Datum: Thema: Referent: 24. Oktober 2007 Diabetes: Neueste Methoden zu Diagnose Und Therapie von Zuckerkrankheit Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Bratusch-Marrain Ärztlicher Direktor am Landesklinikum Waldviertel Horn-Allentsteig Diabetes mellitus – umgangssprachlich Zuckerkrankheit genannt – ist eine sehr häufige und auf Grund der lange fehlenden Beschwerden eine meist erst spät entdeckte Krankheit. Allzu oft werden ihre Risiken unterschätzt, denn eine über Jahre bestehende unerkannte oder nicht ausreichend behandelte Zuckerkrankheit kann schwere gesundheitliche Spätfolgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Erblindung, Fußamputation oder Nierenversagen nach sich ziehen. Grund für die mangelnde Beachtung von Diabetes ist die Fehleinschätzung aller Patienten zu glauben, nur dann krank zu sein, wenn Schmerzen bestehen. Die meisten schwerwiegenden Krankheiten bedingen jedoch keine Beschwerden bzw. erst im späten Stadium. Um Diabetes erfolgreich behandeln und Folgeerscheinungen vermeiden zu können, kommt daher der Frühdiagnostik eine große Bedeutung zu. Denn zu warten bis alle Diabetessymptome auftreten, führt nur allzu häufig zu Invalidität und frühem Tod. Insbesondere jene Menschen, die bereits in der Familie durch diese Erkrankung belastet sind und an Übergewicht leiden, weisen ein erhöhtes Diabetesrisiko auf. Was ist Diabetes? Infolge des Mangels an dem Hormon Insulin beginnt die Leber vermehrt Zucker an das Blut abzugeben, während die Muskeln Zucker in nur ungenügendem Ausmaß aufnehmen. Daraus resultiert ein erhöhter Blutzuckerspiegel. In der Zelle dagegen besteht Energiemangel, der Müdigkeit und Leistungsschwäche verursacht. Bei einer bestimmten Blutzuckerkonzentration (etwa 180 mg%) wird Zucker aus dem Blut über die Nieren ausgeschieden. Erscheint Zucker im Harn, nimmt er viel Wasser mit, sodass die Harnmenge steigt. Die Folge davon sind große Harnmengen und ein gesteigertes Durstgefühl. Durch Zuckerverlust im Harn geht viel Energie verloren. Hält dieser Energieverlust längere Zeit an, greift der Körper auf seine Reserven im Fettgewebe zurück. Durch den vermehrten Fettabbau entstehen aber saure Stoffwechselprodukte, die den Körper vergiften. Beim jugendlichen Typ des Diabetes (sogenannter Typ 1-Diabetes) sind die insulinproduzierenden Zellen in der Bauspeicheldrüse durch einen entzündlichen Prozess zerstört worden. Dies bedeutet, dass jeder Typ 1-Diabetiker unbedingt Insulin spritzen muss. Es gibt noch eine andere viel häufigere Form der Zuckerkrankheit, den Typ 2 oder Erwachsenendiabetes. Die betroffenen Patienten sind fast immer über 40 Jahre alt und meistens übergewichtig. Dieser übergewichtigere Typ 2-Diabetiker leidet an einer Störung der Insulinwirkung. Das Übergewicht führt dazu, dass das vorhandene Eigeninsulin nicht richtig wirken kann. Diese Patienten sollen daher ihre Ernährung beachten und kalorienbewusst essen. Reicht Diät allein nicht aus, kommen blutzuckersenkende Tabletten in Frage. Kann auch mit dieser Therapie der Stoffwechsel nicht gebessert werden, kommt auch hier Insulin zum Einsatz. Dramatische Zunahme des Diabetes In den letzten Jahren ist eine dramatische Zunahme des Erwachsenendiabetes, des so genannten Typ-2-Diabetes, festzustellen. Grund dafür ist der ständige Anstieg des Durchschnittsgewichtes (Überernährung!) und des Alters der Bevölkerung. Wir müssen davon ausgehen, dass die Diabeteshäufigkeit in der Bevölkerung zwischen 6 und 