______________________________________________________________________ Rheinland-Pfalz AgroScience GmbH Institut für Agrarökologie Breitenweg 71 67435 Neustadt/Weinstraße ABSCHLUSSBERICHT November 2005 Optimierung eines Simulationsmodells zur Stickstofffreisetzung aus Biokompost im Weinbau auf die Belange der Praxis PROJEKTINHABER PD Dr. habil. Roland Kubiak PROJEKTBEARBEITUNG Dr. Stephan Reuter Arbeitsgruppe Angewandte Standortökologie Dr. Claas Nendel Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) e.V., Abteilung für Modellierung und Wissenstransfer PD Dr. habil. Kurt-Christian Kersebaum Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Institut für Landschaftssystemanalyse BERICHTSZEITRAUM 01.06.2002 bis 30.05.2005 GEFÖRDERT DURCH Forschungsring Deutscher Weinbau (FDW ) bei der DLG Inhaltsverzeichnis A KURZFASSUNG 4 B PLANUNG UND ABLAUF DER FORSCHUNGSARBEIT 5 B1 Einleitung 5 B2 Ziele der Arbeit 7 B 3 Versuchsaufbau und Rahmenbedingungen B 3.1 Rahmenbedingungen B 3.2 Der Ringversuch des Forschungsringes Deutscher Weinbau B 3.3 Versuchsaufbau B 3.4 Standorte C DURCHFÜHRUNG DER FORSCHUNGSARBEIT C 1 Evaluierung des Pflanzenwachstumsmodells C 1.1 Einleitung C 1.2 Material und Methoden C 1.3 Ergebnisse C 1.4 Diskussion C 1.5 Schlussfolgerung Bestimmung der N-Mineralisationsparameter von Traubentrester durch in-vitro Inkubation C 2.1 Zusammenfassung C 2.2 Einführung C 2.3 Material und Methoden C 2.4 Ergebnisse C 2.5 Diskussion C 2.6 Schlussfolgerung 7 7 8 9 10 14 14 14 14 19 27 29 C2 Test der N-Mineralisationsparameter von Bioabfall-kompost in einem Freilandinkubationsexperiment (2. Aufbringung) C 3.1 Material und Methoden C 3.2 Ergebnisse C 3.3 Diskussion C 3.4 Schlussfolgerung 30 30 30 31 35 38 41 C3 Abschätzung der Grundwassergefährdung durch Nitrat aus Bioabfallkompost im Lysimeterversuch C 4.1 Material und Methoden C 4.2 Ergebnisse C 4.3 Diskussion C 4.4 Schlussfolgerung 43 43 47 50 51 C4 52 52 53 54 56 C5 Erstellung eines Kataloges für die vereinfachte Erhebung von Eingabe-Parametern 57 C6 Implementierung des Modells in eine zeitgemäße Programmoberfläche 62 C 7 Simulation der N-Dynamik in Rebflächen des Kompost-Ringversuches C 7.1 Einleitung C 7.2 Ruppertsberg 66 66 68 2 C 7.3 C 7.4 C 7.5 C 7.6 C 7.7 C 7.8 D E Nierstein Bad Kreuznach Blankenhornsberg Geisenheim Beurteilung des Simulationserfolges Zusammenfassende Diskussion ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION UND AUSBLICK 71 74 77 79 85 86 89 D1 Das Modell NVINO 2.0 und seine Zukunft in der Düngeberatung 89 D2 Schlussbetrachtung 91 D3 Fazit 92 LITERATUR 93 3 A Kurzfassung Ein Simulationsmodell zur Darstellung der Stickstoff-Dynamik in Rebflächen wurde unter Revision genommen und weiter entwickelt. Anhand von Daten aus einer zweijährigen Beobachtung des Rebwachstums an verschiedenen Standorten wurde das Pflanzenwachstumsmodul erweitert um die Darstellung der Wuchsreduktion bei Trockenstress. Eine geplante Überprüfung der Simulationsleistung unter durchschnittlichen Wetterbedingungen konnte wegen extremer Witterung im Untersuchungszeitraum nicht erfolgen. Das Spektrum der organischen Dünger zur Verwendung im Modell ist durch die Parametrisierung von Traubentrester erweitert worden. Es wurde festgestellt, dass Traubentrester nicht nach dem klassischen kinetischen Modell mineralisiert, da vermutlich hohe Polyphenolgehalte den Prozess hemmen. Eine Anpassung des Modells wurde erarbeitet. Die im Modell verwendeten Parameter für Bioabfallkompost wurden in einem Kleinlysimeterexperiment überprüft und für eine langfristige Darstellung als verwendbar befunden. Es wurde dabei deutlich, dass kurzfristige Umsetzungsdynamiken nicht mit dem Modell erfasst werden können. Weitere Lysimeterstudien haben gezeigt, dass bei sachgemäßer Anwendung auf Böden mit guten Wasserrückhaltevermögen keine Gefahr für Nitratauswaschung nach Kompostzugabe besteht. Bei flachgründigen Böden oder Böden mit schwachem Retentionsvermögen kann es jedoch durchaus zu Nitratauswaschung kommen. Insgesamt leidet die Leistung des verwendeten Modells bei der Simulation der N-Dynamik auf verschiedenen Rebflächen unter der Tatsache, dass mikrobielle Populationsdynamiken nicht nachvollzogen werden können. Demnach weichen 58 % der vom Modell berechneten Nmin-Gehalte weiter vom jeweiligen Messwert ab als die mittlere Standardabweichung der Messwerte im Raum. Im Mittel unterschätzt das Modell an allen Standorten den beobachten Nmin-Gehalt im Boden um 12,4 kg N ha-1 mit einer mittleren Standardabweichung von 36,2 kg N ha-1. 4 B Planung und Ablauf der Forschungsarbeit B 1 EINLEITUNG Im Weinbau hat sich die Humusersatzwirtschaft als Sicherung einer ausreichenden Versorgung der bewirtschafteten Rebflächen mit organischer Substanz als besonders wichtig erwiesen. Zwar ist der Verlust an organischer Substanz im Produktionskreislauf des Weinbaus in den meisten Fällen nicht besonders hoch, da Laubschnitt, seneszente Rebblätter und das Holz des Rebschnitts im Weinberg verbleiben sowie Traubentrester, Trub und Hefe als organische Abfallstoffe wieder in die Rebfläche eingebracht werden, jedoch liegt der gewünschte Humusgehalt des Weinbergbodens höher als durch die Menge im Kreislauf befindlicher organischer Substanz erhalten werden könnte. Der positive Einfluss eines hohen Humusgehaltes auf die physikalischen Eigenschaften des Bodens sind hier zumeist die treibenden Argumente. Ein hoher Humusgehalt führt zu einem reich diversifizierten und aktiven Bodenleben und somit zu einer guten Struktur des Bodens. Diese wiederum bedingt ein erhöhtes Wasserrückhaltevermögen und auch eine verbesserte Elastizität des Bodens. Die betriebsbedingte häufige Befahrung der Rebfläche kann somit dem Boden weniger irreversible Schäden durch Kompaktierung und Sohlenbildung zufügen. Im Rahmen der Diskussion um die Verwertung sekundärer Abfallstoffe gemäß des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes (KrW/AbfG) vom 27.09.1994 wurde zum Ende der 1990er Jahre Bioabfallkompost als Meliorationsmittel im Weinbau propagiert. Auf diese Weise konnte mit vertretbarem Aufwand an Arbeit und Kosten Humusersatzwirtschaft im Weinbau betrieben werden und gleichzeitig der Kreislaufgedanke der Abfallwirtschaft unterstützt werden. Die Verbesserung der physikalischen Eigenschaften des Bodens durfte jedoch nicht auf Kosten des Nährstoffhaushaltes geschehen. Bioabfallkompost enthält eine verhältnismäßig große Menge an für die Rebe relevanten Nährstoffen. Besonders kritisch sind dabei die hohen Gehalte an Kalium und Phosphor zu sehen, da Weinbergsböden im Allgemeinen bereits eine Versorgung im Luxusbereich dieser Nährstoffe aufweisen. Die zum Ende der 1990er Jahre gültige Gesetzgebung sah jedoch für den Weinbau in den meisten Fällen keine Restriktion vor, da ein großer Teil der Rebflächen in 5 Deutschland eine kleine Fläche von weniger als einem Hektar aufwiesen und somit nicht unter das Regelwerk der Düngeverordnung fielen. Es war also im Zusammenhang mit der im Jahre 1998 neu erlassenen Bioabfallverordnung (BioAbfV) möglich, eine Menge Kompost von 30 t Frischmasse auf einen Hektar Rebland aufzubringen, sofern die Gehalte an Schwermetallen im Kompost nicht die dafür vorgesehenen Grenzwerte überschritten. Diese Aufbringungsmenge brachte allerdings eine erhebliche Nährstofffracht in die Rebfläche ein. Besonders der Stickstoff, der durch mikrobielle Tätigkeit im Boden in das hochmobile Nitrat überführt wird, wurde hier einer besonderen Betrachtung unterzogen. Stickstoff, eines der wichtigsten Nährelemente, liegt im Bioabfallkompost nicht in pflanzenverfügbarer Form vor. Im Laufe der Zeit wird durch Mineralisation jedoch organisch gebundener Stickstoff in seine mineralischen Formen umgewandelt und damit den Pflanzen zugänglich gemacht. Die Dynamik dieser Freisetzung, die von den Umweltbedingungen abhängt, war anfangs jedoch nur für ackerbauliche Agrarsysteme untersucht, nicht jedoch für Rebflächen. Um diese Aufklärungsarbeit voranzutreiben wurde im Jahre 1999 ein umfassender Ringversuch der Landeseinrichtungen der Weinbauforschung initiiert. Dieser auf neun Jahre konzipiert Versuch beinhaltete die Untersuchung der N-Dynamik auf acht ausgewählten Rebflächen in 4 Bundesländern , die in drei Phasen mit jeweils zwei unterschiedlichen Aufwandmengen Bioabfallkompost gedüngt wurden. In einer innerhalb des Ringversuches angelegten und vom Forschungsring des Deutschen Weinbaus finanzierten Doktorarbeit (siehe dazu Nendel, 2002) wurden außerdem in umfassenden Labor- und Freilandstudien die Parameter des N-Freisetzungsverhaltens von Bioabfallkompost untersucht und in ein Simulationsmodell eingegliedert. Das im Rahmen dieser Arbeit entstandene Simulationsmodell NVINO ist in der Lage, die N-Dynamik in einer Rebfläche zu simulieren (Nendel und Kersebaum, 2004). Auch der Effekt einer Kompostaufbringung im Weinberg kann mit dem Modell nachvollzogen werden. Dabei hat sich herausgestellt, dass in Weinbergsböden ein größerer Anteil des Kompost abgebaut wird als bisher aus Versuchen mit Ackerböden abgeleitet wurde (Nendel et al., 2004), und dass die N-Nachlieferung von Bioabfallkompost im Einfluss von in Weinbergen typischen Umweltbedingungen 6 somit erheblich höher sein kann als im Allgemeinen für Ackerstandorte angenommen (Nendel et al., 2005). Das Simulationsmodell NVINO wurde jedoch in der ersten Aufbringungsphase des Ringversuches (1999 – 2002) speziell für die Simulation der Aufbringung von Bioabfallkompost in Rebflächen konzipiert. Eine Anwendung in der allgemeinen Düngeberatung im Weinbau war aufgrund von nicht evaluierten Programmteilen zum Zeitpunkt des Projektabschlusses nicht denkbar. In einem Folgeprojekt sollte deshalb die Tauglichkeit des Modells für die Anwendung in der Düngeberatung sichergestellt werden. B 2 ZIELE DER ARBEIT In diesem Projekt sollen in direkter Nachfolge des ebenfalls vom Forschungsring des Deutschen Weinbaus geförderten Projektes „Biokompostverwertung auf Rebflächen“ drei Aspekte herausgearbeitet werden: Die Teile des Simulationsmodells NVINO, die bis dato nicht an im Feld gemessenen Daten abgeglichen worden sind, sollen nun eingehend überprüft werden. Es sollen Wege gefunden werden, die Anwendung des bestehenden Modells zu vereinfachen. Die im Rahmen des weiter laufenden Ringversuches anfallenden Daten sollen verwendet werden, um Aussagen über langfristige Effekte einer Bioabfallkompostaufbringung auf den N-Haushalt in Rebflächen machen zu können. B 3 VERSUCHSAUFBAU UND RAHMENBEDINGUNGEN B 3.1 Rahmenbedingungen Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes, das vom Forschungsring Deutscher Weinbau (FDW) finanziert worden ist. Es stellt einen Schwerpunkt im länderübergreifenden Ringversuch "Humusersatzwirtschaft im Weinbau" dar, dessen Ziel die Erforschung der Auswirkungen der flächenhaften Verwertung von Bioabfallkompost im Ökosystem Weinberg ist. An diesem 7 Ringversuch sind Forschungseinrichtungen aus 4 Bundesländern mit bedeutendem Anteil an der bundesdeutschen Weinproduktion beteiligt: die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim für Bayern, die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg sowie das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg für Baden-Württemberg, die Forschungsanstalt Geisenheim für Hessen, und die Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalten (SLVA) Oppenheim, Trier und Bad Kreuznach sowie die Staatliche Lehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau Neustadt an der Weinstraße für RheinlandPfalz, die in 2003 in die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum Rheinhessen-NaheHunsrück, Mosel bzw. Rheinpfalz übergingen. B 3.2 Der Ringversuch des Forschungsringes Deutscher Weinbau Die grundlegenden Versuchsbedingungen der vorliegenden Arbeit sind durch das Konzept des Ringversuches vorgegeben. Das betrifft zum einen die Auswahl der Standorte, zum anderen die Wahl der zu untersuchenden Faktoren. Für den Ringversuch wurde auf jeder Versuchsfläche Bioabfallkompost einer identischen Charge aus einem Kompostwerk in Würzburg verwendet. Die Ausbringung erfolgte in zwei Düngestufen mit den Aufwandmengen von 30 t ha-1 Trockenmasse (der derzeit zulässigen Höchstmenge für einen Dreijahreszeitraum nach BioAbfV) und 50 t ha-1 Trockenmasse Kompost. Zusätzlich wurde eine Kontrollvariante angelegt, deren Bearbeitung und Düngung betriebsüblich erfolgen sollte. Das bedeutet, die Düngung erfolgt in mineralischer Form und kann aufgrund von standörtlichen Gegebenheiten (Humusgehalt, Skelettgehalt, etc.) unterschiedlich ausfallen (üblicherweise werden 60 kg N ha-1 aufgewendet). Weitere Düngestufen, Komposte oder ähnliche Materialien konnten im Ermessen der jeweiligen betreuenden Versuchsanstalt realisiert werden. Die Versuchsanlage entspricht einem vierfach parallelen, vollständig randomisierten Design (Abbildung B 3.1) auf Parzellen von 0,49 ha bis 0,62 ha Größe. Der Ringversuch ist angelegt auf einen Zeitraum von zunächst neun Jahren, in denen der Bioabfallkompost in einem Rhythmus von drei Jahren in dreifacher Aufwandmenge ausgebracht wird. Dieses Vorgehen ist in der Praxis des Weinbaus üblich und nach BioAbfV zulässig. Das hier beschriebene Projekt umfasst hauptsächlich die zweite Ausbringungsperiode von 2002 bis 2005. 8 1a 2b 3c 1d 2a 1b 2c 3d 3a 3b 1c 2d Abbildung B 3.1: Schematische Anordnung der Versuchsparzellen im Ringversuch. Die Realisierung kann von Ort zu Ort variieren. a-d: Parallelen, 1 = Nullvariante (ortsübliche Düngung, meist 60 kg N ha-1), 2 = Kompostvariante nach BioAbfV (30 t ha-1 TM), 3 = Kompostvariante überhöht (50 t ha-1 TM). B 3.3 Versuchsaufbau Im Rahmen des Ringversuches konzentrierte sich die Forschung bei der RLP AgroScience GmbH Neustadt a. d. W. zunächst auf die Ermittlung der Stickstoffnachlieferung aus dem verwendeten Kompost und die N-Dynamik in mit Bioabfallkompost gedüngten Rebflächen. Die gewonnenen Erkenntnisse sind in ein Simulationsmodell eingeflossen, welches in der Lage ist, die N-Düngewirkung des Bioabfallkompostes auf den jeweiligen Rebflächen nachzuvollziehen und zu prognostizieren und somit als ein Instrument für die Düngeberatung im Weinbau eingesetzt werden kann. Dieses Simulationsmodell ist jedoch nur in eingeschränktem Maße evaluiert, so dass ein flächendeckender Einsatz in Deutschland zunächst nicht empfehlenswert war. Um das Modell einsatzfähig zu machen, sind in diesem Projekt weitere Module geprüft worden. Zusätzlich wurde das Modell um grundlegende Eigenschaften erweitert. Im Einzelnen wurden folgende Arbeitschritte durchgeführt: Das Pflanzenwachstumsmodul des Modells wird anhand von Daten eines zweijährigen Monitorings von Reben an drei Standorten evaluiert (Kapitel C 1). Anhand eines Inkubationsexperimentes werden die Mineralisationseigenschaften von Traubentrester bestimmt und für den Gebrauch im Modell parametrisiert (Kapitel C 2). Die Inkubation der Böden unter überwachten Freilandbedingungen legt offen, ob die im Labor gewonnenen Parameter zur N-Mineralisation sich in die Feldsituation übertragen lassen (Kapitel C 3). Anhand eines Lysimeter-Versuches kann überprüft werden, ob durch die starke Mineralisation des Bioabfallkompostes direkt nach der Aufbringung nennenswerte 9 Mengen an Stickstoff durch Auswaschung dem System verloren gehen (Kapitel C 4). Die Eingabeparameter für das Modell sind einer kritischen Betrachtung unterzogen worden hinsichtlich ihrer Sensitivität und Ersetzbarkeit (Kapitel C 5). Für den Gebrauch in der Praxis hat das Modell eine zeitgemäße Benutzeroberfläche bekommen (Kapitel C 6). Anhand von Daten aus weiteren Feldexperimenten kann die Gesamtleistung des Modells kritisch betrachtet werden (Kapitel C 7). Abschließend werden die Ergebnisse der einzelnen Versuchsteile noch einmal im Zusammenhang diskutiert und hinsichtlich der eingangs vorgestellten Zielsetzung betrachtet. B 3.4 Standorte Während 4 der 8 Standorte für das vorausgegangene Projekt aus dem Ringversuch des Forschungsringes Deutscher Weinbau nach bestimmten Kriterien ausgewählt worden waren, finden jetzt Daten fast aller Standorte des Ringversuches Eingang in die vorliegende Untersuchung. Die Standorte repräsentieren die größten Weinanbaugebiete des Bundesrepublik Deutschland: Pfalz (Lage „Ruppertsberger Linsenbusch“), Rheinhessen (Lage „Niersteiner Kranzberg“ und „Geisenheimer Mäuerchen“), Nahe (Lage „Kreuznacher Kronenberg“), Mosel-Saar-Ruwer (Lage „Wolfer Klosterberg“), Baden (Lage „Burghalde“) und Franken (Marktheidenfeld) mit ihren typischen Substraten. Im Folgenden werden die Standorte detailliert vorgestellt. B 3.4.1 Ruppertsberg Die Versuchsrebfläche (125 m üNN) des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt a. d. W. trägt die Bezeichnung "Mühlweg II" und ist der Lage „Linsenbusch“ in der Gemarkung Ruppertsberg im Anbaugebiet Pfalz zugeordnet. Die Fläche liegt ca. 2 km vom Rand der Haardt (Vorderpfälzer Hügelland) in einer schwach ausgeprägten, in ostsüdöstlicher Richtung streichenden Mulde im Rheintalgraben, begrenzt von je einer Wellenstruktur im Norden und im Süden (sog. Riedel). Die Versuchsfläche selbst ist eben. Das geologische Ausgangssubstrat wird als pliocäne „weiße Sande“ angesprochen, welche in den quartären Deckschichten am Haardtrand mosaikartig verteilt im Wechsel mit den sog. 10 Freinsheimer Schichten sowie den Geröllen und Sanden der Hochterrasse auftreten. Weiter rheinwärts schließen Lössanwehungen der Böhler Lössplatte an. Durchbrochen wird dieses Mosaik von linearen Strukturen ehemaliger Wasserfließwege, in denen sich tonreichere Substrate wieder finden. In der Versuchsfläche dominieren tief umgebrochene sandige Substrate mit einem Steinanteil von bis zu 15%, abnehmend in nördlicher Richtung. Die ca. 0,5 ha große Anbaufläche ist bestanden mit 1998 gepflanztem Riesling, Klon N90 auf der Unterlage SO4, mit einer Gassenbreite von 1,90 m und einem Stockabstand von 1,10 m. B 3.4.2 Nierstein Die am Niersteiner Kranzberg gelegene Versuchsfläche (125 m üNN) des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (hier die ehemalige SLVA Oppenheim) liegt ca. 1 km westlich von Nierstein am Rhein. Der mit 15jährigem Riesling, Klon Weiß 21 auf Binova, bestandene Hang im Anbaugebiet Rheinhessen ist südost-exponiert, parallel bis schwach divergierend und wölbt sich konvex mit geringen Neigungswinkeln. Das Ausgangssubstrat ist Löss, der sich mehrere Meter mächtig auf Sandstein des Oberen Rotliegenden erhebt. Die Bodenbildung ist bis in eine Tiefe von 60 – 90 cm hinab zu verfolgen, jedoch sind auch deutliche Spuren einer tiefgründigen Bearbeitung ersichtlich. Die Gassenbreite beträgt 2,0 m und die Reben haben einen Abstand von 1,1 m. B 3.4.3 Wolf Südlich am