Міністерство освіти і науки України Херсонський державний університет Інститут іноземної філології Кафедра німецької мови С. М. Солдатова Стилістика сучасної німецької мови. Навчальний посібник для студентів денної, заочної та екстернатної форми навчання Затверджено Вченою радою ХДУ Протокол № 9 від 31.05.2010 Херсон 2010 -2 Стилістика сучасної німецької мови. Навчальний посібник для студентів денної, заочної та екстернатної форми навчання Укладач: Солдатова С. М. – кандидат філологічних наук, доцент, професор кафедри німецької мови Рецензенти: Демецька В. В. – доктор філологічних наук, професор Ткаченко Л. Л. – кандидат філологічних наук, доцент Обговорено на засіданні кафедри німецької мови Протокол № 9 від 12.05.2010 р. Розглянуто на засідання науково-методичної ради Інституту іноземної філології Протокол № 6 від 17.05.2010 р. Схвалено науково-методичною радою ХДУ Протокол № 4 від 12.05.2010 р. Рекомендовано до друку Вченою радою ХДУ Протокол № 9 від 31.05.2010 р. -3 Передмова Навчальний посібник зі стилістики сучасної німецької мови призначений для студентів денної, заочної та екстернатної форм навчання вищих навчальних закладів для спеціальності «Німецька мова та література». Посібник охоплює фундаментальні поняття з курсу стилістики, містить основну тематику лекцій зі скороченим викладом змісту та плани практичних занять з рекомендованою літературою до них. Мета посібника – допомогти студенту розвинути стилістичну компетенцію, а практичні завдання сприятимуть глибшому засвоєнню теоретичного матеріалу. Посібник укладено згідно з вимогами програми зі стилістики німецької мови та інтерпретації тексту. -4 INHALT Thema: Die wichtigsten Aspekte der deutschen Stilistik. Der deutsche Wortbestand ………………………………………………………………5 Vorlesung № 1 Thema: Stilistik als Sprachwissenschaft……………………………5 Seminar № 1 Thema: Grundbegriffe der Stilistik…………………………………...7 Vorlesung № 2 Thema: Die Stilfärbung und ihre Abarten………………………...13 Seminar № 2 Thema: Die Stilfärbung……………………………………………..15 Vorlesung № 3 – 4 Thema: Der Wortbestand der deutschen Sprache aus stilistischer Sicht………………………………………………………………………………….21 Seminar № 3 – 4 Thema: Die stilistische Charakteristik des Wortschatzes……….22 Thema: Die Mittel der Bildhaftigkeit im Deutschen. Die Grammatik in stilistischer Betrachtung. Das Problem des Stils………………………..47 Vorlesung № 5 Thema: Mittel der Bildkraft……………………………………….47 Seminar № 5 Thema: Vergleich und seine stilistische Leistung…………………..50 Vorlesung № 6-8 Thema: Tropen und ihre Charakteristik…………………………77 Seminar № 6 Thema: Die Tropen …………………………………………………79 Vorlesung № 9-10 Thema: Die Abarten der Metaphern…………………………...89 Vorlesung № 11-12 Thema: Syntax aus stilistischer Sicht………………………...92 Seminar № 7 Thema: Expressive Syntax ……………………………………….....99 Vorlesung № 13 Thema: Satzarten nach der Zieleinstellung des Sprechenden…..108 Seminar № 8 Thema: Die Satzarten aus stilistischer Sicht ………………………111 Vorlesung № 14 Thema: Stilistische Syntax als Mittel der Ausdruckskraft……..116 Vorlesung № 15 Thema: Die funktionalen Stile der deutschen Sprache…………130 Seminar № 9 Thema: Zum Problem des Funktionalstils im Deutschen………….140 Literatur……………………………………………………………………...........141 -5 Thema: Die wichtigsten Aspekte der deutschen Stilistik. Der deutsche Wortbestand Лекційні модулі: 1. Загальні аспекти стилістики. 2. Стилістична забарвленість та її види. 3. Стилістична характеристика словникового фонду мови. Vorlesung № 1 Thema Stilistik als Sprachwissenschaft. Stilistik (Stillehre) ist die Wissenschaft von der Verwendungsweise und Ausdrucksgestaltung der Sprache in sämtlichen Kommunikationssituationen in unterschiedlichen Kommunikationsakten. Die Stilistik befasst sich in erster Linie mit den funktionalen Verwendungsweisen der Sprache, d.h. mit der komplexen Ausdrucksgestaltung, die aus der gesellschaftlichen Spezifik der einzelnen größeren und kleineren Kommunikationsbereiche erwächst. Ausgangspunkt der Funktionalstilistik ist nicht Individualstil, sonder der sog. Funktionalstil und seine Substile, die funktionale Gattungs- oder Genrestile im System wie in den entsprechenden schriftlichen und mündlichen Texten (Textsorten). Stilistik ist die Lehre von den Beziehungen zwischen Mitteilungsabsicht des Senders und deren Wirkung auf den Empfänger. Die Stilistik (Linguostilistik) obliegt es, die Verwendungsweisen der Sprache in sämtlichen funktionalen Ausdruckssystemen unter dem paradigmatischen Aspekt zu ergründen sowie unter dem syntagmatischen Aspekt in allen möglichen schriftlichen und mündlichen Textsorten. An die Grundsatzfragen der Stilistik makrostilistischer Sicht herangehen werden. kann man aus mikro- und -6 Die Mikrostilistik befasst sich vornehmlich mit der stilistischen Charakteristik sprachlicher Grundeinheiten und unterschiedlicher stilistischen Mittel (Stilistka) sowie mit ihren Verwendungsmöglichkeiten im Kleinkontext oder erweiterten Kontext (übersatzmässige Formen, Absätze, Absatzfolge). Aufgabe der Mikrostilistik ist die stilistische Leistung der sprachlichen Einheiten aller Ebenen zu erkennen und zu systematisieren. Zur funktionalen Mikrostilistik rechnen wir die stilistische Lexikologie und Phraseologie, stilistische Morphologie und Syntax, stilistische Wortbildung, Phonostilistik. Die Aufgabe der Makrostilistik ist die Erforschung des Stils als Komplexerscheinung und Organisationsprinzip von Ganzheitsstrukturen. Ihr Forschungsmaterial bilden grundsätzlich abgeschlossene sprachliche Großeinheiten, wobei aber die Wechselbeziehung zwischen dem Ganzen und Teilen stets beachtet werden muss. Zu Makrostilistik zählen wir: 1). Die Funktionalstilistik als Beschreibung der einzelnen Stil- und Substilsysteme; 2). Die funktionale Textstilistik , d.h. die Interpretation inhaltlich und formal abgeschlossener Texte aus sämtlichen Sphären der Kommunikation unter dem syntagmatischen Aspekt. Stil ist ein historisch veränderliches, durch gesellschaftliche Determinanten bedingtes Verwendungssystem der Sprache, objektiv verwirklicht durch eine qualitativ und quantitativ geregelte Gesamtheit sprachlicher Mittel – mit anderen Worten – realisiert aufgrund kodifizierter Normen für die einzelnen Kommunikationsbereiche. Unter Sprachstil ist die Gesamtheit der lexischen, grammatischen, phonetischen Ausdrucksmittel und Stilistika zu verstehen, die aus dem Arsenal der Sprache für einen bestimmten funktionalen Bereich zu bestimmen Mitteilungszwecken ausgewählt, in ein System geordnet und kodifiziert werden. -7 Beim funktionalen Redestil geht es um die dynamisch-syntagmatische Ausformung der paradigmatischen Sprachstilgesetzmäßigkeiten in konkreten Texten, und um Organisationsprinzipien monologischer und dialogischer Ganzheits- und Teilstrukturen, künstlerischer und nichtkünstlerischer Kompositionsformen. Seminar № 1 Thema: Grundbegriffe der Stilistik. 1. Stilistik als Lehrfach. Aufgabe der Stilistik. 2. Die wichtigsten Begriffe der Stilistik. 3. Das Problem der Stilklassifikation. Literatur: 1. E. Riesel, E. Schendels Deutsche Stilistik. Moskau, 1980. 2. W. Fleischer Stilistik der deutschen Gegenwartssprache. München, 1993. Praktische Aufgaben zum Seminar № 1 1. Sprachliche Kommunikation / Stilistik In den folgenden Gruppen von Texten werden jeweils gleiche oder ähnliche Sachverhalte sprachlich unterschiedlich dargestellt. Weisen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Aufbau und in der sprachlichen Gestaltung der vergleichbaren Texte nach, und erläutern Sie im Zusammenhang damit sprachliche Erscheinungen, die Gegenstand der Stilistik sind: (199) a) Hier ist Rauchen verboten. b) Hier ist glücklicherweise die schreckliche Raucherei verboten. -8 c) Hier hat wieder einmal jemand etwas dagegen, daß man sich ein Stäbchen ansteckt. d) Ich mache Sie höflichst darauf aufmerksam, daß hier nicht geraucht werden darf. e) Lassen Sie gefälligst das Rauchen sein! (S.225) (Fleischer, Zur funktionalstilistischen Differenzierung der deutschen Schriftsprache. In: Sprachpflege 1969.) (200) a) Es wird uns nichts geschenkt, alles muß durch Arbeit geschaffen werden. b) Der Mensch muß arbeiten, um überhaupt existieren zu können. c) Jeder Mensch muß fleißige Arbeit in seinem Leben verrichten, um ihm einen Sinn zu geben. d) Nur durch Fleiß, Arbeit und Ausdauer kann man sein eigenes und das Leben aller Menschen verbessern und verschönen. (Aus Schüleraufsätzen einer zehnten Klasse.) (201) a) Ich verstehe unter Freundschaft das nützliche und wertvolle Zusammenwirken zweier Menschen in einer guten und festen Gemeinschaft. Eine echte Freundschaft beruht auf Vertrauen, gegenseitiger Rücksichtnahme, auf Achtung, Verständnis und Aufrichtigkeit. Beide Partner sollten das gleiche Ziel anstreben und gemeinsame Interessen verfolgen. b) Eine Freundschaft ist ein Verhältnis zwischen zwei oder mehr Menschen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts. Im Unterschied zur Kameradschaft bringt man gegenseitig Achtung und Vertrauen auf. Man muß den Partner verstehen können und versuchen, ihm in seinen Angelegenheiten zu helfen. c) Die Freundschaft zwischen zwei Menschen hat sich oft bewähren müssen. Wenn sie auf gegenseitigem Vertrauen und Verständnis ruht, dann geht eine Freundschaft auch in kritischen Situationen nicht auseinander. Verständnis und Vertrauen zueinander stärken die Freundschaft und entwickeln auch den Charakter. d) Kameradschaft sollte man jedem in der Klasse entgegenbringen, dagegen Freundschaft nur einem kleineren Kreis von Mitschülern. Als Voraussetzung für eine -9 Freundschaft sehe ich besondere Sympathie an und ein besonderes Vertrauensverhältnis. e) Freundschaft ist etwas anderes als Kameradschaft und Hilfsbereitschaft. Kameradschaft heißt, daß alle sich in der Gruppe befindenden Mitglieder ein bestimmtes Ziel haben und dieses gemeinsam anstreben. Die Freundschaft bedeutet schon eine etwas engere Zuneigung, als sie bei der Kameradschaft vorhanden ist. In der Schule gibt es gute und auch schwache Schüler; wenn die leistungsschwachen Schüler von den besseren unterstützt werden, so nennt man das Hilfsbereitschaft. (Aus Schüleraufsätzen einer neunten Klasse.) 2. Vergleichen Sie die folgenden zwei Fassungen eines Ausschnitts aus dem Roman „Ole Bienkopp" von Erwin Strittmatter! Versuchen Sie festzustellen, nach welchen Prinzipien der Autor die erste Fassung überarbeitet hat! (202) Ole war ein Träumer. Keiner von jenen, die an den Ecken des Lebens sitzen und warten. Er wollte seine Träume mit Taten in das Leben zwingen. Das ging unterschiedlich aus. Die Welt, in die er hineingeboren wurde, hatte keinen Sinn für die Träume kleiner Leute. Als ihn seine Beine schon trugen, knüpfte sich der kastanienköpfige Junge eine Schaukel aus Ziegenstricken. Er hängte sie an einen Kiefernast. Im tollsten Schwьnge breitete er die Arme aus und suchte sich über die Baumkronen zu erheben. Er landete mit blutendem Gesicht im Heidesand. Großes Geschrei um den zerschellten Traum. Die Mutter: „Was ist?" „Ich bin beim Fliegen ausgerutscht." „Dummling, kein Mensch kann fliegen!" Ole breitete seine Arme aus. „Siehst du denn meine Schwingen nicht?" Die Mutter sah die Schwingen nicht. Die Schule war Ole ein dumpfer Lernkeller. Er zeichnete sich durch zu dünnes Sitzfleisch aus. Die Schnurrbartenden des Lehrers hingen herunter wie die Flügelfedern einer eingeregneten Henne. „Wo warst du gestern?" „Ich wartete am Waldrand auf euch." - 10 „Soll die Schule zwischen Blaubeeren und Gestängel stattfinden?" „Ich wünschte mir's so." Der Lehrer gerbte Öles Sitzfleisch. Er tat es nicht mit der sonst üblichen Eichenlohe, sondern mit Haselrinde, hinter der noch Holz saß. Verzeiht ihm die Unkenntnis! Es war ein ausgedienter preußischer Feldwebel. Öles Heimatdorf Blumenau gehörte zwei Herren. In den Wolken über den Wipfeln herrschte der Himmelsherr. In den Wäldern und auf den Feldern herrschte Baron von Wedelstedt. Im Bereiche des Barons gehörten dem Himmelsherrn nur zwei Häuser: Die Kirche und das Pfarrhaus. Er bewohnte sie mäßig. Dem Baron gehörten im Bereiche des Himmelsherrn ein ständiges Anrecht auf gute Witterung und einige Waggonladungen Gottesfurcht, die er von dem Pfarrer in die Seelen seiner Sassen streuen ließ. (S. 19f.) (Erwin Strittmatter, Ole Bienkopp. In: Neue Deutsche Literatur, H. 8/1962.) (203) Ole war ein Träumer, aber keiner von jenen, die an den Ecken des Lebens sitzen und auf Wunder warten. Er versuchte, seine Träume mit Taten in das Leben zu zwingen. Das ging unterschiedlich aus. Als ihn seine Beine schon trugen, knüpfte sich der kastanienköpfige Junge eine Schaukel aus Ziegen stricken und hängte sie an einen Kiefernast. Im tollsten Schwünge breitete er die Arme aus und suchte sich über die Baumkronen zu erheben. Er landete mit blutendem Gesicht im Heidesand. Großes Geschrei um den zerschellten Traum. Die Mutter: „Was ist?" „Ich bin beim Fliegen ausgerutscht." „Dummling, kein Mensch kann fliegen!" Ole breitete seine Arme aus. „Siehst du denn meine Schwingen nicht?" Die Mutter sah die Schwingen nicht. Die Schule war dem jungen Ole ein dumpfer Lernkeller. „Zu dünnes Sitzfleisch!" sagte der Lehrer, und seine Schnurrbartenden hingen herunter wie die Flügelfedern eines eingeregneten Hofhahns. „Wo warst du gestern?" „Ich wartete am Waldrand auf euch." „Soll die Schule deinetwegen stattfinden?" „Ja, Herr Küster." zwischen Blaubeeren und Gestängel - 11 Der Lehrer gerbte Öles Sitzfleisch. Er tat es nicht mit der beim Gerben üblichen Eichenlohe, sondern mit Haselrinde, hinter der noch Holz saß. Verzeiht ihm die Unkenntnis; er war ein ausgedienter preußischer Feldwebel. Öles Heimatdorf Blumenau war damals der Besitz von zwei Herren. Über den Wipfeln der Wälder herrschte der Himmelsherr. In den Wäldern und auf den Feldern herrschte Baron von Wedelstedt. (S.31f.) (Erwin Strittmatter, Ole Bienkopp.) 3. Vergleichen Sie die drei Fassungen des „Hansel und Gretel''-Märchens! Welche Schlußfolgerungen über die Entwicklung des Stils der Grimmschen Kinder- und Hausmärchen lassen sich aus dem Vergleich ziehen ? (204) Das Brüderchen und das Schwesterchen Es war einmal ein armer Holzhacker, der wohnte vor einem großen Wald. Es ging ihm gar jämmerlich, daß er kaum seine Frau und seine zwei Kinder ernähren konnte. Einstmals hatte er auch kein Brot mehr und war in großer Angst; da sprach seine Frau abends im Bett zu ihm: „Nimm die beiden Kinder morgen früh und führe sie in den großen Wald, gib ihnen das noch übrige Brot und mach ihnen ein großes Feuer an und darnach geh weg und laß sie allein." Der Mann wollte lang nicht, aber die Frau ließ ihm keine Ruh, bis er endlich einwilligte. Aber die Kinder hatten alles gehört, was die Mutter gesagt hatte. Das Schwesterchen fing an gar sehr zu weinen; das Brüderchen sagte ihm, es solle still sein, und tröstete es. Dann stand er leise auf und ging hinaus vor die Türe; da wars Mondenschein, und die weißen Kieselsteine glänzten vor dem Haus. Der Knabe las sie sorgfältig auf und füllte sein Rocktäschlein damit, soviel er nur hineinbringen konnte. Darauf ging er wieder zu seinem Schwesterchen ins Bett und schlief ein. (Gekürzt) (Grimms Kinder- und Hausmärchen. Oelenberger Manuskript.) (205) Hansel und Gretel Vor einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker, der hatte nichts zu beißen und zu brechen und kaum das tägliche Brot für seine Frau und seine zwei - 12 Kinder, Hansel und Gretel. Einmal konnte er auch das nicht mehr schaffen und wußte sich nicht zu helfen in seiner Not. Wie er abends vor Sorge sich im Bett herumwälzte, da sagte seine Frau zu ihm: „Höre Mann, morgen früh nimm die beiden Kinder, gib jedem noch ein Stückchen Brot, dann führ sie hinaus in den Wald, mitten inne, wo er am dicksten ist, da mach ihnen ein Feuer an und dann geh weg und laß sie dort, wir können sie nicht länger ernähren." „Nein, Frau", sagte der Mann, „das kann ich nicht über mein Herz bringen, meine eigenen lieben Kinder zu den wilden Tieren zu führen; die sie bald in dem Wald zerreißen würden." „Wenn du das nicht tust", sprach die Frau, „so müssen wir alle miteinander Hungers sterben"; da ließ sie ihm keine Ruhe, bis er ja sagte. Die zwei Kinder waren auch noch wach vor Hunger und hatten alles gehört, was die Mutter zum Vater gesagt hatte. Gretel dachte, nun ist es um mich geschehen, und fing erbärmlich an zu weinen. Hansel aber sprach: „Sei still, Gretel, und gräm dich nicht, ich will uns helfen." Damit stand er auf, zog sein Röcklein an, machte die Untertüre auf und schlich hinaus. Da schien der Mond hell, und die weißen Kieselsteine glänzten wie lauter Batzen. Hansel bückte sich und machte sich sein ganz Rocktäschlein voll davon, soviel nur hineinwollten, dann ging er zurück ins Haus: „Tröste dich, Gretel, und schlaf nur ruhig", legte sich wieder ins Bett und schlief ein. (Grimms Kinder- und Hausmärchen. Erste Druckfassung.) (206) Hansel und Gretel Vor einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hieß Hansel und das Mädchen Gretel. Er hatte wenig zu beißen und zu brechen, und einmal, als große Teuerung ins Land kam, konnte er auch das tägliche Brot nicht mehr schaffen. Wie er sich nun abends im Bette Gedanken machte und sich vor Sorgen herumwälzte, seufzte er und sprach zu seiner Frau: „Was soll aus uns werden? Wie können wir unsere armen Kinder ernähren, da wir für uns selbst nichts mehr haben?" „Weiß du was, Mann", antwortete die Frau, „wir wollen morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist. Da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den - 13 Weg nicht wieder nach Haus, und wir sind sie los." „Nein, Frau", sagte der Mann, „das tue ich nicht; wie sollt ich's übers Herz bringen, meine Kinder im Walde allein zu lassen, die wilden Tiere würden bald kommen und sie zerreißen." „O du Narr", sagte sie, „dann müssen wir alle viere Hungers sterben, du kannst nur die Bretter für die Sörge hobeln", und ließ ihm keine Ruhe, bis er einwilligte. „Aber die armen Kinder dauern mich doch", sagte der Mann. Die zwei Kinder hatten vor Hunger nicht einschlafen können und hatten gehört, was die Stiefmutter zum Vater gesagt hatte. Gretel weinte bittere Tränen und sprach zu Hansel: „Nun ist's um uns geschehen." „Still, Gretel", sprach Hansel, „gräm dich nicht, ich will uns schon helfen." Und als die Alten eingeschlafen waren, stand er auf, zog sein Röcklein an, machte die Untertüre auf und schlich sich hinaus. Da schien der Mond ganz helle, und die weißen Kieselsteine, die vor dem Hause lagen, glänzten wie lauter Batzen. Hansel bückte sich und steckte so viel in sein Rocktäschlein, als nur hinein wollten. Dann ging er wieder zurück, sprach zu Gretel: „Sei getrost, liebes Schwesterchen, und schlaf nur ruhig ein, Gott wird uns nicht verlassen", und legte sich wieder in sein Bett. (Gekürzt) (Grimms Kinder- und Haasmärchen. Ausgabe letzter Hand.) Vorlesung № 2 Thema: Die Stilfärbung und ihre Abarten. Stilzüge. Mit diesem Terminus bezeichnen wir innere qualitative Wesensmerkmale eines Funktionalsstils (Substils oder einer beliebigen Textsorte, die zwangsläufig aus der gesellschaftlichen Spezifik eines konkreten Schreib- und Sprechaktes entspringen und ebenso ein bestimmtes Mikrosystem von sprachlichen Mitteln aller Ebenen zu ihrer Aktualisierung nach sich ziehen). Stilzüge bezeichnete W. Winogradow als stilbildende und gleichzeitig stilnormende Ordnungsprinzipien in bestimmten Textsorten bestimmter Kommunikationssphären. - 14 Unter Individualstil verstehen wir die individuelle Verwendung allgemeiner und besonderer Gesetzmäßigkeiten in einem beliebigen Kommunikationsbereich. Je nach der Spezifik des betreffenden Funktionalstils wird dabei der Eigenheit des Sprechers / Schreibers mehr oder weniger Bewegungsfreiheit gelassen. Die absolute stilistische Bedeutung (Synonym: Stilfärbung, Markierung, Kolorierung) ist eine dem Sprachsystem innewohnende linguistische Erscheinung, die die qualitative und quantitative Verwendung der sprachlichen Einheit im Kontext vorausbedingt. Man unterscheidet drei Komponente der Stilfärbung: A). die funktionale Komponente der Stilfärbung gibt die kommunikative Sphäre an, in der eine bestimmte sprachliche Gegebenheit „beheimatet“ ist. Die funktionale Stilfärbung bricht in einzelnen Sprachelementen durch: in bestimmten Wörtern, Wendungen, Konstruktionen und Intonationsvarianten. B). die normative Komponente der Stilfärbung lässt sich als eine Skala von Ausdrucksschattierungen veranschaulichen, deren Nullpunkt die normalsprachliche (einfachliterarische) Basis bildet, die Grundnorm für sämtliche funktionalen Stile der schriftlichen und mündlichen Rede. C). die expressive Komponente der Stilfärbung kann unter dem paradigmatischen Aspekt nur als Opposition expressiv / nicht expressiv verstanden werden. Die stilistische Bedeutung einer sprachlichen Einheit in zusammenhängender Rede besteht aus zwei heterogenen Faktoren: A). aus der Stilfärbung des Wortes, der Wortfügung, des Affixes, der morphologischen Form oder der syntaktischen Konstruktion im Kontext – daher: Kontextstilfärbung; B). aus stilistischen Konnotationen, die teils unmittelbar aus der Kontextstilfärbung, teils aber aus der gesamten Information erwachsen. Unter den stilistischen Konnotationen als zweitem Bestandteil der stilistischen Bedeutung in zusammenhängender Rede versteht man die Gesamtheit von Gedanken, Gefühlen, Stimmungen, Vorstellungen, die der Sender durch die sprachstilistische - 15 Gestaltung des ganzen Kontextes dem Empfänger verständlich macht oder machen will – dies allerdings nicht explizit sondern implizit. In der Fachliteratur bezeichnet man stilistische Konnotationen als Nebensinn, Oberton, Unterton, Untertext. Als Stilnormen im weiteren Sinn gelten die obligatorischen Gesetzmäßigkeiten für die Auswahl und Organisation der stilistisch neutralen wie der stilistisch markierten Sprachnormen in geschlossenen Ausdruckssystemen und Textsorten sämtlicher kommunikativen Bereiche. Es handelt sich einerseits um die Sprachstilnormen als systemhaft (paradigmatisch) kodifizierte Gesamtheit der lexischen, grammatischen und phonetischen Ausdrucksmittel, die für dieses oder jenes funktionale Stilsystem verbindlich sind. Anderseits sind die Redestilnormen gemeint, die die komplexe Verwendung der Sprachstilnormen im Textganzen und deren Teilstrukturen betreffen. Sie erschließen unter dem syntagmatischen Aspekt die gesellschaftlichen Anwendungsnormen, gültig für die schriftliche und mündliche Rede monologischen wie dialogischen Charakters, für unterschiedliche Darstellungsarten (Bericht, Beschreibung, Erörterung, Kommentar u.a.), für unterschiedliche funktionale Genres (Stil der Fabel; der Ballade; Stil der Privat- und Amtsbriefe). Seminar № 2 Thema: Die Stilfärbung. 1. Der Individualstil. 2. Die Arten der Stilfärbung. 3. Sprach- und Stilnormen. Literatur: 1. E. Riesel, E. Schendels Deutsche Stilistik. Moskau, 1980. - 16 Praktische Aufgaben zum Seminar № 2 1. a) Suchen Sie in den Texten expressiv gefärbte Wörter und Wendungen; bestimmen Sie deren literarische Qualität b) Ersetzen Sie die gefundenen Wörter und Wendungen durch neutrale Äquivalente. Wie ändert sich dann die emotionale Wirkung der Aussage? 1. 66 Angehörige der Volksmarine bergen in der großen LPG „Freundschaft" die Kartoffeln. „Die Knollen von 33 Hektar kommen bereits auf unser Konto?, erzählt Obermaat Karl-Heinz Borgwaldt. „Auch der Regen kann uns nicht aufhalten. In den vergangenen Tagen — es goß oft in Strömen – lagen wir wie Füchse auf der Lauer und nutzten jede Stunde zwischen den Schauern zum Sammeln der Kartoffeln." Was wir nach Feierabend machen? „Da geht's ins Kulturhaus", sagt Klaus Jende. „Es wird Schach gespielt, ein Brief an Muttern geschrieben und auch eine kühle Blonde gezischt." („Neues Deutschland") 2. Der Unteroffizier Verdy fuhr fort: Das Gebäude der Abteilung hatte, als Gegenüber die katholische Kirche, und sie machte uns wild durch ihr Gebimmel. Warum bimmelte sie? Weil so viele Zivilisten die Gelegenheit benutzten zu sterben, Todes zu verbleichen, das Zeitliche zu segnen, die himmlischen Heerscharen, zu vermehren und das irdische. Jammertal mit den ewigen Jagdgründen zu vertauschen. ...Diese Bevölkerung aß, als gäbe es keine Verordnung von Ober-Ost, das grüne Obst von den Bäumen... Unreife Äpfel, die sausen vielleicht durch die Därme... Natürlich kriegte sie Ruhr und füllte die Sterberegister. (A. Zweig) 3. „Weißt du was, Junge, morgen machst du einfach blau. Ist schließlich dein Geburtstag.« (W. Bredel) 4. Wir haben Blut geschmeckt — Und vor euch ausgespuckt. - 17 Denn eure Fratze; Ist nicht Amerikas Gesicht! Amerika hat prima Jungs. Gewiß! Die stehen mit uns Ganz dicht! (M. Streubel) 5. „Los, gib her den Wisch", sagte ich. — „Welchen Wisch?" — „Na den, wo ich unterschreiben soll, wegen Verpflichtung und so." (K. H.Jakobs) 2. Vergleichen Sie die folgenden; Beispiele. Wie ändert sich die Stilfärbung der fettgedruckten Wörter und Wendungen in verschiedenen Kontexten? 1. a) Die Katze hielt eine Maus in den Krallen. b) Amerikanische Imperialisten hielten vor der Revolution auf Kuba alle Reichtümer des Landes in den Krallen. 2. a) Infolge des Brandes entstand ein großer Dachschaden. b) Ein Gastwirt in der britischen Ortschaft Shepperton ließ sich für den Fall versichern, daß der. sowjetische Erdsatellit beim Absturz sein Gast-haus beschädigen sollte. Er sollte sich die Versicherungssumme schon jetzt auszahlen lassen: Wegen Dachschaden. 3. a) Nachdem man gegessen oder vielmehr gespeist hatte, ging man in einen erfreulich kleinen, zur Abwechslung in Silber-Orange gehaltenen Salon... (H. A. Stoll) . . b) Riesige Pumpaggregate speisen einen Frischluftkanal, der unterhalb der Fahrbahn entlangläuft... c) 50 Mann müssen noch gespeist werden. 4. д) Gib mir die Blumenschale! b) Er goß über ihn die volle Schale seines Zornes aus. 5. д) Diese Apfelsine schält sich gut. b) Ich habe mich aus den' Kleidern geschält. - 18 6. a) Ich habe mir eine Blase am Fuß gelaufen. b) Das zieht bestimmt Blasen! c) Es regnet Blasen auf den Pfützen. d) Ihr seid mir ja eine schöne Blase! 7. a) Der Hund schnüffelte an der Ecke. b) Schnüffle nicht so! 8. a) Der Wind saust im Schornstein. b) Die Schüssel sauste zu Boden. c) Den Kinobesuch werde ich wohl sausen müssen. 9. a) Der Bär hauste in einer Höhle. b) Hier haust ihr also? 10. a) Die Steinzeitmenschen wohnten in Höhlen. b) Du begibst dich in die Höhle des Löwen. 11. a) Die Wurzeln saugen die Feuchtigkeit aus dem Boden. b) Ich habe mir diese Behauptung nicht aus dem Finger gesogen. 3. Bestimmen Sie die Stilfärbung der fettgedruckten Wörter. Welche Stilfärbung können diese Wörter in einem anderen Kontext annehmen? 1. Die Säure hat ein Loch in den Stoff gefressen. 2. Das Pferd hat einen Eimervoll Wasser gesoffen. 3. Sie nahm ihre Handtasche, schüttete den Inhalt auf die Bettdecke, und wir angelten den Rest des Geldes ... zwischen Zahnbürste, Seifendose, Lippenstift und Medaillen heraus. (H. Böll). 4. Im Pferdestall lag eine dicke Matte aus Sägespänen. Es duftete wie im Zirkus. Die Ziege Minna meckerte dem neuen Stallgefährten ihr Willkommen zu. Pedro stand steif vor der Tür. (E. St ritt matter) 5. Pedro beschnupperte die Erde und schnarchte. (E. Strittmatter) 4. Suchen Sie Wörter und Wendungen, die zu Stilschichten mit dem Vermerk: „umgangssprachlich" „salopp-umgangssprachlich", „ derb" gehören. b) Stellen Sie zu diesen lexischen literarischen Qualität zusammen. Einheiten eine Opposition nach der - 19 1. Troff richtete sich auf, nahm noch einmal einen Anlauf: „Ob ich persönlich den Prozeß verliere oder gewinne — das ist mir total schnuppe! Aber total! Wenn nur dabei die unsagbaren Schweinereien dieses Junkerpacks vor ganz Berlin, vor dem ganzen Lande enthüllt werden!" (F. Erpenbeck) 2. Ein alter, vergilbter Herr, der neben ihm [Troff] saß, kleiner Beamter wohl, sah ihn mißbilligend an: anstatt mit ihm, dem Tischnachbar, wie es hier üblich war, ein wenig zu kannegießern, führte der junge Dachs unverständliche Selbstgespräche. (F. Erpenbeck) 3. ...Pinneberg hat kein Glück: der Student mit den Schmissen verlangt kurz und knapp einen blauen Trenchcoat. Es schießt durch Pinnebergs Hirn: „Keiner am Lager. Der läßt sich nichts aufschwatzen. Keßler wird grinsen, wenn ich 'ne Pleite schiebe..." (H. Fallada) 4. Sie waren an diesem ersten Lehrtag — insgesamt vierzehn Sülle — unter Führung eines Werkmeisters von Halle zu Halle gezogen und hatten sich mit der Werkanlage vertraut gemacht. (W. Bredel) 5. Die kleine Elfriede kam hinterhergetrippelt, rappelte ihren Glückwunschgruß herunter und überreichte dem Bruder eine Tafel Schokolade. „Oh, wie fein! Wo hast du die noch aufgetrieben? Die wollen wir man gleich vermöbeln!" (W. Bredel) 6. ...Der Empfang der Mutter an der Tür: „Mein Gott, wo stromerst du denn den lieben langen Sonntag herum?" „Fang du auch noch an, bin gerade in der richtigen Stimmung." „Hu — uch, der Herr hat schon Stimmungen! So was! Ist dir 'ne Laus über die Leber gelaufen?" (W. Bredel) 7. Herrgott, waren die Alten sonderbar, was waren sie für Narren, sich das Leben selber so zu vermiesen und zu erschweren. (W. Bredel) 8. „Red nicht solchen Unsinn. Ludwig ist mein Bruder." „Onkel Ludwig, ja… Aber die Dicke doch nicht, die dich früher so gepiesackt hat.