CHUMBE ISLAND CORAL PARK RETTUNG EINER KORALLENINSEL FÜR ZUKÜNFTIGE GENERATIONEN IN SANSIBAR/TANSANIA Die Chumbe Insel südlich von Sansibar/Tansania ist ein privates Naturschutzgebiet, das seit 1991 von der dafür gegründeten Chumbe Island Coral Park Ltd. (CHICOP) aufgebaut wurde und verwaltet wird. Dieses inzwischen weltberühmte Modellprojekt für ein nachhaltig geschütztes Koralleninsel-Ökosystem wird seit 2000 vollständig ueber Ökotourismus finanziert. Zum Reservat gehören ein Unterwasserpark (das erste Korallenriff-Schutzgebiet in Tansania und wahrscheinlich auch der erste private Unterwasserpark der Welt), ein Waldreservat, ein Besucherzentrum und ein kleines Öko-Resort. Zur Projektgeschichte Nach jahrzehntelanger beruflicher Taetigkeit als Projektleiterin in der Entwicklungshilfe u.a. in Tansania, führte die Projektinitiatorin Sibylle Riedmiller Anfang der neunziger Jahre ein Gutachten fuer ein Umweltbildungsprogramm in Sansibar/Tansania durch. Dabei entdeckte sie den aussergewöhnlichen Artenreichtum des Korallenriffs westlich der unbewohnten Chumbe Insel vor Sansibar. Als passionierte Taucherin und Seglerin entwickelte sie daraufhin die Projektkonzeption von CHICOP, nachdem sie in Tansania über Jahre Zeugin der Zerstörung der Korallenriffe durch das weitverbreitete Dynamitfischen war. Finanziert im Wesentlichen aus privaten Mitteln, sollte um und auf der kleinen und vorher unbewohnten Chumbe-Insel ein Unterwasserpark und ein Naturschutzgebiet eingerichtet werden. Parkverwaltung und Umweltbildungsprogramme sollten dann aus den Erträgen des Ökotourismus finanziert werden. Nach vielen Jahren Überzeugungsarbeit erreichte sie schliesslich, dass die sansibarische Regierung das Investitionsvorhaben akzeptierte und ab 1994 die ChumbeInsel und das angrenzende Saumriff unter Schutz stellte. Das Chumbe-Projekt sollte nicht nur die Artenvielfalt eines ungewöhnlich artenreichen Korallenriffs und Inselurwaldes erhalten, sondern mittelfristig auch der Fischereiwirtschaft helfen. Das Saumriff der Insel liegt nämlich stromaufwärts aller wichtigen Fischgründe der Stadt Sansibar und kann, wenn es vollständig geschützt wird, als Brutstätte von Korallen, Fischen und anderen Meerestieren dauerhaft zur Wiederbesiedlung und 1 Aufstockung der Bestände dieser überfischten und geschädigten Gebiete beitragen. Dieses Phänomen ist in der Fachliteratur als 'Spill-over-Effekt' bekannt. Weltweit sind jedoch nur wenige Unterwasserschutzgebiete wirksam genug geschützt, um diesen Effekt auch nachweisen zu können. Chumbe ist inzwischen zu einer der wenigen Ausnahmen geworden. Am 24. Dezember 1994 erklärte die sansibarische Regierung das Saumriff westlich der Chumbe-Insel offiziell zum "Chumbe Reef Sanctuary". Damit wurde Chumbe zum ersten Korallenriff-Schutzgebiet Tansanias, und bald danach auch von dem World Conservation Monitoring Center der Vereinten Nationen offiziell als solches anerkannt. Fischer werden zu Park-Rangern Naturschutz ist langfristig auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen und muss deshalb oft auch kurzfristig spürbaren Nutzen bringen. Deshalb wurden die angrenzenden Fischerdörfer von Anfang an in das Projekt miteinbezogen und Dorfbewohner mit Vorrang im Projekt beschäftigt, auch wenn das den Ausbildungsbedarf enorm erhöhte. Der Bildungsstand auf dem Lande ist allgemein sehr niedrig, vor allem auch der Frauen, die in der vorwiegend islamischen Gesellschaft Sansibars wenig Aufstiegschancen haben. Ab 1992 wurden frühere Fischer aus den angrenzenden Dörfern als ParkRanger angestellt, ausgebildet und auf der Insel stationiert. Seitdem