Brigitte Boothe: „Störende Personen“

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5. Hamburger Symposium Persönlichkeitsstörungen
Abstracts der Workshops
Freitag, der 05. September 2008
Brigitte Boothe: „Störende Personen“
Dysfunktionales und auffälliges Sozialverhalten gehört bei Persönlichkeitsstörungen zum
diagnostischen Bild. Ihr Verhalten gilt notorisch als anstößig, gleich oder später. Aber
Persönlichkeitsgestörte sind der selbstaufklärenden Beziehungsarbeit wenig zugänglich. Sie sind
Leute, mit dem man nicht zurechtkommt. Sie sind unbekömmlich. Es fehlt Friedensfähigkeit. In
psychopathologischer Perspektive handelt es sich hier um ist das Ausdruck von Defizienz und
suboptimalen Regulierungsprozessen. Was aber geht auf der Ebene des Beziehungshandelns vor
sich? Wie bringen störende Personen – diesseits und jenseits der Pathologie – es fertig, erfolgreich zu
stören? Störende sind Akteure und Herausforderer, vom Gegenüber wird Positionsbezug verlangt. Im
Workshop geht es darum, störende Personen als Akteure und als Handelnde in der Beziehung zu
verstehen, anhand von Beispielen aus der eigenen therapeutischen Praxis und der Literatur.
Paul Maar, Nele Maar: „Papa wohnt jetzt in der Heinrichstraße“
Nele Maar hat aus ihrer Erfahrung als Familientherapeutin 1987 einen Bilderbuchtext zum Thema
Scheidung geschrieben: „Papa wohnt jetzt in der Heinrichstraße“. Das Buch mit den Illustrationen von
Verena Ballhaus wurde 1988 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, hat mehr als 20
Auflagen erlebt und gilt inzwischen als Bilderbuch-Klassiker zu diesem Thema.
Erzählt wird die Geschichte des fünfjährigen Bernd, der das zunehmende Zerwürfnis seiner Eltern
erleben muss und schließlich deren Scheidung. Bernds Hilflosigkeit, seine Ängste, seine Wut und
Traurigkeit werden begleitet von dem Gefühl, am Streit der Eltern schuld zu sein und die Trennung
verhindern zu können. Am Ende kann er akzeptieren, dass er nun zwei Zuhause hat.
Paul Maar hat aus dem Buch ein Theaterstück für Kinder gemacht, das in Nürnberg uraufgeführt und
oft nachgespielt wurde. Zurzeit wird es in Luxemburg inszeniert.
Im Workshop wollen Nele und Paul Maar über den Entstehungsprozess berichten, über die
Reaktionen, die sie auf das Buch und auf das Theaterstück erlebt haben. Nicht zuletzt geht es auch
um die unterschiedlichen Möglichkeiten von Buch und Theaterstück, also um das Spezifische dieser
beiden Medien. Das soll in einem Vergleich einer ausgewählten Szene aus dem Buch mit der
entsprechenden Szene im Stück vorgeführt werden.
Zu den Teilnehmern:
Die Workshopleiter wünschen sich Teilnehmer, mit denen sie ins Gespräch kommen können.
Zu den Workshopleitern:
Nele Maar ist Diplom-Psychologin und Familientherapeutin. Ihr Buch „Papa wohnt jetzt in der
Heinrichstraße“ ist im Atlantis-Verlag erschienen. Zusammen mit ihrer Kollegin Brigitte Baslé schrieb
sie „Alte Rituale – neue Rituale“ (Herder-Verlag) und gemeinsam mit Heidemarie Brosche das Buch
„Wie meine Eltern?“ (Atlantis pro juventute).
Paul Maar ist Autor zahlreicher und vielfach ausgezeichneter Kinder- und Jugendbücher, ist außerdem
einer der meistgespielten deutschen Theaterautoren und schreibt Drehbücher für Kinofilme. („Das
Sams“, „Herr Bello“, „Lippels Traum“). Übersetzungen seiner Bücher sind in mehr als 30 Ländern
erschienen.