“ (W. Bredel) 5. Stellen Sie zu den folgenden lexischen Einheiten stilistische Oppositionen nach der literarischen Qualität zusammen. aufnehmen (photographieren); betrügen; stehlen; das Gesicht; ausgezeichnet; durchhelfen; das Glück; der Hunger; die Kleidung; die Lüge; der Atlantische Ozean; - 20 verraten; zurechtweisen; sterben; der Kopf; klug; dumm; weinen; der Adler; der Frühling 6. Ersetzen Sie die folgenden analytischen Verbindungen durch ein Verb. Vergleichen Sie die Stilfärbung der beiden Varianten. zur Verlesung bringen; die Auszahlung vornehmen; etw. zur Anzeige bringen; eine Behauptung aufstellen; eine Begründung abgeben; eine Bestätigung abgeben; Feststellungen treffen; zur Vollendung bringen; zur Klarheit bringen; unter Beweis stellen; in Angriff nehmen; in Augenschein nehmen; in Anwendung .bringen; in Erwägung ziehen; in Zweifel stellen; zum Versand bringen; Vorkehrungen treffen; etw. in Verwahrung halten; eine Vereinbarung treffen - 21 Vorlesung № 3 – 4 Thema: Der Wortbestand der deutschen Sprache aus stilistischer Sicht Stilistisch undifferenzierter Wortbestand – d.h. Wörter und Wendungen, die in sämtlichen kommunikativen Bereichen und Situationen von allen deutschsprachigen Gleicherweise verstanden und gebraucht werden. Grundkriterium – Allgemeinverständlichkeit und Allgemeingebräuchlichkeit, vollständige Neutralität, d.h. stilistisches Modell: n – n – n (in jeder beliebigen funktionalen Sphäre verwendbar, normalsprachlich, Nullexpressivität). Es handelt sich um den Grundstock des Wortschatzes, der die Basis jeglicher Rede bildet, unabhängig von den gesellschaftlichen Determinanten, die die Aussageweise einzelner Sprecher / Schreiber beeinflussen. Der stilistisch undifferenzierte Wortbestand ist durch eine gewisse Buntheit gekennzeichnet: unterschiedliche strukturelle und semantische Typen, unterschiedliche Wortarten, lexikologische und phraseologische Gruppen – sie alle gehören dem Allgemeinwortschatz an unter der Voraussetzung, dass sie dem genannten Grundkriterium entsprechen. Stilistisch differenzierter Wortbestand. Grundkriterium: die sprachlichen Einheiten dieser Gruppe sind aus inner- und außerlinguistischen Gründen nicht allen deutschsprachigen gleicherweise verständlich, werden nicht von allen gleicherweise gebraucht. Sie haben kein einheitliches stilistisches Modell. Hier lassen sich zwei Untergruppen voneinander absondern: 1). die stilistisch vollständig oder partiell kolorierte Lexik, d.h. Wörter und Wendungen, deren absolute Stielfärbung im Sprachsystem schon den Gebrauchswert in der Rede vorausbestimmt und dadurch gewisse Schranken der Verbreitung errichtet; - 22 2). die charakterologische Lexik, d.h. Wörter und Wendungen unterschiedlicher Stilfärbung, die nicht allen Sprachbenutzern gleicherweise bekannt sind, da sie zeitliche, territoriale, berufliche, soziale und nationale Gegebenheiten charakterisieren. Die stilistische Leistung dieser Ausdrücke besteht in der Wiedergabe unterschiedlicher Kolorite. Unter Kolorit verstehen wir die für konkrete Ereignisse, Sachverhalte und Situationen charakteristische Atmosphäre, die dank der sprachlichen Eigenart ihrer Wiedergabe fühlbar wird. Seminar № 3 - 4 Thema: Die stilistische Charakteristik des Wortschatzes. 1. Stilistisch undifferenzierter Wortbestand und seine Charakteristika. 2. Charakterologische Lexik: Historismen und Archaismen. Neologismen. Termini, Berufslexik, Berufjargonismen. Praktische Übungen: 1. M. Brandes, L. Martina Praktikum für die Stilistik. Seite 19, Übungen 21 – 28; 30 – 31. Praktische Aufgaben zum Seminar № 3-4 Stilistisch markierte Lexik - 23 1. Die deutsche Sprache ist besonders reich heute an Angloamerikanismen. Man spricht heute über Denglisch. Beachten Sie bitte, die angeführten Beispiele. Übersetzen Sie sie in die Muttersprache. 1. Auf unserem Non-Stop-Flug (ohne Zwischenlandung) erinnern wir uns daran, wie wir uns auf diese Reise vorbereiten. 2. Vor der Abreise mussten sich die Schüler einiges von der OutdoorKleidung (Freizeitkleidung) kaufen. Sie gingen in den Internet-Shop (Kaufhaus). Die meisten kauften sich Blüleans (blaue Hosen) oder Shorts (kurze Hosen), TShirts (pulloverartige Hemden) oder Sweatshirts (Sportpullover), Windbreakes (Windjacken) und Basecaps (Sportkappen). Die Mädchen tragen gern Strech-Hosen (dehnbare Hasen). In der Abteilung Sportwear (Sportkleidung) kaufte sich jemand Kartingboots (Feste Schuhe). Um diese coolen (tollen) Klamotten einzupacken, brauchten alle Bags (Sporttaschen). Jetzt waren wir alle absolut in (modisch gekleidet). 3. Auch in Tübingen kauften wir oft im Shopping-Markt (Kaufhaus). Sofort nach dem Unterricht konnten wir mal in die City (Altstadt) jumpen (gehen). Bei Sale (Ausverkauf) kauften die Mädchen make-up (dekorative Kosmetik). 4. An einem Nachmittag fuhren wir mit Inter-Rail (Zug) nach Stuttgart. Am Service Point (Informationsstand) fragten wir, wo der Ticket-Schalter (FahrkartenSchalter) ist. Wir mussten Bahn Cards (Fahrkarten) kaufen. 5. Mein Gastgeber wollte auch mitfahren, musste aber zuerst mit seiner Mutter telefonieren und fragte nach dem Handy (Mobiltelefon) bei seinem Freund. Ich wollte auch mal nach Moskau telefonieren, aber ich konnte auch von zu Hause mailen (eine elektronische Post schicken) oder faxen (fernkopieren). Ich fragte auch, was so ein City-bzw. German-Call (Deutschland-Anruf) kostet. 6. Im zug plauderten wir über Musik. Ich mag am liebsten Blues und Jazz. Mein Freund – Punk und Techno. Und mein Gastgeber – Hard Rock (alles – - 24 musikalische Richtungen). Er organisiert in der Schule alle Partys (Tanzenveranstaltungen), ist DJ (Schallplattenvorführer) und spielt Keyboard (elektronisches Tasteninstrument). Ich tanze auf Hiphop (Tanzmusik) tierisch gern. 7. In Stuttgart gingen wir in die Wilhelma. In diesem zoologischbotanischen Garten konnten wir Wildlive (Leben von wilden Tieren) in Ruhe beobachten. Ich machte ein Starportrait (wie ein Foto von einem berühmten Schauspieler) von einer Giraffe und sah, wie die Mäusemutter ihre Babys (Kleinkinder) versorgt. Mein Gastgeber hatte unter dem Wilhelma-Team (Mitarbeiter) einen Freund, der Manager (Unternehmer) von Greenpeace (Umweltschutzorganisation) ist. Ab uns zu bekommt er hier einen Ferienjob (Arbeit). 8. Bld waren wir müde und hungrig. „Ist`s Pizza-Time“ (es ist Zeit, Pizza zu essen) sagte mein Gastgeber. „Bist du ein Fleischfan?“ (Magst du Fleisch?“ fragte er mich. Ich mag Fast Food (schnelles Essen) und esse Chips (beratene Kartoffelscheiben) gern. Aber am liebsten esse ich Steaks (beratene Fleischscheiben) mit Pommes frites (gebratene Kartoffeln) und mit Cocktailsosse (Mischung von Soßen). „Und ich sterbe für Hotdog (Brot mit Würstchen)“, sagte mein Freund. „Die schnellen Snacks (kleiner Imbiss) an der Ecke sind das Beste. Fragten wir beim Barkeeper (Mitarbeiter am Schanktisch), ob wir hier auch „Sprite“ (alkoholfreies Getränk) bekommen“. Aber in der Gaststätte entscheiden wir uns für Hot Wings (gebratene Flügelstückchen). 9. Nun mussten wir entscheiden, was wir am Wochenende machen. „Vielleicht in den Swimming-pool (Schwimmhalle) oder ins Kino? Jetzt läuft ein cooler (moderner) Film „Zwei Girls (Mädchen) in Love (Liebe)“. „Outdoor (draußen) können wir auch Streetball (eine Art Ballspiel; Street = Strasse) spielen, skaten (auf dem Rollerbrett fahren) oder Mountainbike (Fahrrad zum Fahren im Gebirge) fahren.“ - 25 „Aber wenn es regnet?“ – „Dann spielen wir Kicker (eine Art Tischfussball) oder gehen ins Heighspeed (Hochgeschwindigkeit) – Internet-Cafe. Es gibt da einen Chat-Raum (chat = Unterhaltung). Man kann da auch Kindersoftware sowie Lernsoftware (Spiel- oder Lernmaterialien auf Kompaktschallplatten) leihen. Es gibt da auch super Online-Multiplayer-Gaming (Computerspiele)“. „Und am Abend gehen wir zum Musical (musikalische Komödie) der ABBAKomponisten „Chess“ (Schachspiel), und die Eintrittskarten besorgen wir im Vorverkauf per Ticket-Hotline (per Telefon). 10. Als wir aus Stuttgart zurück nach Hause kamen, gab uns meine Gastmutter eine To-Do-Liste (was zu erledigen ist). Wir mussten Gorned Beef (fettärmere Sorte von Wurst) und Persil Megaperls color (eine große Packung Waschmittel für bunte Wäsche) kaufen. Wir wollten uns auch nach Pad Set (Schützenset) fürs Inline Skating (Rollschuhfahren) umschauen. Stilistische Aspekte markierter lexikalischer Einheiten 1.Nennen Sie Funktionen von Neologismen in Werken der schöngeistigen Literatur! 2. Nennen Sie Funktionen von Neologismen in der Publizistik! 3.Nennen Sie Funktionen von Archaismen und Historismen in Werken der schöngeistigen Literatur! 4. Nennen Sie Funktionen von territorial gekennzeichneten lexikalischen Einheiten (Dialektismen und territorialen Dubletten) in verschiedenen Funktionalstilen? 5.Bestimmen Sie die Rolle der chronologisch markierten Lexik. Wie kann im Ukrainischen bzw. Deutschen der gleiche Effekt erreicht werden. 1. Audi du konntest vieler Weiber Stimmen sprechen, wenn du nur wolltest (R. Schneider). 2... und die Gläubiger forderten Jahrzehnte, bis endlich der letzte Heller beglichen war (R. Schneider). 3. Zerrissen und zerlumpt ist sein Gewand, der Sonntagsanzug (R. Schneider). 4. Die Stimme frag noch dunkler: "Sprich, hast du - 26 mich jemals liebgehabt (R. Schneider). 5. Und Elias schwur in der Stimme Gottfrieds, schwur auf die Heiligen, die Apostel und auf die Seelen aller verstorbenen Lamparter (R. Schneider). 6. Er erweckte eher den Eindruck eines vorzeitig gealterten FDJ-Sekretars. (H. Königsdorf). 7. Ursprünglich hatte er Margarete selbst besuchen wollen, aber die Termine der Planverteidigung wurden von del Jahresberichterstattung abgelöst. (H. Königsdorf). 8. Der Alte, der nun wußte, daß der Name Tatenbruch in den Kaderplanen des Generals stand bemaß von nun an die Leistungen... strenger. (H. Königsdorf). 9. Єпіфаній дивився на торги: козаки продавали невірним гармати й бунчуки за таляри; фальконети й парначі - за дукати; гаківниці та литаври - за гривеники; пістолі й сурми - за п'ятаки; шаблі й куріні значки - за тригрошовики, - i знову згадався Єпіфанієві похорон Мазепи, коли він дивився на домовину, що гойдалася над козацькими головами, i думав про Овідія, якого в давнину теж тут поховали за незнайомим ниншіньому люду обрядом... (Р. Гваничук). 10. Люд зустрічав молоду маркграфиню без захватів. (П. Загребельний). 6. Bestimmen Sie die Rolle der territorial markierten Lexik. Wie kann im Ukrainischen bzw. Deutschen der gleiche Effekt erreicht werden? 1. Alsbald beschloss die Natur mit den meisterlichsten Farben in die Bergbünten zu fallen (R. Schneider). 2. Noch im Jännerschnee gingen die so Ermutigten daran, die Mauern ihrer Höfe freizulegen (R. Schneider). 3. Es geschah nämlich, dass die großmütigen Helfer heimliche Verzeichnisse angelegt hatten, worin jedes Klafter Holz, jedes Pfund Anken, jeder Brotlaib, jedes Ei und jeder Schlucken Kirschwein säuberlich aufgeschrieben stand (R. Schneider). 4. Er holte daher geschwind andere aus seinem Mantelsack hervor, un ich musste einen ganz neuen, schonen Frack und Weste anziehen (Eichendorf. Taugenichts). 5. Die Fächer der linken Seite sind angefüllt mit Papier..., uralten Schrippen (H. Königsdorf). 6. У гуцульській стаї А осьде маленька онучка - трирічна Анничка – - 27 тихенько на подрях сидить у брудних чобіточках. ...Лишились би в нас, - це до мене, гляділи б маржину. (М. Павленко) 7.... метнулася з чудним тужливим смутком в душі через лic. скорше в долину аж опинилася дома (О. Кобилянська). 8. Один мій товарищ має там вуйка (О. Кобилянська). 9. Його очі горіли захланністю (О. Кобилянська). 10. Отже, в чім твоя грижа, коли тебе любить? (О. Кобилянська). 11. Коби хоч де побачитися, наборзі до себе всміхнутися, легше стало б серцю (О. Кобилянська). 12. О-о, о, о! -простогнала Тетяна, мов підстрелена, все ще клячачи (О. Кобилянська) 13. Вернувши в свою хату, вдарилася Мавра п'ястуком в голову (0. Кобилянська). 7. Vergleichen Sie die Übersetzung mit dem Original. Wie wurde die chronologisch markierte Lexik wiedergegeben? Ist es dem Übersetzer gelungen, das Zeitkolorit zu schaffen? Tränen des Vaterlandes I О Deutschland! Sagt, was habt aus Deutschland ihr gemacht? Ein Deutschland stark und frei?! Ein Deutschland hoch in Ehren?! Ein Deutschland, drin das Volk sein Hab und Gut kann mehren, auf aller Wohlergehn ist jedermann bedacht?! Erinnerst du dich noch des Rufs: "Deutschland erwacht!"? Als wurden sie dich bald mit Gaben reich bescheren, So nahmen sie dich ein, die heute dich verheeren. Geschlagen bist du mehr denn je in einer Schlacht. Dein Herz ist eingeschrumpft. Dein Denken ist missraten. Dein Wort ward Lug und Trug. Was ist noch wahr und echt?! Was Lüge noch verdeckt, entblößt sich in den Taten: Die Peitsche hebt zum Schlag ein irrer Folterknecht, Der Henker wischt das Blut von seines Beiles Schneide – - 28 О wieviel neues Leid zu all dem alten Leide! II Du mächtig deutscher Klang: Bachs Fugen und Kantaten! Du zartes Himmelsblau, von Grünewald gemalt! Du Hymne Holderlins, die feierlich uns strahlt! O Farbe, Klang und Wort: geschändet und verraten! Gelang es euch noch nicht, auch die Natur zu morden?! Ziehn Neckar und der Rhein noch immer ihren Lauf?! Du Spielplatz meiner Kindheit: wer spielt wohl heut darauf? Schwarzwald und Bodensee, was ist aus euch geworden? Das vierte Jahr bricht an. Um Deutschland zu beweinen, Stehn uns der Tränen nicht genügend zu Gebot, Da sich der Tränen Lauf in so viel Blut verliert. Drum, Tränen, haltet still! Laßt uns den Haß vereinen, Bis stark wir sind zu künden: "Zu Ende mit der Not!" Dann: Farbe, Klang und Wort! Glänzt, dröhnt und jubiliert! (Johannes R. Becher) Сльози вітчизни I Німеччино! Сягла могуть твоя небес? Велична ти, міцна? Щаслива в тебе доля? І вільний відтепер народ твій ясночолий? Чи справді стала ти країною чудес? Ти пам'ятаєш клич: «німецький дух воскрес»? Без сорому вони торочили про волю, А скільки сліз завдали, скільки болю! Ти стала жертвою їx путаних словес. О, душу й розум твій страшна ганьба опала, У пишній мові лиш підступність i обман! - 29 А що брехнею ти ще досі прикривала, Оголить нагаєм безжалісний тиран. Кат витирае кров i омиває руки. О, скільки болю знов до давньої розпуки! II Ти, звуків смолоскип - кантати й фуги Баха! Ти, Грюневальда синь - нев'януча краса! Ти, Гельдерліна гімн - врочистий, мов яса! О слово, барва, звук - ви кинул на плаху! Бо вже жорстокий кат знущається з природи: Шварцвальд i Бодензее поглинула чума. Дитинства любий край - тебе давно нема, А Неккар, Рейн криваві котять води. Четвертий рік оплакуєм вітчизну, Немае більше сліз у висохлих очах, Щоб змити ними мучеників кров. Доволі плакати! На гнів обернем тризну! Довірмося тепер лиш лезові меча! Хай слово, барва, звук запломеніють знов! (пер. Петра Рихла) 8. Bestimmen Sie die Funktionen der lexikalischen Einheiten mit sozialer Kennzeichnung in folgenden Beispielen aus der Erzählung "Великий лох" von Kapranovy und versuchen Sie, in der deutschen Übersetzung den gleichen stilistischen Effekt zu schaffen. 1. Bін поважно оглянув компанію, потягнув повітря носом i сказав: Чую чос. Щиро зізнаюсь, я не зрозуміла, що він має на увазі. Але за столом зрозуміли. 2. Просто шпільовим називають гравця, інакше кажучи, шулера. 3. З учорашнього дня я в зав'язці. 4. Я теж свого часу займався культурою. (...) Цілих два роки - 30 бомбив фраєрів з філармонії. Тоді i став Шаляпіним. 5. - Ви сказали "шанс"? Це що, шулерський прийом? - Шанс - це cnociб створення переваги у rpi. Це те, що примушує богиню статистики повернутися обличчям до вас i дупою до лоха. А лох, я так розумію, це той, кого шулер обманює. - Лох, він же фраєр, він же фуцин, він же сазан, він же пасажир... 6. - Ага... Вас послухати, так просто агнці Божі виходять, а не шулери... А щодо агнців, то я вам скажу от що: кожен лох хоче віддати rpoшi. Biн з цього кайфує, він спить i бачить себе обдуреним. 7.... Ви думаєте, я гірший за якогось бізнесюка чи політика, що про них yci пишуть? 8. Можу навіть примазати, що вони грають в шмен. 9. - "Примазати" - це закластися? -Так. (...) А до речі. Пропоную мазу... Мажемо? 10. Привели якось одну даму на катран. (...) Ой пробачте, катран - це місце, де грають у карти. 11. Вони грають на номерах купюр. Це називається шмен. А цей четвертий, залізничник, називається меблі. Він займає вільне місце. Щоб ніхто сторонній не підсів. 12. Зараз буде кіпіш. Вони його вчисту укатали, придурки. 13. В авторитеті у нас, люба моя, були не тi, хто забирав у фраєра останнє, a тi, хто робив щось таке, що рештi слабо. - Наприклад? - Ну, наприклад, обкатав когось відомого. 14. ... I головне, вci страшенно понтові. Уявітъ co6i - майбутнє передбачають, лікують на відстані, біополе, телекінез, хрінокінез... I ці дешеві понтярщики страшно йому не подобались. 15. Він організовує гру (...) Підшукує упакованого карася, наймає виконавця, організує місце, підводки, антураж. 16. Даве - це така домовленють, коли кожен гравець має право подвоїти ставку. 17. Батя на принцип. Мовляв, коцана колода, i все... I правда, не було ж домовленості, що сорочкою догори треба розкладати. Так що виходить без кляуз. 18. Biн всю капусту щойно виграну від себе відсунув. 19. Ми до міліції наче удвойом, а потім раз, а його нема... Це ж відомий шулерюга. Шаляпін його хвамілія. 9. Bestimmen Sie die Funktionen der lexikalischen Einheiten mit sozialer Kennzeichnung infolgenden Beispielen aus belletristischen Texten und - 31 versuchen Sie, in der deutschen bzw. ukrainischen Übersetzung den gleichen stilistischen Effekt zu schaffen. 1. Але кіна ввечері не вийшло (Брати Капранови). 2. На касеті була порнуха (Брати Капранови). 3. - Може, він не фізик, а шизик? (Брати Капранови). 4. Напекло в гарячому авті (Брати Капранови). 5. Dann war er immer ungeheuer sauer (U. Plenzdorf) 6. Trotzdem war das natürlich kein Grand, olle Flemeng die olle Platte auf seinen ollen Zeh zu setzen (U. Plenzdorf). 7. Da setzte es bei mir aus (U. Plenzdorf). 8. Kein Aas sagt ja auch Nivau statt Niveau (U. Plenzdorf) 9. Ich brauchte knapp sechzig Minuten, um sie rumzukriegen (U. Plenzdorf). 10. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich hinhauen können (U. Plenzdorf). 11. Ich hatte Schiß gehabt, mir meinen eigenen Film kaputtmachen zu lassen (U. Plenzdorf). 12. Ich dachte, mich streift ein Bus. Ich hatte dich unterschätzt. Da war glatt Ironie dabei! (U. Plenzdorf). 14. Diese Bude war noch ganz gut in Schuß (U. Plenzdorf). Stilistische Aspekte der Fremdwörter 1. Nennen Sie stilistische Funktionen von Fremdwörtern in belletristischen, publizistischen und wissenschaftlichen Texten! 2. Erläutern Sie das Problem: Fremdwörter und Sprachkultur. 3. Bestimmen Sie die Funktionen der Fremdwörter in folgenden Beispielen aus der schongeistigen Literatur. 1. I сама я коло них уже кілька слів англійських завчила... от я вам одне таке слово скажу, що ви ніколи не здогадаєтесь. "Бук!" Думаете, що бук по-їхньому так, як i по-нашому - бук, палиця, дубець, кийок. Е, Hi! "Бук" - по-їхньому то значить "книжка". Правда, чудна мова? І ще знаю, як буде "чорний песик". Знаете як? "Блек дог". Не "здох", а "дог", собачка, значить, песик чорний (М. Білкун). 2. Абле іспаньол? - спитав я, беручи філіжанку (Брати Капранови). 3. I не зважаючи на тітчину cмішкy... подав мені рам'я й, забравши від мене нещасне corpus delicti, пішов зi мною (О. Кобилянська). - 32 4. Цілунки та вино. Й сержант веселий Герман, гадає він про свій далекий фатерлянд. (В. Сосюра) 5. El camino Сamino bianco weißer Weg zwischen Pinien Oleander der nur mit der Feme prahlt um dich im Dickicht zu verschlingen Camono burrito mit der Sonne auf dem Rücken das zum Herzen Spaniens trabt noch nach dem Erwachen träumt Campos flüdtern mit Zypressen und "que pasa?" fragt der Wind (Brigitte Lange) 6. Aber wenn sie dich observieren? (F. Ch. Delius) 4. Bestimmen Sie die Funktionen der Fremdwörter in folgenden Beispielen aus der Presse. Wie kann in Deutsch bzw. Ukrainisch der gleiche stilistische Effekt erzielt werden? 1. А сам "ель кавальер" (як улесливо його називають в Італії нічого не сказав (ПІК 5/2004). 2. Г. Крючков назвав його "фюрєром" (ПІК 5/2004). 3. Ньюзмейкери дуже старалися (ПІК 5/2004). 4. Вони ознайомилися з програмою фесту (про Берлінале, ПІК 5/2004). 5. Андрій Макаревич піарить у Киеві свій магазин підводного спорядження. Він заснував мережу магазинів для дайверйз"Батискаф"... А найбільш драйвове занурення було в Криму... Тут суперсучасне оснащения для дайвінгу. А потім займеться виданням журналу для дайверів - 33 (УМ 15.6.05). 6. Воно того варте - відчуваєш такий кайф! (УМ 15.6.05). 7. В елітній клініці пластичної xipypriї він робив ліпосакцію - відкачку жиру (УМ 15.6.05). 8. Це вдалий бюджетний "бліцкриг" (УМ 14.1.04). 9. Цікаво, що Дойчлянд- чи не єдина країна, яка має два фан-клуби (УМ 11.6.05). 10. "Експлорейшн", або новий погляд на те, що потрібно робити в космосі (Дзеркало тижня 21/2005). 11. Absurdistan (Überschrift eines Artikels über absurde Behauptung des NRW-Kulturministers, FAZ 13.12.02). 12. Ein altes Bonmot aus obrigkeitsstaatlichen Tagen sagt, die Deutschen losten, bevor sie eine Revolution proben, erst einmal eine Bahnsteigkarte. 13. Mit penibler Aktenführung hatte Helmut Kohl nichts am Hut (Spiegel). 5. Bestimmen Sie die Funktionen der Fremdwörter in folgenden Beispielen aus der Werbung: 1. Die neue Kodak EasyShare DX6490 Digitale Zoomkamera Kodak hat, was andere gerne hatten: die erste Kamera, die ein SchneiderKreuznach Variogon-Objektiv mit 10-fach optischem Zoom in absoluter Profiqualität mit einem exclusiven, integrierten Kodak Farb- und Bildprozessor-Chip vereint, für schärfste Details und satte, naturgetreue Farben. Dank 4.0 Megapixel, der einstellbaren automatischen oder manuellen Steuerung und dem LCD-Display in Übergroße erleben Sie nun jederzeit ungesehene Ergebnisse sogar unter schwierigen fotografischen Bedingungen. 2. All American Breakfast LOOK ME IN THE EYES, KLEINES, AND DANACH WE GO FRÜHSTÜCKEN. 3. Йес, він класно їздить на байку! Кожен поведений на чомусь класному, i в кожній голові є драйвовий мотор. Мажор - це два поршні, що розганяють твій драйв до максимальної швидкості, подвійний апгрейд для твого натхнсння! Візьми, скуштуй мажор роби те, що любиш! Три топових смаки! (підручник Тимченко Є. П.). - 34 6. Welches Wort passt besser? Argumentieren Sie Ihre Entscheidung, erklären Sie den stilistischen Unterschied. 1. Kunst und Kultur sind in unseren Alltag zu intеgriеrеn einzubeziehen. 2. Unterschiedlich sind die Motivationen/Grunde/Ursachen der einzelnen OPEC-Länder für Preiserhöhungen. 3. Der Film erfüllt nur partiell/teilweise hohe Erwartungen. 4. Das sind tradierte/überlieferte Anschauungen. 5. Hier werden Änderungen/Modiflkationen vorgenommen. 6. Dingwörter/Substantive werden in Deutsch groß geschrieben. 7. Wo sind die Fremdwörter fehl am Platz? Ersetzen Sie diese durch entsprechende heimische Wörter und argumentieren Sie Ihre Entscheidungen. Übersetzen Sie die Satze ins Ukrainische: 1. Der Himmel ist ganz transparent. 2. Journalisten aus vielen Ländern und auch ganz unterschiedlicher politischer Coleur waren auf dem Kongress präsent. 3. Dieses Wort ist im Wörterbuch als Lemma angeführt. 4. Das wird deutlich am Paradigma expliziert. 5. Es waren so viele Titel da, dass mir die Selektion schwer fiel. 6. Bei diesem Modell zeigen sich bestimmte Regularitäten. 7. Nun möchte ich mein CEvre vorstellen. 8. Man versuchte seine ehemaligen Anhänger zu desavouieren. 8. Woran erkennt man den parodistischen Charakter des folgenden Textes? Versuchen Sie eine ähnliche Parodie deutsch zu schreiben. Machen Sie dann daraus einen normalen Text (ukrainisch und deutsch). - 35 "Гадаєш, піпл буде без бонусу й пресингу толерувати інвазію офшорних брендив у прайс-листах наших маркетiв на бігбордах?" -Зi смайлом на фейсі проартикулював бой-френд імщжмейкер офіс-менеджерці за бізнес-ланчем з бренді й чикен-київ у снек-барі фітнес-центру, коли диск-жокей міняв рімейк синглу модерної хедлайнерки-суперстар на коктейль з хітів попси, мікс гардроку, арт-готіку, репу -харитативний ексклюзив для фанів брейк-дансу й рекреаційного секондхенду. "Що за слоган з постера? Не жени перманентно, без тайм-ауту піарний фаст-фуд, як на брифінгу перед самітом чи на пабліситі ток-шоу зi спікером! Ти ж не котрайтова топ-модель істеблішменту. Та й не репрезентант формації аутсайдерів, не тінейджер-скінхед чи памперсний байкер з пірсингом. Ти - креативний трейдер інновацій, промоутер маркетингу й сайдингу, хай-фай модератор, тебе респектують фундатори холдингів, спонсори перформенсів, монетарні боси, що мають кейси баксів на депозитах i гігабайти в ноутбуках лояльних білих комірців! He пролонгуй нонсенсу фрустрацій депресивним кілером iз мильного трилера. Наш месидж рецептору це глобальний виклик. Фокусуватися в дискурсі конвенційної трансляції та мобільної перцепції на евентуальних лейбелах прагматичної екзистенції i нефункційних субститутах ноу-хау хепіендової футуристики - аналог суїциду на старті. Альтернатива - драйв у тренді. Концентруймося на тотальному консенсусі щодо формату тренінгу просунутої генерації лідерів. Щоб мати з гарантією реальний дипінг, треба зафондувати драстичний моніторинг i релевантний консалтинг дистриб'юторів, імплементувати трансформації менталітету через масмедіа i шоу-бізнес, поюзати для пiap-акцій кліпи, музикфести, шет-клаби, таблоїди, рейтингових спічрайтерів, блокбастерних сексбомб, дайджести віртуальних блоків, пакети теста для аплікантів на гранти". "Bay, моя бізнес-леді, твій прес-реліз - супер для адмінсайту фірми! Але таймер у xoлі демонструє фінал вікенду й акселерує інтенцію фінішувати з чізбургером та біг-шейком. Подискутуймо адекватно на бізнес-панелі або в чаті он-лайну, окей?" (приклади взяті з джерела № 9. див. список літератури). - 36 Termini: 1. Beachten Sie, bitte, medizinische Termini: Adenom, Apraxie, Allergie, dränieren, Endemie, Eosinophilie, Exzision, Kollaps, Koma, letal, Myom, oral, Palpation, Perkussion, Pyämie, Strabismus, Syndrom, toxisch, Tremor, Tumor, axillar, Appendizitis, Agonie, gut(bös)artig, Amputation, Ausschlag, Belag, Betäubung, Bluthochdruck, Bluttransfusion, Darmverschlingung, Diabetes, Encephalitis, Epilepsie, Gallensteinleiden, Gastritis, Gehirnerschütterung, Gelbsucht, Geschwulst, Geschwür, Hexenschuß, Immunität, Leukämie, Meningitis, Metastasen, Schlaftherapie, Rachitis, Rheuma, Virus, Vitamin. 2. Vergleichen Sie die Jargonismen mit den literarischen Wörtern: 2.1. Bio — Biologie, Eerdi — Erdkunde, Geeschi — Geschichte, Tri — Trigonometrie, Präp — Präparationsstunde, Konfer — Konfirmandenunterricht (in Westdeutschland), Litte— Literatur, Latte — Latein, Franz — Französisch, Matte (Mathe) — Mathematik, Ratzel (ycrapeB.) — Ratzefummel (Radiergummi), Direx — Direktor, Abbi — Reifeprüfung, Gewi — Gesellschaftswissenschaften; 2.2. Penne, Pennal, Kasten, Gefängnis, Kaff — Schule; Pauker — Lehrer; Wisch, Lappen, Nummern, Quittung — Zeugnis; einhauen, einklauen, einkritzeln, einmalen, einpinseln, hacken, gaxen — schreiben; abbohren, abhacken, abhauen, abholzen, abklatschen, abklitschen, abklauen, abkloppen, abkratzen, abluchsen, abpumpen, abwichsen, Kumpe machen, schnalzen, schinden, spannen — abschreiben; Fuschzettel, Schmoch, Schmollzettel, Schnurzer, Schummelzettel, Spicker, Spelle — von den Schüler gefertigte „Hilfsmittel"; abfahren, aufgeschmissen sein, buben eingehen, senkrecht eingehen, eispipsen, eisklecksen, hineinfliegen, reinrasseln, reinsausen, reinsegeln — nicht wissen; knurren, schwitzen, .brummen, spinnen, nachexerzieren, Kränzchen haben — nachsitzen; backen bleiben, hängen, kleben und hocken bleiben — sitzenbleiben; Brummer, Doppeltalter, Großvater, Hüter — Sitzengebliebener; durcheiern, durchfliegen, durchhauen, durchkrachen, durchplumpsen, durchrauschen, durchrasseln, vorbeigelingen — das Examen nicht bestehen; Schlußlicht — Klassenletzter; Mangelkontakt — mangelhaftes - 37 Auffassungsvermögen; Mattscheibe — Begriffsstutzigkeit; „Geflogen?" — „Nein, gestiegen!" — „Durchgefallen?"