I Diskussion

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I Diskussion
Die Behandlung des Hydrocephalus ist auch heute noch mit relativ hohen Komplikationsraten
verbunden, obwohl in den letzten Jahren große technische Fortschritte erzielt wurden. So
wurden die Ventile immer resistenter gegen Störungen und genauer in der Durchflussmenge
[131]. Ebenso wurden Implantationsmaterialien entwickelt, die Bakterien weniger
Besiedelungsmöglichkeiten gaben oder sogar antibakteriell waren [128]. Sciubba et al.
beschreiben
eine
2,4-fache
Reduktion
der
Shuntinfektionsrate
bei
Anwendung
antibiotikaimprägnierter Katheter [132].
Um die Behandlung weiter zu verbessern, müssen die Komplikationen immer wieder
aufgezeigt und analysiert werden. Dabei ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen
wie die kausale Ursache des Hydrocephalus, das Alter der Patienten, die Ableitungsart ventrikuloperitoneal oder ventrikuloatriale Ableitung -, die Art des Ventils, die Platzierung
des Zentralkatheters und der Operateur. Weiterhin müssen der Zeitpunkt der OP, die initiale
Ableitung (Rickham, externe Ableitung oder Shunt) wie auch die definitive Ableitung in die
Analyse einfließen.
I.1.
Allgemeine Daten
Im untersuchten Kollektiv litten mit 42 Prozent der Kinder die meisten an einem
posthämorrhagischen Hydrocephalus. 61 Prozent der Kinder waren vor der 37.
Schwangerschaftswoche und 27 Prozent vor der 29. Schwangerschaftswoche geboren worden.
42 Prozent hatten ein Geburtsgewicht unter 2000g. Unter 1000g wogen noch 15 Prozent. Der
Zusammenhang zwischen Frühgeburtlichkeit und posthämorrhagischem Hydrocephalus ist
bekannt. Vergleichbare Kollektive (Borgbjerg et al. 1995(n=884), Klapproth et al.
1998(n=455)) enthalten eine ähnliche Verteilung der Hauptdiagnosen, jedoch ist der Anteil
frühgeborener Patienten ca.10-15 Prozent geringer. Ein hoher Anteil Frühgeborener bedingt
ein Überwiegen des posthämorrhagischen Hydrocephalus.
Der Zeitpunkt der Erstanlage des definitiven Shuntsystems war direkt abhängig von der
Hauptdiagnose, damit auch die Zahl der teils komplikationsträchtigen Zwischenlösungen.
Alle Fälle mit Meningomyelocele wurden in der Neugeborenenperiode definitiv abgeleitet, da
in diesen Fällen der Liquor „sauber“ war, bei Fällen mit posthämorrhagischem Hydrocephalus
internus wurden hingegen nur 7 Prozent primär definitiv abgeleitet. Erst im zweiten bis zum
vierten Lebensmonat steht dann der posthämorrhagischen Hydrocephalus internus bezüglich
der definitiven Versorgung im Vordergrund, da in diesen Fällen abgewartet werden muss, bis
der Liquor frei von Blutresten und Eiweiß geworden ist. Diese unterschiedlichen Zeitfenster
für die endgültige Shuntversorgung werden auch von Boop (2004) und Frim et al. (1998) als
charakteristisch angegeben.
I.1.1.
Häufigkeit von Komplikation
Für die weitere Erörterung ist der Begriff „Komplikation“ definiert als ein Ereignis, das einen
chirurgischen Eingriff am Shuntsystem erfordert. Er beinhaltet mechanische Verschlüsse,
Überdrainage und Shuntinfektionen, die eine Entfernung des Systems erfordern. Angaben zu
Revisionen beziehen sich zunächst auf Revisionen pro Patient.
Die Gesamt-Revisionsrate liegt in dieser Studie bei 63 Prozent der Patienten in einem
Zeitraum von 1992 bis 2001 resp. in (Gesamtsumme) Patienten-Jahren, was auf den ersten
Blick im Vergleich zu anderen Studien hoch wirkt. Borgbjerg et al. berichten eine
Revisionsrate von 51 Prozent bei ventrikuloatrialen und 38 Prozent bei ventrikuloperitonealen
Shunts und geben bei Kindern unter einem Jahr eine Komplikationsrate von 69 Prozent, bei
Kindern vom 1. bis 14. Lebensjahr von 51 Prozent an. Allerdings sind hier in der
Gesamtberechnung auch Kinder älter als 14 Jahre mit einbezogen. In der eigenen
Untersuchung war das älteste Kind bei der ersten Komplikation 8 Jahre alt, die Mehrzahl (69
Prozent) der Komplikationen ereignete sich innerhalb des ersten Lebensjahres. Studien mit
jüngeren Kindern haben höhere Komplikationsraten als Studien, die ältere Kinder
mitberücksichtigen (Mazza et al. 1980, Borgbjerg et al. 1995). (Ist das logisch ?? Nur wenn
man es pro Patientenjahr ausdrückt, nicht wenn es pro Patient ist).
