Gegen den Sog der Ansprüche und Anforderungen

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Prof. Dr. Brigitte Trippmacher
Vortrag am 15.11.2003
„Gegen den Sog der Ansprüche und Anforderungen“
Situation und Bedürfnisse junger Menschen zwischen 12 und 16
1. Vorbemerkung
Altersgruppe 12-16jährige: unterschiedliche Etappen des Erlebens und Bewältigens von
drei Lebensereignissen
Ehe wir uns den Anforderungen und Ansprüchen an junge Menschen zwischen 12 und 16
Jahren und dann ihren Bedürfnissen zuwenden, müssen wir uns zunächst erst mal diese
Altersgruppe der 12-16jährigen angucken, die scheinbar eine einheitliche Gruppe junger
Menschen zu sein scheint, denn es sind ja nur lächerliche 4 Jahre, die diese Altersspanne
umfasst. Aber diese 4 Jahre –so kurz wie sie uns „Alten“ erscheinen- ist eine unendlich lange
Phase für junge Menschen.
Sie haben in diesen kurzen vier Jahren ganz unterschiedliche Etappen des Erlebens von
zunächst erst mal 3 wichtigen Lebensereignissen:
Das erste wichtige Lebensereignis
- Bei den 12jährigen hat durchschnittlich gerade mal die Geschlechtsreifung eingesetzt, bei
manchen von ihnen ist sie sogar schon beendet, aber bei manchen auch hat sie noch gar
nicht angefangen. Auf jeden Fall müssen sich die um 12-Jahre- Alten erst mal mit den
körperlichen Veränderungen auseinander setzen. Wenn man da gegenüber die 16jährigen
sieht, hat die große Mehrheit schon sexuelle Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht
gemacht. Aber auch hier: Einige früher, andere später. Also von daher ganz große
Unterschiede im Erlebens dieses Umbruchs.
- Der 2. wichtige Eckpfeiler des Erlebens ist die schrittweise Autonomie gegenüber den
Eltern. Also hier zu klären, was man darf und was noch nicht. Das sieht mit 12 natürlich
anders aus als mit 16. Und das ist nicht nur zu verstehen als Abarbeiten an den Eltern, der
Kampf um Freiheiten, sondern auch als das Entwickeln von eigenen Maximen, Werten
und Richtschnur für das, was man jetzt selbst bestimmen will, für die eigene Autonomie
und was man in eigener Verantwortlichkeit tut oder tun will.
Und auch beim 3. Eckpunkt oder Lebensereignis die
- Berufsentscheidung: stellt sich bei den Altersjahrgängen ganz unterschiedlich dar:
Wann man sich mit der Frage befassen muss, ist vor allem abhängig davon, welche
Schule man besucht:
Bei Hauptschüler stellt sich die dringende Frage der Berufsentscheidung schon im zarten
Alter von 14, wenn man das Schulende mit 15 ansetzt.
Bei Realschülern stellt sich dringend diese Frage, was will ich mal werden? mit 15, weil
mit 16 die Schule zu Ende ist.
Sie sollen also raus ins Leben und darüber Entscheidungen treffen, während
Gymnasiasten um 16 rum damit noch viel Zeit haben.
Wir müssen daher grob zwischen 2 Gruppen in dieser Altersklasse unterscheiden: einmal die
12-14jährigen, und einmal die 14-16jährigen. Und ich will das auch in meinem Vortrag
immer wieder berücksichtigen.
Die 12-14jährigen werden gerne als „Kids“ oder „Lückekinder“ bezeichnet. Sie stehen
lebensaltersmäßig in einer Übergangsphase von der Kindheit zur Jugendphase. Sie sind eben
nicht mehr Kinder, aber auch noch nicht ganz Jugendliche.
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In diese Phase aber fällt meist ein erster Ablösungs- und Verselbständigungsprozess
gegenüber den Eltern oder der Herkunftsfamilie und zugleich die Wendung nach außen zu
den Gleichaltrigen, den Cliquen. Und damit die ersten Kontakte mit den Risiken und
Gefährdungen in der Jugendphase, also z.B. durch Alkohol, Drogen und riskantes Verhalten.
Hier beginnen die ersten Abgrenzungsversuche zu den vertrauten Bezugspersonen und finden
die ersten Autoritätskonflikte statt mit Eltern, Lehrern oder älteren Geschwistern bei der
Suche nach Selbständigkeit und eigener Identität.
Sie sind daher auch noch verletzlicher als die Älteren, da sie noch wenig oder noch keine
erprobte Strategien für diese Auseinandersetzung haben.
Vor allem die Jüngeren, die erst am Anfang auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben sind, sind
noch relativ wenig festgelegt, aber daher auch noch offen und unkritisch, auch politisch sind
sie noch ziemlich unentschieden und uninteressiert. Also in Vielem noch nicht festgelegt und
zugleich auch unsicher.
Kurzum: bis hierher sollte deutlich werden, dass sich die 12-16jährigen auf unterschiedlichen
Etappen des Erlebens und des Bewältigens von Herausforderungen auf ihrem Weg ins
Erwachsensein befinden.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich ihnen allen 4 große Entwicklungsaufgaben
auf dem Weg zum vollwertigen erwachsenen Gesellschaftsmitglied stellen und zwar sowohl
den ganz Jungen wie auch den Älteren.
Mit der erfolgreichen Bewältigung dieser 4 Entwicklungsaufgaben –und da ist sich die
Wissenschaft einig- werden klare soziale Meilensteine erreicht, die den Status eines
Erwachsenen ausmachen.
2. Anforderungen aus den Entwicklungsaufgaben
Die erste und heute scheinbar die Wichtigste:
 Übernahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, um wirtschaftlich und finanziell auf
eigenen Beinen zu stehen.
Das heißt hier natürlich für unsere Zielgruppe der 12-16jährigen, die so gut wie alle noch in
der Schule sind, vor allem lernen, sich also schulisches Wissen aneignen, und die schulische
Bildungskarriere geschickt und erfolgreich managen.
 Als weiterer klassischer Meilenstein des Erwachsenseins wurde von der Wissenschaft
lange die Gründung einer eigenen Familie gesehen. Was heute aber nicht mehr als ein so
eindeutiger Eckpunkt gesehen wird, wie wir später noch feststellen werden.
Für unsere 12-16jährigen heißt das als Entwicklungsaufgabe zunächst erst einmal:
Lernen mit Sexualität umzugehen, d.h. das Kennenlernen und das Akzeptieren des eigenen –
neuen- Körpers, individuelle Lösungen für das Verständnis und die Gestaltung der
Geschlechtsrolle finden; partnerschaftliches Verhalten erlernen und in diesem Alter ganz
besonders: erste intime –nicht allein sexuelle- Beziehungen zum Partner, zur Partnerin
aufnehmen.
 Auf dem Weg zu diesen Eckpunkten soll der junge Mensch eigene moralische
Vorstellungen entwickeln, anstrebenswerte Ziele für sich formulieren. Kurzum: eigene
moralische und politische Werthaltungen entwickeln, um Verantwortung für sich und in
der Gesellschaft zu übernehmen und zu einem politisch mitbestimmenden
Gesellschaftsmitglied werden.
Dies als 3. Eckpunkt.
 Der 4. Erwachsenenmeilenstein ist der selbständige Konsum- und Kulturbürger.
Die Jugendlichen müssen lernen mit dem Geld zurecht zu kommen; lernen, ob und was man
sich leisten kann. Dazu gehört auch, gelernt zu haben, zu verzichten, Wünsche aufzuschieben
oder deren Realisierung zu planen.
