Zahnerhaltung und Prävention zwischen Demenz und drittem Frühling PD Dr. Hendrik Meyer-Lückel, Kiel Senioren weisen bereits heute im Vergleich früheren Jahrzehnten eine höhere Anzahl von Zähnen auf. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahrzehnten sehr wahrscheinlich fortsetzen. Diese erfreuliche epidemiologische Entwicklung erfordert eine Anpassung der zahnmedizinischen Betreuung dieser Patientengruppe. Hierbei ist zu beachten, dass sowohl der Zahnstatus als auch der Allgemeinzustand eine inhomogene Verteilung aufweisen. Zahnerhaltende Maßnahmen müssen diesen Umständen gerecht werden. Neben einer adäquaten Diagnostik, Prävention und Therapie der Karies (insbesondere der Wurzelkaries) und der Parodontitis bedürfen die in höherem Alter vermehrt auftretenden nicht-kariösen Zahnhartsubstanzdefekte einer erhöhten Aufmerksamkeit. Hierbei stehen insbesondere bei Patienten mit stark beeinträchtigter allgemeiner Gesundheit non-invasive und unter Umständen rein palliative Maßnahmen im Vordergrund. Die symptomatische Behandlung der häufig durch Medikamente hervorgerufenen Mundtrockenheit stellt eine Herausforderung in dieser Altersgruppe dar. Bei einer Mehrheit spielt jedoch, wie im Erwachsenenalter, die Erneuerung von Restaurationen auch weiterhin eine große Rolle. Hierbei sollte eine zahnhartsubstanzschonende Therapie angestrebt werden, aber auch eine gegebenenfalls erschwerte Erneuerung der Restaurationen in höherem Lebensalter im Blickfeld des Behandlers sein. Hinsichtlich der Behandlung der Parodontitis ist eine Abwägung der Risiken einer eher konservativen (regelmäßige Wurzeloberflächenreinigung und professionelle Zahnreinigung) mit den Folgen einer tendenziell invasiven Therapie (chirurgische und implantologische Maßnahmen) abzuwägen. Prothetische Versorgung zwischen Demenz und drittem Frühling Prof. Dr. Hans-Jürgen Wenz, Kiel Der wachsende Anteil von Senioren bei unseren Patienten wird in den kommenden Jahren das Bild in der zahnärztlichen Praxis prägen und auch verändern. Durch die Erfolge der Prävention wird der Anteil von zahnlosen Patienten im höheren Lebensalter stetig geringer und der Anteil an Lückengebissen mit mehr oder weniger stark reduziertem Restzahnbestand nimmt im Gegenzug zu. Gerade bei der Versorgung solcher Lückengebisse steht uns eine Vielfalt von Therapieoptionen zur Verfügung und es gibt bisher wenig hochwertige „Evidenz“, die zur Entscheidungsfindung bei der Auswahl der geeigneten Therapiemittel herangezogen werden kann. Bei der Entscheidung für die „richtige“ Versorgung müssen die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des Patienten mit einbezogen werden – dies gilt im Besonderen für den älteren Patienten. Bestehende Erkrankungen und evtl. vorhandene kognitive, sensorische oder manuelle Defizite können dann Faktoren sein, die maßgeblich die Wahl des Versorgungskonzeptes beeinflussen. Gerade für den Bereich der pflegebedürftigen älteren Patienten gibt es generelle Empfehlungen für Art und Ausmaß der prothetischen Therapie, die im Besonderen die einfache Handhabung, Pflege und Erweiterbarkeit des Zahnersatzes berücksichtigen. In der Regel erstellen wir aber für ältere Patienten neue Versorgungen bevor eine Pflegebedürftigkeit eintritt und hier kann sich durchaus ein Dilemma einstellen. Die wachsende Gruppe der „fitten“ Alten, die ihren Lebensabend bei hoher Lebensqualität verbringen wollen, stellt meist ganz andere Ansprüche an ihre prothetische Versorgung als dass diese auch unter den Bedingungen einer institutionalisierten Pflege mit – in Bezug auf die Mundgesundheit – kaum oder gar nicht ausgebildetem Pflegepersonal noch „funktioniert“. Viel eher werden perfekte Funktion, oraler Komfort und eine hervorragende – oft eher „verjüngende“ – Ästhetik nachgefragt. Dieses Spannungsfeld soll im Vortrag erörtert werden: Welche Versorgungsformen