbedürftig, konzentrationsabhängig, PVP-jod-beständig). Die Verbindungen mit dem Initialwort als einer der Konstituenten bewahren die großgeschriebenen Anfangsbuchstaben auch als Bestandteil des Adjektivs; ähnlich ist es bei einigen Determinativkomposita mit substantivischem Erstglied: Fusidinsäureempfindlich, Hustenreiz-dämpfend. Durch die Trennung durch Bindestrich wird die WBK eindeutig übersichtlicher und der Bezug der beiden Komponenten zueinander klarer. Im Wesentlichen ist der Bindestrich aber auf die Koppelung beschränkt. In Bezug auf die Semantik aller Adjektivkomposita ist die Bedeutung der nominalen Bestimmungsform als verdeutlichender Gesichtspunkt heranzuziehen. Wie diese Determinationsbeziehung im Einzelnen beschaffen sit, hängt von der lexikalischen Bedeutung der beiden Bestandteile und von dem weiteren Kontext ab; im Kompositum - 59 selber ist die Beziehung nicht enthalten (hautfreundlich = „freundlich“ gegenüber der Haut, altersabhängig = abhängig vom Alter). Verbalstämme als erste Konstituente finden wir in medizinisch-pharmazeutischen Texten nicht, obwohl sie normalerweise (d.h. in der Gegenwartssprache) in den adjektivischen Zusammensetzungen nicht so selten auftreten. 4.2.2. Kopulativkompositum in der Wortbildung des Adjektivs Kopulativkompositum charakterisiert das koordinative Verhältnis zwischen den Konstituenten, so dass wir auch von Verbindungszusammensetzungen sprechen können. Die Reihenfolge der beiden Konstitunten ist austauschbar, ohne dass dadurch ein grundsätzlicher Bedeutungsunterschied entsteht. Bei den adjektivischen Komposita finden wir nur einen Strukturtyp mit beiden explizit abgeleiteten Konstituenten: A۰A (dermatologisch-ästhetisch, komatös-letal, blutig-schleimig). Die Bildungen in allen unseren Fällen bezeichnen Grenzbereiche. Die Konstituenten des Kopulativkompositums werden immer durch ein Bindestrich getrennt. Die Bindestrichortographie kann dabei als formaler Anhaltspunkt für das Vorliegen einer koordinativen Beziehung gelten. 4.3. Ableitung – Substantiv Es lässt sich feststellen, dass die substantivischen Ableitungen in unseren Texten überwiegend als Konstituenten der Zusammensetzungen (als erste oder zweite Konstituente) vorkommen. Solche Wortbildungstypen ermöglichen noch höheren Grad der Informationsverdichtung. 4.3.1. Explizite Ableitung – Substantiv Die folgende Darstellung der expliziten Ableitungen des Substantivs ist nach der Form der in den Packungsbeilagen produktiven Suffixe geordnet. Das Suffix „-e“ bildet Substantive von verbaler und adjektivischer Basis. Unter den analysierten WBK kommen solche Derivate ausschließlich als Bestandteile der Zusammensetzungen vor. Als Basen kommen sowohl Verben (verbale Basis wird oft abgelautet) als auch Adjektive vor. Bei diesen Konstruktionen geht es meistens um Sachbezeichnungen und Verbalabstrakta. Produktive Wortbildungstypen mit dem Suffix „-e“ sind diese: S۰V, D (-e) (Blutwäsche); S۰A, D (-e) (Fettsäure); V,D (-e)۰S (Folgeerscheinung). - 60 Das Suffix „-ler“ begegnet uns bei Ableitungen aus Wortgruppen, besonders mit den Verben. Bei diesem Wortbildungstyp dient das Suffix in den Packungsbeilagen zur Bildung von Sachbezeichnungen, Nomen instrumenti. S,V۰D (-ler) (Appetitzügler) Das Suffix „-heit“, das v.a. substantivische Eigenschaftsbezeichnungen bildet, kommt wieder als Derivator der einen oder anderen Komponente der Zusammensetzung bei folgenden Wortbildungstypen vor: S۰A, D (-heit) (Darmträgheit); A,D (-heit)۰S (Gesundheitszustand), immer mit einsilbigem adjektivischem Simplex als Basis. Das Suffix „-keit“ kommt in verschiedenen WBK zahlmäßig häufiger als „-heit“ vor. In der Gegenwartssprache lässt sich „-keit“ als kombinatorische Variante von „-heit“ betrachten. (Die Form „-keit“ wird anstelle von „-heit“ stets verwendet, wenn die adjektivische Basis ein Derivat mit den Suffixen „-ig“, „-lich“, „-sam“, „-bar“ ist.) A۰D (-keit) (Fliessfähigkeit); A, D (-keit)۰S (Flüssigkeitsraum); S۰A, D (-keit) (Körperflüssigkeit, Muskelsteifigkeit). Das Suffix „-igkeit“. Ähnlich wie „-keit“ bei adjektivischen Basen mit bestimmten Suffixen obligatorisch ist, wird „-igkeit“ bei adjektivischen Basen auf „-haft“ und „-los“ obligatorisch. Auch dieses Suffix gehört in medizinisch-pharmazeutischen Texten zu den produktiven, v.a. bei folgendem Wortbildungstyp: A۰D (-igkeit) (Schlaflosigkeit, Bewusstlosigkeit). Semantisch bilden alle drei Suffixe Eigenschfts-Nomina. Das Suffix „-ung“ ist in der deutschen Gegenwartssprache eines der produktivsten substantivbildenden Suffixe. Es zeigte sich, dass das Suffix auch in unseren Typen von WBK sehr produktiv ist, es ist hier sogar der produktivste wortbildende substantivische Suffix; immer mit verbaler, nie mit nominaler Basis. Auch „-ung“ finden wir als Derivator einer der Konstituenten bei Zusammensetzungen, kaum sind „-ung“-Derivate außerhalb der Komposita zu finden. Die verbale Basis ist entweder Simplex oder Präfixbildung, Präfixbildungen sind jedoch häufiger. V۰D (-ung) (Blähung); V۰V, D (-ung) (Sehstörung); V, D (-ung)۰S (Anwendungsdauer); S۰V, D (-ung) (Blutzuckespiegelerhöhung); - 61 V,D(-ung)۰V,D(-ung) (Dosierungsempfehlung, Durchblutungsstörung, Leistungsstörung, Wirkungsabschwächung). Der letztgenannte Strukturtyp mit zwei „-ung“-Derivaten in einer Zusammensetzung ist sehr häufig. Alle „-ung“-Derivate sind meistens Nomina actionis – substantivische Bezeichnungen von Handlungen (Blähung blähen, Störung stören, Erhöhung erhöhen usw.). Durch eine Kombination der Wortbildungsverfahren Derivation und Komposition (wie bei den letzten vier gezeigten Wortbildungstypen) kann die lexikalische Information eines mehrgliedrigen verbalen Ausdrucks in einem komplexen Nomen komprimiert werden. Das Diminutivsuffix „-chen“ der Derivate (und folglich auch innerhalb von Zusammensetzungen) hat keine emotionale oder expressive Färbung, sondern drückt die Verkleinerung als objektive Eigenschaft aus. Diese Diminutiva treten auch in der Schriftsprache und Fachsprache auf. Meistens sind sie lexikalisiert bzw. idiomatisiert. Diese Benennungen bezeichnen meist kleine, sogar mikroskopische Elemente, die in großen Mengen auftreten. S, D (-chen) ۰S (Bläschenbildung); S۰S, D (-chen) (Wikstoffteilchen, Blutplättchen); V۰S, D (-chen) (Flimmerhärchen). Demgegenüber kommen andere Diminutivsuffixe, z.B. „-lein“ nicht vor. Unter Fremdsuffixen, denjenigen Ableitungselementen, die aus nur wenig dem Deutschen asimilierten Entlehnungen abgelöst