Friedrich-Schiller-Universität Jena Erziehungswissenschaft SS 2010 Praktikumsbericht: Netzwerkentwicklung im Gesundheitsbereich 10-wöchiges Praktikum Erziehungswissenschaft Zeitraum: ab 15.09.2008 – 01.03.2010 Dauer: ca. 500 std. Verfasser: Martin Preußentanz Matrikel: 92105 8. FS (Erziehungswissenschaft, Medienwissenschaft) M.A. [email protected] Abgabedatum: 28.07.2010 Inhaltsverzeichnis 1.Einleitung ................................. 3 2.Institutionsbeschreibung ................... 4 2.1 2.2 2.3 2.4 Die Idee ................................................................................................................... 4 Ziele .......................................................................................................................... 4 Zusammensetzung .................................................................................................. 6 Realisation ............................................................................................................ 7 3. Tätigkeitsbeschreibung .................... 7 4.Analyse wahrgenommener Sachverhalte aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive ..... 9 4.1 Explikation des Sachverhalts ................................................................... 9 4.2 Pädagogische Aufbreitung ........................................................................... 11 4.2.1 Die gemeinsame und persönliche Situation ............................................................ 11 4.2.2 Das Schamgefühl........................................................................................ 14 4.2.3 Von der Situation zur Konstellation ........................................................................ 17 4.2.4 Netzwerktheoretische Betrachtung.......................................................................... 19 5. Resümee .................................. 23 6. Literaturverzeichnis ..................... 25 7. Anhang ................................... 26 2 1.Einleitung „Mit dem freien, selbstbewussten Wesen tritt zugleich eine ganze Welt – aus dem Nichts hervor – die einzig wahre und gedenkbare Schöpfung aus dem Nichts“1 Diese Zeilen stehen nicht nur in dem bekannten und bemerkenswerten Manifest der Philosophen Hölderlin, Hegel und Schlegel. Mein Kollege Maximilian Waldmann und ich erwählten uns im Geiste der Jenaer Frühromantik dieses Zitat, um unser Programm eines Netzwerks für Gesundheit einzuleiten. Im Nachhinein betrachtet, drücken diese Zeilen das Vorhaben und den Verlauf unserer Bemühung zur Schaffung einer Gesundheitsinstitution, die dem Menschen in seiner Ganzheit, Souveränität und Rückgebundenheit nicht nur entgegenkommt, sondern in sich als Institution entspricht, sehr prägnant aus. Neben dem gewisse edlen Anspruch Naivität, erfasst welche ein das Zitat Scheitern sogleich vorwegnimmt, eine um wiederum allzu sehr den Anspruch zu affimieren. Mein Kollege und ich arbeiteten in einem Vorgängerprojekt schon gemeinsam im Bereich der psycho-sozialen Gesundheit. Im Kontext dieses Projekts wurden uns die Grenzen unserer Arbeit ebenso bewusst fruchtbare erreichen wie das Potential, Zusammenführung könnte. So begannen das man verschiedener wir im Herbst durch eine Professionen 2008 mit der Akquise geeigneter Teilnehmer und Förderer für unser Netzwerk. Hinzu kamen unsere Arbeiten an einer Gesundheits-Deklaration, die dem Netzwerk eine Grundorientierung geben sollte. Ich betrachte den Umstand, den Aufbau und die Begleitung des Netzwerks dem Status eines Praktikums zu verleihen als angenehme Applikation, zumal die Zweckmäßigkeit der Erlangung 1 Siehe „Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus“ 3 eines Leistungsnachweises für meinen Kommilitonen Max Waldmann und mich niemals Studienordnung ziel kann führend ich für war. mich Unabhängig eine von der Bereicherung an Erfahrung, Fähigkeiten und persönlichem Wachstum verbuchen. Anbei möchte ich erwähnen, dass ich zur Erläuterung bezüglich des Aufbaus und selbsterstellte Protokolle, der Probleme Materialien erstellte im Netzwerk zurückgreifen auch auf werde, wie z.B. für Dritte und Netzwerkbeschreibungen die erwähnte Gesundheits-Deklaration bzw. das Netzwerkkonzept. 2.Institutionsbeschreibung 2.1 Die Idee Die grundlegende Gesundheit und Idee des Netzwerkes Erwachsenenbildung für biopsychosoziale ist, eine tragfähige Struktur zu schaffen und zu etablieren, die es ermöglicht dem einzelnen Menschen ganzheitlich, adäquat und effizient zu helfen. Alle Mitglieder des Netzwerks sollen im Vollzug dieser Arbeit das Netzwerk gestalten und daran wachsen. 2.2 Ziele „Im Kern der Netzwerkarbeit liegt, das Selbst des Menschen zu stärken. Dabei spielt die Heterogenität unserer Gruppe eine entscheidende Rolle: Neue Ideen ergeben sich aus den verschiedenen Perspektiven der Mitglieder. Aus der Ansammlung von Erfahrungswissen, gewonnen aus verschiedenartigen Kompetenzen, Zusammenarbeit ergeben [...]. sich Die vielfältige Ideen der Möglichkeiten Ganzheitlichkeit, einer der fruchtbaren Einheit, der Gesundheit des Menschen sind keine Sammelbegriffe für verschiedene bio-/ psycho-/ soziale- Phänomene, sondern unterstreichen eine eigene Qualität neuer Dimension. Diese soll sozusagen innerhalb unseres Arbeitsprozesses 4 mitschwingen. [...] Durch die Zusammenarbeit im Netzwerk kann dem Einzelnen so in einer umfassenden Form geholfen werden - ganz im Sinne der Ganzheitlichkeit.“2 Der entscheidende Unterschied zu einem Netzwerk, das sich mehr oder weniger als Kontaktverflechtung versteht, war das Ziel über additionale Expertise zu Zusammenarbeit evozieren hinaus und eine eine ganz besondere eigene Inklusion anzustreben.3 (Quasi)operative Ebene - Übersicht:4 intern/dauerhaf intern/temporär t extern/dauerhaf extern/temporär t Formulierung Gegenseitge Gemeinsames Gemeinsame einer Vision Weiterbildung Marketing Seminarangebote (z.B. Brüche im Leben) Informations- Intervision und Klientinnenverm Projekte ittlung Vereinbarkeit Erfahrungsausta von usch und (z.B. Arbeits- Lebensmodell) Diskussion (z.B. Multiprofession Kopplung elle Beratung Weiterbildung von Außen von individuellen Problemlagen und gesell. Struktur) 2 Auszug aus dem erwähnten Netzwerkkonzept Demgemäß ist die Bezeichnung „Netzwerk für bio-psycho-soziale Gesundheit“ irreführend 4 Die Tabelle ist das Produkt der letzten Diskussion zur formalen Zielausrichtung 3 5 Die Einteilung zwischen dauerhaft/ temporär und intern/ extern stellte sich als zweckmäßig heraus, weil es die Grenzen des Netzwerks eröffnet bezeichnet für beteiligt und Projekte, sind, ohne innerhalb bei dabei denen die des nur Netzwerks Teile gemeinsame Räume der Gruppe Orientierung zu verlieren. 