1 Hintergrund und Motivation

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Herausforderungen bei der Erschließung des
Feldzugangs: Erfahrungen aus einer
pflegewissenschaftlichen und einer
pflegepädagogischen Untersuchung
Julia Simon, TU München
Johannes Krell, TU München
Kontakt: [email protected]; [email protected]
Erfahrungsbericht
1 Hintergrund und Motivation
Entscheidend für die erfolgreiche Durchführung empirischer Forschungsprojekte ist ein
entsprechender Feldzugang, der mit der Berücksichtigung einer Vielzahl rechtlicher und
organisatorischer Vorgaben verbunden ist. Darüber hinaus berichten Forschende nicht
selten von Schwierigkeiten bei der Gewinnung geeigneter Studienteilnehmer (z.B.
Darmann, 2000). Eine systematische Identifikation möglicher Ursachen und
Lösungsansätze findet in der einschlägigen forschungsmethodischen Literatur lediglich
vereinzelt statt (Albrecht, 2012). Dies erschwert gerade bei engen zeitlichen Vorgaben
die Konzeption praktikabler und aussagekräftiger Datenerhebungen.
Als hilfreich erscheinen dahingehend neben systematischen, methodologischen
Überlegungen Erfahrungsberichte über Schwierigkeiten beim Feldzugang
vorangegangener empirischer Forschungsprojekte und die Diskussion über mögliche
Ursachen und Lösungsansätze. In diesem Beitrag werden entsprechende
Schwierigkeiten bei der Teilnehmerakquise dargestellt und über mögliche
Lösungsansätze diskutiert.
2 Beschreibung der Forschungsprojekte
Der vorliegende Beitrag basiert auf Erfahrungen zweier aktuell laufender
Promotionsvorhaben:
2.1 Berücksichtigung pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse bei der Unterrichtsplanung
von Lehrern an Pflegeschulen
Gemäß den Vorgaben der momentan gültigen Gesetze für die Ausbildung in der
Krankenpflege, der Kinderkrankenpflege und der Altenpflege soll die Ausbildung neben
medizinischer und weiterer bezugswissenschaftlicher dem allgemein anerkannten Stand
pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse vermitteln (KrPflG §3 Abs. 1, AltPflG §3 Abs. 1),
um pflegerisches Handeln kritisch zu beleuchten, zu hinterfragen und zu begründen. Vor
diesem Hintergrund versucht Julia Simon über ein der Grounded-Theory-Methodologie
folgendes qualitatives Forschungsdesign herauszufinden, inwiefern
pflegewissenschaftliche Ansprüche bei der Unterrichtsplanung von Lehrenden
berücksichtigt werden. Die Datenerhebung besteht aus einer Kombination von
problemzentrierten Interviews, Unterrichtsbeobachtungen und Einsichtnahmen in die
Planungsunterlagen. Die ersten Lehrer, die angefragt wurden, waren der Forscherin
persönlich bekannt. Weitere Lehrer wurden über ihre Schulleitungen per Mail
angeschrieben. Kam es zu keiner Reaktion, erfolgte nach einigen Wochen eine höfliche
Erinnerung.
2.2 Das Lösen von Problemen unterschiedlich erfahrener Pflegepersonen in der
stationären Krankenpflege durch schriftliche und mündliche Informationen
Johannes Krell untersucht in seiner Dissertation, in welchen Situationen Pflegende mit
unterschiedlicher Berufserfahrung sich Problemen ausgesetzt fühlen, die sie dadurch
versuchen zu lösen, indem sie auf mündliche oder schriftliche Informationen
zurückgreifen. Aufgrund der Befundlage in der Literatur wurde ein Forschungsdesign
gewählt, das aus einer Kombination von deduktiven, leitfadengestützten Interviews und
einer quantitativen Fragebogenerhebung besteht. Die Rekrutierung der Teilnehmer für
die qualitativen Interviews erfolgte durch telefonische Anfragen bei unterschiedlichen
Kliniken und über persönliche Kontakte. Die quantitative Fragebogenerhebung ist für
März 2016 geplant, die qualitative Interviewstudie ist bereits abgeschlossen.
