Marketing-Philosophie Zusammenfassung I. Marketingphilosophie: Managementwissen der Vergangenheit II. „Moderne Marketingwissenschaft“ ist: Marketingphilosophie betreiben, Marketing ist aus der Unternehmensphilosophie abgeleitetes Marketingkonzept; Marketing beinhaltet neuen unternehmerischen Denkstil (Teil der Unternehmensphilosophie). Solange die Genese des Marketings nichts Nennenswertes zu bieten hat, hat insbesondere die Marketingwissenschaft ein wissenschaftlich fragwürdiges Verhältnis zu sich selbst. Beispiel der Konsumentenforschung zeigt, dass die thematische Rückkoppelung an den unerforschten systematischen Gegenstand des Marketings immer weiter ausgeblendet wird. Der Blick auf das Ganze dessen, was „Philosophie“ heißen soll, wird verstellt. Resultierender Eklektizismus: Statt Reflektion ökonomischer Tatbestände werden Reflexe auf einzelne und immer kleiner werdende Probleme von Teilaspekten zum Hauptgegenstand des „wissenschaftlichen“ Tuns. Wissenschaftler können Kategorien nach Gutdünken selber bestimmen: Folge ist eine zunehmende Entphilosophierung und Entwissenschaftlichung. Die Beseitigung des Theoriedefizits muss schon beim Ursprung dieser Entwicklung ansetzen. Somit muss die gegenwärtige Marketingwissenschaft wieder als ökonomische Theorie rekonstruiert werden. Das System der Ökonomie, soll es wissenschaftlich sein und demnach ein Gerüst von Begriffen enthalten, hat eine innere Struktur zu haben, in der ganz bestimmte Begriffe einander zugeordnet sind. Für das Marketing sind das die stets miteinander eng verknüpfte Begriffe „Bedürfnis“ und „Gut“. Die saubere Klärung (Abgrenzung / Definition) dieser Begriffe gibt Auskunft über die Struktur der ökonomischen Theorie. Marketing als Wissenschaft / Philosophie ist gefragt. Die Beiträge der Marketingwissenschaft bleiben jedoch ihrem Wesen nach Managementwissen der Vergangenheit: nur sog. Marketingphilosophie. Die Kommunikationswirtschaft ist die neue Erscheinungsform des neuen Wandlungsprozesses im Marketing. Marketing als Philosophie des ökonomischen Zusammenhangs zu denken, heißt Marketing-Philosophie. Das war schon in der Antike bei Thales von Milet so: Zu Anfang der Philosophiegeschichte war Thales bemüht, ein Prinzip (der Naturerkenntnis; bei Thales: „Wasser“) zu formulieren und auf diesem begrifflichen Fundament das Ganze der Natur begrifflich zu fassen. Der Aufbruch: Von Wissenschaft und Ökonomie in der Antike Boris Redlich Mit der Antike beginnen unsere Kultur und unsere Ökonomie. Was beide zugleich bezeichnet, ist die „Herrschaft der Vernunft oder der Zwang zur Rationalität“ beim Unternehmen, diese Bereiche zu analysieren und begrifflichargumentativ darzulegen. Die vornehmste und natürlichste Art der Wissenschaft liegt darin, rechtfertigende (Vernunft-) Gründe auch vernünftig vorzutragen. POLIS = Einheit bzw. Noch-Nicht-Verschiedenheit von Staat und bürgerlicher Gesellschaft. Nur wer frei, also kein Sklave war, galt als Bürger und konnte am politischen Leben teilnehmen. Die erste Demokratieform der Geschichte war somit eine von einer Oberklasse (Aristokratie) geführte Minderheitenregierung, die über Frauen, Sklaven, Fremde etc. herrschte. OIKOS = das „ganze Haus“ ; NOMOS = Ordnung ; OIKONOMIA ist die Lehre von der im Haushalt einzuhaltenden Ordnung, um den Bedürfnissen der im Haushalt lebenden Personen (Herr, Frau, Kinder, Sklaven etc.) zu entsprechen. Da alles, was im Haus stattfand, als privat angesehen war, so zeigt sich darin, dass das politische öffentliche Leben als NICHT ÖKONOMISCH betrachtet wurde, denn die ökonomische Lebensweise war auf den OIKOS beschränkt. 1 Boris Redlich Eine ökonomische Theorie, eine öffentliche Theorie für das Private, wäre ein Widerspruch in sich gewesen. ARISTOTELES hat die erste systematische Theorie formuliert, abgefasst in „den politischen Wissenschaften“ („Politik“). Die POLIS selbst ist das oberste, „bedeutendste Gut“ ; der „Staat und die staatliche Gemeinschaft“ ; der Mensch als ZOON POLITIKON ist „politisches Lebewesen“, das als (aristokratischer) Vollbürger an der Gestaltung der Geschicke des Polis-Staates / Gemeinwesens Teil hat. Aristoteles unterscheidet also das politisch-ethische „GUT“ von den Gütern, die für die Befriedigung von Bedürfnissen im Privathaushalt vonnöten sind (nützliche Dinge, Eigenschaften oder auch Tätigkeiten des Hauspersonals; bis ins Mittelalter hinein war „ökonomisch“ synonym mit „landwirtschaftlich“); (ganz anders heute: Dienstleistungen) Für diesen engen Komplex der „Hauswirtschaft“ entwickelte Aristoteles Begriffe zur Bestimmung des häuslichen „Guts“ und seines „Wertgehalts“. Zur Erinnerung: die Ökonomie unterscheidet sich signifikant von dem System und den Werten der politischen (Überbau-) Ordnung. Hier gilt: „Jede Gemeinschaft besteht um seines Gutes willen“. Es geht also um Sein oder Nichtsein menschlicher Existenz. Deshalb ist dieses (politische) Gut ein sog. „ontologisches Gut“ = Inbegriff des Seins. POLIS ist also an sich ein Gut, für die eine metaphysische Annahme bestehen muss, eine IDEE oder ein INBEGRIFF von menschlicher Gemeinschaft. Typisch für eine POLIS ist ihre besondere Verfassung, die sich von der OIKONOMIA (nur Haus- oder Unternehmensverfassung) unterscheidet. Nicht typisch ist hingegen, dass sie um „eines Gutes willen besteht“. Die Besonderheit der POLIS liegt im Zwiespalt ihrer eigenen Identität. Vor über 2000 Jahren waren die Unternehmer die Sklaven einer aristokratischen Herrscherschicht – im genauen Gegensatz zu heute! Die Unternehmer haben sich emanzipiert. Im klassischen Athen mussten die Unternehmer das ausführen, was ihnen die aristokratischen Herren sagten. Dabei ging es zwar auch um Reichtum, wenn dieser soziales Ansehen brachte, aber nicht um Gewinn im kapitalistischen ökonomischen Sinn des Profits. So muss aus heutiger Sicht gegen Aristoteles eingewendet werden, dass trotz seiner strikten Trennung von Gemeinwesen und Ökonomie de facto doch eine Einheit besteht und auch damals bestanden hat (man denke an die Existenz der Aristokratie, die ohne Sklaverei nicht möglich war.) Gemeinschaften sind, auch aufgrund ihrer Herrschaftsfrage, verschieden im Hinblick auf die Bedeutung ihres Gutes und damit auch im Hinblick auf die Qualität ihrer Bedürfnisse. Nur die beste Praxis kann sich in der besten Gemeinschaft verwirklichen → deshalb Streben nach dem „Wertvollsten“, was zu Aristoteles Zeiten eben bedeutete, durch Spiele, Theater, Krieg u.dgl. die Gemeinschaft der Polis befördern – m.a.W.: Der Ertrag aus den von Unternehmer-Sklaven betriebenen Geschäften (z.B. Ergasterien – Handwerksbetrieben – Manufakturen) floss zurück als Spende in die Gemeinschaft der freien Polisbürger. POLIS als Reich der Bedürfnisse, in dem sich nur die vernünftigen Bedürfnisse als die „eigentlich erstrebenswertesten“ manifestieren, was also die materiellen Bedürfnisse ausschloss. (Um die richtige Verfassung einer „polis“ zu bestimmen, muss Grundlagenforschung betrieben werden, um die „polis“ zu analysieren.)