2.1.9 Blutdruckmessgerät Der Blutdruck ist der Druck, mit dem das Blut durch die Arterien des menschlichen Körpers fließt. Jeder Herzschlag führt zu einem plötzlichen Anstieg des Blutdrucks, der sich auch als Puls fühlen lässt. Der Blutdruck ist höher als der normale Luftdruck. Der Blutdruck ist nicht überall gleich, sondern sinkt von oben nach unten langsam ab, so dass die Strömung vom Ort des höheren Drucks in den des tieferen Drucks erfolgen kann. Bei der Kontraktion des Herzens wird Blut in die Aorta ausgestoßen, womit der Herzinnendruck und damit auch der Blutdruck zunimmt. Bei der Blutdruckmessung ist das der zuerst genannte, höhere Wert. Diese Phase der Herzaktion wird Systole genannt und der gemessene Wert ist der systolische Wert des Blutdrucks. Bei Erschlaffung des Herzens nimmt der Blutdruck wieder ab und sinkt auf einen ganz bestimmten Druck ab. Dieser bei der Blutdrucksmessung zuletzt genannte niedrige Wert, ist der diastolische Wert des Blutdrucks. Diese Herzphase wird als Diastole bezeichnet. Ein genau aufeinander abgestimmtes und kompliziertes Zusammenspiel von Gehirnstrukturen, Nerven und Hormonen steuert die Regulierung des Blutdrucks. Aufgrund dieser hohen Komplexität folgt nur eine vereinfachte Darstellung dieser Zusammenhänge. Der Hypothalamus, eine bestimmte Stelle im Gehirn, lenkt und überwacht alles, was mit dem Blutdruck zusammenhängt. Hauptsächlich steht er in enger Verbindung mit dem vegetativen Nervensystem, dass alle lebensnotwendigen Funktionen des Körpers und somit auch den Blutkreislauf überwacht. Das vegetative Nervensystem gliedert sich funktionell in den Sympathikus und den Parasympathikus. Der Sympathikus bewirkt eine Leistungssteigerung des Organismus, regelt die Herztätigkeit und den Blutkreislauf und hemmt die Darmtätigkeit. Der Parasympathikus dämpft den Herzschlag und fördert die Verdauung. Die dem Sympathikus zugeordneten Nerven spannen die Blutgefäßmuskeln an, so dass sich der Innenraum verengt, der Druck erhöht und die Blutströmung beschleunigt wird. Da der Parasympathikus der Gegenspieler des Sympathikus ist, sorgt dieser für die Entspannung der Blutgefäßmuskeln, so dass sie sich erweitern können und der Blutdruck gesenkt wird. Nur bei einem perfekten harmonischen Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus ist eine gute Blutzirkulation möglich. Andersfalls kommt es zu Gefäßverkrampfungen oder zu überhöhtem Blutdruck. Neben Sympathikus und Parasympathikus haben auch Hormone Einfluss auf die Regulierung des Blutdrucks im menschlichen Körper. Die Hormone Adrenalin und Noradrenalin aus dem Nebennierenmark, die auf Gefäßmuskeln und Herztätigkeit einwirken. Das Schilddrüsenhormon, das ähnlich wie Adrenalin wirkt, das Hormon Insulin, das den Blutdruck herabsetzt, und schließlich die Zellhormone Acetylcholin und Histamin, die in den Kapillaren und Venolen die Blutversorgung und den Blutdruck regulieren. Blutdruckschwankungen Bei einer Veränderung des Blutdrucks können zwei Werte variieren, der systolische und der diastolische Blutdruck. Der Wert des systolischen Blutdrucks steigt an, wenn die aus der linken Herzkammer ausgestoßene Blutmenge ansteigt (das Herz muss kräftiger schlagen, um die größere Blutmenge abtransportieren zu können). die Geschwindigkeit, mit der sich der Herzmuskel zusammenzieht, ansteigt (das Herz schlägt schneller durch z.B. Anstrengung). die Elastizität der herznahen Gefäße geringer wird (d.h. je elastischer die Arterien, desto besser können sie einen plötzlichen Druckanstieg abfangen und desto geringer steigt der systolische Druck; bei Arteriosklerose fehlt die benötigte Elastizität). Der diastolische Wert des Blutdrucks steigt an, wenn der Widerstand, der dem Blutfluss entgegensteht, steigt; z.B. wenn Blutgefässe enger werden. Folglich kann ein geweitetes Gefäß zu niedrigem Blutdruck und ein verengtes Gefäß zu hohem Blutdruck führen. Ein optimaler Blutdruck hat die systolischen und diastolischen Werte von 120 : 80. Ein als gut angesehenes Messergebnis ist bei 130 : 85 und als noch normal gelten die Werte von 140 : 90. Liegt der Messwert jedoch zwischen 140 : 90 und 160 : 90, so spricht man von einer Grenzwert-Hypertonie (Bluthochdruck), die - je nach Alter des Patienten - vielleicht noch keiner Behandlung, wohl aber einer regelmäßigen Kontrolle bedarf. Sowohl Bluthochdruck und