wurden und im Deutschen analysierbar sind, kommen erwartungsgemäß einige innerhalb der Ableitungen vor, die v.a. Nomina actionis und Nomina acti zum Ausdruck bringen. Zu den produktiven Fremdsuffixen in den Packungsbeilagen gehören: „-enz“, „-anz“ überwiegend zur Bildung von Nomen qualitatis, eine einheitliche Bedeutungsklasse lässt sich aber nicht angeben (Potenzstörung, Herzinsuffizienz, Herzschlagfrequenz); „-ie“, „-erie“ als Suffixe zur Bildung der Bezeichnungen für Disziplinen (Therapieunterbrechung); „-ion“, „-ation“ zur Bildung von Nomen actionis (Kreislauffunktion, Atemwegsobstruktion, Gefässweiten-Regulation); „-ose“ als Suffix, das zu den charakteristischen in dem Fachbereich der Medizin und Chemie gehört. Die Ableitungen sind überwiegend Krankheitsbezeichnungen, das - 62 Suffix ist sehr produktiv auch bei Bildung der chemischen Nomenklatur (Lactose, Thrombose, Narkosearzt); „-atur“ als Derivator zur Bildung von Kollektiva (Rückenmuskulatur); „-ant“, „-ent“ als Suffixe, die vorwiegend zur Bildung von deverbativen Personenbezeichnungen – Nomina agentis – dienen (Glaukompatient, Prädnisolonäqivalent); „-at“ zur Bildung von Nomen acti (Kaliumpräparat, Präparatewechsel). 4.3.2. Implizite Ableitung – Substantiv Die implizite substantivische Ableitung ist in der Regel ein Verbalsubstantiv. Die Basis der Ableitungen sind sowohl starke, als auch schwache Verben; entweder einfach oder präfigiert. Implizite Ableitungen von einfachen Verben finden wir in unseren Proben kaum. Viel häufiger bilden die Basen Präfixverben und Komposita. Die Derivate sind ausschließlich Nomen acti und Nomen actionis. Als Beispiele sind folgende Bildungen (Zusammensetzungen) mit einem impliziten Deverbativum als einer der Konstituenten zu nennen: Abbauprodukt, Abwehrreaktion, Bewusstseinsverlust, Bluterguss, Darmdurchgangszeit, Nesselausschlag, Pilzbefall, Therapieabbruch. 4.3.3. Konversion – Substantiv Neben die implizite Ableitung wäre, unserem Belegmaterial nach, noch Konversion zu stellen. An dieser Stelle ist der substantivierte oder nominalisierte Infinitiv zu erörtern: Bei der Konversion wird nicht nur der Verbalstamm – wie bei der impliziten Ableitung – sondern die Konstruktion aus Verbalstamm + Infinitivendung substantiviert. Der substantivierte Infinitiv erscheint als einfacher, präfigierter oder zusammengesetzter Infinitiv. Dass Konversion in unseren Texten zu den produktiven Wortildungsarten gehört, daran besteht kein Zweifel. Konvertierte Formen dienen als Nomen acti und Nomen actionis und erscheinen in den Packungsbeilagen immer als zweite Konstituente einer Zusammensetzung. Konversion der einfachen Verben: Herzklopfen, Heuschnupfen, Magendrücken (Kombination mit einem Simplex); Gallensteinleiden, Blutzellschaden (Kombination mit einer Zusammensetzung). Konversion der präfigierten Verben: Geschmacksempfinden, (Kombination mit einem Simplex); Kreislaufversagen Zusammensetzung). Harnverhalten (Kombination mit einer - 63 In seiner Wirkung im Text ermöglicht das Wortbildungsverfahren der deverbalen Konversion beträchtliche textuelle Raffungen, die den Nominalstil kennzeichnen. Konversion als Substantivierung von Adjektiven (und Partizipien) gehört nicht zu den produktiven Wortbildungsarten in pharmazeutisch-medizinischen Texten, weil die Eigenschaften und Charakteristika in der terminologisierten Lexik meist anders als durch Substantive zum Ausdruck gebracht werden (z.B. als adjektivisches Erstglied eines Kompositums oder als selbständiges Adjektiv). 4.4. Ableitung – Adjektiv Allgemein ist die Situation bei den abgeleiteten Adjektiven etwas anders als bei den Substantiven – der Übergang zwischen Ableitung und Zusammensetzung ist fließend, es handelt sich v.a. um Bildungen auf -voll, -reich, -arm, -leer, -frei u.ä. (siehe Kapitel 4.4.1. unten) , zu denen auch homonyme freie Adjektive bestehen. 4.4.1. Explizite Ableitung – Adjektiv Ähnlich wie bei den adjektivischen Kopulativkomposita und substantivischen Determinativkomposita die einzelnen Konstituenten durch Bindestrich getrennt werden, werden auch bei einigen expliziten adjektivischen Ableitungen die Initialwörter, Abkürzungen und verschiedenartige Benennungen (meistens von Pharmaka, chemischen Stoffen oder Erkrankungen) oft durch Bindestrich getrennt (Anginapectoris-artig, Lupus-ähnlich, Metoclopramid-haltig). So wird der Bezug zur Basis noch hervorgehoben, solche Ableitung ist eindeutiger und übersichtlicher. Es ist offensichtlich eines der Ergebnisse, die die Rechtschreibreform mit sich gebracht hat. Auch hier bei den Adjektiven werden die Ausführungen nach den produktiven Suffixen und produktiven Komponenten , die dem Übergangsbereich gehören, geordnet. Das „abgeleitete“ Suffix „-artig“ konkurriert bei der Bildung von Vergleichen dem Suffix „-haft“. („-artig“ bildet einen bestimmten Grenzfall – man darf es nicht ohne weiteres als ein selbständiges, eigenes Suffix betrachten, es ist Ableitunug von „-ig“; ähnlich wie „-förmig“ und „-haltig“.) S۰D (-artig) (krampfartig, nesselartig); S۰D (-artig) (Angina-pectoris-artig, heuschnupfenartig); A۰D (-artig) (bösartig, gutartig). Das Suffix „-ig“ gehört zu den produktivsten Adjektivsuffixen der deutschen Gegenwartssprache, was auch in unseren Texten zum Vorschein kommt. - 64 Es treten überwiegend Verben als Basen (bei den starken Verben sind es nicht Infinitivstämme, sondern Ablautformen), wobei die so gebildeten Derivate die zweite Konstituente einer Zusammensetzung bilden. S۰V, D(-ig) (behandlungsbedürftig); S ۰P,V,D(-ig) (wärmedurchlässig, dosisabhängig, sekretdurchlässig). Die Bildungen mit „-ig“ behalten im Regelfall – wie die meisten suffigierten Adjektive – die volle Bedeutung ihrer Grundform und bezeichnen vorzugsweise körperliche oder seelische Eigenschften von Menschen oder charakterisieren Gegenstände oder Sachverhalte. Zu den produktivsten Elementen bei der Wortbildung des Adjektivs in den Packungsbeilagen gehört die „-ig“-Ableitung „-haltig“, die Derivate von einer Wortgruppe als Basis bildet: aluminium enthalten aluminiumhaltig; hormone enthalten hormonhaltig; jod enthalten jodhaltig; linolsäure enthalten linolsäurehaltig; eisen enthalten eisenhaltig. Das Suffix „-isch“ bildet adjektivische Derivate von Fremdwörtern (Simplizia oder Zusammensetzungen als Basis). Auch dieses Element gehört zu den produktiven in unseren Texten, v.a. diesen Strukturtypen folgend: S۰D(-isch) (alkoholisch, analgetisch, diabetisch, genetisch); S۰D(-isch) (chemotherapeutisch, epidemiologisch, embryotoxisch, hirnorganisch, thromboembolisch). Wie