NVINO_Abschlussbericht

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______________________________________________________________________
Rheinland-Pfalz AgroScience GmbH
Institut für Agrarökologie
Breitenweg 71
67435 Neustadt/Weinstraße
ABSCHLUSSBERICHT
November 2005
Optimierung eines Simulationsmodells zur Stickstofffreisetzung aus
Biokompost im Weinbau auf die Belange der Praxis
PROJEKTINHABER
PD Dr. habil. Roland Kubiak
PROJEKTBEARBEITUNG
Dr. Stephan Reuter
Arbeitsgruppe Angewandte Standortökologie
Dr. Claas Nendel
Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) e.V., Abteilung für Modellierung
und Wissenstransfer
PD Dr. habil. Kurt-Christian Kersebaum
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Institut für
Landschaftssystemanalyse
BERICHTSZEITRAUM
01.06.2002 bis 30.05.2005
GEFÖRDERT DURCH
Forschungsring Deutscher Weinbau (FDW ) bei der DLG
Inhaltsverzeichnis
A
KURZFASSUNG
4
B
PLANUNG UND ABLAUF DER FORSCHUNGSARBEIT
5
B1
Einleitung
5
B2
Ziele der Arbeit
7
B 3 Versuchsaufbau und Rahmenbedingungen
B 3.1 Rahmenbedingungen
B 3.2 Der Ringversuch des Forschungsringes Deutscher Weinbau
B 3.3 Versuchsaufbau
B 3.4 Standorte
C
DURCHFÜHRUNG DER FORSCHUNGSARBEIT
C 1 Evaluierung des Pflanzenwachstumsmodells
C 1.1 Einleitung
C 1.2 Material und Methoden
C 1.3 Ergebnisse
C 1.4 Diskussion
C 1.5 Schlussfolgerung
Bestimmung der N-Mineralisationsparameter von Traubentrester durch in-vitro
Inkubation
C 2.1 Zusammenfassung
C 2.2 Einführung
C 2.3 Material und Methoden
C 2.4 Ergebnisse
C 2.5 Diskussion
C 2.6 Schlussfolgerung
7
7
8
9
10
14
14
14
14
19
27
29
C2
Test der N-Mineralisationsparameter von Bioabfall-kompost in einem
Freilandinkubationsexperiment (2. Aufbringung)
C 3.1 Material und Methoden
C 3.2 Ergebnisse
C 3.3 Diskussion
C 3.4 Schlussfolgerung
30
30
30
31
35
38
41
C3
Abschätzung der Grundwassergefährdung durch Nitrat aus Bioabfallkompost im
Lysimeterversuch
C 4.1 Material und Methoden
C 4.2 Ergebnisse
C 4.3 Diskussion
C 4.4 Schlussfolgerung
43
43
47
50
51
C4
52
52
53
54
56
C5
Erstellung eines Kataloges für die vereinfachte Erhebung von Eingabe-Parametern
57
C6
Implementierung des Modells in eine zeitgemäße Programmoberfläche
62
C 7 Simulation der N-Dynamik in Rebflächen des Kompost-Ringversuches
C 7.1 Einleitung
C 7.2 Ruppertsberg
66
66
68
2
C 7.3
C 7.4
C 7.5
C 7.6
C 7.7
C 7.8
D
E
Nierstein
Bad Kreuznach
Blankenhornsberg
Geisenheim
Beurteilung des Simulationserfolges
Zusammenfassende Diskussion
ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION UND AUSBLICK
71
74
77
79
85
86
89
D1
Das Modell NVINO 2.0 und seine Zukunft in der Düngeberatung
89
D2
Schlussbetrachtung
91
D3
Fazit
92
LITERATUR
93
3
A Kurzfassung
Ein Simulationsmodell zur Darstellung der Stickstoff-Dynamik in Rebflächen wurde
unter Revision genommen und weiter entwickelt. Anhand von Daten aus einer
zweijährigen Beobachtung des Rebwachstums an verschiedenen Standorten wurde das
Pflanzenwachstumsmodul erweitert um die Darstellung der Wuchsreduktion bei
Trockenstress.
Eine
geplante
Überprüfung
der
Simulationsleistung
unter
durchschnittlichen Wetterbedingungen konnte wegen extremer Witterung im
Untersuchungszeitraum nicht erfolgen. Das Spektrum der organischen Dünger zur
Verwendung im Modell ist durch die Parametrisierung von Traubentrester erweitert
worden. Es wurde festgestellt, dass Traubentrester nicht nach dem klassischen
kinetischen Modell mineralisiert, da vermutlich hohe Polyphenolgehalte den Prozess
hemmen. Eine Anpassung des Modells wurde erarbeitet. Die im Modell verwendeten
Parameter für Bioabfallkompost wurden in einem Kleinlysimeterexperiment überprüft
und für eine langfristige Darstellung als verwendbar befunden. Es wurde dabei
deutlich, dass kurzfristige Umsetzungsdynamiken nicht mit dem Modell erfasst
werden können. Weitere Lysimeterstudien haben gezeigt, dass bei sachgemäßer
Anwendung auf Böden mit guten Wasserrückhaltevermögen keine Gefahr für
Nitratauswaschung nach Kompostzugabe besteht. Bei flachgründigen Böden oder
Böden mit schwachem Retentionsvermögen kann es jedoch durchaus zu
Nitratauswaschung kommen. Insgesamt leidet die Leistung des verwendeten Modells
bei der Simulation der N-Dynamik auf verschiedenen Rebflächen unter der Tatsache,
dass mikrobielle Populationsdynamiken nicht nachvollzogen werden können.
Demnach weichen 58 % der vom Modell berechneten Nmin-Gehalte weiter vom
jeweiligen Messwert ab als die mittlere Standardabweichung der Messwerte im Raum.
Im Mittel unterschätzt das Modell an allen Standorten den beobachten Nmin-Gehalt im
Boden um 12,4 kg N ha-1 mit einer mittleren Standardabweichung von 36,2 kg N ha-1.
4
B Planung und Ablauf der Forschungsarbeit
B 1 EINLEITUNG
Im Weinbau hat sich die Humusersatzwirtschaft als Sicherung einer ausreichenden
Versorgung der bewirtschafteten Rebflächen mit organischer Substanz als besonders
wichtig
erwiesen.
Zwar
ist
der
Verlust
an
organischer
Substanz
im
Produktionskreislauf des Weinbaus in den meisten Fällen nicht besonders hoch, da
Laubschnitt, seneszente Rebblätter und das Holz des Rebschnitts im Weinberg
verbleiben sowie Traubentrester, Trub und Hefe als organische Abfallstoffe wieder in
die Rebfläche eingebracht werden, jedoch liegt der gewünschte Humusgehalt des
Weinbergbodens höher als durch die Menge im Kreislauf befindlicher organischer
Substanz erhalten werden könnte. Der positive Einfluss eines hohen Humusgehaltes
auf die physikalischen Eigenschaften des Bodens sind hier zumeist die treibenden
Argumente. Ein hoher Humusgehalt führt zu einem reich diversifizierten und aktiven
Bodenleben und somit zu einer guten Struktur des Bodens. Diese wiederum bedingt
ein erhöhtes Wasserrückhaltevermögen und auch eine verbesserte Elastizität des
Bodens. Die betriebsbedingte häufige Befahrung der Rebfläche kann somit dem
Boden weniger irreversible Schäden durch Kompaktierung und Sohlenbildung
zufügen.
Im Rahmen der Diskussion um die Verwertung sekundärer Abfallstoffe gemäß des
Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes (KrW/AbfG) vom 27.09.1994 wurde zum
Ende der 1990er Jahre Bioabfallkompost als Meliorationsmittel im Weinbau
propagiert. Auf diese Weise konnte mit vertretbarem Aufwand an Arbeit und Kosten
Humusersatzwirtschaft im Weinbau betrieben werden und gleichzeitig der
Kreislaufgedanke der Abfallwirtschaft unterstützt werden. Die Verbesserung der
physikalischen Eigenschaften des Bodens durfte jedoch nicht auf Kosten des
Nährstoffhaushaltes geschehen. Bioabfallkompost enthält eine verhältnismäßig große
Menge an für die Rebe relevanten Nährstoffen. Besonders kritisch sind dabei die
hohen Gehalte an Kalium und Phosphor zu sehen, da Weinbergsböden im
Allgemeinen bereits eine Versorgung im Luxusbereich dieser Nährstoffe aufweisen.
Die zum Ende der 1990er Jahre gültige Gesetzgebung sah jedoch für den Weinbau in
den meisten Fällen keine Restriktion vor, da ein großer Teil der Rebflächen in
5
Deutschland eine kleine Fläche von weniger als einem Hektar aufwiesen und somit
nicht unter das Regelwerk der Düngeverordnung fielen. Es war also im
Zusammenhang mit der im Jahre 1998 neu erlassenen Bioabfallverordnung
(BioAbfV) möglich, eine Menge Kompost von 30 t Frischmasse auf einen Hektar
Rebland aufzubringen, sofern die Gehalte an Schwermetallen im Kompost nicht die
dafür vorgesehenen Grenzwerte überschritten. Diese Aufbringungsmenge brachte
allerdings eine erhebliche Nährstofffracht in die Rebfläche ein. Besonders der
Stickstoff, der durch mikrobielle Tätigkeit im Boden in das hochmobile Nitrat
überführt wird, wurde hier einer besonderen Betrachtung unterzogen. Stickstoff, eines
der wichtigsten Nährelemente, liegt im Bioabfallkompost nicht in pflanzenverfügbarer
Form vor. Im Laufe der Zeit wird durch Mineralisation jedoch organisch gebundener
Stickstoff in seine mineralischen Formen umgewandelt und damit den Pflanzen
zugänglich
gemacht.
Die
Dynamik
dieser
Freisetzung,
die
von
den
Umweltbedingungen abhängt, war anfangs jedoch nur für ackerbauliche Agrarsysteme
untersucht, nicht jedoch für Rebflächen. Um diese Aufklärungsarbeit voranzutreiben
wurde im Jahre 1999 ein umfassender Ringversuch der Landeseinrichtungen der
Weinbauforschung initiiert. Dieser auf neun Jahre konzipiert Versuch beinhaltete die
Untersuchung der N-Dynamik auf acht ausgewählten Rebflächen in 4 Bundesländern ,
die
in
drei
Phasen
mit
jeweils
zwei
unterschiedlichen
Aufwandmengen
Bioabfallkompost gedüngt wurden. In einer innerhalb des Ringversuches angelegten
und vom Forschungsring des Deutschen Weinbaus finanzierten Doktorarbeit (siehe
dazu Nendel, 2002) wurden außerdem in umfassenden Labor- und Freilandstudien die
Parameter des N-Freisetzungsverhaltens von Bioabfallkompost untersucht und in ein
Simulationsmodell eingegliedert.
Das im Rahmen dieser Arbeit entstandene Simulationsmodell NVINO ist in der Lage,
die N-Dynamik in einer Rebfläche zu simulieren (Nendel und Kersebaum, 2004).
Auch der Effekt einer Kompostaufbringung im Weinberg kann mit dem Modell
nachvollzogen werden. Dabei hat sich herausgestellt, dass in Weinbergsböden ein
größerer Anteil des Kompost abgebaut wird als bisher aus Versuchen mit Ackerböden
abgeleitet wurde (Nendel et al., 2004), und dass die N-Nachlieferung von
Bioabfallkompost im Einfluss von in Weinbergen typischen Umweltbedingungen
6
somit erheblich höher sein kann als im Allgemeinen für Ackerstandorte angenommen
(Nendel et al., 2005).
Das Simulationsmodell NVINO wurde jedoch in der ersten Aufbringungsphase des
Ringversuches (1999 – 2002) speziell für die Simulation der Aufbringung von
Bioabfallkompost in Rebflächen konzipiert. Eine Anwendung in der allgemeinen
Düngeberatung im Weinbau war aufgrund von nicht evaluierten Programmteilen zum
Zeitpunkt des Projektabschlusses nicht denkbar. In einem Folgeprojekt sollte deshalb
die Tauglichkeit des Modells für die Anwendung in der Düngeberatung sichergestellt
werden.
B 2 ZIELE DER ARBEIT
In diesem Projekt sollen in direkter Nachfolge des ebenfalls vom Forschungsring des
Deutschen Weinbaus geförderten Projektes „Biokompostverwertung auf Rebflächen“
drei Aspekte herausgearbeitet werden:

Die Teile des Simulationsmodells NVINO, die bis dato nicht an im Feld
gemessenen Daten abgeglichen worden sind, sollen nun eingehend überprüft
werden.

Es sollen Wege gefunden werden, die Anwendung des bestehenden Modells zu
vereinfachen.

