Statement Dauerfeldversuche 2015 Endf-1

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Statement
des Vorstandes und des wissenschaftlichen Beirates des Förderverbandes Humus e. V.,
des Vorstandes der Fördergesellschaft für Agrarwissenschaften e. V.,
des Vorstandes der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Dauerfeldversuche und
der Internetplattform www.agrarfakten.de
zur gegenwärtigen Situation auf dem Gebiet der praxisorientierten Humus- und
Klimaforschung und zur Nutzung der nationalen und internationalen Dauerfeldversuche.
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Die Landwirtschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten die Erträge gesteigert, die Bodenfruchtbarkeit erhöht, den Aufwand an Mineraldünger und chemischen Pflanzenschutzmitteln gesenkt und
wesentlich zur Landschaftsgestaltung beigetragen.
Im Zusammenhang mit der CO2 - Konzentration der Atmosphäre und der Klimaänderung
ist sie zunehmend in das öffentliche Interesse und in den Blickpunkt von Entscheidungsträgern auf
politischer und wissenschaftlicher Ebene gerückt (vergl.www.agrarfakten.de).
Gegenwärtig gibt es zwei schwerwiegende Irrtümer:
1. Es wird behauptet, dass die Klimaänderung einen Humusschwund verursacht.
2. Es wird behauptet, die CO2-Konzentration der Atmosphäre kann durch die Speicherung von Kohlenstoff im Boden verringert werden.
So wird einerseits postuliert „Böden mit einem Gehalt an organischer Substanz von weniger als 3,6
% befinden sich im Vorstadium der Wüstenbildung“ (Kommission der Europäischen Gemeinschaft,
2002), „Bei fast der Hälfte der europäischen Böden ist der Gehalt an organischer Substanz zu
gering“ (Fraktionsbeschluss von BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN vom 16. 10. 2012) oder dass
„…….Ackerböden der EU – 25 seit geraumer Zeit jährlich 3 % ihres Kohlenstoffs verlieren“
(Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften, 2012 in „Bioenergie, Grenzen und Möglichkeiten“ – diese Aussage wurde inzwischen zurückgenommen).
Andererseits wird der ackerbaulich genutzte Boden als Kohlenstoffsenke betrachtet und in einer
Humusanreicherung die Lösung des Klimaproblems gesehen: „Nur 8 kg Kohlenstoff je m2 mehr in
den landwirtschaftlichen Humusschichten gebunden und der CO2-Gehalt der Atmosphäre liegt
wieder unter dem kritischen Wert von 300 ppm“(Raggam, 2008 u. a.).
Derartige Verlautbarungen sind falsch, irreführend, zeugen von mangelnder Sachkenntnis und
führen, nicht nur in der Praxis, zu großer Verunsicherung und zu Fehlschlüssen.
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Die Humusforschung spielt sich überwiegend im Labor ab, die Ergebnisse gelangen kaum bis zur
praktischen Anwendung. Gewertet wird heute nicht der Nutzen eines Forschungsergebnisses für die
Praxis/Gesellschaft, sondern die mit Veröffentlichungen erzielte Punktezahl. Die Lösung des Problems liegt wegen der damit verbundenen methodischen Probleme nahezu ausschließlich in der Nutzung von Dauerfeldversuchen, sie ermöglichen die Quantifizierung der
Kohlenstoff- und Stickstoffdynamik über Jahrzehnte unter verschiedenen Boden-, Klima- und
Nutzungsbedingungen und sind durch keine anderen experimentellen Grundlagen zu ersetzen.
In Deutschland gibt es noch etwa 40 Dauerfeldversuche mit einer Versuchsdauer von > 30 Jahren.
Dauerfeldversuche sind zwar aufwendig und teuer, aber unentbehrlich.
Die bisherigen Kosten für diese Versuche, in Deutschland ein mindestens zweistelliger Millionenbetrag, sind bereits „abgegolten“, es haben sich in den vergangenen Jahrzehnten unschätzbare Erkenntnisse akkumuliert die heute mit vergleichsweise geringem Aufwand für die Agrar-, Umweltund Klimaforschung genutzt werden können.
Auswertungen von Dauerfeldversuchen unter sehr verschiedenen Standortbedingungen haben
zweifelsfrei ergeben, dass es, entgegen offiziellen Verlautbarungen,
- bisher keinen wissenschaftlich begründeten Nachweis gibt, dass der Klimawandel eine
Verringerung des Humusgehaltes von Ackerböden bewirkt hat, im Gegenteil.
