Europäisches Parlament 2014-2019 Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres 2015/2287(INI) 3.11.2015 ENTWURF EINES BERICHTS über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten (Artikel 116 Absatz 7 GO) im Zeitraum 2014-2015 (2015/2287(INI)) Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres Berichterstatterin: Laura Ferrara PR\1077165DE.doc DE PE571.441v01-00 In Vielfalt geeint DE PR_INI INHALT Seite ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS ............ 3 PE571.441v01-00 DE 2/7 PR\1077165DE.doc ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS zu dem Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten (Artikel 116 Absatz 7 GO) im Zeitraum 2014-2015 (2015/2287(INI)) Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf die Artikel 1, 10, 11 und 16 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und die Artikel 15 und 298 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), – unter Hinweis auf die Artikel 41 und 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, – unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission1, – unter Hinweis auf das Urteil vom 17. Oktober 2013 in der Rechtssache C-280/11 P Rat der Europäischen Union / Access Info Europa, – unter Hinweis auf das von der Kommission im Mai 2015 vorgestellte Paket „Bessere Rechtsetzung“, – unter Hinweis auf die von Präsident Juncker für die Kommission vorgegebenen politischen Leitlinien, – unter Hinweis auf die Berichte der Kommission, des Rates und des Parlaments über die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 in den Jahren 2013 und 2014, – gestützt auf Artikel 52 und Artikel 116 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung, – unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A8-0000/2015), Transparenz und Demokratie 1. erinnert daran, dass das Handeln der Organe und die Strategien der EU auf der partizipativen Demokratie beruhen müssen und somit für die Achtung der Grundsätze der umfassenden Transparenz, der geteilten Verantwortung und der ordnungsgemäßen und zeitnahen Unterrichtung der Bürger gesorgt sein muss; 2. erinnert daran, dass die Organe verpflichtet sind, dauerhaft einen offenen und transparenten Dialog mit der Zivilgesellschaft zu führen, damit sich die Bürger verstärkt am Beschlussfassungsprozess beteiligen und ihn genauso wie die Legitimität und die Wirksamkeit der Verwaltungsbehörden und ihrer Maßnahmen in seinen verschiedenen Phasen unmittelbar kontrollieren können; 1 ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43. PR\1077165DE.doc 3/7 PE571.441v01-00 DE 3. erinnert daran, dass nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 Transparenz und der Zugang zu allen Dokumenten der Organe die Regel sein müssen und dass die in der Verordnung vorgesehenen Ausnahmeregelungen – wie bereits mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU festgelegt wurde – ordnungsgemäß und unter Berücksichtigung des vorherrschenden öffentlichen Interesses an der Verbreitung ausgelegt werden müssen; 4. erinnert daran, dass die Bürger das Recht haben, sich über das Handeln ihrer Vertreter, den Beschlussfassungsprozess, die Art und Weise, in der die öffentlichen Gelder zugeteilt und ausgegeben werden, und die hiermit erzielten Ergebnisse zu informieren und eine entsprechende Kontrolle auszuüben, da nur so die Verantwortlichkeit und die Legitimität eines demokratischen politischen Systems unter Wahrung des Rechtsstaats gewährleistet sind; 5. bedauert, dass der Zugang der Bürger zu den Unterlagen der Organe der EU nach wie vor erschwert ist, weil es keine wirksame und bürgerorientierte interinstitutionelle Politik gibt, die auf umfassende Transparenz, Kommunikation und direkte Demokratie ausgerichtet ist; hält die Organe dazu an, proaktiv so viele ihrer Dokumente wie möglich zu verbreiten und den Zugang der Öffentlichkeit zu ihnen möglichst einfach zu gestalten, indem