Reihen/Partialsummenfolgen und vollständige Induktion Robert Klinzmann 23. Mai 2002 Reihen / Partialsummen 1 Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort 2 2 Das Prinzip der vollständigen Induktion 3 3 Herleitung der Gauß’schen Summenformel 3.1 Beweis der Behauptung durch vollständige Induktion . . . . . . . 4 4 4 Summenformel der ersten n Quadratzahlen 5 5 Summenformel der ersten n Kuben 5.1 Beweis durch vollständige Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . 6 6 6 Summenformel der ersten n geraden Zahlen 7 7 Summenformel der ersten n ungeraden Zahlen 7 8 Spezielle Partialsummen bzw. Potenzreihen 7 9 Reihenentwicklung der Sinusfunktion 8 10 Wie entsteht eine Taylorreihe von Robert Klinzmann 10 1 Reihen / Partialsummen 1 2 Vorwort Diese Arbeit ist eine Facharbeit für den Mathematik Leistungskurs Jahrgangsstufe 11 des Ernst-Haeckel-Gymnasiums Werder. Hauptthema dieser Arbeit ist die Herleitung spezieller Partialsummenfolgen und die Beweismethode durch vollständige Induktion. Als Extrabonbon beschäftigt sich die Arbeit in den letzten Kapiteln mit der Reihendarstellung von sin x cos x und ex . Außerdem wird bei Betrachtung dieser Reihen im komplexen Zahlenbreich die Eulersche Formel entwickelt. Dabei soll auch auf die Entwicklung solcher Taylor-Reihen eingegangen werden. Das Dokument wurde in LATEXgeschrieben und dient als Übung dieses TEXSystems. Die grafischen Abbildungen stammen aus Mathematica 4.0. Sie wurden im Dokument als EPS-Grafiken eingebunden. Bei Fragen die mich oder diese Arbeit betreffen, wenden sie sich an: Robert Klinzmann Gluckstraße 13 14542 Werder Germany EMail: [email protected] von Robert Klinzmann 2 Reihen / Partialsummen 2 3 Das Prinzip der vollständigen Induktion Man wendet das Beweisverfahren der vollständigen Induktion an, um eine Aussage über natürliche Zahlen zu beweisen ⇒ “Für jede natürliche Zahl n gilt A(n) = wahr“. Die vollständige Induktion beruht auf folgendem Induktionsaxiom: • Wenn für ein n0 aus der Menge der natürlichen Zahlen die Aussage A(n0 ) wahr ist, und wenn aus der Wahrheit von A(n) für ein beliebiges n ≥ n0 stets auch die Wahrheit von A(n + 1) folgt, dann ist A(n) für alle natürlichen Zahlen wahr. Aus diesem Induktionsaxiom geht hervor, dass zum Abschluss des Beweises zwei wichtige Schritte benötigt werden. Es muss folgendes gezeigt werden: 1. Induktionsanfang −→ Induktionsvoraussetzung Man zeigt, dass die gegebene Behauptung für ein oder einige kleine n gilt. Oft wird hier nur gezeigt, dass die Behauptung für die Zahl eine wahre Aussage ergibt. Nach diesem Schritt ergibt sich daraus die Induktionsvoraussetzung. Ohne den Induktionsanfang und der daraus folgenden Induktionsvoraussetzung, ist ein Beweis mit vollständiger Induktion sinnlos. Nehmen wir folgendes Beispiel an: Es gilt die Behauptung: A: [ 3 ist durch 2 ohne Rest teilbar ]. Natürlich wissen wir, dass dies eine falsche Behauptung ist. Aber ohne den Induktionsanfang und der Induktionsvoraussetzung, würde man logisch schlussfolgern dass gilt: B: [ 5 ist durch 2 ohne Rest