Herzschrittmacher - Ihre Homepage bei Arcor

Werbung
2.1.1 Herzschrittmacher
Der Herzschrittmacher wurde für Patienten entwickelt, deren Herz zu langsam oder zu
unregelmäßig schlägt und den menschlichen Körper deshalb nicht mit ausreichend Blut
versorgen kann. Der Herzschrittmacher ist ein medizinisches, elektronisches Gerät, das aus
einem miniaturisierten Schaltkreis und einer Kompaktbatterie besteht. Die Verbindung
zwischen Schrittmacher und Herz wird durch eine bzw. zwei Elektrode(n) hergestellt. Die
Elektrode ist hier ein sehr dünner, elektrisch isolierter Draht, der im rechten Vorhof oder in
der rechten Herzkammer verankert wird. Sie stellt die Herzaktivität fest, leitet die
Informationen an den Herzschrittmacher weiter, der dann durch einen elektrischen Impuls von
rund 3 Volt für eine Zeitdauer von etwa 0,5 Millisekunden automatisch die Herzfrequenz des
Patienten an die gegebene Situation (z.B. schlägt das Herz bei erhöhter Körperbelastung
schneller und bei Schlaf langsamer) anpassen kann. Dadurch zieht sich das Herz zusammen
und Blut wird in den Kreislauf gepumpt.
Neuere Schrittmacher haben darüber hinaus auch noch weitere Funktionen. Sie können einen
Herzblock zwischen Vorhof und Kammer überbrücken, sie können Herzrhythmusstörungen
des Trägers aufzeichnen und in einer Datenbank speichern, sie können durch Überstimulation
Vorhofrhythmusstörungen vermeiden helfen, sie verfügen über ein hochauflösendes
intrakardiales EKG, das in Echtzeit am Monitor des Arztes zu sehen ist, sie verfügen über ein
Home-Monitoring-System etc.
Durch all diese o.g. Eigenschaften, ist ein Herzschrittmacher zu einem vollständigen am
Körper tragbarem Computersystem geworden – einer Wearable-Applikation.
Grundsätzlich gibt es 3 verschiedene Arten von Herzschrittmachern: externe (nichtinvasive)
Schrittmacher, passagerer Schrittmacher und permanente Schrittmacher. Externe
Schrittmacher sind große aufklebbare Elektroden, über die durch die Haut regelmäßig
Stromstösse gegeben werden, um das Herz stimulieren. Sie sind nur im Notfall sinnvoll.
Passagerer Schrittmacher werden über eine Vene mit einer Elektrode in das rechte Herz
eingebunden. Über eine von außen angeschlossene Batterie und ein Steuerungssystem wird
dann das Herz stimuliert. Diese Methodik ist nur für wenige Tage sinnvoll, da sonst
Infektionsgefahr besteht. Bei permanenten Schrittmachern wird eine Reizelektrode mit
Batterie in den Brustkorb des Patienten operiert und stimuliert das Herz je nach Bedarf.
Ein moderner Herzschrittmacher hat heutzutage eine Funktionsdauer von 6 bis 12 Jahren.
Danach muss ein Wechsel durchgeführt werden, der heute jedoch dank genormter Stecker
sehr einfach geworden ist.
Meilensteine in der Entwicklung von Herzschrittmacher
Im Jahr 1855 behandelte der französische Neurologe Armand-Duchenne eine
Tachyarrhythmie1-Patientin mit der „elektrischen Hand“ - zwei von außen aufgelegte
Plattenelektroden. Dadurch gelang es ihm die zu hohen Herzfrequenzen zu senken und den
regelmäßigen Pulsschlag wiederherzustellen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts um 1882 schaffte es Geh.-Rat Prof. Dr. Hugo Wilhelm von
Ziemssen erstmals Herzaktionen von außerhalb beliebig zu steuern. Ausschlaggebend für
diesen Durchbruch war jedoch das Fehlen einiger Rippen bei der Patientin in der Herzregion.
1
Tachyarrhythmie beschreibt eine schnelle und unregelmäßige Herztätigkeit.
1927 berichtete Arzt Marmorstein als Erster über eine erfolgreiche transvenöse Stimulation
des rechten Vorhofs und Ventrikels2 mit einer unipolaren, bipolaren und tripolaren Elektrode.
Fünf Jahre darauf, 1932 beschrieb der New Yorker Arzt Hyman ein Gerät zur elektrischen
Herzreizung durch periodische Stromimpulse. Das Gerät bestand aus einem
Gleichstromgenerator mit Stromunterbrecher und einer bipolaren Nadelelektrode zur
transthorakalen3 Punktion des rechtes Vorhofs. Diese erste Variante eines Herzschrittmachers
wog 7,2 kg und musste alle 6 Minuten neu aufgeladen werden
Der erste Herzschrittmacher, gebaut von dem kanadischen Elektrotechniker John Hopps im
Jahre 1950, gab von außerhalb des Körpers elektrische Impulse durch die Haut an das Herz
ab. Er war groß, klobig und unhandlich. Nachfolgende Geräteentwicklungen wurden zwar
immer kleiner, arbeiteten jedoch noch von außerhalb und bezogen ihren Strom aus der
Steckdose. Dadurch wurde die Bewegungsreichweite des Patienten, in Abhängigkeit der
Länge des vorhandenen Stromkabels, stark eingeschränkt.
