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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Institut für Politische Wissenschaft
Proseminar: Einführung in das politische System Deutschlands
Dozent: Prof. Dr. Axel Murswieck
Wintersemester 2007/08
Referenten: Constanze Weis und Manuel Palz
Datum: 07.11.2007
Die Bundesregierung als Entscheidungsorgan
1. Bundesregierung ein facettenreicher Begriff
 Bundesregierung im organisatorisch-institutionelle Sinn
 Bundesregierung im funktionell-materiellen Sinn
 Bundesregierung im formellen Sinn
1.1. Was ist die Bundesregierung
„Die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland besteht aus dem Bundeskanzler und
den Bundesministern. Die Bundesregierung ist innerhalb des durch die Richtlinienkompetenz
des Kanzlers und das Ressortprinzip eingeschränkten Rahmens ein Kollegialorgan und ein
Gremium zur Koordinierung der Politik der einzelnen Ministerien.“ (Definition nach Schmidt:
Wörterbuch der Politik)
im organisatorisch-institutionellen Sinn nach Artikel 62 und 65 GG.
1.2. Besteht die Bundesregierung aus Teilorganen?
 Bundeskanzler und Bundesminister sind Teile des Gesamtorgans Bundesregierung.
Zusammenbilden sie das Bundeskabinett welches die Bundesregierung repräsentiert.
1.3 Wie wird die Bundesregierung gebildet und wo liegen ihrer Funktionsbereiche?
Bildung der Bundesregierung:
 Der Bundeskanzler bestimmt nach Art. 65 GG die Richtlinien der Politik und nach
Art. 64 Abs. 1 GG die personelle Zusammensetzung der Bundesregierung.
 Minister an das Schicksal des Kanzlers gebunden; vorzeitige Entlassungen der
Minister nach Art. 64 Abs. 1 GG möglich.
2. Funktionsbereiche:
1. Anstoß- und Initiativfunktion
2. Vorausschau und Planung
3. Information und Öffentlichkeit
4. Integrationsfunktion
3. Kompetenzen
Artikel 65, GG
[Richtlinienkompetenz, Ressort-, und Kollegialprinzip]
„Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung.
Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbstständig
und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte
nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten
Geschäftsordnung.“
Kanzlerprinzip
 Richtlinienkompetenz
 Geschäftsführung der BReg
(u.a. Kabinettsvorsitz)
 Kabinettbildungsrecht :
- Personalunion
- Organisationsbefugnis
Ressortprinzip
 Eigenständige &
eigenverantwortliche Führung
eines Ressorts durch einen
Bundesminister (innerhalb
Kanzlerrichtlinien)
 Ressortgebundene
Vorzugsrechte
Kollegialprinzip
 gemeinsames Einreichen
von Gesetzesvorlagen
 Entscheidungsinstanz bei
Meinungsverschiedenheiten
 Trägt Entscheidungen der
Bundesregierung
4. Begriffsklärung:
4.1. Geschäftsordnung der Bundesregierung:
 „Regierungsinnenrechtsnorm“ (Detterbeck, 2005)
 Regelt: Aufgabenverteilung, förmliche Aspekte der Willensbildung,
Entscheidungsfindung im Kabinett
4.2. Kabinettssitzung:
 Vorsitz: Bundeskanzler
 Stimmberechtigt: BundeskanzlerIn & Bundesminister
 Des Weiteren anwesend: u. a. beamteter & parlamentarischer Staatssekretär des
Kanzleramtes, Bundespressechef
4.3. Bundeskanzleramt: = „Machtressource“ (Murswieck, 2003)
o Oberste Bundesbehörde
o „Zentrale Koordinierungsstelle für die gesamte Regierungspolitik“
(www.bundeskanzlerin.de)
o Informationsquelle für KanzlerIn
4.4. Bundespresse- & Informationsamt:
o „Informationsdrehscheibe“ (www.bundesregierung.de)