Die im Rahmen des weiter laufenden Ringversuches anfallenden Daten sollen
verwendet
werden,
um
Aussagen
über
langfristige
Effekte
einer
Bioabfallkompostaufbringung auf den N-Haushalt in Rebflächen machen zu
können.
B 3 VERSUCHSAUFBAU UND RAHMENBEDINGUNGEN
B 3.1 Rahmenbedingungen
Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes, das vom
Forschungsring Deutscher Weinbau (FDW) finanziert worden ist. Es stellt einen
Schwerpunkt im länderübergreifenden Ringversuch "Humusersatzwirtschaft im
Weinbau" dar, dessen Ziel die Erforschung der Auswirkungen der flächenhaften
Verwertung von Bioabfallkompost im Ökosystem Weinberg ist. An diesem
7
Ringversuch sind Forschungseinrichtungen aus 4 Bundesländern mit bedeutendem
Anteil an der bundesdeutschen Weinproduktion beteiligt: die Landesanstalt für
Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim für Bayern, die Staatliche Lehr- und
Versuchsanstalt für
Wein- und Obstbau Weinsberg sowie das Staatliche
Weinbauinstitut Freiburg für Baden-Württemberg, die Forschungsanstalt Geisenheim
für Hessen, und die Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalten (SLVA) Oppenheim,
Trier und Bad Kreuznach sowie die Staatliche Lehr- und Forschungsanstalt für
Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau Neustadt an der Weinstraße für RheinlandPfalz, die in 2003 in die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum Rheinhessen-NaheHunsrück, Mosel bzw. Rheinpfalz übergingen.
B 3.2 Der Ringversuch des Forschungsringes Deutscher Weinbau
Die grundlegenden Versuchsbedingungen der vorliegenden Arbeit sind durch das
Konzept des Ringversuches vorgegeben. Das betrifft zum einen die Auswahl der
Standorte, zum anderen die Wahl der zu untersuchenden Faktoren. Für den
Ringversuch wurde auf jeder Versuchsfläche Bioabfallkompost einer identischen
Charge aus einem Kompostwerk in Würzburg verwendet. Die Ausbringung erfolgte in
zwei Düngestufen mit den Aufwandmengen von 30 t ha-1 Trockenmasse (der derzeit
zulässigen Höchstmenge für einen Dreijahreszeitraum nach BioAbfV) und 50 t ha-1
Trockenmasse Kompost. Zusätzlich wurde eine Kontrollvariante angelegt, deren
Bearbeitung und Düngung betriebsüblich erfolgen sollte. Das bedeutet, die Düngung
erfolgt in mineralischer Form und kann aufgrund von standörtlichen Gegebenheiten
(Humusgehalt, Skelettgehalt, etc.) unterschiedlich ausfallen (üblicherweise werden 60
kg N ha-1 aufgewendet). Weitere Düngestufen, Komposte oder ähnliche Materialien
konnten im Ermessen der jeweiligen betreuenden Versuchsanstalt realisiert werden.
Die Versuchsanlage entspricht einem vierfach parallelen, vollständig randomisierten
Design (Abbildung B 3.1) auf Parzellen von 0,49 ha bis 0,62 ha Größe.
Der
Ringversuch ist angelegt auf einen Zeitraum von zunächst neun Jahren, in denen der
Bioabfallkompost in einem Rhythmus von drei Jahren in dreifacher Aufwandmenge
ausgebracht wird. Dieses Vorgehen ist in der Praxis des Weinbaus üblich und nach
BioAbfV zulässig. Das hier beschriebene Projekt umfasst hauptsächlich die zweite
Ausbringungsperiode von 2002 bis 2005.
8
1a
2b
3c
1d
2a
1b
2c
3d
3a
3b
1c
2d
Abbildung B 3.1: Schematische Anordnung der Versuchsparzellen im Ringversuch. Die
Realisierung kann von Ort zu Ort variieren. a-d: Parallelen, 1 = Nullvariante (ortsübliche
Düngung, meist 60 kg N ha-1), 2 = Kompostvariante nach BioAbfV (30 t ha-1 TM),
3 = Kompostvariante überhöht (50 t ha-1 TM).
B 3.3 Versuchsaufbau
Im Rahmen des Ringversuches konzentrierte sich die Forschung bei der RLP
AgroScience GmbH Neustadt a. d. W. zunächst auf die Ermittlung der
Stickstoffnachlieferung aus dem verwendeten Kompost und die N-Dynamik in mit
Bioabfallkompost gedüngten Rebflächen. Die gewonnenen Erkenntnisse sind in ein
Simulationsmodell eingeflossen, welches in der Lage ist, die N-Düngewirkung des
Bioabfallkompostes auf den jeweiligen Rebflächen nachzuvollziehen und zu
prognostizieren und somit als ein Instrument für die Düngeberatung im Weinbau
eingesetzt werden kann.
Dieses Simulationsmodell ist jedoch nur in eingeschränktem Maße evaluiert, so dass
ein flächendeckender Einsatz in Deutschland zunächst nicht empfehlenswert war. Um
das Modell einsatzfähig zu machen, sind in diesem Projekt weitere Module geprüft
worden. Zusätzlich wurde das Modell um grundlegende Eigenschaften erweitert. Im
Einzelnen wurden folgende Arbeitschritte durchgeführt:

Das Pflanzenwachstumsmodul des Modells wird anhand von Daten eines
zweijährigen Monitorings von Reben an drei Standorten evaluiert (Kapitel C 1).

Anhand eines Inkubationsexperimentes werden die Mineralisationseigenschaften
von Traubentrester bestimmt und für den Gebrauch im Modell parametrisiert
(Kapitel C 2).

Die Inkubation der Böden unter überwachten Freilandbedingungen legt offen, ob
die im Labor gewonnenen Parameter zur N-Mineralisation sich in die
Feldsituation übertragen lassen (Kapitel C 3).

Anhand eines Lysimeter-Versuches kann überprüft werden, ob durch die starke
Mineralisation des Bioabfallkompostes direkt nach der Aufbringung nennenswerte
9
Mengen an Stickstoff durch Auswaschung dem System verloren gehen (Kapitel C
4).

Die Eingabeparameter für das Modell sind einer kritischen Betrachtung
unterzogen worden hinsichtlich ihrer Sensitivität und Ersetzbarkeit (Kapitel C 5).

Für
den
Gebrauch
in
der
Praxis
hat
das
Modell
eine
zeitgemäße
Benutzeroberfläche bekommen (Kapitel C 6).