(gibt es hinreichend Literatur). ARCHE = Grund einer Sache TELOS = das vorgestellte Ziel einer Entwicklung. Es stellt sich die Frage nach der besten Herrschaftsform in Bezug auf die Befriedigung der Bedürfnisse, die ursprünglich grundsätzlich in geistige (Spiel, Theater etc.) und materielle (Korn, Kleidung etc.) unterschieden werden müssen. Die Bedürfnisbefriedigung wird zunächst unter dem Ziel (telos) der „Lebenserhaltung“ diskutiert. Als Werkzeug dient der Verstand. Die von den Griechen gewählte Herrschaftsform des oikos, also die „natürliche Herrschaftsform zum Wohle des ganzen Hauses, galt als „naturgemäß“. (was nur bedeutet, dass der Herr die richtigen Anweisungen gab, wer den Sklaven zu befehlen habe). Damals schiene s vernünftig und natürlich, dass der freie Mann nur die richtigen Gedanken haben musste, die dann ausgeführt wurden - so die damalige Konzeption von Vernunft. 2 Boris Redlich Herrschaft ist künstlich geschaffen und als gegenständlich auf Dauer angelegt. Die Leibeigenschaft des Sklaven verdankt sich – so Aristoteles - nicht der körperlichen Überlegenheit des Herrn (despotes), sondern dessen Vermögen, begrifflich zu denken. Somit ist diese Rechtfertigung eine Angelegenheit der Vernunft. Nach Aristoteles: Wer vorausschauend denken kann, ist von Natur aus der Regierende und der Herrschende. Wer es auszuführen vermag, ist das Regierte und Dienende. Der Verstand hat das Vermögen vorausschauend zu denken und dieses Erkennen selber ist Verstand. Insofern erscheint die Idee des Guten a priori, also voraus. PHYSIS = Natur, Natur der Wesensart , die Seinsweise des Seienden. Der Nutzen dieses Herrschaftsverhälnisses ist es die Reproduktion des Lebens zu organisieren. Der Sklave muss arbeiten, der Herr organisiert diese Arbeit, arbeitet aber nicht selbst, weil es nicht gemäß seiner Fähigkeiten ist. Der Herr lenkt den Sklaven, weil dieser ungebildet und somit nicht in der Lage ist abstrakt und logisch zu denken, ergo auch nicht erkennen kann, was gut für ihn ist. Herr = Konzentration auf das Wesentliche im Leben Sklave = Konzentration auf das Unwesentliche Herrschaft der Vernunft = Kern des griechischen Denkens und Leitfaden unserer Kultur Der Mensch gilt als „zoon logon echon“, als vernünftiges Lebewesen. Bei Aristoteles: zoon logon echon = zoon politikon, also auch politisches Wesen, das die polis als vernünftige Gemeinschaftsform braucht. Also: „Dass Griechen über Barbaren herrschen, ist gerecht“! → Herrschaft der philosophisch gebildeten über die Ungebildeten ist naturgemäß, da sie das von der „Natur Herrschende“ nicht besitzen. Das Ziel, der telos, der Vorstellung von der „besten“ Gemeinschaft degradiert die vorhandenen Gemeinschaften zu bloßen Gemeinschaften und das bedürftige Leben zur Lebensnot. Die polis erscheint in der Idee ihres Gutes autark, so sie aus sich selbst heraus zu bestehen vermag. Ein Zustand, der somit menschlich gewollt ist, heißt Glückseligkeit = eudaimonia = Gegenteil der Lebensnot. Das glückselige und edle Leben ist der Inbegriff der Idee, der polis; er ist ein rein intellektueller Begriff, der den „seelischen Glückszustand“ meint. Der oikos hingegen wird zur Sphäre des „bloßen und notwendigen Lebens“. Es ist eine auf den Herrn abgestellte Zweckgemeinschaft von „Herrn und Sklave“, von „Freien und Unfreien“. Der Herr produziert selbst nicht, er konsumiert nur die „notwendigen Güter“. Der Sklave gilt als „zweibeiniges, sprechendes Werkzeug“, als „lebendiges Produktionsmittel“. Die „Wissenschaft des Herrn“ hat nichts Großes und Edles an sich, sie besteht nur darin, das anordnen zu können, was der Sklave ausführen muss. Der Herr treibt nur Politik oder Philosophie. Der Sklave ist bloßes Besitzstück. (Sklaven waren auch Unternehmer, denen in der Produktion andere Sklaven unterstanden). Aus der Bedürfnisdifferenzierung erfolgt die Entstehung der polis. (heutige, kritische Sicht) „Humanisierung der Arbeit“ = produktionssteigernde Wirkung: Aristoteles schreibt bereits: Man muss Spiele gestatten, aber ihren Gebrauch kontrollieren, um sie als eine Art Arznei anzuwenden. Es bedeutet eine Lockerung und lustvolle Erholung. Kaufmannskunst wird als so genannte „andere Erwerbskunst“ bezeichnet. Ihr telos liegt nicht Befriedigung von Bedürfnissen, sondern in dem Gelderwerb, Vermögen und Geldvermögen, sie ist reiner Selbstzweck – so Arist., da der Kaufmann etwas Wundersames schaffen kann: aus Geld mehr Geld („Geld heckendes Geld“) machen kann (galt als unnatürlich). Der Charakter dieser „Kunst“ ist die techne = Technik oder auch Technologie. Geldwirtschaft hat ihr Ziel nur in sich. Sie bringt nichts anderes hervor, als das, was sie nicht schon selber ist: Bewegung von Quantität. („mehr Geld“) Die Kaufmannskunst stellt die antike Wissenschaft vor ein großes theoretisches Problem: Philosophisch gesehen dürfte es sie gar nicht geben, denn sie dient nicht dem philosophischen Zweck der politischen Lebensweise. Aber es gibt sie doch. Die Aufspeicherung der unmittelbaren Bedürfnislust schafft Vermögen. 3 III. Die Kaufmannskunst als Kunst des Geldverdienens erscheint unendlich: Bedürfnisdifferenzierung und Gelderwerb bedingen einander – aus heutiger Sicht, wobei das Ziel (telos) der Bedürfnisbefriedigung der Gelderwerb ist (und deshalb für Arist. verwerflich ist) Diese Kaufmannskunst wird tendenziell zum beherrschenden Moment der Ökonomie an sich. Die oben genannte Bedürfnisdifferenzierung wird zum Strukturprinzip der Gesellschaft. Der Wert der gehandelten Güter drückt sich aus in Geld. Geld repräsentiert Reichtum, der sich nur um seiner selber willen vermehrt. (und von daher klar der politischen Macht – z.B. der Athener über Persien – konträr ist) Dieser Reichtum entsteht, indem die Bedürftigkeit selbst vergessen wird. Das Streben nach Autarkie und Glückseligkeit lässt die (materiellen) Bedürfnisse vergessen. Aus dieser Bedürfnisvergessenheit entsteht der grenzenlose Reichtum. Resümee: Prinzip der antiken ökonomischen Theorie: gesellschaftliche Bedürfnisse sind Ursache für einfache Warenproduktion (einfach = ohne Mehrwerterzeugung, ohne Re-Investition gewonnenen Kapitals in eine erweiterte Reproduktion; d.h.: Modell einer linearen Kausalitätskette; nach dem Modell des Aristoteles: Der Tischler hat einen Plan eines Tisches im Kopf (intellektuell / geistige Ursache; gesellschaftlich: brain-trust der aristokratischen herrschenden Klasse; die Idee des Tisches wird vom Sklaven umgesetzt in einen empirischen Gegenstand, den Tisch; der Tisch erscheint als Folge der geistigen Ursache; Sklaven, Materielles, Produktionsinstrumente, Produktionsmittel usw. sind nichts Anderes als letztlich entbehrliche, lästige – man denke an antike Sklavenaufstände – Erscheinungen, die die reine Umsetzung des erhabenen Gedankens eher behindern als befördern; antike Utopien (vgl. mein Buch, Die Idee der Gleichheit) sind im Kern solche des Schlaraffenlandes: man denkt an ein gebratenes Huhn und schon ist’s im Maul; der Unternehmer ist also primitiv, lästig, ausführendes Organ des aristokratischen Geistes; er ist der exekutierende Arm des im arist. Kopf geborenen Konzepts; Bedürfnisse entstehen im Kopf (Sitte, Tradition, Kultur), sie werden nicht geweckt durch die erweiterte Warenproduktion; der Unternehmer, zumal Sklave, hat keine Philosophie – er ist der dumme Befehlsausführer; wäre er intelligent, wäre er kein Unternehmer, Sklave.). Der Übergang (zur bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsformation): Diesseitige Not versus jenseitige Glückseligkeit - Die mittelalterliche Bedürfnismaxime Boris Redlich Seitdem sich Wissenschaft und Ökonomie in der Antike konstituiert haben, sind Bedürfnisse und Güter in einen Zusammenhang gestellt, der die Entwicklung unserer Kultur maßgebend prägt. (zu vage, ungenau; evtl. gar falsch) (Beziehen eines Standpunktes ist