Tetanus_San - Supernature

Werbung
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Definition
Unter Tetanus versteht man eine Wundinfektion, die durch das Toxin des Tetanuserregers
zu Lähmungen und Krämpfen der Muskulatur führt und oft tödlich endet.
Erreger
Der Erreger ist Clostridium tetani, ein grampositives1, stäbchenförmiges Bakterium, das
sich nur in sauerstoffarmer Umgebung vermehren kann (obligat anaerob). Clostridium
tetani kommt überall auf der Erde vor, hauptsächlich im Erdreich (besonders in mit
Tiermist gedüngten Böden), in Staub, in und an faulem Holz, an Pflanzen, aber auch im
Verdauungstrakt und Stuhlgang von Menschen und Tieren. Es wurde um 1885 als Erreger
des Wundstarrkrampfs entdeckt. Durch seine Fähigkeit, Sporen zu bilden, das heißt, die
genetische Information in einer mehrschichtigen Hülle abzukapseln, erreicht der Erreger
optimale Resistenz2 gegen Hitze und Austrocknung und kann in dieser Form auch in einer
sauerstoffreichen Umgebung überleben, sich aber nicht vermehren.
Dieses Bakterium ist in der Lage, ein sehr starkes Gift (ein Toxin3) zu produzieren,
welches die Nerven und Bestandteile des Blutes schädigt.
Infektionsweg
Weil dieses Bakterium praktisch überall im Erdreich vorhanden ist, kann es bei jeder
Verletzung, das heißt auch bei sehr kleinen Bagatellverletzungen, in die Wunde gelangen.
Besonders gefährlich sind jedoch tiefe verschmutzte Wunden mit ungenügender
Sauerstoffzufuhr, vor allem wenn Fremdkörper (z. B. Holzsplitter, Rosendornen oder
Ähnliches) in der Wunde verblieben sind. Auch Stich- und Bisswunden sind sehr
gefährlich. In Verbrennungswunden, oder wenn Gewebe abgestorben ist, vermehren sich
die Keime auch besonders schnell und produzieren ihr Gift. Dabei geht das Bakterium am
Eintrittsort von der Sporen- in die Vegetativform4 über, vermehrt sich unter anaeroben5
Bedingungen und gibt das Toxin Tetanospasmin dort in die Blutbahn ab. Von dort gelangt
das Toxin entweder über periphere6 Nervenbahnen oder über den Blutweg in das Gehirn,
wo es Muskel entspannend wirkende Synapsen7 hemmt, so dass es zu Krämpfen der
Muskulatur kommt.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit8 liegt zwischen 3 und 14 Tagen, kann aber auch bereits nach einem
Tag erfolgen, wenn eine höhere Toxinmenge vorliegt. Selten dauert die Inkubationszeit
länger.
1
Grampositiv = dunkelblau färbend
Resistenz = Widerstandsfähigkeit eines Organismus gegenüber äußeren Einflüssen
3
Toxin = Gift
4
Vegetativform = Pflanzliche Form
5
Anaerob = Sauerstoffarm, ohne Sauerstoff lebend
6
Peripher = Am Rande befindlich, äußere
7
Synapse = Berührungsstelle zwischen Muskel und Nerv
8
Inkubationszeit = Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit
2
-1-
Äußerung der Erkrankung
Wenige Tage bis drei Wochen nach der Verletzung (die Zeitspanne hängt von der
aufgenommenen Keimmenge und von Ort, Art und Ausdehnung der Verletzung ab; eine
kurze Zeit zwischen Infektion und Ausbruch von Krankheitssymptomen spricht für einen
schweren Verlauf) beginnt die Erkrankung mit