Fuße der Ruine des Wolfer Klosters (205 m üNN) befindet sich die Kompost-Versuchsfläche des DLR Mosel in Bernkastel-Kues. Die dem Anbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer zugeordnete Rebfläche stellt einen trapezförmigen Ausschnitt der Südsüdostseite des Klosterberges dar. Er beginnt mit einer Seitenlänge von ca. 20 m und einer Neigung von 12° wölbungsfrei am westlichen Ende, divergiert leicht, wobei bei zunehmender Falllinienlänge sich eine konkave Wölbung einstellt, die am östlichen Ende der Fläche von 5° bis 22° auf einer Länge von ca. 70 m reicht. Verwitterungsmaterial aus unterdevonischem Hunsrückschiefer (Tonschiefer) bildet das geologische Ausgangssubstrat der Bodenbildung. Der Steinanteil von ca. 40% beeinflusst den Wasser- und Wärmehaushalt des tief bearbeiteten sandigen Lehms 11 nachhaltig. Die Rebfläche ist mit 1997 gepflanztem Riesling, Klon Gm 110 auf 5C, mit einem Stockabstand von 1,3 m und einer Gassenbreite von 2,0 m bestanden. B 3.4.4 Bad Kreuznach Im Anbaugebiet Nahe hat das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach eine Versuchsfläche (170 m üNN) der Lage „Kreuznacher Kronenberg“ zur Verfügung gestellt. Der südsüdwest-exponierte, parallele bis schwach divergierende Hang weist eine konkave Wölbung mit einer von ca. 10° im Hangfußbereich auf ca. 25° nach oben zunehmenden Böschung auf. Die am Fuß des Kronenbergs anstehenden, rotviolett gefärbten Sand- und Tonsteine des Oberrotliegenden (NaheGruppe), die Sponheimer Schichten, bilden das Ausgangssubstrat für den hier vorliegenden Rigosol. Die Korngrößenverteilung ist über den gesamten Hang als homogen anzusehen. Die Versuchsfläche ist 0,616 ha groß und bepflanzt mit Riesling, Klon Tr 356 auf 5BB, aus dem Jahre 1988 mit einem Standraum von 2,0 x 1,3 m. B 3.4.5 Blankenhornsberg Die 0,2 ha große Versuchsfläche des Staatlichen Weinbauinstitutes in Freiburg i. Br. befindet sich auf der Lage „Burghalde“ bei Blankenhornsberg im Bereich Kaiserstuhl auf einer Höhe von etwa 250 m üNN. Der Blaue Spätburgunder aus dem Jahr 1974 steht im Abstand von 1,7 m in Gassen von 1,4 m Breite auf einem humusarmen, tiefgründigen, geschobenen Löß (Bodenart: sandiger Schluff), der sich durch eine basische Bodenreaktion ausweist (pH 7,7 – 8,2). In den Gassen der ebenen Versuchsfläche wurden jeweils zum Winter Leguminosen eingesät. B 3.4.6 Marktheidenfeld Die Kompostcharge der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim ist auf einer Versuchsfläche in Marktheidenfeld aufgebracht worden. Der flachgründige schluffige Lehmboden der Lage Kreuzberg besteht aus schwach verwittertem Material des anstehenden unteren Muschelkalks und enthält etwa 20% Skelettanteil. Die auf 200 -220 m üNN gelegene Fläche ist 29-40% geneigt, südsüdwestlich exponiert und mit Silvaner Klon 92 auf SO4 aus dem Jahre 1983 bestockt. Der Pflanzabstand beträgt 2,0 x 1,3 m 12 B 3.4.7 Geisenheim Die Versuchsfläche der FA Geisenheim befindet sich in der Lage Geisenheimer Kläuserweg. Dort steht auf 0,5 ha Weißer Riesling Klon 198 auf 5C aus dem Jahre 1977. Der Standraum der Reben beträgt 2,0 x 1,3 m. 13 C Durchführung der Forschungsarbeit C 1 EVALUIERUNG DES PFLANZENWACHSTUMSMODELLS C 1.1 Einleitung Der Stickstoffhaushalt in einer Rebfläche wird in großem Maße durch den Entzug durch die Rebwurzel bestimmt. Die Rebe nimmt in jedem Jahr witterungsbedingt zwischen 50 und 90 kg N ha-1 aus dem Boden auf. Das zeitliche Entnahmemuster richtet sich nach den Wachstums- und Entwicklungsphasen der Rebe, das räumliche Entnahmemuster nach der Verteilung der Rebwurzeln im Boden. Die entsprechenden Parameter für die Modellierung der N-Aufnahme durch die Rebe sind im Vorgängerprojekt aus Literaturangaben geschätzt worden. Da jedoch keine ausreichenden Messdaten für das Rebwachstum zur Verfügung standen, stand für diesen Modellteil noch eine Überprüfung an. Daher wurden in den Jahren 2003 und 2004 detaillierte Messungen der Dynamik des Pflanzenwachstums an Reben dreier Standorte vorgenommen. C 1.2 Material und Methoden C 1.2.1 Datenerfassung In den Jahren 2003 und 2004 wurde an den Standorten Ruppertsberg, Nierstein und Bad Kreuznach der komplette Zuwachs von je 10 Reben in 5 unterschiedlichen Wachstumsstadien (Vorblüte, Fruchtansatz, Traubenschluss, Reifebeginn und Lesereife) abgeerntet. Insgesamt wurden von 100 Rebstöcken die Blättern, Gescheine, Triebachsen, Geiz- und Gipfeltriebe getrennt erfasst und deren Trockenmassen bestimmt. Außerdem wurden die Blattflächen der jeweiligen Reben gemessen und am Standort Neustadt wurden zusätzlich von 3 der jeweils 10 Reben die Frischmasse aller Einzelkomponenten erfasst. Parallel zur Rebernte wurden Bodenproben aus 0-30 und 30-60 cm Tiefe entnommen und die Wasser- und Nmin-Gehalte analysiert. C 1.2.2 Das Modell Für die in diesem Projekt durchgeführten Simulationen ist das Modell NVINO von Nendel und Kersebaum (2004) verwendet worden. Es basiert auf dem Modell HERMES von Kersebaum (1989), geschrieben für Ackerstandorte unter typischen 14 norddeutschen Fruchtfolgen. Es berücksichtigt stickstoffumsetzende Prozesse wie Mineralisation und Denitrifikation, Stickstofftransport in der Wasserphase sowie die Wasser- und N-Aufnahme durch Pflanzen. Die Wasserbilanz wird in NVINO auf der Grundlage eines Kapazitätsmodells mit Schichten von 10 cm Mächtigkeit erstellt. Die Kapazitätsparameter Wassergehalt bei Feldkapazität FK und Wassergehalt am Permanenten Welkepunkt PWP werden dabei aus der Bodenart nach der Bodenkundlichen Kartieranleitung (AG Bodenkunde 1994) abgeleitet und anhand von Humusgehalt und Lagerungsdichte modifiziert. Im Zusammenhang mit dem Grundwasserflurabstand wird zusätzlich der kapillare Aufstieg des Wassers einbezogen. Die potentielle Evapotranspiration (PET) wird empirisch nach Haude (1954) unter Verwendung von pflanzenspezifischen Koeffizienten von Heger (1978) ermittelt. Mit Hilfe eines über den Blattflächenindex berechneten Korrekturfaktors nach Goudriaan (1977) kann die aktuelle Evaporation vom Wassergehalt der obersten Bodenschicht abgeleitet werden. Die Berücksichtigung der aktuellen Transpiration erlaubt über die Verwendung einer Wurzelverteilungsfunktion und der kalkulierten Wurzellängendichte die Simulation der Wasserentnahme direkt aus den unteren Bodenschichten. Auf Grundlage der Wasserbewegung im Boden wird der Transport von Nitrat simuliert. Dabei wird die Konvektions-Dispersions-Gleichung δθc δ δc δqc θ D P δt δz δz δz (Gleichung C 1.1) mit dem Wassergehalt , der Nitratkonzentration in der Bodenlösung c und dem Wasserfluss q verwendet. P bezeichnet mögliche Quellen und Senken in der Bilanz. Der effektive Dispersionskoeffizient D bringt die Diffusion und die hydrodynamische Dispersion ein: q (Gleichung C 1.2), θ wobei D0 den Diffusionskoeffizienten für Nitrat in Wasser, die Tortuosität und Dv D τ 1 D 0 D v den Dispersionsfaktor bezeichnet. Die N-Mineralisation der organischen Substanz des Bodens wird in NVINO nach einem Mineralisationsmodell berechnet, welches auf die grundlegenden Arbeiten von 15 Molina (Molina et al. 1980) und Richter (Richter et al. 1980, Nuske und Richter 1981) zurückgeht. Dabei wird die aktive organische Substanz in zwei Fraktionen unterteilt, deren unterschiedliche Abbauresistenz mit verschiedenen von Bodentemperatur und -feuchte abhängigen Umsatzkoeffizienten beschrieben wird. Der Beschreibungsansatz mit einer einfachen Doppelexponentialfunktion Nt Nfast 1 - e kfast t Nslow 1 - e kslowt (Gleichung C 1.3) mit N(t) = zur Zeit t mineralisierten Stickstoff, Nfast = schnell abbaubaren N-Fraktion, kfast = Abbaukoeffizient der schnell abbaubaren N-Fraktion, Nslow = langsam abbaubaren N-Fraktion und kslow = Abbaukoeffizient der langsam abbaubaren NFraktion, ermöglicht eine einfache Bestimmung der benötigten Parameter im Laborversuch (siehe dazu Nendel et al., 2004). Die langsam abbaubare Fraktion der bodenbürtigen organischen Substanz wird nach Nendel et al. (2005) mit 17 % des NGesamtgehaltes in Weinbergsböden abgeschätzt. Die Temperaturabhängigkeit der NMineralisation wird über eine Arrhenius-Funktion unter Verwendung von Parametern, die Nordmeyer und Richter (1985) ableiten konnten, realisiert. Der Bodenfeuchteeinfluss wird in Form einer Reduktionsfunktion von Myers et al. (1982) berücksichtigt. Der Prozess der Denitrifikation war im ursprünglichen HERMES-Modell noch nicht enthalten. Seine nachträgliche Berücksichtigung durch ein Submodell von Richter und Söndgerath (zitiert in Schneider 1991) ist bei Kersebaum (1995) beschrieben. NVINO beinhaltet weiterhin ein Pflanzenwachstums-Submodell auf der Basis von SUCROS (van Keulen et al. 1982). Dieses Submodell, das die Wasser- und Stickstoffentnahme aus dem Boden über den Bedarf der wachsenden Trockenmasse steuert, lässt sich allein durch die Verwendung verschiedener Parametersätze auf eine Vielzahl von Ackerfrüchten und Gründüngungsvarianten anwenden. Die entsprechende Parametrisierung für Vitis vinifera wurde bei Nendel und Kersebaum (2004) vorgenommen. Das Pflanzenwachstumsmodul bedurfte außerdem noch einer Anpassung an die Umstände einer mehrjährig wachsenden Pflanze. Dazu mussten die Wurzelwachstumsfunktion sowie die Verteilung der Assimilationsprodukte auf verschiedene Pflanzenorgane modifiziert werden (Nendel und Kersebaum, 2004). Die 16 Einteilung der Entwicklungsphasen der Rebe im Modell ist wie folgt definiert (Tabelle C 1.1). Tabelle C 1.1: Definition der Entwicklungsphasen für Vitis vinifera in NVINO. Phase Entwicklungsstadien BBCHCode 1 Ruhephase bis Austrieb 00 – 10 2 Austrieb bis Blühbeginn 10 – 61 3 Blühbeginn bis Fruchtansatz 61 – 71 4 Fruchtansatz bis Veraison 71 – 85 5 Veraison bis Lesereife 85 – 89 6 Seneszenz 89 – 97 Eine detaillierte Beschreibung der Grundfunktionen von HERMES findet sich bei Kersebaum (1989, 1995). Die NVINO-Version 1.0 ist ausführlich bei Nendel (2002) beschrieben. C 1.2.3 Änderungen am Modell im Laufe der Forschungsarbeit Im Zuge der Evaluierung des Pflanzenwachstumsmodells wurde deutlich, dass einige grundlegende Änderungen des Modells notwendig wurden. Die Umsetzung der Änderungen hin zur Modellversion 2.0 wird im Folgenden beschrieben: C 1.2.3.1 Anpassung der Partitionierungsmatrix der Nettoprimärproduktion Durch visuelle Parameteranpassung an die im Feld gemessenen Daten des Rebwachstums wurden einige kritische Parameter in der Partitionierungsmatrix der Nettoprimärproduktion verändert. Dabei wurde der Anteil der Beere im Stadium 4 der Entwicklung verringert und dafür im Stadium 5 stark erhöht. Darüber hinaus wurden 17 kleinere Anpassungen an den Kompartimenten Blatt und Trieb vorgenommen. Die Kompartimente Holz und Wurzel wurden nur geringfügig verändert. Die daraus entstandene Partitionierungsmatrix ist Tabelle C 1.2 zu entnehmen. Tabelle C 1.2: Parameter der Partitionierungsmatrix. Angaben der Verteilung der PPN zu Beginn der jeweiligen Phase in [%]. Phase Wurzel Blatt Trieb Beere Holz 1 0 40 60 0 0 2 2 40 54 1 3 3 3 30 40 22 5 4 6 15 22 50 7 5 1 6 8 80 5 6 45 5 5 0 45 C 1.2.3.2 Einführung einer stressabhängigen Partitionierungsmatrix Die Partitionierung der Nettoprimärproduktion wurde in Abhängigkeit vom Wasserangebot gestellt. Wenn noch vor Erreichen des Fruchtansatzes Stress in Form von Wassermangel eintritt, wird von der Nettoprimärproduktion 50% einem Assimilatspeicher zugeführt. Wenn die Pflanze bereits die Phase der Veraison erreicht hat, werden unter Stressbedingungen den Beeren täglich 4% der Assimilate aus diesem Reservespeicher zugeführt. C 1.2.3.3 Berücksichtigung des Anschnitts bei der Saisonvorbereitung Die Wahl der Augenzahl der Bogrebe hat erheblichen Einfluss auf die Wuchsleistung der Rebe. Diesem Umstand wurde Rechnung getragen, in dem die Partitionierung der Assimilate in Abhängigkeit von der angegebenen Augenzahl im Winteranschnitt modifiziert wird. Dabei werden ein Standraum von 1,90 x 1,10 m und eine durchschnittliche Augenzahl von 9 als Bezugsgrößen hinterlegt. Die Veränderung der Partitionierung erfolgt in Relation dazu. C 1.2.4 Gütekriterium zur Beurteilung des Simulationserfolges Die Berechnung eines Gütekriteriums der Simulation muss in diesem Falle unter Berücksichtigung der Abhängigkeit der Varianz der Messwerte vom Probenahmetermin erfolgen. Die Summe der Fehler der Simulation kann deshalb nicht 18 in Bezug zur Summe aller Messfehler gesetzt werden. Da jede Beobachtung dem Mittelwert von zehn Messwerten entspricht, kann jeweils eine Varianz angegeben werden. Diese Varianz fließt in das Gütekriterium GK ein, derart dass n GK i 1 Pi O i 2 S O2 (Gleichung C 1.4) n mit Pi = den simulierten und Oi = den beobachteten Werten, n = der Anzahl der 2 Beobachtungen und SO = der Varianz der Messwerte. C 1.3 Ergebnisse C 1.3.1 Klimatische Bedingungen im Untersuchungszeitraum Klimatisch gesehen war das Jahr 2003 ein außergewöhnliches Jahr. An allen Standorten wurde die Jahresdurchschnittstemperatur um mindestens ein Grad überschritten. In der Vegetationsperiode wurden durchschnittlich sogar bis zu drei Grad Celsius über der Durchschnittstemperatur für diesen Zeitraum gemessen. Damit einher ging eine extreme Trockenheit, die sich besonders in Rheinhessen und der Pfalz mit einem Niederschlagsaufkommen von nur zwei Dritteln des durchschnittlich fallenden Niederschlags bemerkbar machte. Die Niederschlagsarmut betraf nicht nur die Vegetationsperiode, sondern auch im Frühjahr mussten starke Einbußen der natürlichen Wasserzufuhr hingenommen werden. An der Station Neustadt an der Weinstraße wurden im Februar und März 2003 nur 17 mm Niederschlag aufgefangen. Das bedeutete, dass bereits zu beginn des Austriebs die Wasservorräte im Boden entscheidend reduziert worden waren. Die nachfolgende extreme Hitze in den Sommermonaten führte zu einer rechnerischen klimatischen Wasserbilanz von - 347 mm am Standort Neustadt an der Weinstraße. Das nachfolgende Jahr ist nach den erfassten Daten eigentlich als durchschnittliches Jahr anzusprechen. Die Temperatur im Jahresdurchschnitt lag zwar oberhalb des langjährigen Mittels an allen untersuchten Standorten, jedoch wich die Niederschlagsmenge zumindest in der Vegetationsperiode kaum vom langjährig gemessenen Durchschnittswert ab. Im Detail zeigt sich jedoch, dass das Wasserdefizit des vorausgegangenen Jahres nicht ausgeglichen werden konnte. Besonders 19 entscheidend war wiederum ein extrem trockenes Frühjahr, in dem von Februar bis April 87 mm Niederschlag am Standort Neustadt an der Weinstraße, 73 mm am Standort Bad Kreuznach und nur 56 mm am Standort Nierstein fielen. Die Bodenwasservorräte waren also auch zu Beginn des Rebaustriebs 2004 bereits völlig erschöpft. Der tiefgründige Lößboden des Standortes Nierstein wies zu diesem Zeitpunkt nur noch einen durchschnittlichen Wassergehalt von 11% bezogen auf die Trockenmasse auf. Tabelle C 1.3: Klimatische Bedingungen an den untersuchten Standorten im Vergleich zum langjährigen Mittel für 2003 und 2004. TA200 = mittlere Tageslufttemperatur in 2 m Höhe, NN = Niederschlag. Jahresdurchschnitt TA200 NN °C mm 11,2 439 11,0 609 10,1 643 Vegetationsperiode* TA200 NN °C mm 19,4 199 17,6 320 16,7 297 Neustadt 2003 2004 Langjähriges Mittel# Nierstein 2003 2004 Langjähriges Mittel§ 11,3 10,4 10,2 314 478 534 19,7 17,1 17,2 155 292 276 Bad Kreuznach 2003 2004 Langjähriges Mittel$ 11,0 10,3 9,5 404 467 512 19,1 16,9 16,1 193 253 258 * Mai – September # 1970 -1999 § 1961 – 1990 $ 1951 - 1980 C 1.3.2 Messung des Rebwachstums im Feld Die klimatischen Bedingungen im Untersuchungszeitraum spiegelten sich auch im Pflanzenwachstum wider. Besonders die extreme Trockenheit im Jahre 2003 führte an den Standorten Nierstein und Bad Kreuznach zu einem verhältnismäßig geringen Wachstum. Das Blattwachstum kam bereits Ende Juli fast völlig zum Erliegen und auch die Triebe zeigten nicht die Zuwachsraten, die an den Standorten üblicherweise zu beobachten sind. Das Wachstum der Beeren wurde jedoch nicht so stark durch die Trockenheit vermindert. Die Erntemengen lagen mit 119 dt Frischmasse in Nierstein und mit 95 dt Frischmasse in Bad Kreuznach jedoch unter dem üblichen Ertrag. Einzig am Standort Ruppertsberg wurden mit 180 dt Frischmasse eine ungewöhnlich hohe Erntemenge eingefahren. Hier zeigte sich auch keine Reduktion im 20 Triebwachstum während des Sommers 2003. Lediglich das Laubwachstum wurde durch die Trockenheit deutlich verringert. Ein ähnliches Bild zeigte sich im darauf folgenden Jahr 2004. Dabei setzte die Wachstumsreduktion der vegetativen Pflanzenorgane bereits sehr früh in der Saison ein und viel insgesamt noch stärker aus als im Vorjahr. Am Standort Bad Kreuznach konnte schon nach der Blüte kein nennenswerter Blattmassenzuwachs mehr beobachtet werden. Im Unterschied dazu verzeichnete der Standort Ruppertsberg nochmals hohe Zuwachsraten und übertraf mit einer Erntemenge von 215 dt Frischmasse das Resultat des Vorjahres. In den nachfolgenden Tabellen ist eine Übersicht über die Probenahmetermine (Tabelle C 1.4) sowie die Resultate der Trockenmassen-Bestimmung der Reborgane an den untersuchten Standorten (Tabelle C 1.5 bis Tabelle C 1.7) gegeben. Tabelle C 1.4: Zeitschema zur Entnahme der Reborgane. Austrieb Blüte Neustadt a.d.W. Nierstein Bad Kreuznach 04. Juni 05. Juni 11. Juni 17. Juni 23. Juni 25. Juni Neustadt a.d.W. Nierstein Bad Kreuznach 15. Juni 21. Juni 21. Juni 30. Juni 12. Juli 12. Juli Fruchtansatz 2003 08. Juli 14. Juli 16. Juli 2004 23. Juli 28. Juli 28. Juli Veraison Lesereife 04. August 08. August 08. August 08. September 11. September 11. September 23. August 25. August 25. August 29. September 07. Oktober 07. Oktober Tabelle C 1.5: Durchschnittliche Trockenmassen der einzelnen Reborgane pro Pflanze, gemessen am Standort Neustadt an der Weinstraße (n = 10). 2003 2004 Triebe Blätter Gescheine Triebe Blätter Gescheine ––––––––––––––––––––––––––– TM [g] –––––––––––––––––––––––––––– Austrieb Blüte Fruchtansatz Veraison Lesereife 96 ± 15 160 ± 28 262 ± 68 332 ± 94 342 ± 71 85 ± 23 129 ± 26 192 ± 56 205 ± 60 199 ± 29 9±2 31 ± 9 172 ± 40 314 ± 66 757 ± 126 109 ± 23 174 ± 30 278 ± 82 376 ± 85 490 ± 139 100 ± 12 135 ± 23 187 ± 43 188 ± 38 249 ± 43 16 ± 4 27 ± 9 182 ± 62 300 ± 88 898 ± 236 21 Tabelle C 1.6: Durchschnittliche Trockenmassen der einzelnen Reborgane pro Pflanze, gemessen am Standort Nierstein (n = 10). 2003 2004 Triebe Blätter Gescheine Triebe Blätter Gescheine ––––––––––––––––––––––––––– TM [g] –––––––––––––––––––––––––––– Austrieb Blüte Fruchtansatz Veraison Lesereife 87 ± 18 157 ± 32 189 ± 38 263 ± 54 265 ± 60 71 ± 10 127 ± 26 145 ± 29 160 ± 20 149 ± 32 7±1 53 ± 13 149 ± 36 224 ± 25 523 ± 89 87 ± 28 117 ± 38 146 ± 30 177 ± 78 205 ± 50 83 ± 21 105 ± 21 137 ± 22 137 ± 32 138 ± 28 13 ± 4 70 ± 24 154 ± 36 237 ± 54 566 ± 146 Tabelle C 1.7: Durchschnittliche Trockenmassen der einzelnen Reborgane pro Pflanze, gemessen am Standort Bad Kreuznach (n = 10). 