Praktikum II Chemie Diazotierung und Azokupplung Herstellung von Orange II Jan Rys, Roman Grisch [email protected]; [email protected] 27. und 30.03.2007 Assistent: Hakan Atasoy [email protected] Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys 1. Zusammenfassung Das Ziel des Versuches Synthese 1 war den Farbstoff Orange II durch Synthese aus Sulfanilsäure herzustellen und diesen dann im Färbversuch zu testen. Die Synthese wurde zweimal durchgeführt, da bei der ersten Probe ein graues Zwischenprodukt entstand. Bei den Endprodukten handelte es sich jedoch bei beiden Versuchen um den Farbstoff Orange II. Im Färbversuch wurde anschliessend getestet wie der Farbstoff auf verschiedene Textilien wirkt und ob er waschecht ist. 2. Einführung 2.1 Ziele Durchführung einer Diazotierung und Azokupplung zur Herstellung von Orange II, sowie eine optische Analyse des Azofarbstoffes. 2.2 Leitsubstanzen Zur Durchführung des Versuches wurden folgende Leitsubstanzen verwendet: Sulfanilsäure (C6H7NO3S) Natriumnitrit (NaNO2) 2-Naphthol (C10H8O) 2.3 Theoretische Grundlagen 2.3.1 Was ist Farbe Der für den Menschen sichtbare Wellenbereich beschränkt sich auf eine Wellenlänge von 400 nm bis 700 nm. Damit wir einen Farbstoff als solchen wahrnehmen, muss dieser elektromagnetischen Wellen in diesem Spektrum absorbieren und unter Umständen auch emittieren. Der physikalische Vorgang ist aus dem Termschema der Abbildung 1 ersichtlich. Durch Absorption von Photonen werden in einem Molekül oder nichtbindenden Elektronen vom Grundzustand S0 (bei Zimmertemp. Vom untersten Schwingungsniveau) in verschiedene Schwingungsniveau einer der angeregter Elektronenzustände, z.B. S2 gehoben. Dabei muss die Energie der einfallenden Strahlung genau der Differenz des Grund und dem angeregtem Zustandes entsprechen. Es gilt die Resonanzbedingung ΔE = h*ν. Durch strahlungslose Desaktivierung fällt sie in ca. 10-13 s in das Singletzustand S1 über, welcher eine Lebensdauer von ca. 10-8 s besitzt. Bei fluoreszierenden Molekülen findet nun eine Lichtemission vom untersten Niveau S1 statt; das Molekül fällt in den Grundzustand S0 zurück. Da bereits in den ersten Phasen Energie strahlungslos abgegeben wurde, muss das emittierte Licht kleinere Energie besitzten, d.h. das Fluoreszenz- ist gegenüber dem Absorptionsspektrum bathochrom verschoben. Beide Spektren sind spiegelbildlich zueinander. SinglettZustände Sj können unter Spinumkehr in Triplett-Zustände Tj übergehen. Diese können ihrerseits auch in höhere Triplett-Zustände angeregt werden. Die Lebensdauer von T-Zuständen reicht von ca. 10-4 bis zu einigen Minuten. Sie können ebenfalls unter Lichtemission (=Phosphoreszenz) in den Grundzustand S 0 zurückfallen. 2 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys Bei nicht-fluoriszierenden und/oder nicht phosphoreszierenden Farbstoffen findet vom S1 Zustand eine weitere strahlungslose Desaktivierung in den Grundzustand S0 statt. Diese Desaktivierung wird durch Schwingungs- und Rotationsvorgänge im Molekül hervorgerufen. Die dabei entstehende Wärme wird an die Umgebung abgegeben (=thermische Desaktivierung). Das übrig gebliebene Spektrum des eingestrahlten (weissen) Lichtes entspricht der Komplementärfarbe des absorbierten Spektrumanteils. Es bestimmt die von uns wahrgenommene Farbe des Farbstoffs. Ist der Farbstoff gelöst, bestimmt de die Farbe der Lösung. Liegt der Farbstoff als Feststoff vor, oder dient er als farbgebende Substanz eines festen Substrats, nimmt der Beobachter die Farbe in Form des reflektierten Spektrums wahr. Tabelle 1: Wellenlänge von absorbiertem und beobachtetem Licht. 