Elke Daudert: „Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (MBT) –
theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung“
Die mentalisierungsbasierte Therapie (Mentalization Based Treatment) geht zurück sowohl auf
bindungstheoretische Konzeptionen als auch empirische Psychotherapieverlaufsstudien der
Arbeitsgruppe um Anthony Bateman und Peter Fonagy. Mittlerweile gilt MBT als eines der
wirksamsten und am besten validierten Behandlungskonzepte für Patienten mit schweren (Borderline)Persönlichkeitsstörungen, das ab 2008 auch deutschsprachig in manualisierter Form vorliegt.
Während die Methode im angloamerikanischen Bereich breite Rezeption erfahren hat, ist sie im
deutschsprachigen Bereich noch weitgehend unbekannt geblieben.
Das psychodynamisch orientierte Behandlungskonzept integriert neurobiologische Befunde
(insbesondere der Affektforschung) mit den Ergebnissen entwicklungspsychologischer und klinischer
Studien zur Bedeutung von Eltern-Kind-Interaktionen für die Entwicklung des Selbst sowie zur
Entstehung von Persönlichkeitsstörungen und zur Bewältigung von Traumatisierungen.
Eine besondere klinische Attraktivität erhält das Behandlungsverfahren dadurch, dass es mit den
Herangehensweisen der verschiedenen Therapieschulen gut kombinierbar und in unterschiedlichen
Settings einsetzbar ist. Es fokussiert auf ein stimmiges Verhältnis von erlebter Bindungssicherheit und
explorativem Prozess mit dem Ziel, die Repräsentanzenbildung für intentionale mentale Prozesse –
und insbesondere eine Mentalisierung von Affektivität – zu fördern. Dadurch kommt es in der Regel zu
einer sehr günstigen Beeinflussung des therapeutischen Klimas bis hin zur Entwicklung einer
gemeinsamen „spielerischen Grundhaltung“ von (schwer strukturell gestörten) Patienten und
Therapeuten.
In
dem
Workshop
sollen
sowohl
die
theoretischen
Grundlagen
als
auch
die
Behandlungsbesonderheiten der MBT dargestellt und diskutiert werden.
Christoph Schmeling-Kludas: „Körperliche Erkrankungen und
Persönlichkeitsstörungen“
Belastungen bei körperlichen Erkrankungen resultieren aus der Krankheit selbst (z.B.
Einschränkungen der Leistungsfähigkeit), aus den erforderlichen diagnostischen und therapeutischen
Maßnahmen (z.B. Herzkatheter oder Chemotherapie, Dauermedikation) und der Organisation der
Behandlung (z.B. ambulante Therapie durch mehrere Ärzte, Krankenhausbehandlung). Auch leichte
Belastungen aus diesem Spektrum können bei Menschen mit Persönlichkeitsstörungen die
Bewältigungsmöglichkeiten übersteigen – je nach Art und Ausmaß struktureller Defizite: Aus Angst vor
Abhängigkeit wird beispielsweise geeignete ärztliche Hilfe nicht rechtzeitig oder gar nicht in Anspruch
genommen, wegen Trennungsängsten ist die Überweisung vom Hausarzt oder Psychotherapeuten
zum Facharzt oder ins Krankenhaus undurchführbar, wegen emotionaler Instabilität werden
aussichtsreiche Behandlungen verweigert oder abgebrochen, unerträgliche Scham hindert daran
einzugestehen, dass verordnete Medikamente nicht eingenommen wurden, oder Angst wird durch
Spaltungen und projektive Identifikationen abgewehrt und führt so zu Spannungen zwischen den
beteiligten Behandlern. Diese durch die Komorbidität bedingten Schwierigkeiten werden oft durch die
Trennung von somatischer Medizin und Psychotherapie in unserem Gesundheitssystem verstärkt.
Die Folgen sind nicht nur verzögerte Heilungen und „eigentlich“ unnötige Komplikationen, sondern
u.U. bleibende Gesundheitsschäden, dauerhafte Behinderungen oder sogar Todesfälle, zu denen die
körperliche Erkrankung allein nicht hätte führen müssen.
Der Workshop will eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik anstoßen. Ausgehend von einer
Kasuistik wird ein Überblick über die Probleme gegeben, in die persönlichkeitsgestörte Menschen
geraten können, wenn sie körperlich erkranken. Anschließend besteht Gelegenheit zur Diskussion –
auch anhand eigener Fälle der Teilnehmer. Im Mittelpunkt stehen soll dabei die Frage, wie
Psychotherapeuten zu einer besseren Versorgung persönlichkeitsgestörter und körperlich kranker
Patienten beitragen können.