die ausgewählten Beispiele zeigen, handelt es sich um Relativadjektive, die keine in stärkerem oder geringem Grade vorhandene Eigenschaft ausdrücken und deshalb nicht steigerungsfähig sind. Sie bringen die semantische Zusammengehörigkeit mit dem entsprechenden Nomen zum Ausdruck (alkoholisch = hat die gleichen Eigenschaften wie Alkohol). Das Suffix „-lich“ gehört neben „-ig“ und „-isch“ zu den produktivsten Adjektivsuffixen der deutschen Gegenwartssprache und so ist es auch in den Beipackzetteln. Bei den desubstantivischen Bildungen sind folgendeTypen vertreten: S۰D(-lich) (ärztlich, erblich); S۰D(-lich) (arzneilich, fachärztlich, zahnärztlich). In semantischer Hinsicht sind desubstantivische Derivate vorwiegend Beziehungsadjektive mit Personenbezeichnung als Basis. Bei den deverbalen Bildungen (Basis ist präfigiertes Verb, nicht Verbalstamm) sind es: V۰D(-lich) (entzündlich, empfindlich); - 65 oder als Konstituenten in Zusammensetzungen: S۰V,D(-lich) (magenverträglich, hautverträglich). Produktiv sind auch mehrere Fremdsuffixe: „-al“ (gastrointestinal, grippal); „-ell“ (bakteriell, hormonell); „-ant“„-ent“ (magensaftresistent); „-iv“ (depressiv, erosiv); „-os“„-ös“ (intravenös, nervös); „-är“ (muskulär, linksventrikulär). Alle genannten Suffixe Determinationszusammenhang signalisieren zwischen der semantisch Grundform und einen einem offenen anderen Sprachzeichen. Oft bilden explizite adjektivische Ableitungen auch folgende Elemente mit Suffixcharakter – Halbsuffixe (Basen sind substantivische Simplizia oder Zusammensetzungen): „-arm“ – zum Ausdruck des Vorhandenseins im geringen Maße (kaliumarm, lipidarm); „-reich“ – zur Bezeichnung des Vorhandenseins oder Überflusses (balaststoffreich, faserreich); „-ähnlich“ – zum Ausdruck der Ähnlichkeit (asthmaähnlich, fettähnlich); „-frei“ – zum Ausdruck des Nichtvorhandenseins (rezeptfrei, schmerzfrei). 4.5. Präfixbildung – Substantiv Im Unterschied zu den Zusammensetzungen und Suffixbildungen sind die Präfixbildungen im Allgemeinen beim Substantiv weniger entwickelt. ● Das Präfix „miss-” (Die Bildungen mit „miss-” gehen meistens vom Infinitiv des Verbs aus, das als Ganzes substantiviert worden ist: Alkoholmissbrauch < missbrauchen. Es handelt sich bei solchen Fällen um implizite Derivation.) Produktiv ist „miss-„ auch als Präfix. In Abhängigkeit vom semantischen Charakter der zweiten Konstituente umfasst die Bedeutung Negation: P (miss-)۰V (Missempfindung) ● Zu den produktiven Elementen gehören auch einige Präfixe und Präfixoide der Orientierung. Sie dienen dazu, die Bedeutung der nominalen Grundform in irgendeinen Orientierungsrahmen einzuordnen (mit dem entsprechenden vorkommenden Lexem sind sie nicht bedeutungsgleich) : selbstständig - 66 „haupt-” (Hauptbeschwerde) als Präfixoid zur Bezeichnung der Hervorhebung eines Begriffes – also Orientierung in einem bestimmten hierarchischen Rahmen; „grund-” (Grunderkrankung) als Präfixoid zur Hervorhebung des Wesentlichen, das der Sache „zugrunde“ liegt, teilweise synonymisch zu „haupt-”; „neben-” ordnet die Grundform in den räumlichen (Nebenhöhlenentzündung, Nebenniere) oder hierarchischen (Nebenwirkung) Rahmen ein; „gegen-” als Präfix zum Ausdruck des Entgegengesetzten (Gegenanzeige, Gegenmittel); „über-” (Überdosierung) zum Ausdruck des über eine bestimmte Grenze hinausgehenden, also zur Orientierung im Rahmen der Normativität; „unter-”, das das Nichterreichen des Normalmaßes bezeichnet (Unterfunktion) oder die Einordnung in einen räumlichen Rahmen signalisiert (Unterlid, , Unterschenkel); „vor-” kennzeichnet etwas, was räumlich oder zeitlich vor einer anderen Größe liegt (Vorerkrankung, Vorschädigung). ● An Fremdpräfixen sind folgende in den Packungsbeilagen produktiven zu erwähnen: „dys-” (Frühdyskinesie) als Negationssuffix zum Ausdruck des Falschen, Schlimmen; „in-” (Herzinsuffizienz) als anderes Negationssuffix; „anti-” (Antibabypille, Hautantibiotikum), das dem deutschen „gegen-” entspricht. Dieses Element ist im Bereich der Pharmazeutica sehr produktiv. „re-” (Reaktionsbereitschaft), das dem deutschen „wieder” entspricht und signalisiert den Bezug auf die „Gegenhandlung“. 4.6. Präfixbildung – Adjektiv Im Unterschied zu den Zusammensetzungen und den expliziten Ableitungen sind die Präfixbildungen sowohl beim Adjektiv als auch beim Substantiv weniger dominant. Von den heimischen Suffixen sind nur zwei produktiv: „un-” – mit der Bedeutung „nicht“ bei den Adjektiven (unempfindlich, ungesättigt); „hoch-” – als Präfix mit homonymem freien Adjektiv „hoch“ (hochdispers, hochdosiert). An den Fremdsuffixen sind folgende produktiv: „dis-”(dys-”) – Negationspräfix (dyskinetisch); „extra-” – in der Medizin nicht als Suffix der Verstärkung, sondern mit Bedeutung „extern“, also als Präfix der räumlichen Orientierung und Einordnung (extrapyramidal); „intra-” – antonymisch zu „extra-” (intrakraniell); „hyper-” – als Suffix der Steigerung und Verstärkung (hyperreaktiv); - 67 „anti-” – mit der gleichen Bedetung wie bei dem Substantiv (antientzündlich). Zusammenfassend zum 4. Kapitel: Die Analyse zeigte, dass wir in den Packungsbeilagen in großem Maße Wortbildungsarten bzw. Wortbildungstypen finden, durch die solche WBK entstehen, die für die medizinisch-pharmazeutische Sphäre semantisch charakteristisch sind; die WBK sind der beschränkten Anzahl von onomasiologischen Kategorien einzuordnen. Beim Substantiv sind es v.a. Nomina acti und Nomina actionis, die zu den medizinischen Kategorien gehören, die im Kapitel 2.1. behandelt wurden. Es überwiegen Konkreta, aber es sind auch Abstrakta nicht ausgeschlossen, sofern sie terminologisch relevant sind (Blutwäsche, Fliessfähigkeit...). Auf der anderen Seite zeigte sich, dass die am häufigsten vorkommenden Wortbildungsarten – v.a. Zusammensetzung – einen hohen Grad der Verdichtung von Informationen ermöglichen; Komposita kann man nämlich als Raffungen von Sätzen betrachten, sie werden auch Wort-Syntagmen genannt. Wenn ein Text u.a. solche Konstruktionen enthält, können wir behaupten, dass er in hohem Maße informativ ist, was bei den Packungsbeilagen der Fall ist. Der fachsprachliche Nominalstil, von dem bereits früher die Rede war, kommt vornehmlich durch die Verfahren der nominalen Wortbildung zustande, also durch Komposition, Derivation und Konversion, was schließlich unsere Analyse nur bestätigte. Bei den substantivischen WBK dominiert