sind eher geeignet, den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden? Warum ist ein individuell abgestimmtes Nachsorgekonzept von so großer Bedeutung? Kommunikationsprobleme mit älteren Menschen: vom Bauchgefühl zur pragmatischen Diagnostik Dr. Hendrik Friedrichs, Münster Im Studienhospital Münster® – einer Lehreinrichtung der Medizinischen Fakultät für die Medizinstudierenden –wird versucht, die Haltung der Medizinstudierenden zu älteren Menschen auf zwei Wegen positiv zu beeinflussen. Bei zunehmender Alterung der deutschen Bevölkerung stellen die Besonderheiten der Kommunikation mit älteren Patienten ein Grundpfeiler der Ausbildung von Personen im Gesundheitswesen dar. Diese Kommunikation ist von diversen altersspezifischen Problemen geprägt, die sich aus medizinischer Sicht oftmals als verminderte Leistungsfähigkeit der sensorischen und kognitiven Leistungen der Patienten darstellen. Im alltäglichen Umgang mit den älteren Patienten ergeben sich viele Hinweise auf diese Leistungsdefizite, die aber häufig nur unscharf gedeutet werden können, da sich viele Symptome überschneiden. Somit ist es in der alltäglichen Praxis nicht leicht, die vorhandenen Kommunikationsprobleme zu identifizieren und anzugehen. Dabei lässt sich feststellen, dass das Erkennen der Kommunikationsprobleme mit einfachen Mitteln zu erreichen ist. Im Rahmen dieses Vortrages sollen praktikable Untersuchungsverfahren vorgestellt werden, die eine einfache, aber sichere Diagnostik dieser Probleme ermöglichen. Diese Untersuchungsverfahren zeichnen sich durch eine hohe Effektivität aus und werden gegenüber den Standardverfahren bezüglich ihrer diagnostischen Treffsicherheit dargestellt. Zudem sollen einfache Bewältigungsstrategien aufgezeigt werden. So können im Folgenden diese Probleme und die daraus resultierenden Konsequenzen effektiv angegangen werden. Prinzipien der Mundpflege Kerstin Schlee, Neustadt Viele Menschen benötigen bei der täglichen Mundpflege Unterstützung, jedoch bestehen im Alltag unterschiedliche Vorgehensweisen durch die Pflegekräfte und Therapeuten. Das schürt Unsicherheit, Missempfinden und Ängste auf beiden Seiten mit der Folge, dass die Bewohnermünder verschlossen bleiben. Es werden im wahrsten Sinne die Zähne zusammen gebissen. Schnell heißt es: „Der Bewohner macht den Mund nicht auf und verweigert sich.“ Ich glaube nicht, dass die Bewohner uns damit sagen, dass sie keine Mundpflege möchten. Sie vermitteln uns vielmehr: „SO möchte ich die Mundpflege nicht.“ Deshalb darf das für die Mundpflege nur bedeuten: Sicherheit vermitteln, Vertrauen schaffen, adäquate Hilfsmittel einsetzen und nach Prinzipien arbeiten, die Struktur schaffen und wie ein Ritual immer wiederkehren. Denn auch wir haben bei der Mundpflege unsere Rituale. Nach Prinzipien der Mundpflege zu arbeiten heißt, dass alle Therapeuten das gleiche Vorgehen haben. Im Team werden Mundpflegepläne erarbeitet, kontrolliert und ggf. geändert. Symbolkarten weisen mit entsprechenden Kennzeichen und Einträgen darauf hin, wie der Bewohner auf die Mundpflege vorbereitet wird. Ein farbiger Klebepunkt markiert die erste Berührung weit außerhalb des Gesichts, bevor mithilfe von Druckinformationen durch unsere Hände der Weg zu den Lippen für den Bewohner nachvollziehbar gemacht wird. Erst dann wird die Mundhöhle betreten. Die eigentliche Versorgung der Mundhöhle kennzeichnet sich durch den Einsatz sehr weniger Hilfs- und individueller Pflegemittel. Klare, eindeutige, langsame Impulse unsererseits stärken die Wahrnehmung und das Gefühl im Mund. Mundpflege bietet dem Bewohner ein Lernangebot und ist oft auch eine wichtige Vorbereitung auf das anschließende Essen und Trinken. Denn je mehr der Mundinnenraum gespürt wird, desto besser kann das anschließende Kauen und Schlucken vollzogen werden, was letztlich auch eine Steigerung der Lebensqualität bedeutet! Zahnärztliche Versorgung von Bewohnern in Pflegeinrichtungen Claudia Ramm, Kiel Viele pflegebedürftige Menschen erhalten in Heimen oder zuhause nicht genügend Unterstützung bei der täglichen Zahnpflege. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Erkrankungen in der Mundhöhle und der allgemeinen Gesundheit nicht zu unterschätzen. Untersuchungen zeigen, dass Zahnbetterkrankungen sich auf viele andere Erkrankungen negativ auswirken. So können z.B. Atemwegserkrankungen, Schlaganfälle, Diabetesentgleisungen oder Herzerkrankungen durch sie begünstigt werden. Eine Studie von Benz et al. (2005) hat ergeben, dass in Münchner Heimen bei Betreuung durch Zahnärzte und geschultes Pflegepersonal 65% weniger Notfälle und sogar 75% weniger Zahnerkrankungen entstehen. Eine Optimierung der Mundhygiene durch qualifizierte Betreuung sollte daher in Pflegeheimen höchste Priorität haben. Bei der zahnärztlichen Versorgung in Alten – und Pflegeheimen, und bei der Einweisung von Pflegepersonal in die tägliche Zahnpflege von Pflegebedürftigen, gibt es allerdings einiges zu beachten. Es wird ein Konzept vorgestellt, dass sich insbesondere auf die Mundpflege der Bewohner, die Pflege von Prothesen und der verschiedenen Möglichkeiten der prothetischen Versorgung bezieht. Des Weiteren werden Hilfsmittel aufgezeigt, die bei nachlassenden manuellen Fähigkeiten und schwindender Sehkraft dem Patienten in der täglichen Zahnpflege gerecht werden können. Ferner werden Parameter, wie der Umgang mit Dementen und berufsrechtliche Aspekte diskutiert, sowie die Wichtigkeit der interdisziplinären Diagnostik unterstrichen. Unterschiedliche Formen von Zahnersatz und ihre Bedeutung für die Pflege Dr. Karsten Klosa, Kiel In der Pflege tätiges Personal ist im Rahmen der täglichen oralen Hygienemaßnahmen mit unterschiedlichsten Formen von Zahnersatz konfrontiert. Je nach Art der prothetischen Versorgung sind spezifische Vorgehensweisen bei der Reinigung und Pflege erforderlich. Es ist von entscheidender Bedeutung für die Mundgesundheit, dass eine Pflegekraft verschiedene Formen von Zahnersatz identifizieren kann. Im Besondern sollte sie unterscheiden können, ob Zahnersatz „festsitzend“ ist, d.h. er ist fest und unlösbar mit den Zähnen verbunden, oder ob Zahnersatz „herausnehmbar“ ist, d.h. ein Anteil des Zahnersatzes kann von den Zähnen gelöst werden und – z.B. zur täglichen Pflege – aus dem Mund herausgenommen werden. Herausnehmbarer Zahnersatz kann über unterschiedlichste „Haltelemente“ mit den restlichen Zähnen verbunden sein – dies können z.B. Klammern, Geschiebe, Kugelköpfe oder Doppelkronen sein. Für den zahnmedizinischen Laien ist es bei einigen dieser Elemente keineswegs banal zu erkennen, dass überhaupt herausnehmbarer Zahnersatz vorliegt. Wird herausnehmbarer Zahnersatz nicht regelmäßig aus der Mundhöhle entfernt und gereinigt, hat dies sehr negative Auswirkungen auf die Mundgesundheit mit den nachfolgenden Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit der Pflegebedürftigen. Aus diesem Grund sollte jede zuständige Pflegekraft wissen, ob bei den ihr anvertrauten Pflegebedürftigen herausnehmbarer Zahnersatz vorliegt. Am besten wird dies durch eine zahnärztliche Eingangsuntersuchung festgestellt und in der Pflegeakte formalisiert dokumentiert. Neben dem Wissen, ob herausnehmbarer Zahnersatz vorliegt, ist es notwendig zu wissen, wie dieser Zahnersatz korrekt ein- bzw. ausgegliedert wird. Je nach angewendetem „Haltelement“ sind bestimmte Ansprüche an die „Bedienung“ des Zahnersatzes zu stellen, damit dieser langfristig auch funktionstüchtig bleibt. In diesem Vortrag sollen die verschiedenen Formen von Zahnersatz vorgestellt werden. Der Schwerpunkt liegt bei der Erläuterung der unterschiedlichen Formen von herausnehmbaren Versorgungen und ihren spezifischen Anforderungen an Pflege und Bedienung.