Abb. A : erster externer Herzschrittmacher
1957 erfand Earl Bakken den ersten batteriebetriebenen externen Herzschrittmacher, der mit
Transistoren arbeitet.
Abb. E : Earl Bakkens Herzschrittmacher
Im folgenden Jahr, 1958 entwickelten der Techniker Rune Elmqvist und der Chirurg Ake
Senning (Firma Siemens&Halske) den ersten voll implantierbaren Herzschrittmachers mit
2
3
Herzhauptkammer
Transthorakal = durch den Thorax (Körper)
myokardialen4 Elektroden. Dieser Schrittmacher bestand aus 20 diskreten Bauteilen und hatte
einen Durchmesser von 5,6 cm, war 1,9 cm dick und wo ca. 180 g. Er arbeitete mit 2 V und
einer Impulsdauer von 1,5 ms. Seine Funktionsdauer betrug um die 3 Stunden. Nachfolgende
Geräte dieser Art hielten schon 2 Tage. Die Stromversorgung wurde über Nickel-Kadmium
Akkus realisiert, die durch Induktionsspulen von außerhalb des Körpers wieder aufgeladen
werden konnten. Somit entfiel die zuvor nachteilige Reichweiteneinschränkung.
Dem ersten Patient dieses ersten Herzschrittmachers, Arne Larsson, wurden im Laufe seines
Lebens noch 22 weitere Geräte eingesetzt.
Abb. B : erster implantierter Herzschrittmacher
1960 entwickelten und implantierten William Chardack und Wilson Greatbatch verbesserte
Herzschrittmachern, welche sich durch besseres Material und längere Akkulaufzeiten
auszeichneten, bei zwei Kindern und acht älteren Patienten mit Herzrhythmusstörungen.
Durch den Einsatz von Quecksilberoxid-Zink-Akkumulatoren betrug die maximale
Funktionsdauer etwa 24 Monate. Dadurch mussten diese Geräte nicht mehr von außerhalb
aufgeladen werden.
Abb. C : Medtronic Chardack-Greatbatch Herzschrittmacher
4
Myokardial = Elektrodenkopf ist über ein Gewinde in den Herzmuskel eingeschraubt
Die erste erfolgreiche Implantation eines Herzschrittmachers (Chardack-Greatbatch 5850) in
Deutschland gelang Prof. Dr. Heinz-Joachim Sykosch im Jahre 1961. Dieser Schrittmacher
war faustgroß und wog 300g.
1962 baute Wilson Greatbatch den ersten Prototyps eines Zweikammerschrittmachers. Dieser
erlaubte eine Synchronisation zwischen Vorhof und Ventrikel bei Herzrhythmusstörungen.
Zweikammerschrittmacher arbeiten grundsätzlich mit 2 Elektroden (Sonden), je eine für die
Haupt- und Vorkammer. Vorherige Schrittmacher waren nur Einkammersysteme, bei denen
dann auch nur eine Elektrode zum Einsatz kam.
Im selben Jahr wurden erste Sonden, die direkt durch die Vene ins Herz gebracht werden
konnten, entwickelt. Dadurch erübrigten sich bisherige Verfahren, wobei dem Patienten unter
Vollnarkose der Brustkorb geöffnet werden musste.
Lagergren kombinierte dann im Jahr 1963 den transvenösen Zugang der Elektroden mit der
Implantation eines batteriebetriebenen Aggregates unter die Haut (vorhofgesteuerter
Schrittmacher). Ein Jahr nach dem ersten Prototyp eines Zweikammerschrittmachers, kam es
zum ersten Einsatz dieser Systeme.
Im Gegensatz zu den bisher festfrequenten Schrittmachern, die pausenlos elektrische Impulse
zur abgaben, entwickelte Castellanos im Jahr 1964 den ersten Bedarfsschrittmacher nach dem
Demand-Prinzip. Hier erfolgt die Impulsabgabe nur bei unregelmäßigem oder bei
aussetzendem Herzschlag. Diese Entwicklung war die Grundlage der modernen
Herzschrittmachertherapie.
1969 erfand Berkovits die ersten Zweikammersysteme (bifokale Schrittmacher), die eine
koordinierte Vorhof- und Ventrikelstimulation ermöglichten.
Um 1970 kam es zur Entwicklung und Implantation von Schrittmachern, die mit
atombetriebenen Energiequellen arbeiteten und sich durch eine einwandfreie Funktionsweise
auszeichneten. Jedoch wurde die Nutzung dieser Geräten, weil der Umgang mit ihnen aus
strahlenrechtlichen Gründen sehr umständlich war, ziemlich bald auch wieder eingestellt.
