Leitantrag verabschiedet vom CSJ-Nationalkongreß in Bartringen, am 13. März 1999 Staark fir Jonker Iddienkatalog fir d’99er Walen CSJ – Staark fir Jonker 1/25 STAARK FIR JONKER Viirwuert: Eis Zukunft läit an déngen Hänn! 3 I. Aféierung: Fir d’Erneieren vun eisem Gesellschaftsvertrag Leitlinien fir zukunftsfäegt Handlen 4 5 II. Fir en europafrëndlecht an international solidarescht Lëtzebuerg 6 III. Fir eng staark Politik fir déi Jonk 1. Aarbecht a Bildung fir jiddereen 2. Mir bréngen Plaz(en) fir Jonker 3. Jonk sin, heescht Biirger gin 4. Mir loosse kee Jonke lénks leien 5. Jonker vun haut bauen d’Wëssensgesellschaft vu muer 6. E fräien Engagement fir d‘Jugend, fir professionell Begleedung 7. Eng jugendfrëndlech Groussregioun 7 7 8 8 9 9 10 11 IV. Fir eng lieweg an integrativ Méi-Generatioune-Gesellschaft 1. Méi-Generatioune-Gesellschaft 2. Bestiednes a Famill als attraktive Liewensmodell, Famill a Beruff an Aklang bréngen 3. D’Fraen an d‘Politik 4. Behënnerter méi Chance gin 5. Kultur fir jiddereen zougänglech halen 6. Integratioun op „lëtzebuergesch“ 7. Eng lieweg Biergergesellschaft 8. Präventioun amplaz Reparatioun 9. Déi Jonk staark maachen géint Drogen – Therapieméiglechkeeten ausbauen 12 12 12 13 13 13 13 14 15 15 V. Fir eng dynamesch an nohalteg öko-sozial Maartwirtschaft 1. Eng fair, dynamesch a kompetitiv Wirtschaft 2. En europäeschen Landwirtschaftsmodell 3. Existenzgrënnungen, Betriibsnofolleg a Selbstännegkeet erliichteren 4. Sozio-ökonomesch Stärkung vum ländleche Raum 5. E staarke Sozialstaat 17 17 18 18 19 20 VI. Fir en nohaltegt Wirtschaften, eng gesond Emwelt, eng équilibréiert Landesplanung 1. Ökologiséierung vum Steiersystem 2. Manner Offall, méi regenerativ Energien notzen 3. Eng équilibréiert Landesplanung 21 21 21 22 VII. Fir d’Moderniséierung vum lëtzebuerger Staat 1. De Staatsrot 2. Eng eenzeg Steierverwaltung 3. Guichets uniques administratifs am ganze Land 4. D’Straffen vun de Ministèren 5. De Walsystem an d’Gemengen 23 23 23 24 24 24 CSJ – Staark fir Jonker 2/25 Viirwuert: Eis Zukunft läit an déngen Hänn! Das 21. Jahrhundert gehört Dir! Ein Jahrhundert voller Verheißungen liegt vor uns. Keine Generation zuvor hatte mehr Möglichkeiten als unsere. Wir sehen deshalb voller Optimismus in das nächste Jahrhundert, das nicht erst am 1. Januar 2000 beginnt, sondern mit jeder Entscheidung, die heute getroffen wird, anbricht. Auf folgende Reflexionen legen wir - die Christlich Soziale Jugend - deshalb besonderen Wert: Jeder Bürger ist tragende Säule unserer Gesellschaft und mitverantwortlich für die weitere Entwicklung, sowohl unseres kleinen Landes, als auch von Europa und der Menschheit. Mit jeder Entscheidung, mögen sie als noch so gering eingeschätzt werden - beeinflußt er den Gang der Entwicklung und trifft eine Richtungswahl. Somit trägt er nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für die Menschen, mit denen er lebt, und für die nachkommenden Generationen. Doch trägt der einzelne diese Verantwortung für die Zukunft nicht alleine. Er tut dies zusammen mit allen Menschen, mit denen er in Beziehung steht oder tritt. Die Gesellschaft ist mehr als die Ansammlung von Einzelbiographien oder Meinungsmarkt. Die Selbstverwirklichung des Einzelnen vollzieht sich in der solidarischen Beziehung mit der Gemeinschaft der Individuen: so wie jeder Einzelne für die Gemeinschaft verantwortlich ist, so steht die Gemeinschaft ihrerseits für jeden Einzelnen. Daher lehnen wir jede künftige Gesellschaft ab, die Selbstverwirklichung des Einzelnen ohne Gemeinschaft denkt. Wir befürworten deshalb jede Bemühung, die inter-individuelle Verantwortung fördert. Die Verantwortung des Einzelnen ist undenkbar ohne die Freiheit im öffentlichen und privaten Raum, ohne Autonomie. Wir halten fest an den unveräußerlichen Menschenrechten und setzen mehr denn je auf die Mündigkeit der Bürger, die Leistungsbereitschaft des Einzelnen, für sich selbst zu sorgen und die Bereitschaft, sein Handeln am Gemeinwohl auszurichten. Als Ordnungsprinzip unserer Gesellschaft können deshalb nicht nur Gesetze, Verordnungen oder Programme gelten. Vielmehr legen wir verstärkt Wert auf das eigenverantwortliche Handeln des Einzelnen, im Sinne einer Selbstverpflichtung gegenüber Mensch, Umwelt und nachkommender Generationen. Es gibt ein menschliches Verhalten jenseits der Kategorien von Legalität oder Illegalität. Der gesellschaftliche Wandel der letzten Jahrzehnte soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß die unserer politischen Tätigkeit zugrunde liegende christliche Soziallehre nichts an Aktualität eingebüßt hat. Im Gegenteil, die mit ihr verbundenen Grundsätze und Werte bleiben Richtschnur unseres politischen Denken und Handelns: Personalität, Solidarität, Subsidiarität, Gemeinwohl, Bewahrung der Schöpfung, Priorität für die Armen, Freiheit, Gleichheit, Partnerschaft, Leistung und Partizipation sind unverzichtbare Lösungsansätze für die uns erwartenden Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Es gilt, diese Grundsätze und Werte verstärkt in den kommenden Jahren in einem kritisch-konstruktiven Austausch mit Vertretern der christlichen Soziallehre für eine europaweite Erneuerung christlich-sozialer Politik nutzbar zu machen. CSJ – Staark fir Jonker 3/25 I. Aféierung: Fir d’Erneieren vun eisem Gesellschaftsvertrag Im Übergang zum nächsten Jahrhundert ist der Gesellschaftsvertrag1 der Nachkriegszeit – dazu gehörte das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft, die Zweiteilung der Welt durch den kalten Krieg, der sozial auszugleichende Siegeszug der Industrialisierung, die Steuerbarkeit der nationalen Ökonomie - in Frage gestellt, nicht wegen der wechselnden Jahreszahl, sondern wegen der geänderten Rahmenbedingungen: 1. Wir können heute nicht mehr von einem grenzenlosen Wirtschaftswachstum ausgehen. Schäden an Umwelt und Gesellschaft (etwa bei der Volksgesundheit) fordern einen immer höheren Preis und werden stärker in Rechnung gestellt. Wie aber passen Wirtschaftswachstum und Umweltverträglichkeit zusammen? 2. Wirtschaftswachstum bringt nicht zwangsläufig auch einen Zuwachs an Beschäftigung mit sich. Im Gegenteil, die Produktivität ist in den westlichen Ländern kontinuierlich gestiegen, das gesellschaftlich zu verteilende Arbeitsvolumen jedoch leicht gesunken. Die Folge: die gleiche Arbeit kann von bedeutend weniger Menschen erledigt werden. Will und kann die Politik noch am Ziel der Vollbeschäftigung festhalten? Wie verhindern wir, daß Beschäftigung nicht zum Privileg für wenige wird? Wie soll und kann Arbeit verteilt werden, damit möglichst viele eine Beschäftigung haben? 3. Die Handlungsspielräume der Politik innerhalb der nationalen Ökonomien sind eingeengt, wenn nicht gar völlig geschrumpft. Nationale Wirtschafts- und Währungspolitiken scheinen der Vergangenheit anzugehören. Welche Instrumente aber stehen uns weiterhin zur Verfügung, um Teile der Volkswirtschaften anzukurbeln, um eine höhere Beschäftigungsrate zu erzielen? 4. Die klassische, aber sexistische Arbeitsteilung der Industriegesellschaft wies dem Mann Erwerbsarbeit gegen Geld zu und der Frau die unentgeltliche materielle Hausarbeit, die Erziehungs, Beziehungs- und Pflegearbeit. Auch wenn heute mehr und mehr Frauen erwerbstätig sind und für sich selbst sorgen können und wollen, so bleiben noch viele Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Frauen sind länger arbeitslos, arbeiten öfter in Teilzeitarbeitsverhälntnissen als Männer und werden immer noch in vielen Fällen weniger für die gleiche Arbeit entlohnt als Männer. Es sind zumeist Frauen, die viele volkswirtschaftlich unerläßliche Arbeiten verrichten, doch meistens ohne Entlohnung. Wie sieht ein neuer Rahmen aus, in dem Beruf und Familie/Kinder/Ehe/Haushalt miteinander vereinbar sind? Wie soll Arbeit in Rechnung gestellt werden, die niemand bezahlen will? Daher benötigen wir die Neuverhandlung des Gesellschaftsvertrags. Er soll folgende Beziehungen neu regeln helfen: Arbeit und Einkommen (Leistungsverhältnis); Mann und Frau (Geschlechterverhältnis); Jung und alt, aktive und passive Bevölkerung (Generationenvertrag); Markt und Umwelt, Mensch und Umwelt (Naturverhältnis); Individuum und Staat (Zivilgesellschaft, Menschenrechte, Zivilgesellschaft, interkultureller Dialog). Auftrag der Politik ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, damit der Einzelne für sich und die Menschen, mit denen er zusammenlebt, Perspektiven sieht. Jeder muß seine Chance sehen und nutzen können, an Frieden, Freiheit, Wohlstand, Wissen und politischen Entscheidungen teilzuhaben. Das Leitbild einer freien, fairen, offenen und solidarischen Gesellschaft, in der Risiken und Verantwortung Unter „Gesellschaftsvertrag” wollen wir in diesem Zuammenhang den „Bestand an gemeinsam geteilten Sichtweisen, Überzeugungen, Werten und Normen” bezeichnen, „die den Arbeits- und Lebensformen einer real existierenden Gesellschaft zugrundeliegen” (F. v. Hengsbach): ein gesamtgesellschaftlicher „Deal”. 