UNIVERSITÄT Leipzig Institut für Politikwissenschaft/Soziologie Seminar: Europäische Sozialpolitik – Sozialpolitik in Europa Dozentin: Dr. Monika Eigmüller Referenten: Christian Buchholz, Manuel Schandock, Tobias Winzer 11.07.2006 Europäische Sozialpolitik und Erweiterung 1. Was ist die Grundlage der Wohlfahrtsstaaten in Osteuropa? - Wohlfahrtsstaaten in der Transformation (Schwerpunkt Arbeitsmarkt) Probleme: - Wachstum der offenen Arbeitslosigkeit, Konzentration auf bestimmte Gruppen und Gebiete Zunahme der Langzeitarbeitslosigkeit Gegenmaßnahmen: - rechtliche Regulierung von Massenentlassungen staatlich subventionierte Kurzarbeit Lohnzurückhaltung Subventionspolitik versteckte Formen der Subventionierung negative Angebotspolitik Gründung der Arbeitslosenversicherung aktive Arbeitsmarktpolitik Die Sozialausgaben galten hauptsächlich der Risikoabsicherung der Transformationskosten (kompensatorische Sicherung), aktive Arbeitsmarktpolitik steht erst an zweiter Stelle. Typologische Einordnung: - Bedeutung des Marktes ist bei der Wohlfahrtsproduktion gewachsen. Es gibt eine schleichende Residualisierung der Leistungen, v.a. auf dem Arbeitsmarkt. Die Familie wird bei der sozialen Dienstleistungsproduktion neben Selbsthilfe und Ehrenamt gestärkt. Die informelle Ökonomie dient als Notbehelf Mischform aus Staatspaternalismus (Subventionen z. B.), liberalem (Leistungskürzungen) und konservativem System (Familie, Äquivalenzprinzip, strikter Beschäftigungsschutz) 2. „Wer verändert wen?“ Zu den Einflussfaktoren von Ost nach West und umgekehrt Die Unterschiede in Bezug auf Produktion, Produktivität und sozialer Sicherung zwischen den EU-15 und den MOE-Ländern sind weiterhin erheblich. Die Beitrittsländer haben aber trotz des unterschiedlichen Niveaus in etwa die gleichen Aufgaben zu bewältigen. Schließlich ist es ein Ziel der Osterweiterung, wirtschaftliche Effizienz und sozialen Zusammenhang zu fördern. Schon nach der Auflösung des Warschauer Paktes nahm die Europäische Union durch die Gewährung von Finanzhilfen und durch Investitionen Einfluss auf die osteuropäischen Staaten. Diese orientierten sich an den westeuropäischen Sozialstaatsmodellen und implementierten diese (teilweise). Jedoch war dieser Schritt mit Problemen verbunden. Denn die Vorbildstaaten verfügten über ganz andere strukturelle Gegebenheiten Die Osterweiterung der Europäischen Union ging außerdem mit einem Stimmverlust der etablierten EU-15 einher. Die Entwicklungsunterschiede zwischen Ost- und Westeuropa sollen durch Inter-Industrielle Arbeitsteilung ausgeglichen werden. Dabei wird die produktionsintensive Arbeit in den neuen Beitrittsländern angesiedelt, während die kapitalintensive Produktion in den EU-15 bleibt. Die Sozialpolitik in den Beitrittsländern muss sich an den Richtlinien der Europäischen Union orientieren und diese einhalten. Um das zu gewährleisten, müssen Institutionen und Strukturen geschaffen werden. Eine kostspielige Angelegenheit. Aber auch die osteuropäischen Länder beeinflussen Europa. Beispielsweise durch die Migration von gut ausgebildetem Personal von Ost- nach Westeuropa. Die Ausbildung in den MOE-Ländern wird allgemein als qualitativ sehr hoch eingeschätzt. Gut ausgebildete Osteuropäer sollen also in Westeuropa eingesetzt werden, da sie für ihre Heimatländer eigentlich überqualifiziert sind. Die dabei entstehenden Defizite sollen durch Rücküberweisungen ausgeglichen werden. 3. Welche Folgen hat die Erweiterung? 