—„Nein, bestanden." 3. Welche professionelle Jargonismen haben ihren Jargoncharakter verloren und gehören jetzt zur speziellen Lexik: a) Spieß (марашкa), Fisch (чужая буквa), Zwiebelfisch (буква другого шрифтa), Fahne (гpaнки), Fliegenkopf (пepeвёрнутая буква), Leiche (пропуск слова), Hochzeit (повторение слова); 6) Ehrenrunde (заход на второй круг при неудачной попытке приземлиться), Flüstertüte (мегафон), Fliegermaus (малая авиабомба), Männchen (падение на хвост), Franz (штурман), franzen (вести самолёт); an den Propellern hängen (подъём самолёта свечкой); B) Wange (боковая маскировка лестницы на сцене); Schenkel (боковая висячая кулиса); Szeniker (ХУДОЖНИК); Tineff (бутафория); Black-out (выключение света, завершающее какую-нибудь сцену спектакля); Abstecher (спектакль в чужом помещении), Kaltprobe (репетиция в телестудии, перед передачей), Lichtorgel (пульт управления освещением); r) der Favorit kann, für die großen Dreijährigen-Rennen „stehen"; über ein Pferd auf der Rennbahn: das Pferd wäre „nicht da"; ein Pferd, ein „Außenseiter", obwohl es an der Innenseite vorstößt; ein Pferd marschiert auf „Auf Wiedersehen"; ein Pferd wird in „Ohne Fleiß kein Preis" geschlagen; ein Pferd gewinnt „Kopf schief"; ein Reiter hat „die Hände voll"; „halbe Bahn", mit der ein Pferd gewinnt, ist auch meist wohl kaum mehr als ein halbes Dutzend Längen. 4. Finden Sie bitte Archaismen. Bestimmen Sie bitte ihre stilistische Leistung: 1. Die Feudalherren ließen nur einen kleinen Teil ihrer Besitzungen von unfreien Knechten und Mägden bewirtschaften. Die Feudalherren verlangten von den hörigen Bauern Abgaben und Frondienste. Die meisten Feudalherrn besaßen mehrere - 38 Fronhöfe. Diese konnten sie nicht selbst verwalten. Deshalb setzten sie Verwalter ein. Die Verwalter wurden Meier genannt. 2. Jeder hörige Bauer mußte aus 12 Scheffeln (=8,75 Liter) Roggen 24 Brote backen. . . Als Abgaben von den Erträgnissen ihrer Hufen (1 Hufe=30 Morgen) mußten die hörigen Bauern 56 Denare bezahlen. Ein Denar hatte den Wert von 15 Roggenbroten zu 2 Pfund. 3. Nicht nur der Vasall war vom Lehnsherrn abhängig, sondern auch der Lehnsherr von Vasallen, denn der Lehnsherr brauchte bei Kriegszügen die Hilfe seiner Vasallen. . . . Die Kämpfe der Feudalherren untereinander nannte man Fehden. 4. Die Feudalherren nahmen gern das Amt eines Vogtes an, weil es sehr einträglich war. 5. Die Helfer der Feudalherren, die ihnen Waffen- oder Verwaltungsdienste leisteten, nannte man Ministerialien. 6. Die Reiter trugen eiserne Rüstungen, Helm und Schutzschild und kämpften zu Pferd mit langen Lanzen gegeneinander. Diese schwerbewaffneten Reiter der Feudalzeit wurden Ritter genannt. Ein Ritter war in der Schlacht den leichtbewaffneten Fußsoldaten überlegen. 7. Der Rittergürtel war das Zeichen des Ritterstandes. Mit 21 Jahren erhielten die jungen Knappen von einem Fürsten den Ritterschlag mit der flachen Seite des Schwertes auf die Schulter. Dann wurde ihnen das Schwert mit einem ledernen Gürtel umgehängt. 8. Die Turnierfähigkeit wurde von dem im Wappenwesen erfahrenen Herold geprüft. 9. Die Minnesänger waren ritterliche Dichter, die von Hof zu Hof zogen. . . 10. Im Jahre 1291 fiel der letzte Stützpunkt der Kreuzfahrer in Palästina, die Stadt Akkon, in die Hände der Mohammedaner. Damit endeten die Kreuzzüge. 11. Die Kaufleute hatten sich innerhalb der Städte in Verbänden zusammengeschlossen, die man Gilden nannte. 12. Die in den Zünften vereinigten, wirtschaftlich und militärisch erstarkten Handwerker begannen, sich gegen die Patrizier zu empören. - 39 13. Immer mehr bildete sich ein Gegensatz zwischen den Handwerksmeistern und den Gesellen heraus. 14. In der Manufaktur des 15., 16. und 17. Jahrhunderts verwendete man noch keine arbeitssparenden Maschinen, sondern jeder Arbeitsgang mußte mit der Hand und den einfachen Werkzeugen ausgeführt werden. (Bce вышеперечисленные примеры заимствованы из книги: Geschichte des deutschen Volkes, Berlin, 1952.) 5. Finden Sie bitte Archaismen. Was bezeichnen sie heute: 1. Es weinen Schwäger, Kind, Schnur, Neff und Enkelin (J. Günther). 2. Ein Ohm und eine Muhme jetzt an Eltern Statt mir sind. (F. Stolberg) 3. Wo heiß ein Quell entspringt, der Sieche heilt. (L. Unland) 4 . . . .wird sich der Bräutigam freuen mit seiner Gespons. (Diefenbach-Wülcker) 5. Ein arm Geschlecht Schiffzieher nur und Ferge. (F. Freiligrath) 6. Im Felde oder im tiefen Tann. (K- Simrock) 7. Felsenwände. . ., welche unfern des Meerstrandes in die Höhe steilen. (J.W. Goethe) 8. Tausende siehst du erwarten stehen, eines Schachers Sterben mit anzusehen. (F. Freiligrath) 9. Nichts half ihr ach und weh, sie mußte fürbaß reiten. (G. Bürger) 10. Bei dem Bronn, zu dem schon weiland Abram ließ die Herde führen. (J. W. Goethe) 11. Nun schmückt er sich die schöne Gartenzinne, von wannen er der Sterne Wort vernahm. (J. W. Goethe). 6. Finden Sie bitte Archaismen. Vergleichen sie mit den heutigen Wörtern. Was Gemeinsames und Verschiedenes gibt es in ihrer Semantik, in der stilistischer Färbung, in der Struktur: 1. Das Edle des Halbdurchsichtigen, dergilbichen Fleischfarbe sich nähernden Steins. (J. W. Goethe). 2. Dies sagend ritt er trutziglich von dannen: Ich aber blieb. (F. Schiller) 3. Wie entgleitet schnell der Fuß schiefem, glatten Boden? Wen betört nicht Blick und Gruß, schmeichelhafter Odem? (J. W. Goethe) Ich trete sacht, ich halte Puls und Oden. (J. W. Goethe) 4. Fähen läßt er einen Zwerg, den er bettelnd auf dem Markt erblickte (A. Platen) 5. Ein Born der Üppigkeit und des Genusses. (F. - 40 Freiligrath) Es war ein frischer Bronne dort in den Büschen kühl. (L. Uhland) 6. Ein unbeugsamer Kämpe gegen Geistesknechtschaft. (H. Heine) 7. Daß die Kinder nicht wissen, warum sie wollen, darin sind alle hochgelahrte Schul- und Hofmeister einig. (J.W. Goethe) 8. Es wurde mir dazu, weil mir dabei ein Wort nicht von der Hand zu weisen gelang und ich beim besten Willen, trotz aller Scheu, nicht immer darum herum zu kommen wußte: das Wort Schmarutzertum. (Th. Mann). *** 1. Es hält wie Angst mich von ihr ferne. . . (H. Heine) 2. . . .und in der eignen Welt wirds mir zu enge. (H. Heine) 3. Es ist schon spät. Die Nacht ist helle, trübhell gefärbt vom feuchten Schnee. Ankleiden muß ich mich nun schnelle und in Gesellschaft gehn. O weh! (H. Heine) 4. Der Ritter Tannhäuser, er wandelt so rasch, die Füße, die wurden ihm wunde. (H. Heine) 5. Doch weiter, weiter, sonder Rast, du darfst nicht stille stehen. (H. Heine) 6. Daß wir einander gleiche sind. (Volkslied) 7. Und als die Uhr die zwölfe schlug. (Spielmannssohn) 8. Um sechse des Morgens ward er gehenkt, um sieben ward er ins Grab gesenkt; sie aber schon um'achte trank roten Wein und lachte. (H. Heine) 9. Da steh ich im Zimmer, ein einsamer Tor, betrachte verlegen das Bette. (H. Heine) 10. Ein ganz Geschlechte trägt den Fürsten hoch empor. ..(J.W. Goethe) 11. In der Ferne, wo ich auch bin, blüht dir mein Herze (H. Heine) 12. Gekommen ist der Maie. . (H. Heine) 13. Mein feins Lieb trägt ein schwarzes Kleid, darunter trägt sie groß Herzensleid. (L. Uhland) 14. Aus dem Felsen springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell. (F. Schiller) 15. Ich soll von ungewisser Fahr mich schrecken lassen? (Ch. Wieland) 16. In Fährden und in Nöten zeigt erst das Volk sich echt. (L. Uhland) Darum schwör feierlich und ohn' alle Fährde. (J. W. Goethe) 17. Von Stunde zu Stunde gewartet' er mit hoffender Seele der Wiederkehr. . . (F. Schiller) 18. Ein paar regnichte Tage förderten mich leicht auf den Weg, aber auf Kosten meiner Stiefel. . . (A. Chamisso) 19. Am Abend im Dämmer der Bäume. (L. Tieck) 20. Und endlich gleich der graugedehnten Erde, die jetzund grün und weich sich dir entrollt. . . (G. Hauptmann) 21. Nicht unser ist die Pedanterei, sondern der heiligen Hermandad. (Th. Mann) - 41 7. Finden Sie bitte die Fälle der alten Rektion. Beachten Sie bitte das: 1. Denkst du der Mutter und der Schwester? (H. Heine) 2. Oh, fiel' ich doch in den Garten, wo die Blumen meiner harrten... (H. Heine) 3. Sorgsam brachte die Mutter des klaren herrlichen Weines. (J.W. Goethe) 4. Ein jeder hat zu diesem Feste sein liebes Liebchen mitgebracht und freut sich der blühenden Sommernacht. (H. Heine) 5. Ich fliehe die Lust, ich fliehe den Tanz, (id.) 6. Er brauchte seines Glücks. (J. Herder) 7. Ich genieße meines Reichtums. (Ch. Wieland.) 8. Fehdens und Turnierens spielen. (L. Uhland) 9. Ich vergaß meines Verdrusses. (J. Musäus) 10. Es schenkte der Böhme des perlenden Weins. (F. Schiller) 11. Da wurden erst die Söhne klug und gruben nun jahrein, jahraus des Schatzes immer mehr heraus. (G. Bürger) 12. Er spottet seiner selbst. (J. W. Goethe). Ausdruckswerte der expressiven Phraseologie 1. Bestimmen Sie den morphologischen Bestand der angegebenen Phraseologismen, betrachten Sie dabei, welchen Redeteilen die angeführten Phraseologismen entsprechen. Ägyptische Arbeit; ägyptische Finsternis; aus Schilda stammen; aussehen wie der dumme Junge von Meißen; aus Schwarzburg sein; Tee nach China tragen; bis ein Mühlstein über den Rhein schwimmt; das Land der unbegrenzten Möglichkeiten; Tee nach China tragen; das dauert keine Leipziger Messe; bis alle Gewässer im Rhein zusammen laufen; das sind mir / für mich bömische Dörfer; das Tor zur Welt; trojanisches Pferd; Dass du auf dem Blocksberg wärest! 2. Erklären Sie die Entwicklungswege folgender Phraseologismen, verfolgen Sie dabei ihren Bedeutungswandel. - 42 Den gordischen Knoten durchhauen / durchschlagen / zerhauen; den Parnass besteigen; den Rubikon überschreiten; der Onkel aus Amerika; eher wird der Rhein zu seiner Quelle fließen; ein barmherziger Samariter; eine babylonische Sprachverwirrung; er ist in Rom gewesen und hat den Papst nicht gesehen; es führen viele Wege nach Rom; hier ist nicht Kostnitz; Hier ist Rhodus, hier springe! ich schlag dich, dass du die Gänse in Paris gackern hörst. 3. Bilden Sie Situationen mit folgenden phraseologischen Wortverbindungen. In den Fluss Lethe tauchen; ins Schlaraffenland gehören; leben wie (der liebe Herr-)Gott in Frankreich; nach Bethanien gehen; Residenz der Musen; sein Waterloo erleben; Sesam, öffne dich! sich in einem Eldorado befinden; Sodom und Gomorrha; über den Jordan gehen; viel eher soll der Rhein über die Alpen fließen; von Schönhausen sein; Wasser in den Rhein tragen; wenn der Main brennt; wenn die Donau eintrocknet; wo die Hunde mit dem Schwanz bellen. 4. Suchen Sie in folgenden Sätzen die Phraseologismen aus und bestimmen Sie, ihre syntaktische Rolle im Satz. 1.Lucius räusperte sich. Schon horchten ein paar Putzfrauen aus der Dämmerung herüber. Aber Bäffchen drehte Putzfrau für Putzfrau... und stieß jede... in den Rücken, daß die Putzfrauen, Frau für Frau, ins Ungewisse rutschten. Zu jedem Stoß sagte er entweder beschwörend: das geht nicht an! oder er sagte, seine Stoßkraft prahlerisch überschätzend: ab nach Kassel! (M.Walser, „Nach Siegfrieds Tod“). 2. Latein und Griechisch waren ihm, wie man zu sagen pflegt, böhmische Dörfer. (W.Hauff, „Der Affe als Mensch“). 3. Ganz gewiß, die Demokraten glauben an die Posaunen, vor deren Stößen die Mauern Jerichos einstürzten. (K.Marx, „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“). 4. Man hatte vergessen, zu der Konferenz Dolmetscher hinzuzuziehen; die babylonische - 43 Sprachverwirrung können Sie sich ja vorstellen. (Moderne deutsche Idiomatik). 5. Daß dieser echte Barockengel nur tausend Mark kosten soll, wundert mich. Da ist etwas faul im Staate Dänemark. (Moderne deutsche Idiomatik). 5. Schreiben Sie die Phraseologismen aus, bestimmen Sie ihre Bedeutung, erklären Sie ihre Herkunft und führen Sie russische Äquivalente an. 1. Er könne sich nicht in die Betrachtung chinesischen Porzellans vertiefen, während rings um ihn Maschinengewehre tickten. „Hier ist Rhodus, hier springen Sie!“ forderte er. (L.Feuchtwanger, „Erfolg“). 2. Du wirst dich noch ins Zuchthaus bringen und uns auch unglücklich machen... Ich habe keine Ruhe mehr... Weihnachten steht vor der Tür,... und schließlich sitzt du dann schon hinter schwedischen Gardinen. (H.J.Geyer, „Am Anfang stand das Ende“). 3. Gib ihnen nur so viel Geld mit, wie sie ausgeben dürfen. Ich kenne meine Pappenheimer. Gib man ihnen mehr, geben sie auch mehr aus! (Moderne deutsch Idiomatik). 4. Mein Großvater war fünfzehn Jahre alt, als er seinen Vater verlor. Er war der Älteste von sieben Geschwistern. Die Mutter konnte das Schuldgeld für den begabten Jungen nicht mehr aufbringen. Statt das Gymnasium zu besuchen, mußte er ihr helfen, die Geschwister zu ernähern, viele Jahre hindurch. Es war ein kaudinisches Joch, das dem Knaben da auferlegt war – als er endlich, da alle versorgt waren, selber ans Heiraten denken konnte, war er schon weit über die Dreißig hinaus. (Moderne deutsche Idiomatik). 6. Schreiben Sie die stehenden Wortverbindungen aus, bestimmen Sie ihre Art und finden Sie entsprechende ukrainische Äquivalente. 1. Mit dreitausend Mark im Monat kann man doch leben wie Gott in Frankreich. (Moderne deutsche Idiomatik). 2. ...Die sehen schon Sodom und Gomorha, wenn man nur sagt, man glaube an das Gute im Menschen. (M.Frisch, „Biedermann und die Brandstifter“). 3. Hier passieren Niederlagen, aber die - 44 Leiber beginnen an die Wände ins Dunkel in die ägyptische Finsternis zurückzufliehen. (B.Brecht). 4. Und sein Bruder Fritz wohnt irgendwo in Buxtehude – ich weiß es nicht. (W. Friederich). 5. Jeder erwartet ein Geschenk von mir oder will gar Geld. Ihr denkt wohl, ich bin der Onkel aus Amerika? ( W. Friederich). 7. Übersetzen Sie die angeführten Sätze ins Ukrainische, schreiben Sie die Phraseologismen aus, geben Sie, wo es möglich ist, entsprechende deutsche Synonyme (Wörter oder freie syntaktische Wortverbindungen) an. 1. Ich kann nicht mit! Bei mir ist Holland in Not. Ich muß morgen einen Artikel abliefern und hab noch gar nicht angefangen. (W. Friederich). 2. Und unser Oberst! Der ist doch auch nicht der Mann dazu, sich irgendwen aufreden zu lassen. Der kennt seine Pappenheimer. Und wenn er sich den Stechlin aussucht, dann weiß er, warum. (Th.Fontane, „Der Stechlin“). 3. So hatten ihn die Gardinen seiner Wohnung vor den schwedischen Gardinen bewahrt. (E.Weinert). 4. Jetzt noch mal vor meinem Vater treten, nachdem ich mich erst so stolz von ihm abgewendet habe? Diesen gang nach Kanossa bringe ich nicht fertig. (Moderne deutsche Idiomatik). 5. Aber dann war ja alles ganz anders, dann war etwas faul im Staate Dänemark, dann war er kein Verletzter, kein Gelähmter, kein Genesender. Dann war er einfach ein fauler Kopf... (H.Fallada, „Wolf unter Wölfen“). 8. Suchen Sie in folgenden Sätzen die Phraseologismen aus und bestimmen Sie, ihre syntaktische Rolle im Satz. 1. Ihnen Blumen bringen, hieße Eulen nach Athen tragen, Sie haben doch selbst einen herrlichen Garten. Da müssen wir schon ein anderes Geschenk bringen. (Moderne deutsche Idiomatik). 2. Es hieß „Italienische Nacht“: Lampions, und was dazu gehört, besorgte Max. (K.J.Hirsch). 3. Wie man im Himmel lebt, Madame, können Sie sich wohl vorstellen... Dort amüsiert man sich - 45 ganz super ..., man lebt in lauter Lust und Plaisir, so recht wie Gott in Frankreich. (H.Heine „Ideen. Das Buch Le Grand“). 4. Sie stellte sich mit dem Gesicht zum Herd, murmelte etwas von Sünde und Schande, Sodom und Gomorrha, und ich sagte: „Anna, mein Gott, denk doch dran, was die in Sodom und Gomorrha wirklich gemacht haben“. (H.Böll, „Ansichten eines Clowns“). 9. Für welche reale Umstände passen die folgenden Phraseologismen. Denken Sie sich einen größeren Kontext dazu. 1.Zieh noch schnell den Mantel an, nimm die Tasche und dann ab nach Kassel! 2. Nur mit Mühe bekam er einen Platz auf dem Olymp. (G.Grass). 3. Du hast ja auf keinem Gebiet eine Ahnung, man könnte annehmen, du kommst aus Dummbach. 4. Die ganze Datenverarbeitung – das sind für mich spanische Dörfer. 5. Unserem Schulmeister war nur das einzige primitive Lehrverfahren geläufig. Er bleute uns etliche Weisheiten mit dem Nürnberger Trichter ein. 10. Bestimmen Sie die Stilfärbung der folgenden Phraseologismen. 1. Er läßt sich nichts vormachen, er sieht die Welt ohne Illusionen an, er kennt seine Pappenheimer, er weiß, daß die meisten gewissenlos, lüstern und oberflächlich sind. (E.Kreuder). 2. Na, nimm dir noch ein Stück Kuchen, aber dann ab nach Kassel! Du störst mich hier in der Küche! 3. Ich kann dich nicht mehr riechen. Mach, daß du nach Buxtehude kommst! 4. Er sitzt schon drei Monate hinter schwedischen Gardinen. 5. Ich weiß nicht genau, wo er wohnt, irgendwo in Buxtehude. 11. Sagen Sie anders (führen Sie Periphrasen). 1. Der Neue ist nicht aus Dummbach, ist fachlich sehr geschickt. 2. Außer dieser Wohnung hat er noch ein Häuschen in Buxtehunde. - 46 3. Durch sein Rowdytum hat er es geschafft, daß er jetzt hinter schwedischen Gardinen sitzt. 4. Ich kenne meine Pappenheimer, ihr könnt mir nichts vortäuschen. 12. Bilden Sie die Situationen, benutzen Sie dabei folgende Phraseologismen. In der grossen Seestadt Leipzig; Lasst uns Lethe trinken! der Onkel aus Amerika; den gordischen Knoten lösen; das sind mir / für mich bömische Dörfer; Tee nach China tragen; aus Schwarzburg sein; aus / von Dummbach (Dummwitz / Dummnau) sein; anno Leipzig einundleipzig; auf dem (hohen) Olymp sitzen; Ab nach Kassel! alle Wohlgerüchte Arabiens. 13. Welche Assoziationen rufen die folgenden Phraseologismen herfor? Ägyptische Arbeit; bis alle Gewässer im Rhein zusammen laufen; das dauert keine Leipziger Messe; den Rubikon überschreiten; trojanisches Pferd; die Posaunen / die Mauern von Jericho; die schönen Tage in Aranjuez sind nun zu Ende; ein barmherziger Samariter; eine babylonische Sprachverwirrung; eine italienische Nacht feiern. 14. Nennen Sie Antonyme zu den folgenden Phraseologismen. Es führen viele Wege nach Rom; etwas ist faul im Staate Dänemark; Bier nach München tragen; hier ist nicht Kostnitz; Hier ist Rhodus, hier springe!; hinter schwedischen Gardinen; ich kenne meine Pappenheimer; ich schlag dich, dass du die Gänse in Paris gackern hörst; in Buxtehude, wo die Hunde mit dem Schwanz bellen; ins Schlaraffenland gehören. - 47 15. Nennen Sie Synonyme zu den folgenden Phraseologismen. Leben wie (der liebe Herr-)Gott in Frankreich; man könnte nach Rom gehen und wieder kommen; mit Spreewasser getauft sein; den Gang nach Kanossa tun / antreten (müssen); nicht von / aus Dummsdorf sein; Rom wurde (auch) nicht an einem Tage erbaut; sardonisches Lachen; sein Waterloo erleben; sich in einem Eldorado befinden; Sodom und Gomorrha; von Niergendheim sein. Thema: Die Mittel der Bildhaftigkeit im Deutschen. Die Grammatik in stilistischer Betrachtung. Das Problem des Stils Лекційні модулі: 1. Поняття образності. Порівняння: структура та стилістична функція. 2. Тропи та їх характеристика. 3. Граматичний устрій мови з точки зору стилістики. 4. Типи речень та їх стилістична функція. 5. Характеристика функціональних стилів у сучасній німецькій мові. Vorlesung № 5 Thema: Mittel der Bildkraft. Man unterscheidet 2 Komponenten der Bildkraft – Bildhaftigkeit und Bildlichkeit. Die Bildhaftigkeit erwächst aus der lexikalischen Struktur von Einzelwörtern und Wendungen aufgrund direkter Bedeutung, oft unterstützt durch die Beschaffenheit der lautlichen Hülle. Diese erste Abart der Bildkraft ist an isolierten Lexemen des Sprachsystems feststellbar. - 48 Die Bildlichkeit entsteht aufgrund syntagmatisch bedingter Bedeutungsübertragung oder eines Begriffsaustausches, anders gesagt – sie ist uneigentliche Rede, die erst im Sinnzusammenhang (Kontext und Situation) eindeutig determiniert werden kann. Man findet sie sowohl in der Lexik, wie in der Grammatik, wenngleich in unterschiedlichen Erscheinungsformen. Das Schema der Komponenten der Bildkraft Bildkraft (sprachliche Bilder) III. Bildlichkeit Tropen aufgrund übertragener (uneigentlicher) Bedeutung oder des Begriffsaustausches Bildhaftigkeit I. Wortwahl aufgrund direkter Bedeutung II. Vergleiche Bildhaft sind alle Wörter des Sprachsystems, die Gegenstände, Vorgänge und Erscheinungen der wahrgenommenen Realität bei bloßer Nennung (außerhalb des Kontextes) so lebendig und plastisch in unserem Bewusstsein reproduzieren, dass sie Gesichts-, Gehörs-, Geruchs-, Geschmacks- und Tastenempfindungen hervorrufen. Als bildhaft bezeichnen wir sie deshalb, weil sie durch die in ihrer lexischen Struktur eingeschlossenen semantischen und stilistischen Bedeutungselemente dem - 49 Allgemeinbegriff klare Details verleihen und dadurch die konkrete Umrisse eines Vorstellungsbildes zeichnen. (z.B. Bengel anstatt „junger Bursche“; trippeln anstatt „mit kleinen Schritten gehen“). II. Vergleiche. Dem Wesen und der paradigmatischen Wirkung nach unterscheidet man: A). den Vergleich aufgrund direkter (eigentlicher) Bedeutung; B). den Vergleich aufgrund metaphorischer, uneigentlicher Bedeutung, meist hyperbolisch zugespitzt, emotional und subjektiv bewertend. Der rational präzisierende Vergleich kann zweifellos zu den Mitteln der Bildhaftigkeit eingereiht werden. So z.B. Mein Sohn ist so groß wie der Vater. (Hier wird objektiv und wahrheitsgetreu festgestellt, dass der Mann und der Junge von gleicher Grösse sind). Die metaphorischen, hyperbolisch-emotionalen Vergleiche sind meist subjektiv bewertend. Z.B. 1. Du hast ja Nerven wie Stricke! 2. Der Himmel war gelb wie Messing und noch nicht verqualmt von Rauch und Schornsteine. (E.M. Remarque). Sein gelber Schopf glänzte wie die Haube eines Wiederkopfs. (E.M. Remarque). 4. Nicht mehr zweistimmig schrill, sondern vierstimmig wie eine Orgel klang der Gesang. (E.M. Remarque). Nach der Häufigkeit und Verbreitung unterscheiden wir: individuelle (okkasionelle); gemeinsprachige (allmählich verblassende); verblasste Vergleiche. - 50 Seminar № 5 1. Die Bildlichkeit und Bildhaftigkeit. 2. Vergleich: das Wesen und Struktur. 3. Charakteristik der Vergleichsarten. Praktische Übungen: 1. M. Brandes, L. Markina. Praktikum für die Stilistik. Seite 133-143. Übungen 1-4. Praktische Aufgaben zum Seminar № 5 1. Lesen Sie den Auszug. Bestimmen Sie, bitte, die Mittel, mit denen das Bild geschaffen wurde. Bild von Scarlett O’Hara („Vom Winde verweht“ M. Mitchell.) „Allzu unvermittelt zeichneten sich in ihrem Gesicht die zarten Züge ihrer Mutter, einer Aristokratin aus französischem Geblüt, neben den derben Linien ihres urwüchsigen irischen Vaters ab. Dieses Antlitz mit dem spitzen Kinn und dem starken Kiefer machte Stutzen. Zwischen den strahlen förmigen schwarzen Wimpern prangte ein paar blaßgrüner Augen ohne eine Spur von Braun. Die äußeren Winkel zogen sich ein klein wenig in die Höhe, und auch die dichten, schwarzen Brauen darüber verliefenin einer scharf nach oben gezogenen schrägen Linie von jener marmorweißen Haut …“ 1.1 Mit welchen mitteln der Bildlichkeit ist eine besondere emotionale Wirkung im folgenden Gedicht von G. Weerth verbunden? - 51 Pfingstlied Sie herzten und sie küssten sich Mit liebevoller Gebärde. Der junge Herr Frühling wonniglich, der besuchte die alte Frau Erde. Er ist der guten, ehrlichen Frau Mit eins an den Hals gesprungen. Dass bis hinauf in den Himmel blau Nur Lust und Jubel erklungen. „Mein Sohn, es freut uns, dass du hier! Lang währte des Winters Tosen. Meine Felder brauchen die goldne Zier, meine Gärten Lilien und Rosen. Verstummt sind all meine Nachtigall’n Seit ich dich verloren hatte; Drum schmücke den Vögeln die grünen Hall’n Und den Hirschen die blumige Matte. Ich habe so oft an dich gedacht. Wenn es stürmte wilder und wilder, Doch sprich, was hast du mir mitgebracht Für die lieblichen Menschenbilder?“ „Für die Menschenbilder?“ versetzte da Der junge Herr Frühling stutzend – In die Tasche griff er behend: „Voilà! Revolutionen ein Dutzend“. - 52 2. Setzen Sie folgende Beispiele, schreiben Sie die Vergleiche heraus, bestimmen Sie, bitte, ihre Struktur und Funktion. 1) Und wie ein gellendes Lachen oder wie eine unbegreiflich selige Verheißung schlang sich das erste Motiv hindurch. 2) Es scholl wie Hörner, die zum Aufbruch riefen. 3) Einmal war es, als ob fern und leise mahnend die ersten Akkorde des flehenden, zerknirschten Gebetes vernehmbar werden wollten. 4) Es war ein Motiv, das erste Motiv, das erklang! Und was nun begann, war ein Fest, ein Triumph, eine zügellose Orgie ebendieser Figur. 5) Das erste Motiv wieder da, diese armselige Erfindung, diese dumme und geheimnisvolle Figur, dieses süße, schmerzliche Hinsinken von einer Tonart in die andere. 6) Sie sah wunderschön aus. Der Nebel war wie ein leichter Duft, der sie noch strahlender machte. 7) Eine Schulter war hochgeschoben, sie glänzte von irgendeinem Sicht wie matte Bronze, und ein schmaler Streifen Licht fiel auch auf ihren Arm. 8) Die Wipfel waren schimmernde, helle Segel. 9) Der Himmel war gelb wie Messing und noch nicht verqualmt vom Rauch der Schonsteine. Hinter den Dächern der Fabrik leuchtete er sehr stark. Die Sonne musste gleich aufgehen. Sie kam jeden Morgen zwei Stunden zum Aufräumen in die Werkstatt, und man konnte ruhig so viel Geld umherliegen lassen, wie man wollte, sie führte es nicht an – aber hinter Schnaps war sie her wie die Ratio hintern Speck. 10) Das Wetter wurde warm und feucht und es regnete einige Tage lang. Dann klärte es sich auf, die Sonne fing an zu bruten, und als ich am Freitagmorgen in die Werkstatt kam, sah ich Mathilde Stoß auf dem Hof stehen, den Besen unter den Arm geklemmert, mit einem Gesicht wie ein gerührtes Nilpferd. Die alte Stoß hat eine Nase wie ein Windhund. - 53 Die Sonne durchleuchtete seine Ohren, dass sie aussahen wie rubinfarbene Kirchenfenster. 11) Ihr Schnurrbart zuckte und ihre Augenlieder klapperten wie bei einem alten Uhu. Er trat so kräftig auf den Gashebel, dass der Auspuff zwitscherte wie ein Feld voll Lerchen im Sommer. Die Musik verzauberte den Raum. Sie war wie Südwind, wie eine warme Nacht, wie ein gebauschtes Segel unser Sternen, ganz und gar unwirklich, diese Musik zu „Hoffmanns Erzählungen“. 12) Es wurde träumerisch – so träumerisch, wie eben ein Gorilla werden kann“. (Remarque) 13) Die Einsamkeit ist wie ein Regen. Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen. (Reimer Maria Rilke „Einsamkeit“) 14) Was uns die Stunden gütig schufen, Zerrint es wie der Wellenschlag. (H. Heine „Abschiedsgruß“) 15) Schleiche wie der Mondenglanz, Wie ein Floh im Hochzeitskranz. (Clemens Brentano) 16) Ach Hexen, du schwimmst wie ein Fisch Kaum trau’ ich meinen Augen. (Clemens Brentano) 3) Finden Sie einfache und erweiterte Vergleiche in der schöngeistigen Literatur. Bestimmen Sie ihre Rolle im Text (самостійно). - 54 4) Lesen Sie folgende Textauszüge, finden Sie Vergleiche, bestimmen Sie ihre Rolle in den angeführten Beispielen. Bestimmen Sie ihre Struktur. 1) Mit einem plötzlichen Ruck warf er das Messer hoch, er schraubte sich mit einem propellerartigen Summen hinauf, während die blanke Schneide in einem Bündel letzter Sonnenstrahlen wie ein Fisch flimmerte, schlug oben an, verlor seine Schwingung, und sauste scharf und gerade auf Jupps Kopf hinunter. („Der Mann mit den Messern“ Heinrich Böll) 2) Draußen begann es leise zu dämmern und es floss wie eine sanfte graue Milch ins Zimmer. („Der Mann mit den Messern“ Heinrich Böll) 3) „… Schon wie Engel, voll Walhallas Wounge, schön vor allen Jünglingen war er, Himmlisch mild sein Blick wie Maiensonne, Rückgestrahlt vom blauen Spiegelmeer.“ (Schiller) 4) Er liegt auf der Lauer, wittert, hechelt wie ein Hund, der die Beute vor der Nase hat“. (Steiniger „Rausch“) 5) „Wie verunglückte Schimpansen seht ihr aus, ihr jungen Revoluzzer und ihr alter verhinderten Casanovas!