2003 2004 Triebe Blätter Gescheine Triebe Blätter Gescheine ––––––––––––––––––––––––––– TM [g] –––––––––––––––––––––––––––– Austrieb Blüte Fruchtansatz Veraison Lesereife 98 ± 22 185 ± 44 238 ± 52 327 ± 87 336 ± 100 105 ± 14 181 ± 27 232 ± 33 251 ± 44 233 ± 48 8±3 49 ± 17 165 ± 51 266 ± 89 493 ± 121 96 ± 28 139 ± 41 174 ± 29 192 ± 40 329 ± 84 79 ± 16 114 ± 35 128 ± 26 121 ± 36 141 ± 24 12 ± 2 39 ± 12 128 ± 28 159 ± 41 528 ± 167 Tabelle C 1.8: Durchschnittliche Blattfläche und spezifisches Blattgewicht pro Pflanze, gemessen am Standort Neustadt an der Weinstraße (n = 10). 2003 Austrieb Blüte Fruchtansatz Veraison Lesereife 2004 Blattfläche m2 spez. Blattgewicht kg m-2 Blattfläche m2 spez. Blattgewicht kg m-2 1,6 ± 0,3 2,1 ± 0,4 2,8 ± 0,7 2,4 ± 0,7 2,4 ± 0,3 0,055 0,062 0,068 0,093 0,083 1,7 ± 0,3 2,0 ± 0,4 2,8 ± 0,6 2,3 ± 0,5 2,9 ± 0,5 0,058 ± 0,005 0,067 ± 0,005 0,067 ± 0,005 0,082 ± 0,015 0,085 ± 0,006 22 C 1.3.3 Simulation des Rebwachstums Die Simulation des Rebwachstums ist für alle drei untersuchten Standorte vorgenommen worden. Dabei wurden zunächst vier Jahre vor Beginn des Untersuchungszeitraums simuliert um das Modell zu initialisieren. Die Simulationen mit dem vorgestellten Modell werden auf der Grundlage der im Rahmen des Ringversuches ermittelten bodenphysikalischen Kenndaten (Nendel, 2002) sowie der im Laufe des Messprogramms des Agrarmeteorologischen Messnetzes RheinlandPfalz an den Stationen Neustadt-Mußbach (für Ruppertsberg), Dienheim (für Nierstein) und Bad Kreuznach erhobenen Daten durchgeführt. Das tägliche Sättigungsdefizit wurde aus der Tagesmitteltemperatur in 2 m Höhe und der relativen Luftfeuchte nach Weischet (1991) berechnet. C 1.3.3.1 Blattwachstum Im Verlauf des Blattaufwuchses bekommt die Blattmasse zu Beginn der Temperatursummenbildung einen Startwert zugeordnet. Dieser Startwert ist darin begründet, dass die Rebe im vorliegenden Modell nicht in der Lage ist, die für den Austrieb notwendige Energie aus den eingelagerten Reservestoffen zu entnehmen. Es wird daher ein bereits entwickeltes Blattpaar zur Energieversorgung vorgegeben. Zu den in der Steuerdatei vorgegebenen Terminen wird ein Trieb- und Blattrückschnitt durchgeführt („Gipfeln“), welcher sich in einer kurzzeitigen Blattmassenreduktion äußert. Mit Eintritt in die Entwicklungsphase 5 (Veraison bis Lesereife) wird dem Organkompartiment „Blatt“ eine Sterberate zugeordnet. Dieser Faktor, der den beginnenden Blattfall zum Ende der Vegetationsperiode simuliert, überlagert das noch immer währende Wachstum der Blätter. Dieser Effekt verursacht eine Steigungsumkehr in der Trockenmasseentwicklung zum Frühherbst. In der Seneszenzphase, in der die Sterberate für das Organkompartiment „Blatt“ auf einen höheren Wert gesetzt wird und die Verteilungsmatrix der PPN für dieses Kompartiment nur noch 5 % vorsieht, nimmt die Blatttrockenmasse bis zum Nullwert ab und beschreibt somit den herbstlichen Blattabwurf der Rebe. 23 C 1.3.3.2 Trieb- und Beerenwachstum Auch im simulierten Triebwachstum machen sich die sommerlichen Schnittmaßnahmen in einer punktuellen Massenreduktion bemerkbar. Der Aufwuchs ist ansonsten stetig. Die Überlagerung der sich verschlechternden Wachstumsbedingungen im Herbst und der reduzierten Zuteilung der Assimilate an die Triebe ab Entwicklungsphase 4 führt zu einer Verlangsamung des Zuwachses, der mit Eintritt in die Seneszenzphase schließlich zum Erliegen kommt. Zum vorgegebenen Termin im Winter werden die Triebe der Rebe bis auf die Bogrebe zurückgeschnitten, was sich in der Nullsetzung des Kompartimentwertes ausdrückt. Das Beerenwachstum beginnt mit dem Fruchtansatz nach Abschluss der Blüte (Entwicklungsphase 4). Der hohe Prozentsatz an zugeteilter Nettoprimärproduktion (PPN) lässt die Beeren zügig wachsen, so dass im Spätherbst die Beerentrockenmasse den größten Anteil an der Gesamtmasse der annuellen Pflanzenteile stellt. C 1.3.3.3 Trockenstress Für die Ermittlung des Trockenstress der Rebe wird im Modell der Quotient zwischen aktueller und potenzieller Evapotranspiration verwendet. Aus dem Verhältnis des Quotienten zu einem definierten Schwellenwert berechnet sich ein Reduktionsfaktor, der auf die Trockenmasseproduktion angewendet wird. Zur Visualisierung des Trockenstress wird dieser Faktor in den Folgenden Abbildungen eingefügt. Die Pflanze hat keinen Trockenstress, wenn der Reduktionsfaktor 1,0 beträgt. Am Standort Ruppertsberg hat demnach nur im Hochsommer des Jahres 2003 die Rebe kurzeitigen Trockenstress erfahren, während am Standort Nierstein die Trockenheit eine länger währende moderate Beeinträchtigung verursacht hat. Im Jahr 2004 treten die klimatischen Voraussetzungen für Trockenstress am Standort Nierstein bereits im Februar auf und halten das gesamte Jahr auf einem geringen Niveau an. Die Rebe am Standort Bad Kreuznach hat demnach so stark unter Trockenheit gelitten, dass das Wachstum der Rebe teilweise vollständig zum Erliegen gekommen sein muss. Auch hier beginnt der Stress bereit wieder im Februar und hält bis Ende des Jahres 2004 an, jedoch auf stärkerem Niveau als am Standort Nierstein. 24 5000 0.8 0.6 0.4 -1 Trockenmasse [kg ha ] 4000 0.2 3000 0.0 Reduktionsfaktor Trockenstress 1.0 2000 1000 0 10/04/2003 19/07/2003 27/10/2003 Trieb gemessen Trieb simuliert 04/02/2004 14/05/2004 Beere gemessen Beere simuliert 22/08/2004 30/11/2004 Blatt gemessen Blatt simuliert 1.0 5000 0.8 0.6 0.4 -1 Trockenmasse [kg ha ] 4000 0.2 3000 0.0 Reduktionsfaktor Trockenstress Abbildung C 1.1: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am Standort Bad Kreuznach. (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 1.0 durchgeführt. 2000 1000 0 10/04/2003 19/07/2003 27/10/2003 Trieb gemessen Trieb simuliert 04/02/2004 14/05/2004 Beere gemessen Beere simuliert 22/08/2004 30/11/2004 Blatt gemessen Blatt simuliert Abbildung C 1.2: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am Standort Neustadt a.d.W. (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 2.0 durchgeführt. 25 5000 0.8 0.6 0.4 -1 Trockenmasse [kg ha ] 4000 0.2 3000 0.0 Reduktionsfaktor Trockenstress 1.0 2000 1000 0 10/04/2003 19/07/2003 27/10/2003 Trieb gemessen Trieb simuliert 04/02/2004 14/05/2004 Beere gemessen Beere simuliert 22/08/2004 30/11/2004 Blatt gemessen Blatt simuliert 1.0 5000 0.8 0.6 0.4 -1 Trockenmasse [kg ha ] 4000 0.2 3000 0.0 Reduktionsfaktor Trockenstress Abbildung C 1.3: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am Standort Nierstein (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 2.0 durchgeführt. 2000 1000 0 10/04/2003 19/07/2003 27/10/2003 Trieb gemessen Trieb simuliert 04/02/2004 14/05/2004 Beere gemessen Beere simuliert 22/08/2004 30/11/2004 Blatt gemessen Blatt simuliert Abbildung C 1.4: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am Standort Bad Kreuznach (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 2.0 durchgeführt. 26 C 1.4 Diskussion Für die Evaluierung des Pflanzenwachstumsmoduls liegen Daten aus zwei Jahren vor, deren klimatische Bedingungen als außergewöhnlich einzustufen sind. Die extreme Trockenheit und Hitze des Jahres 2003 und das anschließende niederschlagsarme Frühjahr des Jahre 2004 haben die Reben stark beeinträchtigt. Dies war an den starken Wuchsreduktionen der vegetativen Organe an den Standorten Nierstein und Bad Kreuznach zu beobachten. Wurden am Standort Bad Kreuznach in den Jahren 1999 - 2001 2,7 t Trockenmasse Schnittholz ha-1 erfasst (Nendel, 2002), waren es im Untersuchungszeitraum 2003 - 2004 nur 1,3 t ha-1 (bezogen auf 3846 Reben, siehe Tabelle C 1.7). Auch die Ernteleistung litt unter der trockenen und heißen Witterung, jedoch wurde die Reduktion des Beerenwachstums als nicht so stark beobachtet als im Vergleich zum Trieb- und Blattwachstum (1999 - 2001: 3,4 t TM ha-1, 2003 - 2004: 2,0 t TM ha-1). Dies lässt zunächst einmal die Folgerung zu, dass die Rebe in der Lage sein muss, bei Trockenstress den Beeren einen größeren Anteil der NettoPrimärproduktion zukommen zu lassen als unter nicht-limitierenden Bedingungen. Dieser Umstand wurde im vorangegangenen Projekt bereits angedeutet (Nendel, 2002). Am Standort Ruppertsberg zeigte die Rebe keine Wuchsreduktionen in Trieben und Blättern (2000 - 2001: 1,4 t TM ha-1, 2003 - 2004: 1,6 t TM ha-1) und auch die Ertragsleistung übertraf das an diesem Standort normale Maß in beiden Untersuchungsjahren (1999 - 2001: 3,0 t TM ha-1, 2003 - 2004: 3,2 t TM ha-1). Dies ist dem besonderen Umstand geschuldet, dass die Rebe am Ruppertsberger Standort grundwassernah wurzelt. Zwar schwankt der Grundwasserspiegel über das Jahr am Standort Ruppertsberg beträchtlich, aber es ist anzunehmen, dass den Reben auch im Sommer zusätzliches Wasser aus dem Grundwasser über kapillaren Aufstieg zur Verfügung steht. Extrem trockene Jahre kann die Rebe also dort überstehen, ohne an Wassermangel zu leiden. Das ursprünglich konzipierte Pflanzenwachstumsmodell für Vitis vinifera wurde bei Nendel (2002) bereits evaluiert. Die Datengrundlage war für diesen Zweck jedoch kaum ausreichend, so dass nur eine grobe Abschätzung der Simulationsgüte vorgenommen werden konnte. Die zur Verfügung stehenden Daten aus den Jahren 27 1999 - 2001 spiegelten das Rebwachstum unter nicht-limitierten Bedingungen wieder. Die Wasser- und N-Versorgung der Reben war jeweils als gut einzustufen. Im Gegensatz dazu stehen für die vorliegende Untersuchung nur Daten aus extrem trockenen Jahren zur Verfügung, so dass auch hier nur eine eingeschränkte Evaluierung des Pflanzenwachstumsmodells möglich ist. In Abbildung C 1.1 wurden die Felddaten einer Simulation mit der Modell-Version NVINO 1.0 von Nendel und Kersebaum (2004) gegenübergestellt. Sie zeigt in diesem Zusammenhang deutlich, dass diese Version des Modells nicht in der Lage ist, die in den Jahren 2003 und 2004 im Feld beobachteten Messdaten nachzuvollziehen. Die bereits angesprochene Fähigkeit der Rebe, offensichtlich unter Stress mit einer veränderten Verteilung der Assimilate zu reagieren, konnte nicht mit dem Modell abgebildet werden. Die daraufhin durchgeführten und oben beschriebenen Änderungen des Simulationsmodells resultierten in einer wesentlichen Verbesserung der Simulation des Rebwachstums unter Stressbedingungen. So konnte die veränderte Priorität der Assimilatverteilung unter Stress überzeugend nachvollzogen werden. Es wurde jedoch auch deutlich, dass die Reaktion der Pflanze auf Stress noch immer eine besondere Herausforderung für die Modellierung darstellt, denn das Simulationsergebnis zeigt noch erhebliche Schwächen. Der konzeptionelle Ansatz zur Modellierung der Reaktion der Rebe auf Trockenstress ist bis dato nicht experimentell untermauert. Die Annahme, dass die Rebe bei Trockenstress in der frühen Vegetationsperiode erhebliche Mengen Assimilate zwischenspeichert und bei sich fortsetzender Trockenheit in der Reifephase diese den Beeren wieder zukommen lässt, entspringt der Analyse des Rebwachstums über den Saisonverlauf. Im Vergleich der Felddaten mit der Simulation der Modell-Version NVINO 1.0 wird deutlich, dass bereits sehr früh in der Entwicklung der Rebe die Blatt- und Triebmassenproduktion bei Trockenstress reduziert wird. Zu diesem Zeitpunkt sind die Wasservorräte im Boden jedoch auf jeden Fall noch ausreichend um die Photosynthese uneingeschränkt ablaufen lassen zu können. Der Schluss liegt nahe, dass die Rebe aktiv das vegetative Wachstum einschränkt um Ressourcen für die Entwicklung und Reife der generativen Pflanzenteile zurückzulegen. Es stellte sich außerdem heraus, dass diese zusätzlichen Assimilate durchaus benötigt werden um den starken Wachstumsschub der Beeren in 28 der Reifephase erklären zu können. Die Nettoprimärproduktion in dieser Phase reichte dafür rechnerisch nicht aus. C 1.5 Schlussfolgerung Die Simulation des Rebwachstums hat gezeigt, dass trotz der grundlegenden Erweiterung der Modellfähigkeiten ein gutes Simulationsergebnis nicht zu erreichen war. Angesichts der stark unterschiedlichen Standorte, die hier mit ein und demselben Parametersatz simuliert wurden, ist das Simulationsergebnis jedoch als durchaus zufrieden stellend einzustufen. Es ist dringend erforderlich, weitere Datensätze aus Jahren mit nicht-limitierender Wasser- und N-Versorgung zur Evaluierung des Pflanzenwachstumsmoduls heranzuziehen. 29 C 2 BESTIMMUNG DER N-MINERALISATIONSPARAMETER VON TRAUBENTRESTER DURCH IN-VITRO INKUBATION C 2.1 Zusammenfassung Im Weinbau wird der langfristige Ausgleich des Verlustes organischer Substanz im Boden oftmals nur durch die Rückführung der im Laufe der Bewirtschaftung anfallenden organischen Abfälle in die Fläche gesichert. Der Abbau der Pressrückstände (Trester) trägt zu einer langsamen aber stetigen Freisetzung von Stickstoff (N) im Boden bei. Für die saisonbezogene Düngeempfehlung wird dieser Eintragspfad jedoch im Allgemeinen kaum berücksichtigt, da über die Dynamik der N-Mineralisation aus Traubentrester nur wenig bekannt ist. Aus diesem Grund wurde ein Laborexperiment durchgeführt, in dem Trester aus handgelesenen Trauben und Trester aus entrappten Beeren in drei verschiedenen Weinbergsböden inkubiert wurden. Dabei wurden durchschnittlich 16% des gesamten N-Gehaltes der handgelesenen Beeren aus einer langsam abbaubaren N-Fraktion freigesetzt (Halbwertszeit t50 = 703 d), während durchschnittlich 23% des gesamten N-Gehaltes der entrappten Beeren mineralisierten (t50 = 781 d). Eine schnell abbaubare Fraktion konnte nicht bestimmt werden. Eine beschleunigte Mineralisation wurde vermutlich durch hohe Polyphenolgehalte im Trester verhindert, deren Einfluss in Form einer temperaturabhängigen Verzögerung des Beginns der Netto-N-Freisetzung beobachtet wurde. Die N-Mineralisation der Residuen ganzer Trauben wurde im Durchschnitt um 12,4 Tage (10°C) verzögert, die von entrappten Beeren begann im Durchschnitt 5,5 Tage (10°C) später als die N-Mineralisation im ungedüngten Boden. Bei höheren Temperaturen war die Verzögerung wesentlich geringer. C 2.2 Einführung Die Abfallprodukte des Weinherstellungsprozesses werden oft wieder in die Rebfläche eingebracht, von der sie zuvor entnommen worden waren. Für den Winzer ist dies eine einfache und kostengünstige Methode, die Reststoffe nach dem Keltern aus seinem Keller zu entfernen. Zugleich sind sich die Winzer sehr wohl der Düngewirkung sowohl des Tresters als auch des Trubs bewusst. Trester und Trub enthalten mehr als 90% des Stickstoffs der mit den Trauben vom Weinberg entfernt wird. Traubentrester ist von besonderem Interesse für die Nahrungsmittelindustrie als 30 Quelle für verschiedenste Polyphenole (Larrauri et al., 1996; Amico et al., 2004) und Ballaststoffe für die menschliche (Bravo and Saura-Calixto, 1998) und tierische Ernährung (Famuyiwa and Ough, 1990). Ungeachtet dessen ist der Gebrauch des Traubentresters als Düngemittel und Humusersatz im Weinbau noch immer von großer Bedeutung (Bertran et al., 2004). Aus diesem Grund ist die Netto-Abfuhr von Stickstoff aus dem Produktionssystem oft nur marginal. Die weit verbreitete Praxis der Einarbeitung von Traubentrester in den Weinbergsboden verlangt nach Wissen um die N-Mineralisation und deren Berücksichtigung bei der Kalkulation von Düngeempfehlungen. Dies ist besonders bedeutsam, da oft der Trester nur in einem kleinen Bereich der Rebfläche aufgebracht wird. Wenn ein Simulationsmodell für die N-Dynamik im Weinbergsboden (Nendel and Kersebaum, 2004) für die Erarbeitung von Düngeempfehlungen verwendet wird, müssen Parameter für die N-Mineralisation aus Traubenrückständen dem Anwender zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grund wurde ein Labor-Inkubationsversuch mit zwei verschiedenen Trestern durchgeführt: zum einen mit Rückständen von handgelesenen Trauben, die das jeweilige komplette Stielgerüst enthalten, und mit Erntegutrückständen aus dem Vollernter, dessen mechanische Erntemethode die Stielgerüste an der Rebe belässt und somit sich nur Traubenschalen und Kerne im Presskuchen befinden. C 2.3 Material und Methoden C 2.3.1 Weinbergsböden Für diese Untersuchungen sind die Böden der Standorte Ruppertsberg, Nierstein und Bad Kreuznach verwendet worden (siehe Kapitel B 3.4). C 2.3.2 Bodenprobenahme Im Oktober 2003 wurden Oberbodenproben (0-10 cm) am jeweiligen Standort entnommen und zu einer repräsentativen Mischprobe zusammengefasst. Die Proben wurden in einer Kühltasche transportiert und anschließend bei 15 bis 18°C getrocknet, bis der Feuchtegehalt das Sieben auf 2 mm Aggregatgröße erlaubte. Nach dem Sieben wurden die Proben auf den Feuchtegehalt entsprechend 40% der Wasserhaltekapazität des Bodens eingestellt und bei 20°C einige Tage vorinkubiert. Dieser Vorgang sollte eine zu drastische Änderung der Umweltbedingungen zu Versuchsbeginn verhindern. 31 Vor der Befüllung der Inkubationsgefäße wurden die Aggregate mit der Hand verklumpt um Aggregate von etwa 5 mm Größe zu erzeugen. C 2.3.3 Trester Der verwendete Trester besteht aus dem Presskuchen von weißen Riesling-Trauben, die im Oktober 2003 in einem Vorderpfälzer Weinberg handgelesen wurden. Traubenschalen, Kerne und Stielgerüste wurden fraktioniert. C und N-Gehalte sowie die Gewichtsanteile der einzelnen Fraktionen sind Tabelle C 2.1 zu entnehmen. Tabelle C 2.1: Eigenschaften der Fraktionen der Traubenrückstände. Corg Ntot Gewichtsanteil (mg kg-1) (mg kg-1) (kg kg-1) Stiel 428,0 11,0 0,24 Kerne 523,5 15,0 0,24 Schalen 448,0 18,1 0,52 C 2.3.4 Analyse Die Messung der NO3-N und NH4-N Konzentrationen im Perkolat erfolgte nach den DIN-Vorschriften EN ISO 13395 für Nitrat/Nitrit und DIN 38406 für Ammonium. Dazu stand ein Analysegerät der Firma Skalar (Breda, Niederlande) zur Verfügung, mit dem eine simultane Bestimmung der Konzentrationen von Nitrat und Ammonium nach dem "continuous flow"-Prinzip möglich ist. Dabei wird der Probenextrakt in den Trägerstrom einer kontinuierlich fließenden Pufferlösung eingespeist. Der Trägerstrom wird geteilt, um die Probe getrennt den jeweiligen Reagenzlösungen für die erforderliche Farbreaktion zuzuführen, anhand derer die quantitative Bestimmung von Nitrat/Nitrit und Ammonium photometrisch erfolgt. Vorhandenes Nitrat wird zunächst an einer Säule metallischen Cadmiums zu Nitrit reduziert, bevor dieses in saurer Lösung mit 4-Aminobenzol-sulfonamid zum Diazoniumsalz reagiert und anschließend durch Kupplung mit N-(1-naphtyl)-1,2diaminoethandihydrochlorid (NED) zu einem roten Diazokomplex umgesetzt wird. 32 Die Konzentration des Azofarbstoffs wird dann bei einer Wellenlänge von 540 nm im Durchflussphotometer gemessen. Die Ammonium-Ionen in der Probenlösung reagieren in alkalischem Milieu mit Hypochlorit-Ionen und Salicylat-Ionen in Gegenwart von Natriumpentacyanonitrosylferrat (2-Nitroprussidnatrium) als Katalysator zu einem blaugrünen Indophenol-Farbstoff. Dieser wird bei einer Wellenlänge von 655 nm nachgewiesen. Die Hypochlorit-Ionen entstehen bei der Hydrolyse der Ionen der Dichlorisocyanursäure. Da die NH4-N-Konzentration stets unterhalb der Bestimmungsgrenze lag, wird hier die NO3-N-Konzentration der Konzentration mineralischen Stickstoffs gleichgesetzt. C 2.3.5 Laborinkubation nach Stanford und Smith Die hier verwendete Methode folgt dem Ansatz von Stanford und Smith (1972). Sie beschreibt die Bodeninkubation unter optimalen Bedingungen für die NMineralisation mit dem Ziel, das Potenzial der N-Mineralisation des Bodens oder der zugesetzten organischen Substanz zu quantifizieren. Dabei wird der freigesetzte mineralische Stickstoff regelmäßig durch Auswaschung aus dem System entfernt. Die Inkubation bei unterschiedlichen Temperaturen gibt zusätzliche Information über die Temperaturabhängigkeit des Prozesses. Das feldfrische Substrat wird im Verhältnis 1:1 mit gewaschenem Quarzsand vermengt, um eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu gewährleisten. 