allgemeinem grippeähnlichen Krankheitsgefühl,

Kopfschmerzen,

einer mäßigen Temperaturerhöhung,

Taubheitsgefühl oder Schmerzen in der Wundgegend,

allgemeiner Unruhe.
Weil alle diese Symptome jedoch häufig auch bei einfachen Infektionskrankheiten
vorkommen, denkt kaum jemand jetzt schon an eine Tetanuserkrankung.
Es folgt eine Erhöhung der Muskelspannung, die zuerst zu einer Kieferklemme (Trismus)
führt. Dies kann sich äußern durch Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken. Man sollte
bei jeder Kieferklemme annehmen, dass es sich um einen Tetanus handelt. Bei der
Erkrankung sind oft auch die Überstreckung des Rumpfes mit Rückwärtsbeugung des
Kopfes [Abbildung 1], eine Art verzerrtes Grinsen (risus sardonicus, auch ‚Teuflisches
Grinsen’ genannt [Abbildung 2]) und hochgezogene Augenbrauen durch die Krämpfe der
Gesichtsmuskulatur typisch.
Dann folgt vom Kopf und Nacken absteigend eine Muskelstarre (Rigor) der langen
Rücken- und Bauchmuskeln, es folgen die Muskeln der Arme und Beine, der Rippen, des
Kehlkopfes und schließlich des Zwerchfells. Die Erkrankten können wegen Krämpfen der
Mund- und der Speiseröhrenmuskulatur nicht mehr essen, haben stärkste
Muskelschmerzen, erleben aber ihre Krankheit bei vollem Bewusstsein. Bei Krämpfen der
Kehlkopf- und Rippenmuskulatur kommt es zu schweren Störungen der Atmung, bei
Lähmungen des Zwerchfells erstickt der Erkrankte im Krampf. Geringe Reize von außen
(z. B. Musik, Geräusche, Licht) verursachen neue Kämpfe der Muskulatur, die etwa ein bis
zwei Minuten dauern und meistens in Minutenabständen ausgelöst werden und so stark
sein können, dass Knochenbrüche die Folge sind. Weitere Krankheitssymptome sind
Halsschmerzen, Frösteln, Schwindel, vermehrtes Schwitzen, Schlaflosigkeit, erhöhte
Temperatur und Krämpfe der Zwerchfellmuskulatur mit Schluckauf. Auf Grund von
Krämpfen der Blasen- und Darmmuskeln kommt es zu Verstopfung, und der Erkrankte
kann keinen Urin mehr lassen. Später kann der Betroffene nicht mehr sprechen oder
schreien. Im Endstadium der Erkrankung können die Patienten an
Herzrhythmusstörungen, Kammerflimmern9 und Atemstillstand versterben. Man kann
Tetanus anhand der typischen Symptome in Verbindung mit einer Verletzung
diagnostisieren. Wichtig ist, frühzeitig an die Möglichkeit eines Wundstarrkrampfes zu
denken. Durch einen Abstrich der Wunde kann man im Labor nach Erregern oder Toxin
suchen. Bei einer Grundimmunisierung und regelmäßigen Auffrischungen ist eine
Tetanuserkrankung unwahrscheinlich.
Die Krankheit mit Krämpfen dauert etwa drei Wochen, bis zur vollständigen Erholung
dauert es Monate.
Gegenmaßnahmen/Therapie
9
Kammerflimmern = Unkontrollierter Herzschlag
-2-
Bei Verdacht auf eine Tetanuserkrankung muss der Erkrankte sofort in eine Klinik
eingewiesen werden. Entscheidend für den Verlauf der Krankheit ist die frühzeitige
Einleitung der Therapie. Man gibt dem Erkrankten ein Gegengift (Antitoxin), tierisches oder
menschliches Immunglobulin10, welches das Gift neutralisieren soll; das geht aber nur,
wenn es noch nicht im Gehirn angekommen ist. Des Weiteren wird ein Antibiotikum,
meistens Penicillin, und vorgefertigte Antikörper gegen den Tetanuserreger verabreicht.
Die Frühbehandlung der Krankheit ist deshalb sehr wichtig, weil das Antitoxin nur wirkt,
solange der Giftstoff noch nicht die Blutbahn verlassen und die Nervenzellen befallen hat
Der Patient wird auf der Intensivstation behandelt, er bekommt Medikamente, die die
Muskelspannung herabsetzen und starke Beruhigungsmittel. In schweren Fällen müssen
die Patienten manchmal beatmet und in ein künstliches Koma versetzt werden. Wegen der
starken Erregbarkeit brauchen die Patienten ein Einzelzimmer und müssen vor allen
unnötigen Reizen (wie Licht, Geräusche, Berührungen usw.) geschützt werden, da diese
sofortige Muskelkrämpfe auslösen. Meistens ist dieses Einzelzimmer ein abgedunkelter
und schallgeschützter Raum. Die Wunde wird sofort sorgfältig ausgeschnitten. Dies ist
besonders bei tiefen Wunden wichtig. Hier kann Schmutz und totes Gewebe die
Vermehrung des Tetanusbakteriums fördern, weil der Tetanuserreger ein Keim ist, der bei
fehlendem Sauerstoff die besten Lebensbedingungen vorfindet, deswegen schafft man
durch das Herausschneiden der Wunde eine sauerstoffreiche Umgebung. Da die
Gesichtsmuskulatur verkrampft, umfasst die Therapie auch die Offenhaltung der
Atemwege. Der Erkrankte erhält über eine Nasensonde Sauerstoff, auch eine künstliche
Beatmung an einer Beatmungsmaschine ist häufig nötig.
Da die Erkrankung keine Immunität11 erzeugt (die Person kann also an der gleichen
Infektion wieder erkranken), muss der Erkrankte eine vollständige Tetanusimmunisierung,
sprich eine Tetanusimpfung erhalten.
Maßnahmen für die Kontaktpersonen sind nicht erforderlich, da Tetanus nicht von Mensch
zu Mensch übertragen werden kann.
Letalität
Bei unbehandelten, insbesondere älteren Menschen liegt die Letalität12 bei 30 bis 90
Prozent nach zwei bis drei Wochen. Je kürzer die Inkubationszeit, desto schwerer ist der
Verlauf der Erkrankung. Auch bei Einsatz aller Therapiemöglichkeiten liegt die
Sterblichkeit an Wundstarrkrampf bei 25% - 50%.
Prophylaxe
Man sollte zur Prophylaxe13 von Tetanus eine Impfung durchführen. Diese Impfung wird
bereits im Kindesalter durchgeführt und nach 6 Wochen erneut aufgefrischt. Nach einer
dreifachen Impfung (‚Grundimmunisierung’) besteht ein voller Schutz. Aber nach
Aussagen der ‚STIKO’14 sollte man schon im sechsten Lebensjahr eine Auffrischimpfung
durchführen. Auch eine Impfung im elften und im achtzehnten Lebensjahr soll notwendig
sein. Eine Auffrischung ist ansonsten nach 10 Jahren nötig, im Falle einer Verletzung wird
sie nach 5 Jahren durchgeführt. Meistens wird die Tetanusimpfung in Kombination mit
anderen Erkrankungen wie Diphtherie, Hepatitis B oder Keuchhusten durchgenommen.
Kommt es zur Verletzung und der Patient hat keinen Tetanusimpfschutz, wird zu der
10
Immunglobulin = Protein, das die Eigenschaften eines Antikörpers aufweist
Immunität = Person ist ‚immun’ gegen eine Krankheit, er kann sie nicht wieder bekommen
12
Letalität = Wahrscheinlichkeit, an einer Erkrankung zu sterben
13
Prophylaxe = Vorbeugung, Verhütung
14
STIKO = Ständige Impfkommission (in Berlin)
11
-3-
ersten Impfung zusätzlich ein sofort wirksames Immunglobulin10 verabreicht. Seine
Wirkung hält aber nur eine kurze Zeit an, deshalb darf man auf die anschließende
Vervollständigung des Impfschutzes nicht verzichten.
Die Impfung gegen Tetanus ist eine für alle Menschen empfohlene Impfung, sie wird von
den Krankenkassen bezahlt. (Die Kosten für eine Impfdosis betragen ca. 2 Euro, die
Kosten für eine Intensivbehandlung eines Tetanuskranken können sich leicht auf über
50.000 Euro summieren).
Nach einer Verletzung muss außerdem jede Wunde gesäubert und desinfiziert werden.
Tiefe Wunden, wie zum Beispiel Hundebisse, dürfen nicht durch eine Naht verschlossen
werden, damit in das Wundgebiet genügend Sauerstoff gelangen kann.
Sonderformen des Tetanus