Bei fast zwei Dritteln (63 Prozent) aller evaluierten Patienten traten eine oder mehr
Komplikationen auf, das heißt, dass nur 37 Prozent aller Patienten im Studienzeitraum von
einer Komplikation verschont blieben. 56 Prozent der Kinder mit Komplikationen mussten
häufiger als einmal operativ revidiert werden, 44 Prozent hatten nur eine Revision. Borgbjerg
et al. bestätigten 1998 dieses Ergebnis [88] (Wie waren bei ihm die Daten?). Dies ist wieder
bedingt durch den hohen Anteil an Patienten mit posthämorrhagischem Hydrocephalus. 67
Prozent der Kinder mit einer Revision bei posthämorrhagischem Hydrocephalus hatten
weitere Komplikationen. Die Farbe des Liquors sollte bei diesen Patienten von teefarben nach
xanthochrom gewechselt haben, sowie die Eiweißkonzentration maximal 300 bis 500mg%
betragen [138,139]. Das Gewicht der Patienten ist ebenfall ein kritischer Faktor. So schlagen
viele Autoren ein Mindestgewicht von 1500g für die definitive Shuntimplantation vor [138].
Am Boston Children´s Hospital ziehen die Neurochirurgen ein Mindestgewicht von 1750g
vor. Studien zu entstehenden Problemen durch längeres Warten stehen noch aus [139]. In
dieser Studie lag keine einzige gemessene Liquoreiweißkonzentration über 230mg%. Das
Gewicht unserer Patienten war jedoch zum OP-Zeitpunkt niedriger, da 11 Patienten mit
einem Geburtsgewicht unter 1000g zwischen dem 40. und 183. Lebenstag definitiv versorgt
wurden. Erste Ansätze zu alternativen Methoden beschreiben Akisu et al. 2003 mit einer
intraventrikulärer Applikation von rekombinantem Gewebeplasminogenaktivator bei
drei
Neugeborenen mit Hirnblutungen. Alle drei überlebten, und nur in einem Fall musste eine
Shuntanlage erfolgen.
I.1.2.
Komplikationen in Bezug zur Primärdiagnose
42 Prozent der Komplikationen entfielen auf den posthämorrhagischen Hydrocephalus,
gefolgt vom Hydrocephalus bei einer Meningomyelocele mit 21 Prozent. Das relative
Komplikationsrisiko betrug 60 respektive 85 Prozent. Alle anderen Diagnosen hatten einen
Anteil von 1-8% und ein relatives Risiko von 20-100%.
Die höchste Komplikationsrate wurde mit 6 Eingriffen bei einem einzelnen Patienten mit
posttraumatischem Hydrocephalus und Hirnparenchymdefekten festgestellt, die niedrigste
beim Hydrocephalus externus mit 0,2 Komplikationen pro Patient. Diese subduroperitonealen
Shuntsysteme wurden ohne Ventil eingesetzt. Diese Vorgehensweise wie auch die guten
Ergebnisse werden von Litofsky et al. 1992 und Sakka et al. 1997 bestätigt [140,141].
Patienten mit einer Aquäduktstenose erlitten durchschnittlich 0,75 Komplikationen. Der
posthämorrhagische
Hydrocephalus
lag
bei
1,6
und
der
Hydrocephalus
bei
Meningomyelocele bei 1,8 Komplikationen pro Patient. Die Beobachtungszeiträume dieser
Patientengruppen waren vergleichbar (4,4 Jahre und 4,5 Jahre).
Die Komplikationsrate bei
posthämorrhagischem Hydrocephalus internus liegt in der
Literatur deutlich höher als bei anderen Hauptdiagnosen. Die Unreife der Neugeborenen in
Kombination mit niedrigem Geburtsgewicht und weiteren neonatalen Erkrankungen erhöhen
das Risiko für mechanische Verschlüsse und Shuntinfektionen bei diesen Patienten. So lag die
Infektionsrate von Kindern, die in der Perinatalperiode Shunts erhielten wegen des erhöhten
Anteils an posthämorrhagischen Hydrocephalus bei Cinalli et al. bei 13 Prozent im Vergleich
zu einer Gesamtinfektionsrate von 3,7 Prozent [138]. Beim posthämorrhagischen
Hydrocephalus ist eine Zunahme der kausalen Häufigkeit von der Ableitung über das Ventil
zum zentralen Katheter erkennbar. Eiweißbestandteile und Blutreste können den zentralen
Katheter
oder
das
Ventil
beim
posthämorrhagischen
Hydrocephalus
verstopfen.
