Internationale Migration Seminar: Gesellschaft in Bewegung. Soziologische Analysen von räumlicher Mobilität Christian Stark und Nicole Ernst 1 Ablauf • Historische Entwicklung der globalen Wanderungsströme • Beispiel Schweiz (nach dem 2. Weltkrieg) • Mobilität innerhalb der EU • Theorie transnationaler Mobilität • Diskussion 2 Prämoderne Ära (bis 1500) • kaum Daten zu Migration (v.a. da keine institutionalisierte Nationalstaaten und zu kleinen Bevölkerungen) • Suahelis, Lateinamerika (Azteken, Inkas, Mayas), Griechen und Römer, keltische und germanische Stämme, Slaven (nomadisch), Islam, Kreuzzüge, Jüdische Diaspora 3 Frühmoderne (1500-1760) • 1. Phase: Kaum starke und dauerhafte Migration nach Amerika – Hinderungsgründe: ökonomischer und demografischer Kollaps im 14. Jhdt., mangelndes Wissen für Hochseefahrt • 2. Phase: Frühes 19. Jhdt. Geschwindigkeit und Ausmass der Wanderungen nach Amerika erhöht – Migrationsmuster wurden institutionalisiert • 3. Phase: Sklavenhandel – rund 400 Jahre lang! • 4. Phase: Asiatische Diasporas – „post-Sklaverei“ 4 Moderne (1760-1945) • Regionale Migrationen innerhalb Europas • Unterscheidung in Import- und Exportländer • Migration in der Ära der Weltkriege 5 Nach dem 2. Weltkrieg • bis 1990 gleiche geografische Reichweite und Intensität wie vor den Weltkriegen – aber Geografie, soziale Zusammensetzung und Infrastruktur anders! • Globale und regionale Migration • Migrationsströme: Mittlerer Osten, Arabien / Asien / Afrika / Lateinamerika / Ost-Europa • Heute: Vielfalt und Komplexität 6 Beispiel Schweiz • Absoluter Anteil Ausländischer Bevölkerung: Schweiz belegt mit 1.67 Mio. den 5. Rang aller EU- und EFTA-Staaten • Niedergelassene ausl. Wohnbevölkerung: 1964: 187‘000 2009: 1‘111‘000 • 1979 bis heute immer positives Wanderungssaldo, d.h. Schweiz ist ein Einwanderungsland 7 Mobilität innerhalb der EU • Fast offenes Migrationsregime • Status interner Migration • Drei historische Entwicklungen – Vor 1974: Gastarbeiter von Süden nach Norden – Nach 1973: Familienzusammenführung – In 90er Jahren: Flüchtlinge und Asylbewerber • Free Movers – Hochqualifizierte, Rentner oder Studenten 8 Demographischer Hintergrund • Alter zum Zeitpunkt der Migration: Heimatland vs. Zielland • Durchschnittsalter steigt über Zeit in E und F • Rentenmigration • Arbeitsaktive Bevölkerung in D und GB vergrössert, in E hingegen die inaktive • Migration eher aus urbanisierten Gebieten 9 Soziale Mobilität • Migration innerhalb EU Phänomen der gehoben Schichten • Mobile in Dienstklasse und bei Selbstständigen überrepräsentiert • Arbeitsmigration von Norden nach Süden von Hochqualifizierten geprägt • Mobile sind nicht sozial mobiler als Immobile 10 Theorie transnationaler Mobilität • Soziale Mobilität innerhalb emergenten Europäischen Gesellschaft erklären • Soziale Mobilität in EU als Verknüpfung – Gesellschaftlichen Institutionen – Individuellem Lebenslauf • Modellannahme mit unterschiedlichen Paradigmas • Lebenslaufforschung 11 Vier Basisannahmen • 1. Institutionen – Bildung beeinflusst Lebens- und Berufsverlauf – Einführung von Freizügigkeitsrechten und Annerkennung von Bildungsabschlüssen verbessert Bedingungen • 2. Arbeitsmarkt – Offenheit der Teilarbeitsmärkte variiert – Berufsfeldzugehörigkeit beeinflusst den transnationalen mobilen Lebensverlauf 12 Vier Basisannahmen • 3. Individueller Lebenslauf – Mobilität von Alter, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit beeinflusst – Wanderung nicht hauptsächlich auf Basis ökonomischer Gründe • 4. Sozialstrukturelle Rückkoppelungseffekte – Soziale Integration als Standardinklusion 13 Ergebnisse Institutionen • Wanderer nach 1994 haben zwei mal höhere Chance direkt lateral zu wechseln oder aufzusteigen • Polen jedoch mehr als doppelt so hohes Abstiegsrisiko wie Westeuropäer 14 Ergebnisse Arbeitsmarkt • Öffentlicher Dienst bleibt Mobilen verschlossen • Private Dienstleistungen, Wissenschaft, Forschung und Kunst ist offen für Mobile • Kontinuierlicher Beschäftigungsanstieg in Dienstleistungen, Wissenschaft, Forschung und Kunst für Mobile von 1989 bis 2001 15 Ergebnisse individueller Lebensverlauf • Hauptmotiv: – 31% soziale Gründe – nur 14% ökonomische Gründe – 39% Kombination zweier/aller Gründe • Ökonomische Gründe zwar Teil der Mobilitätsentscheidung • Soziale Gründe am häufigsten für Polen und Briten • Rein ökonomische Gründe nennen Dänen und Italiener vermehrt 16 Ergebnisse Sozialstrukturelle Rückkoppelungseffekte • Transnational Mobile sind häufiger in obersten aber auch untersten Einkommensklasse vertreten • Aber Einkommensunterschiede sind auf Geschlecht, Bildung oder berufsstrukturelle Position zurückzuführen 17 Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit! 18 Literatur/Quellen • • • • • Braun, M./Recchi E. (2008). Keine Grenzen, mehr Opportunitäten? Migration und soziale Mobilität innerhalb der EU. In: P. Berger/A. Weiß (Eds.), Transnationalisierung Sozialer Ungleichheit. Wiesbaden: VS-Verlag. Braun, M./Arsene C.(2009).The demographics of movers and stayers in the European Union. In: E. Recchi/A. Favell (Eds) (2009) Pioneers of European Integration: Citizenship and Mobility in the EU. Cheltenham: Edward Elgar. Bundesamt für Statistik (2010): Migration und Integration – Detailierte Daten. In: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/01/07/blank/data/01.html (20.10.2010) Held, David et al. (1999): Global Transformations. Stanford: Stanford University Press: Kapitel 6. Verwiebe, Roland (2004): Transnationale Mobilität innerhalb Europas. Berlin: sigma. 19 Plus: Auswirkungen für Nationalstaaten • Illegale und undokumentierte Migration (Grenzen) • Auch mit erhöhter Kontrolle kaum abwendbar • Internationale Bemühungen deuten auf eine Veränderung der Eigenständigkeit und Souveränität des Nationalstaates hin 20 Plus: Methode und Messung • Methodische Probleme der Messung von Migrationsströmen: - Legal und illegal - früher kaum klare Grenzen, keine Nationalstaaten - Sklaverei: Auswanderung Afrika oder Einwanderung Amerika - regionale Wanderungen in Kriegsgebieten kaum nachvollziehbar… - Einbürgerungen: abhängig vom Staatsbürger-Modell: illusorisch, ausschliessend (Schweiz, D, BEL), imperialistischrepublikanisch, multikulturell 21