teilbar ]. Man sieht also, dass diese beiden Dinge elementare Voraussetzung für ein Beweisverfahren per vollständiger Induktion sind. 2. Induktionsschritt bzw. Induktionsschluss Es wird gezeigt, dass für eine beliebe natürliche Zahl n, von der wir wissen, das sie die Behauptung erfüllt, der Nachfolger n+1 die Behauptung erfüllt. A(n) → A(n + 1) Ergibt dieser Schritt eine wahre Aussage, so ist die Behauptung richtig. Es ist somit bewiesen, dass jeder Nachfolger einer beliebigen natürlichen Zahl n die Behauptung erfüllt. Der Beweis ist nur gültig, wenn sowohl Schritt 1 als auch Schritt 2 eine wahre Aussage ergeben! von Robert Klinzmann 3 Reihen / Partialsummen 3 4 Herleitung der Gauß’schen Summenformel Es gibt verschiedene Wege diese Formel herzuleiten. Da ich sie später aber mit der vollständigen Induktion beweisen will, stelle ich aus folgendem Sachverhalt eine Vermutung auf. Es gilt: S1 (n) = 1 + 2 + 3 + · · · + (n − 1) + n Schreibt man die Summe S1 (n) und dasselbe nur rückwärtsüntereinander entsteht folgendes System: S1 (n) = S1 (n) = 1+ 2+ 3+ . . .+ n+ (n − 1)+ (n − 2)+ . . .+ 2S1 (n) = (n + 1)+ (n + 1)+ (n + 1)+ . . .+ (n − 2)+ 3+ (n − 1)+ 2+ n 1 (n + 1)+ (n + 1)+ (n + 1) 2S1 (n) = n(n + 1) Behauptung: S1 (n) = n X k= k=1 3.1 n(n + 1) 2 Beweis der Behauptung durch vollständige Induktion Induktionsanfang: n=1 → S1 (1) = 1·2 =1 2 w.A Induktionsschritt: Es muss gezeigt werden, dass wenn A(n) wahr ist, auch A(n + 1) wahr ist!. Es muss also gelten: n+1 X k=1 = n X +(n + 1) → k=1 (n + 1)(n + 2) n(n + 1) = + (n + 1) 2 2 (n + 1)(n + 2) n(n + 1) + 2(n + 1) (n + 1)(n + 2) = = 2 2 2 w.A Die Behauptung ist mit dem Induktionsschluss also bewiesen, da für jeden Nachfolger n + 1 mit n > 0 die Behauptung zutrifft → Die Behauptung ist also für die Menge aller natürlichen Zahlen n wahr! von Robert Klinzmann 4 Reihen / Partialsummen 4 5 Summenformel der ersten n Quadratzahlen Diese Formel kann man wieder auf verschiedensten Arten herleiten. Eine Methode, die für alle Herleitungen von aufeinander folgenden Potenzen funktioniert ist folgende: Es gilt: Sk (n) → Summe der ersten n Potenzen k-ten Grades (0 + 1)3 = 03 + 3·02 ·1+ 3·0·12 + 13 (1 + 1)3 = 13 + 3·12 ·1+ 3·1·12 + 13 (2 + 1)3 = 23 + 3·22 ·1+ 3·2·12 + 13 (n + 1)3 = n3 + 3·n2 ·1+ 3·n·12 + 13 13 + 23 + 33 + · · · + (n + 1)3 = (0 + 1)3 + (1 + 1)3 + (2 + 1)3 + · · · + (n + 1)3 Durch geschicktes Umordnen nach dem ausmultiplizieren erhält man: 13 + 23 + 33 + · · · + (n + 1)3 = 13 + 23 + 33 + · · · + n3 + 3·S2 (n) + 3·S1 (n) + (n + 1) (n + 1)3 = 3·S2 (n) + 3·S1 (n) + (n + 1) S1 (n) = n(n + 1) 2 ⇒ 3 (n + 1)3 − n(n + 1) = 3·S2 (n) 2 ¸ · ¸ · 2(n + 1)2 − 3n − 2 3 2 (n + 1) (n + 1) − n − 1 = (n + 1) 2 2 · ¸ · 2 ¸ 2n2 + 4n + 2 − 3n − 2 2n + n (n + 1) = (n + 1) 2 2 n(n + 1)(2n + 1) = 3·S2 (n) 2 S2 (n) = n(n + 1)(2n + 1) 6 Da die Formel hergeleitet wurde, wird auf einen Beweis durch vollständiger Induktion verzichtet. Im Allgemeinen ist zu sagen, dass man sämtliche Summenformel von Potenzen mit natürlichem Exponenten durch den “Binomischen Satz“ herleiten kann. von Robert