“ (Schiller) 6) „Er sieht so aus, als würde die Sonne am Morgen aus dem Meer steigen und abends zurücksinken ins Meer“. (Peter Bischel) 7) „ Alle miteinander waren es gesunde, temperamentvolle junge Tiere von geschmeidiger Armut und übeschwert von Gedanken, die Burschen ebenso reizbar wie die Pferde, die sie ritten …“ 8) Die Welt mit ihrem Gram und Glücke Will ich, ein Pilger, frohbereit - 55 Betreten nur wie eine Brücke Zu Dir, Herr, übern Strom der Zeit. (A. von Droste – Hülshoff „Der Knabe im Moor“) 9) Unaufhörlich trieb die junge Erde Durch das siebenfache Licht des Himmels; Flüchtig nur wie einer Wolke Schatten Lag auf ihrem Angesicht die Nacht. (M.L. Kaschnitz „Juni“) 5. Bilden Sie bestimmte Situationen, wo die angegebenen Vergleiche besonders gut passen. Vergleiche weiß wie Schnee faul wie eine Drohne zittern wie Espenlaub geputzt wie ein Pfingstocks etw. verbreitet sich wie ein Lauffeuer → die Flamme, die sich durch strichartig auf dem Boden ausgestreutes Schießpulver geradlinig vorwärtsbewegte dumm wie die Nacht stolz wie eine Laus auf dem Teller klar wie Kristall klar wie Kloßbrühe, wie Schuhwichs, wie Zwetschenbruhe, wie Mehlsuppe lügen wie ein Lügenmeister, wie eine Leichenrede, wie geschmiert, wie gedruckt, wie im Buch, wie telegraphiert, wie Hünchhausen, wie der Wetterdienst störrisch wie ein Esel dastehen wie die Kuh vorm neuen Tor - 56 6. Lesen Sie die Poesie von H. Heine. Bestimmen Sie die Rolle des Vergleichs in den Gedichten. Vergleiche in der Poesie von H. Heine Aus dem Sonettenkranz an A.W. von Schlegel Im Reifrockputz, mit Blumen reich verzieret, Schönpflästerchen auf den geschminkten Wangen, Mit Schnabelschuhn, mit Stickerein behangen, Mit Turmfrisur, und wespengleich geschnüret: So war die Aftermuse ausstaffieret, Als sie einst kam, dich liebend zu umfangen. Du bist ihr aber aus dem Weg gegangen Und irrtest fort, von dunklem Trieb geführet. Da fandest du ein Schloss in aller Wildnis, Und drinnen lag, wie’n holdes Marmorbildnis, Die schönste Maid in Zauberschlag versunken. Doch wich der Zauber bald bei deinem Gruße, Aufwachte lächelnd Deutschlands echte Muse Und sank in deine Arme liebestrunken. * * * Ich will meine Seele tauchen In der Kelch der Linie hinein; Die Linie soll klingelnd hauchen - 57 Ein Lied von der Liebsten mein. Das Lied soll schauern und beben, Wie der Kuß von ihrem Mund, Den sie mir einst gegeben In wunderbar süßer Stund’. * * * Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht, Das kümmert mich gar wenig; Schau’ ich dir nur ins Angesicht, So bin ich froh wie’n König. Du hassest, hassest mich sogar, So spricht dein rotes Mündchen; Reich’ mir es nur zum Küssen dar, So tröst ich mich, mein Kindchen. * * * Wie die Weltanschaumgeborene Strahlt mein Lieb in Schönheitsglanz, Denn sie ist das auserkorene Bräutchen eines fremden Manns. Herz, mein Herz, du vielgeduldiges, Grolle nicht ob dem Verrat; Trag es, trag es, und entschuldig’ es, Was die holde Thrörin that. - 58 * * * Die Erde war so lange geizig, Da kam der Mai, und sie ward spendabel, Und alles lacht und jauchzt und freut sich, Ich aber bin nicht zu lachen kapabel. Die Blumen sprießen, die Glöcklein schallen, Die Vögel sprechen wie in der Fabel; Mir aber will das Gespräch nicht gefallen, Ich finde alles miserabel. Das Menschenvolk mich ennuyieret, Sogar der Freund, der sonst passabel; Das kommt, weil man Madame titulieret Mein süßes Liebchen, so süß und aimabel. * * * Am fernen Horizonte Erscheint, wie ein Nebelbild, Die Stadt mit ihren Türmen, In Abenddämmrung gehüllt. Ein feuchter Windzug kräuselt Die graue Wasserbahn; Mit traurigem Takte rudert Der Schiffer in meinem Kahn. - 59 Die Sonne hebt sich noch einmal Leuchtend vom Boden empor Und zeigt mir jene Stelle, Wo ich das Liebste verlor. * * * Ich stand in dunklen Träumen Und starrte ihr Bildnis an, Und das geliebte Antlitz Heimlich zu leben begann. Um ihre Lippen zog sich Ein Lächeln wunderbar, Und wie von Wehmutstränen Erglänzte ihr Augenpaar. Auch meine Tränen flossen Mir von den Wangen herab – Und ach, ich kann es nicht glauben, dass ich dich verloren hab’! * * * Wie der Mond sich leuchtend dränget Durch den dunkeln Wolkenflor, Also taucht dunkeln Zeiten Mir ein lichtes Bild hervor. Saßen all’ auf dem Verdecke, Fuhren stolz hinab den Rhein, - 60 Und die sommergrünen Ufer Glühn im Abendsonnenschein. Sinnend saß ich zu den Füßen Einer Dame, schön und hold; In ihr liebes, bleiches Antlitz Spielt’ das rote Sonnengold. Lauten klangen, Buben sangen, Wunderbare Fröhlichkeit! Und der Himmel wurde blauer, Und die Seele wurde weit. Märchenhaft vorüber zogen Berg’ und Burgen, Wald und Au; Und das alles sah ich glänzen In dem Aug’ der schönen Frau. * * * Du bist wie eine Blume, So hold und schön und rein’; Ich schau’ dich an, und Wehmut Schleicht mir ins Herz hinein. Mir ist, als ob ich die Hände Aufs Haupt dir legen sollst’, Belend, dass Gott dich erhalte So rein und schön und hold. - 61 * * * Wie dunkle Träume stehen, Die Häuser in langer Reih’; Tief eingehüllt im Mantel, Schreite ich schweigend vorbei. Der Turm der Kathedrale Verkündet die zwölfte Stund’; Mit ihren Reizen Küssen Erwartet mich Liebchen jetzund. Der Mond ist mein Begleiter, Er leuchtet mir freundlich vor; Da bin ich an ihrem Hause, Und freudig ruf’ ich empor: Ich danke dir, alter Vertrauter, Dass du meinen Weg erhellt; Jetzt will ich dich entlassen, Jetzt leuchte der übrigen Welt! Und findest du einen Verliebten, Der einsam klagt sein Leid, So tröst’ ihn, wie du mich selber Getröstet in alter Zeit. - 62 * * * Nacht liegt auf den fremden Wegen – Krankes Herz und müde Glieder; Ach, da fließt wie stiller Segen, Süßer Mond, dein Licht hernieder. Süßer Mond, mit deinem Strahlen Scheuchest du das nächt’ge Grauen; Es zerrinnen meine Qualen, Und die Augen übertauen. * * * Es klingt wie Liebestöne Alles, was ich denk’ und fühl’. Ach! Da hat der kleine schöne Liebesgott die Hand in Spiel. Der Maёstro im Theater Meines Herzens ist er jetzt; Was ich fühl’ und denke, hat er Gleich schon in Musik gesetzt. * * * Auf dem Berge steht die Hütte, Wo der alte Bergmann wohnt; Dorten rauscht die grüne Tanne, - 63 Und erglänzt der goldne Mond. In der Hütte steht ein Lehnstuhl, Ausgeschnitzelt wunderlich; Der darauf sitzt, der ist glücklich, Und der Glückliche bin ich! Auf dem Schemel sitzt die Kleine, Stützt den Arm auf meinen Schoß; Äuglein wie zwei blaue Sterne, Mündlein wie die Purpurros’. Und die lieben blauen Sterne Schaun mich an so himmelgroß; Und sie legt den Lilienfinger Schalkhaft auf die Purpurros’. Nein, es sieht uns nicht die Mutter, Denn sie spinnt mit großem Fleiß, Und der Vater spielt die Zither, Und er singt die alte Weiß’. Und die Kleine flüstert leise, Leise, mit gedämpftem Laut; Manches wichtige Geheimnis Hat sie mir schon anvertraut: Aber seit die Muhme tot ist, Können wir ja nicht mehr gehen Nach dem Schützenhof zu Goslar, - 64 Dorten ist es gar zu schön. Hier dagegen ist es einsam, Auf kalten Bergeshöh’, Und des Winters sind wir gänzlich Wie begraben in dem Schnee. Und ich bin ein banges Mädchen, Und ich fürcht’ mich wie ein Kind Vor den bösen Bergesgeistern, Die des Nachts geschäftig sind. Plötzlich schweigt die Kleine, Wie vom eignen erschreckt, Und sie hat mit beiden Händchen Ihre Äugelein bedeckt. Lauter rauscht die Tanne draußen, Und das Spinnrad schnurrt und brummt, Und die Zither klingt dazwischen, Und die alte Weise summt: Fürcht’ dich nicht, du liebes Kindchen, Vor der bösen Geister Nacht! Tag und Nacht, du liebes Kindchen, Halten Englein bei dir Wacht! * * * Die du bist so schön und rein, - 65 Wundervolles Madeleine, Deinem Dienste ganz allein Möcht’ ich wohl mein Leben wein. Deine süßen Äugelein Glänzen mild wie Mondesschein; Helle Rosenlichter streun Deine roten Wangelein. Und aus deinem Mündchen klein Blinkt’s hervor wie Perlenrein; Doch den schönsten Edelstein Hegt dein Busen schrein. Fromme Minne mag es sein, Was Minne mag es sein, Als ich weiland schaute dein, Wundervolles Madeleine! * * * Es fasst mich wieder der alte Mut, Mir ist, als jagt’ ich zu Rosse, Und jagte wieder mit liebender Glut Nach meiner Liebsten Schlosse. Es fasst mich wieder der alte Mut Mir ist, als jagt’ ich zu Rosse, Und jagte zum Streite mit hassender Wut, - 66 Schon harret der Kampfgenosse. Ich jage geschwind wie der Wirbelwind, Die Wälder und Felder fliegen! Mein Kampfgenoss und mein schönes Kind, Sie müssen beide erliegen. * * * Mir redet ein die Eitelkeit, Dass du mich heimlich liebest; Doch klügre Einsicht flüstert mir, Dass du nur Großmut übest; Dass du den Mann zu würd’gen strebst, Den andre unterschätzen, Dass du mir doppelt gültig bist, Weil andre mich verletzen. Du bist so hold, du bist so schön, So tröstlich ist dein Kosen; Die Worte klingen wie Musik Und duften wie die Rosen. Du bist mir wie ein hoher Stern, Der mich vom Himmel grüßet Und meine Erdennacht erhellt, Und all mein Leid versüßet. - 67 * * * Ich wandle unter Blumen Und blühe selber mit; Ich wandle wie im Träume, Und schwanke bei jedem Schritt. O, halt mich fest, Geliebte! Vor Liebestrunkenheit Fall’ ich dir sonst zu Füßen, Und der Garten ist voller Leut’. * * * Wie des Mondes Abbild zittert In den wilden Meereswogen, Und er selber still und sicher Wandelt an dem Himmelsbogen: Also wandelst du, Geliebte, Still und sicher, und es zittert Nur dein Abbild mir im Herzen, Weil mein eignes Herz erschüttert. * * * Das du mich liebst, das wußt’ ich, Ich hatt’ es längst entdeckt; - 68 Doch als du mir’s gestanden, Hat es mich tief erschreckt. Ich stieg wohl auf die Berge Und jubelte und sang; Ich ging ans Meer und weinte Beim Sonnenuntergand. Mein Herz ist wie die Sonne So flammend anzusehn, Und in ein Meer von Liebe Versinkt es groß und schön. * * * Mit schwarzen Segeln segelt mein Schiff Wohl über das wilde Meer; Du weißt, wie sehr ich traurig bin, Und kränkst mich doch so schwer. Dein Herz ist treulos wie der Wind Und flattert hin und her; Mit schwarzen Segeln segelt mein Schiff Wohl über das wilde Meer. VOLKSTÜMLICHKEIT DER SPRACHE 1. Beweisen Sie anhand der lexischen und grammatischen Analyse von Luthers „Sendbrief vom Dolmetschen“ die Volkstümlichkeit seiner Sprache (natürliche - 69 Bildlichkeit, derbes Wort, sprichwörtlicher Ausdruck usw.) Wodurch wird die Lebendigkeit und Leidenschaft seiner Sprache erreicht? Sendbrief vom Dolmetschen Gnad und Friede in Christo. Ehrbar, fürsichtiger lieber Herr und Freund! Ich hab euer Schrift empfangen mit den zwo Questen oder Fragen, darin ihr meines Berichts begehrt: Erstlich warum ich zum Römern am dritten Kapitel die Wort St. Pauli: „Arbitramur hominem justificari ex fide absque operibus" also verdeutscht habe: Wir halten, daß der Mensch gerecht werde ohn des Gesetzes Werk, allein durch den Glauben. — Ich hab mich deß geflissen im Dolmetschen, daß ich rein und klar Deutsch geben mцchte. Und ist uns wohl oft begegnet, daЯ wir vierzehn Tage, drei, vier Wochen haben ein einziges Wort gesucht und gefragt, habens dennoch zuweilen nicht funden. Im Hiob arbeiten wir also, M. Philips, Aurogallus und ich, daß wir in vier Tagen zuweilen kaum drei Zeilen kunnten fertigen. Lieber, nu es verdeutscht und bereit ist, kanns ein jeder lesen und meistern; läuft einer itzt mit den Augen durch drei, vier Blätter und stößt nicht einmal an; wird aber nicht gewahr, welche Wacken und Klötze da gelegen sind, da er itzt über hin gehet, wie über ein gehobelt Brett, da wir haben müßt schwitzen und uns ängsten, ehe denn wir solche Wacken und Klötze aus dem Wege räumeten, auf daß man künnte so fein daher gehen. Es ist gut pflügen, wenn der Acker gereinigt ist; aber den Wald und die Stöcke ausrotten und den Acker zurichten, da will Niemand an. Es ist bei der Welt kein Dank zu verdienen. Kann doch Gott selbst mit der Sonnen, ja mit Himmel und Erden, noch mit seines eigen Sohns Tod, keinen Dank verdienen; sie sei und bleibe Welt des Teufels Namen, weil sie ja nicht anders will. Also habe ich hie Rom. 3. fast wohl gewußt, daß im lateinischen und griechischen Text das Wort sola nicht stehet. Wahr ists, diese vier Buchstaben SOLA stehen nit drinnen, welche Buchstaben die Eselsköpfe ansehen, wie die Kühe ein neu Tor. Sehen aber nicht, daß es gleichwohl die Meinung des Textes in sich hat, und wo mans will klar und gewaltiglich verdeutschen, so gehöret es hinein. Denn ich habe - 70 Deutsch nicht Lateinisch noch Griechisch reden wollen, da ich Deutsch zu reden im Dolmetschen fürgenommen hatte. Das ist aber die Art unser deutschen Sprache, wenn sich eine Rede begiebt von zweien Dingen, der man eins bekennet und das ander verneinet, so braucht man des Worts solum (allein) neben dem Wort nicht oder kein. Als wenn man sagt: Der Bauer bringt allein Korn, und kein Geld. Item, ich hab wahrlich itzt nicht Geld sondern allein Korn. Ich hab allein gessen und noch nicht getrunken. Hast du allein geschrieben und nit überlesen? Und dergleichen unzählige Weise im täglichen Brauch. In diesen Reden allen, obs gleich die lateinische oder griechische Sprach nicht tut, so tuts doch die deutsche, und ist ihr Art, daß sie das Wort allein hinzusetzt, auf daß das Wort nicht oder kein desto völliger und deutlicher sei. Denn wiewohl ich auch sage: Der Bauer bringt Korn und kein Geld, so laut doch das Wort kein Geld nicht so völlig und deutlich, als wenn ich sage: Der Bauer bringt allein Korn und kein Geld; und hilft hie das Wort allein dem Wort kein so viel, daß es ein völlige deutsche klare Rede wird. Denn man muß nicht die Buchstaben in der lateinischen Sprachen fragen wie man soll deutsch reden, sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetschen; so verstehen sie es denn und merken, daß man deutsch mit ihn redet. Als wenn Christus spricht: Ex abundantia cordis os loquitur. Wenn ich den Eseln soll folgen, die werden mir die Buchstaben fürlegen und also dolmetschen: Aus dem Überfluß des Herzen redet der Mund. Sage mir, ist das Deutsch geredt? Welcher Deutscher verstehet solchs? Was ist Überfluß des Herzen für ein Ding? Das kann kein Deutscher sagen, er wollt denn sagen, es sei, daß einer allzu ein groß Herz habe oder zu viel Herzens habe. Wiewohl das auch noch nicht recht ist. Denn Überfluß des Herzen ist kein Deutsch; so wenig als das Deutsch ist: Überfluß des Hauses, Überfluß des Kachelofens, Überfluß der Bank, sondern also redet die Mutter im Hause und der gemeine Mann: Weß das Herz voll ist, deß gehet der Mund über. Das heißt gut Deutsch geredt: deß ich mich geflissen und leider nicht allewege erreicht noch troffen - 71 habe. Denn die lateinischen Buchstaben hindern aus der Maßen sehr, gut Deutsch zu reden ... BILDHAFTIGKEIT DER SPRACHE 1. Mit welchen Mitteln wird der barocke Stil der Sonette von A. Gryphius geschaffen (der blumige, überpathetische, mit „Zentnerworten" jonglirende Stil)? Mord! Zetter! Jammer! Angst! Kreuz! Marter! Wurme! Plagen! Pech! Folter! Henker! Flamm! Stank! Geister! Kälte! Zagen! Ach vergeh Tief und Höh'! Meer! Hügel! Berge! Fels! wer kann die Pein ertragen! Schluck Abgrund! ach schluck ein, die nichts denn ewig klagen! Je und eh! Schreckliche Geister der dunklen Höhlen! ihr, die ihr martert und Marter erduldet! Kann denn der ewigen Ewigkeit Feuer nimmermehr büßen dies — was ihr verschuldet? O grausam Angst! stets sterben, sonder sterben. Dies ist die Flamme der grimmigen Rache, die der erhitzte Zorn angeblasen! Hier ist der Fluch der unendlichen Strafen; hier ist das immerdar wachsende Rasen; O Mensch! verdirb, um hier nicht zu verderben! O Feuer wahrer Lieb! O Brunn der guten Gaben! O Meister aller Kunst! O höchste Heiligkeit! O dreimal großer Gott! O Lust, die alles Leid Vertreibt! O keusche Taub! O Furcht der Höllenraben! Die, eh das wüste Meer mit Bergen rings umgraben, Eh Luft und Erden ward, eh das gestirnte Kleid Dem Himmel angelegt, vor Anbeginn der Zeit, Die zwei, die ganz dir gleich, von sich gelassen haben! - 72 O Weisheit ohne Maß! O reiner Seelen Gast! O teure Gnaden — quell! O Trost in herber Last! O Regen, der in Angst mit Segen uns befeuchtet! Ach laß ein Tropf lein nur von deinem Leben — tau Erfrischen meinen Geist! Hilf, daß ich doch nur schau Ein Fünklein deiner Glut! so bin ich ganz erleuchtet. 2. Mit welchen lexischen und grammatischen Mitteln wird die sentimentale Wirkung im nachstehenden Auszug aus J. W. Goethes „Die Leiden des jungen Werther" erreicht? Ossian hat in meinem Herzen den Homer verdrängt. Welch eine Welt, in die der Herrliche mich führt! Zu wandern über die Heide, umsaust vom Sturmwinde, der in dampfenden Nebeln die Geister der Väter im dämmernden Lichte des Mondes hinführt. Zu hören vom Gebirge her, im Gebrülle des Waldstroms, halb verwehtes Ächzen der Geister aus ihren Höhlen, und die Wehklagen des zu Tode sich jammernden Mädchens, um die vier moosbedeckten, grasbewachsenen Steine des Edelgefallenen, ihres Geliebten. Wenn ich ihn dann finde, den wandelnden grauen Barden, der auf der weiten Heide die Fußstapfen seiner Väter sucht, und ach! ihre Grabsteine findet, und dann jammernd nach dem lieben Sterne des Abends hinblickt, der sich ins rollende Meer verbirgt, und die Zeiten der Vergangenheit in des Helden Seele lebendig werden, da noch der freundliche Strahl den Gefahren der Tapferen leuchtete, und der Mond ihr bekränztes, sieg-rückkehrendes Schiff beschien! Wenn ich den tiefen Kummer auf seiner Stirn lese, den letzten verlaßnen Herrlichen in aller Ermattung dem Grabe zuwanken sehe, wie er immer neue schmerzlich glühende Freuden in der kraftlosen Gegenwart der Schatten seiner Abgeschiedenen einsaugt, und nach der kalten Erde, dem hohen wehenden Grase niedersieht, und ausruft: Der Wanderer wird kommen, kommen, der mich kannte in meiner Schönheit, und fragen: Wo ist der Sänger, Fingais trefflicher Sohn? Sein Fußtritt geht über mein Grab hin, und er fragt vergebens nach mir auf der Erde.— O Freund! ich möchte gleich einem - 73 edeln Waffenträger das Schwert ziehen, meinen Fürsten von der zückenden Qual des langsam absterbenden Lebens auf einmal befreien und dem befreiten Halbgott meine Seele nachsenden... 3. Auf welchem Stilgriff beruht die Beschreibung der Natur in den untenstehenden Auszügen aus H. Heines „Die Harzreise". Vergleichen Sie diese Naturbeschreibung mit der Beschreibung der Nacht von Novalis auf S. 138. Allerliebst schössen die goldenen Sonnenlichter durch das dichte Tannengrün. Eine natürliche Treppe bildeten die Baumwurzeln. Überall schwellende Moosbänke; denn die Steine sind fußhoch von den schönsten Moosarten, wie mit hellgrünen Sammetpolstern, bewachsen. Liebliche Kühle und träumerisches Quellengemurmel. Hier und da sieht man, wie das Wasser unter den Steinen silberhell hinrieselt und die nackten Baumwurzeln und Fasern bespült. Wenn man sich nach diesem Treiben hinabbeugt, so belauscht man gleichsam die geheime Bildungsgeschichte der Pflanzen und das ruhige Herzklopfen des Berges. An manchen Orten sprudelt das Wasser aus den Steinen und Wurzeln stärker hervor und bildet kleine Kaskaden. Da läßt sich gut sitzen. Es murmelt und rauscht so wunderbar, die Vögel singen abgebrochene Sehnsuchtslaute, die Bäume flüstern wie mit tausend Mädchenzungen, wie mit tausend Mädchenaugen schauen uns an die seltsamen Bergblumen, sie strecken nach uns aus die wundersam breiten, drollig gezackten Blätter, spielend flimmern hin und her die lustigen Sonnenstrahlen, die sinnigen Kräutlein erzählen sich grüne Märchen, es ist alles wie verzaubert, es wird immer heimlicher und heimlicher, ein uralter Traum wird lebendig, die Geliebte erscheint— ach, daß sie so schnell wieder verschwindet! Es ist unbeschreibbar, mit welcher Fröhlichkeit, Naivität und Anmut die Ilse sich hinunterstürzt über die abenteuerlich gebildeten Felsstücke, die sie in ihrem Laufe findet, so daß das Wasser hier wild emporzischt oder schäumend überläuft, dort aus allerlei Steinspalten, wie aus tollen Gießkannen, in reinen Bögen sich ergießt und unten wieder über die kleinen Steine hintrippelt, wie ein munteres Mädchen. Ja, - 74 die Sage ist wahr, die Ilse ist eine Prinzessin, die lachend und blühend den Berg hinabläuft. Wie blinkt im Sonnenschein ihr weißes Schaumgewand! Wie flattern im Winde ihre silbernen Busenbänder! Wie funkeln und blitzen ihre Diamanten! Die hohen Buchen stehen dabei gleich ernsten Vätern, die verstohlen lächelnd dem Mutwillen des lieblichen Kindes zusehen; die weißen Birken bewegen sich tantenhaft vergnügt und doch zugleich ängstlich über die gewagten Sprünge; der stolze Eichbaum schaut drein wie ein verdrießlicher Oheim, der das schöne Wetter bezahlen soll; die Vögelein in den Lüften jubeln ihren Beifall, die Blumen am Ufer flüstern zärtlich: „Oh, nimm uns mit, nimm uns mit, lieb Schwesterchen!" — aber das lustige Mädchen springt unaufhaltsam weiter, und plötzlich ergreift sie den träumenden Dichter, und es strömt auf mich herab ein Blumenregen von klingenden Strahlen und strahlenden Klängen, und die Sinne vergehen mir vor lauter Herrlichkeit, und ich höre nur noch die flötensüße Stimme ... 4. a) Welche Stilmittel dienen zur Schaffung des ästhetisierenden Sprachsystems im unten angeführten Auszug aus den „Hymnen an die Nacht" des reaktionären Romantikers Novalis? Beachten Sie besonders die allegorische Personifizierung, b) Welche grammatischen Mittel unterstreichen den geschraubten Deklamationsrhythmus dieses Prosastücks? Hymnen an die Nacht Welcher Lebendige, Sinnbegabte, liebt nicht vor allen Wundererscheinungen des verbreiteten Raums um ihn, das allerfreuliche Licht mit seinen Farben, seinen Strahlen und Wogen, seiner milden Allgegenwart, als weckender Tag? Wie des Lebens innerste Seele atmet es der rastlosen Gestirne Riesenwelt, und schwimmt tanzend in seiner blauen Flut; atmet es der funkelnde, ewig ruhende Stein, die sinnige, saugende Pflanze, und das wilde, brennende, vielgestaltete Tier; vor allen aber der herrliche Fremdling mit den sinnvollen Augen, dem schwebenden Gange, und den zartgeschlossenen, tonreichen Lippen. Wie ein König der irdischen Natur ruft es jede Kraft zu zahllosen Verwandlungen, knüpft und löst unendliche - 75 Bündnisse, hängt sein himmlisches Bild jedem irdischen Wesen um. Seine Gegenwart allein offenbart die Wunderherrlichkeit der Reiche der Welt. Abwärts wend' ich mich zu der heiligen, unaussprechlichen, geheimnisvollen Nacht. Fernab liegt die Welt, in eine tiefe Gruft versenkt: wüst und einsam ist ihre Stelle. In den Saiten der Brust weht tiefe Wehmut. In Tautropfen will ich hinuntersinken, und mit der Asche mich vermischen.— Fernen der Erinnerung, Wünsche der Jugend, der Kindheit Träume, des ganzen langen Lebens kurze Freuden und vergebliche Hoffnungen kommen in grauen Kleidern, wie Abendnebel nach der Sonne Untergang. In andern Räumen schlug die luftigen Gezelte das Licht auf. Sollte es nie zu seinen Kindern wiederkommen, die mit der Unschuld Glauben seiner harren? Was quillt auf einmal so ahnungsvoll unterm Herzen, und verschluckt der Wehmut weiche Luft? Hast auch du ein Gefallen an uns, dunkle Nacht? Was hältst du unter deinem Mantel, das mir unsichtbar kräftig an die Seele geht? Köstlicher Balsam träuft aus deiner Hand, aus dem Bündel Mohn. Die schweren Flügel des Gemüts hebst du empor. Dunkel und unaussprechlich fühlen wir uns bewegt: ein ernstes Antlitz seh' ich, froh erschrocken, das sanft und andachtsvoll sich zu mir neigt, und unter unendlich verschlungenen Locken der Mutter liebe Jugend zeigt. Wie arm und kindisch dünkt mir das Licht nun! Wie erfreulich und gesegnet des Tages Abschied! —Also nur darum, weil die Nacht dir abwendig macht die Dienenden, säetest du in des Raumes Weiten die leuchtenden Kugeln, zu verkünden deine Allmacht, deine Wiederkehr, in den Zeiten deiner Entfernung? Himmlischer, als jene blitzenden Sterne, dünken uns die unendlichen Augen, die die Nacht in uns geöffnet. Weiter sehen sie, als die blassesten jener zahllosen Heere; unbedürftig des Lichtes durchschaun sie die Tiefen eines liebenden Gemütes, was einen höhern Raum mit unsäglicher Wollust füllt. Preis der Weltkönigin, der hohen Verkündigerin heiliger Welten, der Pflegerin seliger Liebe! Sie sendet mir dich, zarte Geliebte, liebliche Sonne der Nacht. Nun wach' ich, denn ich bin Dein und Mein: du hast die Nacht mir zum leben verkündet, mich zum Menschen gemacht. Zehre mit Geisterglut meinen Leib, daß ich luftig mit dir inniger mich mische, und dann ewig die Brautnacht währt. - 76 5. Mit welchen Mitteln der Bildhaftigkeit ist eine besondere emotionale Wirkung im folgenden Gedicht von G. Weerth verbunden? Pfingstlied Sie herzten und sie küßten sich Mit liebevoller Gebärde. Der junge Herr Frühling wonniglich, Der besuchte die alte Frau Erde. Er ist der guten, ehrlichen Frau Mit eins an den Hals gesprungen. Daß bis hinauf in den Himmel blau Nur Lust und Jubel erklungen. „Mein Sohn, es freut uns, daß du hier! Lang währte des Winters Tosen. Meine Felder brauchen die goldne Zier, Meine Gärten Lilien und Rosen. Verstummt sind all meine Nachtigall'n Seit ich dich verloren hatte; Drum schmücke den Vögeln die grünen Hall'n Und den Hirschen die blumige Matte. Ich habe so oft an dich gedacht. Wenn es stürmte wilder und wilder, Doch sprich, was hast du mir mitgebracht Für die lieblichen Menschenbilder?" „Für die Menschenbilder?" versetzte da Der junge Herr Frühling stutzend — In die Tasche griff er behend: „Voila! Revolutionen ein Dutzend." - 77 Vorlesung № 6-8 Thema: Tropen und ihre Charakteristik. Die Tropen sind Mittel des bildlichen Ausdrucks auf Grund übertragener Wortbedeutung. Wieder treten zwei Wörter aus verschiedenen Begriffsbezirken zueinander in Beziehung; aber diesmal werden sie nicht – wie beim Vergleich – nebeneinandergestellt, sondern eins durch das andere ausgetauscht. Dabei entsteht eine neue begriffliche Qualität. Unter Tropus (griech.: „Wendung, Vertauschung des Ausdrucks“) versteht man: 1. die Übertragung der Namensbezeichnung von einem Gegenstand auf einen anderen, von einer Erscheinung auf eine andere unter der Voraussetzung, dass eine äußere oder innere Ähnlichkeit (oft Ähnlichkeit der Funktion) diese Übertragung rechtfertigt. In diesem Fall sprechen wir von der Metapher und ihren Abarten. Das Gemeinsame zwischen Grund- Übertragungsbegriff wird, ebenso wie beim Vergleich, „tertium comparationis“ genannt. 2. den Ersatz der Namensbezeichnung durch eine andere unter der Voraussetzung, dass zwischen den zugehörigen Gegenständen oder Erscheinungen ein logisches Abhängigkeitsverhältnis in Zeit, Raum, Stoff usw. besteht, irgendeine kausale, qualitative oder quantitative Beziehung. In diesem Fall sprechen wir von der Metonymie in ihren zahlreichen Erscheinungsformen. Das logische Abhängigkeitsverhältnis, auf Grund dessen ein Wort durch ein anderes ersetzt werden kann, könnte man als „Vertauschungsbasis“ bezeichnen. 1. Hauptmittel der bildlichen Ausdrucksweise ist die Metapher, eine Erscheinung, die nicht als Einzelwort, sondern als kleines „Stück Text“ verstehen ist. Wie groß der Sinnzusammenhang sein muß, um zu die Bedeutungsübertragung richtig zu erfassen, hängt vom Inhalt der Aussage und ihrer sprachlichen Ausformung ab. Nach ihrer Genesis kann man zwei Arten der Metaphern unterscheiden: a) solche, bei denen das Sem der bildlichen Übertragung sich innerhalb einer lexischen Struktur befindet, und b) solche, bei denen aufgrund - 78 emotionaler oder/und rationaler Vergleichsmöglichkeit ein gemeinsames Merkmal verschiedener lexischer Strukturen semantisch modifiziert wird. 2. Der metaphorische Text ist durch eine gewisse Doppelbödigkeit gekennzeichnet, insofern gleichzeitig zwei Assoziationslinien zusammenwirken, die zu verschiedenen Denotaten führen, aber doch durch ein gemeinsames Merkmal (seltener durch mehr als eines) zueinander in Verbindung stehen. Zur Entstehung des zweiten metaphorischen Typs: Voraussetzung ist hier ein konnotationsreiches tertium comparationis zwischen zwei verschiedenen lexischen Strukturen. Zum richtigen Verständnis dieser konkreten Stilfigur müssen wir oft den Großkontext ins Auge fassen. 3. Wie beim Vergleich, unterscheiden wir auch hier nach Häufigkeit und Verbreitung individuelle, gemeinsprachliche und verblasste sowie nach ihrer Struktur, knappe, erweiterte und ausgebaute (ausgeschlossene Metaphern). 4. Die Metapher kommt in allen funktionalen Stilen in stärkerer oder geringerer Frequenz vor – gewiß mit manchen Unterschiedlichkeiten in ihren Wesen, der strukturellen Beschaffenheit und vor allem in ihrer pragmatischen Funktion. Wenn sie in der schönen Literatur ästhetische Wirkung, in der Publizistik hauptsächlich Appell, in der Alltagsrede Eindringlichkeit, Humor und Spott hervorruft, so dient sie in der Wissenschaft teils zur Benennung neuer Denotate, neuer Abstraktionen, aber darüber hinaus auch zur Veranschaulichung und Verlebendigung der Darstellung, zum leichteren Verständnis der Aussage. 