o Untersteht Bundeskanzler
o Auswertung der Medien
o Ansammlung von Informationen aus Ministerien
5. Die Bundesrepublik Deutschland = eine Kanzlerdemokratie?
> Begriff: „Kanzlerdemokratie“
- Keine Verankerung im GG
- Entstanden: 50er Jahre, v. a. bezogen auf Kanzlerschaft Adenauers
- Niclauß, Karlheinz („Kanzlerdemokratie“,1988)
5 Merkmale der Kanzlerdemokratie
1. Realisierung des Kanzlerprinzips
2. Führende Rolle in der größten Regierungspartei
3. Gegensatz zw. Regierungs- & Oppositionslager
4. Engagement in der Außenpolitik
5. Starke Personalisierung & Medienpräsenz
> BRD = „Kanzlerdemokratie“:
PRO
o Bundeskanzler > Bundespräsident
o Legitimität durch Parlament
o Stark gegenüber Parlament:
Bsp.: Konstruktives Misstrauensvotum (Art. 67), Vertrauensfrage (Art. 68)
o Kabinettbildungsrecht („Kabinett auf Bedarfslage zuschneiden.“ Manfred G.
Schmidt, 2005)
o Befehls- & Kommandogewalt über Bundeswehr (Verteidigungsfall)
CONTRA
o Verhandlungen & Kompromisse mit Koalitionspartner notwendig
o Rücksichtnahme auf Fraktion
F A Z I T:
Verfassungsrechtliche Weichenstellung für starke Kanzlerschaft gegeben; Abhängig von
verschiedenen Faktoren, ob in der Praxis auch nutzbar.
6. Die Regierungsfindung
In Deutschland gilt als politisch-historische Prämisse, dass Regierungen, egal ob Bund oder
Länder, in der Regel aus Koalitionen bestehen.
6.1. Definition Koalition:
„In der Politik eine zweckgerichtete, auf gewissen Dauer angelegte Allianz politischer
Akteure zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen. Im Besonderen in der Innenpolitik
ein Bündnis politischer Parteien zur Bildung und parlamentarischen Unterstützung einer
Regierung.“ (Schmidt: Wörterbuch zur Politik)
6.2. Koalitionen können unterschieden werden:
 Nach Zahl der Teilnehmer und Größenordnung einer Koalition relativ zur Opposition
 Nach politisch-ideologischer Zusammensetzung
 Nach Typologien die auf Feinmessungen von Koalitionen basieren:
1. Minimum-Range-Koalition
2. Minimal-connected-winning-Koalition
3. Minimal-winning-Koalition
4. Minimum-winning-Koalition
5. Superplus-Majority-Koalition
6.2. Phasen der Regierungsbildung:
(Voraussetzung: keine absolute Mehrheit einer Partei oder Bestätigung der Regierung im
Amt)
1. Bundestagswahl
2. Sondierungsgespräche
3. Koalitionsabsprache
4. Koalitionsvertrag
5. Bundeskanzlerwahl
6.3. Koalitionsausschuss:
 Informelles Gremium  keine Entscheidungsinstanz
 Anwesend: Bundeskanzler, Bundesminister, Spitzenabgeordnete,
Fraktionsvorsitzende
 Ziel: Mehrheitsabsicherung und Erarbeitung von Gesetzesinitiativen
Literaturverzeichnis
Knoll, Thomas (2004): Kapitel B.I. Die Stellung des Bundeskanzlers im Regierungssystem
der Bundesrepublik Deutschland, in: ebd.: Das Bonner Bundeskanzleramt, Wiesbaden..
König, Klaus (2001): Der Regierungsapparat bei der Regierungsbildung nach Wahlen, in:
Derlien, H.-U./Murswieck, A. (Hrsg.): Regieren nach Wahlen. Opladen..
Schmidt, Manfred (2004²): Wörterbuch zur Politik, Stuttgart.
Schmidt, Manfred (2007): Das politische System Deutschlands, München.
Schröder, Meinhard (2005): Aufgabe der Bundesregierung. In: Isensee, Joseph und Paul
Kirchhof (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, , Heidelberg.
http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Bundesregierung/Bundespresseamt/Aufgaben
desBundespresseamtes/aufgaben-des-bundespresseamtes.html (Stand: 04.11.2007)
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