Shuntinfektionen traten gehäuft (69 Prozent aller Shuntinfektionen) bei posthämorrhagischem
Hydrocephalus auf. Zusätzlich musste immer bei Shuntinfektion
primär eine externe
Ableitung erfolgen. Dies ermöglicht das Eindringen von Keimen in das Gehirn von Außen
[138].
Deswegen kann es die Lösung zur Verringerung der Komplikationsraten beim Hydrocephalus
bei Meningomyelocele sein, Ventile mit einer höheren Druckstufe einzusetzen sowie einen
frontalen oder occipitalen Zugangsweg für den zentralen Katheter zu wählen.
Vergleichsweise günstige Verläufe haben die Diagnosen Hydrocephalus bei Aquäduktstenose
mit 60 Prozent und Hydrocephalus externus mit nur 20 Prozent Komplikationen. In diesen
Fällen erfolgt der Eingriff elektiv und birgt geringe operative Risiken [140,141].
I.1.3.
Komplikationsverteilung der Operateure
Es ist davon auszugehen, dass der erfahrenste Operateur die Mehrzahl der schwierigen Fälle
zu behandeln hatte. Das erklärt, dass es bei den 79 von Operateur 1 durchgeführten Eingriffen
in 54 Fällen zu einer Komplikation (68 Prozent) kam. Hier beziehen sich die Angaben auf
Revisionen pro Eingriff.
Dieser Operateur hatte auch die mit Abstand größte Zahl der Eingriffe. Bei den
Shuntinfektionen lag er bei 6 Prozent und bei zentralem Katheterversagen bei 23 Prozent
Komplikationsrate. Die Shuntinfektionssraten aller Operateure bewegten sich zwischen 5 und
9 Prozent, die Komplikationsraten durch Versagen des zentralen Katheters zwischen 14 und
28 Prozent. Smith et al. berichten 2004 von einer niedrigeren Mortalität der Patienten bei
Chirurgen, die eine große Zahl Patienten pro Jahr operieren (Mortalität 0,1 Prozent pro
Quartal bei über 65 Eingriffen/Jahr) als bei denen, die pro Jahr wenige Fälle mit
Hydrocephalus operieren (Mortalität 0,8 Prozent pro Quartal bei unter 9 Eingriffen/Jahr).
In der analysierten klinischen Einrichtung existiert kein einheitlicher Standard bezüglich dem
Ort der Shuntplatzierung und der Ventilauswahl. Feste Richtlinien bezüglich der Platzierung
des zentralen Katheters und der Ventilauswahl zu implementieren könnte hilfreich sein.
I.2.
Shuntauswahl und Dysfunktion
Bei der Anlage eines Shuntsystems müssen der Implantations-Ort und die Länge des
Ventrikelkatheters, das Ventil und die Druckstufe sowie der Ort der peripheren Ableitung
ausgewählt werden.
Die folgenden Zahlen beziehen sich auf die absolute Zahl der Komplikationen. Die Häufigkeit
von Komplikationen nimmt von der ableitenden Komponente (20 Prozent) des Shuntsystems
über das Ventil (27 Prozent) zum zentralen Katheter (37 Prozent) zu. Shuntinfektionen traten
vergleichsweise selten auf (12 Prozent). Deutlich im Vordergrund stehen also mechanische
Probleme wie die Dislokation des zentralen Katheters, die Diskonnektion des Systems, das
Verstopfen des Systems oder die Über- bzw. die Unterdrainage.
I.2.1.
Zentraler Katheter
Bei der zentralen Katheterplatzierung gab es in dieser Analyse klare Präferenzen. In 60
Prozent der Fälle wurde parietal implantiert, dies ist vor allem historisch bedingt und hängt
vom persönlichen Training des jeweiligen Chirurgen ab. Dickerman et al. berichten 2005,
dass das wichtigste Kriterium bei der Platzierung des zentralen Katheters ein möglichst großer
Abstand vom Plexus chorioideus ist. Hierbei ist es egal, ob ein parietaler, frontaler oder
occipitaler Zugangsweg gewählt wird [136]. Die Autoren fanden keinen signifikanten
Unterschied der Komplikationshäufigkeit zwischen der frontalen und der parietalen
Katheterplatzierung
Turner beschreibt 2002, dass die frontale im Vergleich zur occipitalen Platzierung keine
Unterschiede in der Revisionshäufigkeit aufweist [118].