Anhand von Daten aus weiteren Feldexperimenten kann die Gesamtleistung des
Modells kritisch betrachtet werden (Kapitel C 7).
Abschließend werden die Ergebnisse der einzelnen Versuchsteile noch einmal im
Zusammenhang diskutiert und hinsichtlich der eingangs vorgestellten Zielsetzung
betrachtet.
B 3.4 Standorte
Während 4 der 8 Standorte für das vorausgegangene Projekt aus dem Ringversuch des
Forschungsringes Deutscher Weinbau nach bestimmten Kriterien ausgewählt worden
waren, finden jetzt Daten fast aller Standorte des Ringversuches Eingang in die
vorliegende
Untersuchung.
Die
Standorte
repräsentieren
die
größten
Weinanbaugebiete des Bundesrepublik Deutschland: Pfalz (Lage „Ruppertsberger
Linsenbusch“), Rheinhessen (Lage „Niersteiner Kranzberg“ und „Geisenheimer
Mäuerchen“), Nahe (Lage „Kreuznacher Kronenberg“), Mosel-Saar-Ruwer (Lage
„Wolfer Klosterberg“), Baden (Lage „Burghalde“) und Franken (Marktheidenfeld)
mit ihren typischen Substraten. Im Folgenden werden die Standorte detailliert
vorgestellt.
B 3.4.1 Ruppertsberg
Die Versuchsrebfläche (125 m üNN) des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum
(DLR) Rheinpfalz in Neustadt a. d. W. trägt die Bezeichnung "Mühlweg II" und ist
der Lage „Linsenbusch“ in der Gemarkung Ruppertsberg im Anbaugebiet Pfalz
zugeordnet. Die Fläche liegt ca. 2 km vom Rand der Haardt (Vorderpfälzer
Hügelland) in einer schwach ausgeprägten, in ostsüdöstlicher Richtung streichenden
Mulde im Rheintalgraben, begrenzt von je einer Wellenstruktur im Norden und im
Süden (sog. Riedel). Die Versuchsfläche selbst ist eben. Das geologische Ausgangssubstrat wird als pliocäne „weiße Sande“ angesprochen, welche in den quartären
Deckschichten am Haardtrand mosaikartig verteilt im Wechsel mit den sog.
10
Freinsheimer Schichten sowie den Geröllen und Sanden der Hochterrasse auftreten.
Weiter rheinwärts schließen Lössanwehungen der Böhler Lössplatte an. Durchbrochen
wird dieses Mosaik von linearen Strukturen ehemaliger Wasserfließwege, in denen
sich tonreichere Substrate wieder finden. In der Versuchsfläche dominieren tief
umgebrochene sandige Substrate mit einem Steinanteil von bis zu 15%, abnehmend in
nördlicher Richtung. Die ca. 0,5 ha große Anbaufläche ist bestanden mit 1998
gepflanztem Riesling, Klon N90 auf der Unterlage SO4, mit einer Gassenbreite von
1,90 m und einem Stockabstand von 1,10 m.
B 3.4.2 Nierstein
Die am Niersteiner Kranzberg gelegene Versuchsfläche (125 m üNN) des DLR
Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (hier die ehemalige SLVA Oppenheim) liegt ca. 1 km
westlich von Nierstein am Rhein. Der mit 15jährigem Riesling, Klon Weiß 21 auf
Binova, bestandene Hang im Anbaugebiet Rheinhessen ist südost-exponiert, parallel
bis schwach divergierend und wölbt sich konvex mit geringen Neigungswinkeln. Das
Ausgangssubstrat ist Löss, der sich mehrere Meter mächtig auf Sandstein des Oberen
Rotliegenden erhebt. Die Bodenbildung ist bis in eine Tiefe von 60 – 90 cm hinab zu
verfolgen, jedoch sind auch deutliche Spuren einer tiefgründigen Bearbeitung
ersichtlich. Die Gassenbreite beträgt 2,0 m und die Reben haben einen Abstand von
1,1 m.
B 3.4.3 Wolf
Südlich am Fuße der Ruine des Wolfer Klosters (205 m üNN) befindet sich die
Kompost-Versuchsfläche des DLR Mosel in Bernkastel-Kues. Die dem Anbaugebiet
Mosel-Saar-Ruwer zugeordnete Rebfläche stellt einen trapezförmigen Ausschnitt der
Südsüdostseite des Klosterberges dar. Er beginnt mit einer Seitenlänge von ca. 20 m
und einer Neigung von 12° wölbungsfrei am westlichen Ende, divergiert leicht, wobei
bei zunehmender Falllinienlänge sich eine konkave Wölbung einstellt, die am
östlichen Ende der Fläche von 5° bis 22° auf einer Länge von ca. 70 m reicht.
Verwitterungsmaterial aus unterdevonischem Hunsrückschiefer (Tonschiefer) bildet
das geologische Ausgangssubstrat der Bodenbildung. Der Steinanteil von ca. 40%
beeinflusst den Wasser- und Wärmehaushalt des tief bearbeiteten sandigen Lehms
11
nachhaltig. Die Rebfläche ist mit 1997 gepflanztem Riesling, Klon Gm 110 auf 5C,
mit einem Stockabstand von 1,3 m und einer Gassenbreite von 2,0 m bestanden.
B 3.4.4 Bad Kreuznach
Im Anbaugebiet Nahe hat das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach
eine Versuchsfläche (170 m üNN) der Lage „Kreuznacher Kronenberg“ zur
Verfügung gestellt. Der südsüdwest-exponierte, parallele bis schwach divergierende
Hang weist eine konkave Wölbung mit einer von ca. 10° im Hangfußbereich auf ca.
25° nach oben zunehmenden Böschung auf. Die am Fuß des Kronenbergs
anstehenden, rotviolett gefärbten Sand- und Tonsteine des Oberrotliegenden (NaheGruppe), die Sponheimer Schichten, bilden das Ausgangssubstrat für den hier
vorliegenden Rigosol. Die Korngrößenverteilung ist über den gesamten Hang als
homogen anzusehen. Die Versuchsfläche ist 0,616 ha groß und bepflanzt mit Riesling,
Klon Tr 356 auf 5BB, aus dem Jahre 1988 mit einem Standraum von 2,0 x 1,3 m.
B 3.4.5 Blankenhornsberg
Die 0,2 ha große Versuchsfläche des Staatlichen Weinbauinstitutes in Freiburg i. Br.
befindet sich auf der Lage „Burghalde“ bei Blankenhornsberg im Bereich Kaiserstuhl
auf einer Höhe von etwa 250 m üNN. Der Blaue Spätburgunder aus dem Jahr 1974
steht im Abstand von 1,7 m in Gassen von 1,4 m Breite auf einem humusarmen,
tiefgründigen, geschobenen Löß (Bodenart: sandiger Schluff), der sich durch eine
basische Bodenreaktion ausweist (pH 7,7 – 8,2). In den Gassen der ebenen
Versuchsfläche wurden jeweils zum Winter Leguminosen eingesät.
B 3.4.6 Marktheidenfeld
Die Kompostcharge der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim
ist auf einer Versuchsfläche in Marktheidenfeld aufgebracht worden. Der
flachgründige schluffige Lehmboden der Lage Kreuzberg besteht aus schwach
verwittertem Material des anstehenden unteren Muschelkalks und enthält etwa 20%
Skelettanteil. Die auf 200 -220 m üNN gelegene Fläche ist 29-40% geneigt, südsüdwestlich exponiert und mit Silvaner Klon 92 auf SO4 aus dem Jahre 1983 bestockt.
Der Pflanzabstand beträgt 2,0 x 1,3 m
12
B 3.4.7 Geisenheim
Die Versuchsfläche der FA Geisenheim befindet sich in der Lage Geisenheimer
Kläuserweg. Dort steht auf 0,5 ha Weißer Riesling Klon 198 auf 5C aus dem Jahre
1977. Der Standraum der Reben beträgt 2,0 x 1,3 m.
13
C Durchführung der Forschungsarbeit
C 1 EVALUIERUNG DES PFLANZENWACHSTUMSMODELLS
C 1.1 Einleitung
Der Stickstoffhaushalt in einer Rebfläche wird in großem Maße durch den Entzug
durch die Rebwurzel bestimmt. Die Rebe nimmt in jedem Jahr witterungsbedingt
zwischen 50 und 90 kg N ha-1 aus dem Boden auf. Das zeitliche Entnahmemuster
richtet sich nach den Wachstums- und Entwicklungsphasen der Rebe, das räumliche
Entnahmemuster nach der Verteilung der Rebwurzeln im Boden. Die entsprechenden
Parameter für die Modellierung der N-Aufnahme durch die Rebe sind im
Vorgängerprojekt aus Literaturangaben geschätzt worden. Da jedoch keine
ausreichenden Messdaten für das Rebwachstum zur Verfügung standen, stand für
diesen Modellteil noch eine Überprüfung an. Daher wurden in den Jahren 2003 und
2004 detaillierte Messungen der Dynamik des Pflanzenwachstums an Reben dreier
Standorte vorgenommen.
C 1.2 Material und Methoden
C 1.2.1 Datenerfassung
In den Jahren 2003 und 2004 wurde an den Standorten Ruppertsberg, Nierstein und
Bad Kreuznach der komplette Zuwachs von je 10 Reben in 5 unterschiedlichen
Wachstumsstadien (Vorblüte, Fruchtansatz, Traubenschluss, Reifebeginn und
Lesereife) abgeerntet. Insgesamt wurden von 100 Rebstöcken die Blättern, Gescheine,
Triebachsen, Geiz- und Gipfeltriebe getrennt erfasst und deren Trockenmassen
bestimmt. Außerdem wurden die Blattflächen der jeweiligen Reben gemessen und am
Standort Neustadt wurden zusätzlich von 3 der jeweils 10 Reben die Frischmasse aller
Einzelkomponenten erfasst. Parallel zur Rebernte wurden Bodenproben aus 0-30 und
30-60 cm Tiefe entnommen und die Wasser- und Nmin-Gehalte analysiert.
C 1.2.2 Das Modell
Für die in diesem Projekt durchgeführten Simulationen ist das Modell NVINO von
Nendel und Kersebaum (2004) verwendet worden. Es basiert auf dem Modell
HERMES von Kersebaum (1989), geschrieben für Ackerstandorte unter typischen
14
norddeutschen Fruchtfolgen. Es berücksichtigt stickstoffumsetzende Prozesse wie
Mineralisation und Denitrifikation, Stickstofftransport in der Wasserphase sowie die
Wasser- und N-Aufnahme durch Pflanzen.
Die Wasserbilanz wird in NVINO auf der Grundlage eines Kapazitätsmodells mit
Schichten von 10 cm Mächtigkeit erstellt. Die Kapazitätsparameter Wassergehalt bei
Feldkapazität FK und Wassergehalt am Permanenten Welkepunkt PWP werden dabei
aus der Bodenart nach der Bodenkundlichen Kartieranleitung (AG Bodenkunde 1994)
abgeleitet und anhand von Humusgehalt und Lagerungsdichte modifiziert. Im
Zusammenhang mit dem Grundwasserflurabstand wird zusätzlich der kapillare
Aufstieg des Wassers einbezogen. Die potentielle Evapotranspiration (PET) wird
empirisch nach Haude (1954) unter Verwendung von pflanzenspezifischen
Koeffizienten von Heger (1978) ermittelt. Mit Hilfe eines über den Blattflächenindex
berechneten Korrekturfaktors nach Goudriaan (1977) kann die aktuelle Evaporation
vom
Wassergehalt
der
obersten
Bodenschicht
abgeleitet
werden.
Die
Berücksichtigung der aktuellen Transpiration erlaubt über die Verwendung einer
Wurzelverteilungsfunktion und der kalkulierten Wurzellängendichte die Simulation
der Wasserentnahme direkt aus den unteren Bodenschichten.
Auf Grundlage der Wasserbewegung im Boden wird der Transport von Nitrat
simuliert. Dabei wird die Konvektions-Dispersions-Gleichung
δθc δ 
δc  δqc
 θ D  
P
δt δz 
δz  δz
(Gleichung C 1.1)
mit dem Wassergehalt , der Nitratkonzentration in der Bodenlösung c und dem
Wasserfluss q verwendet. P bezeichnet mögliche Quellen und Senken in der Bilanz.
Der effektive Dispersionskoeffizient D bringt die Diffusion und die hydrodynamische
Dispersion ein:
q
(Gleichung C 1.2),
θ
wobei D0 den Diffusionskoeffizienten für Nitrat in Wasser,  die Tortuosität und Dv
D  τ 1 D 0  D v
den Dispersionsfaktor bezeichnet.
Die N-Mineralisation der organischen Substanz des Bodens wird in NVINO nach
einem Mineralisationsmodell berechnet, welches auf die grundlegenden Arbeiten von
15
Molina (Molina et al. 1980) und Richter (Richter et al. 1980, Nuske und Richter
1981) zurückgeht. Dabei wird die aktive organische Substanz in zwei Fraktionen
unterteilt,
deren
unterschiedliche
Abbauresistenz
mit
verschiedenen
von
Bodentemperatur und -feuchte abhängigen Umsatzkoeffizienten beschrieben wird.
Der Beschreibungsansatz mit einer einfachen Doppelexponentialfunktion



Nt   Nfast  1 - e kfast t  Nslow  1 - e kslowt

(Gleichung C 1.3)
mit N(t) = zur Zeit t mineralisierten Stickstoff, Nfast = schnell abbaubaren N-Fraktion,
kfast = Abbaukoeffizient
der
schnell
abbaubaren
N-Fraktion,
Nslow = langsam
abbaubaren N-Fraktion und kslow = Abbaukoeffizient der langsam abbaubaren NFraktion, ermöglicht eine einfache Bestimmung der benötigten Parameter im
Laborversuch (siehe dazu Nendel et al., 2004). Die langsam abbaubare Fraktion der
bodenbürtigen organischen Substanz wird nach Nendel et al. (2005) mit 17 % des NGesamtgehaltes in Weinbergsböden abgeschätzt. Die Temperaturabhängigkeit der NMineralisation wird über eine Arrhenius-Funktion unter Verwendung von Parametern,
die
Nordmeyer
und
Richter
(1985)
ableiten
konnten,
realisiert.
Der
Bodenfeuchteeinfluss wird in Form einer Reduktionsfunktion von Myers et al. (1982)
berücksichtigt.
Der Prozess der Denitrifikation war im ursprünglichen HERMES-Modell noch nicht
enthalten. Seine nachträgliche Berücksichtigung durch ein Submodell von Richter und
Söndgerath (zitiert in Schneider 1991) ist bei Kersebaum (1995) beschrieben.
NVINO beinhaltet weiterhin ein Pflanzenwachstums-Submodell auf der Basis von
SUCROS (van Keulen et al. 1982). Dieses Submodell, das die Wasser- und Stickstoffentnahme aus dem Boden über den Bedarf der wachsenden Trockenmasse steuert,
lässt sich allein durch die Verwendung verschiedener Parametersätze auf eine Vielzahl
von Ackerfrüchten und Gründüngungsvarianten anwenden. Die entsprechende
Parametrisierung für Vitis vinifera wurde bei Nendel und Kersebaum (2004)
vorgenommen. Das Pflanzenwachstumsmodul bedurfte außerdem noch einer
Anpassung an die Umstände einer mehrjährig wachsenden Pflanze. Dazu mussten die
Wurzelwachstumsfunktion sowie die Verteilung der Assimilationsprodukte auf
verschiedene Pflanzenorgane modifiziert werden (Nendel und Kersebaum, 2004). Die
16
Einteilung der Entwicklungsphasen der Rebe im Modell ist wie folgt definiert (Tabelle
C 1.1).
Tabelle C 1.1: Definition der Entwicklungsphasen für Vitis vinifera in NVINO.
Phase
Entwicklungsstadien
BBCHCode
1
Ruhephase
bis Austrieb
00 – 10
2
Austrieb
bis Blühbeginn
10 – 61
3
Blühbeginn
bis Fruchtansatz
61 – 71
4
Fruchtansatz
bis Veraison
71 – 85
5
Veraison
bis Lesereife
85 – 89
6
Seneszenz
89 – 97
Eine detaillierte Beschreibung der Grundfunktionen von HERMES findet sich bei
Kersebaum (1989, 1995). Die NVINO-Version 1.0 ist ausführlich bei Nendel (2002)
beschrieben.
C 1.2.3 Änderungen am Modell im Laufe der Forschungsarbeit
Im Zuge der Evaluierung des Pflanzenwachstumsmodells wurde deutlich, dass einige
grundlegende Änderungen des Modells notwendig wurden. Die Umsetzung der
Änderungen hin zur Modellversion 2.0 wird im Folgenden beschrieben:
C 1.2.3.1 Anpassung der Partitionierungsmatrix der Nettoprimärproduktion
Durch visuelle Parameteranpassung an die im Feld gemessenen Daten des
Rebwachstums wurden einige kritische Parameter in der Partitionierungsmatrix der
Nettoprimärproduktion verändert. Dabei wurde der Anteil der Beere im Stadium 4 der
Entwicklung verringert und dafür im Stadium 5 stark erhöht. Darüber hinaus wurden
17
kleinere Anpassungen an den Kompartimenten Blatt und Trieb vorgenommen. Die
Kompartimente Holz und Wurzel wurden nur geringfügig verändert. Die daraus
entstandene Partitionierungsmatrix ist Tabelle C 1.2 zu entnehmen.
Tabelle C 1.2: Parameter der Partitionierungsmatrix. Angaben der Verteilung der PPN zu
Beginn der jeweiligen Phase in [%].
Phase
Wurzel
Blatt
Trieb
Beere
Holz
1
0
40
60
0
0
2
2
40
54
1
3
3
3
30
40
22
5
4
6
15
22
50
7
5
1
6
8
80
5
6
45
5
5
0
45
C 1.2.3.2 Einführung einer stressabhängigen Partitionierungsmatrix
Die Partitionierung der Nettoprimärproduktion wurde in Abhängigkeit vom
Wasserangebot gestellt. Wenn noch vor Erreichen des Fruchtansatzes Stress in Form
von Wassermangel eintritt, wird von der Nettoprimärproduktion 50% einem
Assimilatspeicher zugeführt. Wenn die Pflanze bereits die Phase der Veraison erreicht
hat, werden unter Stressbedingungen den Beeren täglich 4% der Assimilate aus
diesem Reservespeicher zugeführt.
C 1.2.3.3 Berücksichtigung des Anschnitts bei der Saisonvorbereitung
Die Wahl der Augenzahl der Bogrebe hat erheblichen Einfluss auf die Wuchsleistung
der Rebe. Diesem Umstand wurde Rechnung getragen, in dem die Partitionierung der
Assimilate in Abhängigkeit von der angegebenen Augenzahl im Winteranschnitt
modifiziert wird. Dabei werden ein Standraum von 1,90 x 1,10 m und eine
durchschnittliche Augenzahl von 9 als Bezugsgrößen hinterlegt. Die Veränderung der
Partitionierung erfolgt in Relation dazu.
C 1.2.4 Gütekriterium zur Beurteilung des Simulationserfolges
Die Berechnung eines Gütekriteriums der Simulation muss in diesem Falle unter
Berücksichtigung
der
Abhängigkeit
der
Varianz
der
Messwerte
vom
Probenahmetermin erfolgen. Die Summe der Fehler der Simulation kann deshalb nicht
18
in Bezug zur Summe aller Messfehler gesetzt werden. Da jede Beobachtung dem
Mittelwert von zehn Messwerten entspricht, kann jeweils eine Varianz angegeben
werden. Diese Varianz fließt in das Gütekriterium GK ein, derart dass
n
GK 