Klinzmann 5 Reihen / Partialsummen 5 6 Summenformel der ersten n Kuben Schauen wir uns zuerst ein paar Beispiele an. • Summe der ersten 2 Kuben 13 + 23 = 1 + 8 = 9 • Summe der ersten 3 Kuben 13 + 23 + 33 = 1 + 8 + 27 = 36 • Summe der ersten 4 Kuben 13 + 23 + 33 + 43 = 1 + 8 + 27 + 64 = 100 Schaut man sich die Beispiele an, so fällt auf, dass die Summe der ersten n Kuben wohl das Quadrat der ersten n natürlichen Zahlen ist. Behauptung: Die Summe der ersten n natürlich Kuben ist das Quadrat der Summe aus den ersten n natürlichen Zahlen! Ã n !2 µ ¶2 X n(n + 1) 2 S3 (n) = S1 (n) = k = 2 k=1 Zur Überprüfung der Behauptung wenden wir die vollständige Induktion an. 5.1 Beweis durch vollständige Induktion Induktionsanfang: µ n=1 → S3 (1) = 1·2 2 ¶2 =1 w.A Induktionsschritt: Es muss gezeigt werden, dass wenn A(n) wahr ist, auch A(n + 1) wahr ist!. Es muss gelten: Ã (n + 1)(n + 2) 2 !2 Ã = n X !2 k + (n + 1) k=1 ¶2 n(n + 1) + (n + 1) = 2 ¶2 µ ¶2 µ n(n + 1) + 2(n + 1) (n + 1)(n + 2) = = 2 2 µ w.A Die Behauptung ist durch den Induktionsschluss wahr. von Robert Klinzmann 6 Reihen / Partialsummen 6 7 Summenformel der ersten n geraden Zahlen Gerade Zahlen können folgendermaßen dargestellt werden: 2n. Also gilt für die Summe der ersten n geraden Zahlen: 2·1 + 2·2 + 2·3 + · · · + 2·(n − 1) + 2·n = 2(1 + 2 + 3 + · · · + (n − 1) + n) = 2·S1 (n) = n(n 7 + 1) Summenformel der ersten n ungeraden Zahlen Ungerade Zahlen können folgendermaßen dargestellt werden: 2n − 1. Es gilt also für die Summe: (2·1 − 1) + (2·2 − 1) + · · · + (2·n − 1) = 2S1 (n) − n = n(n + 1) − n 2 =n 8 Spezielle Partialsummen bzw. Potenzreihen Jeder kennt die geometrische Definition der Sinus- und Kosinusfunktion. Es gibt aber zusätzlich auch eine Definition über so genannte Potenzreihen´, auch Taylor-Reihen genannt: Ã ! ! Ã ∞ ∞ 2n X X x2n+1 n n x sin x = (−1) · cos x = (−1) · (2n + 1)! (2n)! n=0 n=0 Die natürliche Exponentialfunktion ex lässt sich auch als Potenzreihe darstellen: Ã ! ∞ X xn x e = n! n=0 Unter diesen 3 Potenzreihen ergeben sich interessante Beziehungen, wenn man sie im komplexen Zahlenbereich C betrachtet. Nun noch einmal die Reihen ohne Summenzeichen: x5 x2n+1 x3 + − · · · + (−1)n · 3! 5! (2n + 1)! 2 4 x x x2n cos x = 1 − + − · · · + (−1)n · 2! 4! (2n)! 2 n x x x + ··· + ex = 1 + + 1! 2! n! sin x = x − von Robert Klinzmann 7 Reihen / Partialsummen 8 Betrachten wir jetzt im komplexen Bereich C die e - Funktion und setzen wir x = i·ϕ, wobei folgendes zu beachten ist: i2 = −1 ei·ϕ = 1 + i· i3 = −i i4 = 1 i5 = i i6 = −1 ... ϕ ϕ2 ϕ3 ϕ4 ϕ5 ϕ6 ϕ7 ϕn − − i· + + i· − − + · · · + in · 1! 2! 3! 4! 5! 6! 7! n! Diese Reihe kann man nun nach geraden und ungeraden Exponenten ordnen. Ã ! 2n ϕ2 ϕ4 i·ϕ n ϕ e = 1− + − · · · + (−1) · + 2! 4! 2n! Ã ! ϕ ϕ3 ϕ2n+1 2n+1 i· − + · · · + (−1) · 1! 