Martin Sack: „Komplexe PTSD und Borderline – Unterschiede in
Diagnostik und Therapie?“
Empirische Befunde zeigen, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung erhebliche Überschneidungen
mit komplexen Traumafolgestörungen zeigt. Anhand von praktischen Patientenbeispielen werden wir
in unserem Workshop darstellen, welche Vorteile eine schon möglichst frühzeitige Einbeziehung
traumatherapeutischer Behandlungselemente für die Psychotherapie von Patienten mit Borderline-
Störungen hat. Anhand von Videobeispielen werden Möglichkeiten einer Stabilisierung durch
schonende
Traumabearbeitung
vorgestellt.
Indikationen
und
Kontraindikationen
traumatherapeutischer Behandlungsansätze bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen sollen
gemeinsam diskutiert werden.
Kirsten von Sydow, Andreas Schindler: Systemische Interventionen
bei Persönlichkeitsstörungen
Die systemische Therapie/Familientherapie hat sich bisher nur relativ wenig mit
„Persönlichkeitsstörungen“ beschäftigt. Dies liegt vor allem an der Ablehnung des Begriffes und
Störungskonzeptes als eher schädlich denn nützlich. Betrachtet man „Persönlichkeitsstörungen“
allerdings als überwiegend interaktionelle Störungen, dann eröffnet sich eine breite Palette
systemsicher Handlungsmöglichkeiten.
Der Workshop wird spezifisch systemische Herangehensweisen (z. B. Genogramme,
Familienskulptur, ressourcenoientiertes Arbeiten, positives Umdeuten) die therapeutische Praxis in
verschiedenen Settings (Einzel, Gruppe, Paar, Familie) anhand von Fallbeispielen darstellen und auf
spezielle Fragen bei der systemischen Behandlung von „Persönlichkeitsstörungen“ eingehen.
Ruth Sander: „Familienaufstellungen – pro und contra“
Von den einen als schnelles Heilmittel gepriesen, von den andern als unseriöse Methode verteufelt –
wie sich da eine Meinung bilden?
Und gibt es denn überhaupt DIE Familienaufstellung oder doch eher ein breites Spektrum
verschiedener Varianten auf dem Markt? Wie kann man/frau bei Interesse seriöse von unseriösen
Angeboten unterscheiden? Und was unterscheidet eine Familienaufstellung von einer
Familienrekonstruktion, einer Skulptur oder einem Psychodrama?
Praktische Übungen werden mit Inputs und methodischem Austausch abwechseln.
Nicole Welter, Fee Schäfer: „Kinder- und Elternängste – aus
adler(iani)schem Blickwinkel“
In diesem Workshop werden wir zunächst auf theoretische Inhalte, also adlerianische Gedanken zu
Ursachen für – sowie Konzepte im Umgang mit – Ängsten eingehen. Auf dieser Grundlage werden wir
einige Fallvignetten aus (ambulanten und stationären) Kindertherapien mit adlerschem Blickwinkel,
gleichsam wie von oben, gemeinsam mit den TeilnehmernInnen des Workshops betrachten und
diskutieren. Durch Alfred Adlers Perspektive erhält man eine konstruktive Möglichkeit, Praxis zu
reflektieren, also die Ängste der Kinder und/oder ihrer Bezugspersonen im adlerianischen Kontext zu
verstehen und dies für die therapeutische Arbeit fruchtbar zu machen.