2.3 Zusammensetzung Die Mitglieder rekrutierten sich aus sehr unterschiedlichen Bereichen. Alle psycho-sozialen manchen dem arbeiten im weitesten Gesundheit, universitären doch Sinne ist Kontext im Gebiet bemerkenswert, zuzuordnen sind, der dass andere arbeiteten kommerziell oder für öffentliche Institutionen und wieder andere Beschäftigung opferten mit dem ihre Freizeit Thema, für sowie der die ausgiebige Erlangung von Fähigkeiten im ‚sozialen Bereich’5. Ebenso weit gestaltete sich das inhaltliche Spektrum unserer Gruppierung. Einige entstammen dem Bereich psycho-sozialer Beratung, z.B. Systemische Therapie oder Familientherapie nach V. Satir oder sie entnehmen ihre Grundlagen den sokratischen Lebenskunstvorstellungen. Philosophin reihten Selbst sich bei ein uns Schulpädagoge ein. Auch und eine derjenige Hintergrund, den unsere Teilnehmerin aus der Erwachsenbildung mitbrachte, erwies sich als bereichert. Die Position, die mein Kommilitone Maximilian Waldmann und ich einnahmen, wurde durch den studentisch-akademische Charakter unseres Wirkens umrissen. 5 Es sind semi-professionelle Qualifikationen im Umgang mit Menschen gemeint, z.B. Gruppen- und Gesprächsleitung, gemeinsame Methodenarbeiten usw. 6 2.4 Realisation Zur Realisation der Ziele veranstalteten wir regelmäßige Treffen im Abstand von zwei Monaten in der Praxis eines der Teilnehmer. Im Rahmen dieser Zusammenkünfte brachten wir uns unsere verschiedenen Arbeitsfelder näher, suchten nach neuen Perspektiven und Irritationen, Projekte fruchtbar Treffen immer Netzwerks zu um machen. explizit diskutiert. für Überdies über Zur sie das verschiedene wurde bei diesen Selbstverständnis effizienteren Gestaltung des des jeweiligen Sitzungsverlaufs etablierten sich eine Moderatorenund Protokollantenstelle. Die gemeinsame Arbeit fokussierte sich dabei vor allem auf das eigene Weiterkommen und die Gewinnung professionsübergreifender Fähigkeiten, statt die Akquise von Klienten in sinnvoll den Mittelpunkt angesehen, generieren, bevor erst man zu stellen eine sich bzw. besondere intensiver es wurde als Expertise zu möglichen Klienten widmet. Diese wiederum, unsere Zielgruppe, ergibt sich aus den verschiedenen, bereits bestehenden Klientenstämmen der einzelnen Teilnehmer, sowie den beworbenen ‚Neukunden’. 3. Tätigkeitsbeschreibung Mein Aufgabenfeld verlagerte sich mit der Zeit von initiativen Tätigkeiten Aktivitäten verliehen hin der zu begleitenden Maßnahmen. Beobachtung und der Umgang dem Netzwerk meinem mit Lediglich die Literaturrecherche eine gewisse Konstanz. Am Anfang bestand meine Herausforderung darin, Kontakte herzustellen, um für Unterstützung zu werben. Nachdem ich mir 7 ein Pool an potentiellen Förderen erschlossen hatte, ging es darum eine Mitglieder-Akquise zu betreiben und auch ein wenig Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, wie z.B. einen PR-Artikel zu ermöglichen oder mit höheren öffentlichen Ämtern im Sozialbereich in intensiveren Kontakt treten. Parallel dazu reifte das Netzwerkkonzept verschiedenen Recherchen immer weiter führten zu aus, einem d.h. die immer mehr konturierten ‚Manifest der Gesundheit’. Mit der Etablierung der Netzwerktreffen wurde ich immer zum Moderator und verschiedenen sorgte dafür, Sitzungen Diskussionen war hauptsächlich beschäftigt mit bzw. ich können. bei einem werden Vor- Sinnieren über mich und Ergebnisse Neben den beschäftigte Bereitstellung die gesichert befruchten Reflexionen dass aus und den den nächste inhaltlichen und Nachbereitung die Gruppendynamik dies vielmehr. Aufrechterhaltung Die von Kommunikationskanälen, auch zwischen den Treffen, war somit meine Hauptbeschäftigung in dieser Phase des Konstitutionsprozesses des Netzwerks. Zwischendurch eignete ich mir noch ein paar Kenntnisse zum Thema Fondraising an, stellte dies jedoch ein, da die Mittelbeschaffung kaum von Bedeutung für das Netzwerk war, da sich die Gruppe erst gut genug kenne wollte und frühzeitige Finanzierungsdebatten jedoch vom Kurs einer freien Zusammenarbeit abbringen würden. Bei all diesen Herausforderungen und der Bewältigung der sich aufdrängenden Maximilian Problemstellungen, Waldmann und ich arbeiteten mein gleichberechtigt Kollege in einem kollegialen Verhältnis zusammen. 8 4.Analyse wahrgenommener Sachverhalte aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive Ich möchte den verschiedenen Antinomien, die es zu diskutieren gibt, die Analyse eines besonderen Sachverhalts voranstellen. Dieser Sachverhalt maßgeblich viele zeichnet nachfolgende sich dadurch Situationen aus, dass vorzeichnete er und dadurch, dass er exemplarisch für andere Sachverhalte steht. Die nun folgenden zuspitzen, Divergenz dass von Analysen eine werden Gruppendynamik Situation und sich auf vornehmlich Konstellation die These durch eine innerhalb der Gruppenstruktur zerstört wird. 4.1 Explikation des Sachverhalts Mein Kollege Netzwerktreffen Herr Waldmann arrangiert. In und ich hatten das der Eröffnungsrunde erste stellten sich, nach einigen Begrüßungswörtern, die einzelnen Teilnehmer einander vor und schienen dem Netzwerkvorhaben zuversichtlich zu begegnen. Anschließend erklärten mein Kollege und ich den übrigen Teilnehmern, künftigen wie wir Gruppenkonstitution uns die Art vorstellten. und Dass Weise wir der keine Struktur vorgeben, da sich diese erst schöpferisch aus dem Miteinander der sich hier versammelten heterogenen Teilnehmer ergeben sollte. Gleichsam betonten wir unsere Faszination über das Zusammentreffen so unterschiedlicher Professionen, worauf sich in der Gruppe die Frage stellte, ob wir das Netzwerk vielleicht noch mit anderen Profession irgendwann bereichen sollten - entweder als Teilnehmer oder ausschließlich als Referenten. Sobald ich dieses Sinnieren über die mögliche Erweiterung des Netzwerks vernahm, insistierte ich sogleich darauf, dass mein Kollege und ich der Gruppe bereits einen Schritt voraus seien 9 und demnächst einen Psychologen in das Netzwerk mit einbinden werden. Der mir in jenem Moment keineswegs bewusste, eklatante Widerspruch zu den zuvor postulierten Vorstellungen über die Gruppenkonstitution Gruppe, welche sorgte sich umgehend anschickte mir für Empörung in der mein Verhalten als ein inakzeptables spüren zu lassen und zu verdeutlichen. Wie konnte es dazu kommen und was folgte daraus? An diesem Sachverhalt wurde mir bewusst bzw. ist mir wieder eingefallen, dass ich schon immer als Gruppenleiter sehr widersprüchlich in meinem Verhalten war, sodass meine verbalen Explikationen oft von meinem situativen Agieren konterkariert wurden. Dies geschah meistens auf die Weise, dass ich den Teilnehmern Autonomie Vorstellungen vollendete suggerierte, durchzusetzen, Tatsachen Informationsasymmetrie indem stellte zu um dann ich sie oder meinen doch entweder eine Gunsten meine vor übermäßige evozierte. Mein Verhalten war aber niemals auf einen Betrug hin intendiert. Erst nach dem Vollzug des jeweiligen performativen Widerspruchs wurde mir mein Verhalten klar. Des Weiteren möchte ich als Erklärung den Umstand heranziehen, dass ich die Monate zuvor viel damit beschäftigt war, einzelne Förderer und potentielle Teilnehmer zu werben. Im Rahmen dieser Tätigkeit bin ich stets als Initiator des Netzwerks aufgetreten und habe den jeweiligen Personen die Form, die Ziele und erklärt. das Ich Potential war also Informationsvorsprung meine des in zu einer selbsterklärend Entscheidungsgewalt. Aber etablierenden Netzwerks Position, der in erscheint, sobald das ebenso erste mein wie Treffen begann, hätte ich von der Initiator- in die Moderatoren- Rolle wechseln müssen, da ich nun einen ganz anderen Status für die Gruppe hatte. 