3! (2n + 1)! Die e-Funktion mit dem Parameter x = i·ϕ besteht also aus einer Kosinusund einer mit i multiplizierter Sinusfunktion. Folgende Formel ist nach dem Mathematiker Euler benannt: Eulersche Formel: ei·ϕ = cos ϕ + i· sin ϕ Setzt man ϕ = π so erhält man eine der schönsten mathematischen Gleichungen, da sie 5 Konstanten der Mathematik aus unterschiedlisten Gebieten enthält: ei·π + 1 = 0 9 Reihenentwicklung der Sinusfunktion Das Prinzip ist simpel. Man versucht eine Potenzfunktion zu finden, die sich an die zu untersuchende Funktion anschmiegt. Die gesuchte Funktion ist dann die Entwicklung einer Potenzreihe. f (x) = ∞ X an ·xn n=0 Diese Potenzreihen werden nach dem Mathematiker Taylor benannt, der sich mit diesem Gebiet der Mathematik beschäftige → Taylor-Reihen. Die folgenden Beispiele werden auch als MacLaurin - Reihen bezeichnet, das hängt aber mit der Bildung der Reihe ab (im Punkt x0 = 0), was hier nicht weiter erläutert werden soll. Bricht man eine Taylor-Entwicklung an einem bestimmten Grad ab, so schmiegt sich der Graph der abgebrochenen Funktion an die Kurve der tatsächlichen Funktion. Das ganze soll am Beispiel der Taylor-Entwicklung der Sinuskurve beispielhaft dargestellt werden. von Robert Klinzmann 8 Reihen / Partialsummen Es gilt: sin x = 9 Ã ∞ X n=0 x2n+1 (−1)n · (2n + 1)! ! Wir brechen nach n = 1 ab und erhalten folgende Darstellung: 1 -3 3 -1 Man kann h i deutlich erkennen, dass sich die abgebrochene Funktion im Intervall 3 3 − 2 | 2 an die tatsächliche Funktion schmiedet. Schaut man sich die Darstellungen nach Abbruch bei 2 ≤ n ≤ 7 an, erkennt man, das die Potenzreihe mit größer werdendem n sich immer mehr der eigentlichen Funktion nähert. 1 -6 -3 3 6 -1 von Robert Klinzmann 9 Reihen / Partialsummen 10 10 Wie entsteht eine Taylorreihe Um eine Taylor-Reihe für eine komplizierte Funktion zu entwickeln, versucht man die Funktion durch ein Polynom zu approximieren. P (x) = a0 + a1 x + a2 x2 + a3 x3 + a4 x4 + · · · + an xn = n X an ·xn (1) k=0 Den Koeffizienten an erhält man nun durch Null-Setzen der n-ten Ableitung des Polynoms. Beim Ableiten gilt die Potenzregel. Außerdem bilden wir die Ableitung im Punkt x0 = 0 a0 + a1 x + a2 x2 + a3 x3 + · · · + an xn ⇒ f (x) = 0 2 f (x) = a1 + 2a2 x + 3a3 x + · · · + n·an xn − 1 ⇒ 00 n−2 f (x) = 000 f (x) = 2a2 + 6a3 x + · · · + n(n − 1)an x n−3 6a3 + 24a4 x + · · · + n(n − 1)(n − 2)an x ⇒ ⇒ f (0) = a0 0 a1 00 2a2 000 6a3 f (0) = f (0) = f (0) = Allgemein gilt für höhere Ableitungen: f (n) (x) = n(n − 1)(n − 2)· . . . ·2·1·an = n!·an Aus dieser Betrachtung geht hervor, das für den Koeffizienten an folgendes gelten muss: (n) an = f (0) n! Damit können wir an aus (1) ersetzen: n X f n (0) k=0 n! ·xn Dieses Polynom nennt man Taylor - Polynom. Läuft n → ∞ entsteht eine Reihe und man nennt sie deshalb auch Taylor-Reihe. Da wir die Ableitungen des Polynoms im Punkt x = 0 gebildet haben, nennt man diese spezielle Reihe auch MacLaurin - Reihe. Als Beispiel wird jetzt die Kosinusfunktion betrachtet. Dazu untersuchen wir die n-ten Ableitungen: f 0 (0) = cos 0 = 1 f 1 (0) = − sin 0 = 0 f 3 (0) = sin 0 = 0 f 2 (0) = − cos 0 = −1 f 4 (0) = cos 0 = 1 Ab f 5 (x) wiederholen sich die Ableitungen periodisch, daher gilt für die Reihenetwicklung des Kosinuses: ∞ X x2n cos x = (−1) · (2n)! n=0 von Robert Klinzmann n 10