8 % liegt. Je älter die Patienten sind, umso häufiger entwickeln sie Diabetes, d.h. bei den über 75-jährigen liegt die Quote bereits bei fast 20 %. Daher gilt: Bereits in jungen Jahren Vorbeugemaßnahmen durch gesunde, kalorienbewusste Ernährung treffen! (Tab. 1) Tab.1 Diabetes – Vorsorge gesunde Ernährung ausreichend Bewegung Gewichtskontrolle wenig Alkohol nicht rauchen Regelmäßige Blutzuckerkontrollen Diagnose Diabetes – was nun ? Wurde die Diagnose Diabetes gestellt, gilt es eine den individuellen Bedürfnissen des Patienten gerecht werdende Therapie zu finden. Nur der Arzt weiß, ob eine Behandlung mit blutzuckersenkenden Tabletten oder Insulin notwendig ist. Wichtigster Punkt ist jedoch, dass der Patient im Umgang mit der Krankheit entsprechend geschult wird, um schwere Folgeerscheinungen möglichst gering zu halten. Es wurden in den letzten Jahren wissenschaftliche Studien erstellt, die eindeutig belegen, dass eine bessere Stoffwechseleinstellung zu einer deutlichen Verminderung der Komplikationsrate führt. Neben der medikamentösen Behandlung ist es daher notwendig, gewisse Verhaltensregeln zu erlernen und später auch in der Praxis zu beachten. In einer guten Diabetikerschulung lernen die Patienten was Diabetes ist, wie man ihn behandelt, wie man Blutzucker misst, Insulin spritzt (falls notwendig) und Komplikationen erkennt. Und wie man seine Füße pflegen muss – denn die Probleme beginnen bei vielen Patienten mit kleinen Verletzungen und Entzündungen an den Füßen. Welche Komplikationen macht Diabetes? Wird der gestörte Stoffwechsel des Diabetes über viele Jahre nicht beachtet, kommt es fast immer zu Komplikationen. Im Vordergrund steht hier insbesondere die Gefäßverkalkung, die zu Herzinfarkt, Schlaganfall und Beinbrand führen kann. Bei der Gefäßverkalkung bilden sich zuerst Fetteinlagerungen in der Gefäßwand, später kommt es dort zur Ablagerung von Cholesterinkristallen, die zur Verhärtung der Gefäßwand und zur Verengung der Blutgefäße führen. Typische Warnsymptome der Gefäßverkalkung sind im Falle der Herzkranzgefäße die Angina pectoris und im Falle der Beingefäße Wadenkrämpfe beim Gehen. Zusätzliche Gefahren für die Entwicklung von Gefäßverkalkungen stellen die Risikofaktoren Cholesterin, hoher Blutdruck und Rauchen dar. Es sind aber nicht nur die beschriebenen Veränderungen an den großen Gefäßen für Spätkomplikationen verantwortlich, sondern auch die kleinsten Gefäße in den Organen werden zunehmend verändert. Dies führt zu Schädigungen an der Netzhaut der Augen, der harnproduzierenden Anteile der Niere, sowie der Nerven. Klinisch beobachtet man daher Sehverschlechterung, Nierenfunktionsabnahme sowie Pampstigkeit und Gefühlsstörungen, insbesondere im Bereich der Füße. Um all diese Spätfolgen des Diabetes nach Möglichkeit zu vermeiden, gibt es für jeden von uns nur die Möglichkeit durch gesunde Lebensweise die Entwicklung von Diabetes zu verhindern und durch regelmäßige Blutzuckerbestimmung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung sein Auftreten möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. (Tab. 2) Tab.2 MERKE: Blutzucker spürt man nicht ! Diabetes tut nicht weh ! Diabetes ist nur durch Blutzuckerbestimmung zu diagnostizieren Weitere Informationen: Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Bratusch-Marrain Ärztliche Direktion Landesklinikum Waldviertel Horn-Allentsteig Bahnhofsstraße 35 3804 Allentsteig Tel.: 02982/2661-6040 E-Mail: [email protected]