2.3.2 Azofarbstoffe Zur der wichtigsten Klasse von Farbstoffen gehören die Azofarbstoffe. sowohl zahlenmässig, ca. 2000 bekannte Verbindungen, als auch Produktionsmenge, ca. 60% des Farbmittelmarktes, die Bedeutsamsten. Ein Azofarbstoff besitzt im Allgemeinen die Strukturformel: R-N=N-R wobei aromatischen Reste R sowohl gleich als auch verschieden sein können. Azofarbstoffen finden sowohl in der Textilindustrie wie auch Lebensmittelindustrie Verwendungen. 3 von 11 Sie sind von der die meist in der Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys 2.3.3 UV/VIS Spektroskopie Die UV/VIS Spektroskopie untersucht die Wechselwirkung zwischen elektromagnetischer Strahlung und anregungsfähigen Elektronensystemen in Molekülen vgl. dazu die ausführung in Kap. 2.3.1. anhand des Termschemas (Abb.1). Dabei umfasst die UV-Spektroskopie den Wellenbereich zwischen 200 nm bis 400 nm und die VIS-Spektroskopie denjenigen zwischen 400 nm bis 700 nm. Substanzen, welche UV-Strahlung absorbieren, erscheinen als farblos, während Substanzen, welche sichtbares Licht absorbieren als farbig erscheinen. Bei organischen Substanzen können bindende und nichtbindende Elektronen als ein energiearmer Grundzustand betrachtet werden. Durch Absorption der UV bzw. VISStrahlung können diese Elektronen in einen höheren Energiezustand gebracht werden. Durch Emission von Wärme oder Licht (Fluoreszenz oder Phosphoreszenz) nimmt das angeregte Elektron seinen ursprünglichen Zustand wieder ein. Jeder Anregungszustand entspricht einer Absorptionslinie im Spektrum. Diese Absorptionslinie wird zusätzlich durch Einfluss von Rotations-und Schwingungsänderungen im Molekül sowie den Wechselwirkungen der Moleküle des Lösungsmittels beeinflusst. Dadurch entsteht ein breites Absorptionsband mit einem bestimmten Absorptionsmaximum. 4 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys Abbildung 1: Termschema 2.4 Hypothese Ist die Synthese von Orange II erfolgreich verlaufen, kann mit Hilfe des Spektrophotometers das Absorptionsmaximum bei einer Wellenlänge von 485 nm und einer Schulter bei 445 nm gemessen werden. 5 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys 3. Material und Methoden 3.1 Diazotierung und Azokupplung von Orange II 3.1.1 Verwendete Chemikalien Sulfanilsäure (Fluka), C6H7NSO3, M=173.2 g/mol Sulfanilsäure (Sigma), C6H7NSO3, M=173.2 g/mol Soda, Na2CO3, M=106.0 g/mol Natriumnitrit, NaNO2, M=69.0 g/mol Salzsäure (12M), HCl, M=36.5 g/mol 2-Naphthol, C10H8O, M=144.2 g/mol Natriumhydroxid, NaOH, M=40.0 g/mol Harnstoff, CH4N2O, M= 60.1 g/mol Natriumchlorid, NaCl, M= 58.4 g/mol 3.1.2 Methode Der Versuch wurde mit 2 Proben durchgeführt, wobei bei der 1. Probe die Sulfanilsäure von Fluka und bei der 2. jene von