1 CSJ – Staark fir Jonker 4/25 nicht auf die sozial schwächeren abgewälzt werden, ist deshalb aktueller denn je. Letztlich geht es um eine Entscheidungswahl, in welcher Gesellschaft wir leben wollen („choix de société“) - eine Wahl, die uns weder supranationale Einrichtungen, weltweit operierende Unternehmen oder organisierte Interessengruppierungen abnehmen sollen und abnehmen können. Die auf nationaler Ebene realisierbare soziale Marktwirtschaft muß auf die Ebene einer weltweiten öko-sozialen partipativen Marktwirtschaft strapaziert werden. Die Politik bleibt gefordert - zunächst auf regionaler und nationaler, dann auf europäischer und schließlich auf internationaler Ebene - neue Sozialverträge auszuhandeln. Diese Sozialverträge sollen einerseits einen blinden Wettlauf um der Einzelstaaten um Marktanteile um jeden Preis auf dem Weltmarkt verhindern. Andererseits sollen Kooperation (gemeinsame Anstrengungen zum Erreichen gleicher Ziele; cf. Luxemburger Leitlininen zur Beschäftigung), gegenseitige Verantwortung, Anerkennung lokaler Lösungsmodelle und Toleranz (Anerkennung kultureller Vielfalt) die Grundlagen solcher Abkommen sein. Weltweite Abkommen sind keine Utopie, sondern gehören zum Alltagsgeschäft der internationalen Politik (Beispiele: Bretton Woods, GATT, WTO, nukleare Abrüstung, Landminenabkommen). Sie müssen heute helfen Rahmenbedingungen in den Politikbereichen zu schaffen, von denen die Menschen am meisten betroffen sind (Menschenrechte, natürliche Ressourcen, Arbeit). Leitlinien fir zukunftsfäegt Handlen Aufgrund der Vorüberlegungen formulieren wir folgende Leitlinien für ein zukunftsfähiges Handeln. Beteiligungsgerechtigkeit (das Recht aller Menschen zur Teilhabe an Frieden, Freiheit, Wohlstand, Wissen und politischen Entscheidungen); Arbeit für alle, Humanisierung der Arbeitswelt; einkommensneutrale höhere Belastung der Faktoren Energie- und Ressourcenverbrauch, bei gleichzeitiger Senkung der auf dem Faktor Arbeit lastenden Kosten; Besteuerungsgerechtigkeit (Besteuerung sämtlicher Einkommensquellen); gesellschaftlich relevante Arbeiten wie Haus- und Pflegearbeit sowie Tätigkeiten im „Non-Profit“Bereich sollen gegenüber der Erwerbsarbeit substantiell aufgewertet werden; generelle Überprüfung politischer Entscheidungen nach den Kriterien der Nachhaltigkeit. CSJ – Staark fir Jonker 5/25 II. Fir en europafrëndlecht an international solidarescht Lëtzebuerg Die Grundüberlegungen zur europäischen Einigung hat die CSJ bereits 1996 in „Loscht op Europa“ 1996 festgehalten. An dieser Stelle wollen wir mit Nachdruck folgendes fordern. Wir wollen die konsequente Fortsetzung des europäischen Integrationsprozesses. Nur ein starkes Europa kann weltweit mitbestimmen. Ein starkes Europa kann es nur geben, wenn es eine starke politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische europäische Einigung gibt. Die Verwirklichung einer europäischen Solzialunion und Umweltunion muß vorangetrieben werden. In diesem Sinne schlagen wir sozialpolitische und umweltpolitische Konvergenzkriterien vor. Nach der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) muß die politische Union vorangetrieben werden, dies durch eine europäische Verfassung, die mehr als ein Vertragswerk darstellen soll. Die Europäische Union braucht starke und transparente, aber auch demokratisch legimierte Institutionen im Rahmen einer föderalen Struktur. Ein zu erstellender EUKompetenzenkatalog soll verhandelt werden, damit deutlicher unterschieden wird, was besser auf lokaler, regionaler, nationaler oder europäischer Ebene zu regeln ist. Ein besseres Zusammenspiel zwischen Nationalparlamenten und dem Europäischen Parlament ist im Sinne einer klaren Arbeitsteilung anzustreben. Die Erweiterung der Europäischen Union darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Sie darf auch nicht am wirtschaftlichen Gefälle auf unserem Kontinent scheitern. Neue Erweiterungsmodelle sollen stärker in Erwägung gezogen werden, die einen Beitritt zur politischen Union ermöglichen ohne gleichzeitige und vollständige wirtschaftliche Integration. Die Länder Mittel- und Osteuropas dürfen nicht aufgrund der Nichtmitgliedschaft in der EU davon ausgeschlossen werden, über das Schicksal ihres Kontinents mitzuentscheiden. Wir wollen, daß sich Luxemburg in seiner Außenpolitik stärker für die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte und die Belange unterdrückter Völker einsetzt. Damit Menschenrechte weltweit geachtet werden, bedarf es eines interkulturellen und interreligiösen Dialogs, an dem sich Luxemburg aktiv beteiligen soll. Luxemburg soll sich ebenfalls aktiv beteiligen an der Diskussion um eine allgemeine Menschenpflichtserklärung auf der Ebene der Vereinten Nationen, im Sinne eines globalen Wertekonsens‘ (Weltethos), der Grundlage zur Lösung weltweiter Probleme (Handel, Finanzkrisen, Klimaschutz, usw.) sein soll. Die nationale Entwicklungspolitik muß weiterhin ausgedehnt werden. Luxemburg soll den Anteil der Entwicklungshilfe freiwillig auf mindestens 1 Prozent des Bruttosozialprodukts anheben. Ebenso wichtig wie die finanzielle Aufstockung aber ist, daß die Politik hier konzeptionell vorangetrieben wird. Luxemburg soll in Europa für eine fremdenfreundliche und aktive Flüchtlingspolitik eintreten. Eine aktive Flüchtlingspolitik beschränkt sich nicht auf die zeitweilige Unterbringung von Flüchtlingen und humane Verwaltungsprozeduren, sondern hilft ihnen vor allem, sich für die Rückkehr in ihre Heimat zu stärken: durch Förderung der Mehrsprachigkeit, durch Weiterbildungsmaßnahmen, durch spezielle Arbeitsgenehmigungen, durch Präventivmaßnahmen gegen eine schleichende Kriminalisierung der betroffenen Bevölkerungsgruppe, durch politische Bildung und schulischen Unterricht für Kinder im schulpflichtigen Alter. Zu einer „aktiven“ Flüchtlingspolitik gehört jedoch ebenfalls ein hartes Durchgreifen bei der Verletzung des Gastrechts. Notwendiges Pendant einer effizienten Flüchtlingspolitik aber ist eine gestärkte europäische Innen- und Justizpolitik, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und eine europäische Wirtschaftspolitik, die Probleme in den Herkunftsländer der Flüchtlinge nicht außer Acht läßt. CSJ – Staark fir Jonker 6/25 III. Fir eng staark Politik fir déi Jonk Politik im Interesse der jüngeren Generation beschränkt sich nicht auf Jugendpolitik, sondern sorgt sich um deren Zukunft und schafft allgemein Bedingungen, in denen junge Menschen Perspektiven erkennen können: die Aussicht auf eine sinnvolle und gerecht entlohnte Arbeit. Auf Möglichkeiten der Selbstverwirklichung, die nicht auf Kosten der Mitmenschen, anderer Generationen, der Umwelt gehen muß. Das Ziel der spezifischen Jugendpolitik besteht darin, den Wunsch der Jugend nach Eigenverantwortung und selbständiger Lebensgestaltung zu stärken. Jugendpolitik verzichtet auf Bevormundung. In ihren Initiativen müssen die Jugendlichen jedoch Werte und Normen erkennen können. Verantwortungsvolle Jugendpolitik fördert das Verantwortungsbewusstsein der Entscheidungsträger von morgen. Es ist die Aufgabe der Politik, die kreativen Eigenschaften der Jugend zu fördern. Es ist unsere Pflicht, junge Menschen in ihrer Bereitschaft zu aktiver Toleranz und Solidarität zu bestärken. Deshalb wurde das Gesetz über den Freiwilligendienst (service volontaire) vom Parlament verabschiedet . Es schafft einen Rahmen und gibt Anreize, damit der Idealismus von jungen Menschen Früchte tragen kann. Jugendliches Engagement wird in Bereichen wie Kultur, Sport, Umweltschutz und Völkerverständigung vieles bewegen. Wir setzen weiterhin auf Austauschprogramme für Jugendliche. Die luxemburgischen und europäischen Programme sollen auf Drittstaaten (besonders MOE- und AKP-Staaten) ausgedehnt werden, damit die jungen Bürger unseres Landes frühzeitig völlig andere Lebenswelten kennenlernen, wertvolle Erfahrungen mit Menschen anderer Kontinente machen und ein Gespür für unsere vernetzte Welt bekommen. Eigene Austauschprogramme, die den Besonderheiten unseres Landes besser Rechnung tragen, sollen möglich werden. So fordern wir die Schaffung eines interregionalen Austausch- und Förderprogramms „Jugend für die Großregion” zur Unterstützung, Sensibilisierung, Initiierung und Verbesserung interregionaler Projekte im Jugend- und Kulturbereich. 