„Neueste Forschungsergebnisse“ – Vorträge der Bewerber zur „Hamburger
Fellowship Persönlichkeitsstörungen“. Stephan Doering (Vorsitz); Birger Dulz, Sabine
Herpertz, Sven Olaf Hoffmann, Jörg Weidenhammer
Sonnabend, der 06. September 2008
Anna Buchheim: Eltern und Bindung
Theresia Höynck: Tötung des eigenen Kindes
Berichtet wird über ein kriminologisches Forschungsprojekt zu Tötungsdelikten an Kindern. Zentrales
Element der Studie ist eine bundesweite Strafaktenanalyse aller Fälle vollendeter Tötungsdelikten an
Kindern unter sechs Jahren im Zeitraum 1997-2006. Der weit überwiegende Teil dieser Delikte wird
von den leiblichen oder sozialen Eltern der kindlichen Opfer verübt, dabei sind sehr unterschiedliche
Deliktstypen vertreten wie z.B. Neonatizide, Tötungen im Zusammenhang mit akuten psychischen
Erkrankungen oder tödlich endende langfristige Misshandlungen. Das Interesse der Studie gilt
Deliktsbegehung und Tatgenese ebenso wie (versäumten) Interventionsmöglichkeiten und
strafrechtlicher Aufarbeitung.
Ewald Rahn: „Angehörige und Persönlichkeitsstörungen“
Abstract: Vielen persönlichkeitsgestörten Menschen fällt es schwer, sich die soziale Unterstützung der
Angehörigen zu sichern. Oft genug leiden Angehörige, etwa Partner, Geschwister oder Eltern, unter
den Auswirkungen der Persönlichkeitsstörung auf die Beziehung. Diese können durch
schwerwiegende Konflikte, Hilflosigkeit und Feindseligkeit geprägt sein. Immer spielen Emotionen eine
zentrale Rolle. Der Therapeutin und dem Therapeuten begegnen Angehörige meist in verschiedenen
Rollen: als Mitspieler, Helfer, Kritiker, Verbündeter, Störfaktor, Mitbetroffener und gelegentlich als
Täter. So ist es nicht immer leicht, die therapeutische Neutralität zu wahren, Konkurrenzen zu
vermeiden und zu optimalen Formen der Kooperation zu kommen. Angehörige sind auf der anderen
Seite aber auch Repräsentanten des sozialen Netzes des Betroffenen. Von ihnen geht oft die
Resonanz auf die durch Therapie erreichten Veränderungen aus, die der Betroffene braucht, um die
notwendigen Entwicklungen zu konsolidieren. Ausgehend von fallbezogenen Erfahrungen sollen in
dem Seminar Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Angehörigen ausgewertet und auf dieser Basis
die Möglichkeiten und Strategien für die Kooperation mit Angehörigen ausgelotet werden.
Eckhard Roediger: „Einführung in die Schematherapie nach Jeffrey
Young“
Die Schematherapie stellt eine Erweiterung der kognitiven VT zur Behandlung von
Persönlichkeitsstörungen dar. In diesem Workshop wird in die Entstehung von Schemata, ihre
erlebens- und verhaltenssteuernde Bedeutung und die Vorraussetzungen ihrer Modifikation
einschließlich der Beziehungsgestaltung eingeführt. Die Therapieschritte und Werkzeuge werden mit
Videobeispielen vorgestellt.
Silja Matthiesen: „Patchwork- oder Wahlfamilie – Wie leben Kinder
in nichtkonventionellen Familien?“
Die ehelichen Kernfamilie in den letzten vier Jahrzehnten optional geworden. Unverheiratet
zusammenlebende Paare und Alleinerziehende zeigen, dass die Ehe keine zwingende
gesellschaftliche Vorgabe, sondern eine Option ist; lesbische und schwule Lebenspartnerschaften und
die Diskussion um die Homo-Ehe fordern die Heteronormativität der Ehe heraus; Fortsetzungsfamilien
belegen, dass Ehen endlich sind und Beziehungen neu definiert und rekonstruiert werden können;
Scheidungen sind normal und erwartbar geworden. Neben die klassische Familie tritt die Wahlfamilie,
die Fortsetzungsfamilie, die Ein-Eltern-Familie, die Patchworkfamilie oder die postfamiliale Familie.
Was bedeutet es für Kinder, in diesen so genannten nichtkonventionellen Familienformen
aufzuwachsen? Müssen wir fürchten, dass die gestiegenen Scheidungszahlen den Zerfall von Familie
und Solidarität ankündigen und Kinder zunehmend in dysfunktionalen Familien aufwachsen? Die
erhitzte sozialwissenschaftliche Debatte, welche Familienformen für das Aufwachsen von Kindern
geeignet seien, ist inzwischen zu einem fundierten Ergebnis gekommen: Der Zusammenhang
zwischen Familienform und den Erziehungsleistungen der Eltern ist sehr viel schwächer als vermutet.