Lokaler15 Tetanus: Z.B. ist bei Kopftetanus (bei Gesichtsverletzung) die Muskulatur
nur in einer Region betroffen. Diese Sonderform ist relativ selten und hat gute
Heilungschancen.
Puerperaler16 Tetanus: Nach Geburten und Fehlgeburten, ausgehend von einem
infizierten Uterus (betrifft die Mutter).
Tetanus neonatorum17: Von infizierter Nabelschnur ausgehende Infektion (betrifft
das Kind). Sie entwickelt sich bei Kindern, die von unzureichend immunisierten
Müttern entbunden werden und bei denen eine hygienisch unzureichende
Behandlung des Nabels erfolgte.
Postoperativer18 Tetanus: Von einer Operationswunde ausgehende Infektion.
Häufigkeit
Laut des Robert-Koch-Instituts in Berlin kommen in der Bundesrepublik Deutschland
wegen des hervorragenden Impfschutzes pro Jahr weniger als 10 Tetanusfälle vor. Von
diesen an Tetanus erkrankten Menschen versterben ca. 3 Menschen (30%) an dieser
Krankheit. Weltweit kommt es jährlich zu ca. 1 Million Erkrankungen mit rund 600.000
Todesfällen.
In Deutschland haben von den 30-40-jährigen fast 20%, und bei den 60-70-jährigen sogar
fast 50% keinen oder nur einen minimal ausreichendem Impfschutz.
Quellen

Hausseite des Robert-Koch-Instituts in Berlin (http://www.rki.de)

Hausseite des Deutschen grünen Kreuzes (http://www.dgk.de)
15
Lokal = An einem Ort
Puerperal = Das Wochenbett betreffend, hier: Die Mutter betreffend
17
Neonatorum = Hier: Das Kind betreffend
18
Postoperativ = Nach einer Operation auftretend
16
-4-

DUDEN Fremdwörterbuch Ausgabe 7


Anhang
Bilder:
Abbildung 1: Überstreckung des Rumpfes
Abbildung 2: ‚Risus sardonicus’, das so genannte ‚Teuflisches Grinsen’
-5-
Herunterladen