i 1
Pi  O i 2
S O2
(Gleichung C 1.4)
n
mit Pi = den simulierten und Oi = den beobachteten Werten, n = der Anzahl der
2
Beobachtungen und SO
= der Varianz der Messwerte.
C 1.3 Ergebnisse
C 1.3.1 Klimatische Bedingungen im Untersuchungszeitraum
Klimatisch gesehen war das Jahr 2003 ein außergewöhnliches Jahr. An allen
Standorten wurde die Jahresdurchschnittstemperatur um mindestens ein Grad
überschritten. In der Vegetationsperiode wurden durchschnittlich sogar bis zu drei
Grad Celsius über der Durchschnittstemperatur für diesen Zeitraum gemessen. Damit
einher ging eine extreme Trockenheit, die sich besonders in Rheinhessen und der
Pfalz mit einem Niederschlagsaufkommen von nur zwei Dritteln des durchschnittlich
fallenden Niederschlags bemerkbar machte. Die Niederschlagsarmut betraf nicht nur
die Vegetationsperiode, sondern auch im Frühjahr mussten starke Einbußen der
natürlichen Wasserzufuhr hingenommen werden. An der Station Neustadt an der
Weinstraße wurden im Februar und März 2003 nur 17 mm Niederschlag aufgefangen.
Das bedeutete, dass bereits zu beginn des Austriebs die Wasservorräte im Boden
entscheidend reduziert worden waren. Die nachfolgende extreme Hitze in den
Sommermonaten führte zu einer rechnerischen klimatischen Wasserbilanz von
- 347 mm am Standort Neustadt an der Weinstraße.
Das nachfolgende Jahr ist nach den erfassten Daten eigentlich als durchschnittliches
Jahr anzusprechen. Die Temperatur im Jahresdurchschnitt lag zwar oberhalb des
langjährigen
Mittels
an
allen
untersuchten
Standorten,
jedoch
wich
die
Niederschlagsmenge zumindest in der Vegetationsperiode kaum vom langjährig
gemessenen Durchschnittswert ab. Im Detail zeigt sich jedoch, dass das Wasserdefizit
des vorausgegangenen Jahres nicht ausgeglichen werden konnte. Besonders
19
entscheidend war wiederum ein extrem trockenes Frühjahr, in dem von Februar bis
April 87 mm Niederschlag am Standort Neustadt an der Weinstraße, 73 mm am
Standort Bad Kreuznach und nur 56 mm am Standort Nierstein fielen. Die
Bodenwasservorräte waren also auch zu Beginn des Rebaustriebs 2004 bereits völlig
erschöpft. Der tiefgründige Lößboden des Standortes Nierstein wies zu diesem
Zeitpunkt nur noch einen durchschnittlichen Wassergehalt von 11% bezogen auf die
Trockenmasse auf.
Tabelle C 1.3: Klimatische Bedingungen an den untersuchten Standorten im Vergleich zum
langjährigen Mittel für 2003 und 2004. TA200 = mittlere Tageslufttemperatur in 2 m Höhe,
NN = Niederschlag.
Jahresdurchschnitt
TA200
NN
°C
mm
11,2
439
11,0
609
10,1
643
Vegetationsperiode*
TA200
NN
°C
mm
19,4
199
17,6
320
16,7
297
Neustadt
2003
2004
Langjähriges Mittel#
Nierstein
2003
2004
Langjähriges Mittel§
11,3
10,4
10,2
314
478
534
19,7
17,1
17,2
155
292
276
Bad Kreuznach
2003
2004
Langjähriges Mittel$
11,0
10,3
9,5
404
467
512
19,1
16,9
16,1
193
253
258
*
Mai – September
#
1970 -1999
§
1961 – 1990
$
1951 - 1980
C 1.3.2 Messung des Rebwachstums im Feld
Die klimatischen Bedingungen im Untersuchungszeitraum spiegelten sich auch im
Pflanzenwachstum wider. Besonders die extreme Trockenheit im Jahre 2003 führte an
den Standorten Nierstein und Bad Kreuznach zu einem verhältnismäßig geringen
Wachstum. Das Blattwachstum kam bereits Ende Juli fast völlig zum Erliegen und
auch die Triebe zeigten nicht die Zuwachsraten, die an den Standorten üblicherweise
zu beobachten sind. Das Wachstum der Beeren wurde jedoch nicht so stark durch die
Trockenheit vermindert. Die Erntemengen lagen mit 119 dt Frischmasse in Nierstein
und mit 95 dt Frischmasse in Bad Kreuznach jedoch unter dem üblichen Ertrag.
Einzig am Standort Ruppertsberg wurden mit 180 dt Frischmasse eine ungewöhnlich
hohe Erntemenge eingefahren. Hier zeigte sich auch keine Reduktion im
20
Triebwachstum während des Sommers 2003. Lediglich das Laubwachstum wurde
durch die Trockenheit deutlich verringert.
Ein ähnliches Bild zeigte sich im darauf folgenden Jahr 2004. Dabei setzte die
Wachstumsreduktion der vegetativen Pflanzenorgane bereits sehr früh in der Saison
ein und viel insgesamt noch stärker aus als im Vorjahr. Am Standort Bad Kreuznach
konnte schon nach der Blüte kein nennenswerter Blattmassenzuwachs mehr
beobachtet werden. Im Unterschied dazu verzeichnete der Standort Ruppertsberg
nochmals hohe Zuwachsraten und übertraf mit einer Erntemenge von 215 dt
Frischmasse das Resultat des Vorjahres.
In den nachfolgenden Tabellen ist eine Übersicht über die Probenahmetermine
(Tabelle C 1.4) sowie die Resultate der Trockenmassen-Bestimmung der Reborgane
an den untersuchten Standorten (Tabelle C 1.5 bis Tabelle C 1.7) gegeben.
Tabelle C 1.4: Zeitschema zur Entnahme der Reborgane.
Austrieb
Blüte
Neustadt a.d.W.
Nierstein
Bad Kreuznach
04. Juni
05. Juni
11. Juni
17. Juni
23. Juni
25. Juni
Neustadt a.d.W.
Nierstein
Bad Kreuznach
15. Juni
21. Juni
21. Juni
30. Juni
12. Juli
12. Juli
Fruchtansatz
2003
08. Juli
14. Juli
16. Juli
2004
23. Juli
28. Juli
28. Juli
Veraison
Lesereife
04. August
08. August
08. August
08. September
11. September
11. September
23. August
25. August
25. August
29. September
07. Oktober
07. Oktober
Tabelle C 1.5: Durchschnittliche Trockenmassen der einzelnen Reborgane pro Pflanze,
gemessen am Standort Neustadt an der Weinstraße (n = 10).
2003
2004
Triebe
Blätter Gescheine
Triebe
Blätter Gescheine
––––––––––––––––––––––––––– TM [g] ––––––––––––––––––––––––––––
Austrieb
Blüte
Fruchtansatz
Veraison
Lesereife
96 ± 15
160 ± 28
262 ± 68
332 ± 94
342 ± 71
85 ± 23
129 ± 26
192 ± 56
205 ± 60
199 ± 29
9±2
31 ± 9
172 ± 40
314 ± 66
757 ± 126
109 ± 23
174 ± 30
278 ± 82
376 ± 85
490 ± 139
100 ± 12
135 ± 23
187 ± 43
188 ± 38
249 ± 43
16 ± 4
27 ± 9
182 ± 62
300 ± 88
898 ± 236
21
Tabelle C 1.6: Durchschnittliche Trockenmassen der einzelnen Reborgane pro Pflanze,
gemessen am Standort Nierstein (n = 10).
2003
2004
Triebe
Blätter Gescheine
Triebe
Blätter Gescheine
––––––––––––––––––––––––––– TM [g] ––––––––––––––––––––––––––––
Austrieb
Blüte
Fruchtansatz
Veraison
Lesereife
87 ± 18
157 ± 32
189 ± 38
263 ± 54
265 ± 60
71 ± 10
127 ± 26
145 ± 29
160 ± 20
149 ± 32
7±1
53 ± 13
149 ± 36
224 ± 25
523 ± 89
87 ± 28
117 ± 38
146 ± 30
177 ± 78
205 ± 50
83 ± 21
105 ± 21
137 ± 22
137 ± 32
138 ± 28
13 ± 4
70 ± 24
154 ± 36
237 ± 54
566 ± 146
Tabelle C 1.7: Durchschnittliche Trockenmassen der einzelnen Reborgane pro Pflanze,
gemessen am Standort Bad Kreuznach (n = 10).
2003
2004
Triebe
Blätter Gescheine
Triebe
Blätter Gescheine
––––––––––––––––––––––––––– TM [g] ––––––––––––––––––––––––––––
Austrieb
Blüte
Fruchtansatz
Veraison
Lesereife
98 ± 22
185 ± 44
238 ± 52
327 ± 87
336 ± 100
105 ± 14
181 ± 27
232 ± 33
251 ± 44
233 ± 48
8±3
49 ± 17
165 ± 51
266 ± 89
493 ± 121
96 ± 28
139 ± 41
174 ± 29
192 ± 40
329 ± 84
79 ± 16
114 ± 35
128 ± 26
121 ± 36
141 ± 24
12 ± 2
39 ± 12
128 ± 28
159 ± 41
528 ± 167
Tabelle C 1.8: Durchschnittliche Blattfläche und spezifisches Blattgewicht pro Pflanze,
gemessen am Standort Neustadt an der Weinstraße (n = 10).
2003
Austrieb
Blüte
Fruchtansatz
Veraison
Lesereife
2004
Blattfläche
m2
spez.
Blattgewicht
kg m-2
Blattfläche
m2
spez.
Blattgewicht
kg m-2
1,6 ± 0,3
2,1 ± 0,4
2,8 ± 0,7
2,4 ± 0,7
2,4 ± 0,3
0,055
0,062
0,068
0,093
0,083
1,7 ± 0,3
2,0 ± 0,4
2,8 ± 0,6
2,3 ± 0,5
2,9 ± 0,5
0,058 ± 0,005
0,067 ± 0,005
0,067 ± 0,005
0,082 ± 0,015
0,085 ± 0,006
22
C 1.3.3 Simulation des Rebwachstums
Die Simulation des Rebwachstums ist für alle drei untersuchten Standorte
vorgenommen worden. Dabei wurden zunächst vier Jahre vor Beginn des
Untersuchungszeitraums simuliert um das Modell zu initialisieren. Die Simulationen
mit dem vorgestellten Modell werden auf der Grundlage der im Rahmen des
Ringversuches ermittelten bodenphysikalischen Kenndaten (Nendel, 2002) sowie der
im Laufe des Messprogramms des Agrarmeteorologischen Messnetzes RheinlandPfalz an den Stationen Neustadt-Mußbach (für Ruppertsberg), Dienheim (für
Nierstein) und Bad Kreuznach erhobenen Daten durchgeführt. Das tägliche
Sättigungsdefizit wurde aus der Tagesmitteltemperatur in 2 m Höhe und der relativen
Luftfeuchte nach Weischet (1991) berechnet.
C 1.3.3.1 Blattwachstum
Im Verlauf des Blattaufwuchses bekommt die Blattmasse zu Beginn der
Temperatursummenbildung einen Startwert zugeordnet. Dieser Startwert ist darin
begründet, dass die Rebe im vorliegenden Modell nicht in der Lage ist, die für den
Austrieb notwendige Energie aus den eingelagerten Reservestoffen zu entnehmen. Es
wird daher ein bereits entwickeltes Blattpaar zur Energieversorgung vorgegeben.
Zu den in der Steuerdatei vorgegebenen Terminen wird ein Trieb- und
Blattrückschnitt durchgeführt („Gipfeln“), welcher sich in einer kurzzeitigen
Blattmassenreduktion äußert.
Mit Eintritt in die Entwicklungsphase 5 (Veraison bis Lesereife) wird dem Organkompartiment „Blatt“ eine Sterberate zugeordnet. Dieser Faktor, der den beginnenden
Blattfall zum Ende der Vegetationsperiode simuliert, überlagert das noch immer
währende Wachstum der Blätter. Dieser Effekt verursacht eine Steigungsumkehr in
der Trockenmasseentwicklung zum Frühherbst. In der Seneszenzphase, in der die
Sterberate für das Organkompartiment „Blatt“ auf einen höheren Wert gesetzt wird
und die Verteilungsmatrix der PPN für dieses Kompartiment nur noch 5 % vorsieht,
nimmt die Blatttrockenmasse bis zum Nullwert ab und beschreibt somit den
herbstlichen Blattabwurf der Rebe.
23
C 1.3.3.2 Trieb- und Beerenwachstum
Auch im simulierten Triebwachstum
machen
sich
die
sommerlichen
Schnittmaßnahmen in einer punktuellen Massenreduktion bemerkbar. Der Aufwuchs
ist
ansonsten
stetig.
Die
Überlagerung
der
sich
verschlechternden
Wachstumsbedingungen im Herbst und der reduzierten Zuteilung der Assimilate an
die Triebe ab Entwicklungsphase 4 führt zu einer Verlangsamung des Zuwachses, der