arbeiten sie eng mit der Parkverwaltung zusammen, tragen volle Verantwortung für den Schutz der Insel vor Ort und berichten wöchentlich über Vorkommnisse und Beobachtungen im Unterwasserpark und im Waldreservat. Als erste Afrikaner wurden sie 1994 Zeugen des spektakulären Ablaichens der Korallen (Coral spawning). Die Ranger spielen auch eine entscheidende Rolle bei den regelmässigen Umweltbildungs-Programmen in den sansibarischen Schulen und Schulausflügen auf die Chumbe Insel. Sie arbeiten bei Forschungsarbeiten mit und halfen besonders auch bei der Ausrottung der Rattenplage. Sie wurden von freiwilligen Mitarbeitern, z.B. Meeresbiologen, Lehrern, Zoologen aus der ganzen Welt für meeresbiologische Schnorchelführungen durch die Unterwasser- und Wattlehrpfade im Riff ausgebildet. Dabei lernten sie auch, die von CHICOP entwickelten sogenannten Floating Information Modules (FIMSs) einzusetzen, d.h. Rettungsringe mit Informationstafeln, an denen sich unsichere Schnorchler festhalten und dabei etwas über Fische, Wirbellose und Weichtiere erfahren können, die sie unter sich vorbeiziehen sehen. Das Besucherzentrum, Naturlehrpfade & Informationsmaterial Das ehemalige Leuchtturmwärterhaus wurde zum Besucherzentrum ausgebaut und mit farbenprächtigen Schauwänden über die Flora und Fauna der Chumbe-Insel ausgestattet. Besonders Interessierte finden hier auch Bestimmungsbücher für Fische, Korallen und andere Lebewesen, den Chumbe Island Management Plan 1995-2005, Forschungsberichte und 2 Projektliteratur. Naturlehrpfade gibt es über und unter Wasser, im Riff, im Watt, im Waldreservat und in einer Mangrovenhöhle. Naturlehrpfade und Informationsmaterial sind allen Inselbesuchern und vor allem auch sansibarischen Schulklassen zugänglich. CHICOP arbeitet eng mit lokalen Organisationen in der kostenlosen Umweltbildung für Schulkinder zusammen. Das Bau des Besucherzentrums und die Entwicklung der Lehrpfade wurde teilweise unterstützt von der GTZ, der Tropenwaldbriefmarke der Deutschen Bundespost und der Niederländischen Botschaft in Kenia und Tansania. Die Internationale Schule Schloss Buchhof bei München stiftete ein kleines Patroillenboot für die Ranger. Wohnen in Öko-Bungalows Die originellen Öko-Bungalows auf der Chumbe-Insel sind architektonisch in vieler Hinsicht einmalig. Nach dem letzten Stand der Öko-Architektur gebaut, liegen alle Bungalows direkt am Meer, sind nach beiden Seiten offen und luftig und vermitteln ein Wohngefühl, als sei man mitten in der freien Natur zwischen Strand und Urwald. Trotzdem bieten sie eine geschützte Privatsphäre. Die Öko-Bungalows sind ausgestattet mit: Doppel- oder Einzelbetten auf der Schlafebene direkt unter dem palmgedeckten Dach, Badezimmern mit warmer und kalter Dusche, grossen Wohnräumen mit bequemen Hängematten, handgefertigten Möbeln mit farbenfrohen Polstern und Kissen und afrikanischen Kunstgegenständen. Mit nur sieben Bungalows ist die Chumbe-Insel auch bei Vollbuchung niemals überlaufen. Gäste sind ungestört von allen Zivilisationsgeräuschen, wie Strassenlärm, Bauarbeiten, Fernsehen, zwangsweiser Musikberieselung und Telefon. Das Restaurant unter dem weitgeschwungenen palmgedeckten Dach des Besucherzentrums hat direkten Blick auf das Meer. Die Küche auf Chumbe ist konsequent organisch und typisch sansibarisch mit ihren indischen, arabischen und afrikanischen Einflüssen. Sie bietet vor allem frische Meeresfrüchte und tropisches Obst, einheimische Gemüsesorten, Reis, Süsskartoffen und Kochbananen, in Kokosnussmilch oder orientalisch mild gewürzt und gekocht auf Holzkohlenfeuer nach original einheimischen