Ebenso geht es darum, einen eigen Lebensstil und Geschmack zu entwickeln;
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heraus zu finden, was zu mir passt, was ich mag: Wagner oder Musikantenstadl? Ikea oder
altdeutsche Schrankwand?
Ziel der Jugendphase ist es also, in der Bearbeitung und Abarbeitung an den
Entwicklungsaufgaben seinen Platz in der Gesellschaft zu finden und zu erlangen,
als junger Mensch zu klären, wie will ich mal leben? , was will ich mal werden?
und dabei zugleich
eine eigene, unverwechselbare Persönlichkeit zu entwickeln; die uralte klassische Frage
klären, wer bin ich?
Mit den eben genannten Aufgaben -könnte man meinen- hätten die Jugendlichen ja schon
genug zu tun, aber neue Anforderungen und Ansprüche sind hinzu gekommen aus dem
Wandel der Jugendphase.
Der immer schnellere gesellschaftliche Wandel hat auch die Jugendphase immer mehr
verändert und das hat wiederum Folgen für die Jugendlichen.
Betrachten wir nun die
3. Anforderungen aus Wandel der Jugendphase
Was hat sich an der Jugendphase verändert und welche Folgen hat das?
Dies will ich an drei wesentlichen Entwicklungstrends verdeutlichen.
Nun zum 1. Trend, der sich schon seit einigen Jahrzehnten deutlich zeigt:
1. Trend: Eine bisher nie da gewesene Verlängerung der Jugendphase und zwar ihre
Dehnung nach beiden Seiten, zum Anfang und zum Ende hin
a) Zum Anfang:
Wissenschaftlich wird der Beginn der Lebensphase Jugend mit der Geschlechtsreife
angesetzt, die das Ende der Kindheit markiert und den Eintritt in gesellschaftliche
Verantwortungsbereiche.
Durch die aber immer früher einsetzende Geschlechtsreife – teilweise schon mit elf oder
zwölf Jahren - dauert heute die Lebensphase Kindheit im Grunde nur noch das erste
Lebensjahrzehnt.
Folgen:
Umbrüche und Turbulenzen, die mit der Pubertät schon immer verbunden waren, treffen also
heute Jugendliche im Vergleich zu ihren Eltern und Großeltern auffällig früh. Damit sind
Jugendliche heute in der Regel viel früher mit den Anforderungen und Möglichkeiten zur
Gestaltung des eigenen Lebensalltags konfrontiert.
Heute müssen sie schon mit 10 Jahren –nach der Grundschule- über ihre Schullaufbahn
mitentscheiden und damit gleichzeitig sehr früh über ihre Zukunftschancen am Arbeitsmarkt
verantwortlich mitgestalten. (Werd ich mal Student oder Lehrling?)
Sie haben viel früher den Druck und die Zumutung von Entscheidungen, herauszufinden,
wer bin ich, was kann ich? Was will ich mal sein und werden? Schaff ich die Realschule oder
das Gymnasium? Geh ich dahin, wo meine Freundin ist oder bleib ich auf der Hauptschule?
b) Zur Ausdehnung des Endes der Jugendphase.
Der Ablöseprozess vom Elternhaus - traditionell markiert durch den Eintritt ins Berufsleben
und durch die Gründung einer eigenen Familie - zieht sich heute über einen immer längeren
Zeitraum hin und schiebt sich immer weiter ins höhere Lebensalter hinaus.
(Gründe)
Der zentrale Grund hierfür liegt darin, dass Jugendliche im Vergleich zu ihren Eltern oder
Großeltern eine viel längere schulische und berufliche Ausbildung durchlaufen, zum Teil bis
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sie 30 oder mehr Jahre alt sind. Das bedeutet natürlich auch zugleich, dass sie damit auch viel
länger finanziell abhängig von ihren Eltern bleiben.
Jung sein heißt also heute vor allem: sich in Schule und Ausbildung zu befinden.
Deutlich wird das, wenn wir uns anschauen, dass heute von den 12 - 25jährigen rund 77 %
immer noch in Schule und Ausbildung sind und erst 17 % erwerbstätig sind.
Vor 40 Jahren war das Verhältnis gerade andersherum, also damals war die überwiegende
Mehrheit schon im Arbeitsprozess.
Dies zeigt den enormen Wandel der Jugendphase, mit dem sich noch etwas anderes massiv
verändert hat: das Bildungsniveau von allen Jugendlichen ist insgesamt enorm gestiegen:
Die große Mehrheit, rund 70 %, hat heute ein höheres Bildungsniveau, mind. den mittleren
Abschluss oder das Abitur. Der Rest, könnte man sagen, ist die Hauptschule mit nur noch
23%. Die alte Hauptschule ist also zur Restschule geworden. (Bayern : 39%)
Welche Folgen haben diese Veränderungen der Jugendphasen für die Jugendlichen? Was
bedeutet das?
 Zunächst erst mal zentral: die Schule ist zur wesentlichen Bildungs- und ErziehungsInstitution im Jugendalter geworden, wo absichtsvoll, aber auch zufällig erzogen wird. .
Wissenschaftler nehmen dafür gerne das Wort „Sozialisationsinstanz“. Schule ist also zum
Lebensmittelpunkt für Jugendlichen geworden.
Hier ist aber auch der Ort, wo sie vor gestiegenen Anforderungen stehen und unter dem Druck
stehen, möglichst eine höhere Schulform zu erreichen und erfolgreich zu durchlaufen. Schule
heißt zuerst einmal Leistungsdruck, Anpassungsdruck, auch Verkopfung.
Weil Schule so wichtig ist, werden wir uns das nachher noch mal genauer anschauen, wie
Jugendliche damit umgehen.
 Aber noch in anderer Hinsicht hat die lange Schul- und Ausbildungszeit Folgen für die
Jugendlichen, sie sind nämlich fast den ganzen Tag oder den halben Tag, eine lange Zeit
mit Altersgleichen zusammen, d.h. also es gibt eine Entmischung und eine Trennung von
Generationenerlebnissen. Erfahrungen mit Älteren, mit anderen Generationen werden
weniger und zugleich steigt die Bedeutung der Altersgleichen.
Das weist uns auf den Punkt, dass Jugendliche sich heute viel mehr in Cliquen zusammen
finden, ob in der Schule oder in der Freizeit.
Auch auf diesen Punkt werde ich deshalb nachher noch näher eingehen.
 Und noch eine dritte wichtige Konsequenz aus der Verlängerung der Schul- und
Ausbildungszeit: wie schon erwähnt, bedeutet dies die längere finanzielle Abhängigkeit
von den Eltern, d.h., dass die Eltern länger zahlen.
Wenn wir nun die Gründung einer eigenen Familie als weiteren wichtigen Eckpunkt für den
Eintritt in das Erwachsenenalter nehmen, hat sich auch in dieser Hinsicht dieser Zeitpunkt
enorm nach hinten verschoben. Obgleich nach vorliegenden Jugendstudien die große
Mehrzahl der jungen Frauen (¾) und der jungen Männer (65%) die Idealvorstellung einer
eigenen Familie mit Kindern haben (2/3), ist der Weg zur Gründung einer eigenen Familie
lang geworden und außerdem keine Selbstverständlichkeit mehr. Von vielen wird der Schritt
zur eigenen Familiengründung weit nach hinten rausgeschoben, ganz besonders von den
jungen Frauen, und findet vielleicht überhaupt nicht mehr statt, weil es biologisch zu spät ist.
