08.06.2007 Zecken, Borreliose und FSME Auf der nördlichen Halbkugel beginnt die Zecken-Saison ab März und dauert bis in den November(kann aber bei milden Wintern auch länger dauern). Zecken fühlen sich bei Temperaturen zwischen 17 - 20°C am wohlsten und sind bei unter 7°C nicht aktiv. Über 1.000 m Höhe sind sie meist nicht mehr anzutreffen. Das milde Klima der letzten Monate ist möglicherweise auch den Zecken zugute gekommen. Zecken lieben Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit. Ist der Sommer heiß und trocken, verziehen sich die Zecken, verregnete Sommer mögen sie. Die bei uns weit verbreiteten Schildzecken (Ixodes ricinus oder "Gemeiner Holzbock") lauern im Gras und niederem Gebüsch. Sie können beim Blutsaugen unterschiedliche Krankheitserreger übertragen, wenn sie mit Erregern infiziert sind: In ganz Mitteleuropa am häufigsten ist die Übertragung der Bakterien "Borrelia burgdorferi". Das "Frühsommer-Meningo-Encephalitis-Virus" (FSME)-Virus kommt dagegen nur in bestimmten Regionen Europas vor, in Deutschland überwiegend im Süden. Daneben scheinen sich bislang seltene Zecken-Arten zunehmend auszubreiten: die Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) vor allem in Süd- und Ostdeutschland, die Reliktzecke (Haemaphysalis concinna) in Brandenburg. Um sich nicht stechen zu lassen, gibt es mehrere Möglichkeiten: Insekten-Repellents für die Haut Kommerzielle Repellents ("Abwehrmittel") für die Anwendung auf der Haut sind seit Jahrzehnten gegen Mücken und Zecken im Gebrauch. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Repellents mit den Wirkstoffen DEET (Diethyltoluamid, u.a. Jaico®, NoBite®) oder Icaridin (u.a. Autan Active®, Autan Family®, NoBite Sensitive®). DEET wird seit vielen Jahrzehnten verwandt und ist daher der am besten ausgetestete Wirkstoff. Es wird in Konzentrationen von 20-50% angeboten, wobei höhere Konzentrationen eine deutlich längere Schutzwirkung von bis zu fünf Stunden erzielen. Ähnlich aussagekräftige Studien liegen zur Wirksamkeit von Icaridin vor, wobei diesem Mittel bessere kosmetische Eigenschaften als DEET bei gleichzeitiger Unbedenklichkeit bezüglich Nebenwirkungen oder Auflösung mancher Kunststoffe zugesprochen werden. Unabhängige Tests (Tropeninstitut Basel) bescheinigen auch dem Produkt Zanzarin® Bio-Lotion, das Kokosnussbestandteile, Aloe Vera, Jojoba, Vitamin B Komplex und Vitamin E enthält, eine gute Wirksamkeit gegen Mücken und Zecken. Daneben gibt es eine Vielzahl an weiterer Repellents auf Basis pflanzlicher bzw. ätherischer Öle (Teebaumöl, Soja, Citronella etc.). Diese können durchaus effektiv sein, zeigen aber in der Regel eine deutlich kürzere Wirkungsdauer als die oben genannten Mittel. Die Wirkungsdauer und Einschränkungen bei Kleinkindern oder Schwangeren sind bei den verschiedenen Produkten unterschiedlich - bitte Packungsbeilage beachten! Kleidung und Imprägnierung In Risikogebieten sollte möglichst lange und helle Kleidung getragen werden. Zecken lauern in Gräsern, sie fallen nicht von Bäumen herab. Deshalb schützen festes und möglichst hohes Schuhwerk und Socken, die beim Wandern über die Hosenbeine gezogen werden. Zusätzlich zu Repellents für die Haut sind auch solche Produkte zu empfehlen, mit denen die Kleidung (oder Bettnetze) imprägniert werden kann. Dabei handelt es sich um spezielle Kontakt-Insektizide wie Permethrin (Pyrethrum, NoBite Kleidung ®). Permethrin gehört zu den Pyrethroiden, einer Gruppe von Insektenbekämpfungsmitteln, die vom natürlichem Gift der Chrysanthemen, dem Pyrethrum, abgeleitet worden sind. Unbedingt Warnhinweise beachten! Wichtig zu wissen ist, dass Zecken oft Stunden auf dem Körper "unterwegs" sind, bis sie eine geeignete Stelle zum Stechen gefunden haben (meist in weichen Hautpartien, wie z.B. Kniekehlen). Hat man sich eine Zecke "aufgeladen", besteht oft noch Zeit, sie abzusammeln, ohne