Rezepten. Auch Vegetarier finden eine reiche Auswahl. Zur Öko-Architektur Um die aussergewöhnlichen Naturschätze der Chumbe-Insel nicht zu gefährden, entsprechen alle Bauten auf Chumbe den neuesten Standards 3 der Öko-Architektur. Sie wurden unter der Leitung von Architekten der Technischen Universität Braunschweig geplant und gebaut. Der steinige Untergrund der Insel hat keine Frischwasserquelle. Deshalb wird Regenwasser von den Dächern aufgefangen, auf natürliche Weise gefiltert und in geräumige Untergrund-Zisternen geleitet. Von dort wird das Wasser dann mit Handpumpen für ein solarbetriebenes Heizsystem in Warm- und Kaltwasserbehälter gepumpt, die die Bäder versorgen. Aus Umweltgründen, aber auch um Wasser zu sparen, wurden nur Komposttoiletten installiert. Diese Öko-Toiletten lassen umweltschädliche Abwässer gar nicht erst entstehen, die sonst durch den porösen Boden in das Korallenriff sickern, dort durch Überdüngung vermehrtes Algenwachstum anregen, und damit die empfindlichen Korallengemeinschaften schädigen würden. Komposttoiletten haben keine Wasserspülung, sondern verwandeln Ausscheidungen mithilfe von Kompost rasch in Naturdünger. Damit auch kein Waschwasser in das Korallenriff sickern kann, wird das Duschabwasser durch Pflanzbeete gefiltert. Diese Beete werden mit Arten bepflanzt, die besonders viel Wasser und Nährstoffe brauchen und deshalb das nitrat- und phosphathaltige Duschwasser vollständig aufnehmen und entsorgen. Solaranlagen auf den Dächern liefern Energie für die Lampen in den Bungalows und im Besucherzentrum. Auf der Chumbe-Insel gibt es keinen Lärm und keine Abgase von Stromgeneratoren. Die offene und luftige Bauweise der Öko-Bungalows macht Klimaanlagen ueberflüssig. Die stete Seebrise schafft ein angenehmes Wohnklima, das auf Wunsch mit aus Matten geflochtenen Klappwänden reguliert werden kann. Diese Öko-Technologien haben sich in anderen Kontinenten bewährt, sind aber in Ostafrika noch weitgehend unbekannt. Deshalb musste alles importiert und an tropische Bedingungen angepasst werden. Das machte den Aufbau und Betrieb dieses Naturschutzprojektes zu einer ziemlich teuren Angelegenheit. Für Design und Ausführung dieser innovativen Architektur verantwortlich zeichneten Prof. Per Krusche, Direktor des Instituts für Entwicklungsplanung und Siedlungswesen der Technischen Universität Braunschweig, und die Architekten Georg Fiebig und Jan Hülsemann. Konsequent umweltschonendes Management Alles auf Chumbe nimmt Rücksicht auf die Umwelt, auch die Betriebsabläufe. Lebensmittel werden frisch auf dem Markt gekauft und in geflochtenen Körben transportiert. Wir vermeiden Plastiktüten nach Möglichkeit und 4 entfernen alle nichtorganischen Verpackungsmaterialien von der Insel zur Verbrennung auf dem Festland. Organische Lebensmittelabfälle werden auf der Insel kompostiert. Trinkwasser wird von Sansibar gebracht und auf der Insel mit speziellen in der Schweiz hergestellten Filtersystemen hygienisch einwandfrei aufbereitet. Auf Wunsch können Gäste auch in Plastikflaschen versiegeltes Trinkwasser kaufen, wir versuchen das aber auf ein Minimum zu reduzieren, da Plastikabfälle in Sansibar mit dem Tourismus leider zu einer enormen Umweltbelastung und Landplage geworden sind. In den Badezimmern wird organische Seife verwendet, die eine Frauenkooperative in Sansibar aus Kokosnussöl und lokalen Duftstoffen herstellt. Die Naturlehrpfade, die Sandwege zu den Öko-Bungalows und der Strand werden bei Nacht nicht beleuchtet, um nachtaktive Tiere nicht bei Futtersuche und Brutverhalten zu stören. Das schützt auch eine unserer grössten