- die Möglichkeit, den CO2 Gehalt der Atmosphäre durch landwirtschaftliche Humuswirtschaft („carbon sequestration“) sinnvoll zu verringern, auszuschließen ist.
Bisherige Bemühungen, die Erhaltung und umfassende Nutzung der vorhandenen Dauerfeldversuche zu erreichen, waren erfolglos.
Anlässlich der Internationalen Konferenz „Dauerfeldversuche als Forschungsbasis für eine nachhaltige Landwirtschaft“, welche die Humboldt - Universität 1997 in Berlin durchgeführt hat,
haben die Teilnehmer der internationalen Konferenz in einem Memorandum an alle Entscheidungsträger in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft appelliert:
- Tragen sie dazu bei, dass die europäischen Dauerfeldversuche als unentbehrliche Basis für
die Agrar- und Umweltforschung erhalten werden!
- Unterstützen sie die Bemühungen, die Dauerfeldversuche als Grundlage der experimentellen
Forschung zur nachhaltigen Bodennutzung gemeinschaftlich besser zu nutzen!
- Helfen Sie mit, anhand der Dauerfeldversuche wissenschaftliche Erkenntnisse zu
gewinnen, mit denen zu steigender Nahrungsproduktion, dauerhaften Erhalt der
Bodenfunktionen und Schutz der natürlichen Ressourcen beigetragen wird!
- Leisten sie einen Beitrag, um die Dauerfeldversuche als Wissenschaftserbe für künftige
Generationen verfügbar zu halten.
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Im Jahre 2005 wurde von der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Bodenfruchtbarkeit in der
IUSS - heute Internationale Arbeitsgemeinschaft Dauerfeldversuche - an die verantwortlichen
Entscheidungsträger in Politik und Wissenschaft eine Konzeption zum Erhalt und zur umfassenden
Nutzung von Dauerfeldversuchen mit sehr konkreten Vorschlägen bis hin zu ökonomischen
Berechnungen geschickt.
Es ist bezeichnend, dass lediglich die Bundeskanzlerin dieses Schreiben beantwortet hat, allerdings
mit dem Hinweis, dass die Zuständigkeit hierfür bei den Ländern liegt. Hier geht es aber nicht um
einzelne Versuche, sondern um die umfassende, koordinierte Nutzung aller Dauerfeldversuche
Deutschlands und darüber hinaus.
Im Dezember 2014 wurde mit dem gleichen Anliegen und mit dem Hinweis auf die o. g.
Fehlinformationen und Fehlentscheidungen vom Förderverband Humus e. V. ein offener Brief an
die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Prof. Dr. Johanna Wanka, versandt und
weiteren zuständigen Entscheidungsträgern zur Kenntnis gegeben.
In keinem Falle gab es eine Antwort und schon gar keine Stellungnahme zu dem von zahlreichen
kompetenten Wissenschaftlern vorgetragenen Anliegen. Es fällt schwer, hier nicht auf Desinteresse
und/oder Handlungsunfähigkeit der zuständigen Institutionen zu schließen.
Inzwischen hat die Universität Bonn ihre langjährigen, sehr wertvollen Dauerfeldversuche
abgebrochen.
Mit diesem Statement soll auf die gegenwärtig unbefriedigende Situation aufmerksam
gemacht und um Unterstützung für den im o. g. Memorandum genannten Appell geworben
werden.
Vorstand und wissenschaftlicher
Beirat des Förderverbandes Humus e. V.
Prof. Dr. habil. Dr. h. c. Martin Körschens
Ehrenvorsitzender,
Dr. Rolf Schmidt, Vorstandsvorsitzender,
Dr. Konrad Soyez, Vorsitzender des Wiss. Beirates
Vorstand der Fördergesellschaft
für Agrarwissenschaften
Prof. Dr. habil. Wolfgang Merbach
Vorsitzender
Vorstand der Internationalen
Arbeitsgemeinschaft Dauerfeldversuche
Prof. Dr. Hans-Richard Wegener
Präsident
Internetplattform www.agrarfakten.de
Prof. Dr. habil. Gerhard Breitschuh
Herausgeber und Autor
Mai 2015
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