Kinderwunsch und „Kinder kriegen“ sind demnach heute zwei verschiedene Dinge.
2. Nun zu dem zweiten Veränderungstrend, der von Wissenschaftlern seit den letzten 2-3
Jahrzehnten beobachtet wird und sich heute immer deutlicher zeigt:
Im Vergleich zu früheren Jugendgenerationen haben Jugendliche heute viel mehr und viel
früher Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Selbstentscheidung in Bereichen und
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Verhaltensweisen, die früher Erwachsenen oder zumindest älteren Jugendlichen vorbehalten
waren, aber ohne dass die Jugendlichen wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen.
Die frühere Selbstbestimmung zeigt sich zunächst am deutlichsten in der Infragestellung der
elterlichen Autorität, die immer früher in Frage gestellt wird: Mitte der 60er Jahre taten das
Jugendliche erst zwischen 15 und 19 Jahren; heute ist es normal, dass junge Menschen schon
im Kindesalter ihren Willen durchsetzen:
z.B. die Selbstbestimmung über das eigene Aussehen und die Kleidung lag in den 80er Jahren
noch durchschnittlich erst bei 15 Jahren, heute ist dies für Kinder selbstverständlich. Oder das
konfliktträchtige Beispiel „Ausgehen und Heimkommen, wann man will“ entscheidet heute
die Mehrheit der Jugendlichen schon längst mit 16 alleine.
Bei den 12-14jährigen müssen nur noch knapp die Hälfte bei den Eltern um Erlaubnis fragen.
Wie wir schon festgestellt haben, ist es heute selbstverständlich, dass die Kinder schon mit 10
über ihre weitere Schullaufbahn mitbestimmen.
Das alles wird zum Teil früh den Kindern selbst überlassen.
Am auffallendsten ist die Veränderung im Rahmen der 2. Entwicklungsaufgabe
Partnerschaft und Sexualität:
Kaum ein Lebensbereich Jugendlicher hat sich in den letzten Jahrzehnten unter dem Einfluss
des allgemeinen gesellschaftlich kulturellen Wandels so stark verändert wie der sexuelle.
Der Zeitpunkt der ersten sexuellen Gefühle und Erfahrungen rückt in immer frühere
Lebensaltersstufen vor.
So erlebten Jugendliche Anfang der 80er Jahre das erste Verliebtsein durchschnittlich mit 15
Jahren, heute geschieht das viel früher.
Heute haben Jugendliche bis 16 Jahre fast alle schon erste sexuelle Erfahrungen gemacht, was
aber nicht heißt, dass sie schon Geschlechtsverkehr gehabt hätten. Dennoch haben heute
schon 11% aller 14jährigen bereits Geschlechtsverkehr gehabt- wie gerade die Deutsche
Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin mitteilte (FR 23.10.03). Bei den 17-Jährigen sind
dies schon zwei Drittel.
Wie stark sich die moralischen Vorstellungen für das Jugendalter verändert haben, zeigt auch
die Meinung zu der Frage nach einer festen Partnerschaft und „ohne Trauschein zusammen zu
leben:
In den 60er Jahren war „Ohne Trauschein zusammen zu leben“ für Erwachsene wie für
Jugendliche so gut wie unvorstellbar, aber schon 1981 war das für mehr als 80% der
Jugendlichen kein Problem mehr. Auch feste Partnerschaften werden immer früher
eingegangen: In der Shell-Studie vom letzten Jahr (2002) sagten schon 10% der 1214jährigen, dass sie eine feste Partnerschaft hätten.
Bei aller wachsender sexuellen Freiheit stehen dennoch nach wie vor Partnerschaft und
Freundschaft weiterhin auf den die ersten beiden Plätze auf der Liste der Wertorientierungen
von Jugendlichen.
Die frühere Mündigkeit zeigt sich auch bei der 4. Entwicklungsaufgabe:
Zum selbständigen Konsumbürger werden die jungen Menschen heute ebenso sehr früh, da
schon für 12-14jährigen Entscheidung über größere Anschaffungen für sich oder für die
Familie selbstverständlich sind. Sie bestimmen mit über die Nutzung fast aller Medien und
Kulturangebote.
Gründe:
- für diese frühere Mündigkeit finden sich in dem eingangs angesprochenen
gesellschaftlichen Wandel, der sich in einem schon seit Jahren andauernden
gesellschaftlicher Wertewandel niederschlägt: Die Freiheitsgrade für die Gestaltung des
täglichen Lebens sind hierdurch eindeutig gewachsen - und zwar für Alte wie für Junge.
Diese Demokratisierung und Offenheit der Lebensführung hat auch ihren Ausdruck gefunden
in der
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-
mehr partnerschaftliche Erziehung der Eltern (Abkehr von autoritären und willkürlichen
Erziehungsstilen):
Kinder werden nicht mehr als Befehlsempfänger gesehen, sondern Entscheidungen
werden in den Familien meistens ausgehandelt. Das hat das Verhältnis zwischen den
Generationen konfliktärmer gemacht. Die Mehrheit der Jugendlichen heute findet daher
auch ihre Eltern ganz o.k.: 90% kommen gut mit ihren Eltern klar und die meisten von
ihnen (70%) wollen ihre Kinder genauso oder ungefähr so erziehen wie sie selbst erzogen
worden sind.
Ein weiterer Grund für die frühe Mündigkeit und Selbstbestimmung der jungen Menschen
liegt in ihrem
- aktiven und frühen Einstieg in den Konsumwarenmarkt, wobei die „Kids“ oftmals den
Eltern Hinweise geben, was „In“ ist und was gekauft werden soll.
- Dazu gehört ebenso ihre unbefangene Aneignung und Nutzung der modernen
Kommunikationsmedien Video, Handys, Computer und Internet. Auch in diesem Bereich
nehmen oftmals die Jugendlichen ihre Eltern bei der Hand und führen sie in die neue
Wunderwelt der Technik und ihrer Handhabung ein.
Folgen:
- Nicht nur die Forschung spricht von einem schwindenden pädagogischen Einfluss von
Eltern und Berufserziehern. Durch die schnellen sozialen Veränderungen werden Wissen
und soziale Handlungspraktiken der mittleren und älteren Generation teilweise entwertet,
gerade in den Bereichen moderne Medien und Konsum. Nicht zufällig sagten schon
Anfang der 80er fast 90% (87%) der Jugendlichen, dass Ältere etwas von Jüngeren lernen
könnten.
- Aber auch hinsichtlich weltanschaulicher Prinzipien ist die junge Generation schneller
und sensibler in der Aufnahme von Entwicklungstrends und deren Umsetzung in die
eigene Lebenspraxis, so dass heute schon Wissenschaftler davon sprechen, dass die
„Einbahnstraße: Ältere geben ihre Erfahrungen an die Jungen weiter“ heftigen
Gegenverkehr bekommen hat, wenn sich nicht gar sich die Richtung umgedreht hat.
Jugendstudien bestätigen immer wieder die Rolle der Jungen Generation als Trendsetter eines
individuellen Wertekonzeptes und neuer Lebensformen. Denken Sie dabei nur an die
Ökologiebewegung, die mittlerweile etablierter Teil der Politik ist oder auch an die neue
Lebenseinstellung von Jugendlichen, die Leistung und Genuss in einem neuen Wertekonzept
verbinden – wie wir später noch genauer sehen werden.