10 g Aliquots (zweifach) einer Kontrollvariante ohne Zusatz von organischer Substanz (po_0) und einer Variante mit Trester äquivalent zu 30 Mg ha-1 (po_1) wurden angesetzt. Das Tresteräquivalent wurde konstruiert gemäß den in der Originalprobe vorgefundenen Verhältnisse der Fraktionen Stiel, Kern und Schale. Es wurde dabei vorausgesetzt, dass jede Beere zwei Kerne enthält. Zusätzlich wurde eine Variante angesetzt, in der nur Traubenschalen und Kerne enthalten waren (po_2). Diese Variante repräsentiert maschinell gelesene Trauben. Die Substrate wurden in 60 ml Spritzenkörpern für 420 Tage bei 4°C, 20°C, 28°C und 36°C inkubiert. An den Tagen 3, 7, 14, 21 und 42, und dann alle sechs Wochen, wurden die Säulen mit 150 ml einer 0.01 M CaCl2 Lösung gespült. Anschließend wurden 25 ml einer N-freien Nährlösung (Stanford und Smith, 1972) zugesetzt und 33 überschüssige Feuchte bei einem Unterdruck von -75 kPa (1h) entfernt. Alles in allem wurden 72 Inkubationssäulen präpariert (3 Böden × 3 Varianten × 4 Temperaturen × 2 Parallelen). C 2.3.6 Parameterschätzung Die Parameter der N-Mineralisation wurden durch die Anpassung eines auf zwei theoretischen N-Pools basierenden kinetischen Modells erster Ordnung (Molina et al., 1980; Richter et al., 1980) an die kumulativen Mengen des aus den Säulen ausgewaschenen mineralischen Stickstoffs (Mittelwerte) bestimmt. Zusätzlich wurde die Arrhenius-Funktion k(T) a exp T b273 (Gleichung C 2.1) mit T = Temperatur in [°C] verwendet, um die Ratenkoeffizienten k(T) im Modell zu ersetzen. Auf diese Weise kann der Effekt der Temperatur auf den Prozess der Mineralisation beschrieben werden. Die Arrhenius-Funktion kann im Temperaturbereich zwischen 4°C und 35°C als verwendbar angenommen werden (Stenger et al., 1995; Sierra, 1997; Benbi und Richter, 2002; Crohn und ValenzuelaSolano, 2003). Die resultierende dreidimensionale Gleichung kann an den gesamten Datensatz angepasst werden, der von einem Substrat bei verschiedenen Temperaturen ermittelt worden ist (Ellert und Bettany, 1992; Nendel et al., 2004): N(t, T) N fast 1 - exp a exp T b273 t N slow 1 - exp c exp T d273 t (Gleichung C 2.2) N(t,T) mineralisierter N in Abhängigkeit von der Zeit t und der Temperatur T. Nfast, Nslow Parameters, die schnell und langsam abbaubare N-Pools repräsentieren. a, b, c, d Arrhenius Parameter In Anlehnung an eine Idee von Rahn und Lillywhite (2001) wurde ein Verzögerungsfaktor h(T) eingeführt, um die temperaturabhängige Verzögerung des Beginns der Netto-N-Mineralisation zu beschreiben, die in dem Experiment beobachtet wurde. Das führt zu: T b273 t Th N slow 1 - exp c exp T d273 t Th N(t,T) N fast 1 - exp a exp (Gleichung C 2.3) 34 Die Parameterschätzung wurde mit SigmaPlot 5.0 (SPSS Inc., Chicago, IL, USA) durchgeführt. In einem ersten erfolgreichen Durchgang stellte sich heraus, dass mit Hilfe von Gleichung C 2.3 kein signifikanter Beitrag des schnell abbaubaren N-Pools ermittelbar war. Aus diesem Grund wurde der Lauf wiederholt und dabei der erste Summand der Gleichung C 2.3 unberücksichtigt gelassen. Die Zahl der zu schätzenden Parameter wurde dadurch auf 4 reduziert. C 2.4 Ergebnisse Im Allgemeinen folgt die beobachtete N-Nachlieferung der Ordnung po_0 < po_1 < po_2 für alle Temperaturen. Einige wenige Ausnahmen sind in den niedrigen Temperaturvarianten zu verzeichnen. Die Gesamtmenge des nach 420 Tagen aus den Säulen ausgewaschenen N ist in Abbildung C 2.1 dargestellt. Die Auswaschung folgt einem exponentiellen Verlauf mit hohen Raten zu Beginn und langsam nachlassenden Raten hin zum Ende des Versuches. In einigen Trestervarianten wurde bis zu mehreren Wochen nach Beginn des Experimentes keine N-Auswaschung festgestellt. Diese Verzögerung war umso länger, je niedriger die Versuchstemperatur war. In den Kontrollvarianten war keine solche Verzögerung zu beobachten. 35 250 Ruppertsberg 200 150 100 -1 Ausgewaschener mineralischer Stickstoff [mg N kg ] 50 0 4°C 20°C 28°C 36°C 4°C 20°C 28°C 36°C 4°C 20°C 28°C 36°C 4°C 20°C 28°C 36°C 4°C 20°C 28°C 36°C 250 Nierstein 200 150 100 50 0 4°C 20°C 28°C 36°C 250 Bad Kreuznach 200 150 100 50 0 4°C 20°C 28°C 36°C Kontrolle 4°C 20°C 28°C 36°C ganze Trauben 4°C 20°C 28°C 36°C entstielte Trauben Abbildung C 2.1: Summe des freigesetzten mineralischen Stickstoffs nach 420tägiger Inkubation von Boden ohne organische Zusätze (Kontrolle), Boden mit Pressrückständen handgelesener Trauben (ganze Trauben) und Boden mit Pressrückständen maschinell gelesener Trauben (entstielte Trauben). Die Anpassung von Gleichung 3 an die experimentellen Daten, wobei die Parameter des schnell abbaubaren N-Pools mit dem Wert 0,0 fixiert wurden, war in allen Fällen erfolgreich. Die geschätzten Parameterwerte werden in Tabelle C 2.2 wiedergegeben. Darin sind die Arrhenius-Parameter als Ratenkoeffizient k(T) zusammengefasst. Die Parameterschätzer für den langsam abbaubaren N-Pool folgen ebenfalls dem Muster po_0 < po_1 < po_2. Im Vergleich der temperaturabhängigen Ratenkoeffizienten (Gleichung 2) bei 36°C war der aus den Trestervarianten geschätzte Koeffizent kslow stets kleiner als in den Kontrollvarianten. k(T) ist für alle untersuchten Varianten in 36 Abbildung C 2.2 visualisiert. Der temperaturabhängige Verzögerungsfaktor h(T) wurde für die Kontrollvarianten jeweils auf 0.0 geschätzt. Das bedeutet, dass eine NFreisetzung bereits bei der ersten Auswaschung drei Tage nach Versuchsbeginn gemessen wurde. Hier muss jedoch auf den erheblichen Schätzfehler hingewiesen werden, der die oben getroffene Aussage abschwächt. In den Böden mit den Pressrückständen der hangelesenen Trauben (po_1) wurde eine gegenüber der Kontrolle um 75,9 bis 172,4 Gradtage verspätete N-Freisetzung beobachtet. Das entspräche einer Verzögerung von 12,4 d bei einer Temperatur von 10°C (Langzeitmittel der Temperatur am Standort Neustadt an der Weinstraße im Oktober). 0.008 Ruppertsberg po_0 Ruppertsberg po_1 Ruppertsberg po_2 Nierstein po_0 Nierstein po_1 Nierstein po_2 Bad Kreuznach po_0 Bad Kreuznach po_1 Bad Kreuznach po_2 -1 Ratenkoeffizient kslow [d ] 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0.000 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Temperatur [°C] Abbildung C 2.2: Temperaturabhängigkeit des für den langsam abbaubaren N-Pool geschätzten Ratenkoeffizienten kslow. Die Einarbeitung von Pressrückständen maschinell gelesener Trauben (po_2) hingegen verursachte eine Verzögerung von zwischen 34,4 und 74,9 Gradtagen, was einem um 5,5 d späteren Beginn der N-Freisetzung bei 10°C entspräche (Tabelle C 2.2). Die Temperaturabhängigkeit von h(T) ist in Abbildung C 2.3 skizziert. 37 N-Auswaschung [mg kg-1], kumuliert 100 80 60 40 20 - 36 - 40 28 - 30 20 - 20 Temperatur [°C] 4- Zeit [d] - 10 Abbildung C 2.3: Temperaturabhängigkeit der anfänglichen Verzögerung der N-Freisetzung, exemplarisch dargestellt an der Variante Nierstein po_1 (ganze Trauben). Die N-Gehalte der langsam abbaubaren N-Pools der po_1-Varianten wurde um durchschnittlich 52,3 mg N kg-1 höher geschätzt als die entsprechenden Gehalte der N-Pools der Kontrollvarianten, während die N-Gehalte der po_2-Varianten nach dem Schätzverfahren durchschnittlich 86,8 mg N kg-1 mehr als die entsprechenden N-Pools der Kontrollvarianten enthielten (Tabelle C 2.2). In Relation zu der N-Menge, die mit dem Trester dem Boden zugeführt wurde, würden demnach 16% des NGesamtgehaltes der Pressrückstände der handgelesenen Trauben mittelfristig freigesetzt werden (Halbwertszeit t50 = 703 d), während 23% des N-Gesamtgehaltes der maschinengelesenen Trauben in der gleichen Zeit mineralisieren würden (t50 = 781 d). C 2.5 Diskussion Die beobachteten Mineralisationskinetiken konnten allgemein gut mit dem gewählten Ansatz beschrieben werden (r2 zwischen 0.979 und 0.998). Die Werte für den 38 Nslow-Pool-Parameter spiegeln deutlich den Beitrag der zugeführten organischen Substanz zum N-Gesamtgehalt des untersuchten Substrats wieder. Aus der Parameterschätzung kann geschlossen werden, dass die Pressrückstände entstielter Trauben (po_2) eine höhere N-Konzentration aufweisen als der Trester aus den kompletten Trauben (po_1), was die Analyse der Aufschläge bestätigt (Tabelle C 2.1). Die unterschiedliche Zusammensetzung der Pressrückstände hatte jedoch auch einen deutlichen Einfluss auf den Anteil des aus den Trestern freigesetzten N und auf die Abbaugeschwindigkeit. Die Zugabe der Trester verursachte eine deutliche Verlangsamung des Abbaus der organischen Substanz und darüber hinaus eine Verzögerung der sofortigen N-Freisetzung. Letzteres könnte die Ermittlung eines schnell abbaubaren N-Pools verhindert haben. Die beobachtete Verzögerung war dabei abhängig von der Art des Tresters. Die eingearbeiteten Rückstände der handgelesenen Trauben begannen noch später mit der N-Freisetzung als die Trauben, die mit dem Vollernter von der Rebe geschüttelt wurden. Die in diesem Experiment beobachtete Verzögerung ähnelt der verzögerten Mineralisation von frischen Ernterückständen verschiedener Brassica-Arten, wie sie von Rahn and Lillywhite (2001) beschrieben wurde. Sie nahmen an, dass die Verzögerung auf die Anwesenheit von schwefelhaltigen Verbindungen (Glukosinolate, Aminosäuren) zurückzuführen sei, die typischerweise in Brassica zu finden sind. Bending and Lincoln (1999) hatten zuvor gezeigt, dass während des Abbaus von Brassica-Ernterückständen niedermolekulare Schwefelverbindungen produziert werden, die eine toxische Wirkung auf die Zersetzergemeinschaft im Boden haben. In diesem Falle ist jedoch der Grund für die verzögerte Mineralisation nicht notwendigerweise die Anwesenheit von Schwefel, obwohl in vielen Fällen die gelesenen Trauben mit SO2-freisetzenden Chemikalien behandelt werden, um eine Oxidation und die Entwicklung von Mikroorganismen zu verhindern, die dann ungewünschte Geruchsnoten im Produkt hinterlassen würden. Die Schwefelung wird im Allgemeinen vor dem Keltern durchgeführt, so dass in diesem Falle die erwartete Schwefelkonzentration in den gelesenen Trauben gleich sein müsste, unabhängig von der An- oder Abwesenheit der Stielgerüste. Die beobachtete Verzögerung der NFreisetzung war jedoch deutlich unterschiedlich in den beiden untersuchten Tresterarten. 39 Das C/N-Verhältnis der beiden untersuchten Pressrückstände war 30,1 für die vollständigen Trauben und 28,6 für die entstielten Trauben (Tabelle C 2.1). Beim Abbau organischer Substanz mit vergleichbarem C/N-Verhältnis im Boden wurde bereits Immobilisation beobachtet (van Kessel et al., 2000; Seneviratne, 2000), obwohl das Gleichgewicht zwischen Netto-Mineralisation und Immobilisation oft erst bei höheren C/N-Verhältnissen gefunden wurde (Jensen et al., 2005). Die Tatsache, dass trotz ähnlicher C/N-Verhältnisse die Netto-Mineralisierung bei der Zugabe der kompletten Trauben sehr viel stärker verzögert wurde als bei der Zugabe entstielter Trauben führt zu der Annahme, dass die N-Verfügbarkeit hier nicht der hauptverantwortliche Faktor für den beobachteten Effekt war. Traubentrester enthalten eine große Menge phenolischer Substanzen wie Anthocyane, Phenolsäuren, Anthoxanthine und Stilbene. Trester aus weißen Trauben, wie der in der vorliegenden Untersuchung verwendete, weist dabei niedrigere Gehalte an Phenolsäuren auf im Vergleich zu Trester aus roten Trauben, jedoch höhere Gehalte an Anthoxanthine und Stilbenen. Polyphenole wurden in Konzentrationen von 2.3 bis 18.8 g kg-1 in den Kernen von sowohl roten als auch weißen Trauben gefunden, in Abhängigkeit von der Art des Weinausbaus. Diese Konzentrationen sind weitaus höher als die Konzentrationen, die in den Beerenschalen gefunden wurden (Kammerer et al., 2004). Die Stielgerüste jedoch enthalten im Allgemeinen mehr als doppelt soviel Polyphenole (Singleton und Esau, 1969), was etwa 20 % des Gesamtgehaltes an Polyphenolen in der Traube entspricht (Ribéreau-Gayon et al., 1998). Rotweinmaischen, die in Anwesenheit von Stielgerüsten gereift sind, haben Weine mit einer höheren Konzentration phenolischer Verbindungen hervorgebracht als die von entstielten Trauben produzierten Weine (Kovac et al., 1992). Phenolische Substanzen sind bekannt dafür, dass sie mikrobielle Aktivitäten im Boden hemmen (Schimel et al., 1996). Sie sind in der Lage, extra-zellulare Enzyme durch Komplexierung zu deaktivieren (Mishra et al., 1980). Einen kurzen Überblick über Polyphenol-Protein-Interaktionsprinzipien geben Shi et al. (2005) in ihrer Arbeit. Konsequenterweise wurde oft beobachtet, dass Pflanzenreste mit hohen Polyphenolgehalten wesentlich langsamer abgebaut werden als Pflanzenreste mit entsprechend geringen Gehalten (Valachovic et al., 2004). In Inkubationsstudien wurde gezeigt, dass Polyphenole den Prozess der Nitrifikation beeinträchtigen 40 (Thibault et al., 1982; Baldwin et al., 1983; Northup et al., 1995). Weil in der vorliegenden Untersuchung die po_1-Varianten (mit Stielgerüst) eine stärkere Verzögerung im Vergleich zu den po_2-Varianten (ohne Stielgerüst) zeigen, darf vermutet werden, dass hohe Polyphenol-Konzentrationen in den Traubenstielen der Grund für den beobachteten Unterschied ist. Die Temperaturabhängigkeit der beobachteten Verzögerung kann mit der generell höheren Aktivität der mikrobiellen Zersetzergemeinschaft bei höheren Temperaturen erklärt werden. Wenn die Temperaturen niedrig sind, sind die Mikroorganismen weniger aktiv und brauchen konsequenterweise mehr Zeit, die Beeinträchtigung durch die Polyphenole zu überwinden. C 2.6 Schlussfolgerung Trotz eines vergleichbaren C/N-Verhältnisses zeigen die Pressrückstände von kompletten und entstielten Trauben eine deutlich unterschiedliche Dynamik der NMineralisation. Eine Verzögerung der anfänglichen N-Freisetzung hielt länger an im Substrat, das auch Stielgerüste enthielt (typisch für handgelesene Trauben), als im Substrat, dem nur Kerne und Beerenschalen zugesetzt worden waren (typisch für maschinell gelesene Trauben). Die Stielgerüste der Trauben enthalten im Allgemeinen eine wesentlich höhere Konzentration an Polyphenolen, die als verantwortlich für sowohl die beobachtete anfängliche Verzögerung der N-Freisetzung als auch die langsamere und weniger effektive N-Mineralisation angesehen werden. Dies unterstreicht ein weiteres Mal die Vermutung, dass die N-Mineralisation oft von Einflussfaktoren gesteuert wird, die nicht auf die einfache Verfügbarkeit von N im abzubauenden Material reduziert werden können. 41 Tabelle C 2.2: Aus der Anpassung von Gl. 3 an die Versuchsdaten geschätzte Parameter. Die Anpassung wurde durch die Fixierung der Parameter des schnell abbaubaren Pools auf Null verzerrt. Die Ratenkoeffizienten kslow sind für eine Temperatur von 36°C angegeben. S = Stiele, H = Schalen, K = Kerne. Boden Variante h Nslow c d kslow (°C·d) (mg kg-1) (d-1) (°C) (d-1) r2 Ruppertsberg Kontrolle 0,0 ± 73,8 92,8 ± 2,9 7,77E+09 ± 6,22E+08 8550 ± 31 7,47E-03 0,979 Ruppertsberg S+H+K 75,9 ± 41,2 146,0 ± 3,4 2,43E+09 ± 1,82E+09 8236 ± 220 6,45E-03 0,994 Ruppertsberg H+K 41,9 ± 36,5 169,4 ± 3,6 3,22E+08 ± 2,09E+08 7615 ± 187 6,39E-03 0,995 Nierstein Kontrolle 0,0 ± 62,2 195,4 ± 6,0 1,77E+09 ± 2,64E+09 8098 ± 337 7,35E-03 0,984 Nierstein S+H+K 172,4 ± 28,8 266,2 ± 5,8 4,29E+07 ± 2,20E+07 7060 ± 148 5,13E-03 0,997 Nierstein H+K 34,4 ± 49,3 315,6 ± 14,6 8,29E+06 ± 6,05E+06 6647 ± 205 3,77E-03 0,993 Bad Kreuznach Kontrolle 0,0 ± 53,2 145,3 ± 4,3 4,24E+08 ± 3,97E+08 7685 ± 269 6,70E-03 0,990 Bad Kreuznach S+H+K 102,4 ± 33,1 178,2 ± 3,8 1,09E+08 ± 7,06E+07 7299 ± 173 5,99E-03 0,996 Bad Kreuznach H+K 74,9 ± 27,9 209,0 ± 3,6 7,85E+08 ± 4,09E+08 7932 ± 139 5,58E-03 0,998 42 C 3 TEST DER N-MINERALISATIONSPARAMETER VON BIOABFALLKOMPOST IN EINEM FREILANDINKUBATIONSEXPERIMENT (2. AUFBRINGUNG) Die in den Versuchssubstraten bei Mineralisationsprozessen entstehende pflanzenverfügbare Menge an Stickstoff bei optimierten Bedingungen wurde im vorangegangenen Projekt in Inkubationsversuchen im Labor quantifiziert. Um zu untersuchen, wie die Mineralisation der organischen Substanz unter den gegebenen Bedingungen in einer Rebfläche abläuft und ob die daraus resultierende N-Freisetzung unter Einsatz der im Labor ermittelten Mineralisationsparameter mit dem Modell nachvollzogen werden kann, wurde an Auswaschungsversuchen mit so genannten Mikrolysimetern angeknüpft, die bereits 1939 vorgestellt wurden (Russel, 1939) und vor allem zur Abschätzung der Evaporation aus Böden dienten. Die dabei verwendete Versuchsanordnung ist an Trambouze et al. (1998) angelehnt. Sie konnten zeigen, dass die verwendeten Mikrolysimeter den Wasserhaushalt in einem Weinbergsboden sehr präzise abbilden können. Der Versuch ist im Jahr 2000 angelegt worden und die Wirkung der ersten Kompostaufbringung ist im vorangegangenen Projekt untersucht und beschrieben worden (Nendel, 2002). Das vorliegende Projekt nutzt die Daten der Mikrolysimeter aus der zweiten Ausbringungsperiode, für die im Jahre 2003 erneut Kompost eingearbeitet wurde. C 3.1 Material und Methoden C 3.1.1 Beladung der Mikrolysimeter Die Mikrolysimeter wurden im April 1999 mit Bodensubstrat aus den Versuchsflächen in Ruppertsberg, Oppenheim, Wolf und Bad Kreuznach beladen. In der Parzelle a der jeweiligen Versuchsvariante wurde aus den Bodentiefen 0 - 10 cm und 10 - 20 cm je eine Mischprobe aus 8 - 12 Einzelproben hergestellt, die mit einer Handschaufel entnommen wurden. Im Februar 2000 erfolgte die erneute Entnahme einer Mischprobe aus der Parzelle a der Nullvariante. Die Substrate wurden bis zu ihrem Einsatz im Vorversuch (September 1999) und im Hauptversuch (April 2000) bei 4°C gelagert. Das Substrat wurde nicht weiter aufbereitet. Die oberen 10 cm des Bodens in den Mikrolysimetern wurden seitdem mehrmals mechanisch bearbeitet, nicht jedoch der Unterboden. 