3.1 Arbeitsmigration 3.1.1 Anreize für Arbeitsmigration 3.1.1.1 Unterschiedliche Lohnhöhe zwischen Zielland und Herkunftsland Stärke des Anreizes ergibt sich aus der Lohndifferenz minus den Wanderungskosten (kulturelle Barrieren, Sprache, Verlust des sozialen Umfeldes, etc.) 3.1.1.2 Niveau der sozialen Absicherung im Zielland Ist nur für Personen mit relativ geringem potentiellen oder tatsächlichen Einkommen auf dem heimischen Arbeitsmarkt relevant. Konkret: Wenn die Lohnersatzleistungen im Zielland über dem im Heimatland erzielbaren Lohn liegen. Im Allgemeinen auch aufgrund institutioneller Bedingungen empirisch vernachlässigbar. Hürden für die Inanspruchnahme von Sozialleistungen für Migranten lassen dieses Motiv als wanderungssauslösender Grund unplausibel erscheinen. Die Höhe des sozialen Sicherungsniveaus scheint nur für die Entscheidung zwischen verschieden Zielländern Entscheidungsrelevanz zu besitzen. (Folie1, 3. Abb., X) 3.1.2 Ausmaß der zu erwartenden Migrationsströme für Deutschland 3.1.2.1 Schätzung des Migrationspotentials Schätzwerte für das Migrationspotential aus den mittel- und osteuropäischen Ländern nach Deutschland, basierend auf einem ökonometrischen Mehrgleichungsmodell. (Folie2:Mehrgleichungsmodell) Prognosewerte für die Migration bis 2030: Tabelle1 3.1.2.2 Auswirkungen der Migration auf den Sozialstaat In einem Makroökonomischen Modell werden die Effekte der Migration unter Berücksichtigung von Interdependenzen simuliert. D.h. Anders als in einer einfachen Regression hat die Veränderung der Zielvariable Einfluss auf die Zielvariable in der Folgeperiode. > Endogenisierung der Zielvariable. Ausgangshypothese der Untersuchung: Migration führt zu einem effizienteren Einsatz von Arbeit und folglich zu Einkommensgewinnen für die Region. D.h. Arbeitskräfte wandern aufgrund ökonomischer Anreize von Regionen niedriger in Regionen höherer Produktivität. Der Einkommensgewinn ist ungleich Verteilt. Ergebnisse: Folie 4 (Quelle:Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung 72 (2003), 4, S. 588) Durch das ansteigende BIP bessert sich die Einnahmesituation für den Sozialstaat. Bedingungen hierfür sind. Niedrige Arbeitslosenraten im Gastland, auch wenn dies nur für bestimmte Regionen zutrifft Heterogene Regionen), und eine selektive Einwanderungspolitik, die sich an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes orientiert. Dem steht ein relativ geringer Anstieg der Arbeitslosenrate im Gastland gegenüber. Per Saldo ist bei realistischen Modellannahmen ein Wohlfahrtsgewinn zu erwarten. 3.2 Dienstleistungsrichtlinie 3.2.1 Die wichtigsten Fakten Ziel ist es allen Europäischen Dienstleistern die Möglichkeit zu geben in allen Mitgliedsstaaten tätig zu werden, so wie es für den Warenverkehr schon lange der Fall ist. Bei Dienstleistungen werden den Unternehmen bisher verschiedene Hürden in den Weg geräumt, welche es gerade kleinen Unternehmen schwer macht ihre Produkte im europäischen Ausland anzubieten. Ausgenommen von der Deregulierung sind: Pflege-, Finanz-, Verkehrs-, Anwalts- und Grundversorgungsdienstleistungen (Wasser, Gas,..) sowie Glücksspiel. Außerdem müssen sich ausländische Anbieter entgegen der ersten Fassung der Richtlinie an regionale Besonderheiten halten. Z.B.: Arbeitsschutz, Tarif, .. 3.2.2 Wofür sie gut sein soll Durch Spezialisierung und Arbeitsteilung sollen Effizienzgewinne erzielt werden, die mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze schaffen können. Höherer Wettbewerb würde helfen Produktivitätsreserven zu aktivieren. 3.2.3 Brauchen wir eine Dienstleistungsrichtlinie? Grundsätzlich ja, da Dienstleistungen ca. 70% der Wertschöpfung in der EU ausmachen. Weil ein großer Teil Faktorleistungen für die Industrieproduktion sind, also kostenrelevant für Exportgüter wie Autos, bliebe durch ungenutztes Rationalisierungspotential im Dienstleistungssektor auch die industrielle Produktion in der Wettbewerbsfähigkeit hinter den Möglichkeiten zurück Die EU kann sich diesen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen großen Volkswirtschaften langfristig nicht leisten. These: Die Aktivität des Sozialstaates muss sich von der eher passiven Rolle der Einkommensumverteilung hin zur aktiven Bewältigung von strukturellen Anpassungsproblemen verlagern. There Is No Alternative ???