Spiel- und Übungsformen zur Körperwahrnehmung und Entspannung (siehe „Handbuch der Herzgruppenbetreuung“, Kapitel 11, Seite 152 bis 163 und „Materialien Herzsport“ I.4.1, I.5.2 und II.4) Sensibilisierung Ausgewählte Entspannungsübungen und –techniken Lernziel: Der Übungsleiter kennt die vielseitigen Facetten des Sports, deren vielfältigen Möglichkeiten, Spaß und Lebensfreude zu erleben, und kann entsprechende Angebote gestalten. Grundlagen – Info Wahrnehmung ist die aktive Aufnahme und Verarbeitung von Signalen aus dem eigenen Körper (interner Regelkreis)und aus der jeweiligen Umwelt (externer Regelkreis), wobei die Eindrücke über den Bewegungssinn, den Seh-, den Hör- und den Tastsinn gewonnen werden (siehe Folie I.2.03, F 01). Es ist ein komplexes aktives psycho-physisches Geschehen (Dordel, 1998), das immer auch eine Hinwendung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Reize bedeutet, und beruht auf Selektion von Reizen je nach individueller Biographie und momentaner Befindlichkeit. Wahrnehmung ist abhängig vom jeweiligen Aktivitätsniveau, der Motivation und dem Interesse eines Menschen in einer bestimmten Situation (siehe Folie I.2.03, F 01a). Voraussetzungen sind intakte Sinnesorgane mit ihren spezifischen Rezeptoren als reizaufnehmende Organe zugehörige sensorische Nerven als System der Reizleitung entsprechende Hirnzentren als reizverarbeitende Systeme Wahrnehmung steht in engem Zusammenhang mit Motorik – Sensomotorik. Wahrnehmung kann als Afferenz und als Reafferenz motorisches Verhalten auslösen und Kontrollfunktion übernehmen. Somit dient Wahrnehmung dem Informationsgewinn und der Orientierung. Ebenso unterstützt Bewegung den Informationsgewinn: ein zufälliges Berühren (taktile Wahrnehmung) führt über Bewegung zum Tasten (taktil-kinästhetisch) und damit zur Erkenntnis, dem „Begreifen“ (Kognition). Hinzu kommt die emotionale Komponente (Sensomotorik-Psychomotorik). Vielfältige Verknüpfungen von Sensorik und Motorik mit emotionalen und affektiven Momenten können neurophysiologisch nachgewiesen werden, etwa im Thalamus, im Limbischen System und in der Formatio reticularis. Körperwahrnehmung verläuft auf drei Ebenen, die aufeinander aufbauen, sich aber auch wechselseitig beeinflussen und überlagern können (siehe Folie I.2.03, F 02a, F 02b): 1. eine physiologische Ebene der Körperwahrnehmung im taktil-kinästhetischen, im vestibulären, auch im visuellen und auditiven Bereich (siehe Folie I.2.03, F 03, F 04, F 05, F 06, F 07) - der Körper wird 'gespürt' empfunden; 431 P-SuE InfoLL 2007 Körperwahrnehmung - Entspannung / Seite 1 von 7 2. eine kognitive Ebene der Körperwahrnehmung, auf der Wissen über Bau und Funktion des Körpers und seiner Teile erworben wird - der Körper wird kennen gelernt und verstanden; 3. eine psycho-soziale Ebene der Körperwahrnehmung, auf der der Körper im Spiegel von Selbstund Fremdwahrnehmung bewertet wird - der Körper wird erlebt (nach Dordel 1995) Zur Förderung der Körperwahrnehmung sind Aufgabenstellungen mit taktiler, kinästhetischer und vestibulärer Beanspruchung zu wählen. Dabei ist viel Zeit zu geben zum Ausprobieren, ÜVen, variieren und Kombinieren, auch in Zusammenhang mit dem Partner. Die anschließende Verbalisierung hat große Bedeutung im Hinblick auf das Bewusstmachen und im Sinne der Kommunikation. Die visuelle Wahrnehmung hat eher Kontrollfunktion. Sensibilisierung des Körperbewusstseins (siehe Folie I.2.03, F 08) Erfolgt durch 1. Ausprobieren, Wahrnehmen und Bewusst machen von Aktions- und Einsatzmöglichkeiten einzelner Körperteile: beugen, strecken, drehen Objektbezogen: Ausprobieren von Möglichkeiten, mit verschiedenen Körperteilen Objekte zu bewegen (schieben, stoßen, ziehen, tragen, rollen usw.) Partnerbezogen: Finden verschiedener Bewegungsmöglichkeiten gemeinsam mit einem Partner in verschiedenen Stellungen, Lagen, Fassungen am Ort und in der Fortbewegung. 