mit Eintritt in die Seneszenzphase schließlich zum Erliegen kommt. Zum
vorgegebenen Termin im Winter werden die Triebe der Rebe bis auf die Bogrebe
zurückgeschnitten, was sich in der Nullsetzung des Kompartimentwertes ausdrückt.
Das Beerenwachstum beginnt mit dem Fruchtansatz nach Abschluss der Blüte
(Entwicklungsphase 4). Der hohe Prozentsatz an zugeteilter Nettoprimärproduktion
(PPN) lässt die Beeren zügig wachsen, so dass im Spätherbst die Beerentrockenmasse
den größten Anteil an der Gesamtmasse der annuellen Pflanzenteile stellt.
C 1.3.3.3 Trockenstress
Für die Ermittlung des Trockenstress der Rebe wird im Modell der Quotient zwischen
aktueller und potenzieller Evapotranspiration verwendet. Aus dem Verhältnis des
Quotienten zu einem definierten Schwellenwert berechnet sich ein Reduktionsfaktor,
der auf die Trockenmasseproduktion angewendet wird. Zur Visualisierung des
Trockenstress wird dieser Faktor in den Folgenden Abbildungen eingefügt. Die
Pflanze hat keinen Trockenstress, wenn der Reduktionsfaktor 1,0 beträgt. Am
Standort Ruppertsberg hat demnach nur im Hochsommer des Jahres 2003 die Rebe
kurzeitigen Trockenstress erfahren, während am Standort Nierstein die Trockenheit
eine länger währende moderate Beeinträchtigung verursacht hat. Im Jahr 2004 treten
die klimatischen Voraussetzungen für Trockenstress am Standort Nierstein bereits im
Februar auf und halten das gesamte Jahr auf einem geringen Niveau an. Die Rebe am
Standort Bad Kreuznach hat demnach so stark unter Trockenheit gelitten, dass das
Wachstum der Rebe teilweise vollständig zum Erliegen gekommen sein muss. Auch
hier beginnt der Stress bereit wieder im Februar und hält bis Ende des Jahres 2004 an,
jedoch auf stärkerem Niveau als am Standort Nierstein.
24
5000
0.8
0.6
0.4
-1
Trockenmasse [kg ha ]
4000
0.2
3000
0.0
Reduktionsfaktor Trockenstress
1.0
2000
1000
0
10/04/2003
19/07/2003
27/10/2003
Trieb gemessen
Trieb simuliert
04/02/2004
14/05/2004
Beere gemessen
Beere simuliert
22/08/2004
30/11/2004
Blatt gemessen
Blatt simuliert
1.0
5000
0.8
0.6
0.4
-1
Trockenmasse [kg ha ]
4000
0.2
3000
0.0
Reduktionsfaktor Trockenstress
Abbildung C 1.1: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am
Standort Bad Kreuznach. (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die
Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 1.0
durchgeführt.
2000
1000
0
10/04/2003
19/07/2003
27/10/2003
Trieb gemessen
Trieb simuliert
04/02/2004
14/05/2004
Beere gemessen
Beere simuliert
22/08/2004
30/11/2004
Blatt gemessen
Blatt simuliert
Abbildung C 1.2: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am
Standort Neustadt a.d.W. (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die
Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 2.0
durchgeführt.
25
5000
0.8
0.6
0.4
-1
Trockenmasse [kg ha ]
4000
0.2
3000
0.0
Reduktionsfaktor Trockenstress
1.0
2000
1000
0
10/04/2003
19/07/2003
27/10/2003
Trieb gemessen
Trieb simuliert
04/02/2004
14/05/2004
Beere gemessen
Beere simuliert
22/08/2004
30/11/2004
Blatt gemessen
Blatt simuliert
1.0
5000
0.8
0.6
0.4
-1
Trockenmasse [kg ha ]
4000
0.2
3000
0.0
Reduktionsfaktor Trockenstress
Abbildung C 1.3: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am
Standort Nierstein (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die
Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 2.0
durchgeführt.
2000
1000
0
10/04/2003
19/07/2003
27/10/2003
Trieb gemessen
Trieb simuliert
04/02/2004
14/05/2004
Beere gemessen
Beere simuliert
22/08/2004
30/11/2004
Blatt gemessen
Blatt simuliert
Abbildung C 1.4: Gemessener und simulierter Trockenmasseaufwuchs von Reben am
Standort Bad Kreuznach (n = 10). Der Reduktionsfaktor zeigt an, zu welchem Zeitpunkt die
Wasserversorgung der Rebe nicht optimal ist. Die Simulation wurde mit NVINO 2.0
durchgeführt.
26
C 1.4 Diskussion
Für die Evaluierung des Pflanzenwachstumsmoduls liegen Daten aus zwei Jahren vor,
deren klimatische Bedingungen als außergewöhnlich einzustufen sind. Die extreme
Trockenheit und Hitze des Jahres 2003 und das anschließende niederschlagsarme
Frühjahr des Jahre 2004 haben die Reben stark beeinträchtigt. Dies war an den starken
Wuchsreduktionen der vegetativen Organe an den Standorten Nierstein und Bad
Kreuznach zu beobachten. Wurden am Standort Bad Kreuznach in den Jahren
1999 - 2001 2,7 t Trockenmasse Schnittholz ha-1 erfasst (Nendel, 2002), waren es im
Untersuchungszeitraum 2003 - 2004 nur 1,3 t ha-1 (bezogen auf 3846 Reben, siehe
Tabelle C 1.7). Auch die Ernteleistung litt unter der trockenen und heißen Witterung,
jedoch wurde die Reduktion des Beerenwachstums als nicht so stark beobachtet als im
Vergleich zum Trieb- und Blattwachstum (1999 - 2001: 3,4 t TM ha-1, 2003 - 2004:
2,0 t TM ha-1). Dies lässt zunächst einmal die Folgerung zu, dass die Rebe in der Lage
sein muss, bei Trockenstress den Beeren einen größeren Anteil der NettoPrimärproduktion zukommen zu lassen als unter nicht-limitierenden Bedingungen.
Dieser Umstand wurde im vorangegangenen Projekt bereits angedeutet (Nendel,
2002).
Am Standort Ruppertsberg zeigte die Rebe keine Wuchsreduktionen in Trieben und
Blättern (2000 - 2001: 1,4 t TM ha-1, 2003 - 2004: 1,6 t TM ha-1) und auch die
Ertragsleistung übertraf das an diesem Standort normale Maß in beiden
Untersuchungsjahren (1999 - 2001: 3,0 t TM ha-1, 2003 - 2004: 3,2 t TM ha-1). Dies ist
dem besonderen Umstand geschuldet, dass die Rebe am Ruppertsberger Standort
grundwassernah wurzelt. Zwar schwankt der Grundwasserspiegel über das Jahr am
Standort Ruppertsberg beträchtlich, aber es ist anzunehmen, dass den Reben auch im
Sommer zusätzliches Wasser aus dem Grundwasser über kapillaren Aufstieg zur
Verfügung steht. Extrem trockene Jahre kann die Rebe also dort überstehen, ohne an
Wassermangel zu leiden.
Das ursprünglich konzipierte Pflanzenwachstumsmodell für Vitis vinifera wurde bei
Nendel (2002) bereits evaluiert. Die Datengrundlage war für diesen Zweck jedoch
kaum ausreichend, so dass nur eine grobe Abschätzung der Simulationsgüte
vorgenommen werden konnte. Die zur Verfügung stehenden Daten aus den Jahren
27
1999 - 2001 spiegelten das Rebwachstum unter nicht-limitierten Bedingungen wieder.
Die Wasser- und N-Versorgung der Reben war jeweils als gut einzustufen. Im
Gegensatz dazu stehen für die vorliegende Untersuchung nur Daten aus extrem
trockenen Jahren zur Verfügung, so dass auch hier nur eine eingeschränkte
Evaluierung des Pflanzenwachstumsmodells möglich ist. In Abbildung C 1.1 wurden
die Felddaten einer Simulation mit der Modell-Version NVINO 1.0 von Nendel und
Kersebaum (2004) gegenübergestellt. Sie zeigt in diesem Zusammenhang deutlich,
dass diese Version des Modells nicht in der Lage ist, die in den Jahren 2003 und 2004
im Feld beobachteten Messdaten nachzuvollziehen. Die bereits angesprochene
Fähigkeit der Rebe, offensichtlich unter Stress mit einer veränderten Verteilung der
Assimilate zu reagieren, konnte nicht mit dem Modell abgebildet werden.
Die
daraufhin
durchgeführten
und
oben
beschriebenen
Änderungen
des
Simulationsmodells resultierten in einer wesentlichen Verbesserung der Simulation
des Rebwachstums unter Stressbedingungen. So konnte die veränderte Priorität der
Assimilatverteilung unter Stress überzeugend nachvollzogen werden. Es wurde jedoch
auch deutlich, dass die Reaktion der Pflanze auf Stress noch immer eine besondere
Herausforderung für die Modellierung darstellt, denn das Simulationsergebnis zeigt
noch erhebliche Schwächen. Der konzeptionelle Ansatz zur Modellierung der
Reaktion der Rebe auf Trockenstress ist bis dato nicht experimentell untermauert. Die
Annahme, dass die Rebe bei Trockenstress in der frühen Vegetationsperiode
erhebliche Mengen Assimilate zwischenspeichert und bei sich fortsetzender
Trockenheit in der Reifephase diese den Beeren wieder zukommen lässt, entspringt
der Analyse des Rebwachstums über den Saisonverlauf. Im Vergleich der Felddaten
mit der Simulation der Modell-Version NVINO 1.0 wird deutlich, dass bereits sehr
früh in der Entwicklung der Rebe die Blatt- und Triebmassenproduktion bei
Trockenstress reduziert wird. Zu diesem Zeitpunkt sind die Wasservorräte im Boden
jedoch auf jeden Fall noch ausreichend um die Photosynthese uneingeschränkt
ablaufen lassen zu können. Der Schluss liegt nahe, dass die Rebe aktiv das vegetative
Wachstum einschränkt um Ressourcen für die Entwicklung und Reife der generativen
Pflanzenteile zurückzulegen. Es stellte sich außerdem heraus, dass diese zusätzlichen
Assimilate durchaus benötigt werden um den starken Wachstumsschub der Beeren in
28
der Reifephase erklären zu können. Die Nettoprimärproduktion in dieser Phase reichte
dafür rechnerisch nicht aus.
C 1.5 Schlussfolgerung
Die Simulation des Rebwachstums hat gezeigt, dass trotz der grundlegenden
Erweiterung der Modellfähigkeiten ein gutes Simulationsergebnis nicht zu erreichen
war. Angesichts der stark unterschiedlichen Standorte, die hier mit ein und demselben
Parametersatz simuliert wurden, ist das Simulationsergebnis jedoch als durchaus
zufrieden stellend einzustufen. Es ist dringend erforderlich, weitere Datensätze aus
Jahren mit nicht-limitierender Wasser- und N-Versorgung zur Evaluierung des
Pflanzenwachstumsmoduls heranzuziehen.
29
C 2 BESTIMMUNG DER N-MINERALISATIONSPARAMETER VON
TRAUBENTRESTER DURCH IN-VITRO INKUBATION
C 2.1 Zusammenfassung
Im Weinbau wird der langfristige Ausgleich des Verlustes organischer Substanz im
Boden oftmals nur durch die Rückführung der im Laufe der Bewirtschaftung
anfallenden organischen Abfälle in die Fläche gesichert. Der Abbau der
Pressrückstände (Trester) trägt zu einer langsamen aber stetigen Freisetzung von
