Beitrag: Mit Lebensmitteln heilen? – Wachstumsmarkt Functional Food Anmoderation: Kann richtige Nahrung Krebs heilen? Werden wir unsere Lebensmittel bald in der Apotheke kaufen? Das Essen mehr ist als blosse Energiezufuhr und die richtige Ernährung die Gesundheit beeinflusst, ist nicht neu. Neu aber ist der Begriff „Functional Food“: Lebensmittel, die nach ernährungswissenschaftlichen Kriterien optimiert werden und so die Gesundheit fördern sollen. In Potsdam trafen sich führende Wissenschaftler aus dem Gebiet der „Nutrigenomik“, um der Frage nachzugehen, ob Lebensmittel heilen können. Ein Bericht von Erich Wittenberg: Nicht immer schmeckt uns das am besten, was auch am gesündesten ist. Das hat in zunehmendem Maße ernährungsbedingte Krankheiten zur Folge. Ob umgekehrt Krankheiten durch Nahrung geheilt werden könnten, war Thema der Veranstaltung „Mit Lebensmitteln heilen“ an der IHK Potsdam. Ernährungswissenschaftler diskutierten hier, wie „Functional Food“ – zu deutsch „Funktionelle Lebensmittel“ Einfluß auf die Gesundheit nehmen können. Gerhard Rechkemmer ist Professor für Biofunktionalität an der TU-München und definiert, was „Functional Food“ überhaupt sein soll: O-Ton – Prof. Rechkemmer „ Functional Food sind Lebensmittel, die einen besonderen Gesundheitsnutzen haben sollen. Und zwar einen Gesundheitsnutzen, der über dem konventioneller Lebensmittel hinausgeht, und auch über den Nutzen, den man von Nährstoffen bekommen kann.“ Eine Abgrenzung, was nun zu funktionellen Lebensmitteln zu zählen ist und was nicht, ist schwierig. Vor allem Getreide- und Milchprodukte werden zum Teil schon nach neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen optimiert und beinhalten gesundheitsfördernde Wirkstoffe. So sollen z.B. probiotische Jogurths die Gefahr von Durchfallerkrankungen vermindern und spezielle Wirkstoffe im Brot Osteoporose vorbeugen. Dr. Christine Lang, Geschäftsführerin der Organo Balance GmbH in Berlin, untersucht Lebensmittelorganismen, wie z.B. Milchsäurebakterien, um funktionelle Wirkstoffe zu gewinnen: O-Ton – Dr. Christine Lang „Wir können heute Lebensmittel herstellen, die einen Basisgehalt an funktionellen Wirkstoffen haben und die für jeden unschädlich sind. Wenn wir weitergehen wollen, müssen wir genauer wissen, was der Bedarf des Einzelnen ist und wann ich an eine Grenze stoße.“ Wo liegen Sie? – die Grenzen der funktionellen Lebensmittel. Können Lebensmittel nicht nur vorbeugen, sondern vielleicht sogar Krankheiten heilen? Im Tierversuch wurde bereits bewiesen, daß eine Ernährung z.B. mit präbiotischen Bakterien ein Ausbrechen von Darmkrebs meßbar vermindert. Professor Steinberg von der Universität Potsdam hofft, daß das eines Tages auch beim Menschen gelingt: O-Ton – Prof. Steinberg „Beim Menschen haben wir eine begrenzte Zahl von Studien, die belegen, dass einzelne funktionelle Lebensmittel tatsächlich dieses Risiko minimieren können. Aber auf dem Markt haben wir zurzeit für Dickdarmkrebsprävention kein Produkt.“ Nicht nur bei Krebs, - Bei vielen Krankheiten gibt es einen Zusammenhang mit der Ernährung. Zu nennen sind da insbesondere Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und Osteoporose. Die Erforschung dieser Zusammenhänge sowie die Entwicklung funktioneller Lebensmittel ist Ziel der Nutrigenomik. Das interdisziplinäre Forschungsfeld aus Pflanzenbiotechnologie, Genom- und Ernährungsforschung findet, - so Professor Hans-Georg Joost vom deutschen Institut für Ernährungsforschung – gerade in der Region BerlinBrandenburg ideale Bedingungen: O-Ton – Prof. Joost „In Brandenburg ist ja die Nahrungsmittelindustrie die wichtigste Industrie – in BerlinBrandenburg ist die biomedizinische Forschung die in Deutschland wohl stärkste Region. Und mit der Nutrigenomik kommen diese beiden Parameter zusammen. Wir wollen industrielle, innovative Ansätze verbinden auf dem Sektor der Ernährungsmittelindustrie mit der sehr starken Forschung in unserer Region.“ Mit der Nutrigenomforschung ist die Hoffnung verbunden, daß das wissenschaftliche Potential der Region Berlin-Brandenburg tatsächlich auch in Produktion umgesetzt werden kann. Dr. Kai Uwe Bindseil, Leiter von BioTOP Berlin Brandenburg, wünscht sich jedoch bessere politische Rahmenbedingungen: O-Ton – Dr. Bindseil Risiken und Gefahrenpotentiale sehe ich insbesondere bei den schwierigen Regulationsbedingungen in Deutschland. Das gilt sowohl für funktionelle Lebensmittel als auch für das Gentechnikgesetz. Innovationen werden da gemacht, wo Innovationen auch belohnt werden und das ist in Deutschland im Moment nicht immer der Fall. Bleibt noch zu klären, wie der Konsument die innovativen Nahrungsprodukte von einem normalen Lebensmittel unterscheiden soll. Doch nicht nur Forschung und Lebensmittelindustrie sind gefordert – auch der Verbraucher trägt ein gutes Stück Eigenverantwortung. Denn bei einem ungesunden Lebenswandel – zum Beispiel durch Rauchen oder Bewegungsarmut, hilft auch die beste Ernährung nur wenig.