Medizinische Physik am Beispiel der Medizinischen Optik Prof. Dr. rer.nat Bernhard Rassow, Hamburg und Dr. rer.nat Diethard Wolf, Lübeck (Vortrag und Demonstrationen anlässlich der Naturwissenschaftlichen Fachtagung am LI-Hamburg „Kompetenzen fördern - Profile gestalten“ am 12.2.2010) I. Medizinische Physik – eine Einführung (Folien 1 bis 5) Die Medizinische Physik ist eine Schnittmenge von Physik, Medizin und Technik.. Medizinphysikerinnen und –physiker arbeiten in Forschung, Entwicklung und in Kliniken. In der Krankenversorgung verstehen sie sich als Partner der Ärzte. Die Arbeitsfelder liegen dabei mehr im Bereich der Diagnostik als in der Therapie. II. Medizinische Physik im Unterricht Physik als profilgebendes Fach, wie es in Hamburg und auch in Schleswig- Holstein eingeführt ist, lässt sich kombinieren mit den profilnehmenden Fächern Biologie ( hier speziell Medizinischen Physik), Informatik, Philosophie u.a. Begleitet werden sollte der Unterricht a) mit Experimenten, die die Grundlagen der in der Medizinischen Physik benutzten Effekte veranschaulichen. Dies ist zu vielen Themen der Medizintechnik naturgemäß recht schwierig, wenn man an MRT, PET, Teilchenbeschleuniger usw. denkt. b) mit Exkursionen vor Ort, also in Kliniken oder bei Herstellern medizinischer Geräte. Eine Reihe grundlegender physikalischer Erkenntnisse, die in der Medizinischen Physik Anwendung finden, lassen sich direkt oder als Modell experimentell vorführen. Das Gymnasium Farmsen hat einen Entwurf eines Oberstufen-Profils „Medizintechnik“ erarbeitet, zu finden unter: [email protected]. Dort finden Sie Hinweise (Seite 9, Version 17) zu Schulexperimenten zu folgenden Themen, für die allerdings meist speziellenicht ganz billige Geräte verwendet werden. - CT und MRT - Elektronenresonanz - EKG- Sensor - Blutsauerstoffsensor Ganz konkrete Versuchsaufbauten sind in dem Buch im Aulis Verlag Deubner beschrieben: „Low Cost- High Tech, Freihandversuche Anregungen für einen zeitgemäßen Unterricht.“ Für die Medizinische Physik sind hier einmal die relevanten Experimente aufgelistet: ( In Klammern die Versuchsnummer im Buch ) - Blutdruckmessgerät (10) Druck, Schall - Brillengläser, Bestimmung der Brennweite (12) Brechung, Linsengesetze - CT, Absorption von Röntgenstrahlen mit Schüler-Röntgengerät (18) - CT, optische Methode (19) - Kontaktlinsen, Bestimmung von Adhäsionskräften (52) Oberflächenspannung, - Kontaktlinsen Brennweite (53) Brechung - Ohrthermometer, Wärmestrahlung (65) IR-Strahlung - Phototrope Gläser (67) Absorption - Pulsmesser, Reflexionsverfahren (70) Photohalbleiter - Textmarker (79) Fluoreszenz, Energieniveaus Die Beschreibungen zu diesen Experimenten in dem Buch sind sehr ausführlich. 1 III. Schulexperimente zur Medizinischen Optik Im Folgenden sind exemplarisch einige Experimente aus der Medizinischen Optik beschrieben, die mit schulischen Mitteln leicht nachgebaut werden können. 1. Endoskopie ( Folien 6 bis 17 ) Für ein starres Endoskop lässt sich ein Modell mit einer Kette von Linsen aufbauen. Der Aufbau ist aus den obigen Bildern zur Endoskopie ersichtlich. Die Kosten für ein flexibles Endoskop, das eine Bildübertragung ermöglicht (ca. 30 000 geordnete Fasern) sind sehr hoch, so dass man sich experimentell in der Schule mit einfachen Glasfaserkabeln begnügen muss. Ein Glasfaserkabel, das mit ungeordneten Fasern bestückt ist, ist für eine Bildübertragung ungeeignet, ein optisches Audio-Kabel ist für wenig Geld zu haben, aber zur Demonstration als Lichtleiter ist es ausreichend. An einer „Simulationsbox“ kann der Einsatz von Kleinwerkzeugen unter Beobachtung durch ein starres Endoskop erlebt werden. Bei der Firma Olympus besteht die Möglichkeit dass sich Schüler im Werk die Einsatzmöglichkeiten unterschiedlichster Endoskope mit erstaunlicher Bildschärfenübertragung ansehen können.. Die physikalischen Grundlagen dazu sind: Totalreflexion, Abbildungsgesetze, Strahlengang bei besonderen Linsenformen ( dicke Linsen mit kleinstem Durchmesser ). 