eindeutig Mehrfach-Komposition. Mit der Wortstruktur wird so gleichzeitig Mehrfaches erreicht: Ausdrucksexplikation, -präzision und -kondensation. Die Ableitungen beim Substantiv gehören auch zu den in unseren Texten häufig vorkommenden WBK. Die Mehrzahl stellen dabei explizite Ableitungen dar, die dann am öftesten als Konstituenten der Zusammensetzungen auftreten. Der Effekt auf den Text ist schließlich derselbe wie bei der Mehrfach-Komposition (siehe oben). Bei der expliziten Ableitung des Substantivs überwiegt Suffigierung, wobei nicht alle Suffixe gleichmäßig produktiv sind. Aus dem Inventar der Präfixe sind auch nicht alle in unseren Texten produktiv. Zu ähnlichen Ergebnissen bei den Untersuchungen zu Affixen in fachsprachlichen Texten verschiedener Sprachen ist auch Hoffmann gekommen: „Nur eine begrenzte Anzahl von Suffixen und Präfixen, die in normativen Darstellungen der Gesamtsprache genannt werden, tritt in den entsprechenden Fachtexten häufig auf; einige fehlen ganz, andere sind sehr selten.“ (Hoffmann 1987: 118) Bei den in unseren Texten nicht produktiven Affixen handelt es sich meistens um solche, die entweder (heutzutage) allgemein nicht mehr oder nur zum gewissen Grade - 68 produktiv sind oder liegt die Ursache in ihrer Semantik (z.B. diminuierend-pejorative Färbung des Suffixes „-sel”) – für manche semantische Gruppen von Wörtern gibt es kein Bedarf, sie in unserer Art von Texten zum Ausdruck zu bringen, die Benennungen für bestimmte Gegenstände oder Sachverhalte gehören nicht zur terminologisch relevanten Lexik der Medizin und der benachbarten Fachgebiete. Von besonderer Bedeutung ist die Bemerkung, dass die Affixe, die in diesem Kapitel als produktiv bezeichnet wurden, in den analysierten Texten nur in der erwähnten Funktion – nur beim erwähnten Wortbildungstyp – produktiv sind, soweit Affixe polyfunktional sind. Bei den substantivischen Präfixen in den Texten zeigten sich als besonders produktiv solche, die die Einordnung in einen (räumlichen, zeitlichen, hierarchischen o.Ä.) Rahmen zum Ausdruck bringen; die WBK sind am öftesten Nomen actionis, acti und Nomen ähnlich wie bei den substantivischen Zusammensetzungen. Die Ergebnisse im Bereich der adjektivischen Wortbildung sind anders. Die dominante Wortbildungsart ist nicht mehr Zusammensetzung, sondern explizite Ableitung. Zu der Semantik von adjektivischen Derivaten ist zu sagen, dass sie in den Packungsbeilagen am häufigsten die relevanten Eigenschaften von Menschen (oft Patienten), Pharmaka und Charaktristika von den (krankhaften) Zuständen zum Ausdruck bringen. Besondere Rolle spielen sehr produktive Partizipialkomposita, die als semantisch identische Alternativkonstruktionen zu Syntagmen, Informationsverdichtung ermöglichen. einen hohen Grad von - 69 Zusammenfassung In der Einleitung zu meiner Diplomarbeit setzte ich mir das Ziel, die Besonderheiten der Textsorte Packungsbeilage zu untersuchen und die produktivsten Wortbildungsarten zu finden und ihre Produktivität zu begründen. Ich zeigte, dass die Packungsbeilage eine besondere Textsorte ist, die in eine spezifische Kommunikationssituation eingebettet ist. In erster Linie ist aber jeder Beipackzettel ein Text, der alle Kriterien der Textualität erfüllt. Unsere analysierten Texte gehören zum Bereich der s.g. vermittelnder Textsorten – sie vermitteln das Wissen zwischen dem Fachmann (aus dem Wissenschaftsbereich der Medizin und Pharmazie) und dem Laien (Patienten); wobei diese Kommunikation indirekt ist, es fehlt der unmittelbare Kontakt zwischen dem Produzenten und dem Rezipienten des Textes. Die wichtigsten Funktionen einer Packungsbeilage sind Deskription, Appell und Instruktion. Mit der spezifischen Kommunikationssituation bei einer Packungsbeilage hängt auch der Aufbau des Textes als solchen: der Text ist in übersichtliche Teiltexte mit vorgeschriebenem Inhalt gegliedert, was auch gesetzlich gesteuert wird, es werden verschiedene typographische Darstellungsmöglichkeiten verwendet, der visuelle Code – das Alles, um dem Patienten die Rezeption zu erleichtern und der sicheren und erfolgreichen medikamentösen Therapie zu verhelfen. Ich beschäftigte mich auch mit dem Aspekt der Produktion und Rezeption einer Packungsbeilage und mit den Besonderheiten der medizinischen Lexik, die in dieser Art von Texten verwendet wird. In meiner Arbeit zeigte ich auch, wie und mit welcher Häufigkeit die einzelnen Kohäsionsmittel in einer Packungsbeilage realisiert werden im Unterschied zu einem Text anderer Textsorte. Die spezifische Realisierung von einigen Mitteln erwies sich als textsortenabhängig. Eine weitere praktische Untersuchung bildete die Analyse der Wortbildung in den Packungsbeilagen, die die in den Texten produktiven Wortbildungsarten und Wortbildungstypen zeigte. Es wurden Wortbildungskonstruktionen im Bereich des Substantivs und Adjektivs untersucht, wobei die Analyse zu folgenden Ergebnissen führte: beim Substantiv sind sehr produktiv Zusammensetzungen, v.a. Mehrfach-Komposita; beim Adjektiv dominiert die explizite Ableitung und Bildung von Partizipialkomposita. Die so gebildeten Konstruktionen ermöglichen einen hohen Grad der Informationsverdichtung, was bei den Packungsbeilagen äußerst erwünscht ist. Es zeigt sich auch, dass die Wortbildungsprodukte nur unter bestimmte onomasiologische Kategorien einzuordnen - 70 sind; schließlich sind sie dann zu den von I. Wiese genannten medizinischen Kategorien zu zählen: z.B. Nomen actionis Hautentzündung aus der Kategorie „Symptome“. Bereits in der Einleitung erwähnte ich die Tatsache, dass das Thema und der ganze Bereich der Fachsprache noch umfangreicher ist, als auf den ersten Blick zu scheinen mag. Im Laufe der Vorarbeiten und der Verfassung zeigten sich mehrere Bereiche und Probleme, die noch weiter auszuarbeiten sind. Dabei denke ich v.a. an weitere Untersuchungen zu den Benennungsarten in der Medizin, gründlichere Untersuchung der motivierten Benennungen, Mehrwortbenennungen ggf. usuellen Wortverbindungen in dem Fachbereich der Medizin. Alles, was in dieser Arbeit nicht erschöpfend dargestellt werden konnte, verstehe ich natürlich als Anlass zur weiteren Bearbeitung in der Zukunft. - 71 Resumé V úvode k tejto práci som si stanovila cieľ, preskúmať príbalový leták liečiv ako špecifický druh textu, nájsť produktívne slovotvorné druhy a typy a zdôvodniť ich produktivitu. Poukázala som, že príbalový leták je svojrázny textový druh, ktorý je zakomponovaný do špecifickej