wichtig: So ein Satz ergibt erst Sinn, wenn man die Position einnimmt, nach der gesagt wird: Im theoretischen Begreifen der gesellschaftlichen Wirtschaft (die letztlich auch die private umschließt) ist die griechische Antike (Aristoteles) gefangen in einer zeitgenössischen Schranke der Sklavenhaltergesellschaft; dass dennoch wirtschaftliche Entwicklungen – historisch, archäologisch – festzustellen sind, beweist, dass entgegen der Theorie die wirtschaftliche staatliche und private Praxis die griech. Gesellschaft vorwärtsgetrieben hat (z.B.: staatliche Politik des Münzwesens: die athenische Drachme der ionischen angleichen (im Silbergehalt) als Maßnahme einer „feindlichen Übernahme“ des ionischen, von Persien beeinflussten Wirtschaftsraums; die staatliche Sicherung des Schwarzmeerraumes zur Befriedigung des athen. Weizenkonsums; die Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Anbaus, der Exportwirtschaft (Oliven, Manufaktur-Produkte wie Vasen, Vorratsbehälter etc.; die Entwicklung des „militärisch-industriellen Komplexes (Schiffbau, die legendäre Triereme) etc. Also: vom heutigen kapitalistischen Standpunkt aus betrachtet, hat sich „heimlich“, entgegen dem theoretisch begründeten Wollen, eine unternehmerische (überwiegend staatlich, partiell privat) Politik ergeben, die allerdings – aus heutiger Sicht – „primitiv“ zu nennen ist, da erzeugtes Kapital sofort konsumiert wurde.) Dieser Zusammenhang unterliegt einem Wandel, der die lebenspraktische Qualität der Bedürfnisse und Güter ändert. Kaufmannskunst führt unweigerlich zu Monopolbildung (wenn es einen „freien“ nicht kulturell gebundenen Kaufmann gibt). 4 Cameralwissenschaft tritt im Mittelalter an die Stelle der antiken politischen Wissenschaften und der Haushalts- und Kaufmannskunst. Ihr Name stammt von „Cammer“ = fürstlicher Schatz und Vermögen. Der allgemeine Reichtum ist das private Vermögen des Fürsten, dessen Vermehrung alle Untertanen sich zur Maxime zu machen haben. Auf diese Weise kann sich der Absolutismus (hist. falscher Begriff; A. erst im mittleren bürgerl. Zeitalter, d.h., nach dem 14. Jh. der italischen republikanischen Stadtstaaten; erst 300 J. später) legitimieren, können sich die wirklichen Güter nach dem Willen des Regenten so bewegen, dass sein Vermögen und sein Reichtum vermehrt werden. Die Ethik wird zur Moral (synonym!) = An die Stelle rein philosophischer Vernunft tritt eine Mischung aus wissenschaftlicher Moral und Glaube (stimmt so überhaupt nicht: Das Privatinteresse einer Dynastie definiert – in Konkurrenz zu anderen dynastischen Privatinteressen das Wirtschaftsgeschehen; von daher im MA – 700-1400 – keine Entwicklung der Produktivkräfte; die Entwicklung des Jochs für Zugochsen, die 3Felder-Wirtschaft, sind fast die einzigen Entwicklungen; andere wurden importiert, bes. aus den arabischen Ländern; an sich fehlt hier – statt pauschal vom MA zu reden, die Darstellung der ital. Republiken; sie waren entscheidende Begründer des Kapitalismus); Der Glaube richtet sich primär an der Idee vom „jenseitigen Leben“ aus, während die wissenschaftlich traditionelle Perspektive bislang eher diesseitig war. (zu vage, kann man tilgen; der Verf. hat keine Ahnung) Das Leben wird zur allgemeinen Lebensnot: mit einer Ausnahme → der Fürst als „diesseitiger“ Herrscher, der absolutistische Fürst. (hier zeigt sich, dass die Begriffe „Jenseitige Glückseligkeit“ und „Lebensnot“ völlig untaugliche ökonomische Kategorien sind: a) wann hat es jemals keine Überzeugungen von einem besseren jenseitigen Leben gegeben? b) wann hat die plebs, der gemeine Bauer etc. jemals nicht „Lebensnot“ gehabt? Er gilt als Stellvertreter Gottes auf Erden, als „höchste Instanz“ gilt nur noch Gott selber. Gott steht für die prima causa. (erklärt nix und gar nix) Der Fürst vereint Politik und Ökonomie auf sich, zum Wohle seiner selbst / seiner Dynastie (sonst klingt’s individualistisch – es gilt: Le roi est mort – vive le roi!). Die Cameralwissenschaft bekommt eine instrumentelle Perspektive: Sie dient als Legitimation des Herrscheranspruchs. (das ist zu wenig, zu ungenau, gar falsch: der C. geht es um die Maximierung von Steueraufkommen; das ist etwas anderes als an die Wurzeln des Reichtums zu gehen und eine Maximierung der (landwirtschaftl.) Produktion zu befördern) Die Ökonomie beginnt, sich als eigene Wissenschaft, als Cameralismus, zu etablieren. (was daran wiss. sein soll, müsste gesagt werden; an sich „nichts“, denn im europ. MA waren die Ansätze selbst des Aristoteles schon längst vergessen; es gab keine Idee von Ware, Wert, Geld etc. – man denke an die den Juden zugewiesenen Geldgeschäfte) Der Fürst hat ein eigenes Interesse an der umfassenden Erforschung der Ökonomie. (nein: dieses Interesse ist extrem begrenzt; welche Quelle belegt diesen Spruch? man wird keine finden) (wahrscheinlich ein primitives US-amerikanisches Lehrwerk von einem WiWi geschrieben) Der Begriff der Glückseligkeit umfasst mittlerweile auch das bloß „notdürftige Leben“. (bla-bla) Diese differenzierte Leiblichkeit (was soll das denn sein?) spiegelt sich in der Ambivalenz des „Vermögens“ wieder, besteht dieser Begriff doch entweder in Diensten der Menschen oder Geldeswert, also Geld oder Kredit wegen. So ungefähr: was die ital. Kaufmänner entwickelten, war immer noch ein Kapitalismus, der den Reichtum versuchte neu zu definieren: dieser Begriff des Reichtums ist überhaupt die zentrale ökonom. Kategorie überhaupt: In der Antike 1 – Homerische Zeit (R = Viehherden), Antike 2 – Arist. (R = Waren), Antike 3 – Rom (R = Waren plus), Renaissance (R = Produktionsmittel, Technologie, Waren, Geld), bürgerl. Ges. (R = Kapital = Vieh oder Geld oder Produktionsmittel oder...) Boris Redlich Zum allgemeinen göttlichen Gesetz wird „der Wille zur Geldbewegung und Vermögensvermehrung“, d.h. dem Fürsten ein Vermögen auszubauen, das dem Fürsten von Gott anvertraut ist. (nicht ganz sauber, s. meine Bemerkung zu den jüdischen Banken) 5 Boris Redlich Der Fürst ist die Inkarnation vernünftiger (das haben selbst die Fürsten nicht behauptet; Vernunft ist ein Begriff, der erst in der bürgerl. Aufklärung zu einem Kampfbegriff gerade gegen die Popen und Fürsten entwickelt wurde); Herrschaft und die Vernünftigkeit dieser Herrschaft ist philosophisch nachgewiesen und theologisch abgesichert. (nein!) Es ging – wie immer bei Herrschaft – um eine Legitimation; so lange die Religion alle knechtete, reichte es aus, sich auf den göttl. Willen zu berufen; sobald dies brüchig wurde, fingen selbst die Kirchenväter (Anselm) an, Glaube mit Vernunft zu identifizieren; Der Fürst ist der Staat! Er wird zum Inbegriff des oikos. (hier kann man den Begriff aus einem ganz anders gearteten Wirtschaftssystem nicht verwenden, denn dies würde die hist. gewachsenen Unterschiede von ca. 1.500 Jahren nivellieren; wissenschaftl. arbeiten heißt, die Historizität der Begriffe zu beachten) Die Herrschaft der Vernunft wird zur Bestätigung der Herrschaft des Geldvermögens. (nein, vgl. o.: Juden) Die Geldbewegung ist personell nicht mehr an die Herren und Philosophen, sondern an den Herrn und Fürsten gebunden, durch den sie repräsentiert wird. (nein, ganz und gar nicht: wir werden, denke ich, vom christl., europ. Mittelalter; der Katholizismus verbot – unter Berufung auf Arist. – das unnatürliche Geld-heckendes-Geld -; die Juden durften Bankgeschäfte machen, die den Christen verboten waren; entweder