Bezogen auf die Platzierung des zentralen Katheters am Kopf des Patienten ergaben sich in
dieser Analyse jedoch für parietale Shunts 28 Prozent,
frontale Shunts 15 Prozent und
occipitale Shunts 17 Prozent katheterbezogene Komplikationen.
Eine Obstruktion des zentralen Katheters kann durch die Verlegung des Katheters mit Blut
oder Zellresten bzw. das Einwachsen des Plexus chorioideus in die Katheterspitze entstehen.
Die isolierte Katheterobstruktion wird durch das alleinige Austauschen des zentralen
Katheters
beseitigt.
Dabei kann eingewachsenes Gewebe ausreißen und eine Blutung
verursachen, die dann ggf. den neuen Katheter bzw. das Ventil erneut obstruieren kann [129].
Es kann versucht werden, den obstruierten Katheter ohne Entfernung desselben durch
Elektrokoagulation über einen Trokar wieder durchgängig zu bekommen [143]. Diese
Technik kann bei schwierigen Katheterwechseln vorteilhaft sein,
jedoch wurde die
Erfolgsrate dieser Technik noch nicht überprüft [129].
Die freihändige Platzierung des zentralen Katheters spart Zeit und reduziert Kosten, jedoch
orientiert sich die Platzierung dann an anatomischen Merkmalen, die exakte Lage der
Katheterspitze ist dem Operateur nur durch intraoperative Sonographie beim Säugling
möglich, bei älteren Patienten ist die Lage unbekannt. Der Vorteil bei der endoskopisch
kontrollierten Anlage des zentralen Katheters liegt in der exakten Positionierung der
Katheterspitze. Eine Studie zur endoskopischen Platzierung des Shunts belegt hingegen den
Vorteil des Endoskops gegenüber der Freihandplatzierung nicht [144].
Der Hydrocephalus bei einer Meningomyelocele in dieser Analyse (85 Prozent
Komplikationsrisiko, Median 79 Tage post Geburt) häufig mit einer Komplikation behaftet.
Tuli et al. berichten 2003 bei Meningomyelocele von einer Shuntrevision in 64 Prozent im
Median nach 303 Tagen post Geburt [137]. Diese Komplikationen haben in dieser Analyse
ausschließlich mechanische Ursachen. Es wurde nur parietal implantiert und es wurden fast
ausschließlich Ventile der ersten Generation mit niedriger Druckstufe verwendet.
Um die optimale Lage des zentralen Katheters in der Nähe des Plexus chorioideus zu
erreichen, erscheint in dieser Analyse der frontale oder occipitale Zugang deutlich besser
geeignet als der parietale Zugang. Dies wird 2005 auch von Dickerman et al. bestätigt [136].
Die frontale im Vergleich zur occipitalen Platzierung weist keine Unterschiede in der
Revisionshäufigkeit auf [118].
I.2.2.
Ventil
Bei der Auswahl der Ventilgeneration gab es im Untersuchungskollektiv klare Präferenzen.
Es zeigt sich eine Dominanz der Ventile der ersten Generation in der Neugeborenenperiode
(Verhältnis 2,3:1) und im zweiten Lebensmonat (Verhältnis 3,7:1). Ab der achten Woche ist
das Verhältnis von Ventilen der ersten und zweiten Generation nahezu ausgeglichen. Der
Grund hierfür ist die Größe der Ventile. Bei den späteren Revisionen werden vermehrt
Ventile der zweiten Generation eingesetzt. Dies liegt
an der Verfügbarkeit der neuen
Ventilgeneration in den späteren Jahren des Erhebungszeitraums. Im Vergleich schnitten
Ventile der ersten Generation mit 70 Prozent Komplikationsrate deutlich schlechter ab als die
Systeme mit neueren Ventilen der zweiten Generation mit 45 Prozent. In der Literatur fehlen
klare Aussagen Ventilbedingt fielen in der ersten Generation 18 Prozent der Systeme, in der
zweiten Generation 12 Prozent der Systeme aus. Die besten Ergebnisse zeigten das
differentiale Kugel/Kegelventil (1. Generation) mit 6 Prozent und das Gravitationsventil (2.
Generation) mit 9 Prozent ventilbedingtem Ausfall. Hierbei muss erwähnt werden, dass die
Ventile der zweiten Generation vermehrt in der zweiten Hälfte des Beobachtungszeitraums
eingesetzt wurden und die Nachbeobachtungszeit dadurch kürzer war.
Zur Ventilauswahl gibt es keine einheitlichen Richtlinien. Einerseits wäre es optimal, immer
die modernsten Ventile einzusetzen wie z.B. ein Gravitationsventil oder ein Ventil mit AntiSiphon-Device, die eine niedrigere Komplikationsrate aufweisen [74]. Andererseits spielen
auch wirtschaftliche Aspekte und die persönliche Erfahrung des jeweiligen Operateurs mit
dem ihm vertrauten Ventil eine Rolle.