sie für die Übersetzung in alle Amtssprachen der EU sorgen und Möglichkeiten, auf die Informationen zuzugreifen, vorsehen, die auch den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht werden; 6. fordert alle Organe auf, die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 bis zu ihrer erhofften Überarbeitung ordnungsgemäß anzuwenden; hält insbesondere den Rat dazu an, seine eigenen Standards zu überprüfen, damit alle Debatten, Dokumente und Informationen veröffentlicht werden, und Transkriptionen seiner öffentlichen Sitzungen anzufertigen; Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 7. erinnert daran, dass sich das Recht auf Zugang zu den Dokumenten seit dem Inkrafttreten des EUV und des AEUV auf alle Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der EU erstreckt; ist daher der Ansicht, dass die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 mit Blick auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte grundlegend überarbeitet werden muss; 8. erinnert daran, dass der Verweis auf den Schutz der Wirksamkeit des Beschlussfassungsprozesses mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon für Rechtsakte gestrichen wurde; 9. bedauert, dass die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 mit Blick auf die Verpflichtung der Organe, ein Register für alle Dokumente zu führen, nicht umgesetzt wurde; fordert, dass eine europäische Politik für Register eingerichtet und Umsetzungsmaßnahmen ergriffen werden, mit denen die Eingruppierung und die Art der Bereitstellung der Dokumente der einzelnen Organe vereinheitlicht werden; 10. bedauert, dass die Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 im Rat blockiert ist, und hofft, dass hier so schnell wie möglich Fortschritte erzielt werden; PE571.441v01-00 DE 4/7 PR\1077165DE.doc Transparenz des Rechtsetzungsverfahrens „Triloge“ 11. erinnert daran, dass die Transparenz des Rechtsetzungsverfahrens von größter Bedeutung für die Bürger ist; fordert die Organe auf, die Dokumente, die Teil des Rechtsetzungsverfahrens oder mit ihm verbunden sind, aktiv zu verbreiten und die Kommunikation mit den etwaigen Antragstellern zu verbessern; vertritt insbesondere die Auffassung, dass die Organe der EU der Öffentlichkeit grundsätzlich die größtmögliche Anzahl an Dokumenten zur Verfügung stellen müssen, indem sie ein einziges gemeinsames, öffentlich zugängliches und nutzerfreundliches Portal vorsehen; 12. begrüßt die Untersuchung der Bürgerbeauftragen zur Überwachung der Praxis der sogenannten „Triloge“, des konsolidierten Verfahrens, mit dem der größte Teil der Rechtsvorschriften der EU verabschiedet wird; hält in diesem Zusammenhang die Bürgerbeauftragte dazu an, ihre im Rahmen der Verträge übertragenen Untersuchungsbefugnisse vollständig auszuschöpfen; 13. erinnert daran, dass der Rückgriff auf Triloge in dem im Vertrag verankerten Rechtsetzungsverfahren nicht vorgesehen ist und dass Vermittlungsausschüsse nur bei der dritten Lesung und als letztes Mittel zum Einsatz kommen sollten; 14. bedauert, dass die Bürger keine Möglichkeit haben, die Verhandlungen im Rahmen der Triloge zu überwachen; bekundet seine Besorgnis darüber, dass solche Rechtsetzungsmethoden zu Missbrauch führen könnten, was insbesondere mit Blick auf die Rolle der Interessengruppen und die etwaige Ungleichbehandlung der Betroffenen gilt, die bei der Ausarbeitung der europäischen Rechtsvorschriften mitwirken; 15. fordert, dass die betroffenen Organe künftig die Transparenz ihrer Verhandlungen gewährleisten, indem sie dafür sorgen, dass ihre Sitzungen öffentlich sind oder als Webstream übertragen werden bzw. die Tagesordnungen, die Protokolle und die wichtigsten erörterten Themengebiete offengelegt werden; Verbindliches Register der Interessengruppen 16. begrüßt die Absicht der Kommission, eine interinstitutionelle Vereinbarung zur Einrichtung eines verbindlichen