1. Aarbecht a Bildung fir jiddereen Perspektiven eröffnen sich jungen Menschen vorrangig durch gute allgemeine und berufliche Bildung und durch die Aussicht auf eine Arbeitsstelle. Unsere bildungspolitischen Vorstellungen haben die „CSJ Schüler a Studenten“ im Forderungskatalog „Chantier Educatioun“ zusammengetragen, die wir mit Nachdruck einfordern. Im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung des nationalen Beschäftigungsplanes wurden viele Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit eingeführt bzw. den heutigen Umständen angepaßt. Dennoch bleiben weitere Möglichkeiten, junge Arbeitsuchende schneller in den Arbeitsprozeß einzugliedern: Durch die Förderung von Teilzeitbeschäftigung. Durch Modelle des „Job-sharing“ von älteren erfahrenen Berufstätigen, die einen „sanften Ausstieg“ auf dem Beruf wollen, und junge Arbeitsuchenden, die in den Beruf eingeführt werden. Durch Förderung des Selbständigkeit, der Existenzgründungen und Betriebsnachfolge. CSJ – Staark fir Jonker 7/25 2. Mir bréngen Plaz(en) fir Jonker Die Jugend braucht Raum. Deshalb ist die multifunktionnelle Konzerthalle in Esch-Belval notwendig. Sie soll der angemessene Rahmen für Großereignisse sein. Daneben soll versucht werden, einheimischen Nachwuchsbands benötigte Proberäume in allen Landesteilen zur Verfügung stellen. Ein nationales Jugendzentrum soll geschaffen werden, das sowohl ein seit Jahren gefordertes Haus der Jugendvereinigungen („Maison des associations“ für Jugendverbände, Studentenzirkel, die nationale Jugenkonferenz, politische Jugendorganisationen) beherbergen soll, als auch die bestehehenden Jugenddienste, –informationsstellen und –einrichtungen aus dem öffentlichen und konventionierten Sektor. Ein solches Zentrum, in dem etwa junge Existenzgründer eine erste Anlaufstelle finden oder junge Studenten Informationen über Austauschprogramme erhalten, könnte auch Räumlichkeiten für experimentelle Jugendarbeit und bestehende Präventionszentren, unter einem Dach vereinen. Somit soll ein Synergieeffekt und eine Netzwerkbildung der im Jugendbereich tätigen Akteure erleichtert werden. Auch soll sich die öffentliche Hand an der Schaffung der Infrastrukturen freier Träger, wie etwa der Pfadfinderorganisationen, beteiligen. 3. Jonk sin, heescht Biirger gin Wir sind überzeugt, daß die frühzeitige und aktive politische Teilnahme der Jugendlichen notwendig ist, um der Politikverdrossenheit einen Riegel vorzuschieben. Wollen wir morgen autonome Bürger, die sich mit unserem Staatswesen identifizieren können, müssen wir heute den Jugendlichen die Möglichkeit geben, Demokratie als faire Konfrontation unterschiedlicher Interessen und Ideen kennenzulernen. Das geht nur, wenn wir sie an Entscheidungen mitwirken lassen, über ihre Kritik nicht hinweggehen und uns mit ihren Vorstellungen auseinandersetzen. Auch in der nationalen Politik muß die Jugend die Möglichkeit haben, sich Gehör zu verschaffen. Bei unseren wichtigsten politischen Entscheidungsträgern werden wir darauf drängen, sich mit den Jugendlichen an einen Tisch zu setzen, um dazu ein passendes Dialogmodell auszuarbeiten. Besonders im Hinblick auf die zu erneuernde, zu reformierende und wiederzubelebende Nationale Jugendkonferenz (CGJL) könnte diese als obligatorische Beratungsinstanz in allen Jugendfragen in den Gesetzgebungsprozeß besser mit eingebunden werden. In Sinne der Zivilgesellschaft werden wir die Arbeit von politischen Initiativen unterstützen, die den Bürgersinn, das Verantwortungsbewußtsein, den Partizipationswillen und das sozio-politische Engagement der Jugendlichen fördern. Auch soll ein nebenschulisches Angebot politischer Bildung für Jugendliche geschaffen werden. Dabei soll in Zukunft verstärkt auf Stiftungen freier Träger zurückgegriffen werden, bzw. die Gründung und Arbeit solcher Stiftungen erleichtert werden. Zwischen dem gemeinnützigen Freiwilligendienst und der Schule müssen Brücken geschaffen werden. Das ehrenamtliche Engagement von Jugendlichen muß in den Schulstrukturen Berücksichtigung finden, integriert und anerkannt werden. Weil die Vermittlung von sozialem Bewußtsein und die Förderung des Einsatzes für unser Gemeinwesen auch eine Aufgabe der schulischen Erziehung ist. Der Jugendkommunalplan bietet Jugendlichen auf kommunaler Ebene die Möglichkeit, mitzugestalten und mitzubestimmen. Diese Möglichkeit der Jugendlichen, an der Gestaltung ihres unmittelbaren Lebensraumes mitzuarbeiten, soll besonders gefördert werden. CSJ – Staark fir Jonker 8/25 Die Herabsetzung des passiven oder aktiven Wahlalters kann nur erfolgen, wenn gleichzeitig mehr für politische Bildung im Jugendalter getan wird. Erhebungen und Berichte über das Allgemeinwissen von Schülern und Studenten führen immer wieder deutlich vor Augen, wie wenig sie über Akteure, Institutionen, Vorgänge und Hintergründe der Politik informiert sind. Dies gilt auch für viele bereits seit Jahren wahlberechtigte Mitbürger. Wähler von morgen müssen heute zum kritischen Medienkonsumenten und mündigen Bürger erzogen werden. Das einseitige Herabsetzen des Wahlalters hat nicht notwendigerweise mehr Mitbestimmung zur Folge. 4. Mir loosse kee Jonke lénks leien Es gibt auch bei uns zu viele Jugendliche, die „zwischen die Stühle fallen!” Damit möglichst wenige dieses erleiden, muß die Präventionspolitik in den Bereichen Drogenmißbrauch, Kriminalität, Konsumsucht deutlich verstärkt werden. Wir verstärken die Präventivarbeit, dies in den Bereichen Gesundheit, Kriminalität und Formen der Sucht (Drogen, Konsum, Spiel u.a.). Anstatt zu reagieren und für Folgekosten von nicht mehr wiedergutzumachendem Schaden aufzukommen, soll mehr für Vorbeugung gesellschaftlicher Mißstände erfolgen. Für an den Rand der Gesellschaft gedrängte Jugendliche ist die soziale, schulische bzw. berufliche Wiedereingliederung oberstes Ziel, dem wir uns verschreiben. Streetworking kann jene Jugendlichen erreichen, die davon bedroht sind, in der Gesamtgesellschaft ebenso wie in ihrer Altersgruppe an den Rand gedrängt zu werden. Wir treten dafür ein, daß eine Studie erstellt wird, die auslotet, wo und in welchem Umfang Streetwork-Arbeit notwendigt ist, damit wir diese besser einrichten können. Sozialdienste für Jugendlichen müssen effizienter arbeiten können. Deshalb soll eine Studie effiziente Kooperationsmodelle mit den bestehenden psycho-sozialen Betreuungsstellen skizzieren. Damit diese im Sinne eines Netzwerks besser arbeiten können. 5. Jonker vun haut bauen d’Wëssensgesellschaft vu muer Auch bei uns gibt es besonders begabte Jugendliche in den verschiedensten Bereichen (Sport, Musik, Künste, Wissenschaft, Politik, Umwelt). Ihnen muß der Zugang zu internationalen Nachwuchsförderprogrammen und -wettbewerben erleichtert werden. Deshalb wollen wir eine Art „Talent-Agentur” einrichten (Talentbörse, Stiftung „Young Talents Luxembourg”). Diese soll mit Schulen, Berufsverbänden, Sport- und Kulturvereinigungen zusammenarbeiten. Vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Familien sollen hiervon profitieren. In der Wissensgesellschaft von morgen sind „Soft-Infrastrukturen“ für einen wirtschaftlichen Standort unverzichtbare Ressourcen und von unschätzbarem Wert. Deshalb soll in Luxemburg im Rahmen einer breit angelegten „Know-how-Catching“-Operation versucht werden, das von vielen hierzulande lebenden, studierenden oder arbeitenden Einzelpersonen (Wissenschaftler, Spezialisten, Hochschulabsolventen, Studenten) angesammelte „Know-how“ (fachliches Wissen, Können und Kompetenzen) systematischer zu valorisieren. Vorstellbar ist die Anlegung einer interdisziplinären und für die Öffentlichkeit zugänglichen Datenbank (nach dem Vorbild der bereits bestehenden Datenbank für Juristen und Wirtschaftswissenschaftler), die Informationen über sämtliche wissenschaftliche Arbeiten, spezialisierte (Forschungs-)Projekte und implizierte Akteure kontinuierlich zusammenfaßt. Dazu ergänzend soll eine Agentur ein Netzwerk erstellen und betreuen, das den Transfer von Information, Know-how und Kompetenzen erleichtert. CSJ – Staark fir Jonker 9/25 Wir wünschen die Schaffung von Gründerzentren für Existenzgründer und Jungunternehmer („pépinières d’entreprises“), die (befristet auf die Anfangsjahre) gemeinsame Infrastrukturen und Betriebsräumlichkeiten kostengünstig nutzen können. Deshalb ist die allgemeine Sensibilisierung von Schul- und Hochschulabgängern erforderlich. Junge Unternehmer, Freiberufler, junge Berufseinsteiger, Klein- und Mittelbetriebe sollen einen leichteren Zugang zum internationalen Markt von Patent-, Lizenzrechten erhalten. Vorstellbar ist eine entsprechende Vermittlungsagentur. Der Finanzplatz könnte dementsprechend um eine Börse für Lizenz- und Patentrechte erweitert werden. 