Es gibt keine gesicherten Hinweise darauf, dass die traditionelle Familie die bestmögliche Gewähr für
eine glückliche und liebevolle Erziehung bietet. Ein breites Spektrum familialer Lebensformen kann die
Grundvoraussetzungen für eine gesunde psychosoziale Entwicklung von Kindern zur Verfügung zu
stellen. Das Wohl des Kindes ist nicht von der Familienform abhängig, sondern von anderen Faktoren
wie der Bindungsqualität zwischen Eltern und Kindern, von der Beziehungsqualität zwischen den
Eltern, und von den sozialen und materiellen Lebensbedingungen der Familie.
Andrea Moldzio: „Traumatherapie in der Klinik“
Auf einer psychotherapeutischen Station in der II. Psychiatrischen Abteilung der Asklepios Klinik Nord/
Hamburg Ochsenzoll behandeln wir seit zehn Jahren traumatisierte Patientinnen, die zumeist Opfer
sexueller Gewalt wurden. Unser therapeutisches Konzept basiert auf dem 3-Phasen-Modell der
Psychodynamisch Imaginativen Trauma Therapie (PITT ®) nach Reddemann, welches wir durch ein
frauengerechtes Setting erweitert haben.
In der Gesundheitsforschung, insbesondere der Traumaforschung, ist die geschlechtsdifferenzierte
Betrachtung von Lebenszusammenhängen ein zunehmend aktueller werdendes Thema. Zwischen
Frauen und Männern mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) gibt es deutliche
Unterschiede in der Krankheitsverarbeitung und -bewältigung und den jeweiligen geschlechtsspezifischen Belastungen und Ressourcen. Beispielsweise machen Frauen zwar statistisch gesehen
weniger traumatische Erfahrungen als Männer, entwickeln jedoch bei gleichem Trauma häufiger eine
PTSD als diese und haben einen chronischeren Verlauf. Zudem werden Frauen häufiger Opfer von
sexualisierter Gewalt und haben damit die höchste Prävalenz nachfolgend eine PTSD zu entwickeln.
Aus der Komplexität der gesundheitlichen Folgen und den geschlechtsspezifischen Hintergründen
ergeben sich vielfältige Implikationen für die Therapie traumatisierter Patienten. Wann muss ein
Patient stationär, wann kann er ambulant behandelt werden? Welche therapeutischen Möglichkeiten
gibt es in der Klinik? Was tun bei anhaltendem Täterkontakt? Wann ist eine aufdeckende
Traumatherapie indiziert? Wie soll mit Selbstverletzendem Verhalten und Suizidalität umgegangen
werden? Welche geschlechtsspezifischen Besonderheiten müssen in der Therapie berücksichtigt
werden? Was ist wenn das Opfer zum Täter wird? Wie gehe ich mit den eigenen
Gegenübertragungsgefühlen um – und wie schütze ich mich vor der Gefahr der eigenen
Traumatisierung? Diese und weitere Fragen sollen im Seminar ausführlich beleuchtet und diskutiert
werden.
Jörg Weidenhammer: Von der Ohnmacht der Mächtigen. Und der
Macht der Ohnmächtigen
Stephan Doering: "Übertragung und Gegenübertragung in der
Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen"
In der klinischen Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen spielt die Beziehungsebene zwischen
Diagnostiker und Patient eine besondere Rolle. Hier kommt es zu Reinszenierungen früherer
Beziehungserfahrungen des Patienten, die bei Therapeuten nicht selten intensive Affekte und
Verwirrung hervorrufen. In der psychodynamischen Konzeption wird davon ausgegangen, dass die
Übertragungsbeziehung deshalb so „aufgeladen“ ist, weil die Patienten durch interpersonelle Abwehr,
insbesondere projektive Identifizierung, eigene Selbstanteile im Therapeuten induzieren und dann
bemüht sind, diese zu kontrollieren oder zu bekämpfen. Bei der Diagnosestellung ist es wichtig, dass
der Therapeut diese Prozesse nutzt, um strukturelle Störungsanteile nicht zu übersehen und um
Hinweise für das Verstehen des Patienten zu erhalten.
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