Stickstoff (N) im Boden bei. Für die saisonbezogene Düngeempfehlung wird dieser
Eintragspfad jedoch im Allgemeinen kaum berücksichtigt, da über die Dynamik der
N-Mineralisation aus Traubentrester nur wenig bekannt ist. Aus diesem Grund wurde
ein Laborexperiment durchgeführt, in dem Trester aus handgelesenen Trauben und
Trester aus entrappten Beeren in drei verschiedenen Weinbergsböden inkubiert
wurden. Dabei wurden durchschnittlich 16% des gesamten N-Gehaltes der
handgelesenen Beeren aus einer langsam abbaubaren N-Fraktion freigesetzt
(Halbwertszeit t50 = 703 d), während durchschnittlich 23% des gesamten N-Gehaltes
der entrappten Beeren mineralisierten (t50 = 781 d). Eine schnell abbaubare Fraktion
konnte nicht bestimmt werden. Eine beschleunigte Mineralisation wurde vermutlich
durch hohe Polyphenolgehalte im Trester verhindert, deren Einfluss in Form einer
temperaturabhängigen Verzögerung des Beginns der Netto-N-Freisetzung beobachtet
wurde. Die N-Mineralisation der Residuen ganzer Trauben wurde im Durchschnitt um
12,4 Tage (10°C) verzögert, die von entrappten Beeren begann im Durchschnitt 5,5
Tage (10°C) später als die N-Mineralisation im ungedüngten Boden. Bei höheren
Temperaturen war die Verzögerung wesentlich geringer.
C 2.2 Einführung
Die Abfallprodukte des Weinherstellungsprozesses werden oft wieder in die
Rebfläche eingebracht, von der sie zuvor entnommen worden waren. Für den Winzer
ist dies eine einfache und kostengünstige Methode, die Reststoffe nach dem Keltern
aus seinem Keller zu entfernen. Zugleich sind sich die Winzer sehr wohl der
Düngewirkung sowohl des Tresters als auch des Trubs bewusst. Trester und Trub
enthalten mehr als 90% des Stickstoffs der mit den Trauben vom Weinberg entfernt
wird. Traubentrester ist von besonderem Interesse für die Nahrungsmittelindustrie als
30
Quelle für verschiedenste Polyphenole (Larrauri et al., 1996; Amico et al., 2004) und
Ballaststoffe für die menschliche (Bravo and Saura-Calixto, 1998) und tierische
Ernährung (Famuyiwa and Ough, 1990). Ungeachtet dessen ist der Gebrauch des
Traubentresters als Düngemittel und Humusersatz im Weinbau noch immer von
großer Bedeutung (Bertran et al., 2004). Aus diesem Grund ist die Netto-Abfuhr von
Stickstoff aus dem Produktionssystem oft nur marginal. Die weit verbreitete Praxis
der Einarbeitung von Traubentrester in den Weinbergsboden verlangt nach Wissen um
die N-Mineralisation und deren Berücksichtigung bei der Kalkulation von
Düngeempfehlungen. Dies ist besonders bedeutsam, da oft der Trester nur in einem
kleinen Bereich der Rebfläche aufgebracht wird. Wenn ein Simulationsmodell für die
N-Dynamik im Weinbergsboden (Nendel and Kersebaum, 2004) für die Erarbeitung
von Düngeempfehlungen verwendet wird, müssen Parameter für die N-Mineralisation
aus Traubenrückständen dem Anwender zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem
Grund wurde ein Labor-Inkubationsversuch mit zwei verschiedenen Trestern
durchgeführt: zum einen mit Rückständen von handgelesenen Trauben, die das
jeweilige komplette Stielgerüst enthalten, und mit Erntegutrückständen aus dem
Vollernter, dessen mechanische Erntemethode die Stielgerüste an der Rebe belässt
und somit sich nur Traubenschalen und Kerne im Presskuchen befinden.
C 2.3 Material und Methoden
C 2.3.1 Weinbergsböden
Für diese Untersuchungen sind die Böden der Standorte Ruppertsberg, Nierstein und
Bad Kreuznach verwendet worden (siehe Kapitel B 3.4).
C 2.3.2 Bodenprobenahme
Im Oktober 2003 wurden Oberbodenproben (0-10 cm) am jeweiligen Standort
entnommen und zu einer repräsentativen Mischprobe zusammengefasst. Die Proben
wurden in einer Kühltasche transportiert und anschließend bei 15 bis 18°C getrocknet,
bis der Feuchtegehalt das Sieben auf 2 mm Aggregatgröße erlaubte. Nach dem Sieben
wurden die Proben auf den Feuchtegehalt entsprechend 40% der Wasserhaltekapazität
des Bodens eingestellt und bei 20°C einige Tage vorinkubiert. Dieser Vorgang sollte
eine zu drastische Änderung der Umweltbedingungen zu Versuchsbeginn verhindern.
31
Vor der Befüllung der Inkubationsgefäße wurden die Aggregate mit der Hand
verklumpt um Aggregate von etwa 5 mm Größe zu erzeugen.
C 2.3.3 Trester
Der verwendete Trester besteht aus dem Presskuchen von weißen Riesling-Trauben,
die im Oktober 2003 in einem Vorderpfälzer Weinberg handgelesen wurden.
Traubenschalen, Kerne und Stielgerüste wurden fraktioniert. C und N-Gehalte sowie
die Gewichtsanteile der einzelnen Fraktionen sind Tabelle C 2.1 zu entnehmen.
Tabelle C 2.1: Eigenschaften der Fraktionen der Traubenrückstände.
Corg
Ntot
Gewichtsanteil
(mg kg-1)
(mg kg-1)
(kg kg-1)
Stiel
428,0
11,0
0,24
Kerne
523,5
15,0
0,24
Schalen
448,0
18,1
0,52
C 2.3.4 Analyse
Die Messung der NO3-N und NH4-N Konzentrationen im Perkolat erfolgte nach den
DIN-Vorschriften EN ISO 13395 für Nitrat/Nitrit und DIN 38406 für Ammonium.
Dazu stand ein Analysegerät der Firma Skalar (Breda, Niederlande) zur Verfügung,
mit dem eine simultane Bestimmung der Konzentrationen von Nitrat und Ammonium
nach dem "continuous flow"-Prinzip möglich ist. Dabei wird der Probenextrakt in den
Trägerstrom
einer
kontinuierlich
fließenden
Pufferlösung
eingespeist.
Der
Trägerstrom wird geteilt, um die Probe getrennt den jeweiligen Reagenzlösungen für
die erforderliche Farbreaktion zuzuführen, anhand derer die quantitative Bestimmung
von Nitrat/Nitrit und Ammonium photometrisch erfolgt.
Vorhandenes Nitrat wird zunächst an einer Säule metallischen Cadmiums zu Nitrit
reduziert, bevor dieses in saurer Lösung mit 4-Aminobenzol-sulfonamid zum
Diazoniumsalz reagiert und anschließend durch Kupplung mit N-(1-naphtyl)-1,2diaminoethandihydrochlorid (NED) zu einem roten Diazokomplex umgesetzt wird.
32
Die Konzentration des Azofarbstoffs wird dann bei einer Wellenlänge von 540 nm im
Durchflussphotometer gemessen.
Die Ammonium-Ionen in der Probenlösung reagieren in alkalischem Milieu mit
Hypochlorit-Ionen
und
Salicylat-Ionen
in
Gegenwart
von
Natriumpentacyanonitrosylferrat (2-Nitroprussidnatrium) als Katalysator zu einem
blaugrünen Indophenol-Farbstoff. Dieser wird bei einer Wellenlänge von 655 nm
nachgewiesen. Die Hypochlorit-Ionen entstehen bei der Hydrolyse der Ionen der
Dichlorisocyanursäure.
Da die NH4-N-Konzentration stets unterhalb der Bestimmungsgrenze lag, wird hier
die NO3-N-Konzentration der Konzentration mineralischen Stickstoffs gleichgesetzt.
C 2.3.5 Laborinkubation nach Stanford und Smith
Die hier verwendete Methode folgt dem Ansatz von Stanford und Smith (1972). Sie
beschreibt die Bodeninkubation unter optimalen Bedingungen für die NMineralisation mit dem Ziel, das Potenzial der N-Mineralisation des Bodens oder der
zugesetzten organischen Substanz zu quantifizieren. Dabei wird der freigesetzte
mineralische Stickstoff regelmäßig durch Auswaschung aus dem System entfernt. Die
Inkubation bei unterschiedlichen Temperaturen gibt zusätzliche Information über die
Temperaturabhängigkeit des Prozesses. Das feldfrische Substrat wird im Verhältnis
1:1
mit
gewaschenem
Quarzsand
vermengt,
um
eine
ausreichende
Sauerstoffversorgung zu gewährleisten.
10 g Aliquots (zweifach) einer Kontrollvariante ohne Zusatz von organischer Substanz
(po_0) und einer Variante mit Trester äquivalent zu 30 Mg ha-1 (po_1) wurden
angesetzt. Das Tresteräquivalent wurde konstruiert gemäß den in der Originalprobe
vorgefundenen Verhältnisse der Fraktionen Stiel, Kern und Schale. Es wurde dabei
vorausgesetzt, dass jede Beere zwei Kerne enthält. Zusätzlich wurde eine Variante
angesetzt, in der nur Traubenschalen und Kerne enthalten waren (po_2). Diese
Variante repräsentiert maschinell gelesene Trauben.
Die Substrate wurden in 60 ml Spritzenkörpern für 420 Tage bei 4°C, 20°C, 28°C und
36°C inkubiert. An den Tagen 3, 7, 14, 21 und 42, und dann alle sechs Wochen,
wurden die Säulen mit 150 ml einer 0.01 M CaCl2 Lösung gespült. Anschließend
wurden 25 ml einer N-freien Nährlösung (Stanford und Smith, 1972) zugesetzt und
33
überschüssige Feuchte bei einem Unterdruck von -75 kPa (1h) entfernt. Alles in allem
wurden 72 Inkubationssäulen präpariert (3 Böden × 3 Varianten × 4 Temperaturen × 2
Parallelen).
C 2.3.6 Parameterschätzung
Die Parameter der N-Mineralisation wurden durch die Anpassung eines auf zwei
theoretischen N-Pools basierenden kinetischen Modells erster Ordnung (Molina et al.,
1980; Richter et al., 1980) an die kumulativen Mengen des aus den Säulen
ausgewaschenen mineralischen Stickstoffs (Mittelwerte) bestimmt. Zusätzlich wurde
die Arrhenius-Funktion
k(T)  a  exp  T b273
(Gleichung C 2.1)
mit T = Temperatur in [°C] verwendet, um die Ratenkoeffizienten k(T) im Modell zu
ersetzen. Auf diese Weise kann der Effekt der Temperatur auf den Prozess der
Mineralisation
beschrieben
werden.
Die
Arrhenius-Funktion
kann
im
Temperaturbereich zwischen 4°C und 35°C als verwendbar angenommen werden
(Stenger et al., 1995; Sierra, 1997; Benbi und Richter, 2002; Crohn und ValenzuelaSolano, 2003). Die resultierende dreidimensionale Gleichung kann an den gesamten
Datensatz angepasst werden, der von einem Substrat bei verschiedenen Temperaturen
ermittelt worden ist (Ellert und Bettany, 1992; Nendel et al., 2004):
N(t, T)  N fast  1 - exp  a  exp  T b273   t  
N slow  1 - exp  c  exp  T d273   t 
(Gleichung C 2.2)
N(t,T)
mineralisierter N in Abhängigkeit von der Zeit t und der Temperatur T.
Nfast, Nslow
Parameters, die schnell und langsam abbaubare N-Pools repräsentieren.
a, b, c, d
Arrhenius Parameter
In Anlehnung an eine Idee von Rahn und Lillywhite (2001) wurde ein
Verzögerungsfaktor h(T) eingeführt, um die temperaturabhängige Verzögerung des
Beginns der Netto-N-Mineralisation zu beschreiben, die in dem Experiment
beobachtet wurde. Das führt zu:


 T b273 t  Th  
N slow  1 - exp  c  exp  T d273  t  Th 
N(t,T)  N fast  1 - exp  a  exp 
(Gleichung C 2.3)
34
Die Parameterschätzung wurde mit SigmaPlot 5.0 (SPSS Inc., Chicago, IL, USA)
durchgeführt.
In einem ersten erfolgreichen Durchgang stellte sich heraus, dass mit Hilfe von
Gleichung C 2.3 kein signifikanter Beitrag des schnell abbaubaren N-Pools
ermittelbar war. Aus diesem Grund wurde der Lauf wiederholt und dabei der erste
Summand der Gleichung C 2.3 unberücksichtigt gelassen. Die Zahl der zu
schätzenden Parameter wurde dadurch auf 4 reduziert.
C 2.4 Ergebnisse
Im Allgemeinen folgt die beobachtete N-Nachlieferung der Ordnung po_0 < po_1 <
po_2 für alle Temperaturen. Einige wenige Ausnahmen sind in den niedrigen
Temperaturvarianten zu verzeichnen. Die Gesamtmenge des nach 420 Tagen aus den
Säulen ausgewaschenen N ist in Abbildung C 2.1 dargestellt. Die Auswaschung folgt
einem exponentiellen Verlauf mit hohen Raten zu Beginn und langsam nachlassenden
Raten hin zum Ende des Versuches. In einigen Trestervarianten wurde bis zu
mehreren Wochen nach Beginn des Experimentes keine N-Auswaschung festgestellt.
Diese Verzögerung war umso länger, je niedriger die Versuchstemperatur war. In den
Kontrollvarianten war keine solche Verzögerung zu beobachten.
35
250 Ruppertsberg
200
150
100
-1
Ausgewaschener mineralischer Stickstoff [mg N kg ]
50
0
4°C 20°C 28°C 36°C
4°C 20°C 28°C 36°C
4°C 20°C 28°C 36°C
4°C 20°C 28°C 36°C
4°C 20°C 28°C 36°C
250 Nierstein
200
150
100
50
0
4°C 20°C 28°C 36°C
250 Bad Kreuznach
200
150
100
50
0
4°C 20°C 28°C 36°C
Kontrolle
4°C 20°C 28°C 36°C
ganze Trauben
4°C 20°C 28°C 36°C
entstielte Trauben
Abbildung C 2.1: Summe des freigesetzten mineralischen Stickstoffs nach 420tägiger
Inkubation von Boden ohne organische Zusätze (Kontrolle), Boden mit Pressrückständen
handgelesener Trauben (ganze Trauben) und Boden mit Pressrückständen maschinell
gelesener Trauben (entstielte Trauben).
Die Anpassung von Gleichung 3 an die experimentellen Daten, wobei die Parameter
des schnell abbaubaren N-Pools mit dem Wert 0,0 fixiert wurden, war in allen Fällen
erfolgreich. Die geschätzten Parameterwerte werden in Tabelle C 2.2 wiedergegeben.
Darin sind die Arrhenius-Parameter als Ratenkoeffizient k(T) zusammengefasst. Die
Parameterschätzer für den langsam abbaubaren N-Pool folgen ebenfalls dem Muster
po_0 < po_1 < po_2. Im Vergleich der temperaturabhängigen Ratenkoeffizienten
(Gleichung 2) bei 36°C war der aus den Trestervarianten geschätzte Koeffizent kslow
stets kleiner als in den Kontrollvarianten. k(T) ist für alle untersuchten Varianten in
36
Abbildung C 2.2 visualisiert. Der temperaturabhängige Verzögerungsfaktor h(T) wurde
für die Kontrollvarianten jeweils auf 0.0 geschätzt. Das bedeutet, dass eine NFreisetzung bereits bei der ersten Auswaschung drei Tage nach Versuchsbeginn
gemessen wurde. Hier muss jedoch auf den erheblichen Schätzfehler hingewiesen
werden, der die oben getroffene Aussage abschwächt. In den Böden mit den
Pressrückständen der hangelesenen Trauben (po_1) wurde eine gegenüber der
Kontrolle um 75,9 bis 172,4 Gradtage verspätete N-Freisetzung beobachtet. Das
entspräche einer Verzögerung von 12,4 d bei einer Temperatur von 10°C
(Langzeitmittel der Temperatur am Standort Neustadt an der Weinstraße im Oktober).
0.008
Ruppertsberg po_0
Ruppertsberg po_1
Ruppertsberg po_2
Nierstein po_0
Nierstein po_1
Nierstein po_2
Bad Kreuznach po_0
Bad Kreuznach po_1
Bad Kreuznach po_2
-1
Ratenkoeffizient kslow [d ]
0.007
0.006
0.005
0.004
0.003
0.002
0.001
0.000
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Temperatur [°C]
Abbildung C 2.2: Temperaturabhängigkeit des für den langsam abbaubaren N-Pool
geschätzten Ratenkoeffizienten kslow.
Die Einarbeitung von Pressrückständen maschinell gelesener Trauben (po_2)
hingegen verursachte eine Verzögerung von zwischen 34,4 und 74,9 Gradtagen, was
einem um 5,5 d späteren Beginn der N-Freisetzung bei 10°C entspräche (Tabelle C
2.2). Die Temperaturabhängigkeit von h(T) ist in Abbildung C 2.3 skizziert.
37
N-Auswaschung [mg kg-1], kumuliert
100 80 60 40 20 -
36 - 40
28 - 30
20 - 20
Temperatur [°C]
4-
Zeit [d]
- 10
Abbildung C 2.3: Temperaturabhängigkeit der anfänglichen Verzögerung der N-Freisetzung,
exemplarisch dargestellt an der Variante Nierstein po_1 (ganze Trauben).
Die N-Gehalte der langsam abbaubaren N-Pools der po_1-Varianten wurde um
durchschnittlich 52,3 mg N kg-1 höher geschätzt als die entsprechenden Gehalte der
N-Pools der Kontrollvarianten, während die N-Gehalte der po_2-Varianten nach dem
Schätzverfahren durchschnittlich 86,8 mg N kg-1 mehr als die entsprechenden N-Pools
der Kontrollvarianten enthielten (Tabelle C 2.2). In Relation zu der N-Menge, die mit
dem Trester dem Boden zugeführt wurde, würden demnach 16% des NGesamtgehaltes der Pressrückstände der handgelesenen Trauben mittelfristig
freigesetzt werden (Halbwertszeit t50 = 703 d), während 23% des N-Gesamtgehaltes
der maschinengelesenen Trauben in der gleichen Zeit mineralisieren würden (t50 =
781 d).
C 2.5 Diskussion
Die beobachteten Mineralisationskinetiken konnten allgemein gut mit dem gewählten
Ansatz beschrieben werden (r2 zwischen 0.979 und 0.998). Die Werte für den
38
Nslow-Pool-Parameter spiegeln deutlich den Beitrag der zugeführten organischen
Substanz zum N-Gesamtgehalt des untersuchten Substrats wieder. Aus der
Parameterschätzung kann geschlossen werden, dass die Pressrückstände entstielter
Trauben (po_2) eine höhere N-Konzentration aufweisen als der Trester aus den
kompletten Trauben (po_1), was die Analyse der Aufschläge bestätigt (Tabelle C 2.1).
Die unterschiedliche Zusammensetzung der Pressrückstände hatte jedoch auch einen
deutlichen Einfluss auf den Anteil des aus den Trestern freigesetzten N und auf die
Abbaugeschwindigkeit. Die Zugabe der Trester verursachte eine deutliche
Verlangsamung des Abbaus der organischen Substanz und darüber hinaus eine
Verzögerung der sofortigen N-Freisetzung. Letzteres könnte die Ermittlung eines
schnell abbaubaren N-Pools verhindert haben. Die beobachtete Verzögerung war
dabei abhängig von der Art des Tresters. Die eingearbeiteten Rückstände der
handgelesenen Trauben begannen noch später mit der N-Freisetzung als die Trauben,
die mit dem Vollernter von der Rebe geschüttelt wurden.
Die in diesem Experiment beobachtete Verzögerung ähnelt der verzögerten
Mineralisation von frischen Ernterückständen verschiedener Brassica-Arten, wie sie
von Rahn and Lillywhite (2001) beschrieben wurde. Sie nahmen an, dass die
Verzögerung
auf
die
Anwesenheit
von
schwefelhaltigen
Verbindungen
(Glukosinolate, Aminosäuren) zurückzuführen sei, die typischerweise in Brassica zu
finden sind. Bending and Lincoln (1999) hatten zuvor gezeigt, dass während des
Abbaus von Brassica-Ernterückständen niedermolekulare Schwefelverbindungen
produziert werden, die eine toxische Wirkung auf die Zersetzergemeinschaft im
Boden haben. In diesem Falle ist jedoch der Grund für die verzögerte Mineralisation
nicht notwendigerweise die Anwesenheit von Schwefel, obwohl in vielen Fällen die
gelesenen Trauben mit SO2-freisetzenden Chemikalien behandelt werden, um eine
Oxidation und die Entwicklung von Mikroorganismen zu verhindern, die dann
ungewünschte Geruchsnoten im Produkt hinterlassen würden. Die Schwefelung wird
im Allgemeinen vor dem Keltern durchgeführt, so dass in diesem Falle die erwartete
Schwefelkonzentration in den gelesenen Trauben gleich sein müsste, unabhängig von
der An- oder Abwesenheit der Stielgerüste. Die beobachtete Verzögerung der NFreisetzung war jedoch deutlich unterschiedlich in den beiden untersuchten
Tresterarten.
39
Das C/N-Verhältnis der beiden untersuchten Pressrückstände war 30,1 für die
vollständigen Trauben und 28,6 für die entstielten Trauben (Tabelle C 2.1). Beim
Abbau organischer Substanz mit vergleichbarem C/N-Verhältnis im Boden wurde
bereits Immobilisation beobachtet (van Kessel et al., 2000; Seneviratne, 2000),
obwohl das Gleichgewicht zwischen Netto-Mineralisation und Immobilisation oft erst
bei höheren C/N-Verhältnissen gefunden wurde (Jensen et al., 2005). Die Tatsache,
dass trotz ähnlicher C/N-Verhältnisse die Netto-Mineralisierung bei der Zugabe der
kompletten Trauben sehr viel stärker verzögert wurde als bei der Zugabe entstielter
Trauben führt zu der Annahme, dass die N-Verfügbarkeit hier nicht der
hauptverantwortliche Faktor für den beobachteten Effekt war.
Traubentrester enthalten eine große Menge phenolischer Substanzen wie Anthocyane,
Phenolsäuren, Anthoxanthine und Stilbene. Trester aus weißen Trauben, wie der in
der vorliegenden Untersuchung verwendete, weist dabei niedrigere Gehalte an
Phenolsäuren auf im Vergleich zu Trester aus roten Trauben, jedoch höhere Gehalte
an Anthoxanthine und Stilbenen. Polyphenole wurden in Konzentrationen von 2.3 bis
18.8 g kg-1 in den Kernen von sowohl roten als auch weißen Trauben gefunden, in
Abhängigkeit von der Art des Weinausbaus. Diese Konzentrationen sind weitaus
höher als die Konzentrationen, die in den Beerenschalen gefunden wurden (Kammerer
et al., 2004). Die Stielgerüste jedoch enthalten im Allgemeinen mehr als doppelt
soviel Polyphenole (Singleton und Esau, 1969), was etwa 20 % des Gesamtgehaltes an
Polyphenolen
in
der
Traube
entspricht
(Ribéreau-Gayon
et
al.,
1998).
Rotweinmaischen, die in Anwesenheit von Stielgerüsten gereift sind, haben Weine mit
einer höheren Konzentration phenolischer Verbindungen hervorgebracht als die von
entstielten Trauben produzierten Weine (Kovac et al., 1992).
Phenolische Substanzen sind bekannt dafür, dass sie mikrobielle Aktivitäten im Boden
hemmen (Schimel et al., 1996). Sie sind in der Lage, extra-zellulare Enzyme durch
Komplexierung zu deaktivieren (Mishra et al., 1980). Einen kurzen Überblick über
Polyphenol-Protein-Interaktionsprinzipien geben Shi et al. (2005) in ihrer Arbeit.
Konsequenterweise
wurde
oft
beobachtet,
dass
Pflanzenreste
mit
hohen
Polyphenolgehalten wesentlich langsamer abgebaut werden als Pflanzenreste mit
entsprechend geringen Gehalten (Valachovic et al., 2004). In Inkubationsstudien