10 In den darauf folgenden Sitzungen war ich sehr darauf bedacht, keine determinierenden Aussagen zu treffen und war dabei sehr mit meinen Selbstreflexionen beschäftigt. Das führte dass ich die Gruppe zum größten Teil in ihre entließ. Da fortwährend die Gruppe sich keine selbst Basis zu hatte, dazu, Eigendynamik begann beschreiben. sie Diese Selbstbeschreibungen avancierten zum Inhalt bzw. Substrat und impliziten Projekt Zweck und des Netzwerks. entwickelte sich Schließlich versandete zu oberflächlichen einem das Kanalsystem schwacher Beziehungen. 4.2 Pädagogische Aufbreitung Um den geschilderten erziehungswissenschaftliche mich Aspekte Sachverhalt Zugänge verschiedener zu öffnen, für bediene Netzwerktheorieansätze und ich der Leibphänomenologie nach Herman Schmitz. Im Zuge dessen werde ich aus der Fülle des beschriebenen Sachverhalts wiederum einzelne Tatbestände herausheben, um sie zu analysieren. 4.2.1 Die gemeinsame und persönliche Situation Ausgangspunkt Widerspruch, meiner in Analyse welchen ich ist mich der oben verwickelt erläuterte hatte. Die gemeinsame Situation6, die durch die Gruppe in wechselseitiger „Leibliche Dynamik und leibliche Kommunikation sind die wichtigsten Quellen von Situationen. Eine Situation, wie ich das Wort verstehe, wird durch drei Merkmale definert: 6 1. 2. 3. Sie ist ganzheitlich, d.h. nach außen abgehoben und in sich zusammengehalten. Sie wird zusammengehalten durch eine Bedeutsamkeit, die aus Bedeutungen besteht. Bedeutungen im hier gemeinten Sinn sind Sachverhalte (dass etwas ist), Programme (dass etwas sein soll [Norm] oder sein möge [als Wunsch]) oder Probleme (ob etwas ist). […] Die Bedeutsamkeit ist binnendiffus, in dem Sinn, dass in ihr nicht alles (eventuell gar nichts) einzeln ist, d.h. eine Anzahl um 1 vermehrt.“ Schmitz 2009, S. 47 11 Einverleibung7 entstand, brachte mich dazu anders als in meiner persönlichen Gesinnung üblich zu agieren. Mit dem Ausdruck der gemeinsamen Situation lässt sich beschreiben, warum man sich z.B. gegenüber manchen Personen immer betont herablassend gibt, obwohl man doch sonst stets partnerschaftlich agiert. Gerade Gruppenatmosphären stellen gemeinsame Situationen dar, die sich über kurze Zeiträume bilden und umbilden und dabei Unerwartbares evozieren. Da man Situationen generell nicht der objektiven oder der subjektiven Seite eines Geschehens zuordnen kann8, weil sie sich gerade dazwischen ansiedeln, kann man dieses Phänomen zuschreiben. Situation eigenen Man als Regeln, auch kann Szene auf Probleme nicht den einzelnen annäherungsweise einer und Bühne eine gemeinsame begreifen, Sachverhalte mit Akteuren die sich ihre bringt, denen man sich als Schauspieler nur schwer entziehen kann9. Dass mich10 eine gemeinsame Situation zum Widerspruch anleitete bzw. ihn stark begünstigte, beschreibt aber noch nicht, worin dieser bestand. Es gilt zu erforschen, inwiefern mich die „Jeder Eindruck besitzt eine gewissen Geschlossenheit, wodurch er als Ganzes imponiert, zugleich aber eine Mannigfaltigkeit, die ich durch die Rede vom Vielsagenden anzudeuten suche: Einzelnes an „Bedeutungen“ […] kann man herausheben […]; aber dieses Einzelne tritt mehr oder weniger aus einem Hof oder Hintergrund von Andeutungen hervor, die viele sind, ohne so und so viele zu sein, weil im Binnenverhältnis zwischen ihnen nicht oder wenigstens nicht durchgängig feststeht, welche mit welchen identisch und welche von welchen verschieden ist. Solches Mannigfaltige nenne ich chaotisch.“ Schmitz 2008, S. 69 „Der in Einsamkeit und Gemeinsamkeit invariante dialogisch kommunikative Charakter des leiblichen Befindens […] legt die spontane Bildung und Erhaltung übergreifender quasi-leiblicher Einheiten nahe, die […] über den einzelnen eigenen Leib, den unmittelbaren Gegenstand des eigenleiblichen Spüren, hinausgehen.“ Ebd., S. 55 „Von der einseitigen asymmetrischen Einleibung ist die wechselseitige mit Oszillieren der Dominanzrolle […] zu unterscheiden; […] Wechselseitige Einleibung ist die Basis der Sozialkontakte unter Menschen […].“ Ebd., S. 57 8 Vgl. ebd., S. 70 9 Es handelt sich hierbei ausdrücklich nicht um ein Phänomen, das sich ebenso gut mit Hilfe der Figur der ‚doppelten Kontingenz beschreiben lässt. Vgl. ebd., S. 74 10 Es sei kurz angemerkt, dass der ständige Selbstbezug keinen Austrag einer schillernden Egozentrik zum Ausdruck bringen soll, sondern methodisch bedingt ist. Da ich bei phänomenologischen Deskription von meinen eigenen Erfahrungen und Besinnungen ausgehen muss. „Die Definition des Phänomens im Sinne der Neuen Phänomenologie lautet also: Phänomen für jemand zu einer Zeit ist ein Sachverhalt, dem der Betreffende dann nicht im Ernst den Glauben verweigern kann, dass es sich um eine Tatsache handelt.“ Schmitz 2009, S. 12 7 12 gemeinsame Situation von meiner persönlichen Situation11 hat abweichen lassen. Grob angedeutet handelt es sich um die Evokation einer Diskrepanz von Konstellation12 und Situation. Während ich der Gruppe die Vorstellungen über die offene und schöpferische Struktur des Netzwerks mitteilte agierte ich im Rahmen einer personalen Emanzipation. Das heißt ich objektivierte eigene, subjektive Werte, Vorstellungen und Wünsche durch eine distanzierte Form der Verbalisierung. Gleichsam war ich durch die gemeinsame Gruppensituation daran gehindert meine Explikationen in umgestalteter Form wiederum durch personale Regression zu Emanzipation introjizieren. und Die Regression13 erfuhr Dynamik von personaler eine Störung und kam sozusagen in eine Schieflage. „Die Abgrenzung des eigenen Soseins ist beim erwachsenden und erwachsenen Menschen die Angelegenheit eines Kompromisses zwischen der Evidenz für ihn subjektiver Tatsachen und der Anwendung objektiver Sachverhalte und Regeln […]. Schmitz 2008, S. 79“ Die mir aufgedrängte Übertonung der objektiven Sachverhalte, um die es mir zwar subjektiv geht, die ich aber selbst nicht als subjektive Tatsachen verorten kann, wurde für mich zum Zeitpunkt einer des Gewahrwerdens temporären des Entfremdung14 Widerspruchs offenbar. als Meine Erlebnis Äußerungen „In der gängigen, unscharfen Ausdrucksweise […] könnte man sagen, daß die persönliche Situation aus dem Temperament und dem Charakter bestehe. Das Temperament ist dann die persönliche leibliche Disposition, zu der besonders die Vitalität und die Konstitution […] gehören.