Generell aber ist festzustellen, dass heute die Anforderungen an Jugendliche für die
Selbstorganisation ihres persönlichen Verhaltens gestiegen sind: Wie eben skizziert: Einmal
durch den Druck zur „Frühreife“ der Persönlichkeitsentwicklung, zum anderen durch die
unterschiedlichen Grade der geforderten Selbständigkeit, die zu unterschiedlichen
Zeitpunkten in den unterschiedlichsten Entwicklungsfeldern ausgebildet werden müssen.
Das eben genannte Stichwort „Anforderungen an die Selbstorganisation der Persönlichkeit“
weist auf den 3. neuen und den folgenreichsten Aspekt der Veränderung der Jugendphase:
3. Der Lebensabschnitt Jugend ist in seinen Anforderungen offenen, widersprüchlicher
und vor allem unklarer geworden
Die Frage nach den Ursachen hierfür führt uns wiederum auf aktuelle gesellschaftliche
Veränderungsprozesse, deren Folgen nach Meinung der Sozialwissenschaften zu einer neuen
Unübersichtlichkeit für den Einzelnen, wenn nicht gar zu einer Risikogesellschaft geführt
haben. Die Ergebnisse dieses neueren Modernisierungsschubs werden gerne in der
Soziologensprache mit den Begriffen Individualisierung und Pluralisierung beschrieben.
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Was ist damit gemeint?
Die neuen gesellschaftlichen Entwicklungen erfordern von jedem einzelnen eine bis daher nie
dagewesene Mobilität und Flexibilität in der Lebensführung und in den Einstellungen.
Traditionelle Lebensformen, kulturelle Traditionen stehen dem im Weg. Feste
Zugehörigkeiten und Milieus, berechenbare und klare Abfolgen von persönlichen
Lebensschritten lösen sich auf. Ehemals klare, gemeinsame Normen und Verhaltensregeln,
sichere moralische und ethische Standards, eindeutige soziale Vorbilder stehen in Frage, und
sind auf keinen Fall mehr selbstverständlich.
Folgen:
In dieser Situation muss nun jeder Einzelnen für sich selbst alleine herausfinden, was für ihn
richtig ist und gelten soll. Er oder sie muss nun aus der Vielfalt der Möglichkeiten seinen
eigenen, individuellen Lebensentwurf zusammenbasteln, sich sein passendes Wertmuster
zusammenbauen. Nicht zufällig spricht man heute von „Patchwork-Lebensentwürfen“.
Diese Rahmenbedingungen treffen Jugendliche in einer noch offenen und verletzlichen Phase.
Wenn sie also ihre Lebenssituation erfolgreich bewältigen wollen, dann wird von ihnen eine
enorme Virtuosität (Kunstfertigkeit)des Verhaltens und der Problemverarbeitung verlangt: sie
müssen lernen, in verschiedenen Situationen und Lebensbereichen mit unterschiedlichen
Wahrnehmungen und Anforderungen umzugehen und dabei zugleich einen Weg für sich
selbst –und zu sich selbst- zu finden....ohne dass es dafür Modelle oder erprobte Pläne gibt.
Beispiel:
In der Freizeit- und Konsumwelt ist der genußfähige, aktive und sinnenfrohe Kontaktfreudige
gefragt, dagegen in Schule und Beruf der leistungsorientierte, sachbezogene konkurrenzfähige
Einzelkämpfer
Die Wahlfreiheit aus der Vielfalt der Möglichkeiten hat für den Einzelnen eine doppelbödige
Botschaft: Nutzte deine Chance in einer Welt, die noch nie so viele Möglichkeiten geboten
hat, aber entscheide dich richtig! Denn wenn du dich falsch entscheidest, dann ist das dein
Scheitern, dein Problem und nur von dir zu verantworten!
Gerade am Beispiel Schule/Beruf läßt sich die Zwickmühle für die Jugendlichen gut
verdeutlichen:
Es wird eben den Jugendlichen nicht gesagt, diese oder jene Ausbildung hat Zukunft, oder das
Lernen dieser oder jener Fremdsprache verbessert deine Chancen oder ein Auslandspraktikum
ist jetzt und nicht später genau das richtige für dich!
Hier aber liegt der Haken:
Der schnelle Wandel, dem derzeit die Gesellschaft unterliegt, fordert vor allem gerade auch
von Kinder und Jugendliche Mobilität und Flexibilität in ihrer biografischen Planung. Ohne
aber dass klar ist, welche Entscheidungen und welche Fähigkeiten die richtigen sind für noch
unbekannte Herausforderungen.
Jugendliche sollen sich vorbereiten und lernen für ein Leben, dessen Anforderungen heute
noch völlig unklar sind. Dazu müssen sie eine Persönlichkeitsstruktur entwickeln, die auf die
schnell wechselnden sozialen und kulturellen Bedingungen angemessen eingeht.
Der schnelle gesellschaftliche Wandel in den Ausbildungs-, Arbeits- und Wertsystemen
verlangt eine immer wieder neue persönliche Standortbestimmung vom einzelnen.
Dies erfordert von den Jugendlichen eine hohe Flexibilität und um so mehr die schon
angesprochene Fähigkeit zur Selbstkontrolle und Selbstorganisation/-steuerung der
Persönlichkeit.
Diese Unklarheit der Lebensplanung, die in der Gesellschaft etwas völlig Neues darstellt, hat
erhebliche Konsequenzen, aus denen sich wiederum neue Trends herauskristallisieren.
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Wie Jugendliche diese neuen Herausforderungen und Anforderungen aktuell bewältigen,
werden wir jetzt betrachten.
4.Situation = Bewältigungsformen junger Menschen heute - allgemein
a) (leistungsorientierte Pragmatiker)
Die aktuelle Jugendstudie 2002 des Jugendwerks der deutschen Shell, das seit 50 Jahren
Jugendgenerationen befragen und erforschen lässt, hat in der heutigen Jugendgeneration einen
deutlichen Wertewandel festgestellt und dafür ein Schlagwort gefunden, nämlich: „die
leistungsorientierten Pragmatiker kommen!“
Im Unterschied zu den 80er Jahren nehmen Jugendliche heute deutlich eine pragmatische
Haltung ein. Sie wollen praktische Probleme in Angriffen nehmen, die aus ihrer Sicht mit
persönlichen Chancen verbunden sind. Dagegen übergreifende Ziele der 80er Jahre, wie
Gesellschaftsreform oder Ökologie stehen nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der
meisten Jugendlichen.
In der beschriebenen neuen Situation der Offenheit und Unklarheit „checken“ sie ihre soziale
Umwelt aufmerksam auf Chancen und Risiken ab, wobei sie möglichst Chancen ergreifen und
Risiken ausschließen -oder wenigstens- minimieren wollen.
Es gilt, das Beste aus jeder Situation zu machen und vorhandene Chancen so wahrzunehmen
wie sie sich anbieten.
Die Shell-Studie gibt daher nicht umsonst dieser Mehrheit der Jugendlichen auch das Etikett
„Egotaktiker“.
Egotaktiker überprüfen nicht nur ständig die Vielfalt der Möglichkeiten auf ihre persönliche
Tauglichkeit für sich selbst, sondern sie fragen zugleich ihr Umfeld ständig sensibel nach
Informationen darüber ab, wo sie selbst in ihrer persönlichen Entwicklung stehen.