43 C 3.1.2 Bioabfallkompost Der Bioabfallkompost für diesen Versuch entstammt einer Kompostcharge, die eigens für den Ringversuch des FDW von einem Kompostwerk in Würzburg hergestellt worden ist. Dabei handelt es sich um einen Fertigkompost des Rottegrades 5 (Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. 1994) aus Rohmaterial, das im Zuge der getrennten Sammlung biogener Haushaltsabfälle dem Kompostwerk zugeführt wird. Die spezielle Siebung von 6 – 12 mm weist einen geringeren Gesamt-Nährstoffgehalt auf als handelsübliche Komposte der Siebung 10 mm, so dass eine zu hohe Nährstofffracht nicht die für die Verbesserung der bodenphysikalischen Eigenschaften notwendige Aufbringungsmenge an Bioabfallkompost limitiert. C 3.1.3 Mikrolysimeter In einer Gasse der Mußbacher Lage "Eselshaut" des DLR Rheinpfalz in Neustadt a. d. W. wurden 41 PVC-Säulen eingelassen (zur Wahl des Materials und dessen Auswirkungen auf Bodentemperatur und Evaporation siehe Evett et al. 1995) und mit Bodensubstrat der vier ausgewählten Versuchsflächen befüllt. Die Säulen bestanden aus einem unten wasserdicht verschweißten und mit einem abgeschrägten Boden versehenen äußeren Mantel von 35 cm Länge und einem dort eingehängten inneren Inkubationsgefäß von 25 cm Länge (vgl. Evett et al. 1995). In diesem Innengefäß wurde eine fünf Zentimeter mächtige Filterkiesstrecke eingebracht und dann Bodensubstrat der Tiefenschichten 10 – 20 cm und 0 – 10 cm aufgeschüttet. Die untere Randbedingung des Systems bildete eine gelochte PVC-Platte. Das durch die Bodensäule perkolierende Regenwasser musste in diesem Fall die Potentialdifferenz zwischen der Bodenmatrix und dem Luftraum im Auffanggefäß überwinden, um aufgefangen werden zu können (Flury et al., 1999). Durch ein verschließbares Loch in der Aufhängung konnte eine Aluminiumkanüle in das Auffanggefäß eingeführt werden, um mit Hilfe einer Saugpumpe das Perkolat zu entnehmen. Bevor die Versuchsanlage endgültig in Betrieb genommen wurde, konnte der geschüttete Boden acht Monate setzen. Während dieser Zeit wurden Vorversuche durchgeführt, um die Funktion der Anlage zu prüfen und die Güte der zu erwartenden Ergebnisse abschätzen zu können. Im April 2000 wurde dann der oberste Dezimeter 44 Boden entnommen und durch Boden der jeweiligen Nullvariante der Versuchsflächen ersetzt. Diese Störung des obersten Dezimeters entspricht einer grundlegenden Bodenbearbeitung, wie sie zu dieser Zeit auf Weinbauflächen üblich ist. Anschließend wurden die Bodensäulen mit etwa 20 l Wasser über den Zeitraum von zwei Wochen gespült, um den Großteil des im Boden vorhandenen mineralischen Stickstoffs auszuwaschen. Ende April 2000 wurde dann Kompost ausgebracht und mechanisch eingearbeitet. Nach drei Jahren, im April 2003, erfolgte eine erneute Kompostaufbringung, entsprechend der praxisüblichen Vorgehensweise. Aufhängung der Inkubationssäule Öffnung für die Saugkanüle Äußerer Mantel Inkubationssäule Substrat + Kompost Lochplatte Perkolat Substrat Filterkies Abbildung C 3.1: Schematischer Aufbau der verwendeten PVC-Kleinlysimeter (Längsschnitt). C 3.1.4 Versuchsanordnung und Messbetrieb Die Befüllung der Mikrolysimeter erfolgte nach den Vorgaben durch den Ringversuch des FDW (vergl. Kapitel B 3.2) mit den Substraten der vier ausgewählten Standorte. Die Verwendung von geschütteten Böden legitimiert sich aus der mehrmals im Jahr stattfindenden mechanischen Bearbeitung der Weinbergsböden (Müller, 1991). Kompost entsprechend den drei Düngevarianten 0 t ha-1, 30 t ha-1 und 50 t ha-1 wurde wie schon Ende April 2000 auch im April 2003 auf das Substrat aufgebracht und 10 cm tief eingearbeitet. Jede Düngevariante wurde dreifach angesetzt (insgesamt 36 Mikrolysimeter). Die Bodentemperatur wurde mit Temperaturloggern TINYTAG® der 45 Firma Gemini Data Loggers Ltd. (Chichester, England) in 5 und 15 cm Tiefe über den Versuchszeitraum erfasst. Die Nullvarianten wurden nicht mineralisch gedüngt. Die Termine für die Entnahme des Perkolats richteten sich nach den Niederschlagsereignissen. Aufgrund der starken Abhängigkeit der Mineralisationsvorgänge von der Bodenfeuchtigkeit wurden die Bodensäulen in längeren Trockenperioden nicht künstlich bewässert. Der Witterungsverlauf während des Experimentes erlaubte die Perkolatentnahme etwa alle zwei bis drei Wochen. Im Laufe der Untersuchung sind die Substrate in den Mikrolysimetern ortsüblich, d.h. viermal im Jahr, mechanisch bearbeitet worden. C 3.1.5 Analyse Das abgesaugte Perkolat wurde sofort nach der Entnahme mit einer Spatelspitze CaCl2 (CaCl2 ∙ 2 H2O der Firma Merck KgaA, Darmstadt, Deutschland) versetzt, um etwaig vorhandene Schwebpartikel der Tonfraktion zu koagulieren. Mit Hilfe von Faltenfiltern des Typs 595½ der Firma Schleicher & Schuell GmbH (Dassel, Deutschland) wurde dann das Perkolat filtriert, wobei ein Vorlauf von 25 ml verworfen wurde. Es wurden zweimal 20 ml Filtrat in Kunststofffläschchen abgefüllt und für die spätere Analyse eingefroren. Die Bestimmung der NO3-N und NH4-N Konzentrationen im Perkolat orientiert sich an der im Kapitel C 2.3 beschriebenen Methode. Da die NH4-N-Konzentration stets unterhalb der Bestimmungsgrenze lag, wird hier die NO3-N-Konzentration der Konzentration mineralischem Stickstoffs gleichgesetzt. Die Analysen wurden freundlicherweise von Herrn M. Schreieck, Abteilung AgrarÖkologie des DLR Rheinpfalz durchgeführt. C 3.1.6 Statistische Auswertung Die statistische Auswertung der Summen der N-Fracht über den Simulationszeitraum erfolgte mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 6.0 for Windows® der Firma SPSS Inc. (Chicago, IL, USA). Der dort enthaltene LSD Multiple Range Test nach Bonferroni wurde zum Vergleich der Mittelwerte eingesetzt. C 3.1.7 Gütekriterium zur Beurteilung des Simulationserfolges Die Berechnung der Modelleffizienz EF nach Loague und Green (1991) 46 EF 1 Pi O i 2 / O i O n n i 1 i 1 2 (Gleichung C 3.1) mit Pi = den simulierten und Oi = den beobachteten Werten, n = der Anzahl der Beobachtungen und Ō = dem Mittelwert der beobachteten Werte, dient als Gütekriterium für die Simulation. Sie ist definiert als der Anteil der Varianz der beobachteten Daten, der durch das Modell erklärt werden kann. Dabei kann auch eine negative Modelleffizienz ermittelt werden. In diesem Fall kann das Modell den beobachteten Wert weniger genau vorhersagen als der Mittelwert der beobachteten Werte. Nichtsdestotrotz kann auch eine korrekte Schätzung des beobachteten Mittelwertes gegebenenfalls immer noch als gutes Simulationsergebnis gewertet werden. C 3.1.8 Boden- und Klimadaten für die Simulation Die Simulationen der Mikrolysimeter mit NVINO werden auf der Grundlage der im Rahmen des Ringversuches für die Versuchsböden ermittelten bodenphysikalischen Kenndaten sowie der im Rahmen des Messprogramms des Agrarmeterologischen Messnetzes Rheinland-Pfalz am Standort Neustadt-Mußbach erhobenen Klimadaten durchgeführt. Das tägliche Sättigungsdefizit wurde aus der Tagesmitteltemperatur in 2 m Höhe und der relativen Luftfeuchte nach Weischet (1991) berechnet. C 3.2 Ergebnisse Die folgenden Abbildungen (Abbildung C 3.2 bis Abbildung C 3.5) enthalten die Gegenüberstellung der Messwerte aus dem Lysimeterexperiment mit der entsprechenden Simulation. Die Simulation schließt die erste Kompostausbringung im Jahre 2000 und den darauf folgenden Untersuchungszeitraum mit ein. Da die Ergebnisse für diesen Zeitraum jedoch Bestandteil des Vorgängerprojektes sind und bereits bei Nendel (2002) veröffentlicht wurden, sind hier nur die Daten für den Zeitraum vom 11.02.2003 bis zum 04.04.2005 dargestellt. 47 450 Ruppertsberg 400 NO3-N [kg ha-1], kumuliert 350 300 250 200 150 100 50 0 10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005 Simulation 0 t ha-1 Simulation 30 t ha-1 Simulation 50 t ha-1 Messwert 0 t ha-1 Messwert 30 t ha-1 Messwert 50 t ha-1 Abbildung C 3.2: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat aus Ruppertsberg in [kg N ha-1], kumuliert. 450 Nierstein 400 NO3-N [kg ha-1], kumuliert 350 300 250 200 150 100 50 0 10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005 Simulation 0 t ha-1 Simulation 30 t ha-1 Simulation 50 t ha-1 Messwert 0 t ha-1 Messwert 30 t ha-1 Messwert 50 t ha-1 Abbildung C 3.3: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat aus Nierstein in [kg N ha-1], kumuliert. 48 450 Wolf 400 NO3-N [kg ha-1], kumuliert 350 300 250 200 150 100 50 0 10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005 Simulation 0 t ha-1 Simulation 30 t ha-1 Simulation 50 t ha-1 Messwert 0 t ha-1 Messwert 30 t ha-1 Messwert 50 t ha-1 Abbildung C 3.4: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat aus Wolf in [kg N ha-1], kumuliert. 450 Bad Kreuznach 400 NO3-N [kg ha-1], kumuliert 350 300 250 200 150 100 50 0 10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005 Simulation 0 t ha-1 Simulation 30 t ha-1 Simulation 50 t ha-1 Messwert 0 t ha-1 Messwert 30 t ha-1 Messwert 50 t ha-1 Abbildung C 3.5: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat aus Bad Kreuznach in [kg N ha-1], kumuliert. 49 C 3.3 Diskussion Aufgrund der trockenen Witterung im Jahre 2003 ist es während der Frühjahrs- und Sommermonate in keinem der untersuchten Mikrolysimetern zu einem nennenswerten Perkolationsereignis gekommen. Die ersten Nitrat-Austräge wurden erst im Oktober 2003 beobachtet. In drei der vier Böden wurden zu diesem Zeitpunkt wesentlich höhere Austräge aus den Kompostvarianten verzeichnet als es das Modell berechnet. Nur in den Kompostvarianten des Ruppertsberger Bodens wurde erheblich weniger Nitrat freigesetzt und ausgewaschen. Diese Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen der vorangegangenen Untersuchungsperiode (Nendel, 2002). In den Kontrollvarianten deckte sich die simulierte N-Auswaschung mit den Beobachtungen. Einzig am Standort Bad Kreuznach wurden etwa 40 kg N mehr aus der Kontrollvariante ausgewaschen als vom Modell vorhergesagt. Im Sommer 2004 führte Trockenheit erneut zu einer negativen Wasserbilanz in den Lysimetern, so dass keine Auswaschung erfolgte. Das mit dem Einsetzen der Herbstniederschläge ausgewaschene Nitrat war diesmal mengenmäßig jedoch sehr viel weniger als das Modell prognostizierte. Auffallend ist, dass mit Ausnahme der Ruppertsberger Varianten die Abweichungen der beobachteten N-Austräge vom Modellergebnis in jeweils entgegen gesetzter Richtung in den Jahren 2003 und 2004 sich in der Summe praktisch aufheben. In den Kontrollvarianten stimmten Beobachtungen und Simulation in allen Böden augenscheinlich gut überein. Wie kam es nun zu den beobachteten Abweichungen zwischen Modell und Experiment in den Kompostvarianten? Eine plausible Erklärung liefert die Annahme, dass es nach der Kompostaufbringung im April 2003 zu einem Priming-Effekt gekommen ist. Dieser Effekt, der sich durch eine starke Reaktion der Bodenmikroorganismen auf die Verfügbarkeit leicht abbaubarer organischer Substanz mit darauf folgendem Wachstum und N-Mineralisation auszeichnet, wurde bereits nach der ersten Applikation im Frühjahr 2000 beobachtet (Nendel, 2002). In diesem Falle zeigt sich aufgrund der Trockenheit das über das normale Maß hinaus freigesetzte Nitrat erst mit der Auswaschung im Herbst. Die Trockenheit im Sommer 2003 war so extrem, dass davon ausgegangen werden muss, dass ein erheblicher Teil der Mikroorganismen-Population der r-Strategen, die aufgrund der Kompostzugabe 50 sehr schnell und stark angewachsen war, abgestorben sein muss. Sie dienten im folgenden Winterhalbjahr den verbliebenen Mikroorganismen als Nahrung, wobei erhebliche Mengen des zuvor freigesetzten Stickstoffs wieder in ihren Zellen festgelegt wurden. Diese Immobilisation führte vermutlich dazu, dass im Herbst 2004 geringere N-Mengen aus dem System ausgewaschen wurden, als angenommen. Da das Modell nicht über die Möglichkeit verfügt, die Populationsdynamik der Mikroorganismen zu simulieren, wird im Jahre 2003 der Priming-Effekt nicht berücksichtigt und die darauf folgende N-Auswaschung unterschätzt und folglich im Jahre 2004 die Immobilisation außer Acht gelassen und die N-Auswaschung überschätzt. Da dieser Vorgang im Prinzip nicht zu einer Veränderung der NGesamtmenge im System führt (das von den Mikroorganismen immobilisierte N bleibt weiterhin im Boden), kommt das Modell in der Summe über diese zwei besonderen Jahre letztendlich zu einem vergleichbaren Ergebnis. Für die Anwendung bedeutet dies jedoch, dass die Abweichung des Modells innerhalb dieses Zeitraums zu einer erheblichen Fehleinschätzung des Düngebedarfs führen kann. C 3.4 Schlussfolgerung Bereits im vorangegangenen Projekt wurde kritisch bemerkt, dass das Modell nicht in der Lage ist, die auftretenden Priming-Effekte nachzuvollziehen. In diesem Experiment wurde deutlich, dass die Konsequenz aus der Nicht-Berücksichtigung der Populationsdynamik der im Boden lebenden Mikroorganismen im Modell darüber hinaus auch zu einer Fehleinschätzung in den Folgejahren nach einer Kompostapplikation führen kann. Das Modell ist deshalb vor dem Hintergrund der geplanten Anwendung kritisch zu beurteilen. Eine Erweiterung des Modells um mikrobielle N-Pools und deren dynamische Einbindung in den N-Kreislauf wir als essentiell betrachtet. Für eine Simulation der N-Dynamik in Rebflächen, die nicht einer organischen Düngung ausgesetzt sind, ist das Modell jedoch bereits gut geeignet. Dies zeigen die Resultate der Simulation der Kontrollvarianten in diesem Experiment. Ungeklärt ist weiterhin die ungewöhnlich schwache N-Mineralisation des Komposts im Boden aus Ruppertsberg. 51 C 4 ABSCHÄTZUNG DER GRUNDWASSERGEFÄHRDUNG DURCH NITRAT AUS BIOABFALLKOMPOST IM LYSIMETERVERSUCH Im vorangegangenen Projekt wurden im Detail die Aspekte der N-Mineralisation aus dem Bioabfallkompost untersucht. Des Weiteren konnten mit Hilfe eines MonitoringVersuches Information über die Verlagerung des mineralischen Stickstoffs im Boden gewonnen werden. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl die Simulation mit dem Modell NVINO 1.0 als auch das Monitoring im Feld eine Verlagerung von mineralischem Stickstoff über die Profilgrenze von 2 m Tiefe hinaus zeigte. Die Mengen, die dabei vom Modell als Verlust geschätzt wurden, lagen im Bereich von 90 kg N ha-1 für einen Sandboden bis über 300 kg N ha-1 für einen Schluffboden in einem Zeitraum von drei Jahren nach einer Kompostausbringung von 30 t ha-1. Ob diese Verluste den Bedingungen im Feld entsprechen, soll in dem folgend beschriebenen Versuch mit Hilfe von tiefen Lysimetern geprüft werden. C 4.1 Material und Methoden C 4.1.1 Lysimeter Die Lysimeteranlage des DLR Rheinpfalz in Neustadt a.d.W., in der Versuche zu Nährstoff- und Wasser-Bilanzen im Boden unter Reben durchgeführt werden können, steht wie die Kleinlysimeter ebenfalls in der Lage Eselshaut auf dem Gelände des DLR. Es handelt sich dabei um 12 frei dränende Lysimeter mit 1,25 × 1,25 m² Fläche und einer Tiefe von 1,0 m (sechs Stück) und 1,5 m (sechs Stück). Jeweils drei tiefe und drei flache Lysimeter enthalten einen mittel lehmigen Sand (Sl3) oder einen mittel tonigen Schluff (Ut3). In jeder der vier Gruppen sind zwei Lysimeter mit einer Rebe bestockt, eins ist unbepflanzt. C 4.1.2 Versuchsanordnung und Messbetrieb Jeweils ein bepflanztes und ein unbepflanztes Lysimeter haben im Frühjahr 2003 eine Gabe Kompost entsprechend 30 t ha-1 bekommen. Das verbliebene bepflanzte Lysimeter in der jeweiligen Gruppe bekam zum gleichen Zeitpunkt eine mineralische Düngergabe von 60 kg N ha-1. Die Versuchsanordnung ist der Abbildung C 4.1 zu entnehmen. Die Perkolatentnahme erfolgte an insgesamt 11 Terminen im Zeitraum von der Kompostausbringung bis zum Mai 2005. 52 mittel lehmiger Sand mittel toniger Schluff K K M K K M Nr. 7 8 9 10 11 12 Nr. 1 2 3 4 5 6 K K M K K M 1,5 m Tiefe 1,0 m Tiefe K = Kompost 30 t ha-1, 1 x im Frühjahr 2003 M = Mineralischer Stickstoff 60 kg ha-1, 1 x im Frühjahr 2003 = Lysimeter mit Rebstock = Lysimeter ohne Rebstock Abbildung C 4.1: Versuchsplan der großen Lysimeteranlage. C 4.1.3 Analyse Die Aufbereitung der Perkolatproben und die anschließende Analyse erfolgte entsprechend der im Kapitel C 3.1.5 beschriebenen Methode. C 4.2 Ergebnisse Zwei Ergebnisse lassen sich aus den beobachteten Auswaschungssummen ableiten: zum einen werden innerhalb des Untersuchungszeitraums die höchsten Mengen mineralischen N aus den Lysimetern ausgewaschen in denen keine Rebe wächst (Lysimeter 1, 5, 8 und 11 in Abbildung C 4.2). Dabei ist der Unterschied zwischen den tiefen und den weniger tiefen Lysimetern nur gering. Zum anderen wird unter Reben zumindest in den weniger tiefen Lysimetern N aus dem Sandboden aufgefangen (Lysimeter 2 und 3 in Abbildung C 4.2), während aus dem mit Reben bestandenen Schluffboden kein N ausgewaschen wird (Lysimeter 4 und 6 in Abbildung C 4.2). Auch aus den tiefen, unbestockten Lysimetern (Lysimeter 8 und 11 in Abbildung C 4.2) wird mehr N aus dem Sandboden als aus dem Schluffboden 53 ausgewaschen. Aufgrund der Tatsache, dass jede Variante nur mit einem Lysimeter belegt ist, kann eine statistische Überprüfung der Ergebnisse nicht erfolgen. -1 Ausgewaschener mineralischer Stickstoff [kg N ha ] 120 100 Sand Kompost ohne Rebe Sand Kompost ohne Rebe 80 Schluff Kompost ohne Rebe Schluff Kompost ohne Rebe 60 Sand Kompost mit Rebe 40 Sand mineralisch mit Rebe Schluff Kompost mit Rebe 20 Schluff Sand mineralisch Kompost mit Rebe mit Rebe Sand mineralisch mit Rebe Schluff Kompost mit Rebe Schluff mineralisch mit Rebe 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Abbildung C 4.2: Aus den Großlysimetern ausgewaschener mineralischer Stickstoff im Zeitraum April 2003 bis Mai 2005. Hellgrau (1-6): 1,0 m Tiefe; dunkelgrau (7-12): 1,5 m Tiefe. C 4.3 Diskussion Die beobachteten Phänomene bestätigen Annahmen, die sich aus allgemeinem bodenkundlichen Wissen ableiten lassen. Die Rebe entzieht dem Boden erhebliche Mengen Wasser und einen nicht minder relevanten Anteil an Nährstoffen. Während letzteres bereits die N-Menge im Boden reduziert, verringert der erst genannte Effekt die zur Verlagerung in Richtung Grundwasser zur Verfügung stehende Menge Wasser. Die dadurch wesentlich geringer ausfallende abwärtsgerichtete Translokation von N resultiert in einer deutlich geringeren N-Auswaschung aus den mit Reben bestockten Lysimetern. Des Weiteren kann der Schluffboden aufgrund seines höheren Mittelporenanteils und der damit verbundenen höheren Feldkapazität eine größere Menge Wasser speichern. Diese Wassermenge wird fast ausschließlich durch Matrixpotenzialgradienten weiter nach unten verlagert. In einem gleichmäßig durchfeuchteten Boden findet kaum eine Verlagerung statt. Der Sandboden hat im Gegensatz zum Schluffboden eine wesentlich geringere Retentionsfähigkeit, so dass 54 größere Mengen Wasser perkolieren können und darin gelöste Nährstoffe abwärts verlagert werden. Das zeigt sich in der tendenziell größeren N-Auswaschung unter den Sandboden-Lysimetern, wie sie im Versuch beobachtet wurden. Es wird folgendes dabei deutlich: Die Höhe der bei Nendel (2002) vom Modell geschätzten N-Auswaschungsmenge wird in den Lysimetern nicht bestätigt. Zwar unterstreichen die Lysimeterergebnisse allgemein bekannte Phänomene, jedoch ist die Menge des ausgewaschenen N sehr viel geringer als vom Modell prognostiziert. Es ist außerdem zu erkennen, dass offensichtlich aus dem Kompost eine höhere Menge N freigesetzt worden ist als eine entsprechende Düngermenge von 60 kg N ha-1, was Untersuchungen von Nendel (2002) bereits vermuten ließen. Die Auswaschungsmengen aus den hier verwendeten Lysimetern müssen jedoch im Licht der Versuchsbedingungen betrachtet werden. Da der Rebe im Lysimeter ein sehr begrenzter Wurzelraum zur Verfügung steht, ist zu vermuten, dass in den Lysimetern eine wesentlich höhere Durchwurzelungsdichte vorherrscht, als das in einem nicht limitierten Wurzelraum der Fall wäre. Sowohl die Wasseraufnahme als auch die damit einhergehende Nährstoffaufnahme wird dadurch im Lysimeter wesentlich effektiver sein als im natürlichen Boden. Dazu kommt, dass an der unteren Begrenzung des frei dränenden Lysimeters sich aufgrund des Potenzialgefälles ein Stauhorizont bildet. Da sich dieser Stauhorizont im Durchwurzelungsbereich der Rebe befindet, hat die Rebe die Möglichkeit, das dort befindliche Wasser zusätzlich aufzunehmen. Im unbegrenzten Wurzelraum würde das Wasser weiter abwärts transportiert werden und durch die weniger dicht verteilten Wurzeln vermutlich nicht mit vergleichbarer Effektivität ausgenutzt werden. Es steht außerdem zu befürchten, dass an dem beschriebenen Stauhorizont in dieser Tiefe erheblich Verluste durch Denitrifikation auftreten. Während dieses Problem in den Kleinlysimetern aufgrund der besseren Sauerstoffversorgung kaum zu erwarten ist, könnte dieser Verlustpfad das Ergebnis der Versuche in den tiefen Lysimetern stark beeinflussen. Alles in allem bedeutet dies, dass in einer natürlichen Rebfläche größere Auswaschungsverluste zu erwarten sind, als die in den Lysimetern beobachteten. Dabei werden die angedeuteten Trends sich jedoch relativ zueinander kaum verändern. 