Universität Trier – Fachbereich I – Philosophie Wintersemester 2009/2010 Proseminar: Tierphilosophie Leitung: Thomas Hoffmann, M.A. Verfasser: Anna Katharina Robenek, Jascha Ostermann Datum: 12.11.2009 Thesenpapier zu: Frank Esken: Schwierigkeiten mit Glaubenszuschreibungen bei Tieren Conclusio aus Sitzung 1: Zuschreibungen intentionaler Kerneinstellungen sind problematisch aufgrund einer fehlenden begrifflichen Ebene in Bezug auf mentale Signifikanzbestimmung. Ist es nicht doch möglich, Tieren Intentionen zuzuschreiben, die auf externer Signifikanzbestimmung basieren? Lösungsansatz (an sprachphilosophischer Kritik ansetzend): Umordnung von prädikativer Lesart: Der Hund glaubt, dass sein Herrchen ihm Futter bringt. Verhaltenssubjekt propositionaler Gehalt im Sinne mentaler Signifikanzbestimmung Hin zu bezugnehmender Lesart: Der Hund glaubt von seinem Herrchen, dass es ihm Futter bringt Verhaltenssubjekt externe Signifikanzbestimmung prop. G. i. S. mentaler Signifikanzbest. Die prädikative Lesart ist problematisch. Esken fasst dies so zusammen (S. 442): „Diese Lesart scheitert [...] an der referentiellen Undurchsichtigkeit der inhaltswiedergebenden Ausdrücke ihres jeweiligen daß-Satzes. Daß-Sätze in Zuschreibungen intentionaler Kerneinstellungen dienen der Wiedergabe von Auffassungen; und an Auffassungen anderer kommen wir nur mit begrifflichen Mitteln heran. Ein Begriffsmedium, das wir mit höheren Tieren wie Delphinen oder Larvensifakas teilen, gibt es aber leider nicht.“ Bei der bezugnehmenden Lesart jedoch können Ausdrücke außerhalb der dass-Klausel durch Begriffe desselben Begriffsumfangs (extensionsgleiche Begriffe) ersetzt werden, ohne dass sich der Wahrheitswert der Zuschreibung ändert. Es spielt hierbei keine Rolle, was der Hund unter „Herrchen“ versteht, da das Bezugswort „es“ nur Referenzpronomen, nicht Inhaltsgegenstand ist. Problem: Der Inhalt einer Zuschreibung ist offenbar aber auch weiterhin nur durch die mentale Signifikanzbestimmung erkennbar. Es ist nicht möglich zu sagen, dass ein Lebewesen inhaltliche Konzepte beherrscht, da deren begriffliche Zuteilung mehr ist als sensorische Unterscheidung. Conclusio: Es fehlt also offenbar ein Verbindungsglied zwischen Wahrnehmungsinhalt und dem Inhalt intentionaler Kerneinstellungen. => Esken schlägt folgenden Lösungsansatz vor: Erklärungsgrundlage von Verhalten sind verhaltenssteuernde Informationen. Charakteristisch für die Ursachen bewussten Verhaltens sind solche Informationen, die an eine mentale Repräsentationsstruktur (Relation zwischen Inhaltsträger und Inhaltssemantik) gebunden sind. Es gibt zwei Arten von Repräsentationssystemen (R-Systemen), die jeweils noch einmal unterteilt werden. 1.) Konventionale Repräsentationssysteme 1.1) Konventionale R-Systeme 1. Typs: Hier besteht weder eine intrinsische R-Funktion noch ein intrinsisches R-Vermögen. Die Funktion wird „von außen“ beigelegt, wodurch dem System eine Aufgabe zugeteilt wird; die R-Elemente heißen Symbole (Beispiele hierfür sind Landkarten, Noten oder Codes). 1.2) Konventionale R-Systeme 2. Typs: Die R-Elemente sind nicht Symbole, sondern natürliche Indikatoren (Baumringe, Fußspuren, etc.), die per Konvention einen Sachverhalt repräsentieren (zum Beispiel Thermometer, Tacho, etc.). Problem: Konventionale R-Systeme können keine Inhalte intentionaler Kerneinstellungen darstellen, da sie selbst via menschlicher Konvention funktionieren. Funktionsfehler sind daher dem Benutzer, nicht dem System selbst anzulasten. 2.) Natürliche Repräsentationssysteme 2.1) Natürliches R-System des phylogenetischen Typs Sie werden durch „Wahrnehmungssysteme“ verkörpert (jede Art von natürlichen Sensoren). R-Funktion: das Lebewesen soll über bestimmte externe und interne Sachverhalte informiert werden (durch evolutionäre Errungenschaften) Beispiel: Beutefangverhalten einer Erdkröte um den angeborenen auslösenden Mechanismus des Vorschnellens der Zunge auszulösen, kann man neben einem Wurm auch künstliche Nachbildungen, d.h. Attrappen von Würmern verwenden. Der Ablauf ist immer derselbe, aber nicht weil die Kröte denkt, es handle sich um einen echten Wurm, sondern weil die Sensorik den Reiz unmittelbar an das motorische neuronale Zentrum weiterleitet. Es handelt sich also auch hier nicht um eine genuine Fehlrepräsentation. 2.2) Natürliches R-System des ontogenetischen Typs Die R-Funktionen werden durch Ereignisse und die Umwelt während des Lebens des Individuums erworben und durch Erfahrungen im System manifestiert. Beispiel: Junge wildlebende Katzen fressen Giftnattern und verbinden dies auf irgendeine Art mit etwas Negativem, woraufhin sie diese meiden. Eine bestimmte Echsenart nutzt die Imitation dieses Verhaltens möglicherweise als Schutzmechanismus, sie werden dementsprechend auch gemieden. Der sensorische Repräsentationsgehalt ist der Katze vielleicht als mentale Information zugänglich („Lernen durch Erfahrung“), was sie die Echse als irgendetwas anderes auffassen lässt. Also kontrolliert eine R-Funktion das durch eine sensorische Repräsentation verursachte Verhalten (eine genuine Fehlrepräsentation läge vor) Möglicherweise bildet diese Art der Wahrnehmungsauffassung eine Vorstufe der intentionalen Kerneinstellungen, jedoch kommt man an die Inhalte dieser Einstellungen von Tieren nicht heran.