3. Kritische Reflexion
Die bisherigen Erfahrungen, die bei der Rekrutierung von Studienteilnehmern gemacht
wurden, lassen erkennen, dass sich Schulleitungen häufig sehr aufgeschlossen
gegenüber Forschungsprojekten zeigten und die Teilnahme den Lehrern selbst
überließen. Pflegedienstleitungen oder Geschäftsführer von Kliniken lehnten zum Teil
die Beteiligung an Forschungsprojekten ab. Kliniken, aber auch Schulen, die jenseits
von persönlichen Kontakten oder Empfehlungen angefragt wurden, standen einer
Beteiligung ihres Personals eher ablehnend gegenüber oder reagierten – ungeachtet
mehrerer Nachfragen – nicht. Teilweise wurde auf eine hohe Arbeitsbelastung der
Pflege- bzw. der Lehrpersonen verwiesen. Weiterhin war auffällig, dass im Zuge der
Datenerhebung von Johannes Krell teilweise erhebliche Zweifel von den Pflegenden am
Nutzen von Pflegeforschung geäußert wurden. Bei der Datenerhebung von Julia Simon
war zu erkennen, dass sich eine Teilnahme an einem Interview eher als eine
Beobachtung von Unterrichtssequenzen mit anschließender Einsichtnahme der
Dokumente realisieren ließ. Konnten Pflegende oder Lehrer allerdings für die
Forschungsprojekte gewonnen werden, zeigten sie sich als äußerst interessiert an den
Projekten sowie hilfsbereit und zeitlich flexibel bezüglich einer Terminfindung. Weiterhin
ist das große Engagement pflegewissenschaftlicher Abteilungen von Kliniken bei der
Unterstützung der Teilnehmerakquise hervorzuheben. Mögliche Ursachen werden im
Rahmen dieses Beitrags diskutiert.
4. Ausblick
Als besonders wertvoll zeigten sich bei der Gewinnung von Studienteilnehmern
bestehende persönliche Kontakte zu Personen in Leitungsfunktionen sowie zu
Lehrenden und Pflegenden. Im Gegensatz zur bloßen Kontaktaufnahme per Mail zeigte
sich eine persönliche Ansprache als weitaus effektiver. Explizite Erklärungen zum
Nutzen der Forschung konnten insbesondere bei Pflegende eine anfängliche
bestehende skeptische Haltung gegenüber Forschung ausräumen. Der Ausbau einer
Vernetzung zwischen Wissenschaft und Praxis kann sich an der Stelle positiv auf die
Rekrutierung von Studienteilnehmern auswirken, da sich dadurch eine vertrauensvolle
Beziehung und ein Verständnis für die Belange des Gegenübers entwickeln. Diese hier
beschriebenen Erfahrungen liefern Hinweise zu Schwierigkeiten beim Feldzugang und
erste mögliche Lösungsansätze. Eine Übertragbarkeit auf andere Forschungsvorhaben
ist mangels einer empirischen Validierung eingeschränkt möglich und sollte kritisch
hinterfragt werden.
5. Literatur
Albrecht, G. (2012). Probleme der Erforschung sozialer Probleme. In Albrecht, G. &
Groenemeyer, A. (Hrsg.), Handbuch soziale Probleme. Band 1. Band 2. (S. 1385-1520)
Wiesbaden: Springer VS.
AltPflG – Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz) (2003).
Altenpflegegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2003 (BGBl. I
S. 1690), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211)
geändert worden ist. Abgerufen von http://www.gesetze-iminternet.de/bundesrecht/altpflg/gesamt.pdf am 31.08.2015.
Darmann, G. (2000). Kommunikative Kompetenz in der Pflege. Stuttgart: Kohlhammer.
KrPflG – Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (Krankenpflegegesetz) (2003).
Krankenpflegegesetz vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442), das zuletzt durch Artikel 9
des Gesetzes vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211) geändert worden ist. Abgerufen von
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/krpflg_2004/gesamt.pdf am 31.08.2015.
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