Sigma verwendet wurde. Die Durchführung war für beide Proben die Gleiche. Anfällige Abweichungen der 2. Probe werden in Klammern angegeben. Abbildung 2: Reaktionsverlauf Diazotierung In einem 100 ml Erlenmeyerkolben wurden im 1. Versuch 1.77 g (Fluka) (0.01 mol) bzw, im 2. Versuch 1.72 g (Sigma) (0.01 mol) Sulfanilsäure eingewogen und unter Rühren in 18 ml 2.5 % Soda-Lösung (0.0015 mol) aufgelöst. Nachdem sich alles gelöst hatte wurde die Lösung in einem Eisbad bis auf 0°C abgekühlt und 0.677 g Natriumnitrit hinzugegeben. Dabei verfärbte sich die 1. Probe grau und die 2. Probe dunkelgelb. Als sich das Natriumnitrit vollständig gelöst hatte wurde die Lösung in ein Becherglas, welches 9 g Eis und 1.8 ml 12M Salzsäure enthielt, übergeführt. Dabei fiel das innere Salz in Form von Diazoniumsulfonat aus (Nicht Chlorsalz!!!!). Ein allfälliger Überschuss an salpetriger Säure wurde mit Harnstoff neutralisiert. 6 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys Abbildung 3: Reaktionsverlauf Azokupplung Für die Azokupplung wurde in einem Becherglas unter Rühren 1.3 g 2-Naphthol in 7.5 ml 10 wt% Natriumhydroxid gelöst. Dieser Lösung wurde in einem Eisbad die Diazoniumaufschlämmung langsam zugetropft. Die entstandene Farbstofflösung wurde nach weiteren 10 min Rühren bis zur vollständigen Lösung über dem Magnetrührer auf 90°C erhitzt. Anschliessend wurden 5 g Natriumchlorid hinzugegeben. Nachdem das Salz vollständig in Lösung gegangen war, wurde die Farbstofflösung 20 min in einem Eisbad ausgekühlt. Durch Abnutschen wurde der Farbstoff danach von der Lösung getrennt. Das Filtrat wurde 2-mal mit gekühltem deionisiertem Wasser nachgewaschen und anschliessend im VakuumTrockenschrank getrocknet. 3.2 Färben mit Orange II Es wurden 2 Färbungen durchgeführt. Eine mit reinem Baumwollfaden und eine mit synthetischem Polyamidstoff. Die Gewichtsangaben beziehen sich auf den Baumwollfaden und die Angaben in den Klammern auf den Polyamidstoff. Es wurde eine Lösung aus 10 g H2O (50 g), 0.3 g Orange II (1 g), 0.4 g H2SO4 (1.5 g) und 1.5 g Na2SO4 (7.5 g) hergestellt. Anschliessend wurde die Lösung unter Rühren auf dem Magnetrührer auf ca. 90°C erhitzt und das Färbgut, 0.16 g Wollfaden (1.83 g Polyamidstoff) hinzugegeben. Nach 60 min kochen bei 90°C wurde das Färbgut entnommen und mit kaltem Wasser ausgewaschen. 7 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys 4. Resultate 4.1 Synthese 4.1.1 Allgemein Die beiden Proben zeigten bei der Synthese nicht die gleichen optischen Eigenschaften. Die verwendete Sulfanilsäure von Sigma verfärbte sich bei der Diazotierung grau und jene von Fluka gelborange. Auch bei der weiteren Synthese zeigte Sulfanilsäure von Sigma eine weniger intensive Färbung. 