interinstitutionellen Registers der Interessenvertreter bei den Organen vorzuschlagen, und fordert, dass diesem Vorhaben größtmögliche Priorität eingeräumt wird; 17. fordert außerdem das Parlament und den Rat auf, sich an den Beschluss der Kommission vom 25. November 2014 zu halten und Informationen über Kontakte zwischen Interessenvertretern und Mitgliedern des Parlaments, ihren Mitarbeitern und ihren Beratern sowie zwischen Interessenvertretern und im Rat tätigen Vertretern der Mitgliedstaaten zu veröffentlichen; Delegierte Rechtsakte 18. verweist darauf, dass nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 und im Interesse einer umfassenden parlamentarischen, demokratischen und transparenten PR\1077165DE.doc 5/7 PE571.441v01-00 DE Kontrolle auch der Zugang zu den Dokumenten gewährt werden muss, die im Rahmen der Befugnisübertragung erstellt wurden (delegierte Rechtsakte), die einen großen Teil der europäischen Rechtsetzung ausmacht; nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass noch kein Register der delegierten Rechtsakte erstellt wurde, und fordert die Kommission auf, dieses Register unverzüglich einzurichten; Internationale Übereinkünfte 19. erinnert an die rechtsverbindliche Wirkung und die Auswirkungen der internationalen Übereinkünfte auf die Rechtsetzung der EU, und hält es für geboten, dass während des gesamten Verfahrens für die Transparenz der Verhandlungen gesorgt ist, wozu auch die Verpflichtung der Organe gehört, das der Kommission übertragene Verhandlungsmandat offenzulegen; bekundet in diesem Zusammenhang sein Bedauern darüber, dass die Verhandlungen im Geheimen ablaufen und die Bürger keinen Zugang zu Informationen, sondern lediglich zu in der Presse durchgesickerten Dokumenten haben, was Raum für Spekulationen und nicht fundierte Meinungen über die Verhandlungen gibt; fordert erneut, dass die Öffentlichkeit im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 Zugang zu allen einschlägigen Verhandlungsdokumenten aller Parteien erhält; 20. weist die Kommission auf ihre Verpflichtung hin, das Parlament in allen Phasen der Verhandlungen uneingeschränkt und umgehend zu unterrichten; Transparenz der Verwaltungsverfahren 21. erinnert daran, dass Transparenz den in Artikel 41 der Charta und Artikel 298 AEUV verankerten Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung stärkt und zu seiner Umsetzung beiträgt; fordert aus diesem Grund, dass die internen Verwaltungsverfahren so konzipiert werden, dass sie diesem Ziel gerecht werden; 22. fordert die Organe der EU auf, gemeinsame Standards dahingehend festzulegen, wie die Verwaltungsverfahren abgewickelt und wie die entsprechenden Dokumente bereitgestellt, eingestuft, freigegeben, registriert und verbreitet werden können; Vertragsverletzungsverfahren 23. bedauert, dass bei Vertragsverletzungsverfahren kaum Transparenz an den Tag gelegt wird; fordert insbesondere, dass die im Rahmen dieser Verfahren von der Kommission an die Mitgliedstaaten übersandten Dokumente und die entsprechenden Antworten öffentlich zugänglich sind; Verwaltung der Strukturfonds 24. unterstreicht, dass mit Blick auf die Verhandlungen über die nationalen und regionalen operationellen Programme für den umfassenden Zugang zu den einschlägigen Informationen und eine wirksame Transparenz dieser Informationen zu sorgen ist; 25. fordert die Kommission auf, die diesbezüglichen Kontrollen der Einhaltung der in der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 festgelegten Informations- und Mitteilungspflichten durch die Verwaltungsbehörden zu stärken und – sofern angezeigt – die für einen PE571.441v01-00 DE 6/7 PR\1077165DE.doc Verstoß gegen diese Pflichten vorgesehenen Sanktionen zu verhängen; 26. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Europäischen Bürgerbeauftragten, dem Datenschutzbeauftragten und dem Europarat zu übermitteln. PR\1077165DE.doc 7/7 PE571.441v01-00 DE