komunikačnej situácie. V prvom rade je ale každý takýto leták text, ktorý spĺňa všetky kritériá textuality. Texty, ktoré som analyzovala patria do oblasti takých, ktoré sprostredkujú poznatky medzi odorníkmi (z vedeckej oblasti medicíny a farmácie) a pacientom, najčastejšie laikom. Komunikácia je nepriama, chýba bezprostredný kontakt medzi producentom a recipientom textu. Najdôležitejšími funkciami takéhoto textu je opisná, apelatívna a inštruktívna funkcia. Spomínaná nepriama komunikačná situácia je pre príbalové letáky charakteristická a s ňou súvisí aj výstavba textu ako takého: text je členený na prehľadné čiastkové texty s predpísaným obsahom. Toto členenie a obsah čiastkových textov je stanovený zákonom, čo je výrazným faktorom ovplyvňujúcim produkciu textov tohoto druhu. Príbalový leták využíva často rôzne typografické možnosti a tzv. vizuálny kód, všetko na uľahčenie recepcie a zabezpečenie účinnej a úspešnej medikamentóznej terapie. V práci som sa zaoberala aj aspektom produkcie a recepcie príbalového letáka a zvláštnostiam lexiky:v záujme zabezpečenia čo najvyššej miery porozumenia sa používaju označenia z rôznych medicínskych komunikačných sfér – od termini technici až po bežné výrazy, ktoré poznajú aj laici. V práci ukazujem aj to, akým spôsobom a s akou frekveciou sú v porovnaní s iným druhom textu realizované jednotlivé prostriedky kohézie. Ukázalo sa, že špecifická realizácia niektorých z nich do istej miery závisí od druhu textu. Ďalšou praktickou úlohou bola analýza slovotvorby v príbalových letákoch. Boli skúmané slovotvorné konštrukcie pri podstantných a prídavných menách, pričom som dospela k nesledujúcim záverom: pri podstatných menách sú v príbalových letákoch dominantné zloženiny, predovšetkým viacnásobné zloženiny; pri prídavných menách sú produktívne prevažne explictne odvodené slová a zloženiny s particípiami. Takéto konštrukcie umožňujú vysoký stupeň zhustenia informácií, čo je pri príbalových letákoch žiadané. Analýza ukázala, že takto vzniknuté slová patria vždy len do určitých onomaziologických kategórií. Tie možno následne priradiť medicínskym kategóriám, ktoré spomína I.Wiese: napr. Nomen actionis Hautentzündung z kategórie „symptómy“. Už v úvode som spomenula, že táto téma a celá oblasť jazyka vedy je oveľa rozsiahlejšia ako by sa na prvý pohľad zdalo. Počas písania práce sa objavilo niekoľko - 72 oblastí a problémov, ktoré by mali byť určite rozpracované dôkladnejšie. Myslím tým predovšetkým skúmania ďalších pomenovacích spôsobov v medicíne – dôkladné preskúmanie motivovaných pomenovaní, viacslovných pomenovaní, príp. ustálených slovných spojení v medicíne. To, čo v rámci tejto práce nebolo možné analyzovať detailnejšie chápem samozrejme ako tvorivý impulz do budúcnosti. - 73 Literaturverzeichnis 1. Quellennachweis -ACC® akut 200 Hustenlöser, Hexal AG, Stand der Information: Oktober 2003. -Agiolax® Pico, Madaus AG, Stand der Information: Oktober 2001. -Agopton® 30mg-Kapseln, Takeda Pharma GmbH, Stand der Information: Oktober 2003. -Aspirin® PlusC, Bayer Vital GmbH&Co. 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79 eDarmträgheit rDarmverschluss eDarreichungsform eDauerbehandlung eDauertherapie eDesensibilisierungstherapie eDialysemembrane rDickdarm r,sDosierspray eDosisanpassung eDosiserhöhung eDosierungsanleitung eDosierungsanweisung eDosierungsempfehlung sDosierungsintervall rDosierungsspielraum eDosissteigerung eDosisverminderung rDrehschwindel sDrüsenfieber rDuftstoff eDurchblutung eDurchblutungsstörung rDurchfall eDurchfall-Behandlung eDurchschlafstörung rDünndarm E eEdetinsäure eEinmaldosis rEinnahmeabstand sEinnahmeintervall eEinnahmevorschrift rEinnahmezeitpunkt eEinschlafstörung eEinzeldosis rEisenmangel sEisenpräparat eEiweissausscheidung EKG-Veränderung rElektrolythaushalt eElektrolyt-Lösung eElektrolytstörung rElektrolytverlust eElektrolytverschiebung eEmpfängnissverhütung eEntleerungsstörung eEntwässerung eEntzündung eEntzündungsreaktion sErbrechen eErlebnisreaktion eErhaltungsdosis eBluteindickung eErnährungsstörung sErscheinungsbild eErschlaffung F rFarbstoff eFettsäure eFilmtablette eFliessfähigkeit sFlimmerhärchen eFlimmerzelle eFlüssigkeitsansammlung eFlüssigkeitsaufnahme rFlüsigkeitsmangel rFlüssigkeitsraum eFlüssigkeitsreserve eFlüssigkeitsschicht eFolgeerscheinung eFolsäuremangel sFortpflanzungsorgan eFrühdyskinesie rFrühlingskattarh eFusidinsäure G eDarmstörung eGeschwürbildung rGesichtsbereich sGesichtsödem eGesichtsröte eGesichtsrötung eGesichtsschwellung rGesundheitszustand rGewebsschaden eGewebeschwellung eGewichtsabnahme eGewichtskontrolle eGewichtzunahme rGichtanfall sGichtmittel eGiftentfernung eGinkgolsäure rGlaukompatient eGrosshirnrinde eGrunderkrankung eGrundkrankheit H rHaarausfall eHaarzunge rHalsbereich eGalactoserHals-Nasen-Ohren-Bereich Unverträglichkeit rHalsschmerz eGallenblasenentzündung eHarnausscheidung eGallestauung rHarnstein rGallenstein Harnwege, nur Pl. sGallensteinleiden eHauptbeschwerde eGasbildung eHarnsäureausscheidung eGedächtnisstörung rHarnsäuregehalt eGefässbeteligung rHarnsäurewert eGefässentzündung rHarnstoff eGefässerkrankung sHarnverhalten eGefässerweiterung eHarnzuckerbestimmung rGefässkrampf sHautantibiotikum eGefässschwellung eHautarznei eGefässverengung rHautausschlag eGefässwand sHautbild eGefässweiten-Regulation rHauteinriss eGegenanzeige eHautentzündung sGegenmittel eHauterkrankung eGelbsucht eHauterscheinung eGelenkentzündung sHautfett eGelenkerkrankung sHautheilmittel eGelenkschmerzen eHautinfektion eGerinnungsfähigkeit eHautirritation sGesamtcholesterin eHautoberfläche rGesamteHautpflege Cholesterinspiegel eHautpflegemassnahme rGesamtcholesterinwert sHautproblem - 80 eHautreizung eHautrötung rHautschaden eHautverletzung eHautunverträglichkeit eHautverträglichkeit rHautzustand rHeilungsprozess rHeilungsverlauf eHeiserkeit rHemmstoff sHerzengegefühl eHerzerkrankung rHerzinfarkt eHerzinnenhaut eHerzinsuffizienz sHerzjagen eHerzkammer rHerzklappenfehler sHerzklopfen eHerzkrankheit sHerzkranzgefäss eHerz-KreislaufNebenwirkung rHerz-Kreislauf-Stillstand eHerzleistungsschwäche rHerzmuskel eHerzmuskelerkrankung eHerzmuskelschwäche eHerzrhytmusstörung eHerztätigkeit rHirnschaden rHerzschlag eHerzschlagfrequenz sHeuschnupfen rHilfsstoff sHirngefäss rHistamin-Rezeptor sHitzegefühl eHitzewallung rHIV-Protease-Hemmstoff rHörverlust rHormonhaushalt eHornschicht eHornzelle I sGeschmacksempfinden eGeschmacksveränderung sInnenohr sInsektengift