dass sie gestochen hat. Bei der Borreliose vergrößert sich diese "sichere" Zeitspanne dadurch, dass die Zecke nicht sofort Borrelien überträgt, sondern das die Zecke erst nach mehreren Stunden des Saugens beginnt, mit dem Speichel Erreger zu übertragen. Findet man also nach einem Waldspaziergang an seinem Körper eine Zecke, die sich noch nicht oder nur wenig vollgesogen hat, ist das Risiko einer Borreliose-Infektion gering. Borreliose Zecken in Europa, Ost-Europa, Sibirien und Nord-Amerika können Bakterien der Gattung Borrelien (Lyme-Borreliose, nach ihrem Entdeckungsort Lyme, USA im Jahr 1976) übertragen. Ob Zecken in Deutschland Borrelien in sich tragen und damit infektiös sind, ist regional sehr unterschiedlich. Man schätzt, dass durchschnittlich jede zehnte Zecke Borrelien in sich trägt. Bei einer Infektion kommt es nach einigen Tagen bis Wochen zu einer "wandernden", sich unregelmäßig ausdehnenden Rötung (Erythema migrans) an der Zeckenstichstelle. Wird die Erkrankung nicht behandelt, kann es später zu Gelenkbeschwerden (LymeArthritis) kommen. In Spätstadien sind auch Gehirn- und Nervenerkrankungen möglich (Neuroborreliosen). Gegen die Borreliose gibt es keinen wirksamen Impfstoff. Bei einer Infektion besteht die Möglichkeit einer antibiotischen Therapie. Je frühzeitiger diese eingesetzt wird, desto höher sind die Heilungserfolge. Eine aktive Borreliose mit Hilfe von Blutuntersuchungen bei neurologischen Erkrankungen sicher auszuschließen, ist nicht einfach. Oft sind nur Hinweise darauf möglich, ob eine Infektion bestand, nicht aber, ob noch lebende Bakterien im Körper existieren, die einer Antibiotikatherapie zugänglich wären. Die Entscheidung ob antibiotisch behandelt wird, richtet sich daher im wesentlichen nach dem klinischen Befund. Nationales Referenzzentrum für Borrelien am Pettenkofer-Institut Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME/RSSE) FSME wird durch ein Virus ausgelöst das die Zecke auf den Menschen überträgt, aber nicht jede Zecke ist mit dem FSME-Virus infiziert, und nicht jeder Stich macht krank. Ist die Infektion durchgestanden, besitzt man eine lebenslange Immunität. Die Erkrankung beginnt mit Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen. In 60-70% der Fälle verläuft die Infektion ohne Krankheitserscheinung, etwa 30% der infizierten Personen erkranken an einer Frühsommer-Meningo-Enzephalitis. Die Erkrankungen kann als grippaler Infekt wahrgenommen werden. Bei ca. 10% der infizierten Personen kann sich das Rückenmark oder die entsprechenden Nervenwurzeln entzünden - es kann zur Hirnhautentzündung kommen. Die Symptome sind starke Kopfschmerzen, hohes Fieber und ein steifer Nacken. Bei schwereren Verlaufsformen kann sich auch das Gehirn entzünden, dann kommen zusätzlich zu den Symptomen der Hirnhautentzündung häufig noch Bewusstseinsstörungen hinzu. Je älter der Patient, desto wahrscheinlicher ist eine Gehirn- oder Rückenmarksentzündung. Rund 10-20% der Patienten haben nach einer schweren Verlaufsform langanhaltende oder bleibende neuropsychologische Schäden, etwa ein bis zwei Prozent der Patienten, bei denen das Virus das zentrale Nervensystem befällt, sterben. FSME in Deutschland: Virusbedingte FSME-Erkrankungen (Hirnhautentzündungen) treten nur in bestimmten Risikogebieten auf. Im Jahr 2005 wurden 432 FSME-Fälle gemeldet, 2006 insgesamt 511 Fälle, die sich in Deutschland infiziert haben, 35 Deutsche haben sich 2006 im Ausland mit FSME infiziert ( Robert-Koch-Institut, 2007). 