“ Schmitz 2008, S. 84 „Abgesehen von der Erinnerung und dem (potentiellen) Erinnerungsvorrat gehört zu dem, was man in der persönlichen Situation den persönlichen Charakter nennen könnte, eine mehr oder weniger chaotischmannigfaltige Masse von Programmen und Problemen, die den prospektiven Teil der persönlichen Situation […] ausmachen.“ Ebd., S. 85 12 Eine Konstellation lässt sich als Vernetzung aus der Situation herausgelöster, einzelner Elemente beschreiben. Vgl. Schmitz 2005, S. 27 13 „Personale Emanzipation ist der Rückzug eines Subjekts (Bewußthabers), das sich dadurch aus der Verschmelzung mit Hier, Jetzt, Dasein und Dieses in der primitiven Gegenwart erhebt […] Schmitz 2008, S. 79, 80 „Der personalen Emanzipation korrespondiert gegenläufig die personale Regression als Rückfall in primitive Gegenwart […]“ Ebd., S. 80 14 Eine Entfremdung kann zum einen eine von außen erzwungene Subjektabschälung bedeuten. In diesem Fall entspricht es jedoch der Erfahrung mit seinen konstellatorischen Explikationen nicht mehr an seine implizite persönliche Situation anschließen zu können. 11 13 gingen nicht mit meiner Persönlichkeit überein. Anstatt meine persönliche Situation zu aktualisieren, verblieb diese im vorherigen Zustand. Oder kurz: Ich gab vor wie ein Moderator zu sprechen, obwohl ich immer noch ein Initiator15 war. Eine Schieflage der Dynamik Regression erscheint von einem personaler Dritten Emanzipation als eine Form und von verfehlter Authentizität. Erst mit der Störung der Dynamik von personaler Emanzipation und Regression und der damit einhergehenden Diskrepanz zwischen der situativen und konstellatorischen Ebene, wurde für die Gruppe die Antinomie einer determinierten Indeterminiertheit spürbar16. Die Antinomie besteht darin, dass die Forderung nach offenen Strukturen selbst nicht offen ist. Die Antinomie besteht zwar im Paradoxen der Aussage selbst, doch wird sie erst zum Problem, wenn sie durch eine Diskrepanz der genannten Ebenen zur Erscheinung gelangt. schützen, betonten die Um ihre jeweilige Souveränität zu Teilnehmer folglich die, aus meinen Äußerungen zur Gruppestruktur hervorgehende, explizite Seite der Indeterminiertheit. Die konstellatorische Ebene erfuhr für die gesamte Gruppe eine Übertonung, zu ungunsten der situativen Ebene. Die Schieflage meiner persönlichen Situation bewirkte zwar nicht in Gänze eine Schieflage im Netzwerkgeschehen, aber sie zeichnete sie anscheinend vor. 4.2.2 Das Schamgefühl Ein Aspekt, der diese Entwicklung mit begünstigte, war das Entstehen einer Atmosphäre der Scham, die Eindrücke evozierte, die alle darauf folgenden Sitzungen mit bestimmten. 15 In den Wochen zuvor, als ich mich mit den potentiellen Teilnehmern einzeln traf und das Netzwerkkonzept explizierte, fand gleichsam eine personale Regression statt, durch die ich objektivierte Bedeutungen wiederum in meine Persönlichkeit aufnahm. Es kam stets zu einem gelungen Kompromiss bzw. gelungen Aushandeln von Subjektabschälung und –Aneignung, sodass ich auf der reflexiven und präreflexiven Ebene als Initiator auftrat. 16 Dies bedeutet nicht, dass ihnen die Angelegenheit reflexiv bewusst war. Sie erlebten mich in einer Diskrepanz, die sie selbst angeht. 14 Die bekundete Initiative zur Akquise eines Psychologen verstieß gegen die Norm der gemeinsamen Situation der Gruppe. Dieser Verstoß erzeugte ein ergreifendes Gefühl17 der Scham: „Scham ist dagegen der zentripetale Rückschlag einer Atmosphäre gegen das Abprallen einer Initiative, die zurück gewiesen wird.“18 Dies meint zum einen, dass die Scham zu den zentrierten Gefühlen, bei Husserl würden sie intentionale Gefühle heißen, gehört und zum anderen, dass sie sich als um einen Mittelpunkt kreisend diesem aufdringlich annähren. Die angesprochene Initiative, die die Scham auslöst, kann, aus der Perspektive der empfundener, Vorschein Gruppe, wenn kommen. Verankerungspunkt, als auch Gerade der intendierte latenter, bei der Handlung oder Geltungsanspruch Scham beschämende lassen Umstand, als zum sich der und der Verdichtungsbereich dieses Gefühls, der beschämte, sehr klar von einander Bewegung des unterscheiden.19 Gefühls die Dabei gesamte kann Gruppe die zentripetale ergreifen und die Empörung über das Geschehne verstärken. Zu betonen gilt es, dass durch die Scham die Norm der gemeinsamen Situation der Gruppe, welche zuvor nur implizit, latent vorhanden war, explizit wird und ihre, über die konkrete, aktuelle Situation hinaus, konstituierende Wirkung entfaltet. „Zorn und Scham sind kathartische Erregungen, die durch eine Störung, die ihr Verankerungspunkt ist, eintreten und darauf drängen, sich an ihrem Verdichtungsbereich durch einen Angriff, der die Störung kompensiert, auszulassen und aufzuheben.“20 17 Atmosphären der Gefühle sind in gemeinsame Situation eingebunden. Dabei darf man Gefühle, im Gegensatz zum Fühlen wie z.B. Schmerz oder Hunger, nicht als private Seelenkonfigurationen begreifen, sondern als Atmosphären die sich alokal ergießen. Man kann sie auf einer distanzierten Weise entweder nur wahrnehmen oder, von ihr befangen, sie am Leib spüren. Vgl. 2005. S. 240 18 Schmitz 2010, S. 195 19 Vgl. ebd., S. 194 20 Ebd., S. 195 15 Zorn21 und Scham gelten Unrechtserfahrungen22, Rechtsempfinden die als sozusagen ausmachen, die die die ihre elementarsten Vorstufe Autorität zu einem direkt und unmittelbar aus der Macht bzw. dem Ergriffensein durch die Atmosphäre jenes Gefühls erhält.23 Das Gefühl der Scham wirkt sich, entgegengesetzt zum Zorn, passivierend und lähmend, auf den Beschämten und, je nach der Intensität der Ergriffenheit24, auf die Gruppe. Es entwickelt sich für den Beschämten ein Impuls des ‚Weg!’, der sich jedoch nicht entladen kann, da er sich selbst vereitelt. Mit der Scham geht einher, dass man sich in sich selbst verkriecht und der Impuls des ‚Weg!’ richtet sich auch nach Innen, womit der Beschämte immer einstimmt und in den das Chor Gefühl Beteiligten affirmiert. Katharsis.25 Es gibt der der Die auch zentripetalen Scham Scham für sich vereitelt Situationen, in Erregungen und ihre denen die eigene sich der Beschämte selbst nicht schämt, was wiederum die Atmosphäre der Scham in ihrer Virulenz mildert. Die sich entwickelnde Atmosphäre hinterließ einen starken Eindruck auf die gemeinsame Situation des Netzwerks. Sie erhob meine Initiative zum Unrecht, was dazu führte, dass auch in den kommenden Sitzungen Aussagen, Setzungen verblieben stets auf annährungsweise oder Initiativen einer sehr determinierende ausblieben. unkonkreten Ebene Wir der Diskussion, die viel Kontingenzerleben zuließ und begünstigte. Des Weiteren war das Niveau unserer Auseinandersetzungen distanziert und kritisch-reflexiv, um die Ergriffenheit durch 21 Der Zorn ist sozusagen die Schwester der Scham. Beide sind intentionale Gefühle mit getrennten Verankerungspunkt und Verdichtungsbereich. Die suggerierte Bewegung des Zorns ist aber eine zentrifugale, bei dem der Zornige seinen Dominanzanspruch Geltung verschaffen möchte. 