2. Wahrnehmen und Bewusst machen verschiedener Spannungszustände in der Körpermuskulatur (Spannung / Entspannung) 3. Wahrnehmen und Bewusst machen verschiedener Gleichgewichtslagen: Einbeiniger Stand, weiches Anstoßen, Balancieren auf Balken, Medizinbälle Einige Definitionen Körpererfahrung: die Gesamtheit aller im Verlaufe der individuellen sowie der gesellschaftlichen Entwicklung erworbenen Erfahrungen mit dem eigenen Körper, die sowohl kognitiv wie affektiv, bewusst wie unbewusst sein können. Körperschema: der neurophysiologische Teilbereich der Körpererfahrung, umfasst alle perceptiv-kognitiven Leistungen des Individuums bezüglich des eigenen Körpers. Körperbild: der psychologisch-phänomenologische Teilbereich der Körpererfahrung, umfasst alle emotional-affektiven Leistungen des Individuums bezüglich des eigenen Körpers. Körperorientierung: die Orientierung am und im eigenen Körper mit Hilfe der Extero- und Interoceptoren, d.h. der Oberflächen- und Tiefensensibilität, insbesondere der Unästhetischen Wahrnehmung (das Körperschema im engeren Sinne). Körperbewusstsein: die psychologische Repräsentation des eigenen Körpers oder seiner Teile im Bewusstsein des Individuums, bzw. die auf den eigenen Körper gerichtete Aufmerksamkeit (auch Körperbewusstheit / Body Awareness). 431 P-SuE InfoLL 2007 Körperwahrnehmung - Entspannung / Seite 2 von 7 Körperausdehnung: das Einschätzen von Größenverhältnissen sowie der räumlichen Ausdehnung des eigenen Körpers. Körperausgrenzung: das Erleben der Körpergrenzen, d.h. den eigenen Körper als deutlich von der Umwelt abgegrenzt zu erleben. Körperkenntnis: die faktische Kenntnis von Bau und Funktion des eigenen Körpers und seiner Teile einschließlich der Rechts-Links-Unterscheidung (auch Körperbegriff / Körpervorstellung / Körperwahrnehmung). Körpereinstellung: die Gesamtheit der auf den eigenen Körper, insbesondere auf dessen Aussehen gerichtete Einstellung, speziell die (Un-) Zufriedenheit mit dem eigenen Körper (auch Body Satisfaction / Body Cathexis). Haltung - Haltungsstörungen Das Gesamtbild des Menschen wird durch die Form des Skeletts, der Muskulatur sowie durch die aufrechte Haltung bestimmt. Die natürliche Haltung ist geprägt durch eine Standbein-SpielbeinHaltung, die in kurzen Abständen wechselt. Man unterscheidet zwischen allgemeiner Haltung - diese entspricht der Haltung, die ein gesunder Mensch ohne Ermüdungszeichen unbewusst einnimmt; - Ruhehaltung - bei zunehmender Ermüdung der Muskulatur oder verminderter Aufmerksamkeit verstärkt sich die Brust- und Lendenkrümmung. Die Gesamtachse der Wirbelsäule sowie das Lot der Wirbelsäule weicht zunehmend nach hinten aus; - aktiver Haltung - bei aktiver Aufrichtung der Wirbelsäule streckt sich die Brust- und Halswirbelsäulenkrümmung. Die typische Beckenkippung nach vorn wird vermindert. Das Lot der Wirbelsäule verlagert sich weiter nach vorn. Bewusstwerden der eigenen Haltung Wir suchen alle nach der einfachen und wirksamen Möglichkeit, um uns die körperliche Gesundheit zu bewahren und uns besser zu fühlen. Relaxercise (relax = entspannen, exercise = üben) ist ein ganz außergewöhnliches körperliches Übungssystem. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf den Gebieten der Neurophysiologie ... haben gezeigt, dass es eine tiefgreifende Verbindung zwischen dem Gehirn und dem Körper gibt und dass das Gehirn in der Lage ist, Gesundheit und Wohlbefinden des Körpers zu verbessern,... Die folgenden Übungen bestehen aus langsamen, leichten Bewegungen, die das Bewegungszentrum des Gehirns aktivieren und einen Fluss wertvoller Informationen zwischen dem Gehirn und den Muskeln erzeugen. Vor Beginn der Übungen sollte ein so genanntes „Körperbild" im Gehen, Stehen, Sitzen, in der Bauch- und Rückenlage erstellt werden. Die Teilnehmer (im folgenden TN) stehen, sitzen und liegen, schließen die Augen und wandern durch ihren Körper, um Spannungen, Schmerzen und die Haltung zu „sehen". Dieses Bild sollte in Erinnerung behalten und nach ein bis zwei Übungen zum Vergleich abgerufen werden können. 431 P-SuE InfoLL 2007 Körperwahrnehmung - Entspannung / Seite 3 von 7 Entspannung – Definition (siehe Folie I.2.03, F 09): Kontrollierter, relativ stabiler Erregungszustand, dessen Niveau unter dem normalen Wachzustand liegt. Im Entspannungszustand werden negative Gefühle wie Spannung, Ärger und Angst abgebaut. Entspannungstechniken, wie z.B. die progressive Muskelrelaxation, werden benutzt, um Entspannung zu induzieren und etwa vor Wettkämpfen einen optimalen Erregungszustand aufzubauen. Geistige Entspannungsformen (siehe Folie I.2.03, F 10) Grundrepertoire: Phantasiereisen - Meditation - Hypnose - Autosuggestion Beispiele: Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen - Phantasiereisen - Körperwahrnehmungsübungen - Dehnungsübungen, Lockerungsübungen - Meditative Tänze - Sonstiges Erweitertes Repertoire (Probleme können auftreten!) ÜL muss erfahren sein und TN auf Techniken vorbereiten!! Beispiele: Autogenes Training - Phantasiereisen - Tai Chi - Yoga - Qi Gong Psychophysische Auswirkungen von Entspannung (siehe Folie I.2.03 F 11A, 11B) - Entspannung hat physiologische Auswirkungen auf - Herzfrequenz - Atemfrequenz - Reduktion Muskeltonus - Senkung / Verringerung... Blutdruck Hirnstromaktivität Grundumsatz Schweißdrüsenaktivität Atemtiefe 431 P-SuE InfoLL 2007 Körperwahrnehmung - Entspannung / Seite 4 von 7 Durchblutung durch periphere Gefäßerweiterung Und psycho-emotionale Auswirkungen: man kann ein Gefühl entwickeln von... - körperlicher und geistiger Gelöstheit - Wohlbefinden und Ausgeglichenheit - Ruhe, Muße - Erholung, geistige Frische und Lebensfreude - Körperbewusstsein, Selbstwahrnehmung Die progressive Relaxation wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts von dem amerikanischen Arzt E. JACOBSEN begründet und später von anderen Medizinern weiterentwickelt und modifiziert. Muskelgruppe für Muskelgruppe wird zunächst angespannt und dann wieder entspannt. Dadurch soll ein immer tiefer werdender Ruhezustand erreicht werden. Zwischen muskulärer und psychischer Entspannung gibt es eine enge Wechselwirkung: Je ruhiger man wird, desto mehr entspannen sich die Muskeln (etwa beim Einschlafen). Umgekehrt gilt aber auch: Je mehr man seine Muskeln entspannt, desto ruhiger wird man. Durch das Entspannungstraining wird die Atmung gleichmäßiger, der Sauerstoffverbrauch vermindert sich, Herzfrequenz und Blutdruck sinken ab. Parallel dazu kommt der Geist zur Ruhe (siehe Folie I.2.03, F 11a,F 11b). Zu Beginn ist es wichtig, sich ganz auf die Übungen zu konzentrieren, um den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung kennen zu lernen und zu fühlen/wahrzunehmen. Bei zunehmender Vertrautheit mit dieser Entspannungsmethode wird man feststellen, dass Geräusche und Umgebung in den Hintergrund treten. Die Übenden können sitzen oder auf dem Rücken liegen. Ideal ist eine harte Unterlage mit einem Kissen unter dem Kopf und einer Rolle unter den Knien. Gut ist es auch, wenn bei den Übungen die Augen geschlossen werden, um sich besser konzentrieren zu