Zur egotaktischen Grundeinstellung gehört aber auch ein Schuss Opportunismus, Anpassertum zwecks Vorteilsnahme, - ebenso wie eine Portion Bequemlichkeit. Genauso
aber gehört zu dieser Grundeinstellung auch eine abwartende und sondierende Haltung ebenso
wie die Fähigkeit im richtigen Moment bei einer sich bietenden Chance zuzugreifen.
Diese Fähigkeit – sich selbst optimal zu managen und zu platzieren- wird umso notwendiger
mit dem Wissen um die problematische Entwicklung des Arbeitsmarktes, mit dem Wissen,
dass es für alle immer enger wird: sie wachsen mit der Erfahrung der steigenden
Arbeitslosigkeit auf, die mittlerweile jeden treffen kann, mit der Erfahrung von knappen
Ausbildungsstellen, um die zu viele konkurrieren. Sie wissen, dass sie ihre Chancen im
Wettbewerb mit anderen nur verbessern können, wenn sie mit den höheren Schulabschlüssen,
den besseren Noten, den derzeit und zukünftig gefragtesten Qualifikationen antreten. Nicht
zufällig sind daher die neuen Pragmatiker hoch ehrgeizig und leistungsmotiviert:
Die enorme Leistungsorientierung ist das Neue an der heutigen Jugendgeneration.
Zwar stehen auf der Hit-Liste ihrer Werte weiterhin ganz oben Freundschaft und Partnerschaft
–wie wir schon gehört haben-, aber neu an die Spitze der Werteinstellung sind gerückt:
Karriere machen (82 %), Leistung bringen mit Fleiß und Ehrgeiz (75 %) und ein auffallend
gestiegenes Sicherheitsbedürfnis (mit 79%). Passend dazu hat sich der Wert „Macht und
Einfluss haben“ in den letzten Jahren auffallend weiter nach oben gearbeitet. (36 % halten das
heute für wichtig.)
Obwohl die Jugendlichen die Gesellschaft mit vielen Problemen belastet sehen, entwickeln
sie ein ausgeprägtes positives Denken. Ideologie ist „out“, Leistung ist „in“.
Der Wertewandel in der Jugend wird besonders deutlich von den weiblichen Jugendlichen
getragen. Mädchen und junge Frauen sind noch ehrgeiziger, aber auch sicherheitsbewusster
als Jungen. Macht und Einfluss ist ihnen zwar noch nicht so wichtig wie den Jungs geworden,
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aber Werte wie „Kariere machen“, „sich selbständig machen“ und Verantwortung
übernehmen ist für sie genauso wichtig wie für die Jungs.
Allerdings haben die jungen Frauen weibliche Besonderheiten bewahrt:
Sie sind nach wie vor emotionaler, toleranter, umweltbewusster und sozial hilfsbereiter als die
jungen Männer. Auch Treue ist für Mädchen noch wichtiger als für Jungs, obgleich Treue bei
beiden Geschlechtern mit 78 % weit oben auf der Hitliste steht.
Das andere Neue bei dieser jungen Generation ist, dass sie sich einen ganz neuen
Wertecocktail aus alten und neuen Werten zusammen mixen und miteinander verknüpfen.
Kreativität, Lebensgenuss, Toleranz existieren ganz locker gleichberechtigt neben den alten
klassischen Tugenden und sind für sie kein Widerspruch.
Dies ist der generelle Trend, aber bei der konkreten Bewältigung der neuen gesellschaftlichen
Herausforderungen gibt es deutliche Unterschiede unter den Jugendlichen.
b) (4 Typen)
Erinnern wir uns noch mal: Der Strukturwandel der Lebensphase Jugend, hat diese zu einem
offenen und frei gestaltbaren Lebensabschnitt gemacht, da die Unklarheit der Lebensplanung
in der Gesellschaft etwas völlig Neues darstellt.
Damit umzugehen, setzt eine breite Fülle von Kompetenzen voraus und eine souveräne Form
der Selbstorganisation der Persönlichkeit. Dass das nicht alle Jugendlichen problemlos
hinkriegen, ist absehbar: Die Shell-Studie offenbart, dass es in der Bewältigung der heutigen
Anforderung der Jugendphase fast genau eine Hälfte Gewinner und eine andere Hälfte von
Verlierer der Modernisierung gibt.
Für jede dieser Hälften haben die Shell-Wissenschaftler jeweils noch mal zwei gleich große
Untertypen gefunden und diese hat sie natürlich auch wieder mit Etiketten belegt.
Wenn ich Ihnen jetzt die vier Typen vorstelle, will ich auch versuchen mögliche
Anhaltspunkte zu nennen, die sie zu ihrer Einstellung gebracht haben können.
Auf der Gewinnerseite der neuen Jugendgeneration finden wir eine Leistungs- und
Engagement-Elite, die aktiv und optimistisch die Gegenwart und die Zukunft anpackt:
Einmal die sog. „selbstbewussten Macher“ und die andere Gruppe der „pragmatischen
Idealisten“, wie die Shellstudie sie nennt.
Also nun zunächst zu den selbstbewussten Machern, der ersten Gruppe:
1. Die selbstbewussten Macher
Diese Gruppe, in der übrigens Jungen und Mädchen gleichermaßen vertreten sind, bringt das
geistige und soziale Rüstzeug mit, um sich den neuen Anforderungen in der ganzen Breite des
Lebens zu stellen.
- Selbstbewusste Macher sind ganz besonders ehrgeizig, wollen mehr als andere
Jugendliche leisten. Ihr Ziel ist es, einmal verantwortliche Positionen mit Einfluss und
Ansehen einzunehmen.
- Sie haben ein kraftstrotzendes Selbstvertrauen, definieren sich als Leistungselite und
betonen besonders ihre Durchsetzungsfähigkeit.
Wenn man nun glaubt, man hätte eiskalte Karrieristen vor sich, dann täuscht man sich:
Toleranz anderer Meinungen ist ihnen genauso wichtig wie ihre eigene
Durchsetzungsfähigkeit. Soziales Engagement für Andere ist ihnen genauso wichtig wie
hoher Lebensstandard und die Orientierung am Lebensgenuss.
2. Die pragmatischen Idealisten
Auch der andere Typ auf der Gewinnerseite, den die Shell-Leute die pragmatischen Idealisten
nennen, ist hoch aktiv, optimistisch und leistungsorientiert, aber
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skeptisch gegenüber Durchsetzungsfähigkeit, Macht und hohem Lebensstandard - obgleich
sie durchaus die Tendenz zum Lebensgenuss haben- aber das Materielle ordnen sie dem
sozialen Engagement unter.
Die allseitige und weitere Humanisierung der Gesellschaft ist ihnen wichtiger als dem ersten
Typ.
- Sie sind daher für Probleme wie Ausländerfeindlichkeit, Krieg, Umweltverschmutzung
und Armut besonders empfindlich.
- Sie engagieren sich daher auch öfters gesellschaftlich und setzen sich für soziale und
politische Ziele oder für andere Menschen ein.
- Sie wollen zugleich ein kreatives und engagiertes Leben führen.
Wenn wir uns erinnern, was wir eingangs zu den Besonderheiten der Mädchen gehört haben,
dann ist es nicht verwunderlich, dass in dieser Gruppe 60 % Mädchen sind.
Woher haben diese beiden Gruppen der aktiven, optimistischen Leistungsorientierten
ihr Rüstzeug her?
