L 410: Untersuchung von Gleichgewichten Lehrbuch Untersuchung von Gleichgewichten Natur ist der umfassende Begriff für das Alles, was es gibt. Alles ist Natur. Natur Jedem ist verständlich, dass man nicht die Natur als Ganzes beobachten kann. 1. Es ist zuviel auf einmal. 2. Die Zusammenhänge sind zu vielschichtig. 3. Keine Erkenntnis ist vollständig, spätere Erkenntnisse beeinflussen damit schon als erkannt geglaubte Naturgesetze. Bild 1: Natur und Gleichgewicht Natur und Gleichgewicht Außerdem ist es mit dem Beobachten nicht getan. Da in der Natur alles im Gleichgewicht ist, wird man etwas tun müssen, um Veränderungen entdecken zu können. Um zu den ersten Vermutungen über Zusammenhänge zu gelangen, brauchte der Mensch nur seine Beobachtungsgabe, die Möglichkeiten des Sich-Erinnerns und des Vergleichen-Könnens. Was aber kann der Mensch unternehmen, wenn er seine Vermutungen, wie miteinander zusammenhängt, überprüfen will? Damit man das Vorhandene untersuchen kann, muss man erklären, was man untersuchen will. Den Ausschnitt aus der Natur, den man erklren will, nennt man das System, den Rest der Natur nennt man die Umgebung. Die Abtrennung ist zunächst nur gedanklich und wird die Systemgrenze genannt. Damit ergeben sich aber noch keine Veränderungen. Um diese Veränderungen eines bestehenden Gleichgewichts zu erreichen, muss man handeln und in diesem Fall etwas bewegen. Der Mensch, der handeln will, befindet sich außerhalb unseres Systems. Er muss aber durchgreifen können. Dazu muss die Systemgrenze durchlässig sein. Außerdem muss etwas da sein, was sich bewegen lässt. Bild 2: Natur und System Bild 3: Natur und innerem System und Umgebung Dazu kann man zum Beispiel die Systemgrenze verschieben und durchlässig für Stoffe machen. Man erhält dabei einen Teil, der innerhalb der Systemgrenzen liegt und deshalb inneres System genannt wird. Ein weiterer Teil des ursprünglichen Systems liegt nun außerhalb in der Umgebung des Systems und wird als äußeres System bezeichnet. Dabei bleibt das Gesamtgleichgewicht der Natur unverändert, bisher ist alles nur gedanklich vorgenommen worden! Jetzt kann der Mensch Vermutungen überprüfen. Das geschieht in sogenannten Experimenten (lat. Versuch). Da man den Ausgang von Experimenten nicht kennt. Es ist für die meisten Menschen enttäuschend, wenn Versuche nicht das als Folgerungen ergeben, was sie erwarten. Einen naturwissenschaftlich denkenden Menschen kann das nicht wesentlich am Weitermachen hindern, weil 1. der Name Versuche bedeutet, dass sie misslingen können, sonst würde man sie „Gelinge“ nennen. 2. sie nicht gemacht werden müssten, wenn man den Ausgang des experimentes schon kennen würde. Beim Experimentieren stellt der Mensch Fragen an die Natur. Diese Fragen geschehen in Form von Handlungen. Bei diesen Handlungen, Aktionen. (Handlung lat. actio) versucht man, ein vorhandenes Gleichgewicht gezielt zu stören. Damit erwartet man eine Antwort der Natur, die man Reaktion nennt (re lat. zurück) Natur uns System Inneres und äußeres System Experiment Frage=Aktion Antwort=Reaktion Bild 4: System mit Störung Die Erfahrung vieler Experimente und Beobachtungen in der Natur besagen: Die Action des Handelnden ruft immer eine Reaktion der Natur hervor, so dass ein neues Gleichgewicht entsteht. Dabei gilt eine wichtige Annahme, um Naturwissenschaften betreiben zu können. Man geht davon aus, dass immer das Gleiche geschieht, wenn man das Gleiche tut. Ursache und Wirkung sind eindeutig miteinander verbunden. Man nennt diese Annahme das Kausalitätsprinzip. Es machte keinen Sinn weiterzuforschen, wenn man von der Natur keine eindeutigen und sicheren Ergebnisse erwarten könnte1. Ohne zuverlässige Ergebnisse sind keine weiteren sinnvollen Annahmen möglich. actio = reaktion Kausalitätsprinzip 1 Dieses Problem taucht seit Neuestem im Bereich der subatomaren Teilchen auf und wird wahrscheinlich auch darüber hinaus für das Verständnis der Natur große Bedeutung erlangen. 