22 Vgl. ebd., S.195 23 Vgl. ebd., S. 241 24 Dies zeigt sich vor allem bei der Peinlichkeit, als spezielle Form der Scham. Vgl. ebd., S. 199 25 Vgl. ebd., S. 197 16 Atmosphären der Gefühle zu mildern und in ihren Auswirkungen zu lähmen, - sozusagen als kollektive Überwindungsstrategie.26 4.2.3 Von der Situation zur Konstellation Die Leiblichkeit mit ihrer Achse des vitalen Antriebs, bestehend aus den Dynamiken der Engung und Weitung, begünstigt durch ihre leiblichen dialogische Struktur Kommunikation, in verschiedene der sie Formen sich, in der ihrer Entwicklung, aber immer schon befand, - d.h. eine isolierte Leiblichkeit gibt es nicht.27 Im Fall des Netzwerks handelt es sich um eine leibliche Kommunikation in der Art einer antagonistischen Einverleibung zwischen Personen28, wobei sich verschiedene Engungen und Weitungen so ineinander verschränken können, dass sie sich in der gemeinsamen Situation erschöpfen und nicht ausschließlich an die persönliche Situation des jeweiligen Teilnehmers gebunden sind.29 Je nachdem wie intensiv man in eine gemeinsame Situation verstrickt ist, redet man entweder von einer implantierenden oder einer Situationen inkludierenden geben der eigenen Situation. Implantierende Leiblichkeit, durch ihre Eigengesetzlichkeit, einen enormen Halt und sind tief in die persönliche Situation eingewachsen. Die Ablösung von einer implantierenden Situation, wie z.B. der Muttersprache, ist nur partiell möglich persönlichen oder zersetzt Situation.30 Die bei der Ablösung gemeinsame Teile Situation der des Netzwerks am Anfang würde ich als inkludierende beschreiben, bei der sich ein lockeres Verhältnis eingestellt hat und in 26 Vgl. ebd., S. 198 Vgl. Schmitz 2005, S. 21 28 „Bewussthaber mit der Fähigkeit zur Selbstzuschreibung“ Schmitz 2005, S. 19 29 z.B. kann ein Teilnehmer in engender Konzentration verharren, während der Teilnehmer den er anblickt den weitenden Part übernimmt und so vielleicht einem festgefahrenen Gespräch neue Perspektiven eröffnet. 30 Vgl. Schmitz 2005, S. 25 27 17 der implizit Konventionen, Interessen, sowie Wünsche aufgingen, welche das Miteinander steuerten. Gefährdet wurde diese Situation durch den Es scheint Konstellationismus. sinnvoll, Einzelnes aus der nach und für nach das aufkommenden Umgehen gemeinsamen miteinander Situation zu lösen bzw. zu explizieren, um diesem Einzelnen gegenüber zu stehen und etwas damit machen zu können bzw. sich diesem Aspekt bemächtigen zu können.31 So kann man aus der Situation heraus mehrere Aspekte verknüpfen und sich Modelle über die Welt schaffen, um mit ihr umgehen zu können. Im Netzwerk schien die Betonung der konstellatorischen Ebene anfangs sehr sinnvoll, um formale Abstimmungen zu evozieren. Jedoch lösten wir uns sehr von der gemeinsamen Situation, indem wir sie in Einzelnes auflösten und eine hoch reflexive Konstellation bildeten. Da wir uns von der Situation entfernten, kam es dazu, dass wir auf der konstellatorischen Ebene ein Bild von der Gruppe entwarfen, das der gemeinsamen Situation nicht gerecht wurde. Wir redeten z.B. darüber, dass wir eine Vision von Gesundheit evozieren wollen, ohne ein gemeinsames Fundament zu haben. Da unsere Diskussionen zwar interessant waren, aber keine Früchte trugen, besannen Situation, sondern wir uns nicht versuchten den auf unsere Grad an gemeinsame Formalität zu erhöhen, um damit umgehen zu können. So wurde aus der Vision von Gesundheit ein Modell von Gesundheit, und aus der Absicht einer organisch, synthetischen Expertise eigener Dimension die Absicht einer additionalen, analytischen Sachverständigkeit. Allerdings waren gerade die Aspekte des Schöpferischen und des Synthetischen, Gesundheit die sich erschöpfen in eine neue sollten, Ganzheitlichkeit die von deklarierten Grundbedingungen für die Zusammenarbeit und Strukturierung im Netzwerk. 31 ?????????????????????????????????? 18 „Das Phänomen des Schöpferischen steht klar im Gegensatz zum Phänomen des Machens. Das Schöpferische Elementen ist uns vollkommen unverfügbar. Es wird hergestellt, die bereits in der Umwelt nicht aus vorliegen, sondern bezeichnet die Selbstherstellung der Einheit und die Hervorbringung des Neuen. Dabei ist das Subjekt nicht Ursprung eines schöpferischen Prozesses, sondern wird durch den schöpferischen Prozess hervorgebracht. Das Subjekt als Bedingung seiner eigenen Neukonstitution und Veränderung, entsteht erst im Vollzug dieser Veränderung. Diese schöpferischen Prozesse haben keinen oberflächlichen Charakter, sondern ergreifen den Menschen in seinem gesamten Wesen. Es handelt sich hierbei um eine sehr tief greifende Form des Lernens, des Sich- Entwickelns, des konstitutiven Umstrukturierens. Diese Prozesse zu fördern bedeutet gerade nicht, nach dem Credo zu handeln: Immer mehr Wissen zu akquirieren, die Umwelt effizienter zu operationalisieren Anpassungsdruck und sich auszusetzen. selbst Man ist einen zwar, riesigen von außen Bildungs- betrachtet, und sehr aktiv, kommt aber mit sich selbst nicht weiter.“32 Bei dieser Form des Schöpferischen steht das jeweilige Ich der Situation nicht gegenüber, sondern versucht sich mit ihr zu identifizieren und in ihr aufzugehen. Während des Prozesses der Überformung der Situation konstituiert sich das Ich neu.33 Dabei bezieht sich das Ich in einer Weise auf die jeweilige Situation, die sich erschöpfen lässt, Handlungen und nicht sondern in einem darüber stabilisierende rationalen hinaus leibliche Rahmen ritualisierte Prozesse mit einschließt.34 4.2.4 Netzwerktheoretische Betrachtung Nun möchte ich mich dem beschriebenen Sachverhalt nochmals mit der Hilfe Zuhilfenahme netzwerktheoretischer eröffnet der hier Denkfiguren betriebenen nähren. Analyse Diese für die schon beschriebenen Aspekte eine neue Perspektive und überdies 32 Siehe Anhang: Netzwerkkonzept Vgl. Stenger 2002, S. 151 34 Vgl. ebd., S. 152 33 19 scheint mir die Netzwerktheorie, da sie im Sinne des Wortes eine Theorie Prozesse der Netzwerke auf der Gruppenkonstitution, ist, bestens dafür konstellatorischen bei denen meine geeignet Ebene vorhergehende der Analyse endete, in ihren Verlauf weiter zu beschreiben. Es hat sich zwar noch nicht so etwas wie eine eigenständige, genügend elaborierte Netzwerktheorie im wissenschaftlichen Sinne herausbilden können, aber es gibt einen Punkt in dem sich alle netzwerktheoretischen fokussieren sozialer weder individuelle Systeme, sondern Bemühungen Motive nehmen noch eine gleichen: sie Bestandsprobleme relationalistische Perspektive ein.35 Der Fokus auf soziale Beziehungen erlaubt der Netzwerktheorie, die intermediäre Ebene soziale