55 C 4.4 Schlussfolgerung Der Lysimeterversuch hat gezeigt, dass bei einer Kompostanwendung entsprechend den gesetzliche Vorgaben (BioAbfV: 30 kg N ha-1 3a-1) auf tiefgründigen Böden mit gutem Retentionsvermögen kaum Gefahr nennenswerter Auswaschungsverluste besteht und damit eine Grundwasserbelastung durch Nitrat nicht zu erwarten ist. Aus den oben diskutierten Gründen sind jedoch flachgründige, auf massivem Gestein anstehende Rebflächen sowie sandige oder grundwasserbeeinflusste Rebstandorte durchaus als Quellen für eine kompostbürtige Nitratbelastung des Grundwassers anzusehen. Die N-Mengen, die nach einer gesetzeskonformen Kompostausbringung durch das weitmaschige Netz der Rebwurzeln hindurch abwärts verlagert werden, sind jedoch wahrscheinlich geringer als zunächst durch die Modellanwendung berechnet. Sie sind jedoch ebenso wahrscheinlich höher, als die im Lysimeterversuch beobachteten Werte. 56 C 5 ERSTELLUNG EINES KATALOGES FÜR DIE VEREINFACHTE ERHEBUNG VON EINGABE-PARAMETERN Für einen Einsatz in der Düngeberatung stehen nur wenige Daten als Grundlage für eine erfolgreiche Simulation zur Verfügung. Die vom Anwender abzufordernden Eingangsparameter und –variablen müssen aus diesem Grund sorgsam gewählt werden. Dabei ist es wichtig zu erkennen, welche Parameter für den Erfolg der Simulation besonders wichtig sind und auf welche Parameter das Modell weniger sensitiv reagiert. Anhand dieser Sensitivitätsanalysen wurde geprüft, welche Parameter auch in verminderter Genauigkeit dem Modell für eine Simulation ausreichen und auf welche Parameter möglicherweise auch ganz verzichtet werden kann. Dafür wurden aus den über 200 Arbeitsparametern in NVINO 2.0 die prozessrelevanten Parameter ausgewählt, über ihre natürliche oder messtechnische Schwankungsbreite hinaus variiert und der Effekt im jeweiligen Simulationsergebnis festgestellt. Mit dem Ziel, ein Akquirierungssystem für die Anwendung des Modells in der Düngeberatung zu erstellen, mussten jedoch weitere Kriterien beurteilt werden. Neben der Sensitivität des Modells auf die Arbeitsparameter waren die Erfassbarkeit und die Regionalisierbarkeit der Parameter von besonderer Wichtigkeit. Die Beurteilung in diesen beiden Kategorien musste jedoch auf der Basis von Expertenwissen erfolgen und beinhaltet deshalb durchaus subjektive Einschätzungen. Als Ergebnis verblieben 13 Eingangsparameter und –variablen, auf deren Variation entweder das Modell empfindlich reagierte oder aber die relativ einfach zu akquirieren sind. In Tabelle C 5.1 sind die essentiellen Eingangsdaten zusammengefasst und klassifiziert in den Kategorien Erfassbarkeit, Regionalisierbarkeit und Sensitivität. Aufgrund der partiellen Subjektivität der Klassifizierung soll im Folgenden eine Erklärung für die jeweilige Einordnung geliefert werden. Zu der als unverzichtbar erachteten Information für den Modellbetrieb zählen zum einen vier Wettervariablen. Sie sind jedoch vom Berater relativ einfach über die Agrarmeteorologischen Serviceeinrichtungen zu beschaffen, so dass hier keine Schwierigkeiten im Modellbetrieb zu erwarten sind. Alle anderen Parameter müssen vor Ort ermittelt werden. Sie sind jedoch dort einfach zu erfassen, so dass hier weder 57 eine spezielle Schulung der Berater noch (in den meisten Fällen) eine Anwesenheit des Beraters vor Ort nötig ist. Die Managementdaten sowie die Daten der Rebe sind dem Winzer bekannt und in den überwiegenden Fällen dokumentiert. Diese Daten sind aus diesem Grund in der Kategorie Erfassbarkeit in Tabelle C 5.1 jeweils als „gut“ bewertet worden. Dazu zählt auch die Information über die Bodenart. Sie ist im Allgemeinen aus einer Bodenkarte, die in den meisten Bundesländern im Maßstab 1:50 000 (BK50) vorliegt, mit hoher Genauigkeit abzulesen. In Grenzfällen ist die Bodenart außerdem vor Ort einfach mit Hilfe der sog. Fingerprobe abzuschätzen. Die verbleibenden Bodenparameter Humusgehalt, Lagerungsdichte und Skelettgehalt sind nur als „mittel“-mäßig gut erfassbar eingestuft worden, da zu ihrer Ermittlung im Feld eine gewisse Erfahrung vorausgesetzt werden muss. Besonders die Abschätzung des Humusgehaltes ist hier als kritisch einzustufen, da ein fehlerhaft geschätzter Wert das simulierte N-Mineralisationspotential des Bodens stark beeinflusst und damit zu einer Fehleinschätzung der N-Dynamik im Boden führen kann. Ebenso problematisch ist es, den Skelettgehalt des Bodens zu erfassen, da keine Messtechnik verwendet werden kann. Der Skelettgehalt hat jedoch großen Einfluss auf die Wasserhaltekapazität. In der Kategorie Regionalisierbarkeit sind die Klimavariablen mit Ausnahme der Niederschlagsdaten als „gut“ eingestuft worden. Diese subjektive Einschätzung beruht auf der Annahme, dass Temperatur, Strahlung und Luftfeuchte im Skalenbereich von einem 1 km² nur in geringem Maße variieren, so dass der zu erwartende Effekt auf die Simulation zu vernachlässigen ist. Lokale Unterschiede in der Niederschlagsmenge und -verteilung können sich jedoch sehr wohl auf das Simulationsergebnis auswirken, so dass diese Variable als „mittel“ eingestuft wurde. Ebenso wurde die Information über die Bodenart eingestuft. Sie ist zwar oftmals kleinräumig variabel, so dass eine Regionalisierung im Sinne einer Extrapolation nicht durchführbar erscheint, jedoch kann u. U. mit Hilfe einer auf einem Geografischen Informationssystem hinterlegten Digitalen Bodenkarte (DBK50) eine Verfügbarkeit der Bodenartinformation ermöglicht werden, die dann eine fallspezifische Ermittlung der Bodenart für die Anwendung im Modell überflüssig macht. Weiterhin wurde als „mittel“ eingestuft die Managementdaten im Weinberg. Diese orientieren sich zu einem großen Teil an den stark temperaturabhängigen Wachstumsstadien der Rebe, so dass auf einen 58 regionaltypischen Wert zurückgegriffen werden kann, sofern das Datum einer bestimmten Bearbeitung im Weinberg nicht zu ermitteln sein sollte. Im Sinne einer exakten Reproduktion des Geschehens im Weinberg sollte jedoch die Akquirierung der jeweiligen Daten vom Winzer stets vorzuziehen sein. Alle anderen Parameter sind stark von Einzelentscheidungen des Winzers abhängig oder sind kleinräumig unterschiedliche Standorteigenschaften, die nicht in einem überregionalen Informationssystem erfasst sind. Diese sind als „schlecht“ regionalisierbar eingestuft. Die Zusammenfassung der Klassifizierung der vom Modell essentiell benötigten Information ist in Tabelle C 5.1 zusammengefasst. Tabelle C 5.1: Klassifizierung der Information, die Simulationsmodells NVINO 2.0 zur Verfügung stehen muss. Parameter für die Anwendung Erfassbarkeit Regionalisierbarkeit Sensitivität Klima: Tagesmitteltemperatur gut gut hoch rel. Luftfeuchte gut gut hoch Niederschlag gut mittel hoch Globalstrahlung Boden: gut gut hoch Bodenart gut mittel hoch Humusgehalt mittel schlecht hoch Lagerungsdichte Skelettgehalt mittel mittel schlecht schlecht mittel hoch Augenzahl Standweite gut gut schlecht schlecht mittel mittel Rebalter gut schlecht mittel Eingriffsdaten gut mittel hoch Düngermenge gut schlecht hoch des Rebe: Management: Für die Ableitung eines Akquirierungssystems werden den zu erfassenden InputParametern je nach Klassifikation Akquirierungspfade zugeteilt. Auch hierbei handelt es sich um einen Ansatz der auf Experten-Wissen beruht. Das System gibt für jeden Parameter eine vorzuziehende Möglichkeit an sowie eine Alternative. Bei Parametern, die den Boden betreffen, ist sogar eine zweite Alternative verfügbar. Die klimatischen Eingangsvariablen sollten primär aus dem lokalen Agrar-metereologischen 59 Informationsnetz gezogen werden. In Rheinland-Pfalz bietet das AGMEDA-System bereits eine Datenschnittstelle für das HERMES-Modell an. Diese kann auch für NVINO genutzt werden. In anderen Bundesländern gibt es zum Teil ähnliche Anbieter von Agrar-meteorologischen Daten. Sollte dies nicht der Fall sein, muss auf frei zugängliche Klimadaten zurückgegriffen werden. Diese sind z.B. von der Website des Deutschen Wetterdienstes für einige überregionale Wetterstationen abgreifbar. Tabelle C 5.2: Akquirierungssystem für die Information, die für die Anwendung des Simulationsmodells NVINO 2.0 zur Verfügung stehen muss. Parameter Akquirierung 1. Alternative 2. Alternative Klima: Tagesmitteltemperatur AGMEDA rel. Luftfeuchte AGMEDA │ Niederschlag AGMEDA Globalstrahlung AGMEDA Frei zugängliche DWD-Daten einer überregionalen │ Station Boden: Bodenart Bodenkarte Humusgehalt Analyse Lagerungsdichte Analyse Fingerprobe vor Ort Beurteilung vor Ort │ Einschätzung des Winzers Messung vor Ort Skelettgehalt Analyse Beurteilung vor Ort Dokumentation des Winzers Regionaltypische Daten Dokumentation des Winzers Regionaltypische Daten │ Rebe: Augenzahl Standweite Rebalter Management: Eingriffsdaten Düngermenge Bodenparameter sollten vorrangig durch eine Analyse bestimmt oder aber über gespeicherte Analysen ermittelt werden. Die inzwischen fast flächendeckend für Deutschland vorliegende digitale Bodenkarte ist hier ein Hilfsmittel, das eine Körnungsanalyse durchaus ersetzten kann. Für die Parameter Humusgehalt, Lagerungsdichte und Skelettgehalt ist meist keine Information in Karten vorhanden. Sollte hier eine Analyse nicht durchführbar sein, kann ein geschulter Berater mittels einfacher Schätz- und Messmethoden eine Parameterbestimmung durchführen. Ein erfahrener Bodenkundler ist in der Lage, mit Hilfe der Fingerprobe die Bodenart sehr 60 exakt abzuschätzen. Sollte ein Besuch des Beraters vor Ort ebenfalls nicht ohne Schwierigkeiten zu organisieren sein, kann als zweite Alternative hier auf den Erfahrungshorizont des Winzers zurückgegriffen werden. Die Winzer haben in den meisten Fällen eine sehr gute Kenntnis der Eigenschaften ihrer Böden. Für die Daten über die Rebe und das Flächenmanagement sind die Winzer selbst die beste Informationsquelle. Sie führen meist Buch über Ihre Flächen und können über Düngungs- und Bearbeitungstermine sowie über Alter und Anschnitt der Reben erschöpfend Auskunft geben. Sollte dies nicht der Fall sein, sind regionaltypische Daten eine Alternative, allerdings keine besonders gute. Da aber zumindest die Pflanzenparameter nur mit mittlerer Sensitivität beurteil worden sind, kann diese Alternative angeboten werden. Eine Übersicht über das Akquirierungssystem gibt Tabelle C 5.2. Das hier vorgestellte Akquirierungssystem erlaubt es dem Berater, bei ausreichender Verfügbarkeit der benötigten Informationen, Beratungen bereits am Schreibtisch vorzubereiten oder gegebenenfalls sogar durchzuführen. Hierzu sind lediglich ein Rechner mit Internetanschluss und einer lauffähigen Version des Modells sowie ein Telefon, über das die fehlende Information beim Winzer abgefragt werden kann, notwendig. Die so erfolgte Vorbereitung befähigt den Berater, die Ortstermine effektiver zu gestalten und trotzdem den Erfolg der Beratung durch die Möglichkeit der Effekt-Visualisierung zu steigern. 61 C 6 IMPLEMENTIERUNG DES MODELLS IN EINE ZEITGEMÄßE PROGRAMMOBERFLÄCHE Die Umsetzung der im Vorgängerprojekt erarbeiteten Ideen in ein modernes Düngeberatungssystem wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Kurt C. Kersebaum, Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, Institut für Landschaftssystemanalyse, Müncheberg, durchgeführt. Zu diesem Zweck ist in der Programmierumgebung TrueBasic® eine anwenderfreundliche Programmoberfläche im Stil von MS Windows® geschaffen worden. Das leicht verständliche Menü des Beratungssystems führt den Benutzer durch die Vorbereitungsphase, in der die Eingabedaten dem Programm zugänglich gemacht werden müssen. Der Benutzer kann zunächst ein Verzeichnis für sein neues Projekt wählen oder aber ein bereits bestehendes Projekt öffnen (Abbildung C 6.1). Diese Wahl aktiviert die Folgegeneration im Menübaum, in der nun die verschiedenen Dateneinheiten zur Bearbeitung bereitstehen. Die Organisationsstruktur der zu simulierenden Flächen und die damit verknüpften Bodenprofile können angelegt und editiert werden (Abbildung C 6.2). Wetterdaten können eingelesen und die einzelnen Aktionspunkte im Flächenmanagement (Düngungs-, Pflege- und Bodenbearbeitungsmaßnahmen) organisiert werden (Abbildung C 6.3). Ein Wegweiser auf der Hauptseite informiert den Benutzer über den Fortschritt seiner Vorbereitungen. Sind alle Eingangsdaten dem Programm zur Verfügung gestellt worden, kann die Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Daten geprüft werden. Wenn diese Prüfung erfolgreich verlaufen ist, wird der Startbutton in der Programmoberfläche freigeschaltet und das Modell kann gestartet werden. Nach Abschluss der Simulation kann der Benutzer thematische geordnete Ergebnisfenster abrufen und sich sowohl die Zusammenfassung als auch den grafisch aufbereiteten Verlauf der Simulation anzeigen lassen. Zusätzlich werden aber weiterhin die benutzerspezifisch einstellbaren Ergebnisdateien erzeugt, um die generierten Daten in weiterführender Datenverarbeitungssoftware zu verwenden. Hier sind sowohl statistische Auswertungen der simulierten Daten denkbar oder die Verwendung der Daten mit eindeutigem Flächenbezug in Geoinformationssystemen als auch die einfache Visualisierung in Präsentationen oder Medien. Die neue Benutzeroberfläche stellt in vielerlei Hinsicht eine Verbesserung gegenüber der alten DOS-Oberfläche dar. Dabei steht insbesondere die sofort zur Verfügung 62 stehende Visualisierung der Ergebnisse im Vordergrund, die zuvor nur über umständliche Wege und unter Zuhilfenahme von weiteren Programmen möglich war. Aber ebenso die freundliche Aufmachung sowie die selbsterklärende Menüführung nehmen die Berührungsängste, die das technisch anmutende DOS-Fenster und die komplizierte Struktur der benötigten Daten in der Vergangenheit hervorgerufen haben. Da der rasante Fortschritt der Unterhaltungs- und Bürosoftware eine starke Verbreitung des Windows®-Konzepts mit sich gebracht hat, haben sich die Anwender vom Gebrauch zeilenorientierter prompt-command-Strukturen entwöhnt. Die Führung durch Menü- und Untermenüstrukturen mit Hilfe einer Maus oder eines Touchpads sind inzwischen bei Software, die für den Endverbraucher konzipiert ist, zum Standard avanciert. Die einfache Bedienung der neuen Programmoberfläche ist außerdem ein wesentlicher Schritt in Richtung der Anwendung der Software in der Düngeberatung. Die Verwendung des Simulationsmodells auf einem mobilen Rechner erlaubt nun die einfache und schnelle Beratung des Winzers, unterstützt durch visuell aufbereitete Ergebnisse von simulierten Szenarien, die der Berater gemeinsam mit dem Winzer am Tisch entwickeln kann. Der Berater ist in nun der Lage, mit Hilfe von vorbereiteten Szenarien dem Winzer so genannte „Was-passiert-wenn“-Situationen vorzuspielen und ihm die Konsequenzen seines Tuns vorzuhalten. In diesem Vorgehen entfaltet sich die volle Stärke eines solchen Simulationsmodells. Es muss in diesem Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen werden, dass das vorliegende Simulationsmodell NVINO 2.0 noch bei Weitem nicht alle Management-Szenarien im Weinberg abbilden kann. So sind z.B. eingesäte Winter- und Dauerbegrünungen sowie laterale Wasserbewegungen in hängigem Gelände im Modell bis dato nicht berücksichtigt. 63 Abbildung C 6.1: Der erste Schritt in NVINO 2.0: die Auswahl des Projektes. Abbildung C 6.2: NVINO 2.0: Die Organisation der Kenndaten im virtuellen Bodenprofil. 64 Abbildung C 6.3: NVINO 2.0: Die Eingabe der Managementdaten. 