6. E fräien Engagement fir d‘Jugend, fir professionell Begleedung Jugendarbeit ist nach wie vor von zentraler Bedeutung für die gesellschaftliche Eingliederung der junge Menschen. Wir befürworten die auf Freiwilligenarbeit beruhende Jugendarbeit, sehen aber andererseits auch die Notwendigkeit, daß die im Jugendbereich Tätigen professionelle Unterstützung zur Verfügung haben sollen. Jugendarbeit darf sich nicht auf die Einrichtung von Jugendhäusern oder Jugendinformationsstellen beschränken, sondern muß gezielt im Umfeld der Schulen und der lokalen Vereine neue Aufgabenfelder wahrnehmen, etwa in der professionellen Begleitung der ehrenamtlich im Jugendbereich tätigen Personen (im Sport- oder Kulturbereich). Deshalb soll ein Pool von Erziehern, Jugendanimateuren und Sozialpädagogen eingerichtet werden. Vereine im Jugend-, Sport- oder Kultursektor, Jugendhäuser, Gemeinden und freie Träger könnten auf diesen Pool von Kompetenzen zurückgreifen, um während einer befristeten Zeit eine professionelle Unterstützung zur Initiierung oder Verbesserung ihrer Jugendarbeit zu erfahren/erreichen. Ein solcher mobil und flexibel zu organisierender Pool würde zudem einen intensiven Erfahrungsaustausch zwischen freien und staatlichen Trägern im Jugendbereich bewirken. Jugendorganisationen und Jugendhäuser ergänzen einander. Indem sich der Staat bei beiden Strukturen darauf beschränkt, Eigeninitiativen zu fördern und zu begleiten, entsprechen sie unserem Verständnis von subsidiarischer Jugendpolitik. Wir werden beide gemeinsam fördern. Die Jugendorganisationen müssen weiter unterstützt werden. Sie leisten im Kultur-, Sport- und Sozialbereich eine wertvolle und unverzichtbare Arbeit. Staatliche Strukturen könnten es nicht besser bewerkstelligen. Wir werden besonders Jugendvereine unterstützen, die innovative Aktivitäten aus Eigeninitiative verwirklichen wollen. Die Jugendhäuser haben sich auf kommunaler und regionaler Ebene bewährt. In ihnen sollen besonders Programme gefördert werden, die den Dialog zwischen Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Milieus und Schulstrukturen stärken. Wir wollen nicht, daß sich die Jugendhäuser zu Ghettos für sozial benachteiligte Jugendliche entwickeln. Die Planung, Ausstattung und Nutzung der Jugendhäuser soll gemeinsam mit den bereits lokal arbeitenden (Jugend-)Vereinen erfolgen, im Sinne eines besseren „Sharing” der Jugendstrukturen. CSJ – Staark fir Jonker 10/25 7. Eng jugendfrëndlech Groussregioun Wir fordern die Schaffung eines interregionalen Austausch- und Förderprogramms “Jugend für die Großregion” zur Unterstützung, Sensibilisierung, Initiierung und Verbesserung inter-regionaler Projekte im Jugend- und Kulturbereich. Wir wollen mehr Möglichkeiten für Begegnung und Dialog durch: verstärkten Austausch der im Jugendbereich haupt- und ehrenamtlich Tätigen; interregionale Jugendsportmeetings; ein interregionales Jugendparlament bzw. -konferenz ; eine interregionalen „Projekt- und Kontaktbörse”. Wir wollen die konkrete Förderung der Mehrsprachigkeit durch: interregionale Partnerschaften für alle weiterführenden Schulen; interregionale „Sprach-Wochen” für Jugendliche und Erwachsene (vornehmlich in den Schulferien); Pilotprojekte wie z.B. ein „Grenzlandlyzeum/-kolleg”; hochwertige und international vermarktete Angebote im Bereich des Sprachen-Tourismus; halbjährigen und ganzjährigen Schüleraustausch („Sokrates” für Schüler). Wir fordern mehr Mobilität durch Einführung einer interregionalen ÖPNV-Fahrkarte und für Jugendliche ein Großregion-Sommer-Touren-Ticket („Jumbo-Ticket“). Wir wollen mehr Sensibilierung der Jugendlichen für die Potentiale und Herausforderungen der Großregion (zum Beispiel durch Informationskampagnen und im Unterricht). Wir wollen eine bessere Abstimmung des Hochschulangebotes in der Großregion unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte. Die Vernetzung aller Kräfte zu „Kompetenz-Clustern” in den Top-Bereichen in der Großregion (Dienstleistungen, Medien, europäisches Recht, Hochtechnologie, usw.) soll erreicht werden. Wir fordern für junge Arbeitnehmer: die Einführung eines grenzüberschreitend gültigen Berufs- und Ausbildungspasses, in zwei Sprachen verfaßt, mit detailliertem Katalog der erlernten Kompetenzen; die Förderung von Berufs- und Schnupperpraktika in der Großregion; die Erhöhung der Transparenz des interregionalen Ausbildungsplatzangebots. Wir wollen auf die Großregion bezogene Jungunternehmer-Beratung zur Behebung des Unternehmermangels (z.B. durch die Berufskammern). CSJ – Staark fir Jonker 11/25 IV. Fir eng lieweg an integrativ Méi-Generatioune-Gesellschaft 1. Méi-Generatioune-Gesellschaft Der sich ändernden Bevölkerungsstruktur muß die Politik Rechnung tragen. Die Bevölkerung der europäischen Länder wird älter und zeichnet sich durch eine niedrige Geburtenrate aus. Die verschiedenen Lebensphasen werden länger (Jugend, Ruhestand). Die Größenveränderungen der Altersgruppen, das sich verändernde Verhältnis zwischen erwerbstätiger und nicht-erwerbstätiger Bevölkerung, der Rückgang der Mehr-Generationen-Haushalte und der wachsende Individualismus stellen die Solidarität zwischen den Generationen in den nächsten Jahren auf die Probe. Die Solidarität zwischen Jung und Alt ist die unabdingbare Voraussetzung für den Fortbestand unserer Gesellschaft. Wer wann wem gegenüber solidarisch sein soll, muß mit viel gegenseitigem Verständnis und innovativen Lösungsmodellen „ausgehandelt“ werden. Wir sehen die Herausforderungen, wehren uns aber gegen das Herbeireden eines unvermeidlichen Generationenkonflikts. Stattdessen fordern wir, daß die Politik verstärkt Initiativen und Maßnahmen unterstützt, die den Dialog zwischen Jung und Alt und das solidarische Zusammenleben in einer Mehr-Generationen-Gesellschaft fördert (Wohnprojekte, häusliche Betreuung, Freizeitgestaltung und Koordinierung im Gesundheits- und Sozialbereich). Jede Altersgruppe muß angemessen am wirtschaftlichen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben teilnehmen können. Zur Herausforderung der Mehr-Generationen-Gesellschaft gehört ebenfalls die „Neuverhandlung“ des Generationenvertrags. Wir wollen, daß die Politik der Konvergenz zwischen dem privaten und öffentlichen Rentensystem fortgesetzt wird. Zudem soll in der nächsten Legislaturperiode eine Renten-Quadripartite einberufen werden, die unter Teilnahme von Vertretern der jungen Generation ein solidarisches Modell der Altersversicherung erarbeitet, das langfristig finanzierbar ist. 2. Bestiednes a Famill als attraktive Liewensmodell, Famill a Beruff an Aklang bréngen Wir fordern, daß sich die Politik resolut dafür einsetzt, daß die Familie auch im 21. Jahrhundert ein attraktives Modell für das Zusammenleben von Menschen in gegenseitiger Verantwortung und über Generationen hinweg bleibt. Die Rahmenbedingungen müssen der Familie angepaßt werden, nicht umgekehrt. Der soziale und gesellschaftliche Fortschritt soll vorangetrieben werden durch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Präkarisierung von Lebensverhältnissen bzw. von Familienhaushalten muß entschieden verhindert werden. Allgemein gilt für uns, daß Lebensgemeinschaften, in denen sich inter-individuelle Solidarität (gegenseitige Verantwortung) vollzieht, einen besonderen Stellenwert in unserer Gesellschaft verdienen. In Bezug auf nicht-eheliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften befürworten wir, daß sie nicht aufgrund ihrer Form des Zusammenlebens sozialpolitisch diskriminiert werden. Die Adoption von Kindern muß heterosexuellen Ehen vorbehalten bleiben. CSJ – Staark fir Jonker 12/25 3. D’Fraen an d‘Politik Die Fortführung einer konsequenten Frauenpolitik ist weiterhin im Interesse vieler Frauen notwendig. Es ist auch Politik im Interesse der Männer. Durch die sich wandelnden Rollenverständnisse werden viele sozialpolitische Errungenschaften für Frauen zukünftig vermehrt Männern zugute kommen. Dennoch sind verstärkt Maßnahmen notwendig, Frauen auf allen Ebenen der Gesellschaft gleiche Chancen einzuräumen. Wir unterstützen daher voll und ganz das Aktionsprogramm „D’Fraen an d’Politik“ der „Chrëschtlech-Sozial Fraen“ im Sinne von Gleichheit und Parität. Der Zugang zur Berufstätigkeit muß Hausmüttern und -vätern erleichtert werden, nachdem sie über Jahre unschätzbare Haus-, Pflege- und Beziehungsarbeit geleistet haben. Wir treten ein für eine gleiche gesellschaftliche Anerkennung von Hausarbeit und anderen Berufstätigkeiten. 