Wundnetzwerk – Krankheiten „Dekubitus“ : Der Dekubitus – das Druckgeschwür : Was ist ein Dekubitus? Wenn auf bestimmten Körperteilen über zu lange Zeit zu viel Gewicht lastet, werden die Haut und das darunter liegende Gewebe „gedrückt“. D.h. Drei wichtige Faktoren sind hier sehr relevant : Zeit (Auflagedruck) Druck ( Druckverweildauer) Risikofaktoren Dadurch kann das Blut in diesem Bereich nicht mehr ausreichend zirkulieren – es entsteht eine Blutleere (sog. Ischämie), das Gewebe hat dadurch eine Unterversorgung von Sauerstoff, Giftstoffe werden nicht mehr abtransportiert und stirbt langsam ab. Hauptursache für einen Dekubitus ist permanente Bettlägerigkeit. Hinzu kommen noch folgende dekubitusbegünstigende Krankheitsbilder und Risikofaktoren: Druck : ungünstige Druckverteilung infolge Kachexie, Skelett- und Gelenkveränderungen (z.B. Rheuma, Kontrakturen) erhöhter Gewebedruck infolge Ödem, Eiweißmangel Zeit : Immobilität infolge Bewußtseinsstörung (z.B. Sedation, Intoxikation, Urämie) , Lähmung (z.B.Querschnitt, Schlaganfall), Schmerzen (z.B. Tumorerkrankung, Arthritis), Verminderte Toleranz gegenüber Druckeinwirkung : Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf- und angebot infolge mangelhafter Durchblutung (z.B. Anämie, Herzschwäche, arterielle Verschlußkrankheit), erhöhtem Sauerstoffverbrauch (z.B. Fieber), mangelhafter Gefäßregulation (z.B. diabetische, leberursächliche oder alkoholvergiftende Schädigung der Nerven) Feuchtigkeit, Hautaufweichungen infolge Inkontinenz oder Schwitzen Reibung und Scherkräfte, lange Narkosezeiten, Gefühlsstörungen sonstiger Ursachen, Mangelernährung und starkes Übergewicht, schlechter Flüssigkeitszustand, Medikamente z.B. Diuretika (Ausschwemmung von Elektolyten), Antibiotika (Abwehrschwäche, Resistenzzüchtungen), Chemotherapeutika (Abwehrschwäche), gerinnungshemmende Substanzen, problematische Hautzustände z.B. trockene, schuppige oder Altershaut, Hautveränderungen z.B. Allergien, Schuppenflechte, Neurodermitis Diabetes mellitus, Genussmittel- und Drogensucht, Demenz, Knochenbrüche, neurologische Erkrankunen, psychische Erkrankungen, Alter. Es gibt mehrere Einteilungen des Dekubitus: nach Daniel nach Campell nach Seiler , hier ist die Klassifikation nach Wundzustand d.h. Stadium A – keine Nekrosen, Wunde sauber, Granulationsgewebe Stadium B – Wunde schmierig belegt, Restnekrosen, keine Beteiligung des Umgebungsgewebes Stadium C – Wunde wie Stadium B mit Beteiligung des Umgebungsgewebes und/oder Allgemeininfektion / Sepsis nach dem European Pressure Ulcer Advisory Pannel 1998 Wir orientieren uns nach dem letzteren – Die Gradeinteilung nach EPUAP : Stadium 1: Nicht wegdrückbare Rötung bei intakter Haut,weitere klinische Zeichen können Verhärtung,Ödembildung und lokale Überwärmung sein. Wichtig : Hier läßt sich der Dekubitusgrad mit dem sog. „Fingertest“ ermitteln, d.h. ist die bestehende Rötung nicht wegdrückbar, handelt es sich um einen Dekubitus 1. Grades (ohne Dekubitus würde eine weiße Verfärbung eintreten). Stadium 2: Oberflächlicher Teilverlust der Haut. Stellt sich meist als Blase, Hautabschürfung oder flaches Geschwür dar. Stadium 3: Tiefenschädigung der Haut. Verlust aller Hautschichten und Schädigung oder Nekrose (abgestorbenes Gewebe) der Unterhaut, die bis auf den darunter liegenden Muskel reichen kann. Es ist ein sichtbar tiefes, offenes Geschwür. Stadium 4: Verlust aller Hautschichten mit ausgedehnter Zerstörung und Gewebsnekrose oder Schädigung von Muskeln oder Knochen oder unterstütztenden Strukturen (Sehnen, Gelenkkapsel). Welche Körperstellen sind gefährdet? Generell sind besonders die Körperstellen gefährdet, an denen die Haut direkt über dem Knochen liegt. Besonders sorgfältig und regelmäßig sollten folgende Stellen begutachtet werden: Hinterkopf, Ohren, Schulterblatt und Schultergelenke, Wirbelsäule, Ellenbogen, Beckenkamm, Oberschenkelknochen (Trochanter), Kreuz- und Steissbein, Kniegelenke, Fußknöchel und Fersen. Bitte beachten: An den Stellen, an denen die Haut direkt über dem Knochen liegt, ist selbst eine gut durchblutete und reizlose Haut gefährdet, wenn sie zu lange zu starkem Druck ausgesetzt ist. Besonders angreifbar wird die Haut jedoch, wenn sie durch Schweiß, Wundsekrete, Urin oder Stuhl ständig feucht ist. Die Hautfeuchtigkeit reizt und erweicht die Haut. So wird sie noch anfälliger für die Bildung eines Dekubitus. Eine gute Körperhygiene mit besonderer Berücksichtigung der schlecht belüfteten Hautstellen ist zur Vorbeugung eines Druckgeschwürs unbedingt notwendig. Auf gar keinen Fall darf zum Trocknen der Haut ein Fön verwendet werden, weil es aufgrund der oftmals vorhandenen Nervenschädigung zu Verbrennungen kommen kann (der Schmerz wird nicht wahrgenommen!). Wie kann man einem Dekubitus vorbeugen und behandeln ? Der Haupaugenmerk im Umgang mit durch Dekubitus gefährdete Patienten liegt in der Vorbeugung ! Vor der Durchführung der Dekubitusvorbeugung ist es sinnvoll das individuelle Dekubitusrisiko des Patienten einzuschätzen. Dafür gibt es verschiedene Risikoskalen zur Einschätzung des Dekubitusrisiko´s : 1. 