Eine Antwort kann uns der soziale und familiäre Hintergrund beider Gruppen geben:
Zunächst ist die Haltung der pragmatischen Idealisten gut zu verstehen, da sie zumeist aus
Elternhäusern kommen, die humanistische, idealistische Werte vertreten und zudem einen
hohen Bildungsgrad haben und häufiger ein Eigenheim besitzen.
Wie ist es aber zu erklären, dass die Eltern der selbstbewussten Macher ganz normale,
durchschnittliche Leute sind? Sie sind weder von der Bildung noch vom sozialen Status
besonders hervorgehoben, haben ein durchschnittliches Einkommen.
Bei der Gruppe der selbstbewußten Macher liegt das Geheimnis im Erziehungsstil ihrer
Eltern: Dieser ist fordernd und fördernd zugleich. Die Kinder wurden früh zu Selbständigkeit
und Verantwortung erzogen, aber zugleich bekamen sie viel emotionale Zuwendung und viele
kulturelle und geistige Anregung.
Das Auffallende aber an dieser Erziehung ist, dass diese Kinder und Jugendlichen viel Lob
bekamen. Aber nicht einfach breit gestreut, sondern Erfolge wurden durch Lob belohnt.
Während die Macher und Idealisten auf der Gewinnerseite der gesellschaftlichen Entwicklung
stehen, finden sich auf der anderen Seite die potenziellen Verlierer in zwei unterschiedlichen
Ausprägungstypen.
Einmal die sog. „robusten Materialisten“ und die anderen: „die zögerlichen Unauffälligen“,
wie sie die Shellstudie nennt. Jugendliche mit diesen beiden Werthaltungen sehen verstärkt
skeptisch in ihre persönliche Zukunft. Sie kommen mit den Leistungsanforderungen in Schule
und Ausbildung weniger gut zurecht.
3. Die robusten Materialisten
Besonders die Gruppe der robusten Materialisten empfindet einen hohen Schul- und
Ausbildungsstress. Sie stecken zwar ihre Anstrengungen nicht auf, wenn sie scheitern, aber
zugleich demonstrieren sie äußerliche Stärke.
Nicht zufällig sind in dieser Gruppe fast 60% Jungs.
Nicht wenige haben ihre Ellbogen mobil gemacht, um sich unter Umständen auch auf Kosten
Anderer das zu nehmen, was sie im fairen Wettbewerb oder mit anderen Mitteln nicht
erlangen können.
Im Zweifelsfall werden dabei soziale Regeln und Übereinkünfte bewusst übertreten.
Obwohl Materialisten vermehrt aus sozial eher schwierigen und ungünstigen Verhältnissen
kommen, schauen sie dennoch auf sozial Schwache und Randgruppen herab. Ausländer,
insbesondere wenn sie als „Wohlstands-Konkurrenten“ wahrgenommen werden, lehnt diese
Gruppe vermehrt ab.
Ein kleiner Teil der Materialisten neigt sogar zu politischem Radikalismus.
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Robuste Materialisten betrachten die gesellschaftlichen und politischen Aufgaben und
Herausforderungen mit einer diffusen Unzufriedenheit, aber für sich selber streben sie in
hohem Maße Lebensgenuss und einen hohen Lebensstandard an -obwohl oder weil sie das in
ihrem Elternhaus eher weniger erlebt haben.
4. Die zögerlichen Unauffälligen
Auch die andere Gruppe aus der möglichen Verliererseite, die zögerlichen Unauffälligen,
- wollen zwar auch ihr Leben genießen, aber sie entwickeln dafür kaum Ehrgeiz und
Anstrengung, denn
- den zögerlichen Unauffälligen gefällt am wenigsten von allen 4 Typen der Wettbewerb
mit anderen.
- Auch sie kommen wie die „Materialisten“ mit den Leistungsanforderungen in Schule und
Ausbildung weniger gut zurecht.
- Auf ihre ungünstige Situation reagieren diese Unauffälligen bevorzugt mit Resignation,
Apathie und Passivität.
- Sie finden sich mit ihrer Situation ab und entwickeln eine Art passive Sympathie und
Toleranz gegenüber anderen Schwachen.
Im Zweifelsfall aber neigen sie zum Mitschwimmen in der Masse und können nicht genau
sagen, was sie wollen und was ihnen wichtig ist.
Die „Unauffälligen“ kommen wie der erste Typ der selbstbewusste Macher eher aus Familien
mit mittlerem sozialen Status. Aber:
obwohl das Erziehungsverhalten der Eltern dieser Gruppe nicht untersucht worden ist, lässt
sich im Umkehrschluss zu den Eltern der „Macher“ vermuten, dass die förderliche Balance
von Fördern und Fordern im elterlichen Erziehungsstil gestört ist.
5. Konkrete Situation (Bild) der 12-16jährigen
Sehen wir uns jetzt die konkrete Situation der 12-16jährigen an, um ihre Bedürfnisse, aber
auch ihre Ängste genauer kennenzulernen.
Unter den 12-14jährigen sind deutlich mehr Materialisten als Idealisten vertreten, aber mit
steigendem Alter bis 16 normalisiert sich dieser Anteil auf den allgemeinen Durchschnitt.
Wichtiger ist, dass der Typ „Unauffälliger“ besonders unter den 12-14jährigen verbreitet ist,
erst mit wachsendem Alter bis 17/18 pendelt sich auch dies auf den Durchschnitt ein. Dies
könnte man als Reifungs- und Wachstumsprozesse verstehen, aber die „Unauffälligen“ finden
sich besonders häufig unter den Haupt- und Realschülern (33% u.31%), so dass man als
Ursache dafür nach anderen Erklärungen als nur „Unreife“ suchen muss.
Die Shell-Wissenschaftler sehen darin eine Reaktion -auch schon reiferer Jugendlicher- auf
eine Lebenssituation, die sich als wenig chancenreich für ihre ehrgeizigen Pläne darstellt. Um
die erwähnte Resignation und Apathie dieser „Unauffälligen“ besser zu verstehen, kann es
uns helfen sich anzugucken, welche Ängste diese Altersgruppe hat:
An vorderster Stelle finden wir hier, dass die schlechte wirtschaftliche Lage und die steigende
Armut ihnen am meisten Angst macht. Aber auch drohende Arbeitslosigkeit macht mehr als
der Hälfte der Befragten Sorge. Besonders die 12-14jährigen nennen als ihr größtes
Hauptproblem die Schule und Ausbildungsprobleme. Dass die Schule allen jungen Menschen
sehr auf der Seele liegt, zeigt insbesondere, dass nur gut ein Drittel von ihnen gerne zur
Schule geht und sich sogar ein Fünftel der Jugendlichen ausgesprochen unwohl in der Schule
fühlt.
Die gestiegenen Leistungs- und Qualifikationsanforderungen in der Schule stellen nicht nur
für die schwächeren Schülerinnen und Schüler eine erhebliche psychische Belastung dar:
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Viele Jugendliche wollen den Erwartungen entsprechen und höhere Abschlüsse erreichen, und
das um jeden Preis – ungeachtet ihrer Leistungsgrenzen.
Insgesamt gesehen sind Jugendlichen bereit, zusätzliche Anstrengungen auf sich zu nehmen,
um einen anspruchsvolleren Abschluss zu erreichen und damit möglichst auch ihre
Berufschancen zu verbessern, obwohl ein anspruchsvoller Bildungsabschluss keine Garantie
für das Erreichen einer qualifikationsentsprechenden beruflichen Position oder auch nur für
einen festen Arbeitsplatz ist.