5. a) Unter Metapher verstehen wir die Namensübertragung von einem Denotat auf ein anderes aufgrund eines gemeinsamen Merkmals (Vergleichsbasis, beruhend auf dem gleichen lexischen Sem). Die kontrastierenden Bedeutungselemente des Grundbegriffs treten in den Hintergrund, können aber gelegentlich implizit zum Durchbruch kommen. b) Die Metaphorisierung führt als Ergebnis entweder zur Benennung bisher noch unbenannter Denotate oder zur begrifflichen Präzisierung sowie zur emotionalen Veranschaulichung bereits bestehender Bezeichnungen für konkrete und abstrakte Gegebenheiten. - 79 c) der „semantische Mehrwert“ der Metapher (Terminus von Fonagy) erwächst aus dem Verhältnis des Wortes mit direkter Bedeutung zum Kontext; er beruht auf dem Zusammenschwingen von Grund- und Übertragungsbegriff, auf einer gewissen Zweischichtigkeit des Kommunikationsprozesses (Doppelbödigkeit, Unterschwelligkeit). d) Bei jeder Metapher macht sich mehr oder weniger stark die semantische Unverträglichkeit der lexischen Elemente (in direkter Bedeutung) sowie deren ungewöhnliche Valenz bemerkbar. Anstelle der erwarteten Determination (Vorhersehbarkeit der Aussage) kann Konterdetermination erfolgen, eine getäuschte Erwartung, ein Überraschungseffekt, ein V-Effekt (Verfremdungseffekt). e) Wir vertreten die Meinung, dass bei der kühnen Metapher das tertium comparationis keinesfalls so weit in den Hintergrund treten darf, dass die Bildlichkeit – zusammen mit der Bildhaftigkeit – fast oder völlig verbleicht. Auch wir sehen die Metapher als Mittel der Spannung an, aber einer Spannung, bei der das „metaphorische Rätsel“, trotz aller Widersprüchlichkeit der direkten Aussage, trotz eingetretener Konterdetermination, dennoch gelöst wird. Als kühne Metaphern bezeichnen wir originelle Bilder, die letztlich im Gesamtzusammenhang die Mitteilungsabsicht des Senders aufdecken sollen. Selbst bei der kühnsten Metapher darf es zu keiner Informationsstörung kommen. Das Gesagte schließt aber nicht aus, dass immer noch genügend Raum für gedankliche, gefühls- und willensmäßige Konnotationen bleibt. Seminar № 6 1. Die Tropen als Mittel der Bildhaftigkeit. 2. Die Metaphern und ihre Funktion. 3. Die Metonymien und ihre Funktion. Literatur: 1. E. Riesel „Deutsche Stilistik“. – M., 1975. – 314 S. - 80 Praktische Aufgaben zum Seminar № 6 1. Lesen Sie folgende Beispiele, bestimmen Sie, bitte, die Metaphern und Metonymien. Übersetzen Sie diese Beispiele in die Muttersprache. „Ich sah sie vor mir, schön, jung, voll Erwartung, ein Schmetterling, verflogen durch einen glücklichen Zufall in mein angebrauchtes, schäbiges Zimmer, in mein belangloses, sinnloses Leben, bei mir und doch nicht bei mir - ein Atemzug nur; und er konnte sich heben und wieder davonfliegen - schlecht mich, verdammt mich, ich konnte es nicht, ich konnte nicht nein sagen, nicht sagen, dass ich nie dagewesen war, jetzt nicht …“ „Der Nebel verwandelte alles, er hob es hoch und löste es los, das Hotel gegenüber schwamm schon wie ein Ozeandampfer mit erleuchteten Kabinen über dem schwarzen Spiegel des Asphalts, der graue Schatten der Kirche dahinter wurde zu einem gespenstischen Segelschiff mit hohen Masten, die sich im grauroten Licht verloren, und nun begannen auch die Schleppzüge der Häuser zu schwimmen, zu treiben…“ „Wir versinken in Erinnerungen… Es war der Schnee der Erinnerungen.“ (E. Strittmatter „Ole Bienkopp“) „Die Zeit schien aufgehoben zu sein sie war nicht mehr ein Strom, der aus dem Dunkel kam und ins Dunkel ging – sie war ein See in dem sich lautlos das Leben spiegelte.“ (E.M. Remarque „Drei Kameraden“) „Golden floß der Kognak, der Gin glänzte wie Aquamarin und der Rum war das Leben selbst.“ (E.M. Remarque „Drei Kameraden“) - 81 „Er sah aus, als verlöre sich die Krone in der Dämmerung darüber – wie eine riesige, gespreizte Hand, die in einer ungeheueren Sehnsucht nach dem Himmel griff.“ (E.M. Remarque) „Die Nacht stand groß und schweigend um das kleine Haus.“ „Uns schwoll das Herz“ „Der Nebel zog und zog. Die Kreuze der Grabsteine ragten blaß aus der Schwarzen. Ich deckte meinen Mantel über uns. Die Stadt war versunken. Die Zeit war gestorben…“ „Das ganze Dorf war auf den Beinen.“ „Ihr Name war in aller Munde.“ „Weit und breit war in diesem Augenblick kein Mensch zu sehen.“ „Von Millionen Stimmen wird’s getragen.“ „Wo hatte ich nur die ganze Zeit meine Augen gehabt? Hatte ich denn geschlafen?“ „Da ich ein Kind war, nicht wusste, wo aus noch ein, kehrt’ ich mein verirrtes Auge zur Sonne, als wenn drüber wär’ ein Ohr, zu hören meine Klage, ein Herz, wie meins, sich des Bedrängten zu erbarmen.“ (J.W. von Goethe „Prometheus“) - 82 2. Finden Sie in den angebotenen Beispielen die Personifikation. Übersetzen Sie diese Beispiele in die Muttersprache. „Aber die Nacht gab keine Antwort. Sie hatte die Arme auf das Fensterbrett gelegt, ihre Schleppe flatterte über die Pächer und ihre Augen verströmten in den kleinen armseligen Raum. Geh, du hast noch andere Nächte! Rief sie dem Wind zu. Und der Wind machte sich auf und flog treulos der Sonne entgegen.“ (Aichinger) „Wus erwartet ihn dort vorne, wo der Himmel die Erde berührt und in Glut vergeht?“ (H. Wormbecher „Unser Hof“) „Ein Fichtenbaum steht einsam im Norden auf kahler Höh. Ihn schläfert: mit weiser Decke umhüllen ihn Eis und Schnee. Er träumt von einer Palme, du, fern im Morgenland, einsam und schweigend trauert auf brennender Felsenwand.“ (H. Heine „Ein Fichtenbaum steht einsam…“) 3. Welche stilistische Funktion erfüllt die Personifikation in den angegebenen Beispielen. 1. „Hier liegt ein Eisbaum umgerissen, Sein Wipfel tät die Wolken küssen, Er liegt am Grund – warum? Die Bauern hatten, hör ich reden, - 83 Sein schönes Holz zum Baun vonnöten Und rissen ihn deswegen um.“ (F. Schiller) 2. „An dem Himmel herauf mit leisen Schritten Kommt die auftende Nacht; ihr folgt die süße Liebe.“ (F. Schiller) 3. „Liebe, Liebe lächelt nur Aus dem Auge der Natur Wie aus einem Spiegel!“ (F. Schiller) 4. „Und wüssten Sie, wie ohne jede Schaut a) Gedichte wachsen, und aus welchem … Müll!“ b) An alle Glocken hell das Leben rührte…“ … Jedoch mein wildes Blut zu dir mich führte…“ c) Du ließest zu dir ein den dunklen Gast Und bist mit ihm allein geblieben.“ d) Und froh sind nur die Tränen, Die fließen und fließen, blind.“ e) Ein Faulbeerbaum schlich sich Vorbei wie ein Traum.“ 5. J.W. von Goethe „Willkommen und Abschied“ „Der Abend wiegte schon die Erde, und an den Bergen hing die Nacht… Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.“ 6. „Warum sind die Rosen so blaß, - 84 O sprich, mein Lieb, warum? Warum sind denn im grünen Gras Die blauen Veilchen so Stumm? Warum singt denn mit so kläglichem Laut Die Lerche in der Luft? Warum steigt denn aus dem Balsamkraut Hervor ein Leichenduft?“ 7. G.E. Lessing „ Vater der Tiere und Menschen“, so sprach das Pferd und nahte sich dem Throne des Zeus, „man will, ich sei eines der schönsten Geschöpfe, womit du die Welt geziert, und meine Eigenliebe heißt es mich glauben.“ 4. Erklären Sie, bitte, die Anwendung der Synästhesien in den angegebenen Beispielen. Übersetzen Sie diese Beispiele. „Es reden und träumen die Menschen viel von bessern küntigen Tagen, nach einem glücklichen goldenen Ziel sieht man sie rennen und jagen“ „Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein, sie umflattert den fröhlichen Knaben, den Jüngling lockert ihr Zauberschein, sie wird mit dem Greis nicht begraben; denn beschließ er im Grabe den müden Lauf, noch am Grabe pflanzt er – die Hoffnung auf.“ (Fr. Schiller „Hoffnung“) - 85 „Jetzt war auch ihr Gesicht im Licht, das lief über die Schultern und die Brust, gelb wie der Schein von Prange, blau Kreise flirrten hindurch, und dann stand plötzlich ein warmes Rot hinter ihr wie eine Gloriole, glitt höher und wanderte langsam über die Decke des Zimmers.“ „Deine süße Äugelein Glänzen mild von Mondenschein.“ (H. Heine. Zu den „Liedern“) 5. Erklären Sie, bitte, das Wesen von Hyperbeln und Mejosis. Analysieren Sie folgende Beispiele und suchen sie diese Mitteln in den Texten. „Meinetwegen kann es ein ganzes Meer von Blumen sein.“ (Bernd Andte „Ab morgen Erwachsen?“) „Er hat zu dieser Frage nur zwei Worte gesprochen.“ „Er hat eine ganze Ewigkeit zu dieser Frage gesprochen.“ „jemand zu einem Butterbrot einladen“ „jemand totreden, mundtot machen“ „jemandem ein Loch in den Bauch reden“ „die Haare vom Kopf tragen“ „eine Nuß vom Baum schwatzen“ „dem Teufel ein Ohr abschwatzen“ „einen in den Sack reden und wieder hinaus“ 6. Bilden Sie Beispiele mit den Hyperbeln. Welche Konnotation haben diese Hyperbeln? verheerend dumm verheerend langweilig - 86 schwer begeistert haushoch überlegen hundertprozentig richtig vollinhaltlich einverstanden etw. liebend gern(e) tun’ (vom Herzen gern, sehr gern) z.B. Ich hätte ihm liebend gern meine Meinung gesagt, hab mich aber nicht getraut. Sie fährt liebend gerne in große Badeorte. leichenblass totenstill grabeskalt hundsmiserabelelend mutterseelenallein Bombenerfolg, -gedächtnis, -gelder, -geschäft, -hitze, -reklame, -rolle bombenfest, -sicher Bärenhitze, -kälte, -appetit, -hunger Bullenhitze arg teuer, fein teuer, furchtbar teuer, ganz hübsch (ganz schön) teuer; grässlich, hübsch, irrsinnig, kolossal, phantastisch, saumäßig, schauderbar, schön, schweinisch, sehr, überaus, übermäßig, unverschämt, verdammt, verflucht, verheerend, verteufelt teuer sie ist grässlich, irrsinnig, teuflisch schön er ist herrlich frech es war wahnsinnig interessant Hundeswetter, Dreckwetter, Schweinewetter, Sauwetter (für schlechtes Wetter) blitzschnell blitzdumm steinalt Bieridee (Schnapsidee) - ein nässischer Einfall, ein guter Einfall - 87 Bierruhe (große Unerschütterlichkeit) „Ich hätte ihm an den Hals springen können. Und du! So eine Bierruhe!“ Eine Pfundssache oder Pfundsleistung – eine ganz große Angelegenheit „Unser neuer Brigadier ist doch wirklich ein Pfundskerl!“ 7. Erklären Sie das Wesen der Periphrase. Was ist der Zweck der Periphrase in den nachstehenden Beispielen? 1. Sie dehnte sich und ging wieder mit ihren schönen Schritten durch Zimmer (statt: Gang, Gangart) 2. Lenz dagegen war jetzt und Feuer und Flamme (metaphorische Periphrase) 3. Die blauen Frühlingsaugen Schauen aus dem Gras hervor. Das sind die lieben Veilchen, Die ich zum Straus erkor. (H. Heine) 4. Bester Beweis einer guten Erziehung ist die Pünktlichkeit (Lessing) 5. „… der Held des Sanges in deutscher Sprache und Zunge; aber der letzte Meister des tönenden Leides, der Tonkunst holder Mund, der Erbe und Erweiterer von Händel und Bachs, von Haydn und Mozarts unterblichen Ruhme… (Beethoven) 7.1. Lesen Sie, bitte, die folgenden Periphrasen. Verwenden Sie diese in den Beispielen. - Eierkiste, Benzindroschke, Benzinkutsche, Benzinesel – für ein Auto oder Motorrad - Drahtesel, Stahlroß – für das Fahrrad - ein Lungenbrötchen oder Sargnagel - für eine Zigarette - ein Zahnschlosser oder Maulschuster – für Zahnarzt - der weiße Sport - der weiße Tod - der blaue Planet - 88 - der schwarze Tod - die schwarze Kunst - die weiße Kohl 8. Das Epitheton und seine Rolle. Erklären Sie, bitte, seine stilistische Funktion in den nachstehenden Beispielen. 1. „Schostakowitschs Musik zwingt zum Nachdenken; sie ist nicht selten tragisch akzentuiert, stellt den kühnen und vorwärtsdrängenden, selbstbewussten und kämpfenden, aber auch enttäuschten und leidenden Menschen in den Mittelpunkt, wahrhaftig und ohne Konflikte zu scheuen.“ (Aus dem Lehrtext) 2. „Schon die Namen all der gefleckten, gescheckten, getupften, gesprenkelten, gestreiften, gezackten oder ganz und gar nicht mehr zu beschreibenden Fische schienen von Jack London und Joseph Conrad erfunden.“ (H. Kant, „Ein bißchen Südsee“). 3. „Ihre schönen, blassen Hände, ohne Schmuck bis auf den schlichten Ehering, nähten in den Schoßfalten eines schweren und dunklen Tuchrockes, und sie trug eine silbergraue, anschließende Taille mit festem Stehkragen, die mit hochaufliegenden Sammetarabesken über und über besetzt war.“ (Th. Mann, „Tristan“) 4. „Das Gesicht war schmal und blaß, aber die großen Augen gaben ihm eine fast leidenschaftliche Kraft. Ich sah ihn genauer an. Er war ein schwerer, großer Mann mit dicken Augenbrauen über einem roten Gesicht; etwas prahlerisch, etwas lärmend, und wahrscheinlich gutmütig, wie Leute, die im Leben Erfolg haben.“ 5. „Frisch atmet des Morgens lebendiger Hauch, Purpurisch zucht durch düster Tannen Hitzen Das Junge Licht und äugelt aus dem Strauch In goldnen Flammen blitzen Der Berg Wolkenspitzen; Mit freudig melodisch gewirbeltem Lied - 89 Begrüßen erwachende Lerchen die Sonne, Die schon in lachender Wonne Jugendlich schön in Auroras Umarmungen glüht.“ (F. Schiller „Der Flüchtling“) 9. Erklären Sie, bitte, die Art der Epitheta in den nachstehenden Beispielen: 1. „Die Oberschule war die übliche preußische Backsteinburg mit Milchglasscheiben in der unteren Hälfte der schmalen hohen Fenster, mit dunklen Flusen und einem müssischen Hausmeister.“ 2. „Das Mädchen war so sicher und selbstverständlich. Ich hätte gern ein leichtes, spielerisches Gespräch geführt.“ 3. „Galilei, mein alt und halbblind, experimentiert mit einem kleinen Holzball auf einer gekrümmten Holzschiene, im Vorraum sitzt sein Mönch auf Wache…“ (B. Brecht „Leben des Galileis“) 4. „So siehst du dich schon eine kleine Ewigkeit: grosser, runder Schädel mit kurzem grauen Borsten, lila Äderchen an den Nasenflügeln, grossrosige Haut. Nur die blaßroten Bäckchen waren seit der Kindheit geblieben.“ 5. „Er verlief in einen schweren, dumpften Schlaf.“ Vorlesung № 9-10 Thema: Die Abarten der Metaphern. Die Metapher hat drei Abarten: 1) Die Personifizierung (Personifikation, Verlebendigung) ist die Übertragung menschlicher Eigenschaften, Merkmale und Handlungen auf tierische und pflanzliche Organismen sowie auf Nichtlebewesen. Pragmatischer Effekt dieses Stilistikums ist vornehmlich Bildkraft und Poetizität, aber auch Humor und Satire. - 90 Denken wir nur an die zu geschlissenen Szenen ausgebaute Verlebendigung der Natur in Heines „Harzreise“. Der Wald ist eine Familie von Lebewesen mit menschlichen Eigenheiten: die Ilse, der lachende und blühende Gebirgsbach – die weißen Birken als vergnügte und zugleich ängstliche Tanten des lieblichen Kindes – die hohen Buchen gleich ernsten Vätern – der Berg mit ruhigem Herzklopfen. Die Blumen flüstern zärtlich, die gelben Hirsche spazieren unter den Tannen, die Vögel singen abgebrochene Sehnsuchtslaute. Im selben Reisebild erzählt Heine von einer Uhr, die sehr rasch schlägt, fast keifend gell. Er überträgt also die schrille, scheltende Stimme einer zänkischen Frau auf den Glockenton. Stilistischer Ausdruckswert: Humor. 2) Von der Personifizierung im Dienst poetischer Verlebendigung und humorvoller bis satirischer Beleuchtung führt der Weg – oft mit unscharfer Abgrenzung – zur Allegorie. Die Allegorie könnte als besondere Form der Personifikation angesehen werden. Hier handelt es um körperhafte Verbildlichung von Ideen und abstrakten Begriffen, von Naturgeschehen und Naturgewalten (meist Verlebendigung in Menschengestalt). Wie bei allen metaphorischen Abarten, gibt es auch hier gemeinsprachliche und individuelle – einfache, erweiterte und ausgebaute Allegorien. Im Unterschied zur bloßen Personifizierung neigt dieses Stilistikum zu lehrhaften Tendenzen. Es bildet oft den gedanklichen Kern geschlossener Aussagen (Textsorten), die den Leser zum Nachdenken über wichtige Fragen des Lebens anregen (so etwa die mittelalterliche Allegorie der Frau Welt mit dem verführerisch schönen Antlitz und dem von Geschwüren bedeckten Rücken). 3) Die größte Schwierigkeit bietet eine exakte Abgrenzung zwischen der zweiten und dritten Abart der Metaphern, zwischen Allegorie und Symbol (Sinnbild). Obwohl sich diese beiden Stilistika in konkreten Texten oft überschneiden, versuchen wir doch, sie theoretisch auseinanderzuhalten: Als objektives Kriterium für die Unterscheidung der zwei tatsächlich eng miteinander verbundenen Stilfiguren gilt ihr Entstehungsweg. Wie schon gesagt, ist Ausgangspunkt der Allegorisierung ein abstrakter Begriff oder eine verallgemeinerte Vorstellung, für die der Sender eine - 91 Konkrete Einkleidung gesucht und gefunden hat. Die Idee, die durch die bildkräftige Verlebendigung zum Ausdruck kommt, ist in der Regel unschwer aus dem Kontext zu verstehen. In individuellen Allegorien ist der Grundbegriff oft im Namen der gewählten Figur enthalten. So finden sich im Personenverzeichnis eines österreichischen Volksdramas aus dem 19. Jahrhundert (F. Raimund, „der Bauer als Millionär“) unter anderen auch folgende Gestalten – der Morgen, der Abend, die Nacht, der Blödsinn, die Trägheit und mehrere andere allegorische Personen. Diese Gestalten können in den szenischen Anmerkungen auch genau beschrieben sein, wie etwa: Das Alter sätzt in einem alten Hausrock …, den Kopf mit einer Pelzschlafhaube bedeckt, die Füße in Polster gewickelt, auf dem Schoß einen schlafenden Mops und auf der Achsel eine Eule. Im Gegensatz zur Allegorie bildet den Ausgangspunkt zur Entstehung des Symbols eine konkrete Wirklichkeitserscheinung, meist ein Gegenstand, eine Pflanze, ein Tier, seltener ein Mensch; es können aber auch reale Vorgänge aus dem Leben der Gesellschaft als Basis des Symbols benutzt werden. Die explizite Mitteilung über das genannte reale Denotat ruft mehr oder weniger zwingend einen zusätzlichen unterschwelligen Sinn hervor, der in manchen Fällen eindeutig, in andern aber von unterschiedlichen Personen unterschiedlich aufgefasst werden kann. Gemeinsprachlich, daher allgemeinverständlich und allgemeingebräuchlich, sind beispielsweise Symbole, die durch Nennung konkreter Pflanzen impliziert werden: die Lilie ist das Sinnbild für Sanftmut und Unschuld, das Veilchen für Bescheidenheit, die Rose für Schönheit. 4) Als vierte Abart der Metapher sei die Synästhesie (griech. Zusammenempfindung) kurz besprochen. Darunter verstehen wir die Verschmelzung verschiedener Sinnesempfindungen, wobei eine von ihnen übertragene Bedeutung annimmt, z.B. seidene Stimme. Hier wird die Vorstellung durch Tast- und Gehörsempfindung gebildet (Vergleichsbasis: Weichheit). Metonymie ist die Semantische Gleichsetzung zweier Begriffe aufgrund einer Merkmals- und Namensübertragung, ein Austausch zweier Begriffe aus - 92 unterschiedlichen Sinnbereichen aufgrund räumlicher, zeitlicher, stofflicher und logischer Beziehungen. Hoher Frequenz erfreut sich die Metonymie auf der Basis eines Quantitätsverhältnisses, die sog. Synekdoche (griech. „Mitverstehen“). Diese Spielart der uneigentlichen Rede erscheint in mehreren Variationen, aber stets nominal ausgeformt. So wird anstelle des Ganzen ein wichtiger oder auffallender Teilgenannt, was meist Bildkraft bewirkt. Diese Übertragungen – sie heißen Teil für das Ganze (pars pro toto) – können gemeinsprachlich sein, im Alltagsstil stark verbindet: Mein Fuß (anstatt: ich) betritt nicht mehr diese Schwelle. Die Menge zählte tausend Köpfe. „Wieviel wird für das Picknick pro Kopf eingezählt?“ Eine besondere Gruppe der Stilfigur pars pro toto bilden die sog. Bahuvrihi. Es sind Possesivkomposita, die das Ganze (gewöhnlich ein Lebewesen) durch einen wesentlichen oder auffallenden Teil charakterisieren. Ihnen eignet in der Regel Bildkraft und emotionale bzw. logische Expressivität. Hierher gehören metonymische Zusammensetzungen mit adjektivischem Bestimmungswort, wie: Rotkäppchen, Grünschnabel (junger „Allesbesserwisser“), Langohr (Esel oder Hase), Blauwal (bis 30 Meter langer, bläulicher Wal). Daneben aber auch Komposita, deren erste Komponente ein Substantiv ist, wie etwa: Teerjacke (Seemann), Glatzkopf, Eierschädel u. ä. Wenn die Stilfigur Teil für das Ganze etwas Unwesentliches, Lächerliches oder Herabsetzendes heraushebt, dient sie als Mittel von Spott und Satire: Die Aktentasche eilte durch die Stadt. Nur im erweiterten Kontext kann determiniert werden, ob hier die Aktentasche ironisch als wichtiges Kennzeichen eines Bürokraten fungiert oder bloß als Büchermappe eines Studenten oder Schülers genannt wird. Vorlesung № 11-12 Thema: Syntax aus stilistischer Sicht. In der Syntax offenbaren sich die Stilunterschiede deutlicher als in der Morphologie. Man findet hier auch zahlreiche Größen mit absoluter stilistischer - 93 Bedeutung. Der Umfang einer sprachlichen Form steht in direktem Proportionalverhältnis zu ihrer Kombinations- und Variationsfähigkeit. Ein Satzbauplan bietet reichere Auswahl von Varianten als eine Wortgruppe, die ihrerseits variabel als eine Wortform ist. Je mehr Varianten zulässig sind, desto freier schöpft daraus die Stilistik. Stilistische Aufgabe der Wortfolge Der Wortfolge kommen einige Aufgaben zu: 1) die strukturbildende oder die grammatische Gestaltung der Satzarten und Wortgruppen, b) die kommunikative bei der Angabe der Thema – Rhema-Gliederung und c) die stilistische, die vor allem die expressive Hervorhebung einzelner Satzteile sowie die Auslösung gewisser Stileffekte bewirkt. Die letzten zwei sind voneinander nicht zu trennen und werden in ihrem Zusammenwirken behandelt. Die Wortfolge unterliegt gewissen Gesetzmäßigkeiten bei der Erfüllung ihrer stilistischen Leistung. Die erste Gesetzmäßigkeit: Die Anordnung der Elemente einer Mitteilung wird von ihrem Mitteilungswert bestimmt. Als Ausgangspunkt der Mitteilung tritt das Thema, die Basis, gewöhnlich in der Form des Satzsubjekts auf. Die übrigen Elemente reihen sich ihrem kommunikativen Gewicht nach ein. „Der höchste Wert tritt so weit ans Ende, wie es die festgewordene Satzform erlaubt.“ In der Satzfolge verwandelt sich das Rhema eines Satzes in das Thema des darauf folgenden Satzes; aus der Endstellung rückt es in die Spitzenstellung, während die Endstellung von einem neuen Rhema besetzt wird. Die zweite stilistische Gesetzmäßigkeit besteht im Wechsel der Ein- und Ausklammerung. Es sind zwei Parallelnormen, mit deren Hilfe ein Satz entweder als eine geschlossene Ganzheit oder als eine Reihe von Satzabschnitten gestaltet wird. Bei der Ausklammerung wird ein großer satzumfassender Spannungsbogen durch einige kleinere Spannungsbögen ersetzt. - 94 Dadurch entsteht die Lockerung der Satzstruktur. Wie aufgelockert und frei der Satzbau ist, zeigt folgendes Beispiel: Plötzlich keiner wusste so recht, wie es kam, fingen beide an zu lachen, verrückt und albern und toll (Heiduczek, Abschied von den Engeln). Dank der Ausklammerung wird dieser Satz in vier Abschnitte eingeteilt; zugleich wird der letzte Teil hervorgehoben, da nach der Entspannung, durch das Verb lachen ausgelöst, ein neuer Spannungsbogen einsetzt. Die Absonderung ist ein weiterer Begriff als die Ausklammerung; sie erfolgt auch in dem Falle, wenn die Rahmenkonstruktion fehlt. Die abgesonderten Satzteile werden strukturell und intonatorisch von dem übrigen Satz abgehoben. Sie können Vorderstellung, Nachstellung oder Zwischenstellung einnehmen: Unsicher von Natur, ist er infolge des überraschenden Empfanges doppelt linkisch (Feuchtwanger, Die Brüder Lautensack). Alle Männer, von Gang und Tisch gesprungen, stehen, starr die Augen zur Tür (A. Zweig, Der Streit um den Sergeanten Grischa). Der letzte Satz enthält zwei Absonderungen in Zwischen- und Nachstellung. Diese Zerstückelung des Satzes verleiht der Aussage Lebhaftigkeit, Ungezwungenheit der gesprochenen Rede, Dynamik; sie erleichtert das Verständnis. Von der relativen Selbständigkeit der ausgeklammerten und abgesonderten Gruppen zeugt die Möglichkeit, sie in Form von Sätzen zu isolieren: Heute nacht hat man eingebrochen. In der Fabrik (Borchert, Preußens Gloria). Das Holz, sagte er, ich muß ja das Holz haben. Für uns. Für morgen (Borchert, Das Holz für morgen). Man nennt solch eine Zerstückelung der Sätze Isolierung (auch Parzellierung oder absolute Absonderung), die isolierten Teile parzellierte Sätze. Sie verstärken einzelne Teile der Aussage. Sie können auch eine andere Wirkung erzielen, z. B. bei Feuchtwanger; Absonderungen aller Art kennzeichnen seinen Individualstil: Er klammert ein Einzelwort aus, setzt das abgesonderte Glied zwischen die Hauptsatzglieder Maurepas, höflich, sagte …, baut Ketten von isolierten Prädikaten auf Er richtete sich hoch, sprang auf, lief hin und her. Lachte. Spielte mit. Die Rede wirkt zerhackt, uneben, nervös. Die Ausklammerung findet sich in allen Stilarten. Ihre Quelle ist die Alltagsrede, die auf mündlichen Verkehr eingestellt ist. Der Ausklammerung liegt - 95 folgendes Prinzip zugrunde: Der Zeitwortrahmen darf nicht über Hörweite gehen, d.h. man muß den Rahmenanfang noch im Ohr haben, wenn der Rahmenschluß drankommt. Gewiß dürfen auch beim Schriftbild die Grenzen der Leitfähigkeit nicht überschritten werden. Man kann auch von einer nominalen Ausklammerung bzw. Auflockerung sprechen, wenn das adjektivische Attribut aus dem Vorfeld des Substantivs, wo es zwischen dem Geleitwort und dem Geleitwort und dem Kernwort eingeklammert ist, ins Nachfeld versetzt wird: Ein herrlicher wunderbarer Regen, kalt, klar, stürze aus dem schwarzen Himmel (Kellermann. Der 9. November). Ihre Stilwirkung betrifft schon die dritte Gesetzmäßigkeit, die die Abweichungen von der normativen Wortfolge in der Prosa betrifft und auf der Unvorhersagbarkeit beruht. Sie lautet folgenderweise: „Je stärker die Neigung des entsprechenden Satzgliedes zu einer bestimmten Stellung verletzt wird, desto stärker wird das verschobene Satzglied hervorgehoben.