Mit der Erfindung der ersten implantierbaren Lithium-Iod-Batterie im Jahr 1972 durch Wilson
Greatbatch erhöhte sich die Funktionsdauer der Herzschrittmacher deutlich und löste die
bisherigen Zink-Quecksilber Batterien sowie alternative Energiekonzepte (z.B.
atombetriebene Schrittmacher) ab.
Der große Nachteil damaliger Schrittmacher, war es, dass sie nur so arbeiteten wie es die
Techniker in der Fabrik eingestellt hatten. Erst durch Entwicklung der programmierbaren
Herzschrittmacher, wurde es möglich, beispielsweise die Geschwindigkeit oder die Energie
seiner Impulse durch von außen angelegte elektromagnetische Funkwellen zu verändern.
1974 setzte Camilli erstmals einen frequenzadaptiven Schrittmacher ein, bei dem das System
auf Veränderungen des pH-Wertes im Blut, als Parameter veränderlicher körperlicher, und
damit auch kardialer Belastung des Schrittmachers, reagiert.
1976 wurden antitachykarde Systeme entwickelt und implantiert. Sie dienten speziell zur
Behandlung von zu schnellen Herzfrequenzen.
Im Jahr 1979 setzte man zum ersten Mal die Telemetrie ein, um den Batteriezustand oder die
Elektrodenfunktionen ohne chirurgischen Eingriff überprüfen zu können.
Das von Michael Mirowski 1966 entwickelte Konzept des implantierbaren Kardioverters
wurde 1980 realisiert und bei einem Patienten am St. John’s Hopkins Medical Center in
Baltimore, MD , USA, angewandt. Es soll dem plötzlichen Herztod aufgrund von
Herzrhythmusstörungen vorbeugen.
Durch die Konstruktion von atemfrequenzgesteuerten und frequenzadaptierenden
Herzschrittmachern im Jahr 1983, sind die Schrittmacher nun in der Lage eigenständig die
Stimulationsfrequenz, je nach Körperaktivität des Trägers, anzupassen.
1986 kamen erste Herzschrittmachern mit Temperatursensoren hervor, da sich bei Belastung
zahlreiche physiologische Parameter u.a. die zentralvenöse Bluttemperatur verändern. Somit
kann die Stimulationsfrequenz des Herzschrittmachers kann anhand dieser Daten gesteuert
werden.
Im Jahr 1992 wurden der erste Herz-Kreislauf-Schrittmachers, der mittels „Closed Loop
Stimulation“ komplett in die natürliche Regulierung des Systems integriert werden konnte,
eingesetzt. Dieser Schrittmacher erkennt sowohl physische als auch mentale Belastungen
(veränderte Gefühlslage) und führt dementsprechend eine Stimulationsfrequenzanpassung
durch.
1995 gelang die Konstruktion eines speziellen Zweikammerschrittmacher mit nur einer
Elektrode.
Nach der Entwicklung der Einkammer- und Zweikammersysteme kam 1999 erstmals die
Dreikammerstimulation (Dreikammersysteme - biventrikulärer Herzschrittmacher) zum
Einsatz.. Sie zeichnete sich durch eine zeitgerechte Stimulation des rechten Vorhofs und der
beiden Herzkammern aus und dient zur Behandlung von Patienten mit schwerer
Herzinsuffizienz.
Im Universitätsklinikum Heidelberg implantierte man 2003 weltweit erstmalig einen
Schrittmachers, der beide Herzkammern synchronisiert und von zu Hause aus überwachbar ist
(Home Monitoring System). Die aufgezeichneten kardialen Patientendaten werden dann per
Mobilfunk über ein mobiles Patientengerät an die Servicezentrale des Herstellers Biotronik
übermittelt und bei Anfrage des Arztes per Fax übertragen.
Heute: Aktuelle Schrittmacher wiegen um die 20 g und sind etwa so groß, wie ein 5-DM
Stück. Sie lassen sich nach dem NBG-Code in mehrere Gruppen (Stimulationsort,
Wahrnehmungsort, Betriebsart, Frequenzadaption und multifokale Stimulation) einteilen, die
jeweils mit maximal 5 Buchstaben abgekürzt sind. Abhängig vom Bedarf des Patienten
werden also Einkammer-, Zweikammer- oder Dreikammersysteme (intern sowie extern)
verwendet.
Abb. D : moderne interne Herzschrittmacher
Prognose: Die Herzschrittmachertechnik (Hardware) wird zunehmend optimiert (z.B. längere
Funktionsdauer) und miniaturisiert. Aufgrund der Muliprogrammierbarkeit der
Schrittmachersysteme, gibt es eine bessere Adaption an die verschiedene Belastungen. Im
Idealfall kann der realistische physiologischen Zustand des Patientenorganismus wieder
hergestellt werden.
Herunterladen