269 Fälle in Baden-Würtemberg 182 Fälle in Bayern Die restlichen 60 Erkrankungen verteilen sich auf Hessen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen. Bundesländer mit FSME-Risikogebieten für 2007 sind: Baden-Würtemberg Bayern Hessen Rheinland-Pfalz Thüringen Bundesländer mit vereinzelt auftretenden FSME-Erkrankungen sind: Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Sachsen Sachsen-Anhalt Bundesländer in denen bisher noch keine FSME-Erkrankung erworben wurde: Schleswig-Holstein Hamburg Bremen Berlin Nordrhein-Westfalen Saarland FSME in Europa bis zum Jahr 2005: Litauen Lettland Estland Russland Tschechien Polen Österreich Ungarn Slowenien Kroatien Weniger ausgeprägt ist das Vorkommen in: Südostschweden Finnland Frankreich Italien Griechenland Norwegen Dänemark (Insel Bornholm) Kein FSME-Risiko besteht: auf der Iberischen Halbinsel in Großbritannien in den Benelux-Ländern Irland In ganz Europa werden bei hoher Dunkelziffer jährlich etwa 10.000-12.000 klinische FSME-Fälle beim Menschen registriert. Unabhängig vom jeweiligen Risikoniveau ist zwischen 1973 und 2003 das Vorkommen von FSME-Fällen in den meisten europäischen Ländern angestiegen, insbesondere Tschechische Republik, die Slowakische Republik, Polen, Litauen und Deutschland. Ein gegenläufiger Trend wurde 2005 in Österreich verzeichnet. Bei einer durchschnittlichen FSME-Durchimpfungsrate der Bevölkerung von 90 Prozent erkrankten dort zwischen 2000 und 2004 nur noch 62 (ungeimpfte) Personen pro Jahr (verglichen mit 426 Personen proJahr zwischen 1976 - 1980). In Sibirien ist eine andere Form der viralen, durch Zecken (Ixodes persulcatus) übertragenen Hirnentzündung verbreitet, die RSSE (Russianspringsummer-encephalitis). Das Virus ist dem FSME-Virus sehr ähnlich, daher ist die FSME-Impfung ist auch gegen RSSE wirksam. Eine FSME-Schutzimpfung wird für Personen empfohlen, die in den Risikogebieten wohnen und arbeiten oder durch freizeitbedingte Tätigkeiten besonders häufig Zecken, die mit FSME-Viren infiziert sind, ausgesetzt sind. Reisende, die in den Risikogebieten Urlaub machen, können sich mit einer Schutzimpfung schützen. Eine FSME-Schutzimpfung erfordert für die Grundimmunisierung drei Impfdosen und bietet einen Schutz für drei bis fünf Jahre. Ein zeitlich begrenzter Impfschutz (etwa für Urlauber) erfordert mindestens zwei Gaben des Impfstoffs. Geimpft werden ggf. Kinder frühestens ab dem dritten Lebensjahr mit einer verminderten Dosis oder ab dem vollendetem zwölften bzw. (bei einem anderen Hersteller) ab dem 16. Lebensjahr mit der Erwachsenendosierung. Ist es möglich, sich zu impfen, nachdem man von einer Zecke gestochen worden ist? Die Inkubationszeit beträgt einige Tagen bis Wochen. Wenn direkt nach dem Zeckenstich die erste Impfdosis gegeben wird, können in Einzelfällen noch rechtzeitig Antikörper gebildet werden, um die Vermehrung des Erregers zu bremsen. Es sind keine besonderen Nebenwirkungen gemeldet worden, wenn die erste Impfdosis nach dem Zeckenstich gegeben wurde. Die Impfung kann allerdings die Diagnostik erschweren. Da durch die Impfung ebenfalls Symptome auftreten können und es dann schwierig wird den Unterschied festzustellen zwischen Impfreaktion und einer beginnenden FSME-Erkrankung Lokal- und Allgemeinreaktionen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Innerhalb von 1-3 Tagen kann es an der Impfstelle zu Rötung, Schmerzhaftigkeit und Schwellung kommen, gelegentlich mit Beteiligung der zugehörigen Lymphknoten. Häufig werden innerhalb der ersten 1-4 Tage Fieber, Kopfschmerzen, Mattigkeit, Unwohlsein oder Magen-DarmErscheinungen sowie Missempfindungen (Taubheitsgefühl, Kribbeln) beobachtet. Die Symptome treten vor allem nach der ersten Impfung auf, bei weiteren Impfungen werden sie seltener. Sie klingen in der Regel nach 72 Stunden ab. Gelegentlich treten Gelenkbeschwerden auf. In der Regel sind diese Lokal- und Allgemeinreaktionen vorübergehender Natur und klingen rasch und folgenlos wieder ab. In Einzelfällen wurden allergische Reaktionen beobachtet und über langanhaltende Erkrankungen des peripheren Nervensystems berichtet (Neuritis, Polyneuritis, Guillain-Barré-Syndrom). (Quelle: MD Medicus) nach oben Reisemedizinisches Zentrum Tel.: 0900-1234-999 (1,86 €/min.)