F̈ ̈ M Ü W Dr. Christian Bayer, Dr. Kathrin Glau Übungen zur Finanzmathematik (Diskrete Modelle) 6. Aufgabenblatt für den 18. November 2010 Bite beachten Sie: Sie sollten Aufgaben 1-4 für die Übung vorbereiten, nicht die beiden Beispiele! Erwartungswerte bedingt auf Zufallsvariable Für die ersten beiden Aufgaben kehren wir noch einmal zurück zum Begriff der bedingten Erwartung, diesmal in einem etwas anderen Zusammenhang. Seien Ω = { ω1 , . . . , ωN } die Menge der Ausfälle und p1 , . . . , pN > 0, p1 + · · · + pN = 1 die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten, also P({ωi }) = pi . Die bedingte Wahrscheinlichkeit einer Menge A ⊂ Ω bedingt auf B ⊂ Ω ist bekanntlich gegeben durch P[B|A] B P[A ∩ B] , P[A] falls A , ∅. Analog definieren wir die bedingte Erwartung einer Zufallsvariable Y : Ω → R bezüglich einer nichtleeren Menge A als X E[Y|A] B Y(ω)P[{ω}|A]. ω∈Ω Beispiel 1. Sei N = 6, pi = 1/6 und bezeichne Y(ωi ) B i die Augenzahl eines Würfels, i = 1, . . . , 6. Sei A das Ereignis, dass die Augenzahl gerade ist, also A = { ω2 , ω4 , ω6 }. Dann ist E[Y|A] = 4. Sei nun X : Ω → R eine weitere Zufallsvariable. Wir definieren nun die bedingte Erwartung von Y unter X, welche selbst nun wieder eine Zufallsvariable ist, wie folgt: E[Y|X](ω) B E[Y|Aω ], mit Aω B { ω0 ∈ Ω | X(ω0 ) = X(ω) } . Beispiel 2. Mit den Schreibweisen des Beispiels 1 betrachte man die Zufallsvariable 1, ω ∈ A, X(ω) = 1A (ω) B 0, ω ∈ Ω \ A. Dann gilt offenbar E[Y|X](ω) = 4 1A (ω) + 3 1Ω\A (ω). Wir sehen also insbesondere, dass die bedingte Erwartung bezüglich einer Zufallsvariable eine Verallgemeinerung der bedingten Erwartung bezüglich einer Menge ist. Ähnlich wie der bedingte Erwartungswert aus dem Skriptum hat der hier betrachtete bedingte Erwartungswert die folgenden Eigenschaften: 1. E[c1 Y1 + c2 Y2 |X] = c1 E[Y1 |X] + c2 E[Y2 |X]. 2. Für h : R → R gilt E[h(X)Y|X] = h(X)E[Y|X]. 3. E[E[Y|X]] = E[Y]. Aufgaben 1 und 2 beziehen sich auf das hier eingeführte Setting. Aufgabe 1. Seien X und Y Zufallsvariable. Dann existiert eine Funktion g : R → R mit ∀ω ∈ Ω : E[Y|X](ω) = g(X(ω)). Was ist der Wert von g an der Stelle xi B X(ωi ), i = 1, . . . , N? Aufgabe 2. Sei Y eine beliebige Zufallsvariable und bezeichne g(X) = E[Y|X]. Dann gilt für alle Funktionen h:R→R E[(Y − h(X))2 ] ≥ E[(Y − g(X))2 ], das heißt E[Y|X] ist die beste Approximation von Y durch Funktionen von X. Aufgabe 3. Wir betrachten ein Modell eines Finanzmarktes in einer Periode, in dem es zwei Assets S1 und S2 gibt, der Zinssatz sei r = 0. O.B.d.A. können wir annehmen, dass der Preis beider Assets zum Zeitpunkt 0 gleich 1 ist. Die Verteilung der Werte der Assets zum Zeitpunkt 1 ist unbekannt, aber wir kennen ihre erwarteten Renditen µ1 und µ2 sowie die Kovarianzmatrix Σ. Das Ziel eines risikoaversen Investors ist es also, eine möglchst hohe erwartete Rendite für ein Portfolio zu erreichen, während die Varianz des Wertes des Portfolios möglichst klein sein soll. Angenommen, der Investor hat ein Anfangskapital b und möchte mindestens einen erwarteten Wert µ0 zum Zeitpunkt 1 erreichen und dabei die Varianz minimieren. Leerverkäufe seien aber nicht erlaubt. a) Erläutern Sie, warum der Investor das folgende Minimierungsproblem in R2 lösen muss: xT Σx → min unter den Nebenbedingungen x1 + x2 ≤ b, x1 µ1 + x2 µ2 ≥ µ0 , x1 ≥ 0, x2 ≥ 0. b) Setzen Sie µ1 = 2, µ2 = 1, Σ = 10 02 , b = 1, µ0 = 1, 7. Was ist das optimale Portfolio in diesem Fall? Finden Sie das Ergebnis überraschend? Hinweis: Um das Omptimierungsproblem zu lösen, können Sie die Kuhn-Tucker-Bedingungen nachprüfen, siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Karush-Kuhn-Tucker_conditions. Die Kuhn-Tucker-Bedingungen kann man mit geeigneten Fallunterscheidungen lösen. Aufgabe 4. Betrachten Sie ein Binomialmodell mit 2 Perioden mit u = 3/2, d = 1/2, r = 0 und p = 2/3, S0 = 1. Berechnen Sie optimale (selbst-finanzierende) Portfolio sowie den entsprechenden optimalen erwarteten Nutzen für die logarithmische Nutzenfunktion.