Netzwerke zwischen dem einzelnen Individuum und der Gesellschaft zu beschreiben.36 Die Herausbildung eines Netzwerkphänomenologie Ansatzes, nennt, der sich gestattet mir netzwerktheoretische Überlegungen direkt an meine zum größten Teil leibphänomenologischen Beziehungen als Netzwerk zu Deskriptionen beschreiben, anzuschließen. z.B. Akteure als Knotenpunkte verschiedener ‚ties’ oder auch Beziehungsstränge genannt, setzt immer schon Abstraktion von der konkreten Situation voraus und widerspricht somit dem phänomenologischen Credo, die jeweiligen Sachverhalte stets so zu beschreiben, wie sie sich einem zeigen. Jedoch werden soziale Kontakte von den Beteiligten Netzwerken selbst abstrahiert generalisiert. Es und handelt zu sich Relationen um in sogenannte ‚Realabstraktionen’, z.B. in Form von Kategorien wie Freunde, Verwandte, Bekannte, die Wirklichkeit ausmachen erschöpfen.37 Durch die bereits und sich ständigen ein in Teil ihr der sozialen wirkungsmächtig Selbstbeschreibungen und 35 Vgl. Kneer/ Schroer, S. 253 Vgl. ebd., S. 258 37 Vgl. ebd., S. 266 36 20 Bezeichnungen werden die jeweiligen Situationen stabilisiert und die sich in ihnen befindlichen Beziehungen verbindlich. Es bildet sich für die Gruppe eine ‚story’ aus, die über das Faktische hinaus das Beziehungskonglomerat mit Bedeutung füllt und ihr einen Rahmen gibt.38 Ähnlich der Konstitution einer gemeinsamen Situation kann eine story nicht als Aggregat individueller Absichten und Motive, sondern ausschließlich als soziale Realität sui generis begriffen werden. „Wenn man sich auf jemanden „verlassen kann“, generalisiert man konkrete Erfahrungen in spezifischen Situationen zu einem Erfahrungskomplex des persönlichen Vertrauens, der sich nicht aus Rollen oder Programmen – und erst recht nicht aus physikalischen Gesetzen – ableitet.“39 Da man stories als emergente soziale Realitäten eigener Art begreift, gleichwohl Kontrollversuchen sie der auf den Einzelnen Interpretationen beruhen, kann man und das Zustandekommen des eingängig beschriebenen Widerspruchs auch netzwerktheoretische beschreiben. Das Phänomen des ‚switching’ beschreibt den Wechsel von einem Netzwerk in ein anderes mit anderem Beziehungstyp.40 In meinem Fall wäre dies der Wechsel vom Initiator – potentieller Teilnehmer-Einzelgespräch hin zum Moderator – Mitglieder verschieden-artige macht und – stories, zu Netzwerk. was Konflikten, das Beide Netzwerke switching haben problematisch Missverständnissen, sowie Widersprüchen führt. Abschließend möchte ich die Gruppenprozesse mit Hilfe eines strukturalistischen, netzwerktheoretischen Ansatzes erläutern. Innerhalb dieses Ansatzes werden soziale Relationen beispielsweise als Muster von Knoten und Linien beschrieben. 38 Dies ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass sie die Gruppenprozesse determiniert. Sie gibt überhaupt erst vor was als Überraschung oder Abweichung in Frage kommt. Vgl. ebd., S. 267 39 Ebd., S. 267 40 Vgl. ebd., S. 270 21 Im Verlauf der einzelnen Zentralität41, welche Waldmann mich und aufgelöst und auf Netzwerktreffen meinen gerichtet die Dichte Kommilitonen war, bzw. hat in eine Intensität sich die Maximilian Dezentralität der ‚ties’ hat abgenommen. Dies erklärt sich daraus, dass die Rolle eines Moderators immer unbedeutender wurde und auf der konstellatorischen Ebene viele Redundanzen auftraten, die als Folge die Kontaktfrequenz und –intensität schrumpfen lässt.42 Die Gruppe hatte sich von der gemeinsamen Situation entfernt und kreiste sozusagen um sich selbst. Die schwächeren ties gaben allerdings die Möglichkeit frei, Teilgruppen im netzwerkfremde Netzwerk Regionen Wissensressourcen, sowie entstehen zu erschlossen und kreatives lassen, somit Potential die sich verschiedene akquirierten. Diese ‚Broker’43 gaben einerseits neue Ideen in die Gruppe und prägten andererseits die Machtverhältnisse in dem Netzwerk durch ihren Informationsvorsprung. Die Gruppe reagierte darauf wie gewohnt distanziert, was sich auch darin ausdrückte, dass die Beziehungsstränge noch schwächer wurden. Es sei zum Schluss darauf hingewiesen, dass man mit netzwerktheoretischen Ansätzen die beschriebenen Sachverhalte auch detaillierter Aufzeichnung einzelner immer analysieren narrativer Sequenzen Interaktionsepisoden, genauer den könnte, Sachverhalt um zu oder aus z.B. der diesen durch die Untersuchung Einzelheiten rekonstruieren.44 Geht es hingegen um das ganzheitliche Erfassen einer Situation, kämen wohl eher Methoden der Leibphänomenologie zur Beschreibung in Frage. 41 Vgl. ebd., S. 257 Vgl. ebd., S. 258 43 Als ein Ausdruck für diejenigen, die zwischen zwei Netzwerken vermitteln. Vgl. ebd., S. 259 44 Vgl. ebd., S. 270 42 22 5. Resümee Vielleicht bekam der Leser dieses Berichts einen zu argen negativen Blick auf die Konstitution des Netzwerks, was aber einerseits dem andererseits Anspruch dem einer kritischen Vergleich mit Reflexion den und ursprünglichen Vorstellungen zum Aufbau des Netzwerkes geschuldet ist. Es fanden im Rahmen der gemeinsamen Netzwerkarbeit viele interessante Diskussionen und ein reger Austausch an Gedanken statt. Allerdings hatten wir, mein Kollege Maximilian Waldmann und ich, in der Phase der Akquise die potentiellen Mitglieder mit dem Ausblick auf die Generierung einer Expertise sui generis und der Evokation einer Vision von Gesundheit für das Netzwerkprojekt Zusammenarbeit beworben sind und wir begeistert. jedoch Im allzu Verlauf sehr von der diesem anfänglichen Fundament genommen hatte. Diese Abweichung vom ursprünglichen Vorhaben lässt sich aus der jeweiligen beruflichen Situation der einzelnen Mitglieder erklären, - erschöpft sich m. E. aber nicht darin. Viele Mitglieder jeweiligen mehreren führte waren Profession Projekten zu einem schon tätig bzw. seit und vielen engagierten Arbeitsbereichen zunehmenden Jahren Mangel an sich in ihrer stets gleichzeitig. Zeitressourcen in Dies und zeigte die Grenzen des Aufbaus einer eigenen Expertise auf. Denn so anstrebenswert eine übergreifende, eigene Expertise auch sei, blieben die Teilnehmer doch in ihrer Teilnehmer nicht jeweiligen Profession verhaftet. Grundsätzlich ließen sich die gemeinsame Situation ein, in stattfinden können. Analyse Gründe beleuchtet. konstellatorischen Zu Ebene dafür sehr der schöpferische hatte blieb verhaftet, auf auf ich der Prozesse bereits die in Gruppe die eine Werte der der der Egalität und Autonomie des Einzelnen verteidigt wurden, und 23 zwar in einer Weise, die einer Ausgestaltung bzw. einer sich bildenden, tieferen Charakteristika des Netzwerks entgegen stand. Das Netzwerk tragfähigen ist derzeit Kontakten seiner jeweiligen Dieser Umstand Durchführung in besteht Vorhaben hilft und u. Verfassung, dem einen mir eines einer einzelnen gewissen a. bei kommen Gesundheitsprojekt als beim dem Aufbau anstehenden, Referenten und im Rückhalt