lieh sich der Fürst von den Juden Geld oder – wenn er nicht zurückzahlen konnte – startete er ein Pogrom); Die „Wirtschaft“ hat laut Zincke die Bedürfnisse und Güter so in Einklang zu bringen, dass das Vermögen ständig vermehrt wird. (zu ungenau: wessen Bedürfnisse? wessen Güter? für wen? wer war die Wirtschaft? – ich befürchtete, dass in diesem Kapitel Quatsch, hist. Unhaltbares steht) Der Wertcharakter von „gut“ wird somit dem Vermögens- und Geldzirkulationscharakter zurückgestellt. (unverständlich) Das „gut wirtschaften“ geht schon erkennbar über die Bedürfnisbefriedigung hinaus. Es besteht in der Bildung von Vorrat und Überfluss, welches man Reichtum nennt. (ne: Vorratssicherung gab es seit dem es Menschen gibt; es geht hie rum etwas Anderes: ges. erzeugter Reichtum (Bauern, städt. Handwerker . Steuern, Abgaben) wird ausschließlich vom Fürsten konsumiert; modern geredet: Natürlich wird Mehrwert erzeugt, der wird aber abgeschöpft von einer Familie; um dies zu optimieren wird die sog. Cameral-„Wiss“ eingeführt – das ist schon das ganze Geheimnis! Dieses „gut wirtschaften“ benötigt eine wissenschaftliche Anleitung, die die Cameralwissenschaft darstellt. Diese Wissenschaft muss nach bestimmten Grundregeln betrieben werden, wie z.B. Gesetze zu erschaffen und nach Regeln und Maximen zu leben. Dazu bedarf es einer „gelehrten Wissenschaft“. (das ist zu hochtrabend, hat mit der Realität nichts zu tun: Unsere Freunde, die in den fürstl. Kammern sitzen, mussten Schreiben können und die Grundrechenarten beherrschen; um die Zeit von Luther wurde dann noch die doppelte Buchführung eingeführt; nochmals: das hat mit Wissenschaft nichts zu tun, sondern mit fürstl. Administration! Sollte die Wissenschaft nicht über ein solches „System“ verfügen und nur platt und seicht betrieben werden, so wäre dies schändlich und es würde nur unechte Cameralisten ohne Gottesfurcht hervorbringen. (Quack) Zincke wollte eine nach Grundsätzen strukturierte Theorie hervorbringen, die er durch die Schaffung einer „Cameralisten- Bibliothek“ fundieren wollte. So wollte er die Abstraktion von Leben und Leiblichkeit wissenschaftlich postulieren. (DoppelQuack)(denn: welche Relevanz hat dies? für unser Thema? was hat das mit der UPhilos. zu tun? das sind doch nur Dönekens) Der philosophische Anspruch bleibt bestehen, der Stellenwert der Empirie wird theoretisch bestimmt. (Quack: Empirisch wurde überhaupt nicht gearbeitet, das gab es erst im späten 18. Jh. bei den Biologen) Die Cameralwissenschaft muss dazu einer beständigen Differenzierung nachkommen und entsprechende Instrumente „erfinden“. Das sind zunächst die „Policey- Gesetze“ und die „Policey- Anstalten“. Die Herkunft dieser „Policey“ stammt vom antiken Begriff polis, erhält aber eine instrumentelle Bestimmung. (ja, schwarze Sheriffs, um die Steuern zu erheben und einzutreiben – was hat das mit Wiss. zu tun?) Die Differenzierung der Bedürfnisse innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft beständigt sich, die Differenzierung in notwendige und nicht-notwendige Güter als Luxusgüter setzt sich ebenso fort wie die Bedürfnisdifferenzierung nach 6 IV. Standesnotdurft. (was heißt das? irgendwann, nach der letzten großen Pest, hat sich auch im christl. Zentraleuropa eine Steigerung des BSP feststellen lassen, eine Erhöhung der Produktivität, d.h. eine Erhöhung des ges. Reichtums; nun ging die Rangelei los, welcher Stand wie viel vom größer gewordenen Kuchen abbekommen sollte; das sollte schön brav mit Hilfe der Grundrechenarten und polit. Prioritätssetzungen administrativ durchgesetzt werden; wer dieses Recheninstrument eine „Wiss.“ nennt, hat einen an der Schüssel – wahlweise „Kappe“; Die Situation der Stände stellt sich genauso wie die Situation in der Antike dar, nur unterscheidet man nun zwischen „Leibeigene und Tagelöhner“ und „höhere Stände“. (die Differenz ist erheblich; nach Marx: es macht einen gewaltigen Unterschied – ökon. – aus, ob jemand mit Haut und Haar, sein ganzes Leben lang Sklave ist oder nur stundenweise „hörig“ ist; denn in der verbliebenen Zeit kann er „frei“ für sich arbeiten: Folge: Die Überflussgesellschaft (Begriffe: die hat es nie gegeben, das ist tendenziös, manipulativ; es gab ges. erzeugten Reichtum, basta!) vermag sich zu entwickeln. Die soziale Differenzierung der Bedürfnisse scheint, ebenso wie in der Antike, „nach göttlicher Ordnung“ zu bestehen. (nein: das war bei den Griechen keine göttl. Ordnung im christl. Sinne; das war Kultur der Sippe, die jeweils Familiengötter hatte) Damit ist für die unteren Stände das Gute zugleich in der Not aufgegeben (sehr lyrisch und deshalb? sehr unverständlich – für ein ökonom. Werk äußerst merkwürdig). So legitimiert sich durch die Moral die herrschaftlich abgestufte Geldund Vermögensakkumulation. (Gemeinplatz: das ist doch immer so, dass bei bestehenden ungleichen Vermögensverteilungen, die Unterschiede moralisch (ethisch, religiös, rassistisch etc.) versucht werden zu legitimieren – das ist aber ein ganz anders Problem) Die Differenzierung erfasst auch die Arbeit selbst. Die Produktionsformen und –stufen verändern sich und breiten sich aus. Die Arbeitsteilung wird notwendiger. (ne, ganz und gar nicht; der Leser gewinnt den Eindruck, dass der höhere Kapitalbedarf der Fürsten sich so auswirkte, dass Landwirtschaft und Handwerk blühten – so einen Totalquatsch habe ich noch nie gehört; umgekehrt: der Bauer, der gut arbeitet ist blöd, weil er auf Grund des geschaffenen Mehrwertes fürstliche Begehrlichkeiten weckt! Der telos (Ziel) bleibt auch in der bürgerlichen Gesellschaft weiterhin „das Wahre und Gute“. (Moment: in der bürgerl. ges. sind wir noch nicht; die Begrifflichkeit ist hohl und dumm; wiss. arbeiten heißt, die Begriffe sorgfältig definieren (= abgrenzen von...) Die Wende: von der Bedürftigkeitsvergessenheit (man merkt’s an der Wortwahl: der Verf. ist ein von den Reaktionären Gehlen und Heidegger beeinflusst; wäre er wissenschaftlich ehrlich, hätte er seinen ideologischen Standpunkt explizit kenntlich gemacht) zur Bedürfnisvergessenheit - Der Aufbruch in die Neuzeit (Kapit.) und ihre dynamischen Bedürfnisse Boris Redlich Während Aristoteles die Instrumentalbetrachtung als zu „ordinär“ eingestuft hatte und sich ganz dem theoretischen System gewidmet hat, versuchte Zincke, beidem gerecht zu werden. Aber je mehr Differenzierung fortschreitet, desto subjektiver werden die Interessen der Bürger und umso schwieriger wird eine solch ganzheitliche Theorie wie sie Zincke verstanden hatte. Insofern war der Fürst einst das einzige gesellschaftliche Subjekt und damit zugleich auch das personifizierte Kapital. Er war als Fürst Inbegriff von Geld und Geltung, höchste Legitimation in der realen Welt. Mit fortschreitender Differenzierung der Bedürfnisse verliert aber diese Institution ihre gesellschaftliche Legitimität, ihre einheitsstiftende Kraft. Insofern geht die Wende als neuzeitliche Aufklärung der Herausbildung des Selbstbewusstseins aller Bürger Hand in Hand mit dem Übergang von der ursprünglichen Bedürftigkeitsvergessenheit zur Bedürfnisvergessenheit. Denn im Zeichen dieser Wende stehen die Bedürfnisse im Rampenlicht, später holt sie der Schatten der Vergessenheit ein. Seit der französischen Revolution befindet sich auch de deutsche Gesellschaft im Umbruch, wenn auch etwas behäbiger als die französische, bedingt durch die deutsche Viel- und Kleinstaaterei. 