65 C 7 SIMULATION DER N-DYNAMIK IN REBFLÄCHEN DES KOMPOST-RINGVERSUCHES C 7.1 Einleitung Das Modell NVINO ist in der Lage, eine Düngung mit Bioabfallkompost auf vier ausgesuchten Weinbaustandorten in Rheinland-Pfalz wiederzugeben und die Stickstoffdynamik auch für zukünftige Kompostapplikationen vorherzusagen (Nendel, 2002). Die Erweiterung der Leistungsfähigkeit des Modells im Hinblick auf die überregionale Anwendung in der Düngeberatung wird in diesem Abschnitt geprüft. Im Rahmen des Ringversuchs des FDW werden kontinuierlich Daten über den NminStatus in den mit Kompost gedüngten Rebflächen erhoben, sowie einige Daten zur Standortcharakterisierung. Diese Daten unterscheiden sich aber von denen des vorangegangenen Exaktversuchs (Nendel, 2002) durch eine geringere zeitliche und räumliche Datendichte. Es gilt nun zu prüfen, ob das Modell in der Lage sein wird, mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Standortcharakterisierung die N-Dynamik in den Versuchsböden ebenso genau wiederzugeben, wie sie durch die routinemäßig erhobenen Nmin-Daten beschrieben wird. Tabelle C 7.1: Übersicht über die zur Leistungsprüfung des Modells von den Teilnehmern des Ringversuches Humusersatzwirtschaft im Weinbau – Bioabfallkompost“ (1999 bis 2005) zur Verfügung gestellten Parameter und Validierungsdaten aus dem Routine-Messprogramm. Standort Validierungsdaten Standortdaten Klimadaten Managementdaten (Versuchsfläche der BBA, FH oder des DLR) NminProben Bodenfeuchte Bodenart, Humusgehalt, Skelettgehalt Temperatur, rel. Luftfeuchte, Globalstrahlung, Niederschläge Schnitt, Bodenbearbeitung, Düngung Bad Kreuznach + – + + + Ruppertsberg + – + + + Nierstein + – + + + Wolf – – + + – Blankenhornsberg + – – – – Geisenheim + + – – – Weinsberg – – – – – Marktheidenfeld – – + + – 66 C 7.1.1 Gütekriterium zur Beurteilung des Simulationserfolges C 7.1.1.1 Modelleffizienz Die Berechnung der Modelleffizienz EF erfolgt nach Loague und Green (1991), modifiziert nach Richter et al. (Richter et al., 1996). Sie beruht auf der Berechnung der geringsten euklidischen Distanz zwischen beobachtetem und simuliertem Wert. Verwendet wird 2 2 Fi Pi P̂() t i t̂ () n n i 1 i 1 EF 1 Fi / (Gleichung C 7.1) Oi O 2 (Gleichung C 7.2) mit Pi = den simulierten, Oi = den beobachteten Werten am Zeitpunkt ti und Ō = dem Mittelwert der beobachteten Werte. P̂ und t̂ sind die Koordinaten des simulierten Punktes mit minimaler euklidischer Distanz zum beobachteten Wert, wobei Φ den Parametervektor mit der Lösung des Minimierungsproblems bezeichnet. Die Verwendung der geringsten euklidischen Distanz gleicht Fehleinschätzungen des Simulationserfolges aufgrund von zeitlichen Verschiebungen zwischen den beobachteten und simulierten Dynamiken aus. C 7.1.1.2 Mittlere Reproduktionsgüte Die Fähigkeit des Modells, einen beobachteten Wert zu reproduzieren, lässt sich aus der Häufigkeitsverteilung der Differenzen zwischen simulierten und beobachteten Werten ableiten. Als Maß kann hierbei der Anteil der simulierten Werte gelten, der nicht weiter vom beobachteten Wert abweicht als die beobachteten Werte selbst untereinander. Letzteres wird durch die mittlere Standardabweichung der Messwerte ausgedrückt, die sich in diesem Fall aus den Analyseergebnissen von acht Bodenproben zusammensetzen. Der arithmetisch gemittelte Anteil der simulierten Werte, die die geforderte Abweichung vom beobachteten Wert unterschreiten, wird als mittlere Reproduktionsgüte R des Modells bezeichnet: R k 0 d s n (Gleichung C 7.3), mit der Häufigkeit k der Wertepaare, deren Differenz d kleiner ist als die Standardabweichung s der gemessenen Werte, und der Anzahl der Wertepaare n. Sie gibt im 67 vorliegenden Fall an, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Modell einen Messwert mit vorgegebener Genauigkeit reproduzieren kann. C 7.2 Ruppertsberg C 7.2.1 Datenerfassung Die Messung der Nmin-Dynamik in der Versuchsfläche Mühlenweg II erfolgte in unregelmäßigen Abständen in den Jahren 2003 und 2004. Der Boden wurde in zwei Schichten zu jeweils 30 cm beprobt. In den Jahren zuvor wurden Messungen in Dezimeterschichten erhoben, da der Versuchsstandort im Intensivmessprogramm des Vorgängerprojektes aufgenommen worden war. Diese werden hier nicht berücksichtigt. C 7.2.2 Simulation Kontrollvariante 300 250 Boden Nmin [kg ha-1] 200 150 100 50 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.1: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Ruppertsberg, Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert. 68 -1 Variante 30 t ha Kompost 300 250 Boden Nmin [kg ha-1] 200 150 100 50 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.2: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Ruppertsberg, Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. Variante 50 t ha-1 Kompost 300 250 Boden Nmin [kg ha-1] 200 150 100 50 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.3: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Ruppertsberg, Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. 69 100 -1 -1 150 200 150 100 50 Ruppertsbeg 0 t ha 0 0 50 100 150 -1 Ruppertsberg 30 t ha 0 200 simuliert [kg N ha ] 150 100 50 -1 gemessen [kg N ha ] 200 gemessen [kg N ha ] -1 gemessen [kg N ha ] 200 0 50 100 150 -1 50 Ruppertsberg 50 t ha 0 200 -1 0 50 100 150 -1 200 -1 simuliert [kg N ha ] simuliert [kg N ha ] Abbildung C 7.4: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort Ruppertsberg mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz (Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– = x = y-Gerade, --- = mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte. C 7.2.3 Diskussion Am Standort Ruppertsberg wurde zunächst ein augenscheinlich gutes Simulationsergebnis erzielt. Die Simulation der Kontrollvariante lag in der Vorhersage zwar stets unter den beobachteten Werten, jedoch betrug die Abweichung kaum mehr als 25 kg N ha-1. Auf den mit Kompost gedüngten Flächen zeigt das Modell die gleiche N-Dynamik wie sie in den betreffenden Böden beobachtet wurde. Jedoch muss hier konstatiert werden, dass das Ausmaß der N-Mineralisation des Kompostes vom Modell teilweise erheblich unterschätzt wird. Augenscheinlich hat die Applikation des Kompostes im Jahre 2002 im Boden einen Priming-Effekt ausgelöst. Aber auch im Folgejahr hat es offensichtlich einen stärkeren Anstieg der Nmin-Werte im Boden gegeben, als das Modell es nachzuvollziehen vermochte. Da der Ruppertsberger Datensatz jedoch ein zeitlich sehr begrenztes Bild der N-Dynamik liefert, soll an dieser Stelle die Diskussion über die Leistung des Modells verschoben werden. Herauszuheben ist jedoch folgendes Phänomen: in diesem Datensatz wird noch einmal verdeutlicht, dass die Verwendung des Kapazitätsansatzes zur Beschreibung der Wasserbewegung im Boden Nachteile mit sich bringt. Der Anstieg des Nmin-Gehaltes im Unterboden der Kompostvarianten im Jahr 2003 kommt mehrere Wochen zu spät. Während im untersuchten Boden davon ausgegangen werden kann, dass durch ungesättigte Wasserbewegung bereits nach wenigen Tagen nach Einsetzen der Herbstniederschläge vorhandenes Nitrat in den Unterboden verlagert worden ist, 70 verbleibt im Modell das zugeführte Wasser zunächst in den oberen virtuellen Bodenschichten, bis diese mit Wasser gesättigt sind. Erst dann erfolgt der Transport in die unteren Schichten. Dies hat zu Folge, dass im Feld bereit sehr früh hohe NminWerte in der 30-60 cm-Schicht zu finden sind, während das Modell an diesem Tage noch wesentlich geringere Werte errechnet. C 7.3 Nierstein C 7.3.1 Datenerfassung Am Standort Nierstein wurden ab 1999 Proben erhoben, obwohl parallel dazu auch das Intensivmessprogramm auf dieser Fläche lief. Zu den im Ringversuch vereinbarten phänologischen Terminen wurden bis einschließlich „Blattfall 2004“ die Bodenschichten 0 – 30 cm und 30 – 60 cm vierfach parallel beprobt. C 7.3.2 Simulation Kontrollvariante 200 180 160 Boden Nmin [kg ha-1] 140 120 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.5: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein, Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert. 71 -1 Variante 30 t ha Kompost 200 180 160 Boden Nmin [kg ha-1] 140 120 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.6: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein, Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. Variante 50 t ha-1 Kompost 200 180 160 Boden Nmin [kg ha-1] 140 120 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.7: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein, Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. 72 100 50 Nierstein 0 t ha 0 0 50 100 150 -1 simuliert [kg N ha ] -1 -1 150 200 gemessen [kg N ha ] 200 gemessen [kg N ha ] -1 gemessen [kg N ha ] 200 150 100 50 -1 0 200 0 50 Nierstein 30 t ha -1 100 200 150 -1 simuliert [kg N ha ] 150 100 50 Nierstein 50 t ha 0 0 50 100 150 -1 200 -1 simuliert [kg N ha ] Abbildung C 7.8: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz (Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– = x = y-Gerade, --- = mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte. C 7.3.3 Diskussion Am Standort Nierstein wurde ebenso zunächst ein augenscheinlich gutes Simulationsergebnis erzielt. Die Simulation der Kontrollvariante brachte eine Vorhersagegenauigkeit, die selten um mehr als 20 kg N ha-1 vom beobachteten Wert abwich. Auf den mit Kompost gedüngten Flächen musste jedoch ebenso festgestellt werden, dass das Modell grundlegende Züge der N-Dynamik in den betreffenden Böden nicht nachvollziehen konnte. Der erhebliche Priming-Effekt, der auch mit den von der ehemaligen SLVA Oppenheim erhobenen Daten belegt wird, wurde bereits bei Nendel (2002) diskutiert mit dem Ergebnis, dass das Modell an der Abbildung dieses Phänomens scheitert. In diesem Datensatz wird jedoch darüber hinaus deutlich, dass im Boden offensichtlich auch in den Jahren zwischen den Kompostapplikationen der Kompost das Bodenleben so stark anregt, dass es zu Mineralisationsschüben kommt, die mit den im Labor ermittelten Mineralisationsparametern nicht beschrieben werden können. Das Modell bildet die beobachtete Dynamik zwar überwiegend richtig ab, jedoch in einer wesentlich schwächeren Ausprägung. In den Jahren 2000 und 2004 konnte der starke Anstieg der Nmin-Werte vom Modell nicht nachvollzogen werden. Hier macht sich das Fehlen von Mikroorganismen-Pools bemerkbar, wie sie z.B. im DAISY-Modell (Abrahamsen und Hansen, 2000) verwendet werden. Die Entwicklung der Mikroorganismen als Reaktion auf die Kompostzugabe und die daraus resultierende N-Umsetzung in den Folgejahren ist für die N-Dynamik offensichtlich so entscheidend, dass sie die verbleibenden Prozesse in Ihrer 73 Wichtigkeit in den Schatten stellt. Dem Modell muss in diesem Zusammenhang jedoch zu Gute gehalten werden, dass offensichtlich die starken Anstiege der NminWerte im untersuchten Boden räumlich extrem variabel gewesen sind, wie die teilweise äußerst hohen Standardabweichungen der einzelnen Messpunkte belegen. C 7.4 Bad Kreuznach C 7.4.1 Datenerfassung Wie schon in Nierstein wurde auch in Bad Kreuznach trotz der parallel laufenden Intensivuntersuchung ein eigenes Messprogramm durchgeführt. Ab 1999 wurden bis einschließlich 2003 die beiden obersten Bodenschichten zu je 30 cm beprobt. Im Jahre 2004 wurde nur noch eine Beprobung zur Veraison durchgeführt. Die Proben wurden vierfach parallel im Rahmen des angelegten Versuchsdesigns erhoben. C 7.4.2 Simulation Kontrollvariante 600.0 500.0 Boden Nmin [kg ha-1] 400.0 300.0 200.0 100.0 0.0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.9: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad Kreuznach, Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert. 74 -1 Variante 30 t ha Kompost 600.0 500.0 Boden Nmin [kg ha-1] 400.0 300.0 200.0 100.0 0.0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.10: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad Kreuznach, Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. Variante 50 t ha-1 Kompost 600.0 500.0 Boden Nmin [kg ha-1] 400.0 300.0 200.0 100.0 0.0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.11: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad Kreuznach, Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. 75 300 200 100 Bad Kreuznach 0 t ha 0 0 100 200 300 400 -1 simuliert [kg N ha ] -1 -1 gemessen [kg N ha ] -1 400 gemessen [kg N ha ] 400 gemessen [kg N ha ] 400 300 200 100 -1 Bad Kreuznach 30 t ha 0 0 100 200 300 -1 300 200 100 400 -1 simuliert [kg N ha ] Bad Kreuznach 50 t ha 0 0 100 200 300 -1 400 -1 simuliert [kg N ha ] Abbildung C 7.12: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad Kreuznach mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz (Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– = x = y-Gerade, --- = mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte. C 7.4.3 Diskussion Wie schon an den anderen Standorten zuvor, konnte auch am Standort Bad Kreuznach das Modell zunächst augenscheinlich gute Ergebnisse erzielen, zumindest in den ersten beiden Jahren nach der Kompostausbringung. Starke Mineralisationsschübe in den Jahren 2001 bis 2003, der sich in den Daten zeigt, konnte jedoch mit dem Modell nicht nachvollzogen werden. In diesem Zusammenhang muss jedoch erwähnt werden, dass im parallel laufenden Intensivmessprogramm ein solch starker Anstieg im gleichen Zeitraum nicht beobachtet wurde. Nichtsdestotrotz zeigen die hier gewonnenen Messergebnisse Konsistenz innerhalb des Jahres und trotz der hohen Streuung liegen selbst die Minima der jeweiligen beobachteten Variante höher als das Simulationsergebnis. Die Mineralisationsschübe traten sowohl in den KompostVarianten auf, als auch in der Kontrollvariante. Dies zeigt, dass der Boden in Bad Kreuznach, der einen sehr hohen Humusgehalt aufweist, biologisch sehr aktiv ist. Die Mikroorganismen sind offensichtlich in der Lage, auch ohne Einbringung zusätzlicher leicht verfügbarer organischer Substanz Mineralisationsraten zu erbringen, die weit über die im Labor gemessenen Raten hinausgehen. Hier ist das Modell ohne Berücksichtigung der Populationsdynamik der Mikroorganismen bereits mit der Simulation der Kontrollvariante überfordert. Interessanterweise bildet das Modell jedoch die Nmin-Werte im Winterhalbjahr gut ab, so dass der Verdacht nahe liegt, dass das im Frühsommer im Boden freigesetzte und durch Messung beobachtete Nmin im Herbst wieder in den mikrobiellen Pool zurückgeführt wird. 76 C 7.5 Blankenhornsberg C 7.5.1 Datenerfassung Am Blankenhornsberg wurde zuvor kein Intensivmessprogramm durchgeführt. Stattdessen lief an diesem Standort das im Rahmen des Ringversuchs vereinbarte Standardprogramm ab. Ab 1999 wurden bis einschließlich 2004 die beiden obersten Bodenschichten zu je 30 cm beprobt. Die Proben wurden vierfach parallel im Rahmen des angelegten Versuchsdesigns erhoben. Im Winter wurde stets eine Begrünung mit Winterwicke und Winterroggen in alternierenden Gassen eingesät und im Frühjahr umgebrochen. C 7.5.2 Simulation Kontrollvariante 140 120 Boden Nmin [kg ha-1] 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.13: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden Blankenhornsberg, Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert. am Standort 77 -1 Variante 30 t ha Kompost 140 120 Boden Nmin [kg ha-1] 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.14: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Blankenhornsberg, Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. Variante 50 t ha-1 Kompost 250 Boden Nmin [kg ha-1] 200 150 100 50 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.15: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden Blankenhornsberg, Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. am Standort 78 -1 150 100 50 Blankenhornsberg 30 t ha 150 100 0 200 -1 -1 200 -1 gemessen [kg N ha ] Blankenhornsberg 0 t ha gemessen [kg N ha ] -1 gemessen [kg N ha ] 200 50 0 0 50 100 150 200 -1 simuliert [kg N ha ] Blankenhornsberg 50 t ha -1 150 100 50 0 0 50 100 150 -1 simuliert [kg N ha ] 200 0 50 100 150 200 -1 simuliert [kg N ha ] Abbildung C 7.16: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort Blankenhornsberg mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz (Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– = x = y-Gerade, --- = mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte. C 7.5.3 Diskussion Die Performance des Modells am Standort Blankenhornsberg zeigt bereits im Augenmaß deutliche Mängel. Bereits in der Kontrollvariante wird deutlich, dass im untersuchten Boden eine viel stärkere N-Dynamik herrscht, als es das Modell berechnet. In den Kompost-Varianten muss festgestellt werden, dass ähnlich wie in den zuvor untersuchten Flächen die Kompostzugabe eine viel stärkere Reaktion im Boden hervorruft, als vom Modell veranschlagt. Gleichzeitig berechnet das Modell jedoch starke Anstiege der Nmin-Gehalte zu Zeitpunkten, in denen eine solche Reaktion im Boden nicht festzustellen war. Die Tatsache, dass das Modell an diesem Standort keine zutreffende Simulation erzeugen kann ist vermutlich dem Umstand geschuldet, dass am Blankenhornsberg mit einer langzeitigen Winterbegrünung gearbeitet wird. Diese Winterbegrünung hat nicht nur eine puffernde Wirkung auf aktuell mineralisierenden Stickstoff, sondern auch eine eigene Abbaudynamik, bei der wieder N freigesetzt wird. Da das Modell nicht in der Lage ist, Untersaaten als parallel wachsende Feldfrucht zu berücksichtigen, scheitert die Simulation in dieser Situation. C 7.6 Geisenheim C 7.6.1 Datenerfassung Der Kompostversuch am Standort Geisenheim ist vom Beginn des Ringversuchs bis zum Ende des Jahres 2004 begleitet worden. Proben der Bodenschichten 0-30 cm und 79 30-60 cm sind jedoch ohne räumliche Parallelproben erhoben worden, so dass an diesem Standort keine Aussage über die räumliche Variabilität getroffen werden kann. C 7.6.2 Simulation C 7.6.2.1 Bodenfeuchte Für den Standort Geisenheim stehen zu jedem Probenahmetermin Messungen der Bodenfeuchte zur Verfügung. Das eröffnet die Möglichkeit, auch für die Simulation der Bodenwasserdynamik die Leistung des Modells zu prüfen. Die Messwerte und die Simulationsergebnisse der einzelnen Varianten am Standort Geisenheim sind in Abbildung C 7.17, Abbildung C 7.18 und Abbildung C 7.19 dargestellt. Eine Gegenüberstellung der Messwerte und der simulierten Werte befindet sich in Abbildung C 7.20. Kontrollvariante 60.0 Bodenfeuchte [m3 m-3] 50.0 40.0 30.0 20.0 10.0 0.0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.17: Simulation der Bodenfeuchte am Standort Geisenheim, Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert. 80 -1 Variante 30 t ha Kompost 60.0 50.0 Boden Nmin [kg ha-1] 40.0 30.0 20.0 10.0 0.0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.18: Simulation der Bodenfeuchte am Standort Geisenheim, Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. Variante 50 t ha-1 Kompost 60.0 50.0 Boden Nmin [kg ha-1] 40.0 30.0 20.0 10.0 0.0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.19: Simulation der Bodenfeuchte am Standort Geisenheim, Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. 