eIntervallbehandlung J eIndikationsgruppe eInfektanfälligkeit eInfektionsneigung sInhalationsgerät eInhalationstherapie rInhaltsstoff rInjektionszweck rLaborwert eLaborwertänderung rLactasemangel rLageschwindel eLangzeitanwendung eLangzeitbehandlung eLangzeittherapie rJuckreiz K eKaliumausscheidung eKaliumdiät rKaliumgehalt sKaliumpräparat rKaliumverlust eKaliumzufuhr sKapillargefäss eKapselhülle rKehlkopf eKehlkopfschwellung rKetonkörper rKieferbereich rKiefermuskelkrampf sKnochengewebe sKnochenmark eKochsalzlösung rKohlenwasserstoff eKonzentrationsstörung eKörperflüssigkeit sKörpergewebe sKörpergewicht eKörperzelle rKonservierungsstoff eKrampfader rKrampfanfall sKrankheitsbild eKrankheitserscheinung sKrankheitsgefühl sKrankheitsgeschehen eKrankheitsgeschichte sKrankheitszeichen eKreislauffunktion eKreislaufstörung sKreislaufversagen eKreuzallergie eKrustenbildung L eHautreaktion eLeberentzündung rLeberenzymwert eLebererkrankung eLeberfunktion eLeberfunktionsparameter sLeberkoma rLeberschaden eLeberstörung sLeberversagen rLeberwert eLederhaut eLeistungsstörung eLangzeit-Therapie sLeberenzym eLebererkrankung eLeberfunktionsprüfung sLeberleiden eLichtempfindlichkeit rLipidgehalt eLiposomen-Technologie eLockerungsübung eLuftnot Luftwege eLungenentzündung sLungengewebe eLungentuberkulose eLutschpastille eLymphgefässentzündung eLymphknotenschwellung sLymphsystem M eMagenbeschwerde rMageneingang sMagengeschwür rMageninhalt eMagen-Darm-Beschwerde eMagen-Darm-Blutung eMagen-Darm-Störung rMagen-Darm-Trakt sMagendrücken eMagenentleerung eMagenreizung eMagenspüllung eMagenstörung rMagnesiumverlust eMaisstärke eMaisquellstärke eMedikamentendosis eMehrfach-Vergiftung rMilchfluss eMilchsäure rMineralstoff - 81 rMineralstoffverlust eMissempfindung eMittelohrentzündung eMonatsblutung rMundbereich eMundschleimhautentzündung eMundtrockenheit eMuskelempfindlichkeit eMuskelentspannung rMuskelkrampf eMuskelpumpe rMuskelschmerz eMuskelschwäche eMuskelsteifigkeit eMuskelverspannung eMuskelzelle N eNahrungsaufnahme rNarkosearzt rNarkosebeginn sNarkosemittel rNasenansatzstück sNasenbluten rNasendach eNasendusche rNasenfluss sNasenjucken eNasenmaske rNasenraum eNasenschleimhaut eNasenspülung Nasenwege rNatriumgehalt rNatriummangel sNatriumsalz rNährstoff eNebenhöhlenoperation eNebenhöhlenwand eNebenniere sNebennierenmark sNebennierenrindenhormon eNebenhöhlenentzündung eNebennierenrinde eNebennierenrindenfunktion rNebennieren-Tumor eNebenwirkung sNebenwirkungsrisiko sNervensystem rNesselausschlag sNesselfieber eNesselsucht eNierenarterienverengung eLebensmittelallergie eLebensmittelunverträglichkeit eNierenentzündung eNierenerkrankung eNierenfunktion eNierenfunktionsschwäche eNierenfunktionsstörung eNierenleistung rNierenstein eNierenverpflanzung sNierenversagen rNormwert eNotfallbehandlung eNutzen-RisikoAbschätzung eNutzen-RisikoAbwägung sNutzen-RisikoVerhältniss O eOberhaut rOberschenkel sOhrensausen sOhrgeräusch sÖl-in-Wasser System rÖl-in-Wasser Typ eÖlsäure eOrganschädigung P sPeak-flow-Meter ePenicillinÜberempfindlichkeit rPflanzeninhaltsstoff ePflege-Emulsion sPflegekonzept r pH-Wert ePhenytoin-Wirkung rPilzbefall ePilzerkrankung ePotenzstörung rPlasmaspiegel rPrednisolonäquivalent ePräparategruppe rPräparatewechsel eProthrombinzeit Q eQuaddelbildung R eRachenmandel rRachenraum rMineralstoffgehalt sRheumamittel eRissigkeit rRückbildungsvorgang eRückenmuskulatur S eSalbutamolanwendung eSalicylsäure eSalzsäure rSauerstoffeinfluss eSauerstoffmolekuelle eSaugarbeit sSäure-BasenGleichgewicht eSehstörung eSelbstbehandlung rSerumkaliumspiegel eSerumkrankheit eSexualfunktionstörung Schaufensterkrankheit eSchädelblutung rSchiefhals eSchilddrüse Schilddrüsenunterfunktion eSchlafdauer eSchlaflosigkeit sSchlafmittel eSchlafmittel-Vergiftung eSchlafstörung rSchlaganfall eSchläfrigkeit sSchleifendiuretikum eSchleimabsonderung eSchleimhaut eSchleimhautentzündung eSchleimhautoberfläche sSchmerzmittel eSchmerztablette rSchmerzzustand rSchüttelfrost rSchwankschwindel sSchwächegefühl rSchweissausbruch rSchweregrad eSchwerhörigkeit sSchwindelgefühl rSchwindelzustand sSpannungsgefühl eSinnestäuschung eSkelettmuskelzelle eSkelettmuskulatur sSollgewicht sSonnenschutzpräparat - 82 eSpeiseröhre rSprosspilz eSprosspilzbesiedlung eStoffgruppe rStofftransport rStoffwechsel eStoffwechselerkrankung sStoffwechselprodukt eStoffwechselstörung eStuhlentleerung eStuhlgangshäufigkeit T eTablettenentnahme eTablettenmenge eTagesgesamtdosis eTageshöchstdosis eTalgdrüsenproduktion eTeilnahmslosigkeit rTherapieabbruch rTherapiehinweis eTherapieunterbrechung eTherapiemassnahme eTränenflüssigkeit eTriametern-Einnahme eTrockenpulverformulierung U eReaktionsbereitschaft eSpätkomplikation sReaktionsvermögen eReisekrankheit eReizerscheinung eRestharnbildung eVerstopfungsbeschwerde eVerträglichkeit rVerwirrtheitszustand eVorerkrankung eVorschädigung eVorstehdrüse W rWadenkrampf eWasseransammlung eWasserausscheidung eWasser-in-Öl-Emulsion eWasserresorption eWasserstörung rWasserverlust rWärmehaushalt eWechselwirkung eWeichkapsel eWirkkomponente eWirksamkeitsstudie rWirkstoff eWirkstoffmenge sWirkstoffteilchen rUmrechnungsfaktor eWirksubstanz rUmwelt-Einfluss eWirkungsabschwächung sUnterhautfettgewebe rWirkungseintritt sUnterhautzellgewebe eWirkungsverstärkung eUnterfunktion eWirkungsweise sUnterlid rWollwachsalkohol rUnterschenkel eWundrose rUntersuchungsbefund Z rUrobilinogennachweis rZahnbereich eÜberdosierung eZahnverfärbung eÜberempfindlichkeitsrZellkern erscheinung eZellmembrane eÜberempfindlichkeitsreaktion sZentralnervensystem V eZuckerausscheidung eVenenentzündung eZuckerkrankheit sVenenleiden eZuckerunverträglichkeit eVerdauungsbeschwerde rZungen-Schlund-Krampf eVerdauungsstörung eZungenschwellung rVerdauungstrakt eZusatzmedikation eVergiftung eZyklusstörung sVergleichspräparat eVerhaltensstörung eVerkrampfung eVerschlusskrankheit sVerschwommensehen rVerstimmungszustand - 83 eVerstopfung - 84 - Liste der adjektivischen WBK aus den untersuchten Packungsbeilagen A abführend allergen alkalifrei alkoholisch altersabhängig altersbedingt aluminiumhaltig analgetisch anaphylaktsch angeboren androgenbedingt androgenetisch Angina-pectoris-artig antiallergisch antiandrogen antibakteriell antientzündlich antipyretisch apothekenpflichtig arzneilich ärztlich asthmaähnlich atemdepressiv atemtätigkeitsunterdrückend atemwegserweiternd atemzugausgelöst B bakteriell bakterienhemmend ballaststoffreich behandelt