7 Boris Redlich Diese Zeit ist, laut Baumstark, für die Herausbildung des „Kameralwesens“, also der frühen Wirtschaftswissenschaft, von besonderer Bedeutung. Zeigen sich doch schon im 13ten Jahrhundert Spuren der Auflockerung des Feudalwesens Diesem „Wandel der Kategorien“ gilt es weiter nachzugehen. Baumstark relativiert den Einfluss der Smithschen Theorie für die deutsche Theorieentwicklung. Den harten Kern seiner Theorie bezeichnet er als „philosophische Entwicklung des kameralistischen Systems“. Zentrale Frage seiner Konzeption: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Gütern und Bedürfnissen? Strukturelle Bedürfnisdifferenzierung zwischen subjektiv und objektiv. Subjektiv = die „wahren“ Bedürfnisse ; objektiv = die, die „nach seinem Anerkenntnisse bestimmt sind“, also nur ein Spiegel der Subjektivitätserfahrung, die durch die Person bestimmt wird. Da die objektiven Bedürfnisse mittelbar sind, werden sie tendenziell die subjektiven Bedürfnisse verdrängen, bis diese in Vergessenheit geraten. Baumstark unterscheidet die Güter in Arten: Innere Güter, die im Menschen oder in der Natur erzeugt werden, äußere Güter, die außerhalb des Menschen oder nicht in der Natur erzeugt werden, materielle Güter, d.h. körperlich physische Gegenstände oder immaterielle Güter, d.h. äußere Güter ohne körperliche Natur. Das „uneigentliche Übergehen“ ist die Transzendenz der Bedürftigkeit zur Kapitalbewegung, die sich zunächst als Güterbewegung zu erkennen gibt. Innere Güter sind die Vernunft, die innere Freiheit, Religion, Tugend, etc., sachliche Güter sind alle rohen und veredelten Erzeugnisse der Natur, die dem Menschen unterworfen sind. Körperlose Güter sind alle Verhältnisse und Umstände, welche dem Menschen für die Förderung seiner Zwecke dienen. Für Baumstark sind auch die Unterscheidung von „Wert“ und „Wirtschaft“ wichtig: Der Grad der Tauglichkeit eines Gutes für menschliche Zwecke ist dein Wert. Die Tätigkeit des Menschen zur Beischaffung, Erhaltung und Verwendung von Vermögen heißt Wirtschaft. Die systematische Darstellung der Grundsätze und Regeln von der Wirtschaft ist die Wirtschaftslehre oder Kameralwissenschaft. Baumstark unterscheidet als erster in „allgemeine Wirtschaftslehre“ und „besondere oder auch spezielle Wirtschaftslehre“. Zu den besonderen gehört u.a. die Volkswirtschaftslehre, Gewerbslehre und Landwirtschaftslehre, die „allgemeine Wirtschaftslehre“ bildet das „philosophische System der Ökonomie. In der Erwerbslehre, mit der die allgemeine Wirtschaftslehre beginnt, stehen die Bedürfnisse zentral im Vordergrund. Bedeutsam sind jetzt nur noch die „wirtschaftlichen Bedürfnisse“. Damit wandeln sich die ökonomischen Begriffe und Kategorien erheblich. Die Abhängigkeit des Menschen vom „Verkehr“ hat es als „Abhängigkeit“ in der Antike noch nicht gegeben. (nein!) Dort war der oikos immer eine autonome Wirtschaftseinheit, dieser Zusammenhang geht hier verloren. (nein!) Damit ist aus der scheinbar bloß subjektiven Notwendigkeit eine objektive geworden. Die Bedürftigkeitsvergessenheit hat sich in dieser Gestalt manifestiert. Mit diesem Grad der Abhängigkeit ist zugleich auch die Theorie der relativen Deprivation formuliert (wie das? Blödsinn). Sie ist keine Erkenntnis der heutigen Sozialwissenschaften wie Baumstark immer behauptet. Wirtschaftliche Bedürfnisse sind solche, die bloß wirtschaftliche Güter betreffen. Sie sind sowohl Natur- als auch Verkehrsbedürfnisse. Die Verkehrsbedürfnisse realisieren die metaphysische Dimension. (richtig) Der neuzeitliche Staat ist nicht mehr Gegenpol zur Ökonomie, der Staat wird vielmehr zum Garanten (Euphemismus!) der neuzeitlichen Produktion. Zugleich spaltet sich der Produktionsbegriff: Er zerfällt in „technische Produktion“ und „wirtschaftliche Produktion“ zur besseren Akzentuierung der Bedürfnisse und Güter. Damit wird die prinzipielle Indifferenz der Ökonomie in Hinblick auf die von ihr hervorgebrachten Güter und die zugrunde liegenden Bedürfnisse offenkundig. Es erfolgt eine strukturelle Differenzierung der Bedürfnisse in Hinblick auf „Produzenten“ und „Konsumenten“. Das Kapitalinteresse schiebt sich immer mehr in den Vordergrund der ganzen ökonomischen Bewegung. Konsumenteninteresse muss eigens und explizit formuliert 8 V. werden, was schon auf eine beginnende Bedürfnisvergessenheit hinweist, die sich in der Neuzeit vollzieht. Die Grundkategorien der Ökonomie werden „Kapital“ und „Arbeit“. Die Zweckbestimmung der Güter ist nun im Sinne der Kapitalbewegung differenziert. Die Grundlage des Erwerbs, also die Produktion, muss dem Ziel der Selbstvermehrung als Selbstzweck dienen, denn sonst gereichen die Güter bloß zum „toten Kapital“. „Fixes Kapital“ ist die erste Verselbstständigung des Kapitals. „Fließendes Kapital“ ist hingegen jenes, was die Kapitalbewegung äußerlich sichtbar macht. Der Markt war in der Antike noch ein Ort, an dem sich die handelnden Personen persönlich gegenüberstanden. Nun sind es die anonymen Größen „Angebot“ und „Nachfrage“, in denen sich die Wert- und Güterstruktur anonym vermittelt. Damit vollzieht sich zugleich die Universalisierung des Kapitals. Der Preis wird dabei zur allumfassenden öffentlichen (ne! Größe der privatwirtschaftl. Konkurrenz!) Größe, er erhält die objektiven und subjektiven Bestimmungsfaktoren gleichermaßen. Er ist die Synthese beider Faktoren. Die Keimzelle des marktwirtschaftlichen Ansatzes ist in der ökonomischen Theorie formuliert. Die ursprünglichen Zwecksetzungen des ökonomischen Tun zur Erlangung des vollkommenen Lebens und der Glückseligkeit geraten vollends in den Hintergrund. Dies prägt die Instrumentalisierung der ökonomischen Theorie. Folge: Verlust an philosophisch- historischer Kompetenz in der ökonomischen Theorie. (Quack!) Der Wandel von der bedarfsorientierten Produktion zum produktionsbedingten Bedarf- Die privatwirtschaftliche Bedürfnismaxime Boris Redlich Übergang von „Neuzeit“ zu „Moderne“: Die Ökonomie wurde zur bedarfsbedingten (ne! zur bedarfserzeugenden!) Marktproduktion, die sich in der „Moderne“ ihrer ersten Stufe einer Vervollkommnung zum produktionsbedingten Bedarf nähert. Die Produktion ist nun sich selbst bezweckende unendliche Kapitalbewegung geworden. Die Unternehmung ist jetzt der oikos und das Ziel(telos) ist ausschließlich die Produktion von Wert. Die Baumstarksche private Erwerbslehre wird von Rieger als ihrem letzten bedeutenden Vertreter zu einer allgemeinen Privatwirtschaftslehre weiterentwickelt. Einer sich selbst bezweckenden Produktion stehen die selbst widersprechenden Bedürfnisse der Konsumenten gegenüber. Der Zerfall der Bedürfnisse ist eben nur durch die Integration, durch Verhaltensmanipulation auf die Zwecke der Produktion leistbar, insofern ist die Verhaltenstheorie eine durchaus subtile „ökonomische“ Theorie. Rieger konstituiert die Unternehmung über die Kategorien Geld und Geldrechnung: „In der Geldwirtschaft wird durch das Geld gemessen und jedermann kann das Ergebnis kontrollieren“. Die strukturelle Differenzierung zwischen Produzent und Konsument ist die Voraussetzung der Bedürfnisvergessenheit. Der Unternehmer muss sich dem Willen des Marktes beugen. Der Wille des Marktes ist jetzt allgemeines und anonymes Antriebsmoment. Der Konsument beurteilt die Neuproduktionen in Kauf- oder Nichtkaufentscheidungen und begünstigt somit oder auch nicht diese Produktion. Anonymität der Tauschpartner kommt auf. Produktion