Wie vorliegende Studien zeigen, empfinden Jugendliche durch diese Situation einen hohen
psychischen Druck und Verunsicherung –auch wenn sie über hervorragende Schulnoten
verfügen. Dieser Druck kann sich noch durch den Erwartungsdruck von Eltern und Großeltern
verstärken, wenn diese einen besseren und höheren Abschluss als sie selbst von ihren Kindern
und Enkeln wünschen und erwarten. Insgesamt machen Wissenschaftler Tendenzen eines
„enormen Leistungsdrucks“ von Eltern aus, insbesondere aus der aufstiegsorientierten
Mittelschicht, denen die Kinder bei weitem nicht immer gewachsen sind.
Der familiäre Hintergrund spielt für die schulische Karriere und die Wettbewerbschancen
aber noch unter weiteren Gesichtspunkten eine wichtige Rolle:
a) Was die Pisa-Studie bezüglich sozialer Ungleichheit schonungslos offen legte, erhärtete
auch die Shell-Studie: der soziale Status des Elternhauses schreibt die Bildungskarriere
quasi vor.
Jugendliche aus einfacheren sozialen Schichten sind statistisch gesehen überzufällig
häufig Hauptschüler oder arbeitslos. Die Shell-Studie hat gezeigt, dass das
Bildungsniveau nach wie vor in hohem Maß „vererbt“ wird. Kinder aus besser situierten
Milieus besuchen in der Regel das Gymnasium und studieren. In Zahlen ausgedrückt: 3/4
der Jugendlichen, deren Väter das Abitur besitzen, machen das Abitur. Das schaffen
demgegenüber nur ein Viertel der Kinder aus Familien, in denen der Vater nur einen
einfachen Schulabschluss vorweisen kann.
Auch andere Anzeichen untermauern das hohe Schichtgefälle im Bildungssystem, in dem die
unteren Schichten zu den Verlierern zählen: Jugendliche aus ärmeren Verhältnissen sind eher
versetzungsgefährdet als Gleichaltrige aus anderen sozialen Schichten. Die Autoren der ShellStudie stellen fest, dass es unter allen Hauptschülern mehr als doppelt so viele Sitzenbleiber
gibt wie unter allen Gymnasialschülern. (Wobei zu bedenken ist, dass heute nur noch 23% auf
die Hauptschule gehen, aber mehr als 40% aufs Gymnasium!)
b) Familiäre Verhältnisse scheinen noch in anderer Hinsicht die Bildungswege von
Jugendlichen nachhaltig zu beeinflussen:
Die Shell-Forscher haben auch den Einfluss des Elternhauses auf mögliche Bildungsrisiken
untersucht. Bildungsrisiken haben solche Jugendliche, die von der Schule ohne Abschluss
abgehen oder ihren Wunschberuf wegen schlechter Noten nicht bekommen oder auch solche
Jugendlichen, die unsicher sind, ob sie den angestrebten Schulabschluss und damit den
Sprung zu einer Ausbildungsstelle überhaupt schaffen. Ein merkbar höheres Bildungsrisiko
haben demnach Jugendliche, deren Eltern geschieden sind oder getrennt leben, aber auch
diejenigen Jugendliche, die mit ihren Eltern nicht gut auskommen.
Umso bedenklicher ist gerade für diese Jugendliche der Umstand, dass gerade diese
Jugendlichen kaum Halt bei Gleichaltrigen finden, um schulische Frustrationen und
Leistungsversagens-Erlebnisse verarbeiten zu können. Da sie sich selbst „in ihrer Clique als
nicht so beliebt“ einstufen, bleibt die Frage, wo und wie holen sie sich ihr Selbstbewusstsein
und Unterstützung? Sie sind sicherlich gefährdet, sich Stärke und Halt ersatzweise woanders
zu suchen: sei es in scheinbar entlastenden Drogen, bei Gleichbetroffenen „Loosern“ oder bei
Stärke versprechenden Gruppen.
Nicht zufällig sind gerade Jugendliche mit einem Bildungsrisiko sehr viel häufiger als alle
andern (53%) in Streitigkeiten oder gewaltsame Auseinandersetzungen mit anderen
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Jugendlichen verwickelt, während demgegenüber rund zwei Drittel der Gesamtheit aller
Jugendlichen äußerst friedfertig ist. Gewalt und Streit als Mittel der Auseinandersetzung
nutzen aber auch mehr als die Hälfte der Hauptschüler wie auch eher sozial schwache
Gruppen. Aber auch die Hälfte (50%) der 12-14jährigen sind in Sachen Gewalt nicht
zimperlich, wie auch noch 46% der 15-17jährigen!
Wenn wir also bis hierher positiv unterstützende Faktoren für ein förderliches Entwicklungsund Bildungsumfeld nennen können, dann tragen hierzu positiv bei: eine intakte Beziehung
der Eltern, eine gute Beziehung zumindestens zu einem Elternteil, eine verständnisvolle
Erziehung des Förderns und Forderns und das Gefühl, von seiner Clique akzeptiert zu sein.
Damit sind wir bei der Frage, was brauchen Jugendliche, um die genannten Anforderungen zu
bewältigen? Welche Bedürfnisse haben sie?
6. Bedürfnisse /Bewältigungsformen konkret
Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir zunächst einmal klären, Wie Jugendliche
versuchen mit diesen Anforderungen fertig zu werden - und wo sie sich Halt und
Unterstützung holen.
Mit zunehmendem Alter wird eine Reihe von Strategien der Konfliktbewältigung häufiger
benutzt. Darunter: zunächst die Informationssuche, das Durchdenken von Problemen, aber
auch das „Sich-Abreagieren“ als Entlastungsstrategie. Hilfe- und Kontaktsuche bei den Eltern
nimmt ab, während die Bemühung um Problembewältigung gemeinsam mit Freunden
drastisch ansteigt.
In der skizzierten Situation der Vielfalt der Entscheidungsmöglichkeiten, aber auch der
Entscheidungszwänge ist die Clique -die Gleichaltrigen-Gruppe ein wichtiger Stützpfeiler für
die Jugendlichen geworden. Das gemeinsame Risiko der Widersprüchlichkeit schmiedet
zusammen.
Während sich in den 60er Jahren nur eine Minderheit (16%) von Jugendlichen einer Clique
anschlossen, sind dies heute schon rund 70 % , die einer Clique angehören. Im Osten etwas
weniger, aber sie haben in den letzten Jahren rasch aufgeholt.
In der Clique erfährt man mit Gleichgesinnten Halt und Sicherheit.
Mit der Clique hat man einen selbst gewählten Ort außerhalb der Familie, wo man eine neue,
selbst gewählte Art von Vertrautheit erproben kann. Dort kann man über Themen sprechen,
die in der Familie ausgespart sind, dort lernt man andere regelmäßige soziale Beziehungen,
andere Gemeinsamkeiten und Regeln.
Die Clique ist aber auch der Ort, wo man gemeinsam Probleme verarbeiten kann, die aus der
Schule, aus der Arbeit oder dem Familienstress entstehen.
Hier kann man mit neuen Werten und Normen und Verhaltensweisen relativ ungestraft
experimentieren und ausprobieren, welcher Lebensstil zu mir passt.
Musik, Verhaltensstile, Sprache, Kleidung sind eigene Ausdrucksformen und
Verarbeitungsformen, um zu demonstrieren: so sind wir! und auch um sich abzugrenzen
gegen die wie-auch-immer Anderen, auch gegen die Erwachsenenwelt.