Das Problem der Überdrainage und der damit verbundenen Slit-Ventrikel-Syndrome hat unter
anderem Rekate 2004 untersucht. Der Autor empfiehlt, bei Überdrainagesyndromen die
Ventile auszutauschen oder Anti-Siphon-Devices einzubauen [135].
Ein wichtiger Faktor zur Vermeidung von Shuntdysfunktionen ist der richtig gewählte
Ventilöffnungsdruck. Bei Patienten mit einer primär niedrigen Ventilstufe waren die
Revisionsraten wegen Verstopfung und Überdrainage bis zu viermal höher als bei Patienten
mit einer mittleren oder hohen Druckstufe [118].
Die Auswahl der Druckstufe des Ventils hing in der vorliegenden Analyse deutlich vom Alter
der Patienten bei Implantation ab. Es herrschte eine starke Dominanz der Stufe „low“ im
Neugeborenenalter. Mit zunehmendem Lebensalter wurde diese durch die Stufe „medium“
ersetzt. Hierzu gibt es aktuell keine Daten in der Literatur. Aus den eigenen Erfahrungen
sollten jedoch tendenziell höhere Druckstufen eingesetzt werden
Unabhängig vom eingesetzten Ventil empfehlen Browd et al. (2006) einige intraoperative
Techniken, um möglichem Ventilausfall vorzubeugen. Der zentrale Katheter sollte nach dem
Einsetzen erst mit Liquor durchspült werden, um Blut- oder Zellreste auszuschwemmen,
bevor
das
Ventil
angeschlossen
wird.
Weiterhin
sei
es
empfehlenswert,
beim
Verbindungsvorgang des zentralen Katheters mit dem Ventil ständig Salzlösung über die
Verbindungselemente laufen zu lassen, so dass Blut oder Zellreste keine Möglichkeit haben,
in das System einzudringen [129].
In einer Studie des St. Louis Children´s Hospital, USA, waren die Revisionsraten mit einer
primär niedrigen Ventilstufe wegen Verstopfung und Überdrainage bis zu viermal höher als
bei Patienten mit einer mittleren oder hohen Druckstufe [118].
I.2.3.
Ableitende Komponente
Die Entscheidung bezüglich der peripheren Ableitung fällt heute regelhaft zugunsten des
Peritonealraums, da dieser aufgrund seiner großen Resorptionsfläche und der leicht
durchzuführenden Implantation ideal geeignet ist.
Auch in dieser Analyse wurde in 85 Prozent der Fälle ein ventrikuloperitoneales Shuntsystem
implantiert, dies empfehlen auch Browd SR et al. [129].
Beim ventrikuloperitonealen Shuntsystem fand sich eine Komplikationsrate von 56 Prozent,
davon waren nur 14 Prozent durch den peritonealen Katheter bedingt. Beim ventrikuloatrialen
Shuntsystem
blieb nur ein einziger Fall ohne eine Folgekomplikation, dies ergibt eine
Komplikationsrate von 96 Prozent, diese ist zu 38 Prozent durch den peripheren atrialen
Katheter bedingt.
Kontraindikationen für einen ventrikuloperitonealen Shunt sind schwere peritoneale
Verklebungen sowie eine aktive peritoneale Entzündung [27].
Borgbjerg (1998) beobachtete eine Revisionsrate bei ventrikuloperitonealen Shunts von
38,5 Prozent,
bei ventrikuloatrialen Shunts hingegen von 51 Prozent [88].Die
Komplikationen verlaufen bei ventrikuloatrialen Shunts wesentlich gravierender als bei
ventrikuloperitonealen Shunts [88,129].
Primär atriale Ableitungen sollten vermieden werden, da der atriale Katheter selbst die
häufigste Versagensquelle dieser Ableitungsmethode darstellt (38 Prozent).
I.2.4.
Zusammenfassung
Die Hauptursache für eine mechanische Obstruktion liegt in der Verstopfung des zentralen
Katheters
bei posthämorrhagischem Hydrocephalus. Das wichtigste Kriterium bei der
Platzierung des zentralen Katheters ist ein möglichst großer Abstand vom Plexus chorioideus.
Das erscheint aufgrund der eigenen Daten und der Literatur durch einen frontalen oder
occipitalen Katheter leichter zu erreichen zu sein als durch einen parietalen Zugang.