und Reproduktion müssen notwendigerweise als förmlich getrennte Sphären in Erscheinung treten, da durch die Differenzierung der Parteininteressen sich auch die Träger spalten. Es wird nicht mehr in Gütern, sondern in Geld gedacht, vom Geld wird das wirtschaften dirigiert → „money makes the world go round“. Bunte empirische Vielfalt kommt auf und der einzelne Unternehmer muss Marktforschung betreiben, um Ordnung zu schaffen im Wirrwarr der unaufhörlichen, einsamen Kapitalbewegung. Rechenbarkeit ist es, die zum zu erforschenden Kriterium wird. Nicht die Bedürfnisse, sondern die Wirtschaftlichkeit ist die Leitfrage der Instrumentalisierungsbemühungen. Die Unternehmung ist ausschließlich auf Wertmaximierung (Absatz und Gewinn) hin orientiert, egal mit welchen Mitteln (Waren) dieser Zweck erreicht wird. 9 VI. Inhalte spielen keine Rolle mehr, denn eine Bewertung durch den Markt findet nicht statt, der Einzelne trägt die (auch moralische) Verantwortung. Ziel des Kaufmanns ist es immer noch den Wünschen der Allgemeinheit zuvorzukommen, er muss sich dazu aber in den seltensten Fällen mit dem Verbraucher direkt in Verbindung setzen. Die Marktordnung ist das Maß von moralischer Qualität, die im anonymen Markt zum Ausdruck kommt. Diese Wirtschaftordung bewirkt, dass sich der Mensch aus der Unbekümmertheit und Unabhängigkeit zum Gesellschaftsmenschen wandelt. Die Privatwirtschaftslehre ist zur Theorie der sich selbst bezweckenden Kapitalvermehrung geworden und alles, was nachprüfbar ist, ist dieser Bewegung unterworfen. (endlich mal ehrlich!) Die Entscheidung im Geldbetrag ist die letzte erreichbare ökonomische Instanz. Es bleibt dem einzelnen überlassen, zu entscheiden, was seinem Leben Inhalt und Richtung gibt (ne!). Das Glück der Menschen fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Wissenschaft. Sie stellt aber Fragen, auch nach wissenschaftlichen Modezyklen. Folge: Der Mensch ist auf Erden, um die Wirtschaftlichkeit zu fördern! (tolles Ziel, wenn man sich darüber im Klaren ist, wessen Wirtschaftlichkeit!) Die produktionsbedingte Bedarfslehre- Das Primat der Produktion Boris Redlich In der Privatwirtschaftslehre der Unternehmerunternehmung ist zwar der Wandel von der bedarfsbedingten Produktion zum produktionsbedingten Bedarf bereits vollzogen, seine Vollendung findet er jedoch in der Gutenbergschen Theorie der reinen Kapitalunternehmung. Unternehmung = Ergebnis eines zielstrebigen, die Güter unter einem einheitlichen Zweck zusammenfassenden Willens. (Quack, da internat./lokale etc. Konkurrenz ausgeblendet werden) Gutenberg konstituiert die vollkommen funktionierende Unternehmung als Idee, der Begriff „Bedürfnis“ kommt in dieser Theorie nicht vor. Gutenberg betrachtet die Unternehmung als einen Komplex von Quantitäten: Kapitalbewegung. Die Unternehmung muss auf Veränderungen reagieren, diese werden als Daten bezeichnet. Auf Grund der Fülle der Möglichkeiten betriebswirtschaftlicher Lebensäußerungen, ist es unübersehbar, dass es schwierig ist, zu generellen betriebswirtschaftlichen Sätzen überhaupt zu kommen. Die Unternehmung ist nicht von Natur aus da. Sie würde überhaupt nicht existieren, wenn die Menschen fehlen würden, die sie schaffen. (ergreifend schlau! primitiver geht es nicht) Da sie dem Willen menschlicher Zwecksetzungen prinzipiell zugänglich bleibt, ist sie veränderbar. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Ausdruck eines betriebswirtschaftlichen Umwandlungsprozesses von Geld in Ware und wieder in Geld (G-W-G) ist das betriebswirtschaftliche (nein! wenn schon Marx zitiert wird, dann richtig: dies ein gese. Gesetz, dem das betriebswirtschaftl. unterliegt!) Grundsystem. Nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip wird überall geschaffen und gehandelt, wo ein Umwandlungsprozess von Geld in Ware und wieder in Geld vorkommt. Ertragsprinzip(„mehr Geld“) und Wirtschaftlichkeitsprinzip sind an sich nicht gleichgestellt. Das Kapital ist die Instanz, auf die alle Güter in der Unternehmung beziehbar sind. Die Preise geben die Kapitalquoten an, die auf die einzelnen Güter entfallen. Eine Unternehmung kann man als einen Komplex von Quantitäten bezeichnen, die in gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnissen voneinander stehen (funktional gebunden sind) und Quoten an einem Kapitale darstelle, das an einer Stelle in einem gesamtwirtschaftlichen Prozess eingesetzt wird. Der Vermögens- und Kapitalbereich eines Unternehmens werden durch den betrieblichen Umsatzprozess verknüpft. Dieser besteht aus den drei Kapitalbewegungen Beschaffung, Produktion und Absatz. Die Unternehmung wird z einem Gebilde ökonomischer Macht. Änderungen der Nachfrage produzieren Reaktionen im Eigensektor, die ausschließlich in ihrer quantitativen Dimension, also als quantitative Veränderungen der Kapitalquoten in der Unternehmung, thematisiert werden. In diesem Sinne kann man von einer unmittelbaren Reaktionsschicht in der Unternehmung sprechen. 10 VII. Diese Reaktionsschicht bilden die Kostensphäre und die finanzielle Sphäre einer Unternehmung. Die Unternehmung stellt den Preis. Die Nachfragetendenz ist ihr dabei unbekannt. (dann gäb’s keine Marktanalysen, keine Beeinflussung / Manipulation des Marktes, der Konsumentenbedürfnisse) Und wenn nun doch Erfahrungen vorliegen, so muss sie sich dieser Erfahrungswelt anpassen. Einerseits verhält sich die Unternehmung reaktiv, d.h. sie passt sich auf Veränderungen der Daten in den Außensektoren an. Andererseits greift das Unternehmen aktiv gestaltend auf die Verhältnisse in Absatzmärkten ein. Im Enderfolg besteht allerdings kein Unterschied mehr. Eine Preisstellung ist dann „richtig“, wenn zwischen Absatzmenge, Offertpreis und Kostenhöhe ein solches Verhältnis besteht, welches ein Maximum an Ertrag gewährleistet. Damit sind drei Elemente einer Theorie der Offertpreise gegeben: 1. Kapitaldisposition der Unternehmung zum Zeitpunkt des Produktverkaufs, 2. Absatzelastizität des Verkaufsgutes und 3. Realisation des Ertragsmaximums unter den gegebenen Bedingungen. Ergebnis: Bei einer bestimmten Konstellation der Daten soll ein Maximum an Gewinn oder ein Minimum an Verlust erreicht werden. Das Kardinalproblem der Absatztheorie bleibt die Preisstellung. Sie ist von der betriebswirtschaftlichen Gesamtsituation zum Zeitpunkt des Verkaufs eines Gutes abhängig. Das Marketing- Managementkonzept legitimiert sich über die Einbettung der Unternehmung in die Marktwirtschaft, indem sie der Unternehmung Verantwortung in der und für die Marktwirtschaft und damit für die Wirtschaftsgemeinschaft zuweist. Ergebnis: Um die Verhaltensdispositionen der Konsumenten in den Blick zu nehmen, verliert die Theorie des Konsumentenverhaltens den Gegenstand der Ökonomie aus dem Blick. Ergo: Verlust des Gegenstandes als Methode. Der Übergang von der produktionsbedingten Bedarfslehre zur Bedürfnisproduktion- Der Primat des Absatzes Boris Redlich Absatz ist, wie gezeigt wurde, der Absatz von produzierten Waren zum alleinigen Zweck der Gewinnerzielung, nicht aber die Bereitstellung von Gütern zur Befriedigung von Bedürfnissen. (ungenaue Def.) Der Primat des Absatzes gewinnt eine gewisse immanente Plausibilität: Bedürfnisproduktion will aktiv Marktbedingungen gestalten, Probleme antizipativ lösen und auftretende Widerstände bearbeiten. Er geht davon aus, dass der Absatzsektor gegenüber allen anderen Sektoren eine dominante Stellung