4. Behënnerter méi Chance gin Personen mit besonderen Bedürfnissen dürfen nicht aus Schule, Beruf und Gesellschaft ausgegrenzt werden. Ihnen muß im Gegenteil der Zugang hierzu erleichtert werden. Wir wollen, daß landesweit genügend Behindertenwerkstätten („ateliers protégés“) eingerichtet werden. Sämtliche Betreuungsstellen und spezifischen Beschäftigungsangebote sollen in allen Landesregionen einen optimalen Dienst für Personen mit besonderen Bedürfnissen garantieren. Arbeitgeber, die Menschen mit besonderen Bedürfnissen einstellen, sollen stärker gefördert werden. Das Personal im Bereich der Sonderschulen bzw. deren Dienste soll aufgestockt werden, u.a. um ein besseres flächendeckendes Angebot zu gewährleisten. 5. Kultur fir jiddereen zougänglech halen Neben dem kontinuierlichen und dezentralen Ausbau der kultureller Einrichtungen und des Angebots, soll in Zukunft verstärkt auf Stiftungen von freien Trägern zurückgegriffen werden, bzw. die Initiierung und Arbeit solcher Stiftungen erleichtert werden. Jugendliche sollen durch eine Art Sozialabschlag für Kulturgüter (Bücher, Kulturveranstaltungen, usw.) zur nebenschulischen kulturellen Weiterbildung angeregt werden. 6. Integratioun op „lëtzebuergesch“ Im Sinne einer besseren Integration und eines friedvollen Zusammenleben fordern wir, daß „Lëtzebuergesch“ als prioritäre Umgangssprache gefördert wird. Der Zugang zur Luxemburger Nationalität soll erleichtert werden. Anstatt der Einführung der Doppelstaatsbürgerschaft soll im Rahmen einer europäischen Regelung eine einheitliche Lösung in allen EU-Ländern erreicht werden. Dazu gehört ebenfalls, daß EU-Bürger dort ihr Wahlrecht ausüben sollen, wo sie ihren ersten Wohnsitz haben. CSJ – Staark fir Jonker 13/25 7. Eng lieweg Biergergesellschaft Wir wollen eine lebendige Bürgergesellschaft in der Engagement und Einsatz im Interesse der Allgemeinheit sozial stärker anerkannt werden. Ehrenamt „produziert“ sozialen Zusammenhalt auf das kein Land verzichten kann. Gesellschaftliche Solidarität wächst aus der Bereitschaft des Einzelnen, einen Teil seiner Zeit, seiner Arbeit, seiner Mittel, seines Wissens und seiner Erfahrung anderen zur Verfügung zu stellen. Eine lebendige Bürgergesellschaft wird es erleichtern, eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden für die notwendigen Veränderungen die in den kommenden Jahren anstehen. Wer Allgemeinwohl und Eigennutz nicht als sich gegenseitig ausschließende, sondern bedingende Prinzipien versteht, der wird eher bereit sein punktuell zugunsten des Allgemeinwohls auf materielle Güter zu verzichten. Wer Grenzen des individuellen Handels anerkennt, ermöglicht kollektive Verantwortung. Bürgerarbeit wird auf vielen Ebenen geleistet: in Jugendclubs und Freizeitvereinen, in Ortsvereinen, Dorfwerkstätten, Gemeindekommissionen, in Vereinigungen und Verbänden, in Studentenclubs, Pfadfinder-, Umwelt-, Entwicklungs- oder Menschenrechtsgruppen. Auch viele Jugendliche engagieren sich dort über Monate und Jahre für ehrenwerte Ziele und konkrete Projekte. Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die freien Träger der Bürgerarbeit sollen unterstützt und beratend in den politischen Entscheidungsprozeß stärker miteingebunden werden. Freiwillige Bürgerarbeit soll einen hohen Stellenwert genießen und stärker gefördert werden. Sie soll nicht entlohnt werden, darf aber auch die betroffenen Personen nicht benachteiligen (z.B. gegenüber dem Arbeitnehmer, in der sozialen Absicherung). Die Einführung eines „congé associatif“ bzw. die stundenweise Freistellung für ehrenamtliche Arbeit soll zum Bestandteil von Kollektiverhandlungen werden. Zu einer Zivilgesellschaft gehört ebenfalls die Sensibilisierung für verantwortungsvolles und nachhaltiges Konsumverhalten. Initiativen für mehr Verbraucherbewußtsein drängen sich auf. Damit Bürger aktiv werden können, müssen sie sich gut informieren können. Die offizielle Dokumentation über Gesetze, Verordnungen, politische Debatten im Parlament und gesellschaftspolitisch relevante Ereignisse müssen dem Bürger leichter zugänglich sein: durch „virtuelle Anschlagbretter“ im Internet bzw. Kabelfernsehen, durch eine dokumentarische Fernsehberichterstattung über die Aktivitäten der politischen Institutionen, durch eine vulgarisierte und an alle Haushalte verteilte Fassung des Amtsblatts. Der freie Zugang zu Informationen, der heute für Naturschutzorganisationen besteht, soll nicht auf den Umweltbereich beschränkt bleiben. Auch soll das Angebot an politischer Weiterbildung (im Rahmen der Erwachsenenbildung bzw. der „formation continue“) nicht nur für kommunale Mandatsträger, sondern für alle interessierten Bürger verbessert werden. Die Reform des „Institut de formation administrative“ soll für eine Öffnung in diesem Sinne genutzt werden. CSJ – Staark fir Jonker 14/25 8. Präventioun amplaz Reparatioun Wir fordern, daß die Politik verstärkt Präventivarbeit unterstützt, dies in den Bereichen Gesundheit, Kriminalität und Formen der Sucht (Drogen, Konsum, Spiel, usw.). Anstatt zu reagieren und für Folgekosten von nicht mehr wiedergutzumachendem Schäden aufzukommen, soll mehr zur Vorbeugung gesellschaftlicher Mißstände erfolgen. Die Krankenkassen müssen deutlich aktiver werden im Bereich des präventiven Gesundheitsschutzes. Die Ärzteschaft soll dafür gewonnen werden, ihren Patienten ein plurales Angebot an erprobten Heilverfahren (Schulmedizin, alternative Naturheilverfahren, außereuropäische Heilverfahren) zur Auswahl zu stellen. Auch in der Wirtschaft sollen Anreize geschaffen werden, damit abfall- und ressourcenintensive Produktionsprozesse und Dienstleistungen umgestellt werden können. 9. Déi Jonk staark maachen géint Drogen – Therapieméiglechkeeten ausbauen In der Drogenproblematik geht es vorrangig darum, junge Menschen stark zu machen, damit sie nicht abhängig werden von Drogen aller Art. Es geht um: einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen, sowohl leichten als auch weniger leichten Drogen. Jeder von uns, der sich auf Drogen einläßt muß sich der Risiken und Gefahren bewußt sein, die der (regelmäßige) Konsum mit sich bringt. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Drogen könnte heißen: ein selbstbewußtes und souveränes Konsumieren, das gelegentlich und in nicht gesundheitsschädlicher Dosis erfolgt. eine „zweite Chance“ für Drogenabhängige, die ihre Sucht hinter sich lassen wollen/können und den Weg in die Gesellschaft (zurück)finden wollen, etwa durch Therapie- und ErsatzdrogenProgramme, auch wenn die Praxis geringe Erfolgsquoten aufweist und lebenslanges Therapieren nur eine Scheinlösung darstellt. eine Suchtvorbeugung, die bei jenen beginnt, die sie schützen soll: den Kindern und Jugendlichen. Persönlichkeit und Selbstverständnis eines Kindes, eines Jugendlichen spielen eine entscheidende Rolle im Umgang mit Drogen und für die Suchtanfälligkeit. Über kurz oder lang, gewollt oder ungewollt kommen Kinder mit Drogen in Berührung. Damit sie dieser Situation gewachsen sind, müssen wir Kinder – und Eltern – stark machen, zu stark für Drogen. In den vergangenen Jahren sind der Konsum und Mißbrauch von Drogen weiter angestiegen. Neben einer allzu hohen Anzahl an Drogentoten müssen wir in Luxemburg auch eine steigende Nachfrage nach neuen, künstlichen Drogen (etwa Ecstasy) beklagen. Die im Kampf gegen Drogenmißbrauch seit Jahrzehnten einseitig verfolgte Politik der Repression hat weder zu den erwarteten Ergebnissen geführt, noch war ihre lückenlose Durchführung möglich. Daher ist die Politik gefordert, den Entwicklungen in diesem Bereich nicht tatenlos zuzusehen, sondern neue Wege zu suchen und Mittel anzubieten, damit in Zukunft deutlich weniger Menschen von Drogen aller Art abhängig werden. Wir fordern im Bereich der Prävention: Intensivierung der Prävention (cf. „Kinder stark machen gegen Drogen“), Erstellung von schulbezogenen, pädagogischen Reaktions- und Interventionskonzepten; Sensibilisierung der Familien; auch Alkohol, Tabak und verschiedene Medikamente sind Drogen, die nicht minder gefährlich sind und deren übermäßiger Konsum/Genuß oft zur Abhängigkeit führt. Eine konsequentere Politik ist daher diesbezüglich geboten; CSJ – Staark fir Jonker 15/25 Wir fordern im Bereich der Repression: Eine bessere Koordinierung zwischen den zuständigen Sicherheitskräften; gemeinsame Bemühungen der Benelux-Länder hinsichtlich einer Neufassung der seit 1966 bestehenden internationalen Klassifizierung der Drogen auf internationaler Ebene; die Entkriminalisierung des reinen Konsums, um den Teufelskreis der Beschaffungskriminalität zu durchbrechen; die konsequente Strafverfolgung des Handels mit harten Drogen. Wir fordern in den Bereich von Therapie und Wiedereingliederung: Mehr Therapiemöglichkeiten sowie den Ausbau bzw. die Schaffung neuer Therapiezentren; die Schaffung von „Centres d‘accueil“ und geeigneter Strukturen für die Posttherapie-Phase; die Förderung von Wiedereingliederungsmaßnahmen in Gesellschaft und Beruf; die Verbesserung der Entzugs- und Therapiemöglichkeiten im Strafvollzug; den Ausbau des Methadon-Programms. Wir bekräftigen unseren Wunsch nach einer Gesellschaft ohne Drogenabhängigkeit. Wir alle müssen betroffenen Jugendlichen helfen, in ihrem Leben neue Perspektiven zu entdecken, ihre Zeit sinnvoll im Zusammenleben mit anderen Menschen zu verbringen, gesellschaftliches Engagement schätzenzulernen um selbstbewußt, informiert und verantwortungsvoll mit ihrem Leben umzugehen. Auf diese Weise wird es ihnen leichter fallen, dank alternativer Sinnangebote Lebenskrisen zu meistern und „Nein“ zu Drogen sagen zu können. CSJ – Staark fir Jonker 16/25 V. Fir eng dynamesch an nohalteg öko-sozial Maartwirtschaft 1. Eng fair, dynamesch a kompetitiv Wirtschaft Im Rahmen einer überfälligen Novellierung des Wirtschaftsförderungsgesetzes soll die Luxemburger Wirtschaft auf eine nachhaltiges Wirtschaften eingeschworen werden. Zudem soll bei der Förderung zur Schaffung von Arbeitsplätzen ein regionaler Ausgleich stattfinden. Die Voraussetzungen für eine optimale berufliche Weiterbildung wurden in Luxemburg geschaffen. Dennoch müssen weiterhin Anstrengungen unternommen werden, damit die luxemburgischen Betriebe mehr Personal an beruflichen Weiterbildungsaktivitäten teilnehmen lassen und in Weiterbildung investieren. Besonders für die Wirtschaft eines kleines Landes ist es wichtig, stets auf der Höhe des Fortschritts zu sein. Private und öffentliche Hand müssen künftig mehr in Forschungsprojekte investieren. Es soll alles versucht werden, damit luxemburgische Betriebe mehr Forschung betreiben oder nutzen, damit sie mit Betrieben aus dem Ausland bzw. der Großregion verstärkt kooperieren. Wir wollen eine bessere Abstimmung des Hochschulangebots unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte. Die Vernetzung aller Kräfte zu „KompetenzClustern” in den Top-Bereichen in Luxemburg und der Großregion (Dienstleistungen, Medien, europäisches Recht, Hochtechnologie,...) soll erreicht werden. Flexible Kompetenzrahmen sollen auch in traditionellen Wirtschaftszweigen, etwa der Landwirtschaft, initiiert werden. Wir wollen interdisziplinäre Wirtschaftsprospektionsteams beauftragen, um: neue Wirtschaftsfelder aufzuspüren; wirtschaftliche Großprojekte zu untersuchen; Konzepte nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung zu erstellen; Rahmenbedingungen für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) zu verbessern. Luxemburg soll sich auf Ebene der OECD dafür einsetzen, eine weltweite Besteuerung der durch Börsenspekulationen (hauptsächlich Devisenspekulationen) erzielten Gewinne einzuführen (im Sinne der nach dem amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger benannten „Tobin Tax“). Das Multilaterale Investititionsabkommen (MAI) lehnen wir in seiner jetzigen Fassung strikt ab, da es mit einem sozialen und ökologischen Kahlschlag verbunden wäre. Eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung ist nicht möglich, indem man dem ungehemmten Streben nach Profitmaximierung Tür und Tor öffnet. Der Bankenplatz Luxemburg muß seine Angebotspalette erweitern. Ein neues Standbein könnte mit Finanzprodukten auf dem Gebiet des „Ökobanking“ errichtet werden: Alternative Sparkonten, ökologische und „Fair-Trade“-Investment-Fonds. Unser Finanzplatz könnte ebenfalls um eine internationale Börse für Lizenz- und Patentrechte erweitert werden. Wir treten ein für die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktionskapital und den erwirtschafteten Gewinnen. Wir wollen, daß die Bestimmungen des öffentlichen Auftragswesens gegenüber den Bewerberfirmen um Kriterien der Sozial- und Umweltverträglichkeit der Bewerberfirmen erweitert werden. CSJ – Staark fir Jonker 17/25 2. En europäeschen Landwirtschaftsmodell Wir treten ein für das unter luxemburgischer Präsidentschaft ausgearbeitete europäische multifunktionelle Landwirtschaftsmodell. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist in den kommenden Jahren konsequent daran auszurichten. Mit diesem Prinzip unvereinbare Bestimmungen der WTO sind durch eine internationale Neuverhandlung zu ändern. Freihandel ist kein Wert an sich, sondern kann immer nur Mittel zu einem ethisch übergeordneten Zweck sein. Neben der Gemeinsamen Agrarpolitik ist es wichtig, daß Luxemburg die freibleibenden Gestaltungsmöglichkeiten voll ausschöpft, um Nischenproduktionen anzukurbeln, die landwirtschaftlichen Aktivitäten zu diversifizieren und den regionalen Lebensmittelmarkt für die luxemburgische Landwirtschaft immer interessanter werden zu lassen (durch die Förderung regionaler Produkt- und Vermarktungsstrukturen, permanente Verbrauchersensibilisierung, freiwillige Entrichtung fairer Preise durch die Endverbraucher). Für die Ausarbeitung und Entwicklung einer eigenen Akzente in der Landwirtschaftspolitik benötigen wir einen angemessenen Kompetenzrahmen. Im Rahmen eines „Grünen Zentrums“ sollen alle Einrichtungen, öffentlichen Dienststellen und Verwaltungen, Schulen, Weiterbildungs- und Forschungsinstitute in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz, Biotechnologien und ähnlichen verwandten Wirtschaftsbereichen im Umfeld der „Nordstad“ bzw. im Landesnorden angesiedelt werden. Wir fordern eine transparente Etikettierung aller Lebensmittel. Eine besonders deutliche Kennzeichnung aller gen-manipulierten Produkte ist unerläßlich. Produkte mit unklaren Etikettierungen sollen vom Europäischen Binnenmarkt ausgeschlossen werden. 3. Existenzgrënnungen, Betriibsnofolleg a Selbstännegkeet erliichteren Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt und der Feststellung, daß vor allem KMUs Arbeitsplätze schaffen, erwarten wir viel von der im Beschäftigungsplan angekündigten „Förderung des unternehmerischen Geistes“. Es ist an der Zeit, daß die Regierung ein spezielle Initiative ergreift für mehr Selbständigkeit und junge Existenzgründer: Neben einer erforderlichen allgemeinen Informationskampagne und einer Sensibilisierung von Schul- und Hochschulabgängern sollte diese Initiative auch die Bereitstellung von Risikokapital und die Einrichtung von Gründerzentren beinhalten. Dazu gehört: Die Vereinfachung der Existenzgründung; die Erleichterung des Kapitalzugangs für Unternehmensgründer; die Schaffung von Eigenkapitalhilfsprogrammen; Risikokapital für KMUs. Wir wollen uns dafür einsetzen, daß junge Unternehmer, Freiberufler, junge Berufseinsteiger sowie Klein- und Mittelbetriebe einen leichteren Zugang bekommen zum internationalen Markt von Patentund Lizenzrechten. Vorstellbar ist eine entsprechende Vermittlungsagentur. CSJ – Staark fir Jonker 18/25 4. Sozio-ökonomesch Stärkung vum ländleche Raum In den vergangen zehn Jahren hat sich in Luxemburg vieles im Bereich der ländlichen Entwicklung getan. Es konnte viel Know-How und Erfahrung gesammelt werden. Viele Pilotprojekte zeigen neue Wege auf. Aber: es fehlt oft an der konsequenten Anwendung in allen Politikbereichen; es fehlt an der Rahmengesetzgebung; es scheitert oft am sogenannten NIMBY-Effekt bei den Gemeinden und den staatlichen Verwaltungen. Besondere Bedeutung hat: die Fortsetzung der EU-kofinanzierten Programme. Erwies dies sich als unmöglich, sollten sie durch ein nationales Programm ersetzt werden, wobei jedoch versucht werden sollte, die