Attraktionen, den extrem seltenen Riesenkrebs Palmendieb (Birgus latro). Gäste bekommen stattdessen solarbetriebene Taschenlampen, die tagsüber aufgeladen werden. Begleitende Forschung & Monitoring im Naturschutzgebiet Für die Einrichtung des Schutzgebietes und der Naturlehrpfade auf Chumbe wurden von CHICOP Artenlisten der Fische, Korallen, Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge und Pflanzen erstellt. Weitere Untersuchungen wurden vom Institut für Meereswissenschaften der Universität Dar es Salaam, der sansibarischen Umweltbehörde und der Forst- und Fischereibehörde durchgeführt. Wöchentlich notieren die Ranger alle besonderen Vorkommnisse im Unterwasserpark und im Waldreservat. Gegenwärtige Forschungsvorhaben befassen sich z.B. mit Makroalgen und der Wiederansiedlung von Steinkorallen, Bioerosion, dem Spill-Over-Effekt und Fischwanderungen im Schutzgebiet, der Dorfbeteiligung und Evaluierungen von Projektkomponenten. Einige Forschungsergebnisse Diese Studien und Berichte liefern eine wichtige Datenbasis für die Parkverwaltung, die Führungen und den Nachweis, dass der konsequente Schutz des Saumriffs und des Inselurwaldes bisher grossen Erfolg hatte. Korallenwachstum und Artenvielfalt sind aussergewöhnlich für Ostafrika. Das Chumbe-Riff hat mit über 200 Arten etwa 90% aller in Ostafrika bekannten Steinkorallen, wobei auch die weltweit katastrophale Korallenbleiche von 1998 überraschend wenig Schaden anrichtete. Auch die Fischbestaende sind besonders artenreich, mit fast 380 Arten aus 50 Familien. Dieser Fischreichtum zieht wiederum Wasservögel an, wie z.B. die seltene Rosenseeschwalbe (Sterna dougalli), die Mitte 1994 erfolgreich auf Chumbe brütete. Noch weiss man wenig über ihre Wanderungen, deshalb wurden ca. 200 Jungvögel beringt. Der seltene Riesenkrebs Palmendieb (Birgus latro) ist auf Chumbe sehr häufig und vollständig 5 geschützt. Im gesamten Indischen Ozean wird er dagegen gegessen oder als Köder in Fischfallen eingesetzt und gilt weltweit als bedroht. WILDRESERVATE IM WALD Die Insel ist zu über 90% mit Urwald bedeckt, der auf fossilen Korallenfelsen gedeiht. Auch er wurde auf Antrag von CHICOP 1994 von der sansibarischen Regierung unter Naturschutz gestellt und die Parkverwaltung als Modell für privaten Naturschutz ebenfalls auf CHICOP übertragen. In den Jahren 1994 und 1995 wurden im Chumbe-Wald Erhebungen durchgeführt, die reichhaltige Informationen für die Parkverwaltung und die Einrichtung der Naturlehrpfade lieferten. Bei der Anlage der verschlungenen Waldlehrpfade wurde darauf geachtet, das geschlossene Laubdach nicht anzutasten, um den empfindlichen Pflanzengemeinschaften nicht den lebensnotwendigen Schatten zu rauben. Sehr seltene Pflanzen wurden entdeckt, z.B. Uvariodendron kirkii, ein Busch, der in der Region als bereits ausgerottet galt. Überlebenskünstler: Urwald auf fossilem Korallenfels Chumbe ist fast ganz bedeckt von einem tropisch immergrünen üppigen Urwald, der in der Fachliteratur "Coral rag forest" genannt wird, weil er vollständig auf fast nacktem Kalkfelsen gedeiht. Der Fels ist nichts anderes als ein fossiles Korallenriff, das in der letzten Eiszeit vor 15.000 Jahren trocken fiel. Bei genauerem Hinsehen lassen sich überall noch versteinerte Skelette und Schalen fast aller Korallen- und Muschelarten finden, die auch heute noch im Riff leben. Der zerklüftete Korallenfels kann kaum Wasser halten. Der Wald ist deshalb ein faszinierender Überlebenskünstler, ein dichtes Dickicht von Schlingpflanzen, Ranken und Wurzeln, die auf der Suche nach Wasser in alle Felsritzen vordringen, die Feuchtigkeit der