4.1.2 Ausbeute Tabelle 2: Ausbeute von Orange II bezüglich 2-Naphthol Theoretische Ausbeute [g] Sigma Fluka Praktische Ausbeute [g] 2.961 2.961 2.856 2.956 Praktische Ausbeute [%] 96.45 99.83 Die Ausbeute wurde bezüglich der verwendeten Anzahl Mol von 2-Naphthol berechnet, da dieser Stoff den kleinsten Anteil hat und somit ausschlaggebend ist. (Gl. 1) 4.1.3 Färben mit Orange II Nach dem Anfärben der Baumwolle und der Polyamidproben konnte kein Unterschied festgestellt werden. Beim Auswaschen des Fäbeguts verlor die Polyamidfaser jedoch wieder fast die ganze Farbe. Die Baumwollprobe hatte eine starke orange Farbe angenommen, welche sich auch nicht mehr auswaschen lies. 8 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys 4.1.4 UV/VIS Spektroskopie Das Spektrum wurde für Wellenlängen zwischen 350nm und 600nm erstellt. Dabei zeigten beide Proben ein Absorptionsmaximum der Wellenlänge von 481nm. Abbildung 4: VIS-Spektrum der 1. Probe Abbildung 5: VIS-Spektrum der 2. Probe 9 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys 5. Diskussion 5.1 Ziele / Hypothese Das Ziel wurde erreicht. Es konnte der Farbstoff Orange II hergestellt werden. Auch die Hypothese, dass es sich bei Orange II um einen Farbstoff mit einem Absorptionsmaximum im Wellenbereich von 480 nm und einer Schulter bei 445 nm handelt, erwies sich als korrekt. 5.2 Auswertung der Resultate 5.2.1 Orange II Die beiden hergestellten Farbstoff Orange II, der eine hergestellt aus der Sulfanilsäure von Sigma und aus der Sulfanilsäure von Fluka, sind identische Produkte. Während der Diazotierung kann es aber zu einer Kupplung zwischen der noch nicht diazotierten Sulfanilsäure und dem Diazonium-Ion kommen. Dabei kann die Diazogruppe entweder mit der Aminogruppe der Sulfanilsäure zur TriazenVerbindung oder in ortho-Stellung zur Aminogruppe zur o-Aminoazo-Verbindung kuppeln. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesen Nebenprodukten um die graue „Verschmutzung“, die aber wegen der hohen Wasserlöslichkeit (2 Sulfogruppen) beim Ausfällen des bei der nachfolgenden Kupplung entstehenden Farbstoffes im Filtrat bleibt. 5.2.2 Färben mit Orange II Die orange Farbe des Polyamidtextils konnte im Gegensatz zu der Färbung der Baumwollfaser ohne grosse Probleme wieder ausgewaschen werden. Dies liegt daran, dass beim Anfärben in saurem Milieu die endständige Aminogruppe der Polyamidfaser zur Ammoniumgruppe protoniert. Die gebildeten Ammoniumgruppen können mit der Sulfogruppe des Orange II in Wechselwirkung treten und es bildet sich ein Salz. Diese Salzbildung ist in Wasser durch Ionenaustausch reversibel. Bei Baumwolle hingegen wirken verschiedene zwischen molekulare van der Waal’sche Kräfte (z.B. Wasserstoffbrücken), welche stärker als die Salzbindung sind, und dementsprechend den Farbstoff stärker an die Cellulose als an die Polyamidfaser binden. 5.3 Verbesserung des Versuches Um während der Diazotierung eine mögliche Kupplung der Sulfanilsäure mit dem Diazonium-Ion zu minimieren, sollte vorzugsweise das Lösungsgemisch aus Sulfanilsäure und Natriumnitrit zur vorgelegten konzentrierten HCl-Lösung zugetropft werden, und nicht umgekehrt. So wird verhindert, dass an der Eintrittsstelle in die vorgelegte HCl-Lösung eine rasche Diazotierung statt findet und möglichst keine Sulfanilsäure zur Kopplung vorhanden bleibt (vgl. Fierz-David H.E. (1947). Farbenchemie. 7. Auflage. Spring-Verlag. S. 237, 249, 250). 10 von 11 Praktikum II Chemie D-MATL Roman Grisch, Jan Rys 6. Referenzen [1] Departement Materialwissenschaft, ETH-Zürich (Herbst 2005). Diazotierung und Azokupplung. Versuch Nummer 3/4. 11 von 11