internationale Vernetzung zu erhalten um den Info- und Know-how-Transfer zu gewährleisten; die Einrichtung eines Regionalfonds (Fonds de développement rural [économique]), mit Mitteln für ein pluriannuelles Investitionsprogramm; die Überarbeitung des Wirtschaftsrahmengesetzes, das die ländlichen Regionen bisher weit weniger vorteilhaft behandelt als andere. Vor allem sollen Betriebe besser unterstützt werden, die in ländlichen Gebieten investieren, Arbeitsplätze schaffen sowie lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe stärken. Generell gefördert werden sollen: die Einrichtung von Dorfläden, lokalen Dienstleistungsshops und regionalen Service-Centers; die Ansiedlung junger Existenzgründer in ländlichen Gemeinden; die Kommerzialisierung regionaler Produkte; der ländliche Tourismus. Eine integrierte Politik für ländliche Räume droht an der Größe der Gemeinden und dem Fehlen regionaler Beratungs-, Abstimmungs- und Entscheidungsstrukturen zu scheitern. Die im Rahmen von EU-Förderprogrammen gemachten Erfahrungen sollen ebenfalls dazu dienen, um einen flächendeckendes Netz an Regionalentwicklungsbüros aufzubauen, nach dem Vorbild der „Fondation Rurale de Wallonie“. CSJ – Staark fir Jonker 19/25 5. E staarke Sozialstaat Unverzichtbares Element des Sozialstaats ist die Erhaltung des Generationenvertrags. Die Erhaltung hängt erheblich von seiner Finanzierbarkeit ab. Die zukünftigen Generationen können nur eine einheitliche Altersversorgung mitfinanzieren, bei der die Rechte und Pflichten für alle die gleichen sind. Wir fordern deshalb die Einberufung einer nationalen Rentenkonferenz, eine Art Quadripartite, bei der Vertreter der jungen Generation mit einbezogen werden. Dazu soll eine neue aktuarielle Studie erarbeitet werden, die insbesondere die sozialen Transferleistungen für nicht-ansässige Arbeitnehmer berücksichtigen soll. Diese nationale Rentenkonferenz soll ein für Luxemburg auf Dauer finanzierbares Rentensystem entwerfen. Wir treten ein für die Beibehaltung einer durch das Umlageverfahren finanzierten gesetzlichen Rentenversicherung für alle. Diese soll auf drei Säulen basieren: 1. Eine steuerfinanzierte Basisrente, im Sinne einer Grundsicherung/Minimalrente. 2. Eine während der Berufstätigkeit im Verhältnis zur Beitragszahlung erworbene Rente, die proportional zum durchschnittlichen Einkommen während der gesamten Berufskarriere ist. Dabei soll ein Höchstsatz eingeführt werden. 3. Ein staatlich unabhängiges Angebot von betrieblichen Zusatzrenten (z.B. durch Kapitaldeckungsverfahren) und der privaten Vorsorge (Lebensversicherung, Immobilien, usw.). Im Sozialbereich soll eine bessere Koordinierung zwischen den einzelnen Trägern und Anbietern der Sozialdienste erreicht werden. Betroffene Personen sollen sich umgehend und unkompliziert über zuständige Einrichtungen informieren können, dies durch einen gemeinsamen „Info-Point“. Auch die Möglichkeiten der Mediation bei Beziehungsproblemen in Familien, Partnerschaften und Gesellschaft sollten voll ausgeschöpft werden. Erzieher, Sozialpädagogen, Pflege- und Betreuungspersonal in sozialen Einrichtungen leisten eine unentbehrliche Arbeit. Neben der Möglichkeit, ihr Wissen ständig zu vertiefen im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen, bleibt eine angemessene Entlohnung und eine ständige Evaluierung und Supervision Voraussetzung einer qualitativ hochwertigen sozialen Dienstleistung. CSJ – Staark fir Jonker 20/25 VI. Fir en nohaltegt Wirtschaften, eng gesond Emwelt, eng équilibréiert Landesplanung Wir tragen sowohl gegenüber der Schöpfung, deren Teil wir sind, als auch gegenüber den kommenden Generationen gegenüber Verantwortung. Diese Verantwortung ist um so höher, da wir als Jugend das Bindeglied zu den kommenden Generationen darstellen. Wir werden unsere Entscheidungen und Handlungen eines Tages ihnen gegenüber erläutern müssen. Um sich den Fragen von morgen stellen zu können, gilt es heute dem Begriff der Nachhaltigkeit Leben einzuhauchen. Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei. Um den nachfolgenden Generationen nicht die Perspektiven zu verbauen, muß die Ökologie in die soziale Marktwirtschaft integriert werden. Damit die Möglichkeit der individuellen Lebensgestaltung in einem gesunden Lebensraum auch noch im nächsten Jahrhundert als die wichtigste Motivationsquelle des Menschen wirken kann, muß das Modell der öko-sozialen Marktwirtschaft, die Koordination ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele heute konkretisiert werden. Nachhaltigkeit als politisches, soziales und wirtschaftliches Grundprinzip muß individuelles Handeln prägen und entsprechend in sämtlichen Bildungsinstanzen vermittelt werden; in der Entscheidungsfindung auf allen politischen Ebenen verankert und in den Mittelpunkt gerückt werden sowie in ein Maßnahmenbündel münden, das alle Bereiche von der lokalen bis zur internationalen Ebene umfaßt. 1. Ökologiséierung vum Steiersystem Ein zentraler Bestandteil des Ideengefüges der Nachhaltigkeit ist die Ökologisierung des Steuersystems. Eine Reform des Steuersystems schont die lebenswichtigen Ressourcen Boden, Luft und Wasser. Sie ist überdies der kürzeste Weg zu zukunftsträchtigen Wirtschaftsformen. Wer daher diesbezüglich zuerst umdenkt, wird im 21. Jahrhundert über einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil verfügen. Geht die Ökologisierung des Steuersystems mit einer Entlastung der menschlichen Arbeitskraft einher, beinhaltet sie auch Anreize für die Ökonomie. Zudem kann die menschliche Arbeit ihren Wert gegenüber den Faktoren Energie und Rohstoffen zurückgewinnen. 2. Manner Offall, méi regenerativ Energien notzen Abfallvermeidung ist die beste Abfallwirtschaft. Wiederverwertung muß ökologisch und ökonomisch möglichst sinnvoll vonstatten gehen. Die nicht verwertbaren Reststoffe müssen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Ihre Deponierung muß ökologisch vertretbar sein – ein Anspruch, den es auch beim Export von Müll aufrecht zu erhalten gilt. Erneuerbare Energieträger wie Biomasse, Sonnenenergie und Windkraft reduzieren die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Ihre Entwicklung und ihre Nutzung ist forschungs- und arbeitsmarktpolitisch sinnvoll. Investitionen, die getätigt werden, um zu einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energieträger zu gelangen, schaffen dauerhafte und sichere Arbeitsplätze im Entwicklungs-, Produktions- und Dienstleistungsbereich. Die Bevölkerung soll besser über Möglichkeiten der Energieeinsparung informiert und hierzu angeregt werden. Hausbesitzer sollen die Kosten einer Bau-Thermographie zurückerstattet bekommen bzw. steuerlich absetzen können. CSJ – Staark fir Jonker 21/25 3. Eng équilibréiert Landesplanung Auch im Bereich der Raumplanung kommt dem Begriff der Nachhaltigkeit eine entscheidende Bedeutung zu. Es gilt, Planungsgrundlagen zu schaffen, die eine lebenswerte Umwelt erhalten, den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden und den künftigen Generationen den nötigen Entwicklungsspielraum sichern. Auch die gängige Definition von Mobilität steht in diesem Zusammenhang zur Disposition. Der von Individualität geprägte Mobilitätsanspruch unserer Gesellschaft muß mit Umweltverträglichkeit und effizientem Ressourcenverbrauch in Einklang gebracht werden. Zum Anspruch, den Lebensraum menschlich und ökologisch zu gestalten, gehört auch der politische Wille zu vernetztem, bereichsübergreifendem Denken. Derzeit laufen die Arbeiten an einer Neufassung des „Programme directeur“. Ein integriertes globales Raumplanungskonzept für die einzelnen Landesteile droht an der Größe der Gemeinden und dem Fehlen regionaler Beratungs-, Abstimmungs-, und Entscheidungsstrukturen zu scheitern. Landesplanung hat nur eine echte Chance, wenn klare Befugnisse definiert werden bzw. die Eingliederung in das Innenministerium oder eine Kompetenzzusammenlegung versucht wird, ergänzt durch eine Reform der Gemeindefinanzierung. Der „Plan de déconcentration“ (vgl. Regierungserklärung von 1994) sollte demnächst erstellt werden. Ziel der Landesplanung und Regierungspolitik muß es sein, eine harmonische Entwicklung aller Landesteile herbeizuführen und keine Disparitäten aufkommen zu lassen. Es sollte zur nationalen „Ambition“ werden, ein neues Bewußtsein in Luxemburg zu schaffen, das unser Land nicht mehr nur nach Banken, Wein, Blumenwiesen und Industriebrachen einteilt, sondern die unterschiedlichen