“ Das stimmt auch mit dem Grad der grammatischen Verknüpfung der Satzglieder überein. Die Prolepse (Neuansatz) besteht in der Wiederaufnahme eines in Spitzenstellung stehenden, abgesonderten Substantivs durch ein Pronomen oder Adverb: Die Nacht, das ist für dich die Ewigkeit (Kuba). Die Großmutter, sie wußte so viele Märchen zu erzählen! Aus der Alltagsrede stammend, ist die Prolepse eine Stilnorm in der Volkspoesie: Mein Schatz, der ist auf Wanderschaft (Volkslied). Die Prolepse verleiht der Rede Ungezwungenheit, emotionale Färbung, einen gewissen Rhythmus. Als Gegenstück zur Prolepse gilt der sog. Nachtrag. Darunter versteht man die Absonderung eines Substantivs oder einer Wortgruppe in Schlußstellung, während das Pronomen oder Adverb dem Substantiv vorangehen: Oh, dass sie ewig grünen bliebe, Die schöne Zeit der jungen Liebe (Schiller). Der Anwendungsbereich des Nachtrags deckt sich mit dem der Prolepse. Der Nachtrag im weitern Sinne des Wortes umfasst unterschiedliche Arten der Trennung und Absonderung solcher Teile der Aussage, die unmittelbar zueinander - 96 gehören. Der abgesonderte Teil kann wieder aufgenommen werden: Stepanov, hinter seinem Schreibtisch sitzend, die Hände vor sich ineinandergefaltet, den Körper aufgerichtet, mit dem gleichen strahlenden Gesicht, mit dem er tags zuvor den Tarator (eine Speise) angepriesen hatte, Stepanow sagte … (Heiduczek, Abschied von den Engeln). Die freie Apposition wird von ihrem Bestimmungswort getrennt und abgesondert: Man schleifte den Schutzhäftling gegen den Tanzplatz, den ersten eingefangenen Flüchtling (Seghers, Das siebte Kreuz). Sowohl Nachtrag als Prolepse sind Erscheinungsformen der syntaktischen Auflockerung, sie erleichtern den Satzbau, indem sie ihn in kleinere Syntagmen gliedern, zugleich heben sie die abgesonderten Teile hervor. Beide Stilfiguren ermöglichen die Änderung der Satzstruktur. Bei der Prolepse beginnt der Satz mit dem sog. Nominativ der Vorstellung, der das Thema der Aussage angibt; nachher folgt die Aussage selbst in einer ganz andern Satzkonstruktion: Schillers Sprache – es käme ihr eine eigene Betrachtung und eingehende Studie zu (Th. Mann, Versuch über Schiller). Auch bei dem Nachtrag kann die Kongruenz gestört werden: er wollte kämpfen gegen den Schlaf, der ihn von neuem überwältigte, ein unguter Schlaf (Seghers, das siebte Kreuz). Parenthese (griech. Dazwischenschalten) oder Einschub. So nennt man Schaltsätze, -gruppen, -wörter, die mitten in den Satz eingefügt werden, ohne formelle Verbindungselemente mit dem übrigen Teil des Satzes. Sie werden intonatorisch (auch graphisch) abgegrenzt. Die Parenthese kann expressiv oder nichtexpressiv sein. Als sachlicher erläuternder Vermerk ohne emotionalen Beiklang findet sie sich in allen Stilarten: … ihre ein wenig versonnene Art (sie trauerte damals um ihre Mutter) … all das machte einen tiefen Eindruck auf ihn (Kellermann, Der Tunnel). Die Parenthese kann auch emotionalen Inhalt und demnach expressiven Ausdruckswert haben. Sie enthält eine Bewertung: Die stolze Amalie, es war - 97 unglaublich, glaubte auch das Unglaubhafteste (Noll, Die Abenteuer des Werner Holt). Asyndeton und Polysendeton Unter dem Asyndeton (gr. Das Unverbundene) versteht man die konjunktionslose Anreihung mehrerer Wörter und Sätze, unter dem Polysyndeton (gr. das Vielverbundene) die mehrfache Verwendung von Konjunktionen (gewöhnlich ein und derselben Konjunktion). Beide Verbindungsmittel beziehen sich auf die Beiordnung sowie die Unterordnung. Beiordnung. Die Beiordnung betrachtet man als eine strukturell unwesentliche Erscheinung, weil sie nicht zum Hauptgerüst, sondern zur Erweiterung des Satzmodells gehört. Jede Beiordnung bildet eine offene Reihe, die fortgesetzt werden kann. Im Gegensatz zu ihrer grammatischen Bedeutung ist ihre stilistische Leistung überaus groß. Dazu einige typische Beispiele: Asyndetische Beiordnung: Gerüste tauchen in die Flut, schwimmen, Stricke, Säcke verbinden sich, Taue gleiten ins Wasser, strecken sich, ziehen, heben (Feuchtwanger, der Falsche Nero). Polysyndetische Beiordnung: Und es wallet und siedet und brauset und zischt (Schiller, der Taucher). Beiden Verbindungsarten sind zwei Merkmale eigen: Emotionalität und Dynamik. Sie unterscheiden sich dadurch, dass das Asyndeton zum Ausdruck einer stoßweise vorrückenden Bewegung dient, das Polysyndeton dagegen meist eine gleichmäßigrhythmische Bewegung widerspiegelt, da die Konjunktionen die Verbindung befestigen, „zementieren“. Bei dem Asyndeton verspürt man eine innere Hast, die den Sprechenden auf die Bindeelemente verzichten lässt; an Stelle der Konjunktion tritt die Pause, die Stimme bleibt im Hochton. So schildert Goethe den Dammbruch am Rhein: Der Damm zerschmilzt, das Feld erbraust Die Fluten wühlen, die Fläche saust (Johanna Sebus). - 98 Die polysyndetische Kettenbildung wird auch dann verwendet, wenn eine ständige Wiederholung der Vorgänge geschildert wird oder wenn der Erzähler ruhig dem Gang der Ereignisse nachgeht, z. B. in einem schlichten Kindermärchen oder in einer Kindererzählung, was sogar „Und-dann-Stil“ heißt: Und dann gingen sie in den Wald; und dann sahen sie eine alte Hütte, und dann klopften sie an … Die polysyndetische Kettenbildung ist häufig in den Texten archaistischer Prägung, z. B. in der Bibel, anzutreffen. Ein feierlicher, fast hymnischer Ton klingt in den Worten Werthers, der vom beglückenden Gefühl der Allverbundenheit erfasst ist. Durch das Asyndeton wird die Vielseitigkeit und Mannigfaltigkeit der dargestellten Handlungen, Erscheinungen, Gegenstände untermalt, z. B. bei der Beschreibung des Menschlichen Schicksals in knapper Form einer Aufzählung, wo jeder Begriff eine Lebensetappe symbolisiert oder eine verallgemeinernde Bedeutung gewinnt: Unter dem Vordach des Bahnhofs wartete Josef, der Dienstmann. Die rote Dienstmütze saß streng militärisch auf dem kahlen Haupt. Was hatte Josefs Rücken gebeugt? Die Koffer der Reisenden, das Gepäck der Jahrzehnte, ein halbes Jahrhundert Brot im Schweiß des Angesichts, Adams Fluch, Märsche in Knobelbechern, die Knarre über der Schulter, das Koppel, der Sack mit den Wurfgranaten, der schwere Helm, das schwere Töten (Koeppen, Tauben im Gras). Der semantische Gipfel liegt in der letzten Wortfügung. Dank der asyndetischen Verknüpfung gewinnt jede Wortgruppe relative Selbständigkeit und größeres semantisches Gewicht. Aber auch das Polysyndeton erreicht denselben Effekt; die wiederholte Konjunktion betont den Abstand zwischen den aufgezählten Begriffen: Vorbei sind die Kinderspiele, Und alles rollt vorbei, Das Geld und die Welt und die Zeiten, Und Glauben und Lieb` und Treu! (Heine). - 99 Seminar № 7 1. Stilistische Syntax und ihre Aufgaben. 2. Die Prolepse, Nachtrag, Parenthese. 3. Die Arten der Satzverbindung. Literatur: 2. E. Riesel „Deutsche Stilistik“. – M., 1975. – 314 S. Praktische Aufgaben zum Seminar № 7 STILISTISCHE LEISTUNGEN DER WORTSTELLUNG 1. a) Erklären Sie alle Fälle der Verwendung der stilistischen Wortstellung im nachstehenden Text. b) Transformieren Sie diese Modelle in gewohnheitsmäßige grammatische Modelle. Stellen Sie den Unterschied fest. 27. April 1936, 11, Lieber Herr Arnold Zweig, Ihrer gedenke ich oft, und Ihre Briefe liegen vor mir. Leider habe ich mehr zu tun, als ich eigentlich vertrage, und bin am Abend, wenn ich Ihnen schreiben möchte, oft recht müde. Mit großer Freude habe ich gehört, daß Sie sich, mit Ihren Freunden, meines Geburtstages erinnert haben. Weit fort, sehr weit fort hat man jetzt eher Freunde als ganz nahe. Am entferntesten liegt das Dritte Reich, eine sagenhafte Gegend; aber Sie werden es nicht glauben wollen, sogar dorther erreichte mich ein Glückwunsch — sogar im Namen mehrerer tausend Arbeiter. Das Papier hatte große Umwege gemacht; die Schrift war erst nach besonderer Behandlung hervorgetreten. So wird gelebt, so verkehren Menschen. Früher dachte ich, daß Stendhal vielleicht doch übertreibe im Mißtrauen gegen seine Zeitgenossen, und daß er zu sehr vereinfache, wenn er jeden coguin nennt. Heute weiß ich, daß beides richtig ist. - 100 Andererseits habe ich, infolge näherer Einsicht, einen ganz veränderten Begriff bekommen von der sittlichen Widerstandskraft der Deutschen: des wichtigsten Teiles von ihnen, und der wird, ich will es glauben, auch Angriffskraft finden. Wie lange soll denn dies unsägliche Regime sich noch erhalten können. Der Krieg wäre sein sicheres Ende; aber gerade darum hoffe ich, daß sein innerer Feind schon vorher den richtigen Zeitpunkt erfaßt, es zu stürzen. Auch wir hier bemühen uns, ich darf Sie dessen versichern; und die entstehende Volksfront wäre ohne uns schwerlich so weit gediehen. Drinnen aber sind schlechthin Helden: jetzt mache ich die Erfahrung und neige mich, was wohltut und unverwartet kommt.— Auf fremde Hilfe werden wir rechnen können, sobald wir uns selbst helfen: erst dann, und dann gewiß. Wenn wir deutsch schreiben, müssen wir zur Einigkeit ermahnen und die Opfer preisen. In anderen Sprachen ist es geboten, die Opposition als sehr stark und ihres Sieges sicher darzustellen. Übrigens sind von ihrem Siege noch Andere überzeugt, ich meine die Gewiegteren unter den Gangstern, z. B. Goebbels. Seine Reden verraten Angst, indessen „mein Führer" traumwandelt. Diese Dinge wollten Sie, glaube ich, von mir hören. Sonst schreiben wir unsere Romane. Wenn nur die ganz großen Schmerzen erspart bleiben! Ihrer gedenkend wünsche ich immer, daß Sie Besserung finden, sie womöglich schon gefunden haben möchten. Jetzt muß ich auch wünschen, daß die Unruhen dort Ihnen weder Unbequemlichkeit noch Kummer verursachen. Hat das Geld des Dritten Reiches mitgewirkt? Für jede Niedertracht haben diese Elenden plötzlich Geld. Der Frühling ist hier langsam, die cote d'azur nimmt an den grämlichen Zeiten teil. Vielleicht nimmt aber einer den Regenhimmel für blau, wenn er das erste Mal herkommt und womöglich erst dreißig ist. Ihre verehrte Gattin sollte von Frau Kroeger schon längst einen Brief bekommen. Die Schreiberin ist durch vielfache Tätigkeit bisher verhindert worden, aber sie grüßt herzlich. Ich füge meine Empfehlungen und Grüße für Sie Beide hinzu. Ihr H. Mann - 101 2. In den nachstehenden Sätzen wird die stilistische Anfangs- und Endstellung des Verbs illustriert. a) Welchen stilistischen Effekt bewirkt diese Wortstellung (Verlebendigung der Aussage, Gemächlichkeit, umgangssprachlicher Charakter, Archaisieren, Rhythmus, Reim usw.)? b) Transformieren Sie die gegebenen Modelle in gewohnheitsmäßige grammatische Modelle. Inwiefern verändert sich dann die Stimmung? 1. Sah ein Knab ein Röslein stehn... (J. W. Goethe) 2. Saß ich früh auf einer Felsenspitze... (J. W. Goethe) 3. Kommt ein Wanderer und sagt... (J. Hebel) 4. Reitet einmal ein Mann an einem Wirtshaus vorbei... (J. Hebel) 5. Geht ein Klingen in den Lüften... (J. Eichendorff) 6. Klingt im Wind ein Wiegenlied... (T. Storni) 7. Auf tat sich das Licht... (J. W. Goethe) 8. Und sogleich die Elemente Scheidend auseinanderfliehen. (J. W. Goethe) 9. Und keiner den Becher gewinnen will. Und der König zum drittenmal wieder fraget... (F. Schiller) 10. Aufsteigt der Strahl und fallend gießt Er voll der Marmorschale Rund... (C. F. Meyer) 11. An dröhnen die Koppel und lassen nicht Zeit dem "erregten Metall, daß es ausdröhne... (Th. Mann) 12. Entbehren sollst du? sollst entbehren! (J. W. Goethe) 13. Vergessen ganz mußt' ich den einen Sohn, Wenn ich der Nähe mich des andern freute. (F. Schiller) 14. Einen säubern Feierwams er trägt, Die Ruhe ihm neue Arbeit gebiert, Kräftig sie auf den Füßen steht, Grad, edel vor sich hin sie geht, Unser Meister dies alles ersieht - 102 In Hoffnungsfüll' ihr Busen steigt. (J. W. Goethe) 15. „Nicht wenig verwöhnt." Der Heimkehrer weist mit der Schulter auf mich. „Sieh dir seine Arme an!" Großvater packt mich. „Bei uns wird nicht geschmachtet." „Verwöhnt ist er, mein ich." „Ach was, verwöhnt! Soll er hungern bei fünfzig Morgen hinterm Pflug?" „Hast kein dürres Heimchen vorfinden sollen", mischt sich die Großmutter ein. (E. Strittmatter) 16. Am Fenster ich einsam stand... (J. Eichendorff) 17. Leise nur das Lüftchen sprach... (N. Lenau) 18. Das Herz mir im Leib entbrennte, Da hab' ich mir heimlich gedacht: Ach, wer da mitreisen könnte. (J. Eichendorff) 3. Versuchen Sie die angeführten Verse mit der üblichen Voranstellung "' des Adjektivs zu sprechen. Inwiefern verändert sich dann der Stil? 1. Doch kenn' ich ihre Schwester, Die ältere, gesetztere... (J. W. Goethe) 2. Wasser holen geht die reine, Schöne Frau des Hohen Brahmen, Des verehrten, fehlerlosen... (J. W. Goethe) 3. Alles geben die Götter, die unendlichen, Ihren Lieblingen ganz, Alle Freuden, die unendlichen, Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz. (J. W. Goethe) 4. In Höhlen wächst, in süßen, reichen, Der Honig sonnenklar. (Fr. Jünger) 5. Der schlanke Fuß, der leichte, Der mir das Liebste trägt, Ins Erdreich hat, ins feuchte, Sein Bildnis es geprägt. (C. F. Meyer) - 103 4. Vergleichen sie zwei Typen von nachgestellten Attributen, bestimmen Sie ihren Stilwert. Transformieren Sie die gegebenen Modelle in gewohnheitsmäßige grammatische Modelle. Stellen Sie den Unterschied fest. 1. Kaiserkron' und Päonie rot, Die müssen verzaubert sein... (J. Eichendorff) 2. Da wird ein Wohl im Weh, so süß und bang. (J. W. Goethe) 3. Frost! friere mir ins Herz hinein, Tief in das heißbewegte, wilde! (N. Lenau) 4.' Der hat ein armes Mädel jung Gar oft in Arm genommen (J. W. Goethe) 5. Röslein, Röslein, Röslein rot... (J. W. Goethe) 6. Im Dickicht rinnt ein Bächlein rot. (C. F. Meyer) 7. Da tritt herfür das Kätzlein klein Nachlässig schlürft dein Zünglein rot... (R. Huch) 8. Seht den Felsenquell, Freudehell, Wie ein Sternenblick. (J. W. Goethe) 9. Und Berge, wolkig himmelan, Begegnen unserm Lauf... (J. W. Goethe) 10. Der Himmel, blau und kinderrein, Worin die Wellen singen... (E. Mörike) 11. Dein Auge, gelb und wild, Wie Adleraugen sind... (F. G. Jünger) 12. Die Musikanten spielten wohl fort, aber nur noch einzelne Gestalten wankten auf und ab, demaskiert, nüchtern und übersatt. (J. Eichendorff) 13. ... stehen da die Standbilder deutscher Kaiser, räucherig schwarz und zum Teil vergoldet... (H. Heine) DIE SYNTAKTISCH-STILISTISCHEN VERBINDUNGSMÖGLICHKEITEN 1. a) Bestimmen Sie die lexischen und syntaktischen Verbindungsmittel zwischen den Sätzen. Welche expressive Stilfärbung verleihen sie der Aussage? b) Machen Sie ein stilistisches Experiment: ersetzen Sie lexische durch - 104 syntaktische Verbindungsmittel und umgekehrt. Wie verändert sich dann der Stil der Aussage? 1. Schüchlin überquerte die Straße. Er betrachtete das Fenster mit zugepetzten Augen und geblähten Nasenlöchern. Aus entgegengesetzter Richtung kamen der junge Merz und Christian Kunkel. Kunkel redete heftig auf den Merz ein. Sie erblickten die Leute, fragten und stellten sich dazu. (A. Seghers) 2. Plötzlich sprang er auf den Weg. Dann drehte er sich nochmal rum. »Vergiß die Eimer nicht." Darauf entfernten sich seine Schritte über den Kai. (A. Seghers) 3. Denn der Richtige saß schon oben auf dem Dach des Savoy hinter einem Schornstein. Dieser Richtige war Belloni, im gewöhnlichen Leben Anton Meier, aber wo war es hin, sein gewöhnliches Leben? Dieser Belloni, Artist, der Georg und seinen Genossen bis zuletzt fremd blieb... Belloni selbst war es nicht entgangen, daß er dem Georg fremd geblieben war. (A. Seghers) 4. Franz stand auf. Er steckte den Kopf so weit wie möglich aus dem kleinen Fenster. Es war vollständig still. Zum ersten Mal spürte Franz keinen Frieden in dieser Stille — nicht still war die Welt, sondern verstummt. (A. Seghers) 5. Jetzt war der Kopf des Vaters ganz nah, er war rund und komisch. Rund und blank und lustig waren die Augen, die Mädchen kicherten. Aber mittendrin in den blanken, lustigen Augen gab es Punkte, gar nicht lustig, die waren ganz spitz. (A. Seghers) 6. Ich sah ihn an. Er sah mich an. Wir schwiegen. Die Fremden, keine Pilger, redeten nach Babel Weise. Das Wasser rauschte Vergänglichkeit. Das war draußen. Hier summten Fliegen. Fliegen summten hier. Schmutzige Fliegen. (W. Koeppen) 7. All das war früher in seinen Augen und Abschweifendes. Früher, das war das Leben, in das er zurückwollte. Darum war er geflohen. Früher, so hieß das Land, das hinter der Stadt begann. Früher, so hieß sein Dorf. (A. Seghers) 8. Johann hatte lieber magere hochbeinige Mädchen, braune oder weiße. Die da war rund und rot... (A. Seghers) 9. Algeier hatte nichts übrig für die Roten. Er hatte für niemand was übrig. Sie hatten ihm bis jetzt nichts gebracht. Ihm brachte niemand was. (A. Seghers) - 105 10. „Nu, da bin ich wieder daheim in dem Scheißladen, nu, da bin ich wieder. Und sie haben den Krieg kaputtgemacht, unseren sauberen, anständigen Krieg haben sie kaputtgemacht." (A. Seghers) 11. Franz war gerade in Griesheim in die Kantine gekommen. Er hatte gerade erfahren, daß das Holzklötzchen verhaftet war. Und nun packt Anton sein Handgelenk und sagt, was er weiß. (A. Seghers) 12. Doch eines Tages im Monat Mai Kommen die drei Soldaten vorbei Die sehen den großen Haufen von Stein Und sagen: „Da gehen wir hinein." Und traben hinauf die engen Stiegen Die so laut schrein und sich gleich biegen Und schauen hinein in die dunklen Löcher Und sagen: „Hier wohnen, scheint's, lauter Verbrecher." Und sehen viele Leute drin: Mann, Frau und Kind Und daß wieder so viele in einem Zimmer sind. Und werden gleich ganz wutentbrannt Und stellen gleich die Leute an die Wand Und schießen schrecklich auf sie ein Und schießen alles tot und schrein: „Wer so wohnt, groß oder klein, Der will anscheinend erschossen sein." (B. Brecht) 2. Bestimmen Sie die stilistische Funktion der asyndetischen und polysyndetischen Verbindung in den nachstehenden Sätzen. 1. Endlich waren die Zeltdächer ausgespannt, übereinander auf den Leisten blühten rot und grün die Gewinne, die Schwänze der Karussellpferde starrten, die ersten Takte setzten ein, die vor Glück verrückt und heiser klangen. (A. Seghers) - 106 2. Die Leute zuckten zusammen, putzten sich, kamen auch herunter, gierig auf solche Happen von Freude, Kedennek kam auch herunter, er blieb hinter dem Schießstand stehen, da hingen solche Happen, gelbe und rote Gewinne, Kedenneks bleierne Brauen entriegelten sich. Er legte zum erstenmal lächelnd die Büchse an, zielte, wer weiß, vielleicht würde um seinetwillen die hölzerne Mühle zu klappern anfangen; er schoß — nichts klapperte, seine Brauen zogen sich wieder zusammen. (A. Seghers) 3. Mir nichts, dir nichts konnte man so eine spitzige, glänzende Sache im Reif haben, sie wurde unruhig, berührte zaghaft ihren Mann mit ihrem Ellenbogen, man konnte drei oder sechs Reifen auf einmal haben, die hing man sich in den Arm, man brauchte sie nur nacheinander zu nehmen und zu schnicken. Sie bettelte leise, Kedennek, der wollte nicht oder hörte sie nicht, sie gingen vorbei, ihr Gesicht schrumpfte noch winziger und gelber, ein dünner, zorniger, klagender Laut kam aus ihrer Kehle. (A. Seghers) 4. Aber der Träger meinte, das Krankenhaus würde sie [die Decke] behalten, und das Krankenhaus hatte genug Decken, und die Decke würde der Frau doch nicht wiedergegeben, und dem Jungen gehörte sie ebensowenig wie dem Krankenhaus, und das hatte genug. Seine Frau würde die Decke schon sauber kriegen und für Decken gaben sie heute eine Menge. (H. Böll) 5. Die beiden Träger waren ärgerlich, sie hatten vor einer Stunde schon ihren Dienst angefangen und noch keine Zigarette Trinkgeld gemacht, und der eine von ihnen war der Fahrer des Wagens, und Fahrer brauchen eigentlich nicht zu tragen. (H. Böll) 6. Charlotte stand am Fenster des langen Flurs, und sie wurde dauernd von hinten gestoßen und beiseite gedrängt, und es wurde viel über sie geflucht, aber wir konnten uns doch diese letzten Minuten, diese kostbarsten letzten gemeinsamen unseres Lebens nicht durch Winkzeichen aus einem überfüllten Abteil heraus verständigen ... (H. Böll) 7. Seňora... Als ich in deinem Alter war — das geht sehr schnell, Andri, du bist jetzt zwanzig und kannst es nicht glauben: man trifft sich, man liebt, man trennt sich, das Leben ist vorne, und wenn man in den Spiegel schaut, plötzlich ist es hinten, man - 107 kommt sich nicht viel anders vor, aber plötzlich sind es andere, die jetzt zwanzig sind ... (M. Frisch) 8. Und der Haifisch, der hat Zähne Und die trägt er im Gesicht Und Macheath, der hat ein Messer Doch das Messer sieht man nicht. (B. Brecht) 3. Nennen Sie die Mittel der syntaktischen Ordnung in den nachstehenden Sätzen. Bestimmen Sie ihre stilistische Funktion. 1. Der König sprach's, der Page lief, Der Knabe kam, der König rief... (J. W. Goethe) 2. Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern; Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar; Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr; Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht; Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht. (J. W. Goethe) 3. Was verkürzt mir die Zeit? Tätigkeit! Was macht sie unerträglich lang? Müßiggang! Was bringt in Schulden? Harren und dulden! Was macht gewinnen? Nicht lange besinnen! Was bringt zu Ehren? Sich mehren! (J. W. Goethe) 4. "Wenn ich meinen Freunden von ihm erzählte — ach, und sie belächelten meinen zärtlichen Überschwang, ich weiß —, dann sagte ich: Er ist schön, der schönste Junge, den ich kenne. Er ist klug, viel klüger als ich. Er hat sein Abitur mit Auszeichnung gemacht. Er ist der beste in seiner Seminargruppe. Die Mädchen laufen ihm nach. Er ist stark, ein gewandter Sportler. Er liest viel. Er geht oft ins Konzert. Wir lieben uns. (B. Reimann) 5. Gewiß, Hütten waren hier am Wege, so ist die Welt, nicht zu erwarten gewesen; entblößte Armut war an diesem Platz, so ist die Welt, nicht zu dulden gewesen; Bettelmönche, die um Brot und um des Herrgottswillen blecherne Schüsseln - 108 hinhalten, sind wohl ausgestorben, so ist die Welt; aber diese Neubauten, diese Häuser, die von kluger Bodennutzung und gelungener Spekulation sprachen, waren sie nicht allzudeutlich ein Triumph dieser Welt und ein spätes Siegesmal Simons des Zauberers, der mit Petrus in dieser Stadt gerungen hatte? (W. Koeppen) 6. ...da erblickte ich plötzlich sie! Sie trug ihr blauseidenes Kleid und den rosaroten Hut, und ihr Auge sah mich an so mild, so todbesiegend, so lebensschenkend... (H. Heine) 7. Bald gras' ich am Neckar, bald gras' ich am Rhein, bald hab' ich ein Schätzchen, bald bin ich allein. (Volksdichtung) Vorlesung № 13 Thema: Satzarten nach der Zieleinstellung des Sprechenden. Nach der Zieleinstellung des Sprechenden unterscheidet man: Aussagesatz: der Sender dem Empfänger eine Information Vermittelt; Fragesatz: der Sender die ihm fehlende Information von dem Empfänger erhalten will, Aufforderungsatz: der Sender den Empfänger zu einer Tat anregen will. Den Ausrufesatz schließen nicht alle Grammatiker in diese Reihe ein, man betrachtet ihn eher als eine emotionale Abart der erwähnten Sätze, doch gibt es auch gewisse Gründe, ihn als eine vierte Art den übrigen drei gleichzusetzen. Die von dem Sprecher bezweckte Redeabsicht ist eine andere – Gefühlsäußerung über eine Information: Wie herrlich leuchtet mir die Natur! (Goethe) oder ein emphatisch ausgedrückter Wunsch: Hätte ich Flügel!, manchmal eine undifferenzierte, doch immer emotionale Äußerung: Oh! Und ob! Unter dem stilistischen Aspekt ist der Ausrufesatz äußerst wirksam. - 109 Da die Aussagesätze stilistische Nullfärbung haben, die Aufforderungssätze im Zusammenhang mit den Modi behandelt wurden, beschränken wir uns hier auf den Stilwert der Ausrufe- und Fragesätze. a) Der Ausrufesatz gestaltet sich in mannigfaltigen Satzbauplänen; bald kleidet er sich in die Struktur eines Fragesatzes mit Spitzenstellung des Verbs oder einem Fragewort: Bin ich glücklich! Wie alt sieht er aus!, bald nimmt er die Form eines Nebensatzes an: Ob ich ihn kenne! Dass ich nicht lache! Wie er sich anstellt!, bald fällt er strukturell mit einem Aussagesatz zusammen: Das nenne ich eine Überraschung! Zahlreich sind eingliedrige und elliptische Ausrufesätze: Hurra! Hilfe! Feuer! I wo! Die Sprache verfügt auch über besondere nur den Ausrufesätzen einige Modelle, die man eigentliche Ausrufesätze nennt: So ein Schwindel! Was für ein Mädchen! Welche Freude! Im Ausrufesatz steckt oft eine implizite Verneinung; z. B. bei einer Wiederholung: „Verwöhnt ist er!; mein ich. „Ach was, verwöhnt!“ (Strittmatter, Tinko). Implizite Verneinung enthalten auch die Modelle: Er und ein Lügner! Er und lügen! Der und geschickt! Die Wirkung entsteht aufgrund der Unvereinbarkeit der Person (bzw., des Gegenstands) mit der ihr zugesprochenen Eigenschaft vom Standpunkt des Sprechers aus. Allen Satzbauplänen ist ein Zug gemein: eine spezifische Tonführung, die den Ausrufesatz prägt und zu seinem Gehalt ein zusätzliches Sem hinzufügt – das Bewertungssem. Welche Bewertung realisiert wird – Bewunderung oder Missbilligung, Freude, Zorn oder Ironie – hängt von der Situation, Lexik, Intonation ab. Wesentlich ist, dass der Ausrufesatz den Sachverhalt immer mit innerer Anteilnahme zum Ausdruck bringt, deshalb besteht er oft aus einer Interjektion oder einem interjektionsartigen Wort (bzw. Wortgruppe) oder schließt sie in sich: O Erd!, O Glück!, O Lust! (Goethe). Verflucht! Donnerwetter! Pfui! In der Sachprosa und in der Wissenschaft werden Ausrufesätze vermieden. Ihre Funktionsbereiche sind Alltagsrede, schöne Literatur, Appelle und Losungen. Für - 110 Appelle und Losungen ist der Ausrufesatz eine natürliche Satzform: Die Freundschaftsbande festigen! Die Liebe zum Buch wecken! Es lebe die Freiheit! Die Erregtheit, Leidenschaftlichkeit, Ekstase drängen den Sprecher zum Gebrauch der Ausrufesätze. Vgl. einen Absatz aus dem Einleitungsbrief von Werther, wo in Übereinstimmung mit der sentimentalen Gefühlslexik die Ausrufesätze dominieren: Wie froh bin ich, dass ich weg bin! Bester Freund, was ist das Herz des Menschen! Dich zu verlassen, den ich so liebe, von dem ich unzertrennlich war, und froh zu sein! Ich weiß, du verzeihst mir`s … O was ist der Mensch, dass er über sich klagen darf! (Goethe). Der Ausrufesatz als eine affektive Satzform findet sich in der Lyrik oft von einer Interjektion eingeleitet: Ach, meine Liebe selber zerfloss wie eitel Hauch! (Heine). Die Anrede in Form eines Ausrufesatzes verhilft zur Personifizierung des Leblosen: Vollblühender Mond! In deinem Licht, Wie fließendes Gold, erglänzt das Meer (Heine). Die Sachprosa vermeidet den Ausruf. In den Stil der Wissenschaft dringt er selten ein, nur im Fall, wenn Streit und Polemik einsetzt. So lässt die Überschrift einer Abhandlung Stilkunde? Stilkunde! Sofort auf erregte Diskussionsstimmung des Autors schließen. Auch in der Werbung verwendet man Ausrufesätze zur Steigerung der Aussage: Wenn Sie eine kleine Freude machen wollen! (Zigarettenwerbung). Was wäre der Tag ohne dich! (Bäckerwerbung). b) Der Fragesatz enthält kein Bewertungssem; sein Hauptsem ist „Frage“. Er verfügt über seine eigenen Satzbaupläne, die in Übereinstimmung mit der entsprechenden Tonführung dieses Sem zum Ausdruck bringen. Außerdem besitzt er als Hintergrundseme das Sem „Aufforderung“ (Anstieß zu einer Reaktion: Informations- oder Handlungserwartung) und das Sem „Mitteilung“. „Eine Frage sucht eine Ergänzung zu einer Information oder die Stellungnahme (Annahme oder Ablehnung) zu einer Information.“ „Die Entscheidungsfrage legt dem Partner eine Information vor, um von ihm zu erfahren, ob er sie (so) gelten lässt …“ - 111 Unter Umständen erfolgt eine Umgruppierung von Semen, so dass ein Hintergrundsem in dem Vordergrund rückt und ausschlaggebend wird. Dann verwandelt sich eine echte (eigentliche) Frage in eine Aufforderungsfrage oder eine rhetorische Frage. Seminar № 8 1. Die stilistische Charakteristik der Satzarten. 2. Der Fragesatz: Typen und Stil. Charakteristik. 3. Die Funktion der Satzarten im Text. Literatur: 1. Тимченко Є.П. Порівняльна стилістика німецької та української мов. Навчальний посібник. – Вінниця: Нова Книга, 2006. – 240 с. Praktische Aufgaben zum Seminar № 8 I. Bestimmen Sie, bitte, die Art der Verbindung der Sätze. Welche Mittel dienen diesem Zweck. 1. „Hinter ihm lauert es wieder, das Verschwiegene, Verborgene, die feuchten Tage des Grauens, die Öde, der Schmutz, die Fetzen verwesten Daseins, die verirrte Kraftmeierei eines ziellos abschnurrenden Lebens – aber hier vor mir im Schatten, bestürzend nahe, der leise Atem, die unfassbare Gegenwart. Wärme, klares Leben, ich musste es halten, ich musste es gewinnen…“ (E.M. Remarque, „Drei Kameraden“) 2. „Nie werde ich dieses Gesicht vergessen – nie werde ich vergessen, wie es sich schweigend erfüllte mit Zärtlichkeit und Zartheit, mit einer leuchtenden Stille, als erblühe es – nie werde ich vergessen, wie ihre Lippen mir entgegenkamen, wie ihre Augen sich den meinen näherten, wie sie dicht vor mir standen und mich - 112 ansahen, tragend, ernst, groß und schimmernd – und wie sie sich dann langsam schlossen, als ergäben sie sich…“ (E.M. Remarque, „Drei Kameraden“) II. Stilübungen im Zusammenhang mit dem grammatischen Bau 1. Geben Sie stilistische Analyse der nachstehenden Sätze: 1. Inzwischen war das umstrittene Flugzeug näher gekommen. „Ein Russe! Ganz eindeutig eine Ant-2 mit Kufen. Sicher von ’Mirny’„. 2. „Ich kenne sie nur flüchtig, eigentlich nur vom Sehen.“ – „Ein sehr tapferes Mädchen. Ich schätze sie sehr“, warf Weißing ein. „Ein gradliniger Charakter“, fügte er noch hinzu. 3. „Ihr Gehirn paßt in eine Kaffeetasse, Schlaf, verdammtes!“. 4. „Sauhund! Verräter! Sanitärer! Sanitärer!“ 5. „Einen Augenblick!“ 6. „Noch einen Schnaps vorher! Ein Bier.“ 7. Heute bettelt Mathias anhaltend: „Vati, Geschichte!“ und Vati erzählt vom Häschen Langohr. 8. Rosses Stimme: „Hühnchen! Frische Picklewooder Hühnchen! Kauft Hühnchen!“... Plume: „Hierher. Hühnchen! Hierher, schönes Kind.“ Rose: „Ein Hühnchen, Sir?“ Kite: „Alles dem Captain zeigen!“... Stimme der Wirtin: „Du weißt ganz genau,daß du nicht in die Zimmer der Offiziere darfst.“ Roses Stimme: „Ich habe doch nur meine Hühner verkauft.“ Stimme der Wirtin“ „Hühnchen, Hühnchen! Ich kenne diese Hühnchen!“ 9. „Sieh mir die Augen. Klare, schöne Augen.“ 10. Die arme Mutter! Sie lebte in ihrem angenehm gelegenen Hause, geschützt von allen, die sie kannten; ihre Spender slanden jetzt ansehnlich in den Listen der öffentlichen Sammlungen.“ 2. Bestimmen Sie den funktionalen Unterschied in folgenden Beispielen: 1. „Warum gehst du nicht mit?“ – „Kein Geld.“ 2. „Kein Aas! Wo mögen sie alle stecken!“ 3. „Was will der von uns?“ – „Keine Ahnung.“ 4. „Hast du getrunken?“ – „Kein Tröpfchen.“ 5. „Probieren Sie dieses Törtchen.“ – „Keine Süßigkeiten!“ 6. „Ich habe doch keine Beweise.“ – „Keine Beweise?! Das spielte sich doch vor Ihren Augen ab!“ 7. „Kein Alkohol! Nichts Gewürztes! Sonst steht es schlecht um Ihre Niere, wieder schlecht.“ 8.“Darf ich mal ganz menschlich sein?“ – „Bitte, keine Hemmungen“, wird sie ermuntert. 9. “Keine Bange.“ - 113 3. Machen Sie syntaktische Analyse der nachstehenden Sätze. 1.“Wenn ich es nicht bis acht schlaffe, ist es zu spät!... Diese Schande! Bring das Ding her! Du hundsgemeiner Lump!“ 2. „O diese Männer!