zu niedriger Blutdruck können zu dauerhaften Schäden (Herzschwäche, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen in den Beinen) führen und müssen behandelt werden. Meilensteine in der Entwicklung der Blutdruckmessgeräte Im Jahr 1733 machten Ärzte und gebildete Laien aus England verschiedene Experimente, um die Schwankungen des Blutdrucks in Abhängigkeit des Puls nachzuweisen. Der Blutdruck konnte dabei jedoch nur direkt, durch das Einführen von Messsonden in große Körperarterien, bestimmt werden. Diese Methode zur Blutdruckmessung – auch blutige Methode genannt wurde noch weit bis in das 19. Jahrhundert praktiziert. Ebenfalls in diesem Jahr entdeckte Stephan Hales ein Hilfspfarrer aus England, dass der menschliche und tierische Blutkreislauf ständig variierte. Bei seinen Experimenten mit Pferden, einem Schaf, einer Damhirschkuh und einer Auswahl von Hunden führte er Glasröhren in die Schenkelarterien der Versuchstiere ein und konnte somit erstmals den Anstieg und Abfall des Drucks in der Blutlaufbahn visualisieren. Anhand dieser Erkenntnisse definierte er den Begriff „Blutdruck“. Er erkannte das der Blutdruck die Anstrengungen des kontrahierenden Herzens wiederspiegelte und er ein Maß für die Widerstandskraft der Blutgefäße gegen den Blutfluss darstellte. 1828 entwickelte Jean Leonard Marie Poiseuille ein Hämodynamometer. Dabei handelt es sich um eine Art Quecksilbermanometer zur Messung der arteriellen Blutdrucks. Bei der Konstruktion des Hämodynamometers ersetzte Poiseuille die Glasröhren von Hales, durch ein U-förmiges Quecksilbermanometer mit einem kurzem Schlauch, der direkt in die Arterien eingeführt werden konnte. Mit diesem Instrument nahm Poiseuille in der nachfolgenden Zeit direkte Blutdruckmessungen bei Hunden und Pferden vor und schätze anhand der Messergebnisse den mittleren arteriellen Blutdruck des Menschen auf etwa 160 mm Hg. Einige Zeit später im Jahr 1834 entwickelte der Pariser Arzt Jules Hèrisson ein Sphygmometer. Damit konnte die Stärke des Pulsschlages gemessen werden und was wiederum Rückschlüsse auf die Höhe des Blutdruck ermöglichte. Zur Ermittlung des Blutdrucks wurde dieses Gerät auf die Speichenarterie (arteria radialis) gedrückt. 1854 erfand und konstruierte der deutsche Physiologe Kartl von Vierordt den ersten indirekten Sphygmographen. Der Sphygmograph ist ein Gerät zur dauerhaften Aufzeichnung von Pulsfrequenzen als Kurven. Dadurch konnte auf unblutige Art und Weise die ungefähre Blutdruckhöhe bestimmt werden. Abb. B : Sphygmograph von Karl v. Vierordt J. Falvre maß um 1856, während eines chirurgischen Eingriffs, als Erster, mit Hilfe von Kathetern und einem Manometer, den genauen Blutdruck der Oberschenkel- und Oberarmarterie eines Menschen. Das war die erste genaue invasive Blutdruckmessung. Vier Jahre später, 1860 entwickelten die französischen Physiologen Auguste Chauveaux und Etienne Jules Marey ein Instrument zur Blutdruckmessung,. Es basierte auf dem Quecksilbermanometer von Poiseuille und dem Grundprinzip von Vierordt. Bei den Versuchen mit dem von ihnen konstruierten Instrument mussten Katheter in die linke und rechte Herzkammer geschoben werden. So ermittelten sie unter anderem den systolischen Blutdruck eines Pferdes, welches bei vollem Bewusstsein war. Die Messwerte für die rechte Herzkammer betrugen 27 mm Hg und die der Linken 129 mm Hg. Das Verfahren war für den Einsatz beim Menschen ungeeignet. Im selben Jahr gelang es Frederick Akbar Mahomed Mareys Sphygmographen so zu modifizieren, dass er erstmals zu klinischen Untersuchungen bei Patienten mit „Scarlet Fever“ eingesetzt werden konnte. (Ist die Erklärung das durch Fieber sich der Blutdruck bzw der Puls ändert, schon in vorherigen Kapiteln erwähnt worden??? Wenn nicht, ändern!!!) Aufgrund der Forschungen durch Chauveaux und Marey wird das Jahr 1862 als Beginn der modernen Hämodynamik datiert. Die Hämodynamik beschreibt den Blutfluss in den Blutgefäßen in Abhängigkeit von den dafür verantwortlichen Kräften. Marey und Chauveaux benutzten in diesem Jahr ebenfalls erstmalig eine Apparatur für die Druckmessung von verschiedenen Herzblutgefäßen bei Tieren. Zudem verbesserte Marey den Sphygmographen von Vierordt - seine Variante konnte die Kurven auf berußten Glasplatten aufzeichnen. 