Aber die Mitgliedschaft in einer Clique, hat nicht nur diese entlastende, stressfreie,
entspannende Seite. Die gleichaltrige Gruppe hat einen starken Einfluss auf Standards von
Konsum und Freizeitaktivitäten sowie auf die Vorbilder für Wertorientierung und
Lebensführung. Die Angst vor Ablehnung und Ausgrenzung aus der gleichaltrigen Gruppe ist
entsprechend groß.
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Zusätzlich durch die starke Kommerzialisierung der Freizeitaktivitäten ist innerhalb der
Cliquen ein hoher Statusdruck entstanden mit scharfem Wettbewerb für die Selbstdarstellung
jedes Einzelnen. Besonders bei den Jüngern sind „Markenkleidung tragen“ und „toll
aussehen“ an der Spitze ihrer Hitliste, was angesagt, was „In“ ist.
Können Jugendliche sozial und materiell dabei nicht mithalten, geraten sie stark unter Druck.
Die Folgen können seelische oder körperliche Störungen genauso sein, wie Aggressivität und
Drogenkonsum, um damit fertig zu werden.
Die heutigen Anforderungen der Jugendphase, sich ständig immer neu - und vor allen Dingen
richtig entscheiden zu müssen, ist für alle ziemlich anstrengend und viele empfinden das als
Zumutung und als Strapaze. Zumeist wird das überspielt mit scheinbarer Lässigkeit, das was
wir kennen mit dem Spruch „Ey cool bleiben und cool sein“.
Der Druck, sich ständig flexibel verhalten und entscheiden zu müssen, fördert aber auch sehr
stark ein Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität. Dieses Bedürfnis ist ja -wie wir gesehen
haben- bei der heutigen Jugendgeneration sehr stark ausgeprägt.
Wenn der Druck zu stark empfunden wird, die Welt als zu kompliziert und die Anforderung
als zu kompliziert und undurchschaubar empfunden werden, besteht die Versuchung:
Sicherheit in alten Sicherheiten zu suchen, in einem „Kollektiven-getragen-werden, und
einfache Antworten auf die komplexen Sachverhalte zu suchen. Beispielsweise die Schuld für
empfundene Benachteiligungen oder persönliches Scheitern Ausländern oder anderen
Sündenböcken zu zuschreiben;
oder als Entlastung von der Kompliziertheit des Alltags: einfache Wahrheiten zu suchen in
politische Radikalität, Sekten, oder Drogen als Flucht zu nutzten oder schlimmer noch
Gewalt anzuwenden, gegen die, die irgendwie gegen mich sind und wenn sie nur dumm
gucken.
Zwar scheint die Cliquenmitgliedschaft im Normalfall der großen Mehrheit der Jugendlichen
Halt und Sicherheit zu geben, aber ein anderes deutliches Ergebnis der Shell-Studie
überrascht:
Die ansonsten doch so kontaktfreudigen und sozial eingebundenen Jugendlichen haben kein
ausgeprägtes Vertrauen in andere Menschen!
Nicht einmal jeder Dritte Jugendliche hegt ein grundsätzliches Vertrauen in andere Menschen.
Hier fragt sich also, wo und wie Erwachsene Jugendliche auf ihrem Weg ins Leben
unterstützen können?
7. Bedürfnisse, was brauchen sie?
Als Antwort darauf haben mir sehr gut die Worte in Ihrem Flyer gefallen. Nämlich: Du bist
mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter! An dir habe ich Gefallen gefunden!
Aus Untersuchungen wissen wir, dass Jugendlichen bei der Auseinandersetzung mit ihrer
Zukunft die Informationssuche und Ratsuche bei Erwachsenen immer noch wichtiger ist als
alles andere. Das bedeutet zugleich aber auch, dass ihnen Erwachsene gegenüber treten
müssen, die nicht wegsehen, die sie wahrnehmen.
D.h., die auch bereit sind Bindungen einzugehen, den Jugendlichen das Gefühl vermitteln,
gewollt zu sein, gebraucht zu werden, ihnen zu vermitteln: du bist wichtig!
Bindung aber basiert auf Verlässlichkeit. Die neue gesellschaftliche Forderung nach
Flexibilität, die Forderung nach dem flexiblen Menschen verachtet aber das Prinzip
Verlässlichkeit.
Daher brauchen Jugendliche Erwachsene, die sich auf sie einlassen, Menschen, an denen sie
sich reiben, abarbeiten können, die ihnen erlebbare und glaubwürdige Beispiele geben für
mögliche, tragfähige Lebensmuster; Lebensmuster, die Jugendliche prüfen können, aber auch
verwerfen dürfen, um sich für ihren eigenen Weg zu entscheiden.
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Sie brauchen dazu Menschen, die sie ermutigen und ihnen etwas zutrauen, die ihnen aber
auch Struktur und Verläßlichkeit geben, die Achtung und kooperatives Verhalten vorleben.
Jugendliche müssen sich aber auch erfahren und erleben können, sich erproben an Aufgaben
und Herausforderungen, die sie meistern und an denen sie wachsen können.
Diese Erfahrungen, selbst etwas bewirken zu können, sind umso wertvoller, wenn sie nicht
nur alleine oder mit Einzelnen gemacht werden, sondern die eigene Leistung als Teil einer
solidarischen Gruppe erlebt werden kann.
Dazu aber muss Erziehung und Gesellschaft Handlungsfelder bereitstellen, in denen
Jugendliche erlernen und erproben können, persönliche und soziale Verantwortung zu
übernehmen, um sie stark zu machen für eine ungewisse Zukunft.
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„Gegen den Sog der Ansprüche und Anforderungen“
Situation und Bedürfnisse junger Menschen zwischen 12 und 16
1. Die Altersgruppe 12-16jährige: unterschiedliche Etappen des Erlebens
2. Anforderungen aus den Entwicklungsaufgaben
3. Anforderungen aus Wandel der Jugendphase
 Eine bisher nie da gewesene Verlängerung der Jugendphase und
zwar ihre
Dehnung nach beiden Seiten, zum Anfang und zum Ende hin
 viel mehr und viel früher Möglichkeiten der Selbstbestimmung und
Selbstentscheidung
 Der Lebensabschnitt Jugend ist in seinen Anforderungen offenen,
widersprüchlicher und vor allem unklarer geworden
4.Situation junger Menschen heute – allgemein
a) Die leistungsorientierten Pragmatiker
b) Gewinner und Verlierer der Modernisierung
1. die selbstbewussten Macher
2. die pragmatischen Idealisten
3. die robusten Materialisten
4. die zögerlichen Unauffälligen
5. Situation der 12-16jährigen
6. Suche nach Unterstützung
7. Bedürfnisse, was brauchen sie?
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Meilensteine auf dem Weg zum ErwachsenSein:
als
Entwicklungsaufgaben im Jugendalter
 Übernahme einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit
 Schulisches
erwerben
und
berufliche
Wissen
 Schulische Karriere/Bildungsweg managen
 Gründung einer eigenen Familie

Lernen mit Sexualität umzugehen.

Partnerschaftliches Verhalten erlernen
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 ein eigenes Wertemuster entwickeln,
 eigene moralische Werthaltungen
entwickeln, um Verantwortung für sich
und in der Gesellschaft zu übernehmen
 zu einem politisch mitbestimmenden
Gesellschaftsmitglied werden
 selbständiger Konsum- und Kulturbürger
werden
 einen eigenen Lebensstil und
Geschmack entwickeln

mit Geld umgehen können
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