einnimmt. Bedürfnisproduktion muss dann als produziertes Bewusstsein eines Wollen- wollens kommuniziert werden. Die Produktion der Bedürfnisse wird zur Notwendigkeit! Nur: Als Nicht- Unternehmer kann das Subjekt nicht Willensträger sein. Der Zwang zur notwendigen Kapitalbewegung wird als Bedürfnisproduktion offen kommuniziert. Geistige Neuorientierung, die schlagwortartig mit dem Begriff Marketing identifiziert wird = Marketing- Philosophie. Bedeutung: Produktion und Konsumtion werden nicht mehr länger als Daten, mehr noch, als Gegensätze und Teile eines Ganzen betrachtet, das seine Impulse vom Markt, genauer vom Verbraucher, erhält. Marketing- Wissenschaft wird als: 1. Lehre von der marktorientierten Unternehmensführung betrachtet, 2. Lehre vom Primat des Absatzes gegenüber anderen betriebswirtschaftlichen Funktionen ( wie z.B. Produktion oder Finanzierung), du 3. als Lehre von ökonomischen und nicht- ökonomischen Austauschverhältnissen, was einer Generalisierung bzw. Universalisierung des Marketing- Anspruchs entspricht. Als marktorientierte Unternehmensführungslehre gibt die Marketing- Wissenschaft vor, einen Beitrag in Gestalt von Managementtechnologien und Führungslehren zu leisten, damit alle betriebswirtschaftlichen Entscheidungen und Aktivitäten gemäß den gegenwärtigen und künftigen Erfordernissen der Märkte gestaltet werden können. Das Marketing beginnt also bereits mit der Erforschung der Bedürfnisse und der Planung der Produkte. Dabei sind die Absatzerwägungen allen vorangeschaltet. 11 VIII. Die systematische Anwendung der Antizipation und ihre Besetzung mit produzierten Waren wird zur Aufgabe der Marketingforschung. Eine völlige Annäherung an ein Leitbild, etwa das Ideal der Konsumentensouveränität wird ebenso wenig gelingen wie die Herstellung des vollkommenen Wettbewerbs. Marketing- Kontrolle wird notwendig: „Je stärker sich die Überzeugung durchsetzt, dass die Unternehmer nicht nur den Kapitalgebern verpflichtet sind, sondern auch eine gesellschaftliche Verantwortung tragen, desto mehr nimmt die Marketingkontrolle Züge des „social- auditing“ an. Darunter versteht man die Prüfung der Frage, inwieweit eine Unternehmung ihren gesamtwirtschaftlichen Verpflichtungen gerecht geworden ist“. Hierbei geht es um so elementare Forderungen wie Wahrheit in der Werbung, Angemessenheit der Preise oder Umweltfreundlichkeit. Durch staatlich initiierte Modifikationen der Rechtsordnung muss die Funktionstätigkeit der „gewünschten Wirtschaftsordnung“ gesichert werden. Es ist eindeutig: Die sich selbst wollende Kapitalbewegung setzt sich egoistisch durch, kann nicht abgebremst werden, daher kann so etwas wie Kontrolle nur von außerhalb ihrer selbst kommen. Bedürfnisproduktion heißt: die Notwendigkeit einer Gewährleistung des reibungslosen Kaufprozesses. Die Offenlegung der Determinanten des Konsumentenverhaltens, also die Bestimmungen bzw. Bestimmtheiten dieses Verhaltens, ermöglichen Antworten auf wenigstens zwei Fragestellungen, nämlich: 1. ob und wieweit kann es in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung zu einer systembedingten Benachteiligung der Verbraucher kommen? 2. Wie kann die Unternehmung bei Kenntnis des Konsumentenverhaltens dieses beeinflussen? Konsumentenverhalten kann demnach als Problemlösungsprozess und damit als Folge von Informationsgewinnung und -verarbeitung aufgefasst werden. Der Grad der Souveränität eines Konsumenten wird hauptsächlich dadurch beeinträchtigt, dass der Konsument das wahrnimmt, was er wahrnehmen will (und soll!), und nicht das, was ist. Bedeutet: Verbraucher sind nicht immer in der Lage den von ihnen erwarteten Beitrag zur Aufrechterhaltung eines ungestörten Wirtschaftsablaufs zu leisten. Der Konsument reagiert auf die wahrgenommene Welt, er agiert nicht in einer zu gestaltenden Welt. Marketing agiert als Werteproduzent, agiert als so genannter „change agent“, vermittelt neue kulturelle Werte. Bis auf gesellschaftliche Außenseiter können sich die meisten Menschen nicht den sozi- kulturellen Einflüssen der sozialen Kräfte der Umwelt entziehen. Somit erscheinen autonome Handlungs- und Verhaltensdispositionen regelmäßig nicht möglich zu sein. Die „Aufrechterhaltung der These von der Souveränität des Konsumenten“ muss daher als Ideologie bezeichnet werden. In einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung kommt es zu einer systembedingten Benachteiligung der Verbraucher. Der Bedrohung der Unternehmung durch Einstellungen und Überzeugungen von individuellen Persönlichkeiten ist durch bewusste oder unbewusste Beeinflussung des Konsumentenverhaltens zur Sicherung der Unternehmensinteressen zu begegnen. „Künstliche Aufrechterhaltung von Bedürfnissen“ und „Schaffung neuer Bedürfnisse“ machen nun sehr deutlich, dass der Übergang vom produktionsbedingten Bedarf zur Bedürfnisproduktion seiner Vollendung zustrebt. Bedürfnisproduktion: Abbildung von Bedürfnissen als Verhaltenswissenschaft Boris Redlich „Philosophie heißt Firmenidentität und mit diesem Selbstverständnis soll eine größte Kundennähe ausgedrückt werden. Das bedeutet über die Probleme der Kunden noch mehr zu wissen, als der Kunde selbst.“ (Henkel KgaA) Hauptwerk dieses Abschnitts: „Konsumentenverhalten von Kroeber- Riel. Die Versuche der Philosophen, die Annahme eines freien menschlichen Willens wortverkleidet den Menschen plausibel zu machen, sind gescheitert. „Der Mensch könne, wie Tiere beim Experiment, gedrillt und abgerichtet werden.“ Hauptwerk des „Konsumentenverhaltens“: Die „Lehre von der Einengung der menschlichen Willensfreiheit“ mit der Hauptthese: Der Schein von der Realität wird als 12 IX. die Wirklichkeit dargestellt. Dies bedeutet die Erfahrung einer „stets nur manipulierten Freiheit“. Der Kroeber- Rielsche Theorieansatz ist Ausdruck einer fortgeschrittenen Subjektivierung. Subjektivität heißt hier nunmehr vor allem auf den einzelnen Forscher hin vereinzelte Legitimation dieser Forschung selbst. Die oben genannte Theorie kritisiert vor allem an der von Gutenberg genannten Absatztheorie, dass sie 1. nicht interdisziplinär sei, sondern ihr Ziel vielmehr die Formulierung einer rein ökonomischen Theorie sei. 2. sei sie modelltheoretisch, d.h. liefere fast keine empirischen Hypothesen und 3. sei sie nicht pragmatisch orientiert. Die pragmatische Einstellung verunmöglicht dabei die empirische, da sie diese eindeutig auf anwenderorientierte Instrumentalisierung hin verkürzt. Sie lässt sich auch nicht empirisch herleiten. Dies zeigt ein Defizit an Legitimationskraft und verhindert eine Reflexion in eigener Sache. Weitere Kritik äußern Kroeber/Riehl indem sie anprangern, der wissenschaftliche Nachwuchs sei lange Zeit in einer empirischen und verhaltenswissenschaftlichen Forschung abträglichen Weise programmiert worden. Die Eindeutigkeit dieser Zielsetzung soll noch einmal deutlicher gemacht werden und hervorgehoben werden: „Die Konsumentenforschung ist eine angewandte Verhaltenswissenschaft. Sie hat das Ziel, das Verhalten der Konsumenten zu erklären, d.h. Gesetzmäßigkeiten über das Verhalten zu formulieren und zu prüfen sowie an die Praxis weiterzugeben. Der Mechanismus von Reiz- und Reaktionsvollzügen soll in entsprechenden mechanisierten Gesetzmäßigkeiten erfasst werden, d.h. für die angewandte Verhaltensforschung festzustellen: Reize führen zu Aktivierungen und Aktivierungen bedingen Reaktionen. Zur Konsumentenforschung