1881 konstruierte Samuel Siegfried Karl Ritter von Basch ein mit Pelotte und Manometer versehenes Sphyogmomanometer. Damit konnte eine genauere und unblutigere Messung der Blutdruckhöhe vorgenommen werden. Seine Messungen des menschlichen systolischen Blutdrucks ergaben 135 – 165 mm Hg. Das von Basch gebaute Gerät ähnelte dem von Hèrisson und wurde bei Messungen direkt an die Speicher- oder Schläfenarterien (arteria temporalis) gepresst. Im Laufe der Zeit verbesserte nicht nur Basch selbst, sondern auch viele andere Wissenschaftler, wie zum Beispiel Pierre Potain, immer wieder sein Sphygmomanometer. 1889 führte Gustav Gärtner sein Tonometer ein. Es maß den Druck zum Zeitpunkt des Wiedereintritts des Blutes in ein zuvor blutleer gemachtes Endglied eines Fingers bei Reduktion des Drucks in einer um den Finger gelegten aufblasbaren Manschette. Dieses Gerät fand speziell im deutschen Raum viel Anwendung und trug maßgeblich zum Fortschreiten klinischer Studien über den Blutdruck bei. Ein großer Nachteil des Tonometers war, dass der Zeitpunkt des Blutrückflusses willkürlich mit dem Auge abgeschätzt werden musste. Dadurch ergaben sich oftmals große Unsicherheiten und Differenzen beim Ablesen der ermittelten Messwerte. Blutdruckmessgeräte in ihrer heutigen Form, mit aufblasbarer zirkulärer Oberarmmanschette, gehen auf ein Instrument des Paduaner Arztes Scipione Riva-Rocci um 1896 zurück. Sein Instrument, das die erste exakte, nicht invasive Blutdruckmessung erlaubte bestand aus einem manschettenähnlichen Fahrradschlauch, der mittels eines Gummiballons aufgeblasen werden konnte, sowie einem Quecksilberbarometer zur Messung des systolischen Drucks in der Armarterie. Zum Gedenken an seine Forschungen und Entwicklungen führte man die Abkürzung „RR“ für den Blutdruckwert ein. Abb. D : Riva-Rocci’s Sphygmomanometer Unabhängig von Riva-Roccis Arbeiten entwickelten die zwei Engländer Leonard Hill und Harold A. Barnard 1897 ein ähnliches Instrument zur systolischen Blutdruckmessung. Sie maßen den Druck jedoch mit einem Federbarometer anstatt des von Riva-Roccis verwendeten Quecksilberbarometers. In den Jahren zwischen 1901 und 1904 publizierten 4 Autoren (Janeway, Masing, Sahli und Strasburger) unabhängig voneinander eine einfache unblutige Methode zur Bestimmung des diastolischen Blutdrucks. Lange Zeit maßen Forscher und Kliniker dem diastolischen Druck nämlich nur eine geringe Aussagekraft zu. Ein Grund dafür waren sicherlich auch die komplizierten Methoden seiner Bestimmung. 1905 verbesserte der russische Militärarzt Nikolai Sergejewitsch Korotkow das Riva-RocciMessverfahren, indem er ein Stethoskop (Die Entwicklung des Stethoskops kann in Abschnitt 2.1.3 nachgelesen werden.) zur Bestimmung des Blutdrucks einsetzte. Damit ließ sich nun sowohl der systolische als auch der diastolische Blutdruck bestimmen. Das von Heinrich von Recklinghausen im Jahre 1906 entworfene Blutdruckmessgerät arbeitete nach demselben Prinzip wie Riva-Roccis. Es war jedoch mit einem Federmanometer und einer breiteren Oberarmmanschette von 12 - 13cm ausgestattet und konnte den systolischen und diastolischen Blutdruck ermitteln. Durch diese Verbesserungen ließen sich zuverlässigere Messergebnisse anfertigen. Im Jahr 1968 kamen die ersten vollautomatischen Blutdruckmesser zum Einsatz. Sie waren die Vorläufer der modernen 24-Stunden-Blutdruckmessgeräte. 1976 standen erstmals handliche und leicht zu bedienende elektronische Selbstmessgeräte zur Verfügung. Sie erlaubten eine Blutdruckmessung durch den Patienten selbst. Die ersten Geräten zur Blutdruckmessung am Zeigefinger wurden 1989 entwickelt. Drei Jahre später, 1992 waren dann auch erste elektronische Blutdruckmessgeräte mit Handgelenksmanschetten für Patienten verfügbar. Abb. C : Blutdruckmessgerät für das Handgelenk Heute: Moderne Blutdruckmessgeräte sind zuverlässig und leicht bedienbar. Sie können zu hause oder unterwegs ohne ärztliche Hilfe benutzt werden. Dies ermöglicht den Trägern eine Selbstkontrolle rund um die Uhr. Außerdem arbeiten sie mit einer digitalen Anzeigeeinheit. Dennoch werden in vielen Kliniken die üblichen Blutdruckmessgeräte, nach Riva-Rocci benutzt. Prognose: Blutdruckmessgeräte werden zukünftig weiterhin miniaturisiert und in die Alltagsgegenstände, wie zum Beispiel Kleidung oder Uhren integriert. Dadurch kann eine ständige und unsichtbare Überwachung des Blutdrucks gewährleistet werden.