Nachfolger-Projekts. Netzwerkmitglieder die aus Rahmen bietet. und der Verschiedene universitären Multiplikatoren in Frage. Wiederum geht es mir darum, über einen oberflächlichen, konstellatorischen Netzwerkcharakter hinaus schöpferische Prozesse und eine synthetisch, ganzheitliche Perspektive zu fördern. Dabei hat Netzwerkgeschehens, mir die auch dieser die erneute Bericht mir Reflexion auferlegt des hat, geholfen, wie sich verschiedene Ebenen der Gruppendynamik zu einander verhalten können und welche verschiedenen Analysemethoden ich für die jeweiligen Ebenen als zweckmäßig erachte. Aus wissenschaftlich-theoretischer Perspektive müsste allerdings nochmals umfassender über die Anschlusspunkte der verschiedenen, Dieser Bericht explizierten legt Denkfiguren zumindest eine gearbeitet werden. Anschlussfähigkeit von Phänomenologie, Netzwerktheorie und Systemtheorie nahe. „Mit dem freien, selbstbewussten Wesen tritt zugleich eine ganze Welt – aus dem Nichts hervor – die einzig wahre und gedenkbare Schöpfung aus dem Nichts“ 24 6. Literaturverzeichnis Kneer, G./ Schroer, M. (Hrsg.) (2009): Handbuch soziologische Theorien Wiesbaden: VS Verlag Schmitz, H. (2005): Situationen und Konstellationen Freiburg: Alber Schmitz, H. (2008): Leib und Gefühl Bielefeld: Aisthesis Verlag Schmitz, H. (2009): Einführung in die Neue Phänomenologie Freiburg/ München: Alber Schmitz, H. (2010): Jenseits des Naturalismus Freiburg im Breisgau: Alber Stenger, U. (2002): Schöpferische Prozesse Weinheim/ München: Juventa 25 7. Anhang Netzwerk Argumentation Kurzfassung I. Der Schöpferische Mensch II. Das synthetische Denken III. Das Schöpferische und das Synthetische IV. Gesundheit V. Die Auflösung des Selbst VI. Unsere Vision: Das Netzwerk als Hinwendung zum Selbst I. Der Schöpferische Mensch „Mit dem freien, selbstbewußten Wesen tritt zugleich eine ganze Welt – aus dem Nichts hervor – die einzig wahre und gedenkbare Schöpfung aus dem Nichts.“45 Die Grundlage des Schöpferischen Menschen liegt in der Annahme, dass der Mensch frei ist. Der Mensch befindet sich in der Notlage, sich und seine Welt stets neu zu erschaffen. Begriffe, Regeln, Gesetzmäßigkeiten und andere berechenbare Formen erscheinen immer erst im Nachhinein und lassen eine Kausalität Prozesses vermuten. der Die Förderung Neukonstitution, der den des schöpferischen Menschen zu diesem besagten freien, selbstbewussten, mündigen Wesen werden lässt, ist unsere Aufgabe. Das Schöpferische am Menschen ist keine Applikation: 45 Der Mensch ist nicht Mensch und dann noch Siehe „Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus“ 26 irgendwie schöpferisch, sondern das Schöpferische offenbart seine Grundwesenheit. Ganz gleich, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Wir sind stets darum bemüht, nicht zu zerfallen, zu sterben, uns aufzulösen. Wir ringen ständig um die Einheit unseres Selbst, auf der Suche nach dem Gefühl der Kohärenz und Kongruenz. Wir streben nach Sinn und Wert und versuchen unsere Welt zu verstehen, sie uns verfügbar und handhabbar zu machen. Und wir entwerfen unser Selbst und die Welt immerwährend neu, um nicht der Leere, dem Nichts, dem Tod in Ohnmacht zu erliegen. Als Bsp.: Eine Person trägt eine Brille. Die Brille ist geteilt: Auf der rechten Seite trägt die Person ein rotes Glas und auf der linken ein grünes. Die Person trägt in einem Experiment die Brille drei Monate lang permanent, sie schläft sogar mit dieser Brille auf der Nase. Wenn die Brille das erste Mal aufgesetzt wird, sieht die Welt für die Person geteilt aus: Alle Dinge erscheinen links mit einer grünlichen und rechts mit einer rötlichen Färbung. Das war zu erwarten. Doch dann passiert etwas Unerwartetes: Die Welt wird allmählich wieder einheitlich. Sie ist nicht länger in eine linke grüne und eine rechte rote Hälfte geteilt. Die Welt wird wieder polychrom, wie zuvor. Die Person nimmt die Welt in ihrem gesamten Farbspektrum wahr. Der Mensch formt in diesem Sinne die Welt als etwas Konsistentes und Kohärentes. II. Das synthetische Denken Der Prozess des Schöpferischen lässt sich nicht analytisch, also nicht aus seiner Zerlegung heraus, sondern lediglich synthetisch, aus seiner Ganzheit heraus fassen. Eine Ganzheit die nur der Mensch hervorbringt. Das analytische Denken 27 zerlegt die Dinge und führt sie auf ihre einfachen Elemente zurück, um sie zu erklären und berechenbar zu machen. Diese Denkart, wie sie vorwiegend in der Wissenschaft angewandt wird, hat uns Vieles gebracht, vor allem technischen Fortschritt. sobald führten der Doch stößt Mensch das analytische Gegenstand Technologien, z.B. ihrer des Denken an Betrachtung pädagogischen Grenzen, wird. Zwar Handelns, zu einer Steigerung der Qualität und Effizienz; doch zeigt sich, dass technischer Fortschritt bisher immer eng verbunden war mit der Technisierung und Operationalisierung des menschlichen Individuums. Humankapital Größe; ist Der Mensch verzweckt und wird als in einigen Ressource zur Bereichen als berechenbaren doch der Mensch ist keine Maschine. Denn die Maschine nicht frei. Diese Trivialisierungstendenzen wollen und können wir nicht abschaffen, aber wir können ihnen mit einem Konzept von Gesundheit, gegründet auf synthetischem Denken, begegnen. Das synthetische Denken fügt Dinge zusammen und führt sie auf ihre höhere Einheit zurück, um ihren Sinn zu erkennen und sie in ihrer Ganzheit zu fassen. Als Bsp.: Die menschliche verschiedenen Hand versuchen Gewebeschichten wir für gewöhnlich zu erklären aus den (Muskelfasern, Knochen, Hautschichten etc.). Aber die Hand ist nicht für sich selbst Hand. Sie steht zum Körper nicht im Verhältnis, wie ein Zahnrad zum Uhrwerk. Sie ist kein Teil einer Maschine, sondern eines Organismus. Die Hand lässt sich demnach nicht aus ihren Einzelbestandteilen heraus verstehen, sondern nur aus ihrem Verhältnis zum Ganzen, zum Organismus. Das besondere an diesem Verhältnis ist das Grundpostulat, dass das Ganze seine Teile umschließt und durch sie bestimmt wird und gleichsam die Teile diese Ganzheit in sich tragen. 