2. 3. 4. Die Norton - und erweiterte Nortonskala Die Medley – Skala Die Waterlow – Skala Die Braden - Skala Bewegung ist die beste Prophylaxe! Die ständige Ermunterung beim Patienten zur Bewegung, sein Bedürfnis nach Bewegung zu erwecken und zu unterstützen ist ein wichtiger und wesentlicher Faktor der Prophylaxe ! Richtiges Lagern und regelmäßiges Umlagern ist zudem sehr wichtig. Zusätzlich sollte die Mobilisation des Patienten schmerzfrei und reibungs- und scherkräftearm erfolgen. Dies gilt besonders, wenn einer der oben genannten Risikofaktoren zutrifft. Das Umlagern kann durch druckverteilende Unterlagen und andere Hilfsmittel nicht ersetzt werden. Falls möglich, sollte der Patient möglichst viele Bewegungen eigenständig machen und sein Körpergewicht günstig verteilen. Wir beachten : Jeder Patient ist in einem individuellen Zeitabstand zu lagern !!! (ca. 2-3 Stunden oder weniger) Und die Lagerungsart (siehe → Vorbeugen - Lagerungstechnik) muss individuell auf den Patienten abgestimmt sein !! Die Ziele der vorbeugenden Maßnahmen – Lagerungen - sind : Druckentlastung Verbesserung der Gewebezirkulation Minimierung von Risikofaktoren und Behandlung von Grunderkrankungen Verbesserung der Eingenbewegungsfähigkeit Verbesserung der Atemsituation d.h. Dehnung des Oberkörpers, um Lungenareale zu belüften, Atemerleichterung (gleichzeitige Lungenentzündung – Vorbeugung = Pneumonieprophylaxe) Entstehung von Kontrakturen entgegenwirken positive Auswirkung auf die Psyche des Patienten (Zuwendung durch Pflegekraft) Aufrechterhaltung der Wahrnehmung seiner Körpergrenzen Vorbeugung von Nervenschädigungen Spastik vermindern oder zu vermeiden Schmerzen lindern Grundsätze der Lagerung : � Je weicher die Lagerungsfläche, desto schlechter die Körperwahrnehmung � CAVE! Antidekubitusmatratzen bei spastischen Patienten verstärken die Spastik � Lagerungskissen verwenden � Antidekubitusmatratzen ersetzten nicht die regelmäßige Lagerung � Druck erzeugt Gegendruck � Provisorische Hilfsmittel zur Lagerung sind nicht optimal, aber besser als gar keine Lagerung � Lagerung bildet den Abschluß einer pflegerischen Intervention bei immobilen Patienten � Beatmete Patienten müssen gelagert werden Es gibt dazu mehrere Lagerungstechniken : � 30°- Schräglagerung � 135°- Lagerung � Bauchlagerung � Frei- und Hohllagerung � Mikrolagerung � 5-Kissen/ 3-Kissen-Lagerung / mit Lagerungsschlange � V-, A-, T-, I- Lagerung � Schiefe Ebene Wir können uns die einzelnen genaueren beschriebenen Lagerungstechniken hier auf der Homepage unter der Menüstruktur „Vorbeugen“ ansehen. Lagerungshilfen : � Superweichmatratzen � Wasserkissen � Gelauflagen und Gelkissen � Micro-Stimulationssysteme � Wechseldruckmatratzen � Schaumstoffauflagen und Schaumstoffmatratzen � Statische Luftauflagen � Luftkissenauflagen � Luftgefüllte Matratzen � 30°-Lagerungsmatratzen Für Patienten mit sehr hohem Risiko (zum Beispiel bei Langzeit-beatmeten Patienten) bieten sich Niedrigdruckmatratzen (zum Beispiel Luftkissenbetten mit periodischer Druckentlastung) an. Ungeeignete Hilfsmittel : Mit Wasser gefüllte Schläuche. Sie werden meistens zum Lagern unter die Fersen gelegt, haben dort aber eine so kleine Auflagefläche, dass keine wirkliche Entlastung des Gewebes zustande kommt. Im Gegenteil: durch die kleine Auflagefläche erhöht sich das Risiko für Druckstellen. Synthetische oder echte Schafffelle. Sie fühlen sich zwar angenehm an, entlasten die Haut aber nicht. Wenn Sie ein Fell auf eine druckverteilende Matratze legen, nimmt deren Wirksamkeit sogar ab. Ringkissen führen dazu, dass das Gewebswasser (Lymphe) nicht mehr richtig abfließen kann. Dadurch verschlechtert sich die Durchblutung. Die Gefahr, ein Druckgeschwür zu entwickeln, steigt. Kühlen mit Eis und das Trocknen der Haut mit dem Fön sind schädlich. CAVE – MERKE : � So wenig wie möglich, so viel wie nötig � Einsatz von Hilfsmitteln ersetzt nicht das regelmäßige umlagern � Die Druckentlastung überwiegt der Bewegungseinschränkung