81 30 25 25 25 20 20 15 10 5 gemessen [%] 30 gemessen [%] gemessen [%] 30 15 10 5 Geisenheim 0 t ha 0 0 5 10 15 20 25 15 10 5 -1 Geisenheim 30 t ha 0 30 20 0 5 10 simuliert [%] 15 20 25 -1 Geisenheim 50 t ha 0 30 0 5 simuliert [%] 10 15 20 25 -1 30 simuliert [%] Abbildung C 7.20: Vergleich der simulierten und beobachteten Bodenfeuchten am Standort Geisenheim. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm. C 7.6.2.2 Mineralischer Stickstoffgehalt Kontrollvariante 200 180 160 Boden Nmin [kg ha-1] 140 120 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.21: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Geisenheim, Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert. 82 Variante 30 t ha-1 Kompost 200 180 160 Boden Nmin [kg ha-1] 140 120 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 05/11/2001 0-30 cm 30-60 cm 20/03/2003 Simulation 0-30 cm 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.22: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Geisenheim, Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. Variante 50 t ha-1 Kompost 200 180 160 Boden Nmin [kg ha-1] 140 120 100 80 60 40 20 0 09/02/1999 23/06/2000 0-30 cm 05/11/2001 30-60 cm Simulation 0-30 cm 20/03/2003 01/08/2004 Simulation 30-60 cm Abbildung C 7.23: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Geisenheim, Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert. 83 100 50 Geisenheim 0 t ha 0 0 50 100 150 -1 simuliert [kg N ha ] -1 -1 150 200 gemessen [kg N ha ] 200 gemessen [kg N ha ] -1 gemessen [kg N ha ] 200 150 100 50 -1 200 Geisenheim 30 t ha 0 0 50 100 150 -1 simuliert [kg N ha ] 150 100 50 -1 200 Geisenheim 50 t ha 0 0 50 100 150 -1 200 -1 simuliert [kg N ha ] Abbildung C 7.24: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort Geisenheim mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz (Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm. C 7.6.3 Diskussion Am Standort Geisenheim kann aufgrund der vorliegenden Bodenfeuchtemessungen das Modell auch auf die Simulationsleistung hinsichtlich des Wassergehalts des Bodens überprüft werden. Hier zeigt sich, dass zwar die Dynamik der Bodenbefeuchtung und -abtrockung gut nachvollzogen werden kann und auch der Wassergehalt des Bodens bei Sättigung gut getroffen wird, jedoch hat das Modell Schwierigkeiten, die verhältnismäßig geringe Durchfeuchtung des Unterbodens zu erklären. Selbst im Frühsommer, wo unter normalen Umständen der Oberboden schneller abtrocknet als der Unterboden, zeigt sich am Standort Geisenheim der umgekehrte Fall. Die 30-60 cm-Bodenschicht ist zu jedem Zeitpunkt trockener als die Krume. Dies kann unter Umständen in der übermäßig starken Wasserentnahme der Rebe begründet sein. Da aus Geisenheim keine Management-Daten geliefert wurden, wurde möglicherweise die falsche Augenzahl als Input verwendet und somit die Wuchsleistung und die Wasserentnahme unterschätzt. Das Modell ist in der Lage, die N-Dynamik der Kontrollvariante nach Augenschein verhältnismäßig gut nachzuvollziehen. Eine Abweichung ergibt sich durch das Unterschätzen der N-Freisetzung im ersten Jahr kurz nach der Kompostausbringung (vermutlich ein leichter Priming-Effekt) und die daraus resultierende Überschätzung im folgenden Jahr. In den mit Kompost gedüngten Flächen zeigt sich ein ähnliches Bild wie schon am Standort Nierstein oder Bad Kreuznach: Die N-Nachlieferung aus 84 dem Kompost übersteigt in mehreren Jahren die Raten, die das Modell vorhersagt, was den Simulationserfolg stark mindert. Am Standort Geisenheim sind jedoch keine Wiederholungsmessungen gemacht worden, so dass keine Information über die Standardabweichung der Messwerte vorliegt. Legt man die an anderen Standorten beobachtete Variabilität zu Grunde, so wird der tatsächlich erzielte Erfolg vermutlich größer sein. C 7.7 Beurteilung des Simulationserfolges Zur Beurteilung des Simulationserfolges werden die in Kapitel C 7.1.1 beschriebenen Kriterien verwendet. Die Ergebnisse sind in Tabelle C 7.2 und Die Modelleffizienz als Standardkriterium für die Beurteilung der Leistung eines Simulationsmodells zeigt, dass das verwendete Modell nur in wenigen Fällen eine bessere Schätzung des Erwartungswertes liefert als der jeweilige Mittelwert. Jedoch wird trotz negativer Modelleffizienz ein Modell oft als tauglich eingestuft, da die zeitliche Verteilung der Erwartungswerte nicht vom Mittelwert geschätzt werden kann. Ein Modell liefert zumindest diese Information. Zur Beurteilung, wie genau ein Modell die gemessenen Werte reproduzieren kann, wird deshalb die Mittlere Reproduktionsgüte eingesetzt. Sie beschreibt den Anteil der Schätzwerte, die nicht weiter vom Messwert abweichen als die Messwerte untereinander im Raum. Diese Maßzahl wird durch die mittlere Standardabweichung der jeweiligen Messwertparallelen ausgedrückt. Tabelle C 7.3 zusammengefasst. Tabelle C 7.2: Modelleffizienz der Simulationen der Nmin-Gehalte an den untersuchten Standorten. Kontrolle 30 t ha-1 Kompost 50 t ha-1 Kompost Ruppertsberg -0,76 -0,16 0,22 Nierstein -0,45 -0,16 -0,20 Bad Kreuznach 0,08 0,06 0,16 Blankenhornsberg 0,06 -0,87 -0,58 -0,45 -0,03 0,10 Standort Geisenheim 85 Die Modelleffizienz als Standardkriterium für die Beurteilung der Leistung eines Simulationsmodells zeigt, dass das verwendete Modell nur in wenigen Fällen eine bessere Schätzung des Erwartungswertes liefert als der jeweilige Mittelwert. Jedoch wird trotz negativer Modelleffizienz ein Modell oft als tauglich eingestuft, da die zeitliche Verteilung der Erwartungswerte nicht vom Mittelwert geschätzt werden kann. Ein Modell liefert zumindest diese Information. Zur Beurteilung, wie genau ein Modell die gemessenen Werte reproduzieren kann, wird deshalb die Mittlere Reproduktionsgüte eingesetzt. Sie beschreibt den Anteil der Schätzwerte, die nicht weiter vom Messwert abweichen als die Messwerte untereinander im Raum. Diese Maßzahl wird durch die mittlere Standardabweichung der jeweiligen Messwertparallelen ausgedrückt. 86 Tabelle C 7.3: Mittlere Standardabweichungen der gemessenen Nmin-Gehalte ( s ) und mittlere Reproduktionsgüte des Modells (R) für die Simulationen der Nmin-Gehalte an den untersuchten Standorten. Standort Ruppertsberg Nierstein Bad Kreuznach Blankenhornsberg Geisenheim 30 t ha-1 Kompost Kontrolle 50 t ha-1 Kompost s R s R s R kg N ha-1 % kg N ha-1 % kg N ha-1 % 18,9 67 23,9 50 30,1 58 2,8 23 15,1 50 20,2 53 22,8 45 25,8 47 38,0 55 3,5 32 4,1 11 6,1 15 – – – – – – Mittlere Reproduktionsgüte für die Kontrollvarianten 42 Mittlere Reproduktionsgüte für die Kompostvarianten 42 Mittlere Reproduktionsgüte des Modells 42 Die mittlere Reproduktionsgüte des Modells beträgt 42 %. Wird der Standort Blankenhornsberg aus dieser Berechnung herausgenommen, da aufgrund der Winterbegrünung die N-Dynamik sich von den anderen untersuchten Systemen stark unterscheidet, kann der Wert auf 45 % für die Kontrollvarianten und 52 % für die Kompostvarianten angehoben werden. Die somit erreichte mittlere Reproduktionsgüte von 50 % liegt nur noch 7 Prozentpunkte unter der von Nendel (2002) berechneten mittleren Reproduktionsgüte für die Modellleistung im vorangegangenen Projekt. Nichtsdestotrotz bedeute dies, dass nur jeder zweite vom Modell geschätzte Wert das Gütekriterium einhält. Im Mittel unterschätzt das Modell an allen Standorten den beobachten Wert um 12,4 kg N ha-1 mit einer mittleren Standardabweichung von 36,2 kg N ha-1. C 7.8 Zusammenfassende Diskussion Das Modell wurde abweichend von dem anvisierten Untersuchungsprogramm nur an fünf Standorten getestet, da zum Abschluss des Projektes nur für diese Standorte Messdaten zur Verfügung standen. Einer dieser Standorte, die Versuchsfläche 87 Blankenhornsberg, unterscheidet sich aufgrund seiner Bewirtschaftung von den anderen und muss deshalb gesondert betrachtet werden. Da an diesem Standort eine regelmäßige Gründüngung erfolgte, weicht die N-Dynamik in dieser Fläche aufgrund der N-Aufnahme der Gründüngungspflanzen und der zusätzlichen N-Mineralisation nach dem Umbruch derselben stark von den an anderen Standorten beobachteten Dynamiken ab. Ein Simulationserfolg wurde hier nicht erwartet, jedoch kann an diesem Beispiel deutlich gemacht werden, welche Prozesse in das Modell integriert werden müssen, um auch derartige Umstände abbilden zu können. Die Etablierung einer regelmäßigen Winterbegrünung oder aber einer dauerhaften Begrünung in alternierenden Gassen bis hin zu einer flächendeckenden permanenten Begrünung sind inzwischen der Regelfall im Weinbau. Eine Erweiterung des Modells hinsichtlich der mit einer Begrünung verbundenen Prozesse im Boden erscheint vor dem Hintergrund des am Beispiel Blankenhornsberg skizzierten Falles wünschenswert. Im Vergleich zum Simulationserfolg, der mit dem Modell im Zusammenhang mit den Arbeiten von Nendel (2002) erzielt worden ist, hat das Modell in dieser Untersuchung deutliche Schwächen gezeigt. Zwar konnte auch hier der überwiegende Teil der Kontrollvarianten zufrieden stellend in der jeweiligen N-Dynamik abgebildet werden, für die Kompostvarianten trifft das jedoch kaum zu. Grundlegend kann festgestellt werden, dass auf fast allen untersuchten Flächen oftmals eine starke N-Nachlieferung beobachtet wurde, die offensichtlich unabhängig vom Zeitpunkt der Kompostapplikation war. Sie war jedoch mit Sicherheit auf die Anwesenheit der leicht verfügbaren organischen Substanz des Komposts zurückzuführen, wie ein Vergleich mit den jeweiligen Kontrollen ergab. Diese Beobachtung führt zu dem Schluss, dass die N-Dynamik in den untersuchten Weinbergsböden nicht nur durch die von Bodentemperatur und –feuchte gesteuerten Mineralisationsraten bestimmt wird, wie sie unter standardisierten Bedingungen im Labor abgeleitet wurden, sondern das die Populationsdynamik der Zersetzergemeinschaft einen wichtigen Einflussfaktor beisteuert. Dieser Einfluss beschränkt sich dabei nicht nur auf die Zeit direkt nach der Kompostaufbringung, sondern zeigt sich auch in den Folgejahren in unterschiedlicher Ausprägung. Offensichtlich ist der Anteil der schnell wachsenden und hochenergetische Verbindungen nutzenden Mikroorganismen (r-Strategen) in den untersuchten Böden sehr hoch. Es kann in dieser Untersuchung jedoch nicht geklärt 88 werden, ob diese Population im Boden latent vorhanden ist, oder aber mit dem Kompost selbst eingebracht wurde. Fakt ist jedoch, dass in den untersuchten Böden NFreisetzungen aus dem Kompost beobachtet wurden, die in ihrer Höhe und Geschwindigkeit nur in Verbindung mit einer explosionsartig wachsenden Zersetzerpopulation erklärt werden können. Dieser Umstand macht eine erfolgreiche Simulation mit dem verwendeten Modell fast unmöglich. Es muss daher gefolgert werden, dass eine Erweiterung des Modells um mikrobielle N-Pools für die Modellierung der N-Dynamik in kompostgedüngten Weinbauflächen unumgänglich ist. 89 D Zusammenfassende Diskussion und Ausblick D 1 DAS MODELL NVINO 2.0 UND SEINE ZUKUNFT IN DER DÜNGEBERATUNG Das Projekt hatte vorrangig zum Ziel, das bestehende, von Nendel und Kersebaum (2004) erarbeitete Simulationsmodell so weit zu optimieren, dass es als wirksames Hilfsmittel in der staatlichen Weinbauberatung eingesetzt werden konnte. Zu diesem Zweck sind sowohl das Pflanzenwachstumsmodul als auch das Gesamtmodell an weiteren Daten getestet und daraufhin angepasst worden. Der Test des Pflanzenwachstumsmoduls litt jedoch unter dem besonderen Umstand, dass in beiden Untersuchungsjahren das Wetter den Reben extreme Trockenheit bescherte, so dass der erhobene Datensatz nur diesen extremen Bereich abbilden konnte. Das hatte zum einen den Vorteil, dass das Wuchsverhalten der Rebe bei Trockenheit interpretiert werden und entsprechende Hypothesen aufgestellt werden konnten, zum anderen konnten die Daten jedoch nicht wie geplant zur Beurteilung der Simulation des Wuchsverhaltens der Rebe bei normalen Wetterbedingungen herangezogen werden. Dieser Abschnitt der Modulvalidierung steht somit noch immer aus. Bei der Untersuchung des Mineralisationsverhaltens des Kompostes in der Kleinlysimeteranlage ließ sich erahnen, was sich später bei der Simulation der NDynamik auf verschiedenen Rebflächen bestätigen sollte: kurzeitige Effekte von mikrobiellen Prozessen wie Priming Effect und Immobilisierung können die NDynamik in einem Weinbergsboden so stark beeinflussen, dass das hypothetische Modell der N-Mineralisation überlagert wird. Das Modell, das keine Populationsdynamiken von an der N-Mineralisation beteiligten Mikroorganismen berücksichtigt, liefert hier keine akzeptablen Ergebnisse. Zwar ließ sich zeigen, dass in drei von vier Böden offensichtlich die langfristige N-Freisetzung aus dem Bioabfallkompost vom Modell gut beschrieben wird, jedoch werden zur Ableitung von Düngeempfehlungen im Weinbau zumeist kürzere Zeiträume in Betracht gezogen. Hier können mikrobielle Kurzzeiteffekte zu erheblichen Abweichungen in der N-Freisetzung oder -Festlegung führen, so dass eine Düngeberatung mit dem Modell seine Vorteile nicht mehr ausspielen kann. 90 Dazu kommt, dass in den Rebflächen, in denen mit einer permanenten oder mit einer saisonalen Begrünung gearbeitet wird, eine weitere Komponente dem System zugefügt wird, die starken Einfluss auf die N-Dynamik im Boden hat. Auch auf diesen Flächen ist eine Modellanwendung nicht ratsam. Diese alles in allem wenig zufrieden stellenden Erkenntnisse haben jedoch den weiteren Forschungsbedarf klar umrissen. Drei Eigenschaften fehlen dem Modell, um es erfolgreich zum Einsatz bringen zu können: die Fähigkeit, das Pflanzenwachstum unter allen erdenklichen Wettersituationen hinreichend genau zu beschreiben die Eigenschaft, das Wachstum mehrerer Pflanzen simultan zu simulieren, um das Abbild einer begrünten Rebfläche zu schaffen. das Vermögen, die Wachstumsdynamik der Zersetzergemeinschaften mit ihrem Einfluss auf die N-Dynamik abbilden zu können und Der erste Punkt ist einfach zu bewerkstelligen, sofern das Wetter mitspielt. Hier geht es vorrangig um die Erhebung weiterer Daten zum Rebwachstum an verschiedenen Standorten und Wachstumsdaten in verschiedenen wird die Wettersituationen. Erkenntnis steigern, Die welche Analyse Faktoren dieser für Wuchsreduktionen vorrangig verantwortlich sind und in welcher Weise die Rebe auf Wachstumslimitierung reagiert. Auch die zweite Eigenschaft des Modells ließe sich verwirklichen, sofern ausreichend Daten über die N-Dynamik in begrünten Rebflächen zur Verfügung stehen. Die Datenerhebung ist in beiden Fällen jedoch mit hohem Personalaufwand verbunden, da nur eine hohe Datendichte eine erfolgreiche Prozessanalyse möglich macht. Die Verbesserung des Modells hinsichtlich der dritten genannten Eigenschaft stellt jedoch eine größere Herausforderung dar. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Abbildung von mikrobiellen Populationsdynamiken im Boden nicht trivial ist. Zurzeit arbeiten mehrere Arbeitsgruppen an der Beschreibung des PrimingEffektes, wobei bis dato trotz erheblichen Forschungsaufwandes keine Erfolge zu verzeichnen sind. Es ist in absehbarer Zeit auch nicht zu erwarten, dass eine Modelllösung gefunden werden wird, deren Ansatz mit der einfachen Modellstruktur von NVINO 2.0 zu vereinbaren sein wird. Bis es also so weit ist, sollte die Forschung 91 am Simulationsmodell sich auf die beiden erstgenannten Eigenschaften konzentrieren. Die Erarbeitung eines zuverlässigen Pflanzenwachstumsmodells für die Rebe hat dabei nicht nur den Vorteil, dass sie durch die Weinbauforschung selbst gestemmt werden kann, sondern auch den, dass die Anwendung eines solchen Modells hinsichtlich Precision Viticulture und Schädlingsbekämpfung von Interesse ist. Es wird als Quintessenz aus dem vorgestellten Projekt vorgeschlagen, das Pflanzenwachstumsmodell sowie die N-Dynamik unter begrünten Rebflächen als Aufgabe anzugehen. D 2 SCHLUSSBETRACHTUNG Im Hinblick auf die Eingangs aufgeworfenen Fragestellungen bleibt abschließend festzuhalten, dass das Modell im Rahmen des weiterhin laufenden Biokompost-Ringversuchs im vierten, fünften und sechsten Jahr auf den verschiedenen Versuchsstandorten angewendet und seine Vorhersagegenauigkeit durch entsprechende Untersuchungen als teilweise ungenügend eingestuft wurde. das Modell im Hinblick auf die Sensitivität der Eingabeparameter getestet und ein einfach zu erhebender Parametersatz zur Eingabe erarbeitet wurde. durch einen Lysimeterversuch festgestellt wurde, dass eine sachgerechte Kompostdüngung auf Rebland nicht zu einer signifikanten Stickstoffbelastung des Sicker- und Grundwassers führt. vorgeschlagen wird, die Forschung in Richtung eines universellen Rebwachstumsmodells und eines Modells für die N-Dynamik in begrünten Rebflächen voranzutreiben. 92 D 3 FAZIT Die weiterführende Optimierung des Pflanzenwachstumsmoduls hat eine wesentliche Verbesserung der Simulationsleistung des Modells erwirkt. Besonders unter Trockenstress konnten die Modellabweichungen deutlich reduziert werden. Die Gesamtleistung des Pflanzenwachstumsmoduls ist jedoch noch immer nicht ausreichend und muss deshalb weiter verbessert werden. Traubentrester mineralisiert nicht nach dem klassischen kinetischen Modell. Hohe Polyphenolgehalte hemmen vermutlich den Beginn des Prozesses. Eine Anpassung des Modells wurde erarbeitet. Die im Modell verwendeten Parameter beschreiben auch in der zweiten Ausbringungsperiode das langfristige Mineralisationsverhalten des Kompostes überwiegend gut. Kurzfristige Dynamiken können jedoch nicht erfasst werden. Lysimeterstudien zeigen, dass bei sachgemäßer Anwendung auf Böden mit guten Wasserrückhaltevermögen kaum eine Gefahr für Nitratauswaschung nach Kompostzugabe besteht. Bei flachgründigen Böden oder Böden mit schwachem Retentionsvermögen kann es jedoch durchaus zu Nitratauswaschung kommen. Bei der Simulation der N-Dynamik auf verschiedenen Rebflächen leidet die Leistung des Modells Populationsdynamiken unter nicht der Tatsache, nachvollzogen dass werden mikrobielle können. Diese beeinflussen jedoch die N-Dynamik nach Kompostapplikation über alle Maßen. Die N-Dynamik unter begrünten Rebflächen kann mit dem Modell nicht beschrieben werden. Sie sollte Gegenstand zukünftiger Forschung sein. 93 E Literatur Abrahamsen,P., Hansen,S., 2000. Daisy: an open soil-crop-atmosphere system model. Environmental Modelling & Software 15, 313-330. Amico,V., Napoli,E.M., Renda,A., Ruberto,G., Spatafora,C., Tringali,C., 2004. Constituents of grape pomace from the Sicilian cultivar 'Nerello Mascalese'. Food Chemistry 88, 599-607. Baldwin,I.T., Olson,R.K., Reiners,W.A., 1983. Protein-Binding Phenolics and the Inhibition of Nitrification in Subalpine Balsam Fir Soils. Soil Biology & Biochemistry 15, 419-423. Benbi,D.K., Richter,J., 2002. 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