Als Ventile eignen sich das differentiale Kugel/Kegelventil der 1. Generation und das
Gravitationsventil der 2. Generation am besten, tendenziell sollte eine höhere Druckstufe
eingesetzt werden. Bei Überdrainage sollten Ventile höherer Druckstufen oder Anti-SiphonDevices eingesetzt werden [135].
Der bevorzugte Ableitungsraum liegt intraperitoneal.
Nur bei Verwachsungen im
Bauchraum oder akuten entzündlichen Erkrankungen sollte nach atrial abgeleitet werden
[127].
Wird eine externe Ableitung erforderlich bzw. tritt eine Shuntinfektion auf, muss das gesamte
System ausgetauscht werden [127].
Ein Austausch nur einer einzelnen Komponente des Systems bei vorher erforderlicher
externer Ableitung wird ausdrücklich nicht empfohlen.
In der Literatur gibt es aktuell keine klaren Aussagen zu Ventilauswahl, Druckstufe und
Platzierung des zentralen Katheters.
I.3.
Shuntinfektion
I.3.1.
Infektionsraten
In der Literatur findet man Angaben zur Häufigkeit der Shuntinfektionen zwischen fünf und
zehn Prozent [28,32,35,36,37,38,39].
In einer retrospektiven Studie von 5179 Shuntoperationen beschreiben Walters et al. 1984 ein
Infektionsrisiko von 5 Prozent pro Eingriff am Shuntsystem [40].
Enger et al. berichten 2003 eine Infektionsrate von 2,7 Prozent pro Eingriff am Shuntsystem
bei 407 Eingriffen [123].
Kanev und Sheehan beschreiben 2003 eine Infektionsrate von 1,3 Prozent pro Eingriff bei 526
Eingriffen insgesamt [126].
Bei Neugeborenen findet man jedoch regelmäßig höhere Zahlen, vor allem, wenn
gramnegative Keime beteiligt sind [33,37,38,40].
In dieser Analyse liegt die Shuntinfektionsrate bei 11,5 Prozent bezogen auf alle
Komplikationen und bei 7 Prozent pro Eingriff. Bei den Operateuren liegen die Zahlen
zwischen 5 und 10 Prozent pro Eingriff.
Diese Quote wirkt auf dem ersten Blick sehr hoch, jedoch sind in der Literatur wie oben
erwähnt Kinder älter als 14 Jahre in die Zahlen mit einbezogen, so dass sich die Ergebnisse in
dieser Analyse relativieren.
Die meisten der Shuntinfektionen traten innerhalb des ersten Lebensjahres auf (69 Prozent).
77 Prozent aller Infektionen traten innerhalb der ersten 90 Tage nach dem letzten Eingriff am
Shuntsystem auf. Innerhalb des ersten halben Jahres sind es 85 Prozent. Dies deckt sich mit
den Beobachtungen von Choux et al. aus dem Jahr 1992, hier wurden 90 Prozent der
Infektionen innerhalb des ersten halben Jahres nach Eingriff am Shuntsystem diagnostiziert
[32]. Nur ein einziger Fall von Spätinfektion kam in dieser Studie vor. So relativieren sich
auch die Zahlen im internationalen Vergleich.
I.3.2.
Erregerspektrum
In 13 Fällen wurde aufgrund der klinischen Symptomatik der Patienten eine mikrobiologische
Untersuchung des Liquors durchgeführt. In allen Fällen gelang ein Keimnachweis. 54 Prozent
aller gefundenen Keime gehörten zur Familie der Staphylococcen. Hierbei gilt dem
Hospitalkeim multiresistenter Staphylococcus aureus ein besonderes Augenmerk. In vier
Fällen wurden Bakterien der Familie der Enterobacteriacae gefunden, darunter zweimal
Escherichia coli und jeweils einmal Enterobacter cloacae und Morganella morgagnii. Diese
Ergebnisse weisen auf eine Dominanz der Hautkeime hin.
I.3.3.
Behandlungsempfehlungen
Die Behandlung von Shuntinfektionen wird in der Literatur sehr unterschiedlich beschrieben.
Die konservative Therapie steht chirurgischen Maßnahmen gegenüber [33,34,35,45,46,58].
In der Literatur hat die alleinige medikamentöse Behandlung die schlechteste Heilungsrate
sowie die höchste Mortalität [37,45,48]. Die chirurgische Therapie lässt mehrere
Vorgehensweisen zu, die alle effektiver als die alleinige medikamentöse Therapie sind
[35,37,40,44,48,59]. Eine deutliche abdominale Symptomatik sollte zur Entfernung des
peritonealen Anteils des Shunts führen. Nach der Entfernung des peripheren Anteils (oder
ggf. des gesamten Shunts) sollte eine externe Ableitung erfolgen. Zusätzlich sollte der Patient
intravenöse und/oder intrathekale antibiotische Infusionen erhalten [92]. Hierbei richtet sich
die Länge der Behandlung nach den vorherrschenden Erregern.