14.05.2016 © 2005 HMTC Halbmikrotechnik Chemie GmbH L 410: Untersuchung von Gleichgewichten Lehrbuch Energieausgleich In unserem Versuch mit dem System Waage benötigt man Energie, um ein Massestück von der inneren Waagschale auf die äußerer zu heben. Sofort wird die Natur darauf reagieren. Hebt man das Massestück hoch, so kippt der innere Waagebalkenum einen gewissen Betrag nach oben. Wenn man nun das Gewichtstück auf der äußeren Waagschale absetzt, senkt sich diese äußere nochmals um etwa den gleichen Betrag. Dabei wird Energie frei. Bild 5: Bildung eines angeregten Gleichgewichts Bezugspunkt System Was geschieht mit der Energie? In den Naturwissenschaften wählt man zur Beschreibung eines Systems immer einen Punkt innerhalb des Systems. In unserem Fall erhält das innere System Energie. Eine Reaktion, die dem Inneren des Systems Energie zuführt, wird endergonisch genannt. (endo griech. innen; erg(o) griech. Arbeit, Werk2) Will man die zugeführte Energie mit Symbolen beschreiben, so schreibt man für eine endergonische Reaktion + E. Genau so viel Energie verliert die Umgebung an Energie. Vom Standpunkt „System Umgebung“ ist der Vorgang mit Energieabgabe verbunden. Eine Reaktion, die eine System Energie entzieht, wird exergonisch genannt. (exo griech. außerhalb; erg(o) griech. Arbeit, Werk) Will man die abgegebene Energie mit Symbolen beschreiben, so schreibt man für eine exergonische Reaktion - E. Wo bleibt die Energie? Ein Teil der zugeführten Energie dient zum Anheben des inneren Massestücks. Sie ist im System als Lageenergie gespeichert. Eigentlich müsste genau das äußere System genau so viel Energie abgeben wie das innere System aaufnimmt, um Gleichgewicht in der gesamten Natur beizubehalten. Es scheint aber so, als würden die drei äußeren Massestücke um den gleichen Betrag abgesenkt, wie das eine innere Massestück angehoben wird. Damit scheint die Umgebung mehr Energie abzugeben als das innere System aufnimmt. endergonsich exergonisch Scheinbares EnergieUngleichgewicht Das ist aber nur scheinbar so. Eine spezielle Untersuchung der leeren Waage ergibt, dass die Waage neben dem Drehpunkt auch einen Schwerpunkt besitzt. Befindet sich die Waage im stabilen Gleichgewicht, so befindet sich der Schwerpunkt exakt unter dem Drehpunkt. Wenn man die Waage auf beiden Seiten gleichmäßig belastet, so verschiebt sich der Schwerpunkt etwas weiter senkrecht nach unten, ohne dass sich der Waagebalken neigt. Bild 6: Drehpunkt und Schwerpunkt eines Waagebalkens Bild 7: Ausbildung eines neuen stabilen Gleichgewichtes 2 Wenn man nun die Massestücke ungleich auf die Waagschalen verteilt, verschiebt sich der Schwerpunkt zur schweren Waagebalkenseite. Der neue Schwerpunkt muss aber wieder exakt unter dem Drehpunkt liegen. Daher neigt sich der Waagebalken mit der schwereren Seite nach unten. Wenn sich die Waage neigt, so wird der „ursprüngliche Schwerpunkt auf der leichteren Seite mit angehoben. Das geschieht so weit, bis der durch die Verschiebung der Lasten neu gebildete Schwerpunkt wieder exakt unter dem Drehpunkt zu einer stabilen Lage führt. Das System hat als die Energie aufgenommen und als sogenannte Lageenergie oder auch potentielle Energie gespeichert. Gleichzeitig hat die Umgebung energie abgegeben und diese durch den Verlust von Lageenergie aufgebracht. Wir nennen diesen Zustand der mehr Energie besitzt als seine Umgebung einen aktivierten (aktiv lat. angeregt) Zustand. Dehpunkt Schwerpunkt Lageenergie Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_griechischer_Wortst%C3%A4mme_in_deutschen_Fremdw%C3%B6rtern 14.05.2016 © 2005 HMTC Halbmikrotechnik Chemie GmbH L 410: Untersuchung von Gleichgewichten Was geschieht nun aber in der Natur, wenn man nicht den sehr langen Zeitraum3 wartet, bis dass sich die Massestücke von allein gleichmäßig auf die Waagschalen verteilen? Der Vorgang wird exakt in der umgekehrten Reihenfolge ablaufen: Die Energie wird vom System abgegeben, ddie Umgebung nimmt die Energie auf, der Unterschied zwischen den Teichenzahlen ist ausgeglichen und der Waagebalken steht wieder waagerecht. Lehrbuch Bei alledem ist das Gesamtgleichgewicht in der Natur nicht verändert worden. Gändert haben sich nur die Energien in Teilbereichen der Natur, und zwar so, dass die Summe der verschobenen Energien Null ergibt. Bild 8: Rückreaktion zum Ausgangsgleichgewicht 3 Man wird wohl so lange warten müssen, bis die Waage verrottet ist und zusammenbricht. 14.05.2016 © 2005 HMTC Halbmikrotechnik Chemie GmbH