behandlungsbedürftig bestimmungsgemäß blutdrucksenkend blutdrucksteigend blutgerinnungshemmend blutig-schleimig blutverdünnend blutzuckersenkend bösartig Bronchialschleim-fördernd C chemotherapeutisch Cholesterin-senkend chronisch codeinhaltig D dermatologisch-ästhetisch diabetisch dickflüssig dosisabhängig duftstofffrei dyskinetisch E ebryotoxisch eingeschränkt einnahmefrei eisenhaltig empfindlich empfänglissverhütend entwässernd entzündlich entzündungshemmend entzündungsverursachend enzymatisch epidemiologisch epileptisch ererbt erhöht erblich erkrankt erosiv extrapyramidal extrapyramidalmotorisch F fachärztlich falsch-negativ faserreich FCKW-haltig fettähnlich Fett-senkend feuchtigkeitsspendend fieberhaft fiebersenkend fortschreitend G gastrointestinal gebärfähig gefässabdichtend gefässerweiternd genetisch geringgradig gerinnungshemmend gesättigt gesteigert gutartig H harnpflichtig harnsäureausscheidend harnsäuresenkend harntreibend hautberuhigend hautfreundlich hautverträglich hämolytisch hämorrhagisch herzschädigend herzwirksam heuschnupfenartig H+-Ionenpuffernd hirnorganisch hochdispers hochdosiert hochwirksam hormonabhängig hormonell hormonhaltig hustendämpfend Hustenreiz-dämpfend hustenstillend hyperreaktiv I infektionsbedingt intrakraniell intramuskulär intravenös J jodhaltig jod-überempfindlich K kaliumarm kaliumausscheidend kaliumsparend keimtötend klinisch knochenmarkschädigend kochsalzarm komatös-letal kontinuierlich koronar konzentrationsabhängig körpereigen körperwarm - 85 dämpfend darmregulierend depressiv krisenhaft kurzwirksam L glukokortikoidüblich grippal großflächig reizend rezeptfrei S labordiagnostisch langanhaltend lebensbedrohlich lebensnotwendig lebenswichtig linksventrikulär linolsäurehaltig lipidarm lipidsenkend Lupus-ähnlich M salinisch salzarm salzhaltig säurebedingt schädlich schlafstörend schmerzfrei schmerzhemmend schmerzlindernd schmerzstillend schwangerschaftsverhindernd schwangerschaftsverhütend sedierend sekretdurchlässig selbstgekauft steroidabhängig steroidal silberhaltig stickstoffhaltig stimmungsaufhellend supraventrikulär symptomatisch synthetisch systemisch T magensaftresistent magensäurebindend magenverträglich medizinisch Metoclopramid-haltig migräneartig minderempfindlich Monoaminoxidasehemmend muskelkrampflösend müdemachend N natriumarm natriumdefiniert nekrotisierend nephrotoxisch nervenschädigend nervös nesselartig neuroleptisch niedrigdosiert nierenschädigend O operativ oganisch oxidativ oxyethyliert P Phenoxymethylpenicillinempfindlich plazentagängig prolaktinabhängig pseudomembranös psychomotorisch tachykard therapeutisch thromboembolisch thyreostatisch tierexperimentell tödlich tuberkulostatisch U unempfindlich ungesättigt überempfindlich V varikös verflüssigt vegetativ vermehrt vermindert verordnet krampfartig krankhaft krankheitserregend vorgeschädigt vorübergehend vorgeschrieben W wärmedurchlässig wirksam Z zahnärztlich zellschädigend zentraldämpfend zentralnervös/ zentral-nervös zyklusspezifisch - 86 PVP-Jod-beständig Q quecksilberhaltig R reaktionsfähig verschreibungspflichtig verschrieben verträglich visomotorisch vorbelastet - 87 Martin Lambeck Harter Test für sanfte Heiler Elektroakupunktur, angewandte Kinesiologie, Bioresonanztherapie: Selbst hoch gebildete Menschen vertrauen esoterischer Pseudomedizin. Obwohl deren Wirkung unbewiesen ist. Ein Aufruf. Tests von Medikamenten - normalerweise macht man die vor der Zulassung oder während der Herstellung, nicht erst unmittelbar vor der Einnahme. So glaubte ich zumindest. Bis mehrere meiner Bekannten, die ich keineswegs für dumm oder leichtgläubig halte, mir von Ärzten vorschwärmten, die mit Hilfe von »physikalischen Methoden« angeblich herausfinden, welches Medikament bei ihren Patienten am besten wirkt. Ich wunderte mich, fing an zu recherchieren, schrieb ein Buch darüber: Irrt die Physik? Über alternative Medizin und Esoterik. Das war im Herbst 2003. Heute bin ich skeptischer denn je. Drei Ärzte - nennen wir sie X, Y und Z hatten mich auf mein Buch hin eingeladen, um mich von der Wirksamkeit ihrer Behandlung zu überzeugen. Beim Ersten von ihnen muss man als Patient monatelang auf einen Termin warten. Wir trafen uns an einem Sonntag. Für unser Experiment untersuchte er mich etwa sechs Stunden an Händen und Füßen. Drei Akademiker, darunter ein ranghoher Beamter, die sich seit Jahren von X erfolgreich behandeln lassen, wirkten als Zeugen bei den Tests mit - sachlich und fair. Ich saß als Versuchsperson auf einem Stuhl. Das fragliche Messgerät von der Größe einer Schreibmaschine hatte zwei elektrische Leitungen: Eine führte zu einer Elektrode in meiner linken Hand, die andere zu einem Taststift. Den drückte der Arzt X nacheinander auf zahlreiche Punkte meiner Hände und Füße, die als Akupunkturpunkte gelten. Ein Zeigerinstrument stellte den elektrischen Widerstand dar. Simpel. Die Besonderheit dieses Verfahrens, das Reinhold Voll 1956 erfunden hat (daher die Bezeichnung Elektroakupunktur nach Voll, kurz »EAV«), besteht darin, dass das Gerät mit einer »Messwabe« ausgestattet ist: einem Metallzylinder mit Bohrungen zur Aufnahme von Glasampullen. Sie werden in die Messwabe gesteckt wie Patronen in die Trommel eines Revolvers. X hat einen ganzen Schrank voller Medikamente-Ampullen. Die »EAV«-Anhänger behaupten, die Proben würden »Schwingungen« aussenden, die mit den »Schwingungen« der Krankheiten im Körper des Patienten in Resonanz träten. Bei seinen Patienten stellt X zuerst mittels »EAV« jene Ampullen fest, die zur Krankheit des Patienten passen, und legt diese dann in den »Übertrager«: Auf dessen linker Seite befindet sich ein Teller aus Kupfer von der Größe einer Untertasse - hier liegen die Medikamente-Ampullen. Auf der rechten Seite befindet sich ein ähnlicher Teller aus Aluminium. Auf diesem liegt eine gläserne Ampulle mit Kochsalzlösung. Auf dem Kasten befinden sich drei Einstellräder, je eins für die homöopathischen Potenzen D, C und Q. In der hier eingestellten Stärke überträgt das Gerät angeblich die »Schwingungen« der linken Ampullen auf die rechte Ampulle. Diese nehme die »Information« auf, so die Behauptung, daher müsse dem Patienten bloß die Kochsalzlösung gespritzt werden. X war von dem Apparat ganz begeistert und erzählte, dass er umgerechnet 3500 Euro gekostet habe. Einen ähnlichen Medikamententest gibt es beim Verfahren der »Bioresonanz«. Problematisch finde ich als Physiker die Messwabe, denn nach gegenwärtigem