McGirt et al. beschreiben eine signifikant höhere Komplikationsrate bei alleinigem
Austausches des blockierten Teil des Shuntsystems im Gegensatz zum Komplettaustauschs
des Shunts [119].
Bevor ein neuer Shunt eingepflanzt werden kann, müssen nach Absetzen der Antibiose zwei
Kulturen, die mindestens zwei Tage auseinander liegen, negativ ausfallen [27]. Über die
Dauer der Antibiose gibt es unterschiedliche Meinungen. Keine Studie legt bis heute die
optimale Behandlungsdauer mit Antibiotika fest. Die Minimierung des Klinikaufenthalts des
Patienten steht hier der Gefahr der Reinfektion entgegen [130].
Allgemein kann man das Auftreten einer Shuntinfektion einer Vielzahl an Faktoren zuordnen,
darunter dem Ableitungsort des Shunts, dem Alter des Kindes, dem Zustand der Haut, der
Ursache des Hydrocephalus, einer Prophylaxe mit Antibiotika, der Zahl und dem Ort bereits
erfolgter Shuntrevisionen, vor allem der Revision des Ventrikelkatheters, der Tatsache, dass
vorher am Tag im Operationssaal bereits operiert wurde, sowie der Dauer der Operation und
der Anzahl der Menschen im Operationssaal, einer begleitenden Infektion des Kindes sowie
möglicher Wundheilungsstörungen [32,33,38,41,42,43,44].
Horgan und Piatt untersuchten 1997 das Rasieren des Kopfes vor der Operation hinsichtlich
einer Shuntinfektion. 3,3 Prozent der nicht-rasierten Gruppe (n=141) und 6,9 Prozent der
rasierten Gruppe (n=218) erlitten eine Shuntinfektion innerhalb eines Jahres. Sie empfehlen
deshalb, die Kinder vor dem Eingriff nicht zu rasieren [124].
Kulkarni et al. beschreiben in einer prospektiven Studie aus dem Jahr 2003 die Risikofaktoren
einer Shuntinfektion und kommen zu folgenden Ergebnissen: erstens sollte intraoperativ
größtmögliche Sorgfalt zur Vermeidung eines Liquorlecks angewandt werden, zweitens sollte
nach alternativen Methoden zum Shunt bei Frühgeborenen geforscht werden, drittens sollte
der Chirurg den manuellen Kontakt zum Shuntsystem möglichst minimieren sowie den
Einsatz von zwei Paar Handschuhen in Erwägung ziehen [125].
Ähnlich argumentieren Kanev und Sheehan in ihren Reflections on shunt infection aus dem
Jahr 2003 [126].
Sciubba et al. beschreiben eine 2,4-fache Reduzierung der Shuntinfektionsrate bei
Anwendung eines antibiotikaimprägnierten Katheters [132].
I.3.4.
Zusammenfassung
Zusammenfassend sollten die Kinder vor dem Eingriff nicht am Kopf rasiert werden [124],
weiterhin sollte intraoperativ größtmögliche Sorgfalt zur Vermeidung eines Liquorlecks
angewandt werden.
Gerade die hygienischen Maßnahmen sind es, die Shuntinfektion effektiv verhindern können.
Deshalb sollte der Chirurg den manuellen Kontakt zum Shuntsystem möglichst minimieren
sowie den Einsatz von zwei Paar Handschuhen in Erwägung ziehen [125].
Neue Ansätze zur Prophylaxe von Shuntinfektionen bieten antibiotikabeschichtete sowie
antimikrobiell beschichtete Katheter. Die Preise für diese neuen Katheter sind jedoch noch
hoch. Die ersten Ansätze sind viel versprechend. Die Effektivität dieser und weiterer neuer
Technologien muss jedoch noch in weiteren Studien geprüft werden.
II Zusammenfassung
Fortschreitende Verbesserungen des Materials und der Operationstechniken haben die
Komplikationsraten bei der chirurgischen Behandlung des Hydrocephalus zwar stetig gesenkt,
die Systeme und Techniken, die heute verwendet werden, sind jedoch keineswegs perfekt.
Es wurde eine retrospektive Analyse aller Shuntoperationen der Kinderchirurgischen Klinik
der Klinik St. Hedwig im Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg in den Jahren 1992
bis 2001 durchgeführt. Aus den Geburtenjahrgängen 1992-2001 wurden 71 Patienten erfasst.
Die Rate der Revision pro Patient liegt bei 63 Prozent. Die Mehrzahl (69 Prozent) der
Komplikationen ereignete sich innerhalb des ersten Lebensjahres.