“ 3. „Ein ehrlicher Mann sagt aus freien Stücken, wie es um ihn bestellt ist. Aber du – solche Niedertracht. Für so gemein hätte ich dich nicht gehalten.“ 4. „So ein Schubiack, ein stinkiger Geizkragen und das will ein Arbeiter sein!“ 5. Jeanne,mit übertriebenem Bedauern: „Nein! Welch unersetzlicher Verlust für uns!“ 6. Sargnägelchen: „Arme Anna... sie war eine Frau wie ein Sonntag.“ 7. „Dieser humorvolle, derbe, tapfere Schauermann... ein Spitzel? Völliger Irrsinn.“ 8. „Schmidt ist ehrgeizig. Keine schlechte Eigenschaft übrigens.“ 9. Da bemerkt sie den deutschen Offizier und erkennt Klaus: „Ah, unser galanter Ritter!“ 10. „Ich habe erst vorige Woche einen guten Mann wieder wegschicken müssen. Ganz gesunder Kerl noch.“ 11. „Ich sehe es deinen Augen an.! – „Menschenkenner.“ 12. der Arbeiter blickte auf den Hut, dann auf Emerich. Es sah aus, als hätte er die Sprache verloren. „Danke“, knurrte er und stülpte sich den Hut auf den Kopf. 4. Bestimmen Sie das Syntaktische Verhältnis der Frage – Antwortsätze. 1.“Wie geht es rosa?“ –„Rheuma.“ 2. „Von welchem Frontabschnitt kommen Sie?“ – „Malaga.“ 3. „Wo hast du denn die (Mütze) her?“ – „Eingetauscht.“ 4.“Sind Sie Mitglied der Nationalsozialistischen Partei?“ – „Ah, wocher denn! Mit den Leuten will ich nichts zu tun haben.“ 5. „Nun, und weiter?“ –„Ich habe gesagt, daß Herr Oskar den Molitor umgebracht hat.“ 6. „Sie waren in Begleitung?“ – „Mein Bruder.“ 7. „Bist du denn vorbestraft?“ – „Dreimal.“ 8. „Aber wie kam Carlo denn nach Oviedo?“ – „Er ist hingefahren.“ 9. „Sie haben einen Befehl?“ – „Leichtes Handgepäck von Herrn Leutnant abholen!“ 10. „Der junge Mann ist wohl arbeitslos?“ – „Kurzarbeit.“ 11. „Ist das deine (Handbremse)?“ – „Bloß gepumpt.“ 12.“ Meinst du, er schmeißt uns `raus?“ – „Jede Wette.“ 13. „Sind Sie Herr Viktor Keil?“ – „Zu dienen“, antwortete der Angesprochene gleichgültig. – „Kontinentaler Anwalt?“ – „Gewesen.“ 14. „Wohnt er in einem Schloß?“ – „Gehabt! Gehabt!“ – erwiderte er. 15. „Du hast wenig Hoffnung?“ – „Keine“. 16. „Krieg ich meine fünf - 114 Mark?“ – „Zwei. Hier.“ 17. „Wollen Sie mir einen Gefallen tun?“ – „Jeden, Herr Holden.“ 18. „Hast du keinen Hunger?“ – „Wenig.“ 19. „Ist Ihre Frau hier? „ – „zur Kirche.“ 5. Geben Sie syntaktische Analyze der Befehlssätze. 1. Böse zischte die Alte ihm zu: „Schweig du!“ 2. „Den soll Vater beschaffen; bleib du jetzt bei mir!“ 3. „Stören Sie mich nicht mehr.“ 4. „Denken wir auch an unsere Familien, Kollegen!“ 5. Alles herhören! 6. Jedermann tritt näher! 7. „dann wollen wir unser Fest feiern!“ 8. „Mach, dass du `raus kommst!“ 9. „Na, terten die Herrschaften näher!“ 10. „stell sich mal einer an die Tür!“ 11. „Sage mir keiner, hier werde nicht etwas mitgeteilt!“ 12. „..., daß Zipora – geachtet sei ihr Name – einem Manne wie mir nicht mehr die nötige Entspannung zu bieten hat.“ 13. „Rette sich, wer kann! Man muß den Stiernacken übertrumpfen!“ 14. „Der Teufel hole mich wenn dort nicht die Rinnlingen dahergefahren kommt.“ 15. „Gott helfe mir, es ist mir nicht zuteil geworden!“ 16. „Man lache nicht!“ „Man stelle sich ihre Bestürzung vor.“ 17. „Nur so viel sei gesagt, daß ich mit großer Genauigkeit... zu Werke ging.“ 18. „Er gene nach und bescheide sich.“ 19. er dröhnt mit Donnerstimme: „Wer hier keine Verrichtung hat, zurückgetreten!“ Bischof: „ Du kennst mein Herz. Ach, daß ich die Menschen lieben könnte!“ 20. Samael (aufschreiend): „...o daß ich dich herabreißen könnte und dich treten ins Antlitz!“. 6. Versuchen Sie die angeführten Verse mit der üblichen Voranstellung des Adjektivs zu sprechen. Inwiefern verändert sich dann der Stil? 1. Doch kenn` ich ihre Schwester, Die ältere, gesetztere... (J.W. Goethe) 2. Wasser holen geht die reine, Schöne Frau des Hohen Brahmen, des verehrten, fehlerlosen... (J.W.Goethe) 3. Alles geben die Götter, die unendlichen, Ihren Lieblingen ganz, - 115 Alle Freuden, die unendlichen, ganz (J.W.Goethe) 4. In Höhlen wächst, in süßen, reichen, Der Honig sonnenklar. (Fr. Jünger) 5. Der schlanke Fuß, der leichte, Der mir das Liebste trägt, Ins erdreich hat, ins feuchte, Sein Bildnis es geprägt. (C.F.Meyer) 7. Nennen Sie Mittel der syntaktischen Auflockerung und bestimmen sie ihre stilistische Wirkung. 1. Paul konnte sich noch erinnern, wie Heidlich im November achtzehn frisch aus den Frontlazarett in escherscheim aufgetaucht war; hohläugig, auf zwei Stöcken, gewillt, das Land zu verändern. Er, Paul, war um jene Zeit angelernt worden. (A.Seghers) 2. Da droben auf jenem Berge, da steht ein hohes Haus; Da schauen wohl all frühmorgen Drei schöne Jungfrauen heraus Die eine, die heißt Susanne, die andere Annemarie, Die dritte, die tu ich nicht nennen, die sollte mein eigen sein. (Volkslied) 3. Wir Kleinen aber, die wir nicht so intimen Umgang pflegen können mit den Großen der Vergangenheit, wovon wir nur selten die Spur und Nebelform sehen, für uns ist es vom höchsten Werte wenn wir über einen Großen so viel erfahren, daß es uns leicht wird, ihn ganz lebensklar in unserer Seele aufzunehmen... (H.Heine) 4. Sie stiegen in dem engen Treppenhaus wie in einem halbdunklen Schacht empor, zuversichtlich und ohne Aufenthalt. (Th. Mann) - 116 8. Mit welchen grammatisch-stilistischen Mitteln wird in den nachstehenden Beispielen die Kürze des Ausdrucks erreicht? 1. Der erste Bewerber trat ein groß, aufrecht, etwa fünfzigjährig, den hellen überzieher über dem Arm, den Hut in der Hand. (D.Noll) 2. Müller unterhielt sich mit Doktor Hagen, saß behaglich im Sessel, den kalten Zigarrenstummel zwischen den Fingern. (D.Noll) 3. Der Junge ließ sich betrachten, die Türklinke in der Hand. (A.Seghers) 4. Zwei Passagiere liefen ins Haus, kamen zurück, eine Frau zwischen sich. (A.Seghers) 5. Holbein der Jüngere, Hans. Deutscher – Gebohren 1497/ 98 zu Augsburg, gestorben 1543 zu London. Maler und Zeichner für den Holzschnitt. „Schüler seines Vaters Hans Holblein des Älteren zu Augsburg. Tätig in Basel (seit 1515), einige Zeit zu Luzern 1518 vermutlich in Oberitalien, seit1526 in London... (gemälde der Dresdener Galerie, Katalog) Vorlesung № 14 Thema: Stilistische Syntax als Mittel der Ausdruckskraft In der Syntax sind alle Elemente stilistisch markiert. Alle von ihnen haben eine formelle Ausdruckskraft der Struktur. Gerade diese ausdrückliche Möglichkeit der Struktur bildet die Gründe für Stilwert. Zum Unterschied von der Sprachgrammatik, Syntax interessiert sich für die Mehrdeutigkeit der angegebenen stilistischen Strukturen und für die möglichen Weisen ihres Gebrauchs. Es sei unterstrichen, dass jeder Satz eine große Menge von ausdrücklichen Mitteln besitzt, besonders in den Werken von Remarque. Alle syntaktische Mittel teilt man in syntaktisch-ausdrückliche Mittel und syntaktisch-ausdrückliche Handgriffe (SAH). Unter Sah versteht man: - 117 1) normative Strukturen des Ausdruckskraft, die mit Hilfe des Kontextes erklärt werden (z.B. Das sind bei Remarque der Typ der Tonart, der Nacherzählungsplan, der Typ der kompositionel-sprachlichen Gestaltung). 2) Syntaktische Strukturen, die einen bestimmten und manchmal einen abstrakten Charakter haben. Diese Strukturen sind nicht nur für die Werke von Remarque typisch. Viele Schriftsteller gebrauchen diese Handgriffe (wie, z.B. die Lange der Sätze, die Wortfolge im Satz, semantische Typus der Satz) zum Ausdruck ihrer Gedanken, ihres Gesichtskreises, ihrer Verhältnisse zu den handelnden Personen. 3) Unter stilistische Strukturen versteht man ungewöhnliche Kombinationen, Verbindungen, die Stellung der Strukturteile in den Rahmen eines Satzes und in den Rahmen ganzes Textes. Für die stilistische Syntax sind folgende Begriffe charakteristisch: der Umfang der Sätze, die Verletzungen der Satzstruktur, die Inversion, die Veränderung der Satzstruktur. Jeden diese Begriffe betrachtet man in diesem Kapitel ausführlich, weil sie eine große Rolle in der syntaktische Analyse spielen und einen besonderen Platz in den Werken von Remarque fanden. 1. Der Umfang der Sätze Der Umfang der Sätze ist einen qualitativen Charakteristiken der syntaktischen Ausdruckskraft. Er hängt von der Sprachart, vom Ziel des Gebrauchs und von der Sphäre dieses Gebrauchs, auch von den individuellen Besonderheiten ab. Man unterscheidet kurze Sätze, Mittelsätze und lange Sätze. Es sei unterstriechen, dass es im Roman „Drei Kameraden“ alle diese Satztypus gibt. Es gibt die ganzen Seiten, Kapitel, die in sich nur die kurzen Sätze enthalten. Der Schriftsteller gebraucht sie als Hauptmittel zur Bildung der besonderen gefühlsbetonten Sphären. Er will damit zeigen, was umgeben seinen Helden ist, wie es auf ihre innere Welt und was ihre Taten bestimmt. Und, im Gegenteil, die ganze Absätze können nur aus einem langen Satz bestehen, der aber eine wichtige - 118 informationelle Funktion erfüllt. Man kann das anschaulicher anhand der Beispiele aus dem Roman betrachten. Der kurze Satz besteht gewöhnlich aus 3-5 einfachen Satzgliedern: Subjekt, Prädikat, Objekt und manchmal Adverbialbestimmung. Dazu gehören auch Satzgefüge und Satzfolge, die nur einen Nebensatz haben. Z.B.: 1) „1919. Wieder zu Hause. Revolution. Hunger. Draußen immerfort Maschinengewehrgekratter. Soldaten gegen Soldaten. Kameraden gegen Kameraden.“ (In diesem Beispiel zeigt der Autor nicht die Genauigkeit der Ereignisse, sonder auch das Verhältnis zu ihnen. Wenn der Mensch sehr aufgeregt ist, kann er oft seine Gedanken mit einem vollen Satz nicht äußert. Seine Rede besteht aus Wörtern, die er sogar nicht verbindet. Das kann man anschaulich in dem ersten Beispiel sehen.) 2) „Licht. Unerträgliches, grelles Licht. Menschen. Der Arzt. Ich öffnete langsam meine Hand. Pats Hand liegt herunter. Blut. Ein verzerrtes, erstrichtes Gesicht. Qualvolle, starre Augen. Braunes, seidiges Haar.“ (In diesem Beispiel dienen die kurzen Sätzen, die manchmal aus einem Wort bestehen, zum Schatten der photographischen Beschreibung, die die inneren Stimmungen des Helden wiedergeben.) Die Mittelsätze haben 4-7 Satzglieder und von 10 bis 25 Spracheinheiten. ES sei unterstriechen, dass die Mittelsätze in der Literatur (auch in den Werken von Remarque) vorzüglich sind. Sie sind genügend umfangreich, um alles Wichtiges in sich einzuschießen. Dieser Satztyp lässt sich auch gut verstehen. Manchmal schließt in sich dieser Satztyp verschiedene Präzisierungen (wie, z.B., Partizipgruppe, Infitivgruppe, Atributgruppe, Adverbialgruppe) ein. Diese Sätze dienen als ein guter Grund für die Mehrdeutigkeit der normalen syntaktischen Struktur, weil sie viele Möglichkeiten haben, die Sätze zu erweitern, zu kombiniere, ohne Vergrößerung der Lage zu gebrauchen. Man kann sagen, dass dank ihnen die Steriotipien aus der Rede und besonders aus einem Literaturwerk verschwinden. Aber es sei auch betont, dass diese Sätze nur eine informationelle Funktion und keine stilistische erfüllen. - 119 Remarque äußert mit ihnen keine Besonderheiten der Rede, er beschreibt nur die Ereignisse oder seine Helden. Z.B.: 1) „Ferdinand ging heran, um die Staffelei etwas herumzurücken.“ 2) „Ich blieb am Fenster stehen und sah mich um.“ 3) „Endlich gelang es ihm, sich frei zu machen.“ Die langen Sätze. Für sie ist eine große Rolle die Zahl der Mitglieder, der Nebensätze und überhaupt ist für sie eine erweiterte Struktur typisch. Es gibt keine Regeln, die die Zahl der Mitglieder und der Nebensätze bestimmen. Das hängt von dem Schriftstellershandgriff, von der Spezifik des Textes und von den Kommunikationsbedingungen ab. Die langen Sätze sind immer bei Remarque stilistisch-markiert. Sie sind immer auffallend und besonders unter den Umständen, daß Remarque seinen Vorzug den kurzen und Mittelsätzen gab: Z.B.: 1) „Der Mann am Steuer hatte inzwischen all seinen Hochmut verloren; ärgerlich, die Lippen zusammengepresst, saß er vorbeugend da – das Rennfieber hatte ihn gepackt, und plötzlich hing die Ehre seines Lebens davon ab, um keinen Preis gegen den Klätter neben sich klein beizugeben.“ (Hier ist die Aufregung des Fahrers auffallend, deshalb ist seine Anstrengung mit langen Satz geschrieben.) 2) “Da saßen sie rings um den Tisch, die Arbeiterinnen im Weinberge Gottes, die Untrüglichen Menschenkennerinnen, die Soldaten der Liebe – Wally, die Schöne, der man neulich bei einer nächtlichen Autofahrt den Weißtuchs gestohlen hatte, - Lina mit dem Holzbein, die den plattfüßigen Alois liebte, obschon sie längst eine eigene Wohnung hätte haben können und einen Freund, der sie aushielt; Margot mit den roten Backen, die immer in Dienstmädchentracht ging und damit elegante Feier fing...“ (In diesem Beispiel enthält der Satz eine Erzählung. Der Schriftsteller machte das absichtlich: er wollte zeigen, wie eng diese Leute durch die Ähnlichkeit ihrer Schicksale, durch die Miseren des Lebens mit einander verbunden waren.) - 120 2. Die Verletzung der Satzstruktur Jeder Text ist eine bestimmte Struktur und für diese Struktur sind bestimmte, syntaktische Verhältnisse typisch. Die Mehrheit der Sätze sind in der deutschen Sprache die beendeten Aussagen. Solche Sätze haben eine strenge Wortfolge und Gesetz, nach deren die Mitglieder der Sätze miteinander verbunden sind. Aber man unterscheidet dabei viele Handgriffe der Satzstrukturverletzungen. Unter den Regeln, die den deutschen Satz charakterisieren, treten diese Handgriffe in allen Werken anschaulich ein. Man bezeichnet folgende Verletzungen der Satzstruktur: als Anakoluth. Das Anakoluth ist ein stilistischer Handgriff, der mit der Verletzung der richtigen syntaktischen Verbindung zwischen Satzgliedern, die zueinander nach dem Sinn aber nicht nach den grammatischen Regeln passen, verbunden ist. Das ist das syntaktische Anakoluth. Man unterscheidet auch das semantische Anakoluth, das in sich alle Arten der lexische Allogismen einschließt. Die Veränderung der Satzform oder des Kasus im syntaktischen Anakoluth erklärt man oft als eine unabsichtige Veränderung der Anfangsform der Aussage, als Verlust des Erzählungsfandes, oder als Vergesslichkeit des Gesprächsanfanges. Sehr oft kann man solche Fälle in den langen Sätzen treffen, wenn sie rhetorisch nicht vorbereitet sind. Auch im Gespräch gibt es das Anakoluth, wenn das Gespräch gleichzeitig, ohne Vorbereitung, mit den Gedanken entsteht – d.h. in allen Fällen, wenn der Mensch keine Aufmerksamkeit auf seine Rede schenkt. Z.B.: „Dieser Herr Beuer, den hätte ich am liebsten sofort in den Orchesterraum geworden“. Die Prolepse gehört zu solchen Verletzungen der Satzstruktur, bei deren der Anfang des Satzes, den als Substantiv oder Adverb ohne Formveränderung vertreten wird. Man gebraucht verschiedene Zeichnen (am öftesten die Kommaten). Um einen Satzanfang zu zeigen. Aber obwohl die Prolepse ein auffallendes schöpferisches Mittel ist, ist sie bei Remarque fast nicht gebräuchlich. Sie gehört zu seinen Handriffen nicht. Aber es gibt die einzelnen Beispiele im Roman, die die Gefühle, die Verhältnisse der Helden zu den Ereignissen wiedergeben. - 121 Z.B.: „Ein anderer Ton, er wurde stärker und übertönte alles schließlich, wie eine dumpfe Drohung: der Kanonendonner der Front.“ (In diesem Beispiel wurden die Gefühle von Robert beschrieben, als er an die Front kam und nämlich wie er die Laute des Krieges empfang. Er hatte Angst vor ihnen, weil sie immer nur Tod bedeuteten.) Die Parenthese ist die einschaltende Konstruktion, die sich in einem Satz befindet. Dabei ist von dem Satz unabhängig, obwohl sie in der Struktur dieses Satzes ist. Für die Schaltkonstruktionen sind folgende Merkmale typisch: intonatorische und graphische (Kommaten, Klammer, Striche) Absonderungen, freie Position zum Satz, in dem sie sich befinden. Aber gewöhnlich sind diese Konstruktionen im Mittel des Satzes, nach dem Wort, die sie bestimmen. Der Umfang der Sätze ist verschieden. Sie können aus einigen Wörtern, Wortverbindungen, einfachen Sätzen, komplizierten Sätzen bestehen. Das hängt davon ab, was der Autor unterstreichen will. Parenthese ist einer der Lieblingshandgriffe von Remarque. Die Seiten seiner Werke sind voll von Parenthesen. Z.B.: 1) “Seine Landschaften, die Ausgezeichnet waren, kaufte kein Mensch“. 2) “Dort saß, wie fast immer, Valentin Hauser.“ 3) “Jupp war unser einziger Angestellter, ein Junge von fünfzehn Jahren. Der eine Art herlingsstelle bei uns hatte.“ Die Ursachen des Parenthesengebrauchs in den Werken von Remarque sind folgende: das Sterben des Autors die aufgegebene Information oder Charakteristik zu präzisieren, sein Versuch mit dem Leser zu sprechen und manchmal zu diskutieren, die Gedanken des Lesers zu erwecken. Die Parenthesen sind seinen Werken als Mittel von Humor und Satire: Z.B.: „Ich war in einer schwierigen Lage; mit den Augen schoss ich wütende Blicke auf Mutterkomplex vor mir, mit dem Munde versuchte ich freundliche Worte in die Hörmuschel zu sprechen; - vom Scheitel bis zur Nase war ich Gewitter, von der Nase bis zum Kinn eine sonnige Frühlingslandschaft; - es war mir ein Rätsel, dass ich fertigbrachte, mich trotzdem zum nächsten Abend zu verabreden“. - 122 Als genaue Charakteristik der Ereignisse und Person: Z.B.: 1) “Lenz hatte, wenn er in guter Laune war, immer etwas so Hinreßendes, dass man ihm schwer widerstehen konnte.“ 2) “Sie sind angerufen worden,“ sagte Frida, das schielende Dienstmädchen Frau Zalewskis, als ich mittags auf einen Sprung nach Hause kam.“ 3) “Vom Korridor her wehte dabei, wie ein buntes Seidentuch, ein fetzen Musik noch mit herein – Geigen, gedämpfte Bajos – „Wie hab ich nur leben können ohne dich.“ Als Präzisierung der Erzählung: Z.B.: 1)“Wunderbar war das beim Trinken – es brachte einen Rasch zusammen – aber zwischen Abend und Morgen schaffte es auch wieder Zwischenräume, als wäre es Jahre.“ 2) “Vorn, neben der Theke, stand ein Klavier. Es war verstimmt, ein Paar Saiten waren gesprungen, und von den Elfenbeintasten fehlten auch einige; aber ich liebte den braven, ausgedienten Musikschmmel“. 3) “Meine Wirtin, Frau Zalevski, hatte mir erlaubt im Zimmer meinen eigenen Kaffe zu kochen“. Als Mittel der Verlangsamung der Erzählung: Z.B.: „Ich höre die Vögel singen in den hohen Friedhofsbaumen – sie sangen, wie kleine, silberne Pfeifen des lieben Gottes zu dem leisen, süßen Gebrumm der melancholischen Drehorgeln vom Rummelplatz – ich wählte zwischen meinen Paar Hemden und Strümpfen,als hätte ich zwanzig mal soviel, ich leerte heißend meine Tasche aus; - Kleingeld, Messer, Schlüssel, Zigaretten – und dann der Zeter von gestern, mit dem Namen des Mädchens und Telefonnummer.“ Als stilistischer Handgriff erfüllt die Parenthese nicht nur Funktionen der Bildhaftigkeit, Ausdrücklichkeit und Anschaulichkeit, sondern auch eine stilistische Funktion, die dem Schaffen der emotionalen Tonart dient. Das kann man sehr gut im Roman „DK“ sehen, wo der Autor mit der Hilfe von Parenthesen nachdenkliche Intonationen im Text baut. - 123 Sehr nah den Parenthesen stehen im Deutschen die Appositionen, Abgeschnittene Sätze, Nachtragskonstruktionen. Die Apposition. Als Apposition können im Satz Substantive treten, die in der Postposition zum bestimmten Wort in demselben Kasus oder, nach den Regeln der modernen deutschen Sprache, im Nominativ stehen. Die Appositionen können auch mit einigen Wörtern oder mit ganzen Sätzen erweitert sein. Remarque gebraucht diesen Handgriff in seinen Werken, um bestimmte Wörter und ihre Bedeutung zu unterstreichen. Das kann man aus Folgendem Beispiel sehen: Z.B.: „Es war ein Glückfall, ein besonderer, großer Glückfall, dieses Mädchen zu treffen.“ Abgeschnittene Sätze. Sie stehen in der Postposition zu den Adjektiven, Adverbien, Partizipien, Infinitiven. Ihre Bedeutung nach stehen sie der Apposition nah. Als Abart der Parenthese gibt es diesen Handgriff in Remarques Werken. Mit der Hilfe der abgeschnittenen Sätze betont der Autor einige Wörter. Z.B.: 1) “Am Ofen dehnte sich ein brauner Jagdhund. Manchmal bellte er im Schlaf, leise, hoch und klagend.“ 2) “Er war Ingenieur und Sachverständiger der Phönix-Autoversicherung, ein wichtiger Mann, um Reparaturen zugewiesen zu bekommen.“ Die Nachtragskonstruktionen. Das sind Wörter, Wörterverbindungen, Sätze, die nicht nach den Regeln der Wortfolge gebraucht sind, d.h. sie nehmen ihre gewöhnlichen Stellen nicht. Die, in diesen Konstruktionen, erhaltende Information verbindet sich mit der Information des Hauptsatzes durch das Sprechen oder das Lesen. Dieser Typ der Konstruktionen spiegelt den natürlichen Gedankenprozess sofort ohne eine lange Zeit darüber nachzudenken, was man sagen muss, wieder. Die Nachtragskonstruktionen besitzen eine große Zahl von ausdrücklichen Mitteln. Deshalb gehört dieser Handgriff zu den Lieblingshandgriffen von Remarque. Es läßt sich nicht bestreiten, dass sich alle Werke dieses Schriftstellers gut lesen lassen. Das gelang dem Autor durch die Verwendung vieler Handgriffe, Konstruktionen, die für die Umgangssprache eigentlich sind. Das kann man aus folgenden Beispielen sehen: - 124 Z.B.: 1) “Neben mir sprach das Mädchen; - es sprach leise und langsam mit dieser dunklen erregenden etwas rauchen Stimme.“ 2) “Der Mann wollte kostenlos ein neues Verdeck, für das die Versicherung nicht haftbar war, in die Reparatur hineinschmuggeln.“ 3. Die Veränderung der Satzstruktur In der deutschen Sprache unterscheidet man die spezifischen Satzmodelle, die den Bau deutsches Satzes bestimmen. Für die stilistische Syntax (SS) ist es wichtig, wie sich diese Modelle verändern, anders gesagt SS betrachtet die Veränderung der Satzmodelle und die Gewinnung von ihnen eines zusätzlichen Potentials der Ausdruckskraft. Als Mittel dieses Handgriffs gilt: die Reduktion und ihre 3 Abarten: die Aposiopese und Ellipse; auch die Isolierung. Die Reduktion ist die Senkung eines Mitgliedes oder einiger notwendigen Satzglieder. Der Abschnitt der syntaktischen Strukturen ist in der Altagsrede besonders verbreitet. Solche Strukturen dienen als Hauptmittel der natürlichen Ausdruckskraft. Remarque gebraucht diesen Handgriff sehr oft, weil in seinen Werken verschiedenartige Gespräche (Dialoge, Polyloge) eine große Rolle spielen. In der schriftlichen Rede sind solche Senkungen ansichtig bezeichnet. Mit dem besonderen bearbeiteten Charakter treten sie als stilistische Handgriffe ein. In der Antik wurden diese Handgriffe als Aposiopese (d.h. das Verschweigen) und Ellipse genannt. In der modernen Sprachpraktik unterscheidet man noch eine Abart der Reduktion – die Isolierung. Die Aposiopese. Das ist ein plötzlicher Einbruch des Gedanken im Mittel der Aussage oder eine teilweise Verschweigung dieses Gedanken. Diese Spracherscheinung wurde von verschiedenen Situationsumständen hervorrufen: Vorsicht, Unlust das unangenehme Gespräch fortzusetzen u a.m. Die Ursachen für den Einbruch dienen: die Aufregung des Sprechenden, wenn er von verschiedenen Gefühlen ergriffen ist: Z.B.: “Wo ist Gottfried?“ – fragte ich. „In irgendeiner politischen Versammlung und – „ „Verrückt! Was will er denn da?“ - 125 oder die Unsicherung, Vermutung des Sprechenden: Z.B.: “Probefahrt?“ – erwiderte er, als hätte ich Bahnhof gesagt. „Ja, Probefahrt. Sie müssen doch sehen, was der Wagen leistet. Er liegt wie ein Brett auf der Strasse. Wie auf Schienen. Und die Maschine zieht an, als wäre das schwere Kabriolett eine Flaumfeder – „ „Ach, Probefahren – „ er machte eine wegwerfende Handbewegung, „Probefahren zeigen nichts. Was am Wagen fehlt, merkt man immer erst hinterher.“ Die Vorsicht beim Gedankenausdruck, um ein passendes Wort zu finden: Z.B.:1) “Warum glauben Sie das?“ „Das sieht man doch so unsicher – „ Sie blickte mich rasch an. „Wir können es ja mal versuchen.“ 2) “Herr Blumenthal,“ sagte ich, „sehen Sie sich den Wagen noch einmal an“„Nicht nötig“, unterbrach er mich, „ich habe ihn mir ja neulich genau angesehen.“ Der Unterbruch eines Menschen mit den Aussagen seines Gesprächspartners: Z.B.:1) “Weißt du – „begann Köster vorsichtig“. „Wozu lange reden,“ – unterbrach ich ihn, “das ist ein Inserat für einen Kurort oder eine Schönheitskreme, aber nicht für ein Automobil. 2) Barsig kniff ein Auge zu. „Die Herren wollten erst nicht recht. Aber schließlich – „ „Ein volles Glas auf die Phönixversicherung!“ – sagte Lenz und schenkte erneuert ein. Die Ellipse. Im Gegenteil von der Aposiopese, wo man beliebigen Teil des Satzes, unabhängig von ihrer Informationsschätzung auslassen kann, läßt man nur unwichtige Teile und Glieder, die leicht im Kontext wiederaufgebaut werden. Die Ellipse ist in der Umgangssprache verbreitet. In den Werken von Remarque gebraucht man die Ellipse als Mittel der realistischen Widerspiegelung der natürlichen Rede der handelnden Personen in Dialogen und auch als Mittel, das zu - 126 Wiedergabe des inneren emotionalen Zustandes dient. In elliptischen Konstruktionen können alle unwichtigen Teile und Satzglieder ausgelassen sein: Z.B.:1) “Störe ich Sie?“ fragte er müde. „Gar nicht,“ sagte ich. „Wollen Sie was trinken?“ „Lieber nicht. Nur etwas sitzen.“ 2) “Wo ist Gottfried?“ fragt ich. „In irgendeiner politischen Versammlung“ Die Isolierung (Parzelierung). In diesem Fall handelt es sich um eine besondere Abart der Satzkonstruktionen. In solchen isolierten Sätzen bekommen einige Satzglieder einen bestimmten Status, dabei wurden sie ausgeklammert oder mit Kommaten und Punkten bezeichnet. Eine ansichtige Teilung einer syntaktischen Struktur ist ein erweiterter Handgriff der expressiven Syntax. Man nennt diesen Handgriff auch die Parzelation. Es sei unterstreichen, dass Remarque diesem Handgriff seinen Vorzug gibt. Und dazu gibt es bestimmte Ursachen. Es läßt sich nicht vergessen, dass komplizierte Konstruktionen für Remarque nicht typisch sind. Deshalb erfüllt jeder Satzglied bei ihm eine besondere Funktion. Und solcher Handgriff wie Isolierung wird bei ihm oft gebraucht. Die vom ganzen Satz isolierten Satzteile oder Satzglieder bekommen eine große Bedeutung und ein zusätzliches Gewicht. Ihr Charakter ist auffallend. Z.B.1) “Ich sah nach der Uhr. Es war noch vor acht. Eine Viertelstunde zu früh.“ 2) “Und dann gehen Sie heute nachmittag mit ihrer Frau doch mal raus aus dem Bau her. Vielleicht ins Kino.“ Die Isolierung ist ein wichtiges Mittel zum Schaffen der Tonart, zur Beschreibung der besonderen Situationsumstände, zur Charakteristik der Ereignisse oder der handelnden Personen. Das kann man aus folgenden Beispielen sehen: Z.B.:1) “Neben ihr Rettmeister Graf Orlow, russischer Emigrant, Eintänzer, Kellner, Filmkomparse, Gigolo mit grauen Schläfen. Wunderbarer Gitarrespieler.“ 2) “Nächste Tür Frau Bender, Krankenschwester in einem Säuglingaheim... Hatte eine bunte Katze. Das einzige.“ - 127 Die Isolierung bringt eine besondere lebensfrische überall: in die Rede der Personen, in die Erzählung, weil für sie unabsichtige, natürliche Ausdrücke typisch sind. Z.B.:1) “Der Mond ist jetzt hell genug um ein Glas zu finden. Gottfried machte die Illumination aus. Besonders den Ford.“ 2) “Die Zeit der großen Menschen – und Männerträume war vorbei. Die Betriebsamen triumphieren. Die Korruption. Das Elend.“ Die Expansion der syntaktischen Satzstruktur (ESS) Man unterscheidet stilistisch 2 Abarten der Veränderung der Satzstruktur: die Expansion – d.h. die Erweiterung der Struktur durch eine lineare Vergrößerung der Strukturmitglieder, und die Expansion durch die Komplikation der Struktur, durch die Einführung in die Subjekt-Prädikat Gruppe neue Satzglieder charakterisiert wird. Zu dieser Abart der Expansion gehören die Aufzahlung, verschiedene Arten der Wiederholung, emphatische Konstruktionen nach dem Typ „er war es, der..“ Alle diese Abarten kann man in Remarque´s Werken treffen. Die Aufzählung ist verbreitetes Ausdrucksmittel der stilistischen Syntax. Das mittel entsteht als Schlussfolgerum beim Aufzählen der gleichen syntaktischer Komponenten, die den verschiedenen Umfang haben, in den Rahmen der beendeten Aussage. Die Aufzählung kann zweigliedrig, paarig, vielgliedrig, konjunktionlos, mit einer Konjunktion oder mit vielen. Ausdrückliche Möglichkeiten der Aufzählung sind mannigfaltig. Man verwendet sie als Mittel der sprachlichen Sparsamkeit im Gespräch, als Mittel zum Unterstreichen von bedeutendsten Elemente, als syntaktische Mittel der Einordnung der Rede usw. In dieser Hinsicht unterscheidet man asyndetische (AV), syndetische (SV) und polysyndetische (PV) Verbindungen. SV verbindet mit einer Konjunktion 2 Satzglieder, PV verbindet eine große Zahl der Satzglieder mit den folgenden Konjunktionen – und, oder, aber, ferner. AV verbindet Satzglieder konjunktionlos. Diese Arten der Satzverbindung vermuten die Komponenten vom selben Typ, ihre syntaktische Selbständichkeit, ihre gleichen - 128 Ebenen. Aber es sei betont, dass nicht alle von diesen Verbindungen für die Werke von Remarque charakteristisch sind. Z.B. AV ist das Mittel zum Schatten der ruhigen Aufzählung und der genauen Beschreibung der Ereignisse, Situationen, Charaktere. Z.B.:1) “Ich ging rasch noch einmal los und besorgte einen Strauß Blumen, eine Ananas, eine Kinderknapper, eine Tafel Schokolade.