28 III. Das Schöpferische und das Synthetische Diese Denkart grenzt mechanistischen Phänomen des sich von Herangehensweisen Entstehens des reduktionistischen ab. Wie lässt Organischen im und sich das Gegensatz zum Mechanischen fassen? D.h.: Wie lässt sich das Entstehen der Einheit des Menschen beschreiben? Wir könnten vorhanden davon ist, ausgehen, der dass bewirkt, dass im Menschen alle Teile ein als Kern Ganzes zusammenwirken und eine Einheit bilden (Substanzontologie). Wir könnten Ganzen ebenso durch davon allerhand ausgehen, dass das Gesetzmäßigkeiten Phänomen in des systemischen Prozessen beschrieben werden kann (Systemtheorie). Die Option Einheit die wie schöpferischen wir wählen, folgt: Der Prozessen beschreibt Mensch beteiligt, das ist die die Entstehen der fortwährend an Einheit seiner selbst immer wieder neu hervorbringen. Das Phänomen des Schöpferischen steht klar im Gegensatz zum Phänomen des Machens. Das Schöpferische ist uns vollkommen unverfügbar. Es wird nicht aus Elementen hergestellt, die bereits in der Umwelt vorliegen, Einheit sondern und die bezeichnet Hervorbringung die Selbstherstellung der des Neuen. das Dabei ist Subjekt nicht Ursprung eines schöpferischen Prozesses, sondern wird durch den schöpferischen Prozess hervorgebracht. Das Subjekt als Bedingung seiner eigenen Neukonstitution und Veränderung, Diese entsteht schöpferischen erst im Prozesse Vollzug haben dieser keinen Veränderung. oberflächlichen Charakter, sondern ergreifen den Menschen in seinem gesamten Wesen. Es handelt sich hierbei um eine sehr tief greifende Form des Lernens, des Sich- Entwickelns, des konstitutiven Umstrukturierens. Diese Prozesse zu fördern bedeutet gerade nicht, nach dem Kredo zu handeln: Immer mehr Wissen zu akquirieren, die Umwelt effizienter zu operationalisieren und sich selbst einen riesigen Bildungs- und Anpassungsdruck 29 auszusetzen. Man ist zwar, von außen betrachtet, sehr aktiv, kommt aber mit sich selbst nicht weiter. Umgekehrt scheinen schöpferische Prozesse, als innere Bewegungen des Selbst, erst in Zeiten der Ruhe abzulaufen. Die Förderung bedeutet also: Den Menschen in Bewegung Entwicklungssprung, der zu nicht versetzen an eine durch einen Ortsveränderung oder äußere Dynamik gebunden ist. Die Phänomenologie systemtheoretische nicht aus, sie des und vereint Schöpferischen substanzontologische sie und schließt Beschreibungen erweitert sie um einige Aspekte. IV. Gesundheit Gesundheit verstanden darf nicht werden, als sondern passiver als Gleichgewichtszustand labiles Geschehen, das sich aktiv und dynamisch reguliert.46 D.h. sie definiert sich nicht durch das Ausbleiben von Krankheiten. Wir fragen nicht nach dem Ursprung von Krankheiten und deren Beseitigung, Gesundheit. sondern Wie nach können Bedingungen wir dem für einzelnen das Werden Menschen von helfen, immer wieder eine eigene Ordnung gegenüber Verfallsprozessen auszubilden? Dieser Begriff von Gesundheit beschränkt sich nicht auf den Körper, sondern muss die gesamte Person und dessen Lebensumwelt einbeziehen. Lassen Sie uns Gesundheit fördern, anstatt lediglich vor Krankheiten zu schützen. Es wäre verfehlt, Menschen von schädlichen Einflüssen isolieren zu wollen. Es wäre verfehlt, sie bewahren zu wollen. Aber wir können ihr Selbst stärken und fördern. Auf dass sie ihr Leben souverän gestalten können! 46 Siehe Anthropologische Medienerziehung, siehe auch systemisch- konstruktivistische Pädagogik 30 Diese vor Erläuterungen Augen sollen führen, Ihnen, dass wir den den Netzwerk-Mitgliedern, Menschen aus seiner Ganzheitlichkeit heraus verstehen und dass die Grundleistung des Menschen in der stetigen Hervorbringung der Einheit des Menschen besteht. Diese Grundleistung ist Gesundheit. V. Die Auflösung des Selbst Die Gesundheit, also die Konstruktion der Einheit des Menschen, ist bedroht. Erst in der Bedrohung der Einheit wird offensichtlich, dass der Mensch kein bleibendes statisches Wesen hat. Der Mensch stellt eine Vielheit dar, die immer wieder zur Einheit gebracht werden muss. In Situationen, in denen sich der Mensch auf lediglich einen Aspekt seines vielfältigen Selbst beschränken muss, löst er sich auf. Sozusagen in Momenten, in denen er nicht er selbst sein darf. Die Auflösung des Menschen findet sich in vielen Bereichen: Beispielsweise Medizinsystems zu einer führt die Ausdifferenzierung fortschreitenden Objektivierung des des Menschen. Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Facharzt für Innere Medizin, der sich auf Leberkrankheiten spezialisiert hat. Sie werden als Träger von Leberkrankheiten behandelt und objektiviert werden. Neben Prozessen der Ausdifferenzierung existieren andere Prozesse, die eine Auflösung der Einheit des Menschen fördern. Dies sind beispielsweise Prozesse der Individualisierung, der Technisierung, der Entfremdungsphänomene. Mechanisierung, Dieser Auflösung aber des auch Selbst alle begegnen wir durch eine Hinwendung zum Inneren, zum Selbst. 31 VI. Unsere Vision: Das Netzwerk als Hinwendung zum Selbst Im Kern der Netzwerkarbeit liegt, das Selbst des Menschen zu stärken. Wir hatten festgestellt, dass der Mensch kein starres Gebilde aufweist, außerordentliche sondern gekennzeichnet Vielschichtigkeit und ist innere durch eine Zerrissenheit, die immer wieder zur Einheit gebracht werden muss. Um dem netzwerkartigen Charakter des Menschen adäquat zu begegnen, bilden wir selbst die Struktur eines Netzwerks aus. Unser Netzwerk ist die Antwort auf das Netzwerk, das wir Mensch nennen. Dabei spielt die Heterogenität unserer Gruppe eine entscheidende verschiedenen Rolle: Neue Perspektiven Ansammlung von der ergeben Kompetenzen, einer aus Durch sich den die gewonnen ergeben fruchtbaren sich Mitglieder. Erfahrungswissen, verschiedenartigen Möglichkeiten Ideen aus vielfältige Zusammenarbeit. In Analogie zum Menschen ist es auch für uns von enormer Bedeutung, das Netzwerk in gemeinsamer Auseinandersetzung immer wieder neu zu konstituieren. Auf der Grundlage dieser schöpferischen Prozesse bilden sich Strukturen aus. Erst dann erscheint es möglich, unser Miteinander unter den Begriff des Netzwerks für Gesundheit zu stellen. Das bedeutet gerade nicht, dass wir die verschiedenen hinfällig Ansätze erklären. Kompetenzen in Ganzheitlichkeit, sind keine sozialeunseres der geht der für im Netzwerk Form geholfen um Professionen Aufnahme der Die Ideen der Gesundheit des Menschen bio-/ psycho-/ unterstreichen Sie soll eine sozusagen mitschwingen. kann dem werden ganz eigene innerhalb Durch Einzelnen - für eine verschiedene sondern Dimension. es Kontext. Einheit, Arbeitsprozesses Zusammenarbeit umfassenden Vielmehr Sammelbegriffe neue teilnehmenden erweitertem Phänomene, qualitativ der im so in Sinne die einer der 32 Ganzheitlichkeit. Prozess des Unsere Hauptaufgabe Schöpferischen Dementsprechend stärken wir im ist es, Menschen seine den zu aktiven fördern. Gesamtkonstitution, sein Selbst, und verhelfen ihm zu einer besseren Gesundheit. Die Unberechenbarkeit des Menschen lässt uns bei unserer Arbeit oft ins Straucheln kommen, zeigt uns Grenzen auf und fordert uns heraus. Lassen Sie uns immer wieder über den Menschen stolpern und Krisen als Chancen begreifen! Lassen Sie uns den Menschen immer wieder neu denken! Mit der Ersten. Gründung Man dieses könnte Netzwerks sogar meinen, sind wir dass bundesweit wir mit die unserer Schwerpunktsetzung auf Ganzheitlichkeit und auf synthetisches Denken die Tradition der Jenaer Frühromantik fortführen und erweitern. „Mit dem freien, selbstbewußten Wesen tritt zugleich eine ganze Welt – aus dem Nichts hervor – die einzig wahre und gedenkbare Schöpfung aus dem Nichts.“ 33 34