können. Didaktisch-methodische Überlegungen zur Erarbeitung Dieses Thema muss im Wesentlichen in der Praxis erarbeitet werden. Dabei sind die Schwerpunkte zu legen zum einen auf die Entwicklung der Körperwahrnehmung und des Körperbewusstseins und zum anderen auf das Kennenlernen verschiedener Entspannungstechniken (siehe auch „Materialien Herzsport“ Praxis II.4, P 01 und P 02) unter dem Aspekt der Sensibilisierung. Dabei kann die obengenannte Information als Backgroundwissen einfließen. Die Information kann aber auch nach entsprechender Praxiseinheit zur Aufarbeitung und zur Verdeutlichung in einem Kurzvortrag explizit gegeben werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die wesentlichen Informationen zunächst in einem Kurzvortrag anhand der Folien zu geben und dann die Praxiseinheit anzuschließen. Es bietet sich auch an, in einer Gruppenarbeit (siehe Gruppenarbeit Praxis I.2.03, P 19) die Aspekte zur Wahrnehmungsschulung anhand der entsprechenden Folien zu erarbeiten und in Praxisvorschläge umzusetzen, die als Teilnehmerübungen präsentiert werden. 431 P-SuE InfoLL 2007 Körperwahrnehmung - Entspannung / Seite 5 von 7 Lehrmaterialien: Folie I.2.03, F 01: Folie I.2.03, F 01a: Folie I.2.03, F 02: Folie I.2.03, F 03: Folie I.2.03, F 04: Folie I.2.03, F 05: Folie I.2.03, F 06: Folie I.2.03, F 07: Folie I.2.03, F 08: Folie I.2.03, F 09: Folie I.2.03, F 08: Folie I.2.03, F 11 A: Folie I.2.03, F 11 B: Folie I.2.03, F 12: Praxis I.2.03, P 01: Praxis I.2.03, P 02: Praxis I.2.03, P 03: Praxis I.2.03, P 04: Praxis I.2.03, P 05: Praxis I.2.03, P 07: Praxis I.2.03, P 08: Praxis I.2.03, P 09: Praxis I.2.03, P 10: Praxis I.2.03, P 11: Praxis I.2.03, P 12: Praxis I.2.03, P 13: Praxis I.2.03, P 14: Praxis I.2.03, P 15: Praxis I.2.03, P 16: Praxis I.2.03, P 17: Praxis I.2.03, P 18: Praxis I.2.03, P 19: Praxis I.2.03, P 20: Praxis II.4, P 01: Praxis II.4, P 02: Definition Wahrnehmung Abbildungsbedingungen - Sinnesphysiologie Entwicklung der Körperwahrnehmung Sensibilisierung Wahrnehmungsschulung kinästhetisch Wahrnehmungsschulung taktil Wahrnehmungsschulung visuell Wahrnehmungsschulung auditiv Wahrnehmungsschulung Körperbewusstsein Entspannung Definition Entspannungsformen Positive Wirkung von Entspannungsformen Entspannung – physiologische und psychische Wirkungen Entspannungstraining – wann? Wahrnehmung – Relaxercise Wahrnehmung – Zirkel Wahrnehmung visuell Entspannungsübungen Weitzmann Entspannungsübungen Progressive Relaxation Entspannungsübungen – Gesicht Entspannungskarussell Entspannungsübungen Vokalatmung Entspannungstraining - Phantasiereise Tennisballmassage Ausschütteln Atemübungen Ziffernblatt Wetterkarte: Figuren für den Alltag Meditationstanz Anspannungs – Entspannungs - Übungen Wahrnehmungsschulung – Gruppenarbeit Wahrnehmungsschulung Tai Chi Phantasiegeschichte 431 P-SuE InfoLL 2007 Körperwahrnehmung - Entspannung / Seite 6 von 7 Teilnehmermaterialien Folie I.2.03, F 01: Folie I.2.03, F 02: Folie I.2.03, F 03: Folie I.2.03, F 04: Folie I.2.03, F 05: Folie I.2.03, F 06: Folie I.2.03, F 07: Folie I.2.03, F 08: Definition Wahrnehmung Entwicklung der Körperwahrnehmung Sensibilisierung Wahrnehmungsschulung kinästhetisch Wahrnehmungsschulung taktil Wahrnehmungsschulung visuell Wahrnehmungsschulung auditiv Wahrnehmungsschulung Körperbewusstsein Literatur Dordel, S.: Körperwahrnehmung – ein zentrales Anliegen des Sportförderunterrichts, Gesundheitssport und Sporttherapie 10 / 10, 1998, S. 7 ff LSB NRW: Materialien SdÄ, IB Gesundheit, Entspannung Wenzel, I.: Anleitungen zur Körperwahrnehmung, Turnen und Sport 1 / 1999, Seite 7f 431 P-SuE InfoLL 2007 Körperwahrnehmung - Entspannung / Seite 7 von 7