Kenntnisstand kann ein Medikament in einer geschlossenen Ampulle weder eine Reaktion im Körper des Patienten, noch eine Änderung des Zeigerausschlags hervorrufen. Auch am »Übertrager« zweifle ich. Ich kenne keinen Mechanismus, der den vermeintlichen Übertragungseffekt bewirken könnte. In der Praxis von X versuchte ich vergeblich, den Kasten zu öffnen. Wenn dieser »Übertrager« funktionieren sollte, müssten Physik und Chemie radikal geändert oder erweitert werden - eine Revolution in - 88 der Elektrotechnik wie seit der Erfindung des Transistors nicht mehr. Doch je radikaler eine Behauptung, desto skeptischer sollte man damit umgehen. Bei X kam ich mir vor wie im absurden Theater. Elf Krankheiten, darunter Parasiten in der Galle, Spulwürmer im Dünndarm und ein Vorstadium von Dickdarmkrebs, »diagnostizierte« Arzt X bei mir - und wollte die Medikamente dagegen ebenfalls per EAV ermitteln. Statt darauf einzugehen, schlug ich Plausibilitätsversuche vor. Wir einigten uns auf die Methode »Eins aus Zehn«: X konnte die Messwabe nicht sehen. Einer der Zeugen stellte sich mit einer Ampulle, deren intensive Wirkung auf mich vorher »ermittelt« worden war, vor die Messwabe und gab ein Klopfzeichen. X untersuchte mich daraufhin und beobachtete den Zeiger, um festzustellen, ob der Gast die Ampulle in die Messwabe gesteckt hatte oder nicht. Bei zehn Anläufen steckte die Ampulle dabei nur einmal drin. Und siehe da, X lag daneben. Ein zweiter Versuch, hoffte er, werde mich überzeugen. Wieder Fehlanzeige. Am folgenden Sonntag wurde dann per »Eins aus Zehn«-Versuch geprüft, ob der EAV-Arzt erkennen konnte, welche von zehn Kochsalzampullen mittels »Übertrager« bestrahlt worden waren. Lauter Fehlschläge! Vergleich meiner Plausibilitätsprüfung: Wer würde sich aufgrund einer EKG-Diagnose behandeln lassen, wenn der Arzt nicht einmal feststellen kann, ob der Patient überhaupt an das Gerät angeschlossen ist? Als ich auf Einladung der Berliner Zahnärztekammer einen Vortrag über alternative Medizin und Esoterik hielt, berichteten mir anschließend zwei Zahnärztinnen: Viele Patienten kämen zu ihnen, um sich aufgrund einer EAV-Diagnose gesunde Zähne ziehen zu lassen, in einem Fall sogar alle Zähne. Eine der beiden Ärztinnen sagte, sie habe die Wünsche der Patienten erfüllt. Die andere berichtete, sie habe sich geweigert jedenfalls meistens. Die Ärztin Y führte mir ein Gerät vor, das ähnlich wie EAV funktioniert, aber von einer anderen Firma hergestellt wird. Sie untersuchte mich ausführlich an Händen und Füßen und stellte interessante Einzelheiten über meine »Leber- und Pankreasmeridiane«, meine Gallenblase und meinen »Energiemangel« fest. Ich erhielt ein umfangreiches, farbig gedrucktes Messprotokoll meiner »Meridianwerte«. Ein Medikamententest war aber nicht möglich - die zugehörige Software war noch nicht eingetroffen. Der Prospekt des Gerätes erklärte dessen Wirkungsweise mit der Quantenphysik, zwei Heisenberg-Zitaten, einer »Gravitationswelle mit 20-facher Lichtgeschwindigkeit« und einer »stehenden Vakuumkompressionswelle im hyperbolisch-logarithmischen Maßstab«. Offenbar spekulierte der Verfasser auf das weit verbreitete Missverständnis, die Quantenphysik erlaube jede beliebige Behauptung. Der Arzt Z wollte mich von der Richtigkeit der »angewandten Kinesiologie« überzeugen. Auch er verfügte über eine umfangreiche Sammlung von Ampullen mit unterschiedlichen Substanzen. Ich musste jeweils eine Ampulle mit meiner linken Hand auf meinen Bauch unterhalb des Nabels halten und den rechten Arm horizontal ausstrecken. Diesen drückte Z mit seiner Hand herunter. Manchmal gelinge ihm dies nur mit großer Kraft, manchmal mit geringer, sagte er. So stellte er eine »Allergie gegen Kuhmilchfett« fest, keine aber gegen Roggen. Auch Z stimmte einer Plausibilitätskontrolle zu. Ich hielt die Kuhmilchfett- und Roggen-Ampulle hinter meinen Rücken, vertauschte sie so oft, bis ich selbst nicht mehr wusste, welche ich in der Hand hatte, legte eine weg und hielt die andere vor meinen Nabel (»Eins aus Zwei«Test). Z tippte aufgrund meiner Armkraft darauf, welche ich vor meinem Nabel hielt. Falsch. Wiederholung, wieder falsch. Das noch ein paarmal. Z landete nur Zufallstreffer. Erneut die Frage: Wie kann man sich nur auf Grundlage so einer Diagnose behandeln lassen? Solche wunderlichen Verfahren gibt es in vielerlei Variationen. Andere Ärzte schreiben die »Information« der Medikamente auf Magnetkarten (ähnlich Scheckkarten), die der Patient am Leib tragen soll. - 89 Inzwischen habe ich erfahren, dass mit der Barmenia eine private Krankenversicherung die Kosten einer EAV-Behandlung bezahlt. Hier geht es also nicht mehr nur um einige Ärzte, sondern um das Gesundheits- und Wissenschaftsverständnis in Deutschland. Ich verallgemeinere die Erfahrungen aus meinen Recherchen zu einer These, die im Gegensatz zur angenommenen Wirkung von »Schwingungen« der Medikamente auf »Schwingungen« im Körper steht. Meine These lautet: Es ist nicht möglich, die medizinische Wirkung von Medikamenten, Nahrungsmitteln und Zahnersatzmaterialien mittels »angewandter Kinesiologie«, »EAV«, »Bioresonanz« oder ähnlicher Verfahren zu testen. (Einzige Ausnahme: Der Patient hat zu der Substanz in der Ampulle emotionale Bindungen wie ein Diabetiker zu Zucker oder ein Alkoholiker zu Alkohol. Das könnte zu einer psychischen Reaktion führen, wenn er vom Inhalt der Ampulle erfährt.) Meine These ist eine »Unmöglichkeitsaussage« und damit die wissenschaftlichste Form einer Behauptung, weil man sie durch ein einziges Gegenbeispiel widerlegen kann. Falls meine These falsch wäre, würde diese Einsicht radikale Erweiterungen der Physik und Medizin erzwingen. Kurzum, sie wäre die Grundlage für mehrere Nobelpreise. Wenn meine These richtig ist, sollte man die Anhänger der esoterischen Medizin deshalb nicht lächerlich machen. Die Schulmedizin sollte ernsthaft erforschen, woher die scheinbaren und tatsächlichen Erfolge der EAV-Freunde stammen. Je radikaler eine Behauptung, desto skeptischer sollte man damit umgehen. Auch ich kann meine These nicht allein auf meine Erfahrungen mit drei Ärzten stützen. Ich bin bereit, mich vor Publikum an Händen, Füßen und Armen untersuchen zu lassen, um meine These zu prüfen. Praktizieren Sie »EAV«, »angewandte Kinesiologie«, »Bioresonanz« und so fort? Beweisen Sie mir, dass Ihre Verfahren funktionieren, bevor Sie gutgläubigen Patienten schwere Krankheiten diagnostizieren oder ihnen die Zähne ziehen lassen! ? - 90 -