Bei 63 Prozent aller Patienten traten eine oder mehr Komplikationen auf. 56 Prozent aller
Kinder mit Komplikationen mussten häufiger als einmal operativ revidiert werden.
42 Prozent der Komplikationen entfielen auf den posthämorrhagischen Hydrocephalus,
gefolgt vom Hydrocephalus bei einer Meningomyelocele mit 21 Prozent, bei einem relativen
Komplikationsrisiko von 80 respektive 92 Prozent. Damit ist der Hydrocephalus bei einer
Meningomyelocele in dieser Analyse am häufigsten mit einer Komplikation behaftet.
Vergleichsweise günstige Verläufe haben die Diagnosen Hydrocephalus bei Aquäduktstenose
mit 60 Prozent und Hydrocephalus externus mit nur 20 Prozent Komplikationen.
Bei den beiden häufigsten Diagnosen, dem posthämorragischen Hydrocephalus und dem
Hydrocephalus bei Meningomyelocele, war die Komplikations-Häufigkeit mit 1,6 resp. 1,8
Komplikationen pro Patient am höchsten.
Die Shuntinfektionsrate dieser Studie liegt bei 7 Prozent pro Eingriff und bei 12% pro
Patient?. 77 Prozent aller Shuntinfektionen traten innerhalb der ersten 90 Tage nach dem
letzten Eingriff am Shuntsystem auf. Um Shuntinfektionen zu vermeiden,
ist es zu
empfehlen, die Kinder vor dem Eingriff nicht am Kopf zu rasieren, weiterhin sollte
intraoperativ größtmögliche Sorgfalt zur Vermeidung eines Liquorlecks angewandt werden.
Die Hauptursache für eine mechanische Obstruktion liegt in der Verstopfung des zentralen
Katheters bei posthämorrhagischem Hydrocephalus.
Es wird eine Zunahme der Häufigkeit obstruktiver Komplikationen von der ableitenden
Komponente (20 Prozent) des Shuntsystems über das Ventil (27 Prozent) zum zentralen
Katheter (37 Prozent) deutlich.
Vordergrund.
Es standen also mechanische Probleme deutlich im
Ventilbedingt fielen in der ersten Generation 18 Prozent der Systeme, in der zweiten
Generation 12 Prozent der Systeme aus. Die besten Ergebnisse zeigten das differentiale
Kugel/Kegelventil (1. Generation) mit 6 Prozent und das Gravitationsventil (2. Generation)
mit 9 Prozent Ausfall. Ebenfalls zeigten der frontale (15 Prozent) und occipitale Zugangsweg
(17 Prozent) niedrigere Komplikationsraten als der parietale Zugang (28 Prozent).
Die erste oder einzige Komplikation und zweite Komplikation traten Ende des ersten
Lebensjahres auf, so dass der Überwachung und Nachsorge im ersten Lebensjahr eine
besondere Aufmerksamkeit zukommt.
Der bevorzugte Ableitungsraum liegt intraperitoneal. Erst bei Verwachsungen im Bauchraum
sollte nach atrial abgeleitet werden Beim ventrikuloperitonealen Shuntsystem lag eine
Komplikationsrate von 56 Prozent vor, beim ventrikuloatrialen eine Komplikationsrate von 96
Prozent.
Das wichtigste Kriterium bei der Platzierung des zentralen Katheters ist ein möglichst großer
Abstand vom Plexus chorioideus. Wird eine externe Ableitung erforderlich bzw. tritt eine
Shuntinfektion auf, muss das gesamte System ausgetauscht werden. Ein Austausch nur einer
einzelnen Komponente des Systems wird bei vorher erforderlicher externer Ableitung
ausdrücklich nicht empfohlen.
Bei Überdrainage sollten Ventile anderer Bauart, anderer Druckstufen oder Anti-SiphonDevices eingesetzt werden.
Der Chirurg sollte den manuellen Kontakt zum Shuntsystem möglichst minimieren sowie
den Einsatz von zwei Paar Handschuhen in Erwägung ziehen.
Neue Ansätze zur Prophylaxe von Shuntinfektionen bieten antibiotikabeschichtete sowie
antimikrobiell beschichtete Katheter. Die Preise für diese neuen Katheter sind jedoch noch
hoch. Die ersten Ansätze sind viel versprechend. Die Effektivität dieser und weiterer neuer
Technologien muss jedoch noch in weiteren Studien geprüft werden.
Alternativen
wie
die
intraventrikuläre
Applikation
von
rekombinanten
Gewebeplasminogenaktivator (Akisuu et al. 2003) müssen noch weiter erforscht werden.
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