Luft aufnehmen und alle Oberflächen bedecken. Forscher brauchten manchmal eine volle Stunde, um sich einen Kilometer durch diesen Urwald durchzuschlagen, wobei verborgene Höhlen und Gräben das Fortkommen erschweren, aber auch noch viele zukünftige Entdeckungen erwarten lassen. Sehr selten: der Riesenkrebs Palmendieb Der seltene Riesenkrebs Palmendieb (Birgus latro), der grösste Landkrebs der Erde, ist auf der Chumbe-Insel zahlreich vertreten und vollständig geschützt. Ursprünglich weitverbreitet auf den Inseln des Pazifik und des Indischen Ozeans, wurde er traditionell als Delikatesse gefangen oder in Fischfallen als Köder benutzt und gilt jetzt weltweit als bedroht. Er erreicht eine Länge von bis zu 45 cm und ein Gewicht von 4 kg, kann aber trotzdem auf Kokospalmen klettern und mit seinen kräftigen Scheren Kokosnüsse abschneiden. Der Palmendieb beginnt seinen Lebenszyklus als Larve im Meer, klettert dann aber an Land und bezieht ähnlich wie die mit ihm verwandten Einsiedlerkrebse ein leeres Muschelgehäuse, das er bei Bedarf gegen grössere eintauscht. Sein weiches für Fressfeinde sehr schmackhaftes Hinterteil braucht diesen Schutz, bis er und sein 6 Chitinpanzer gross genug sind. Danach trägt er sein Hinterteil eingeklappt unter dem Bauch, was ihm einen etwas gestelzten Gang verleiht. Er wird deshalb manchmal mit Langusten verglichen, die ihren Schwanz ähnlich schützen. In Ostafrika wurde der Palmendieb bisher noch nicht erforscht, nicht einmal die verbleibende Restpopulation ist annähernd bekannt. Deshalb wird er in der Roten Liste von IUCN auch unter der Rubrik 'Status unbekannt' aufgeführt. Der Palmendieb ist mit Sicherheit selten geworden, die Fischer in Tansania schätzen ihn als Köder in Fischfallen, finden aber keine mehr. Das Chumbe-Projekt will nun helfen, diese wahrscheinlich hochgefährdete Art zu retten, und bietet deshalb die Möglichkeit, die wahrscheinlich weltweit grösste Population auf der Insel zu erforschen, um zur Rettung dieses aussergewöhnlichen Riesenkrebses beizutragen. Unmittelbar vom Aussterben bedroht: die Aders DuckerZwergantilope Die gefährdete Aders Ducker-Zwergantilope (Cephalophus adersi) ist in ihrem Ursprungsgebiet auf dem afrikanischen Festland, den kenianischen und tansanischen Küstenwäldern, wahrscheinlich ausgestorben. Heute gibt es nur noch eine kleine Restpopulation auf der Insel Sansibar, die dort aber, obwohl offiziell geschützt, wegen der fortschreitenden Zerstörung ihres Lebensraumes und der Wilderei ebenfalls hochgradig bedroht ist. Sie gilt inzwischen als die seltenste Antilope der Welt. Auch auf der Chumbe-Insel jagten einheimische Jäger die Zwergantilopen schon in den 50er Jahren bis zur Ausrottung. Eine im Jahre 1996 durchgeführte Studie wies jedoch nach, dass dort genügend Nahrungspflanzen für diese Antilopenart vorkommen und die Bedingungen für eine Wiederansiedlung auch sonst ideal sind. Da die Tiere nur noch auf Chumbe wirksam vor Verfolgung geschützt werden können, wandte sich die Umweltbehörde an CHICOP, um auf der Insel ein Schutzgebiet für die Ducker einzurichten. Auch die erfolgreiche Ratten-Ausrottungs-Kampagne führte zu einer weiteren drastischen Regeneration der Flora und Fauna des Waldes und verbesserte die Bedingungen für die Einrichtung des Schutzgebietes zusätzlich. Deshalb konnte die erste Ducker-Antilope im Dezember 1997 nach Chumbe gebracht werden. Inzwischen wurden in Zusammenarbeit mit der sansibarischen Forstbehörde und dem Tierpark MünchenHellabrunn drei weitere Antilopenpaare erfolgreich auf der Insel angesiedelt. Der Bayrische Rundfunk dokumentierte diese Ansiedlung