Regionen zusammenführt. Regionalentwicklung heißt auch, daß Investitionen in Betonklötze nicht ausreichen: Es muß investiert werden in professionelle Strukturen und Initiativen, die mit dem nötigen Know-How die regionale Entwicklung in Gang halten. Die im Rahmen von EU-Förderprogrammen gemachten Erfahrungen sollen dazu dienen, um einen flächendeckendes Netz an Regionalentwicklungsbüros aufzubauen, nach dem Vorbild der „Fondation Rurale de Wallonie“. CSJ – Staark fir Jonker 22/25 VII. Fir d’Moderniséierung vum lëtzebuerger Staat 1. De Staatsrot Der Staatsrat hat mit der Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Luxemburg seine Entscheidungskompetenzen in Verwaltungsfragen verloren. Er dient seither lediglich als legistische Institution, deren Aufgabe es ist, Gesetz- und Verordnungstexte auf deren Vereinbarkeit mit höheren Rechtsnormen zu prüfen sowie ihre sinnvolle Einfügbarkeit in unsere Gesetzgebung zu garantieren. Die Zusammensetzung des Staatsrates enstpricht allerdings in keinster Weise seiner Zielsetzung. Die Präsenz von Personen, deren Ausbildung keine juristische Komponente beinhaltet, ist allerdings noch weniger problematisch als die durchweg politischen Beweggründe, welche einer Nominierung zum Staatsrat zugrunde liegen. Mit dieser Praxis muß endlich gebrochen werden. Die legistische Aufgabe des Staatsrates kann nur von Juristen bewältigt werden, die aufgrund ihrer Befähigung dorthin gelangen. Den politischen Nominierungen muß ein Ende gesetzt werden. Dies stimmt umso mehr, als zu Gesetzentwürfen und -vorlagen sowieso alle hierdurch betroffenen Berufskammern und ähnliche Körperschaften ein Gutachten abliefern, welches inhaltlich andere Schwerpunkte besitzt, als ein Gutachten des Staatsrats. Die Interessenvertretung der Berufsgruppen findet dementsprechend über deren eigene Gutachten statt, der Staatsrat ist für Lobbyismus definitiv nicht zuständig. Die Gutachten des Staatsrates müssen desweiteren einer Befristung unterworfen werden. Es ist demokratisch nicht zu vertreten, daß Gesetze mit enormer Verzögerung in Kraft gesetzt werden, nur weil der Staatsrat sein obligatorisches Gutachten während Monaten, wenn nicht sogar Jahren, nicht vorlegen will oder kann. Wenn er es nicht kann, muß er in die Lage versetzt werden, es zu tun, über Personaleinstellungen oder anderweitige Maßnahmen zur Beschleunigung der Texterstellung. Wenn er es nicht will, dann helfen nur Fristen, die beispielsweise bei drei Monaten nach Überweisung einer Vorlage liegen könnten. Der Staatsrat muß zur legislativen Tätigkeit in Luxemburg jene Hilfestellung anbieten, die ein ungewähltes Fachleutegremium nur liefern kann: die inhaltliche Nachbesserung von Texten, welche innerhalb von verfassungsmäßigen Fristen stattfinden muß. 2. Eng eenzeg Steierverwaltung Steuern und Abgaben werden in Luxemburg von drei verschiedenen Verwaltungen erhoben: der Verwaltung der direkten Steuern, der Enregistrement- und Domänen-Verwaltung sowie der Zoll- und Akzisenverwaltung. Dieser Zustand trägt nicht zur Transparenz in Steuerfragen bei. Es wäre sinnvoll, die Steuern und Abgabenlast von Personen und Betrieben in einer einzigen Steuerverwaltung zu zentralisieren, um den Steuerpflichtigen einen umfassenden Gesamtüberblick ihrer fiskalischen Situation zu ermöglichen und somit ihr staatsbürgerliches Bewußtsein zu schärfen. Eine solche Fusion käme gleichfalls einer Vereinheitlichung der verwaltungstechnischen Abläufe sowie einem verbesserten verwaltungsinternen Informationsfluß zugute. CSJ – Staark fir Jonker 23/25 3. Guichets uniques administratifs am ganze Land Im Zusammenhang mit der Verwaltungsvereinheitlichung muß endlich auch die Schaffung der „guichets uniques administratifs“ (auf Ebene der Kantone oder größerer Gemeindesyndikate) generalisiert werden. Wo Verwaltungen wegen Kooperationsproblemen untereinander dies bis jetzt unmöglich gemacht haben, ist der Eingriff des Gesetzgebers gefordert. Wer beispielsweise als Privatperson zur Abgabe seiner Steuererklärung, zur Beantragung eines Jagdscheins und zur Anfrage einer Mehrwertsteuerrückerstattung nach dem Bau eines Eigenheimes eine Vielzahl von Behörden und Dienststellen ansteuern muß, um ans Ziel zu gelangen, wird von unserer Bürokratie überfordert. Die Behörden müssen untereinander aufgrund standardisierter Eingaben ihre respektiven Dienste koordinieren und den Bürgern einen hilfreichen Staat vor Augen führen. 4. D’Straffen vun de Ministèren Die Zahl der Ministerien in Luxemburg ist mehr als doppelt so hoch wie jene der Regierungsmitglieder, was dazu führt, daß jeder Minister über zwei oder drei Ressorts verfügt, welche nicht notwendigerweise artverwandt sind. Dies ist sowohl wenig rationell, als auch einer koordinierten Sachbearbeitung zwischen den Ministerien nicht zuträglich. Die aktuelle Ressortlandschaft ist umzuorganisieren. 5. De Walsystem an d’Gemengen Das luxemburgische Wahlsystem ist wohl gleichzeitig das demokratischste und das parteienunfreundlichste der Welt. Die Präferenzstimmen und das sogenannte Panaschieren sind Elemente, die in kaum einem anderen Wahlrecht vorkommen und es den Bürgern erlauben, nur jene Personen in allen Parteien zu wählen, die sie wirklich wählen wollen. Soviel zur Demokratie. Dem steht jedoch der fundamentale Unsinn gegenüber, mit Personen auf verschiedenen Listen gleichzeitig verschiedene Parteien und Programme zu wählen. Nur hochqualifizierte Dialektiker sind in der Lage, sowohl Kommunisten wie auch Liberale zu sein, und das zum gleichen Zeitpunkt. Das Panaschieren ist demzufolge in Frage zu stellen. Darüber hinaus ermöglicht unser Wahlrecht es den Parteien nicht, weniger bekannte Namen auf ihre Listen zu setzen, da es auf diesen keine verbindliche Reihenfolge gibt und entsprechend nicht für Kandidaten gesorgt werden kann, von denen die Parteien annehmen, daß sie gute politische Arbeit leisten, obwohl sie keine Medienstars sind oder waren. Auf nationaler Ebene soll über die Einführung eines personenverstärkten Verhältniswahlrechts mit blockierten Listen (und festen Listenplätzen) ohne Panaschieren nachgedacht werden. Über eine entsprechende Änderung des Wahlrechts, welche Listenplätze einführen würde, muß nachgedacht werden, in allen Parteien. Soweit man dann eine globale Reform des Wahlrechts anstrebt, könnte mit der Übernahmme des deutschen Systems des personenverstärkten Verhältniswahlrechts die Proportionalität des Resultats gewahrt bleiben, während die Parteien größeren Gestaltungsspielraum bei ihrer Listenzusammensetzung bekämen, welche nicht mehr ausschließlich nach dem Bekanntheitsgrad der Kandidaten auszurichten wäre. Bei den Gemeindewahlen drängt sich ebenfalls eine Reform des Wahlmodus auf. Die Sektionen, speziell der kleinen Gemeinden, sind nicht mehr zeitgemäß. In solchen Gemeinden kommt es viel zu oft vor, daß in bestimmten Sektionen nur eine Person kandidiert, die dann ohne Wahlgang zum Gemeinderat bestimmt wird. Dieses Vorgehen ist nicht nur undemokratisch, es läuft auch der Voraussetzung, daß Kandidaten sich mit den Angelegenheiten der gesamten Gemeinde auseinanderzusetzen haben, entgegen. Die Sektionen sollten deshalb abgeschafft werden. CSJ – Staark fir Jonker 24/25 Des weiteren sollten die Komplementarwahlen in Majorzgemeinden abgeschafft werden. Die Resultate der eigentlichen Gemeindewahl bleiben in jedem Fall während der gesamten Mandatsperiode des Rates nachvollziehbar; deshalb sollte, wie in den Proporzgemeinden auch, der jeweils Nächstgewählte ein Ratsmitglied ersetzen, das aus irgend einem Grund den Rat verläßt. Eine Komplementarwahl ist so nur noch in jenen seltenen Fällen notwendig, wo es keine Nächstgewählten gibt – eine eher akademische Situation. Langfristig müßte unbedingt über eine weitere Gemeindereform in Luxemburg nachgedacht werden. 118 Gemeinden auf unserem Staatsterritorium, bei einer Gesamtbevölkerung von etwas über 420.000 Menschen, sind zu viele, gerade wenn darunter eine Vielzahl von Kleinstgemeinden mit 7 Ratsmitgliedern funktionieren. Es sollte daher möglich sein, sich an der Richtlinie der 3000 bis 3500 Einwohner zur Erlangung des Proporzstatuts zu orientieren, um eine neue Gemeindeordnung zu schaffen, wo diese Einwohnerzahl von allen Gemeinden erreicht wird. Eine solche Reorganisation der Gemeindelandschaft hätte sicherlich eine größere Funktionsfähigkeit der Verwaltungen zur Folge; auch könnten hiervon die Gemeindefinanzen und -infrastrukturen profitieren. CSJ – Staark fir Jonker 25/25