sollen alle Wissenschaften zusammengefasst werden, die sich auf das menschliche Verhalten beziehen. Die Marketingforschung etabliert sich neben der eigentlichen Ökonomie als interdisziplinäre Wissenschaft. Die Beurteilung der interdisziplinären Wissenschaften wird mehr oder weniger daraus resultieren „ob etwas dabei herauskommt“. Sie werden somit danach beurteilt, ob sie einen Beitrag zur Problemlösung leisten. Kroeber/Riehl beklagen einen Mangel an systematischer Anwendung von verhaltensorientierten Sozialtechniken. Die Gründe dafür sind folgende: 1. die negative Einstellung vieler Praktiker zur Verwendung von Sozialtechniken und 2. die Vielzahl von gesellschaftlichen Mechanismen, die den Transfer behindern. Hier macht sich der Verlust ökonomischer Zusammenhangstheorie bemerkbar. Kroeber/Riehl fordern die Wissenschaftler selbst auf, die Interessen zu diskutieren, die bei der Verwendung ihrer sozialwissenschaftlichen Forschungsergebnisse wirksam werden. Systematisch wird der Theorieanspruch auf die ‚Einzelheit der Erscheinung reduziert. In der Marketingforschung muss die Ökonomie erst noch in einbezogen werden und die Konsumentenforschung stellte einen in doppelter Weise von der Ökonomie losgelösten und interdisziplinären Forschungsbereich dar. Als Ergebnis der immer weiter zunehmenden Subjektivierung bleibt: Wir alle werden immer mehr zu Wissenschaftlern, die immer mehr von immer weniger wissen. Durch die Figur des Menschen als „Informationsverarbeitungsmaschine“ steht uns die „Destruktion des Subjekts“ bevor, die Entkopplung von Bewusstsein und Gegenständen dieses Bewusstseins, die nunmehr aus der ursprünglichen Erfahrung zu verschwinden drohen. (ist nur eine, nämlich die postmoderne Theorie) „Konsumentenverhalten“ wird nun immer mehr zur wissenschaftlich begründeten Disziplin, die den Individualismus in Wirklichkeit mehr und mehr zerstört. Marketing = Philosophie: Managementwissen der Gegenwart Boris Redlich Die Notwendigkeit einer ganzheitlich orientierten Marketingtheorie ist eine unmittelbar praxisrelevante Aufgabe: der Marketingwissenschaft. Der Verlust an zusammenhangskonstituierender Theorie hat zu deutlichen Reflexionsverlusten und damit zu einem Mangel an Orientierungsmöglichkeiten für praxisbezogenes Handeln als Management gegenwärtiger und zukünftiger Entwicklungen geführt. 13 X. Die praktische Aufgabe der heutigen Wissenschaft besteht im Vordenken gelingender Ökonomie und das heißt, im Aufzeigen begrifflich relevanter Handlungsmöglichkeiten und nicht in der bloßen Produktion von mehr oder weniger beliebigen Einfällen. Marketingwissenschaft muss sich ihre Aufgabe wieder im Grundsätzlichen, im Aufsuchen der Begriffe und des Kategorienwandels, suchen. Denn wer sollte ihr sonst nachgehen? Den Verlust des philosophischen Denkens in den Fachwissenschaften gilt es wieder einzuholen und auszugleichen. Dies soll eine genuine Managementaufgabe sein im Sinne philosophischer Tradition. Dies ist die strategische Aufgabe von Marketing = Philosophie. Der Wandel von der Produktionswirtschaft zur Kommunikationswirtschaft Boris Redlich Gegenwärtig beginnt sich ein Wandlungsprozess zu vollziehen, der mehr fordert, als die Marketingwissenschaft bereithält. Dieser Wandlungsprozess ist der Wandel von der Produktionswirtschaft zur Kommunikationswirtschaft. Und die Kommunikationswirtschaft vollendet die Produktionswirtschaft zu ihrer bislang entwickelsten Form: der Informationswirtschaft. Sie beginnt keineswegs erst mit den so genannten „neuen Medien“ bzw. mit den Informations- und Kommunikationstechnologien, sondern hat ihren Grund in der historisch- systematischen Veränderung der Marktgesellschaft. Kommunikation gelangte im Verlauf der Geschichte immer mehr unter den Duktus einer ökonomisch funktionalisierten Gesellschaft. Diese Institutionalisierung hat auch die Qualität der Bedürfnisse bestimmt und verändert. Gegenwärtig stehen wir an der Schwelle der empirisch- institutionellen Universalisierung dieser Entwicklung und befinden uns damit im Übergang in die sich ausdifferenzierende Entfaltung der eigentlichen Informationsgesellschaft. Folge: eine technische Mediatisierung des kommunikativen Handelns bei gleichzeitiger ökonomischer Funktionalisierung. Im ökonomischen Sinne ist die Informationsgesellschaft wesentlich Kommunikationswirtschaft. Die sich entwickelnde Kommunikationswirtschaft ist die bislang höchste Entwicklungsstufe der Industriegesellschaft. Industriell wird nämlich jetzt auch die Kommunikation. Kommunikatives Handeln wir strukturell grundsätzlich von ökonomischen Austauschbeziehungen ununterscheidbar. Das kommunikative Handeln ist zunehmend dominanter an dieses Verhältnis von Ökonomie und Technik geknüpft. Die Technik nimmt, im Gegensatz zu den bisherigen historischen Entwicklungsstufen, den Stellenwert eines Hilfsmittels, eines Werkzeugs ein. Waren bislang Technik und Kommunikation eigenständige Sphären, so verschmolzen sie nunmehr zu einer instrumentalisierten Form von Austauschprozessen. Diese Form ist die Mediatisierung der Kommunikation durch technische Instrumentalisierung. Durch die Entkoppelung der Kommunikation von den unmittelbaren persönlichen Austauschprozessen wurde die anonyme Massen- Marktgesellschaft erst möglich. Die Anonymität der Tauschpartner wird zum vorherrschenden Kommunikationsprinzip, das allerdings technisch erst überbrückt werden musste, damit der Austausch gelingt. Die Preise regeln nun die anonymen Austauschprozesse. Die Informationsverarbeitungsvorgänge und das äußere Verhalten des Menschen werden durch Befehls- und Instruktionsfolgen, die kognitiven Programme, gelenkt. Die Reflexionsfähigkeit nimmt ab, zugunsten eines immer mehr und mehr reflexgesteuerten Verhaltens. Der Kern der Entwicklung liegt in einer vergegenständlichten Informationsstruktur, die sich als ein kontingenter Rahmen für marktliche Austauschprozesse darstellt. Austauschprozesse sind aber nun außerhalb dieser Mediatisierung nicht mehr denkbar und möglich. Kommunikation wird selbst zur Ware, zu einem käuflichen Gut. Austauschprozesse werden damit schon bei ihre kommunikativen Zustandekommen kostenpflichtig. Bisher war nur das Objekt des Tausches bewertet, nicht aber der interaktive Prozess des Tausches selbst. 14 Boris Redlich Es fallen zunächst Kosten für Endgeräte und Gebühren an, die jeder Teilnehmer zu entrichten hat, wenn er am marktlichen Austauschprozess teilnehmen will. Sodann wird der Abruf von Informationen kostenpflichtig, denn auf mittlere Sicht werden solche Leistungen weder von öffentlichen noch privaten Anbietern kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Es zeichnet sich ein neues Tätigkeitsfeld für Marketingtheorie und –praxis ab: Informations- bzw. Kommunikationsmarketing. Kauf- und Vorstellungssituationen ändern sich, da die Ware nicht mehr im Kaufhaus gekauft werden muss, sondern ein Abbild der Ware ins Wohnzimmer gebracht wird und so der Kauf zustande kommt. Die integrierte Mediatisierung von Individual- und Massenkommunikation ist die strukturelle Grundlage der Kommunikationswirtschaft. Sie wird die Kommunikationswirtschaft qualitativ verändern. Durchgängige Mediatisierung und ökonomische Funktionalisierung stoßen sich noch partiell am Eigensinn der kommunikativen Subjekte. So verbleibt dem Marketing in der Kommunikationswirtschaft das Management dieser philosophischen Reserviertheit: Marketing = Philosophie. 15