in einem 45minütigen Fernsehfilm. Seitdem überwachen spezielle Sensorkameras im Wald Verbreitung, Futterverhalten und Wohlergehen dieser seltenen und extrem scheuen Zwergantilopen. Für dieses Projekt erhielt CHICOP personelle, technische und finanzielle Unterstützung von der Forstbehörde der sansibarischen Regierung, dem Tierpark München-Hellabrunn, der Mammal Ecology Research Group 7 (MERG) der Royal Holloway University London, der Chicago Zoological Society (CZS), Eco-tec (Sansibar) Ltd., dem World Wide Fund for Nature (WWF), Fauna and Flora International (FFI), der British Ecological Society (BES) und British Airways. Ein entscheidender Erfolg: die Ausrottung der Ratten Rattenplagen auf Inseln sind ein weltweites Problem. Auch auf Chumbe waren Ratten (Rattus rattus) sehr verbreitet und wurden dort vermutlich um die vorletzte Jahrhundertwende eingeschleppt, als der Leuchtturm gebaut wurde. Die Brutkolonie der seltenen Rosenseeschwalbe (Sterna dougalli) wurde 1994 von Ratten angegriffen, mit der Folge, dass die Vögel nicht mehr zum Brüten kamen. Auch alle anderen Bodenbrüter waren auf Chumbe von Ratten bedroht. Schliesslich machten die Ratten Nahrungsmittel ungeniessbar und stellten ein unzumutbares Gesundheitsrisiko dar. Sie beschädigten Gebäude, Elektrokabel, Tauchausrüstungen und belästigten nachts Park-Ranger und Forscher. Tourismus war unter diesen Bedingungen nicht möglich. Um dieser Plage auch unter Naturschutzauflagen ein Ende bereiten zu können, konsultierte CHICOP Experten aus Deutschland, Neuseeland, den Niederlanden, Grossbritannien und Irland. Eine sehr interessante Möglichkeit war zunächst die biologische Rattenausrottung durch die Einführung eines rattenspezifischen Krankheitserregers, des Einzellers Sarcocystis singaporensis aus Thailand. Diese Option musste jedoch wieder verworfen werden, als sich herausstellte, dass in Tansania gesetzliche Grundlagen für die Einführung nichteinheimischer Organismen fehlen. Deshalb gab es keine Alternative zu Rattengift mehr. Im Mai 1997 gelang es schliesslich einem irischen Wissenschaftler der Cork University mit einer grossangelegten Aktion unter kontrolliertem Einsatz von Brodifacoum die Ratten endlich auszurotten. Mögliche Nebenwirkungen des Giftes auf andere Tierarten wurden dabei vorher ausgeschlossen. Regelmässige Nachkontrollen verhindern seitdem eine Wiederansiedlung der Nagetiere. Alle Materialien, wie z.B. die Palmabdeckungen der Dächer werden vor dem Transport auf die Insel sorgfältig auf Ratten als etwaige 'blinde Passagiere' hin untersucht. DIE UMWELTBILDUNGPROGRAMME Eines der Hauptziele des Chumbe-Projektes ist es, in der sansibarischen Bevölkerung das Umweltbewusstsein über Korallenriffe zu fördern. Dafür führt CHICOP in den Schulen des Landes regelmässige Umweltbildungsprogramme mit Schulausflügen und Lehrerfortbildungsseminaren durch und entwickelt dafür Unterrichtsmaterialien. In Sansibar wie in vielen Ländern der Dritten Welt bietet die Schule kaum mehr als Auswendiglernen von abstraktem Prüfungswissen, das oft keinerlei Bezug zur erlebbaren Umwelt und den Entwicklungsproblemen des Landes hat. Lehrplananalysen ergaben, dass die Ökologie von Korallenriffen in den Lehrplänen nicht vorkommt, obwohl ganz Sansibar 8 eine Koralleninsel ist (Riedmiller 1991 & 1995). Auch Schulausflüge werden nur sehr selten durchgeführt. Kinder lernen in der Regel nicht Schwimmen, in der islamischen Tradition sind insbesondere Mädchen davon ausgeschlossen. Deshalb haben sie kaum jemals eine Chance, Korallenriffe und Küstenwälder zu sehen und zu erleben. Es gibt auch kaum ausserschulische