Erol Yildiz/Marc Hill (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) Ein neuer Blick: Das Postmigrantische Durch Migrationsbewegungen entstehen vielfältige Formen der Mobilität, die verschiedene Orte miteinander verbinden und somit auch transformieren. In der Folge entwickeln sich andere Räume, die als „Heterotopien“ (Michel Foucault), „Soziosphären“ (Martin Albrow), „hybride Welten“ (Elka Tschernokoshewa) oder „imaginäre Geografien“ (Edward Said) interpretiert werden können. Die Entstehung von neuen Räumen durch den Zusammenschluss von exogenen Einflüsse mit der lokalen Praxis vor Ort ist ein alltäglicher Vorgang in den Städten. Im Fokus der Betrachtung stehen Alltagswirklichkeiten und marginalisierte Perspektiven, die einerseits für ein neues Konzept der Migrationsgesellschaft und andererseits für die Verortungsprozesse migrantischer Bevölkerungsgruppen relevant sind. Aus der Umkehrung des Blicks wird sichtbar, wie unter Dominanzverhältnissen kreative und widersprüchliche Lebensentwürfe sowie Strategien zur gesellschaftlichen Selbstverortung entwickelt werden. So können soziale Praxen, die aus der hegemonialen Perspektive desintegrative Momente darstellen, ein innovatives Potenzial entfalten, das für die betroffenen Lebensentwürfe konstitutiv sein kann. Gerade Migrant_innen der zweiten und dritten Generation setzen sich beispielsweise sowohl mit der Migrationsgeschichte ihrer (Groß)Eltern, als auch mit der Gesellschaft, in der sie aufgewachsen sind, auseinander und initiieren damit einen reflexiven Prozess. In dieser Re/De/Konstruktionsarbeit betreiben sie eine Art „Erinnerungsarchäologie“ und versuchen andere Geschichten, die bisher nicht erzählt wurden, in das öffentliche Gedächtnis zu bringen. Diesen Akt der Erzählungen, die Interpretation der zurückliegenden Einwanderungsgeschichte und die verschiedenen Formen von Selbstverortungspraxen der Nachfolgegenerationen möchten wir „postmigrantisch“ nennen. Dabei geht es nicht mehr um Eindeutigkeit und binäre Zuordnungen, sondern um Überschneidungen, Grenz- und Zwischenräume, um Kreuzungen und simultane Zugehörigkeiten, die eine völlig andere Sicht auf die Migrationsgesellschaft eröffnen. 1 Es geht um die Entwicklung einer diversitätsbewussten Perspektive. Dieser neue Blick auf die bisherige Migrationspraxis bietet neue Visionen und Möglichkeiten, auf andere Art und Weise über Migrationsbewegungen nachzudenken. Referenten: Yildiz, Erol Univ.-Prof. Dr., studierte Pädagogik, Soziologie und Psychologie an der Universität zu Köln. Er wurde 1996 im Fach Soziologie promoviert. 2005 habilitierte sich Erol Yildiz an der Universität zu Köln für das Fach Soziologie, war Gastprofessor in Luxemburg und hatte eine Vertretungsprofessur in Hamburg. Darüber hinaus ist er Lehrbeauftragte in Wien. Erol Yildiz ist nun Professor für den Schwerpunkt „Interkulturelle Bildung“ an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Forschungsschwerpunkte: Interkulturelle Bildung/Migrationsforschung/Diversität/Urbanität Zahlreiche Buchveröffentlichungen, u.a.: Neue urbane Vielfalt in der urbanen Stadtgesellschaft. Wiesbaden (Hg. gem. mit Bukow u.a., VS Verlag). Urban Recycling. Migration als Großstadt-Ressource. Basel-Boston-Berlin (Hg. mit Mattausch, Birkhäuser Verlag). Hill, Marc Studium der Pädagogik, Soziologie sowie Psychologie an der Universität zu Köln, wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Institut für Erziehungswissenschaften und Bildungsforschung/Abteilung für Interkulturelle Bildung“ an der „Alpen-AdriaUniversität Klagenfurt“. Mitarbeit in folgenden Projekten (geförderte Forschung auf Antrag): 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011, „Diversität auf den zweiten Blick“, geförderte durch die „Privatstiftung der Kärntner Sparkasse“. 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2013, „Lebensentwürfe von Jugendlichen“, gefördert durch den „Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank“ (OeNB). 2