2. Auge und optische Korrektur ( Folie 18 bis 32 ) Die Lupe des Beobachters wird auf die „Netzhautoberfläche“ (am besten transparentes mm Papíer) scharf eingestellt; Lupe und Netzhaut bleiben ortsfest! Die Rechtsichtigkeit wird erzeugt, indem der Beobachter die „Augenbrechkraft“ axial bewegt, bis das Bild des „Sehtests“ (Entfernung ca. 3m) scharf erscheint; die Stelle, an der sich die „Augenbrechkraft“ befindet, wird markiert. Sphärische Fehlsichtigkeiten werden dargestellt durch Plus- oder Minuslinsen direkt vor dem Auge („Brechungsametropien“) oder durch axiale Verschiebung der „Augenoptik“ („Achsenametropien“). Astigmatische Fehlsichtigkeiten werden dargestellt durch zusätzliche Zylinderlinsen vor der Augenbrechkraft. Die beiden Arten der „Kurzsichtigkeit“ können durch Annäherung des Sehtests beobachtet werden. Mit der „Brille“ wird die jeweilige Fehlsichtigkeit korrigiert; das Netzhautbild erscheint wieder scharf. Hinweise zur Dimensionierung und Durchführung Die Brennweiten der „Augenbrechkraft“ und der Lupe sollten etwa 7 bis 10 cm betragen. Die „Netzhaut“ sollte gut transparent sein; nachdem klar ist, dass dort immer ein reelles Bild entsteht, kann sie auch entfernt werden (sofern nicht die Größe des Netzhautbildes bestimmt werden soll). Das Lupenbild wird dadurch sehr viel deutlicher und Unschärfen werden leichter erkennbar. Abstand „Sehtest“ – Augenmodell ca. 2,50 bis 3,00 Meter Zur Erzeugung von „Achsenametropien“ reichen Verschiebungen der „Augenbrechkraft“ bis ca. 25 mm. Die benötigten „Brillenlinsen“ (Plus und Minuslinsen) zur Korrektur des Fehlers müssen dann eine Brechkraft von 3 bis 6 dpt haben, um wieder ein scharfes Netzhautbild zu erhalten. Zur Erzeugung von „Brechungsametropien“, die in der Praxis seltener sind, erfolgt durch Linsen (Plus – und Minuswerte zwischen ebenfalls 3 bis 6 dpt), die so dicht als möglich vor das Augenmodell gestellt werden. Die benötigten „Brillenlinsen“ (Plus und 2 Minuslinsen) zur Korrektur des Fehlers müssen dann im gleichen Bereich liegen, um wieder ein scharfes Netzhautbild zu erhalten. Wegen der Korrekturregel: „Der Brennpunkt des Korrekturglases muss im Fernpunkt des unkorrigierten Auges liegen“ sind die Zahlenwerte von Ametropie erzeugender und Ametropie korrigierender Linse nicht gleich! Der Abstand der Korrekturlinse von der die Ametropie erzeugenden Linse geht mit ein. Die Vergrößerung und Verkleinerung des Netzhautbildes im korrigierten, fehlsichtigen Auge gegenüber dem rechtsichtigen ist mit den bei günstiger Konstellation des zur Verfügung stehenden Linsenmaterials am besten zu beobachten, wenn die Netzhaut aus dem oben genannten transparenten mm-Papier besteht, weil dann gleich ein Maßstab vorhanden ist. Astigmatismus kann durch Zylinderlinsen von 2 bis 4 dpt direkt vor dem Auge erzeugt werden. Auch hier ist der Korrekturwert umso näher beim erzeugten Wert der vorgeschalteten Linse, je dichter das Korrekturglas vor dem Auge angebracht ist. Die Zylinderlinsen (sowohl die erzeugende wie die korrigierende) sollten möglichst in einer drehbaren Fassung angebracht sein. Beim der Bestimmung von Astigmatismus ist der Winkel der Zylinderachse ein wichtiger Messwert. Terminologie: Myopie = Kurzsichtigkeit, Hypermetropie = Weitsichtigkeit, Ametropie = Fehlsichtigkeit (unspezifiziert) Astigmatismus = Stabsichtigkeit (nicht rotationssymmetrisches System) Die physikalischen Grundlagen dazu sind: Geometrische Optik, Auge 3. Brennlinien eines astigmatischen Brillenglases ( Folie 33 bis 35 ) Ein Laserstrahl wird durch zwei Linsen aufgeweitet. Die erste Linse muss eine kurze Brennweite haben ( z.B. 20 mm Mikroskopobjektiv ), die zweite z.B. 500 mm Brennweite. Der Abstand ist so einzustellen, dass die zweite Linse paralleles Licht verlässt. Die zu testende Linse wird fest eingespannt und der Auffangschirm axial bewegt, bis sich eine erste Brennlinie und dann eine zweite ergibt. Dazwischen ist die Stelle der kleinsten Aufweitung ( Sturmsches Konoid ) Schüler können auch ihre eigenen Brillen hineinhalten und die Brennweiten ermitteln. ( Siehe dazu auch oben Versuch 12 bei Deubner ) Die physikalischen Grundlagen dazu sind: Abbildungsgesetz, Brechung 4. Messung des retinalen Auflösungsvermögens a) mit kohärentem Licht ( Folien 36 bis 43) Der Laserstrahl wird durch eine Linse leicht aufgeweitet (s. Folie 45 Strahlengang Retinometer mit einem Laser). und an einer planparallelen Glasplatte um 45 Grad reflektiert. Der Doppelstrahl wird durch eine 50 mm Linse fokussiert (sog. Maxwellsche Abbildung ) und nach der Aufweitung auf einem transparenten Schirm aufgefangen. Es ergeben sich Interferenzstreifen auf dem Schirm, deren Dichte von der Dicke der Glasplatte abhängt. (Je dicker die Platte, desto enger die Streifen). Beim Gerät, das man in der Praxis einsetzt, sieht der Patient direkt in den Strahl, mit den Fokussierungspunkten in der Pupille des Auges. Mit Schülern sollte man dies so nicht machen, da eine Schädigung durch den Laserstrahl bei unsachgemäßem Aufbau möglich ist. Das in der Medizin eingesetzte Gerät („ Retinometer“), basierend auf diesem Effekt, findet seine Anwendung in der Messung der potentiell erreichbaren Sehschärfe. Durch 3 die Fokussierung in der Pupillenebene werden die optischen Fehler ( Fehlsichtigkeit ) umgangen. Auch leichte Trübungen lassen noch ein Interferenzmuster auf der Netzhaut erscheinen, so dass es als Funktionstest der Netzhaut bei Vorliegen eines grauen Stars ( Trübung der Augenlinse ) dient. Siehe dazu auch die obigen Bilder. Die physikalischen Grundlagen dazu sind: Wellenoptik, Interferenz, Kohärenz, Laser b) mit inkohärentem Licht ( Folien 44 und 45 ) Ein Gerät, das ein Interferenzmuster auf der Netzhaut ohne Laser erzeugt, ist das Retinometer von Heine. Hierbei wird mit Hilfe eines Beugungsgitters ein Streifenbild auf der Netzhaut erzeugt. Die Dimensionierung für den einfachen Aufbau ist Folie 44 ( Strahlengang Retinometer mit Halogenlampe durch Beugung an einem Gitter) zu entnehmen. Die Aufbauteile sind die Schülerexperimentbauteile von Kröncke . Verwendet wird hier ein Spalt, dessen Breite variiert werden kann. Sehr schön zu demonstrieren ist hierbei der Einfluss der Kohärenzlänge des Lichts: Beim Zuziehen des Spalts werden die Streifen zunehmend deutlicher. Die physikalischen Grundlagen dazu sind: Wellenoptik, Beugung am Gitter, Kohärenz Danksagung Geräte und Informationsmaterial wurden freundlicherweise von folgenden Firmen zur Verfügung gestellt.: eine Auswahl von Brillengläsern von RODENSTOCK GmbH, München. das Handretinometer von HEINE Optotechnik, Herrsching, der Endoskopiesimulator von OLYMPUS Deutschland, Hamburg-Rahlstedt Bildmaterial zur Endoskopie von KARL STORZ GmbH, Tuttlingen. Ob und in welchem Umfang auch Schülerversuche unterstützt werden können, muss im Einzelfall erfragt werden. . 4