Bildungsangebote. All das trägt zum allgemein ziemlich niedrigem Umweltbewusstsein der Bevölkerung bei. Sehr beliebt: Schulausflüge Um dem abzuhelfen, organisiert das Chumbe-Projekt seit Jahren Schulausflüge fuer Sekundarschüler und ihre Lehrer auf die Insel. Dort werden sie von den Rangern über die Wald- und Wattlehrpfade geführt, lernen Schnorcheln im Unterwasserpark und erfahren viel über Meeresbiologie, Waldökologie und Naturschutz. Ausser anschaulicher Umweltbildung vermitteln diese Schulausflüge auch den Lehrern erste Erfahrungen im Praxisunterricht in der freien Natur. Die Lehrerausbildung leistet das leider bisher nicht, denn auch dort herrscht das Auswendiglernen von oft unverstandenem Stoff vor. Das Chumbe-Projekt hat hier ebenfalls Pionieraufgaben übernommen. Auch sehr gefragt: Lehrerfortbildung und Unterrichtshilfen Seit 2001 werden die Schulausflüge auch in Lehrerfortbildungsseminaren vor- und nachbereitet, um das auf Chumbe Erlebte systematisch im Unterricht aufzubereiten und mit dem Naturkundelehrplan abzustimmen. Eine von CHICOP entwickelte Unterrichtseinheit über "Das Korallenriff" wurde inzwischen vom Bildungsministerium offiziell anerkannt. Das Chumbe Umweltbildungsprogramm ist inzwischen führend in Sansibar und besetzt eine wichtige Nische im Bildungssystem des Landes. Dieses Programm expandiert jedes Jahr weiter, u.a. auch dank der Unterstützung von Organisationen wie dem Marine Education, Awareness and Biodiversity Program (MEAB), der südafrikanischen Wildlife and Environment Society (WESSA), dem Reef Environmental Education Program der South African Development Cooperation (REEP-SADC) und der National Fish and Wildlife Foundation (NFWF) der USA. Internationale Anerkennung und Umweltpreise Die Erfolge des Chumbe-Projektes sind inzwischen von internationalen Naturschutzorganisationen wie der World Conservation Union (IUCN), dem World Wide Fund for Nature (WWF), der UNESCO-Umweltabteilung für Küstengebiete und Inseln, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP und der International Coral Reef Initiative (ICRI) anerkannt. Der Chumbe-Unterwasserpark und das Waldreservat sind beim World Conservation Monitoring Centre (WCMC) der UN-Umweltschutzbehörde in Cambridge, England, als Naturschutzgebiete offiziell registriert. CHICOP wird regelmässig zur Projektvorstellung zu Naturschutzkonferenzen eingeladen, wie z.B. zum World Parks Congress im September 2003 in Durban. 9 Der bekannte Korallen-Experte Prof. J.E.N. Veron vom Australian Institute of Marine Science (AIMS) besuchte den Unterwasserpark im Februar 1997 und bezeichnete ihn als "einen der spektakulärsten Korallengärten der Welt, der zudem noch aussergewöhnlich gut gemanagt wird." Eine ausführliche internationale Internet-Diskussion über das ChumbeProjekt kann eingesehen werden auf einer Website der UNESCO unter www.csiwisepractices.org (Username: CSI, Password: WISE) in der Kategorie Ostafrika. Chumbe wurde auch international als Ökotourismus-Modellprojekt und erfolgreiches Riffschutzgebiet vielfach ausgezeichnet. Die wichtigsten Auszeichnungen waren bisher: 1999 British Airways Tourism For Tomorrow Global Award, EXPO2000, als Weltweites Projekt ausgestellt im tansanischen Pavillion in Hannover, 2000 UNEP-GLOBAL 500 Award, 2001 Green Hotelier of the Year, International Hotel and Restaurant Association (IH&RA), 2001 World Winner Ecotourism, US-Condenast Traveler Magazine, 2001 Finalist Aga Khan Award for Architecture. Kontakt: Sibylle Riedmiller, Project Director, P.O.Box 130, Tanga/Tanzania www.chumbeisland.com, [email protected], Tel. +255-27-2643557 10