“ 2) “Sie hing voll von Reiseandenken, die er aus Südamerika mitgebracht hatte. Bunte Bastmatten an den Wänden, ein paar Masken, ein eingetrockneter Menschenschädel, groteske Tontöpfe, Speere, als Hauptstück eine ganze Sammlung von Photographien..“ Aber asyndetische Aufzählung der Verben bildet den Effekt der Hast, der Aufregung: Z.B.:1) “Ich hätte sie am liebsten in ihrer Suppentopf gesteckt, beherrscht mich aber, griff in die Tasche, drückte ihr eine Mark in die Hand und fragte versöhnlich: „Hat die Dame nicht ihren Namen geneánnt.“ 2) “Ich wunsch mich, ich wanderte im Zimmer umher, ich las die Zeitung, ich brühte den Kaffe auf, ich stand am Fenster und sah zu, wie die Straße besprengt wurde..“ 3) “Die Worte stimmten nicht mehr, sie verschoben sich, sie drängten hinüber in andere, buntere Gebiete.“ 4) “Wenn sie dann mit einem Kavalier abends ankam, ließ sie ihn unter irgendeinen Vorwand einen Augenblick draußen warten, ging rasch voran, schob den Kinderwagen in den Verschlag, schloss die Tür und ließ den Kavalier eintreten.“ PV dient zum Schaffen der Gleichmäßigkeit, Ausgeglichenheit und unterstreicht den ruhigen Charakter der Aufzählung. Aber PV ist von Remarque fast nicht gebraucht, weil PV auch Effekt der Feierlichkeit bildet. Am öftesten gebraucht der Schriftsteller die Kombination von AV und SV. Das Hauptmerkmal dieser Kombination ist folgende: erste aufgezählte Glieder verbindet man konjunktionslos und dem letzten Satzglied stehen die Konjunktionen. Z.B.: 1) “Gottfried nahm mir die Zigarette aus der Hand, beroch sie und zündete sie sich an.“ - 129 2) “Er zog eine Zeitung aus der Tasche, verglich die Hausnummer noch einmal und schritt auf mich zu.“ Die Wiederholung. Eine andere Art der Verbreitung der syntaktischen Struktur sind verschiedene Wiederholungen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, dass sie sinnig oder emotional beliebige Teile der Aussage verstärken müssen. Die Ausdruckskraft dieser Wiederholungen bestimmt ihre Struktur, ihren Platz im Satz. Man unterscheidet folgende Arten der Wiederholung: die Anadyplose, die Anapher, die Epipher, die einfache Kontaktwiederholung. Welche aus diesen Abarten für Remarque typisch sind, kann man aus folgender Charakteristik sehen: a. Die Anadyplose oder die Wiederaufnahme. Das ist die Wiederholung, wenn das Endeelement am Anfang des nächsten Satzes steht. Die Ausdruckskraft dieses Handgriffes ist sehr groß. Der Autor (Remarque) läßt den Leser den Satz oder das Wort bemerken: Z.B.:1) “Was man herankommen läßt, will man halten. Und halten kann man nichts.“ 2) “Sie wollte eine Tasse Schokolade trinken. Die letzte leistete sie sich jeden Sonntagmorgen hier.“ b. Die Anapher. Das ist die Wiederholung, wenn das Anfangselement in den Sätzen, die einander folgen, steht. Dieser Handgriff hat dieselben Aufgabe in den Werken von Remarque wie die Anadyplose. Z.B.:1) “Draußen spülte sich gedämpft die Strasse mit den Raubvogelrufen des Autos vorbei. Sie schrie herein, wenn jemand die Tür offnete. Sie schrie wie ein keifendes, neidisches Weib“. 2) “Der Mond war über das Fabrikdach emporgestiegen. Er war immer heller geworden und hing wie ein gelber Lampion in den Asten des Pfaumenbaumens.“ Für Remarque haben die Anapher viele Möglichkeiten: sie verstärken logische Verbindung der Aussageteile, symbolisieren die Einheit der Rede und können auch als Mittel zur Widerspiegelung der menschlichen Charaktere und auch als Mittel zum Schaffen der besonderen Sphäre in der Erzählung auftrete. c. Die Epipher. Das ist solche Abart der Wiederholung, wenn das Endeelement in den Sätzen wiederholt, die einander folgen. Sehr oft gebraucht man - 130 die Epipher als mittel von Humor und Satire, und als Mittel der Präzisierung der Erzählung. Z.B.: “Vor dem Haus lag außerdem ein alter Friedhof. Er war schon seit langem stillgelegt. Er hatte Bäume wie ein Park, und wenn es nachts ruhig war, konnte man meinen, man wohne auf dem Lande.“ d. Die einfache Kontaktwiederholung. In diesem Fall wiederholt man ein und dasselbe Glied im Satz. Sehr wichtig ist die Kontaktposition des Gliedes im Satz. Diese Art der Wiederholung ist für die emotionale Rede typisch. Z.B.: „Ich sah auf dich und weinte nicht. Der Schmerz schlug meine Zähne aneinander. Mein Blut floss ständig unter unbarmherzigen Streichen. Ich sah auf dich und weinte nicht“. (F. Schiller). Vorlesung № 15 Thema: Die funktionalen Stile der deutschen Sprache In der deutschen Sprache der Gegenwart real existierenden funktionalen Stile können hier nur in ihren Grundzügen beschrieben werden. Denn erstens ist eine genaue Ausarbeitung dieser schwierigen Frage nach dem heutigen Entwicklungsstand der Stilistik noch nicht möglich, und zweitens würde eine solche Ausführung den Rahmen des vorliegenden Lehrbuchs sprengen. Daher begnügen wir uns damit, kurz die Stilzüge anzugeben, die der funktionalen Spezifik (gesellschaftliche Funktion) jedes einzelnen Stils entsprechen, und – etwas ausführlicher – die sprachlichen Mittel, die diese Stilzüge realisieren. Der Stil des öffentlichen Verkehrs Grundfunktion dieses Stils ist die offizielle schriftliche und mündliche Verständigung einerseits zwischen den Staatsämtern und Behörden untereinander und anderseits zwischen öffentlichen Organisationen und dem Publikum. Es handelt sich also um die sprachliche Fassung sämtlicher Amtsdokumente, Gesetze und Vorschriften, um die Gestaltung der Diplomaten-, Gerichts- und - 131 Handelskorrespondenz sowie aller mündlichen Ansprachen bei offiziellen Anlässen. Reden, die den Rahmen der sachlichen Mitteilung überschreiten, dürfen schon nicht mehr in den Bereich der offiziellen Verständigungsweise gezählt werden. Der Staatsmann auf diplomatischen Konferenzen, der Ankläger oder der Verteidiger bei Gericht lassen sich vom Gegenstand ihrer Mitteilung hinreißen, sie drücken in leidenschaftlich-bewegter Form ihre Ansicht aus. Derartige Reden gehören ihrer gesamten linguistischen Charakteristik nach viel eher zum Ausdruckssystem der mündlichen Publizistik. Ein gesunder Amtsstil ist durch folgende Wesenszüge (Stilzüge) gekennzeichnet: Unpersönlichkeit und Sachlichkeit, gedrängte Kürze, streng literarische Form, leichte Fassbarkeit. Im Stil des öffentlichen Verkehrs ist eine bestimmte funktional gefärbte Lexik mit eingeschlissen: teils sind es deutsche und fremdsprachige Termini, teils nichtterminologische Klischees. Ihre spezifische Prägung äußert sich in einer gewissen Steife und Förmlichkeit. So bringt jeder Geschäftsbrief, jede Meldung, jedes Gesuch einleitend hinter der funktional gefärbten Abkürzung betr. (betreffend, betreffs) stichwortartige Angaben des Inhalts. Betr.: Urlaubsgesuch wegen dringender Familienangelegenheiten. Zum Abschluß eines Dokuments wird gewöhnlich die Zahl der Anlagen genannt oder namentlich angeführt (Anlagen: Geburtszeugnis, Leumundszeugnis, Reifezeugnis u. ä.). Jedes Protokoll muss – bei bestimmter Architektonik – einen spezifischen Wortschatz bringen wie etwa: Protokoll über … - am … - um … - anwesend … (z.B.): It. [laut] Anwesenheitsliste 35 Teilnehmer) – Leitung – Tagesordnung – Beginn – Verhandlungsablauf – Beschluß – Unterschrift des Protokollanten (Schriftführers) – f. d. R. Pronominaladverbien wie hiermit, hiervon, hierfür – süddeutsch hiemit, hievon, hiefür – sind Wahrzeichnen offiziellen Formulierungen. - 132 Eine besonders wichtige Rolle im Stil des offiziellen Verkehrs spielen die Wort- und Wortgruppenklischees sowie die Satzklischees. Vielleicht könnte man auch von architektonischen Klischees sprechen, insofern die Gliederung der offiziellen Dokumente (oft auch der offiziellen Ansprachen) nach einem bestimmten Anordnungsschema genormt ist. All diese Klischees stehen im Zuge der Entpersönlichung, insbesondere im Bereich der Amts- und Handelskorrespondenz. Vgl. die Vordrucke für Geschäftsbriefe, Bankkontos, Zeugnisse verschiedener Art u. ä. Auch die Syntax im Stil des offiziellen Verkehrs muß dazu beitragen, die Stilzüge dieser sprachlichen Verwendungsweise zu realisieren. Die der deutschen Literatursprache zu Gebote stehenden syntaktischen Konstruktionen werden so ausgewählt, dass sie – auf grammatischem Wege – den Eindruck des Unpersönlichen und Offiziellen erwecken. Als Mittel zur Erzielung sprachlicher Knappheit bedient sich der moderne deutsche Amtsstil häufig der Ellipse: Bestellungen durch die Buchhandlung erwünscht. Deutsche Handschrift erbeten. Bemerkenswert ist die besonders in der Handelskorrespondenz übliche unflektierte Vor- oder Nachstellung des Attributs: rein Wolle – echt Gold – Butter extrafein – Einfamilienhaus zweistöckig. Der Stil der Wissenschaft Da Wissenschaft und Technik dazu berufen sind, mit Hilfe sachlichsystematischer Beweisführung die Erkenntnis der Wirklichkeit und ihrer Gesetze zu vermitteln, muss die gesamte Ausdrucksgestaltung auf diesem Gebiet gesellschaftlicher Tätigkeit – alle lexischen, grammatischen und phonetischen Mittel, in ein Ganzes vereinigt – unter dem Zeichen der Sachlichkeit und Logik, der Klarheit und Fassbarkeit stehen. Erst auf dem Boden dieser Wesensmerkmale kann Überzeugungskraft der Darstellung erwachsen. - 133 Zunächst über den Wortschatz im Dienst der Sachlichkeit und Logik, der Klarheit und Fasslichkeit. Die lexikalische Grundlage bildet die neutrale literarische Lexik ohne expressive Färbung in Verbindung mit funktional-stilistischer Lexik, d.h. mit deutscher oder fremdsprachiger Terminologie, mit Realienbezeichnungen und nichterminologischen Klischees. Im Gegensatz zu den zahlreich vertretenen Fachneologismen (die allmählich in den ständigen Bestand der Nationalsprache eingehen), sind nichtterminologische Neubildungen im wissenschaftlichen Stil seltener anzutreffen. Sie werden nur dann verwendet, wenn mit ihrer Hilfe ein Gedanke klar und dabei sprachökonomisch zum Ausdruck gebracht werden kann. Verhältnismäßig stark vertreten sind im modernen wissenschaftlichen Stil die substantivierten Infinitivzusammenbindungen. Charakteristisch f ü r den Stil der Wissenschaft ist der Einschluss von Belegstellen aus anderen Werken. Hier handelt es sich um wichtiges Beweismaterial, das die Ansichten des Schreibenden bekräftigt, oder auch um Aussprüche von Fachgelegten, die der Autor als unrichtig oder strittig hinstellt. Durch stark expressive Lexik kann die Objektivität einer akademischwissenschaftlichen Arbeit beeinträchtigt werden; die persönliche Einstellung zum Gegenstand der Untersuchung muß vor allem aus dem sachlich dargelegten Gedankenverlauf hervorgehen. Emotional gefärbte Wörter und Wendungen (Idiome, Zwillingsformeln, verstärkende Zusammensetzungen u. ä.) haben nur dort Berechtigung, wo sie an dieser oder jener Stelle für die Entwicklung der Beweisführung unerlässlich sind. Dialektismen, Argotismen, Vulgarismen widersprechen den Normen des wissenschaftlichen Stils und bilden selbst im Rahmen polemischer Schriften seltene Ausnahmen. Einen festen Platz im wissenschaftlichen Stil haben sich die Mittel der Bildlichkeit erobert; sie sind kein Schmuck der Rede, sondern ein Mittel der Erkenntnis und besseren Einprägung. Zum größten Teil werden gemeinsprachliche Tropen und Vergleiche verwendet, die ihre Bildkraft noch nicht eingebüßt haben, wie etwa: die sibirische Taiga, eine gewaltige Vorratskammer der Natur. - 134 Auch der grammatische Bau des wissenschaftlichen Stils muß der Forderung nach Logik, Klarheit und leichter Fassbarkeit nachkommen. Wenn Passivkonstruktionen in der Alltagsrede gemieden werden, so gehören sie im wissenschaftlichen Stil zu den unentbehrlichen Mitteln der objektiven, logischen Darstellung. Selbstverständlich herrscht der Aussagesatz vor – und damit die ruhige Aussageintonation. Fragesätze sind ein charakteristisches Merkmal der Syntax im wissenschaftlichen Stil. Einmal sind es rhetorische Fragen, die unmissverständlich als getarnte Aussagesätze zu werten sind. So zeigt die deutsche Sprachwissenschaftlerin Gertrud Pätsch an einer Stelle ihres Buchs „Grundfragen der Sprachtheorie“ die Unhaltbarkeit der Naturlauttheorie und gibt dabei in folgenden Fragen ihre ablehnende Meinung kund: Woher kommt es, dass unwillkürliche Äußerungen mit einem Male einen verstehbaren, also gedanklichen, Inhalt haben? Und woher kommt das plötzliche, neuartige Verstandenwerden? Die wissenschaftliche Prosa gebraucht Parallelismus und Antithese, Aufzählung und Wiederholung, also die gleichen Mittel, die in anderen Stilen als lexische und grammatische Mittel der Emotionalität gelten, im Dienst der Sachlichkeit, Logik und leichteren Fassbarkeit. Im wissenschaftlichen Stil hat sich die Tradition herausgebildet, zur Wahrung der Objektivität und der Bescheidenheit die Ich-Form auf allerlei Weise zu meiden. Daher heißt es: Der Verfasser dieses Artikels ist der Meinung… - wie dem Verfasser scheint… - wie es scheint u. ä. Der Stil der Publizistik und der Presse Der Stil der Publizistik und Presse ist an sich ein Stil der Propaganda und Agitation. Die Bevölkerung soll über aktuelle Geschehnisse in der Politik, im Gesellschaftsleben, in der Kunst, Literatur, Wissenschaft und Technik nicht bloß unterrichtet, sondern auch nach einer bestimmten Richtung hin beeinflusst und überzeugt werden. Hier interessiert uns natürlich in erster Linie der Stil der Publizistik und Presse, deren Aufgabe darin besteht, die gesellschaftliche Wahrheit aufzudecken. - 135 Um seine Aufgabe erfolgreich durchzuführen, muß der publizistische Stil sowohl sachliche als auch emotionale Überzeugungskraft besitzen. Daher in seiner sprachlichen Ausdrucksgestaltung einerseits Einschluss von reichem Tatsachen- und Beweismaterial, vermittelt durch aktuelle Realienbezeichnungen (Namen von Zeitgenossen, Orts- und Zeitangaben, Titel von Organisationen, Ziffern, Daten, Zitate u. ä.), deutsche und fremdsprachige Termini, Professionalismen, neue „Schlagwörter“ aller Art usw. Dazu noch mittel der rationalen Einwirkung auf grammatischem und architektonischem Weg: reiche Verwendung von Parallelismus und Antithese, Frage und Antwort sowie von verschiedensten Arten einprägender Wiederholung und Aufzählung. All dies im Dienst der Systematik und leichteren Fassbarkeit. Anderseits die sprachlichen Mittel der emotionalen Fühlungnahme mit dem Publikum: Wahl eines anschaulich-expressiven Wortschatzes, emotional gefärbte Phraseologie, zahlreiche Tropen und Vergleiche, Periphrasen, Epitheta, die verschiedensten Mittel der Satire (darunter auch charakterologische Mittel der Koloritzeichnung); emotionale Wortfolge, Ausrufe- und Frageintonation, Abbrüche und Einschaltungen. Je nach dem Genre der schriftlichen oder mündlichen Publizistik variiert auch die Verwendungsweise der innerhalb dieses Stiltyps gegebenen Ausdrucksmöglichkeiten. Reportage und Feuilleton müssen den literarischkünstlerischen Ansprüchen der schönen Literatur entsprechen (daher steht ihnen auch der gesamte Apparat an Ausdrucksmitteln zur Verfügung, den die schöne Literatur benützt); der einfache oder erweiterte Bericht, der Kommentar, die Chronik und andere sachlich-offizielle Formen der Publizistik und Presse nähern sich dem Stil des öffentlichen Verkehrs; der politische und der wissenschaftliche Artikel fügen sich zum großen Teil den Gesetzmäßigkeiten des wissenschaftlichen Stils. So verschieden die einzelnen Genres der literarischen und politischen Publizistik auch sein mögen, sie werden dennoch von gemeinsamen Stilzügen und gemeinsamen Ausdruckstendenzen zusammengehalten (dies gilt natürlich nur für die fortschrittlich eingestellte Publizistik): sie dienen als Mittel sachlichen und zugleich - 136 leidenschaftlich emotionalen Kampfes gegen alles Überlebte und Rückständige, für alles Neue und Aufbauförndernde. Einen wichtigen Platz bei der intellektuellen Beweisführung nehmen die Zitate aus den verschiedensten Qellen ein: Aussprüche bekannter Staatsmänner und Gelehrter, Stellen aus Zeitungsartikeln oder Büchern. Bei dieser Rededarstellung werden sowohl direkte Rede (mit oder ohne Einkleidung) als indirekte Rede verwendet – natürlich mit anderer stilistischer Funktion als beim Sprachporträt in der schönen Literatur. Besonders häufig sind Mischformen zwischen direkter und indirekter Rede. Auf grammatischem Gebiet verdienen besondere Erwähnung Wiederholung, Aufzählung, Parallelismus und Antithese als Mittel eindringlicher Logik und Systematik (sowohl innerhalb eines Satzes als insbesondere im erweiterten Kontext und Großzusammenhang). Die größte Bedeutung kommt augenscheinlich der Antithese zu. Da zahlreiche publizistische Arbeiten auf inhaltlichem Kontrast aufgebaut sind (Darstellung gegensätzlicher Weltanschauungen, Meinungen, Situationen usw.), müssen zur sprachlichen Realisierung lexische und syntaktische Antithesen dienen – und dies meist zusammen mit anderen Verbindungsmitteln: Wiederholung, Aufzählung, Parallelismus (unterstützt durch graphische Mittel). Der Stil des Alltagsverkehrs Die Hauptfunktion dieses Stils (kurz Alltagsstil genannt) besteht darin, ungezwungen-intime Mitteilungen privater Natur oder sachliche, aber nicht offizielle Feststellungen aus dem Alltags- und Arbeitsleben im mündlich-dialogischen Verkehr an Gesprächspartner weiterzuleiten. Daneben tritt er aber auch mündlich- monologisch zutage: in einfachen Berichten und Erzählungen mit Alltagsthematik, in Reden anlässlich verschiedener Vorkommnisse (bei Hochzeiten, Geburtsfeiern u. ä.). Auf schriftlichem Weg findet der Alltagsstil in der Privatkorrespondenz und in Tagebüchern Verwendung. Diesen Funktionen entsprechend, hat sich ein Stiltyp herausgebildet, der durch bestimmte, nur ihm zugehörige Wesenszüge charakterisiert wird. - 137 Das Baumaterial für den Stil des Alltagsverkehrs bildet die Umgangssprache, diese zwischen Literatursprache und territorialen Dialekten stehende Erscheinungsform der Nationalsprache. Je nach der Sprachsituation, je nachdem, welchem Gesellschaftskreis der Sprecher angehört und welchen Bildungsgrad er besitzt, überwiegen im Alltagsstil bald die literarsprachlichen, bald die mundartlichen Elemente. Ohne auf die soziale Differenzierung in der Alltagsrede kleiner gesellschaftlichen Sonderschichten einzugehen, soll hier der Alltagsstil der großen Massen, d.h. der werktätigen Bevölkerung, besprochen werden. Die inneren Merkmale des Alltagsstils ß seine Stilzüge sind vielmehr folgende: 1. Ungezwungene, lockere Gesamthaltung beim Sprechen, 2. Emotionalität und subjektive Bewertung der Aussage, 3. Konkretheit, Bildhaftigkeit, Schlichtheit und Dynamik, 4. Hang zu Humor, Spott und Satire, 5. Hang zur Umständlichkeit der Rede einerseits und zur kürze anderseits. In der Sprachwirklichkeit fließen natürlich die genannten Merkmale ineinander. Ein und dieselbe sprachliche Erscheinung kann gleichzeitig Emotionalität und Bildhaftigkeit, gleichzeitig Spott und Ungezwungenheit enthalten. Die linguistische Charakteristik des Alltagsstils, gegliedert nach den einzelnen Wesenszügen, entspringt dem Wunsch nach klarerer Übersicht. Die sprachliche Spezifik des Alltagsstils – historisch durchaus verständlich – äußert sich auch in der sorglosen Verwendung von Dialektismen, Argotismen und Vulgarismen. Ob man in Berlin die Zigarettenstummel Kippen nennt oder in Wien Tschiks, ob der Berliner den Ausländer durch sein ham wa nich [haben wir nicht] oder der Wiener durch sein ramatama [räumen tun wir] in erstaunen versetzt, auf jeden Fall handelt es sich um mundartliche Freiheiten, die im Alltagsstil durchaus berechtigt und gesetzmäßig sind. Auch die gelegentliche Verwendung von Argotismen und Vulgarismen ist bedingt durch die lockere Haltung des Sprechers im Alltagsverkehr. - 138 Ohne Zweifel wird aber die lexisch-phraseologische Basis Alltagsstils durch den Wortschatz literarisch-umgangssprachlicher Färbung (also durch literaturfähige, stark expressive Wörter) gebildet; der Grad von Beimischung verschiedener Elemente aus territorialen Dialekten und Jargons hängt von den konkreten Umständen der Rede ab. Auf phonetischem Gebiet äußert sich der auffalendste Zug des Alltagsstils – seine lässige Ungezwungenheit – in den Aussprachenormen. Wörter und Wortgruppen werden achtlos hingeworfen, manchmal nicht bis zu Ende gesprochen, manchmal miteinander verschleift. Besonders bemerkbar ist die Spezifik der lockeren Ungezwungenheit in den grammatischen Normen des Alltagsstils. Noch mehr als über die Lässigkeit der Aussprache und das häufige Sich-Versprechen staunt man über die große Zahl der Parenthesen, der Konstruktionsänderungen und zahllosen Abbrüche mitten im Satz. Auch ohne Ellipsen und Nennsätze wäre der Alltagsdialog undenkbar, z. B.: Bist müde? – Ich ja. Und du? – Natürlich, sogar sehr. Aber trotzdem. Ich wird’ schon. Im Alltagsstil haben alle Berichte, Erzählungen und Dialoge emotionalen und zum größten Teil bewertenden Charakter, selbst wenn es sich um Tatsachenfeststellungen handelt. Ob man sich dabei einer literarischen oder mundartlich gef ä r b t en, mit Vulgarismen und Argotismen vermengten Umgangssprache bedient, ändert nichts an diesem Wesenszug des Alltagsstils. Eine wichtige Rolle bei der Realisierung dieses Merkmals spielen die Epitheta. Teils sind es hyperbolische Beiwörter: ein phänomenales Konzept, ein ganz ausgemachter Lump; ein 150prozentiger Bürokrat, ein vorsintflutliches Instrument, teils Epitheta mit verstärkenden Zusammensetzungen: goldrichtig, heilfroh, schnurzegal [berlinisch, grob: völlig egal]. Hyperbeln treten auch in substantivischer Form auf: Vollidiot, Halbidiot (als Schimpfwörter), Quadratesel, Neunmalkluger usw. Emotionale Einstellung (gleichzeitig auch ein Zug der lockeren Ungezwungenheit) steckt in den zahlreichen Ausrufen, die in die Rede eingeschaltet werden: Interjektionen, die bestimmte Gefühle ausdrücken: o weh! (Schmerz), etsch! - 139 (Schadenfreude), substantivische Ausrufe – ach Käse!, etwa gleichbedeutend mit dem Ausruf: Blödsinn!, verbale Fügungen – verdammich!, verflucht und zugenäht! (Ausruf bei etwas Unangenehmem) u. ä. Ein wichtiger Anteil an der Emotionalität des Alltagsstils kommt dem grammatischen Bau zu. Ausrufe-, Heische- und Fragesätze, Aussagesätze mit aufgelockerter syntaktischer Form bilden die Grundlage dazu. Eine sehr große Rolle spielt die Wortfolge im Alltagsstil und, im besonderen, die Gliederung der Sätze in kurze, sinngemäß und grammatisch abgeschlossene Syntagmen. Auch Prolepse und Nachtrag stehen im Dienst der Emotionalität: sie bilden ein auffallendes grammatisches Merkmal des Alltagsstils. Emotionale Betonung in dem flektierten Attribut in Nachstellung eigen (besonders im Süddeutschen). Der Mensch schimpft im Alltag: Schuft verdammter! Heupferd blödes! Oder er schmeichelt: Kind süßes! Der Wortschatz des Alltagsstils zeichnet sich durch auffallende Konkretheit, Bildhaftigkeit, Dynamik und Schlichtheit aus. Anstatt eines blassen, allgemeinen Ausdrucks gebraucht man farbige, dynamische Wendungen: in allen Ecken und Enden (überall); jemand auf die Hühneraugen treten (beleidigen); der Witz hat einen langen Bart (ist alt) u. ä. Besonders häufig bedient sich der Alltagsstil der expressiven Phraseologie mit familiärer und grober Stilfärbung. E. Strittmatter erzählt z. B., wie Tinko, der Held des gleichnamigen Romans, sich so gierig über Bratkartoffeln und Eier stürzt, dass die Großmutter besorgt ausruft: Du wirst die Platze anessen! [gewöhnlich: du wirst platzen, zerspringen.] Zuletzt über die widerspruchsvolle Tendenz des Alltagsstils einerseits zur Umständlichkeit, zum behaglichen Ausschweifen, anderseits zur Kürze (Sprachökonomie). Diese beiden einander entgegengesetzten Stilzüge gehen aber auf eine gemeinsame Quelle zurück: auf die Ungezwungenheit und Lockerheit der Alltagsrede. Das Ausmalen, die Wortfülle, kommt in lexikalischen und grammatischen Erscheinungen zum Vorschein, hauptsächlich in der Vorliebe zu Zwillingsformeln, - 140 Tautologien und Pleonasmen, zu Aufzählungen und Wiederholungen aller Art. Besonders untersucht werden müssen die mannigfachen Erscheinungsformen der Wiederholung im Dialog. Der Hang zur Kürze äußert sich in der Verwendung verschiedenster Wortabbreviaturen. Salopp-umgangssprachlich klingen Abkürzungen wie Schok oder Schoko (Schokolade), Dok (Doktor). Typisch österreichisch ist die Abkürzung Rekobrief (rekommandierter, d.h. eingeschriebener Brief). All die Konstruktionen mit zusammengesetzten Modal- und Hilfsverben sind durch Dynamik und Expressivität gekennzeichnet. Ursprünglich in literarischer Rede unzulässig, haben sie heute meist literarisch-umgangssprachliche Stilfärbung gewonnen; darüber hinaus werden sie aber völlig literarisch und fassen – eben wegen ihrer wirksamen Knappheit – auch in anderen Verwendungsweisen der Sprache festen Fuß. Seminar № 9 1. Funktionale Stile im Deutschen: die Problem der Erforschung. 2. Die Charakteristik der Stile: Der Stil des öffentlichen Verkehrs. Der Stil der Wissenschaft. Der Stil der Publizistik und Presse. Der Stil des Alltagsverkehrs. Literatur: 1. Тимченко Є.П. Порівняльна стилістика німецької та української мов. Навчальний посібник. – Вінниця: Нова Книга, 2006. – 240 с. 2. E. Riesel. Stilistik der deutschen Sprache. – M. – 1980. – S. 437-461. - 141 Literatur 1. Бориско Н. Ф. Бизнес курс немецкого языка. – Киев: «Заповіт», 1995. – 310 с. 2. Брандес М. П. Стилистика немецкого языка. – Москва: Высшая школа. 1983. – 271 с., 1999. – 320 с. 3. Девкин В. Д. Занимательная лексикология. – М.: Гуманит. изд. Центр ВЛАДОС, 1998. – 312 с. 4. Девкин В. Д. Немецкая разговорная речь. Синтаксис и лексика. – М.: Межд. отношения, 1979. – 254 с. 5. Девкин В. Д. Практикум по лексикологии немецкого языка. – М.: Высшая школа, 1962. – 252 с. 6. Іваненко С. М., Карпусь А. К. Лінгвостилістична інтерпретація тексту. – Київ: КДЛУ, 1998. – 175 с. 7. Розен Е. В. На пороге ХХІ века. Новые слова и словосочетания в немецком языке. – М.: Менеджер, 200. – 192 с. 8. Стилістика української мови. / Л. І. Мацько. О. М. Сидоренко, О. М. Мацька: за ред.. Л. І. Мацько. – К.: Вища школа, 2003. – 462 с. 9. Тимченко Є. П. Порівняльна стилістика німецької та української мов. – Вінниця: Нова книга, 2006. – 238 с. 10. Brandes M. P. Übungen zur deutschen Stilistik. – Moskau: Vysschaja schkola, 1990. – 140 S. 11. Brandes M. P., Markina L. G. Praktikum für die deutsche Stilistik. – Moskau: Verlag „Internationale Beziehungen, 1966. - 206 S. 12. Fleischer W. Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. – Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1982. – 250 s. 13. Fleischer W., Michel G. Stilistik der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1975. – 394 s. 14. Fleischer W., Michel G., Starke G. Stilistik der deutschen Gegenwartssprache. – 2.A. – Frankfurt/Main: Peter Lang. 1996. – 341 s. - 142 15. Iskos A., Lenkowa A. Übungen zur deutschen Lexikologie. – Leningrad: Staatverlag für Lehrbücher und Pädagogik, 1961. – 114 S. 16. Oguy O. D. Lexikologie der deutschen Sprache. – Winnyts´a: Nowa knyha, 2003. – 403 s. 17. Riesel E. Der Stil der deutschen Alltagsrede. – Moskau: Hochschule, 1970. 18. Riesel E. Stilistik der deutschen Sprache. – Moskau: Hochschule, 1963. – 487 s. 19. Riesel E. Theorie und Praxis der linguostilistischen Textinterpretation. – M.: Hochschule, 1974. – 184 s. 20. Riesel E., Schendels E. Deutsche Stilistik. – Moskau: Verlag Hochschule, 1975. – 314 s. 21. Sandig B. Stilistik der deutschen Sprache. – Berlin, New York: de Gruyter, 1986. - 368 s. 22. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. – Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1984. – 307 s. 23. Stepanova M. D., Cernyseva I. I. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. – M.: Vysschaja schkola, 1986. – 247 s. - 143 Навчальне видання (німецькою мовою) Солдатова Світлана Миколаївна Стилістика сучасної німецької мови. Навчальний посібник для студентів денної, заочної та екстернатної форми навчання Рецензенти: В. В. Демецька, Л. Л. Ткаченко Відповідальний за випуск