wurde gezeigt, dass Polyphenole den Prozess der Nitrifikation beeinträchtigen
40
(Thibault et al., 1982; Baldwin et al., 1983; Northup et al., 1995). Weil in der
vorliegenden Untersuchung die po_1-Varianten (mit Stielgerüst) eine stärkere
Verzögerung im Vergleich zu den po_2-Varianten (ohne Stielgerüst) zeigen, darf
vermutet werden, dass hohe Polyphenol-Konzentrationen in den Traubenstielen der
Grund für den beobachteten Unterschied ist.
Die Temperaturabhängigkeit der beobachteten Verzögerung kann mit der generell
höheren Aktivität der mikrobiellen Zersetzergemeinschaft bei höheren Temperaturen
erklärt werden. Wenn die Temperaturen niedrig sind, sind die Mikroorganismen
weniger aktiv und brauchen konsequenterweise mehr Zeit, die Beeinträchtigung durch
die Polyphenole zu überwinden.
C 2.6 Schlussfolgerung
Trotz eines vergleichbaren C/N-Verhältnisses zeigen die Pressrückstände von
kompletten und entstielten Trauben eine deutlich unterschiedliche Dynamik der NMineralisation. Eine Verzögerung der anfänglichen N-Freisetzung hielt länger an im
Substrat, das auch Stielgerüste enthielt (typisch für handgelesene Trauben), als im
Substrat, dem nur Kerne und Beerenschalen zugesetzt worden waren (typisch für
maschinell gelesene Trauben). Die Stielgerüste der Trauben enthalten im Allgemeinen
eine wesentlich höhere Konzentration an Polyphenolen, die als verantwortlich für
sowohl die beobachtete anfängliche Verzögerung der N-Freisetzung als auch die
langsamere und weniger effektive N-Mineralisation angesehen werden. Dies
unterstreicht ein weiteres Mal die Vermutung, dass die N-Mineralisation oft von
Einflussfaktoren gesteuert wird, die nicht auf die einfache Verfügbarkeit von N im
abzubauenden Material reduziert werden können.
41
Tabelle C 2.2: Aus der Anpassung von Gl. 3 an die Versuchsdaten geschätzte Parameter. Die Anpassung wurde durch die Fixierung der Parameter des
schnell abbaubaren Pools auf Null verzerrt. Die Ratenkoeffizienten kslow sind für eine Temperatur von 36°C angegeben. S = Stiele, H = Schalen, K =
Kerne.
Boden
Variante
h
Nslow
c
d
kslow
(°C·d)
(mg kg-1)
(d-1)
(°C)
(d-1)
r2
Ruppertsberg
Kontrolle
0,0 ± 73,8
92,8 ± 2,9
7,77E+09 ± 6,22E+08
8550 ± 31
7,47E-03
0,979
Ruppertsberg
S+H+K
75,9 ± 41,2
146,0 ± 3,4
2,43E+09 ± 1,82E+09
8236 ± 220
6,45E-03
0,994
Ruppertsberg
H+K
41,9 ± 36,5
169,4 ± 3,6
3,22E+08 ± 2,09E+08
7615 ± 187
6,39E-03
0,995
Nierstein
Kontrolle
0,0 ± 62,2
195,4 ± 6,0
1,77E+09 ± 2,64E+09
8098 ± 337
7,35E-03
0,984
Nierstein
S+H+K
172,4 ± 28,8
266,2 ± 5,8
4,29E+07 ± 2,20E+07
7060 ± 148
5,13E-03
0,997
Nierstein
H+K
34,4 ± 49,3
315,6 ± 14,6
8,29E+06 ± 6,05E+06
6647 ± 205
3,77E-03
0,993
Bad Kreuznach
Kontrolle
0,0 ± 53,2
145,3 ± 4,3
4,24E+08 ± 3,97E+08
7685 ± 269
6,70E-03
0,990
Bad Kreuznach
S+H+K
102,4 ± 33,1
178,2 ± 3,8
1,09E+08 ± 7,06E+07
7299 ± 173
5,99E-03
0,996
Bad Kreuznach
H+K
74,9 ± 27,9
209,0 ± 3,6
7,85E+08 ± 4,09E+08
7932 ± 139
5,58E-03
0,998
42
C 3 TEST DER N-MINERALISATIONSPARAMETER VON BIOABFALLKOMPOST IN EINEM FREILANDINKUBATIONSEXPERIMENT (2.
AUFBRINGUNG)
Die
in
den
Versuchssubstraten
bei
Mineralisationsprozessen
entstehende
pflanzenverfügbare Menge an Stickstoff bei optimierten Bedingungen wurde im
vorangegangenen Projekt in Inkubationsversuchen im Labor quantifiziert. Um zu
untersuchen, wie die Mineralisation der organischen Substanz unter den gegebenen
Bedingungen in einer Rebfläche abläuft und ob die daraus resultierende N-Freisetzung
unter Einsatz der im Labor ermittelten Mineralisationsparameter mit dem Modell
nachvollzogen werden kann, wurde an Auswaschungsversuchen mit so genannten
Mikrolysimetern angeknüpft, die bereits 1939 vorgestellt wurden (Russel, 1939) und
vor allem zur Abschätzung der Evaporation aus Böden dienten. Die dabei verwendete
Versuchsanordnung ist an Trambouze et al. (1998) angelehnt. Sie konnten zeigen,
dass die verwendeten Mikrolysimeter den Wasserhaushalt in einem Weinbergsboden
sehr präzise abbilden können. Der Versuch ist im Jahr 2000 angelegt worden und die
Wirkung der ersten Kompostaufbringung ist im vorangegangenen Projekt untersucht
und beschrieben worden (Nendel, 2002). Das vorliegende Projekt nutzt die Daten der
Mikrolysimeter aus der zweiten Ausbringungsperiode, für die im Jahre 2003 erneut
Kompost eingearbeitet wurde.
C 3.1 Material und Methoden
C 3.1.1 Beladung der Mikrolysimeter
Die
Mikrolysimeter
wurden
im
April
1999
mit
Bodensubstrat
aus
den
Versuchsflächen in Ruppertsberg, Oppenheim, Wolf und Bad Kreuznach beladen. In
der Parzelle a der jeweiligen Versuchsvariante wurde aus den Bodentiefen 0 - 10 cm
und 10 - 20 cm je eine Mischprobe aus 8 - 12 Einzelproben hergestellt, die mit einer
Handschaufel entnommen wurden. Im Februar 2000 erfolgte die erneute Entnahme
einer Mischprobe aus der Parzelle a der Nullvariante. Die Substrate wurden bis zu
ihrem Einsatz im Vorversuch (September 1999) und im Hauptversuch (April 2000)
bei 4°C gelagert. Das Substrat wurde nicht weiter aufbereitet. Die oberen 10 cm des
Bodens in den Mikrolysimetern wurden seitdem mehrmals mechanisch bearbeitet,
nicht jedoch der Unterboden.
43
C 3.1.2 Bioabfallkompost
Der Bioabfallkompost für diesen Versuch entstammt einer Kompostcharge, die eigens
für den Ringversuch des FDW von einem Kompostwerk in Würzburg hergestellt
worden ist. Dabei handelt es sich um einen Fertigkompost des Rottegrades 5
(Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. 1994) aus Rohmaterial, das im Zuge der
getrennten Sammlung biogener Haushaltsabfälle dem Kompostwerk zugeführt wird.
Die spezielle Siebung von 6 – 12 mm weist einen geringeren Gesamt-Nährstoffgehalt
auf als handelsübliche Komposte der Siebung 10 mm, so dass eine zu hohe
Nährstofffracht nicht die für die Verbesserung der bodenphysikalischen Eigenschaften
notwendige Aufbringungsmenge an Bioabfallkompost limitiert.
C 3.1.3 Mikrolysimeter
In einer Gasse der Mußbacher Lage "Eselshaut" des DLR Rheinpfalz in Neustadt
a. d. W. wurden 41 PVC-Säulen eingelassen (zur Wahl des Materials und dessen
Auswirkungen auf Bodentemperatur und Evaporation siehe Evett et al. 1995) und mit
Bodensubstrat der vier ausgewählten Versuchsflächen befüllt. Die Säulen bestanden
aus einem unten wasserdicht verschweißten und mit einem abgeschrägten Boden
versehenen äußeren Mantel von 35 cm Länge und einem dort eingehängten inneren
Inkubationsgefäß von 25 cm Länge (vgl. Evett et al. 1995). In diesem Innengefäß
wurde eine fünf Zentimeter mächtige Filterkiesstrecke eingebracht und dann
Bodensubstrat der Tiefenschichten 10 – 20 cm und 0 – 10 cm aufgeschüttet.
Die untere Randbedingung des Systems bildete eine gelochte PVC-Platte. Das durch
die
Bodensäule
perkolierende
Regenwasser
musste
in
diesem
Fall
die
Potentialdifferenz zwischen der Bodenmatrix und dem Luftraum im Auffanggefäß
überwinden, um aufgefangen werden zu können (Flury et al., 1999). Durch ein
verschließbares Loch in der Aufhängung konnte eine Aluminiumkanüle in das
Auffanggefäß eingeführt werden, um mit Hilfe einer Saugpumpe das Perkolat zu
entnehmen.
Bevor die Versuchsanlage endgültig in Betrieb genommen wurde, konnte der
geschüttete Boden acht Monate setzen. Während dieser Zeit wurden Vorversuche
durchgeführt, um die Funktion der Anlage zu prüfen und die Güte der zu erwartenden
Ergebnisse abschätzen zu können. Im April 2000 wurde dann der oberste Dezimeter
44
Boden entnommen und durch Boden der jeweiligen Nullvariante der Versuchsflächen
ersetzt. Diese Störung des obersten Dezimeters entspricht einer grundlegenden
Bodenbearbeitung, wie sie zu dieser Zeit auf Weinbauflächen üblich ist. Anschließend
wurden die Bodensäulen mit etwa 20 l Wasser über den Zeitraum von zwei Wochen
gespült, um den Großteil des im Boden vorhandenen mineralischen Stickstoffs
auszuwaschen. Ende April 2000 wurde dann Kompost ausgebracht und mechanisch
eingearbeitet.
Nach
drei
Jahren,
im
April
2003,
erfolgte
eine
erneute
Kompostaufbringung, entsprechend der praxisüblichen Vorgehensweise.
Aufhängung der
Inkubationssäule
Öffnung für die
Saugkanüle
Äußerer Mantel
Inkubationssäule
Substrat + Kompost
Lochplatte
Perkolat
Substrat
Filterkies
Abbildung C 3.1: Schematischer Aufbau der verwendeten PVC-Kleinlysimeter (Längsschnitt).
C 3.1.4 Versuchsanordnung und Messbetrieb
Die Befüllung der Mikrolysimeter erfolgte nach den Vorgaben durch den Ringversuch
des FDW (vergl. Kapitel B 3.2) mit den Substraten der vier ausgewählten Standorte.
Die Verwendung von geschütteten Böden legitimiert sich aus der mehrmals im Jahr
stattfindenden mechanischen Bearbeitung der Weinbergsböden (Müller, 1991).
Kompost entsprechend den drei Düngevarianten 0 t ha-1, 30 t ha-1 und 50 t ha-1 wurde
wie schon Ende April 2000 auch im April 2003 auf das Substrat aufgebracht und
10 cm tief eingearbeitet. Jede Düngevariante wurde dreifach angesetzt (insgesamt 36
Mikrolysimeter). Die Bodentemperatur wurde mit Temperaturloggern TINYTAG® der
45
Firma Gemini Data Loggers Ltd. (Chichester, England) in 5 und 15 cm Tiefe über den
Versuchszeitraum erfasst. Die Nullvarianten wurden nicht mineralisch gedüngt.
Die Termine für die Entnahme des Perkolats richteten sich nach den Niederschlagsereignissen. Aufgrund der starken Abhängigkeit der Mineralisationsvorgänge von der
Bodenfeuchtigkeit wurden die Bodensäulen in längeren Trockenperioden nicht
künstlich bewässert. Der Witterungsverlauf während des Experimentes erlaubte die
Perkolatentnahme etwa alle zwei bis drei Wochen.
Im Laufe der Untersuchung sind die Substrate in den Mikrolysimetern ortsüblich, d.h.
viermal im Jahr, mechanisch bearbeitet worden.
C 3.1.5 Analyse
Das abgesaugte Perkolat wurde sofort nach der Entnahme mit einer Spatelspitze CaCl2
(CaCl2 ∙ 2 H2O der Firma Merck KgaA, Darmstadt, Deutschland) versetzt, um etwaig
vorhandene Schwebpartikel der Tonfraktion zu koagulieren. Mit Hilfe von
Faltenfiltern des Typs 595½ der Firma Schleicher & Schuell GmbH (Dassel,
Deutschland) wurde dann das Perkolat filtriert, wobei ein Vorlauf von 25 ml
verworfen wurde. Es wurden zweimal 20 ml Filtrat in Kunststofffläschchen abgefüllt
und für die spätere Analyse eingefroren.
Die Bestimmung der NO3-N und NH4-N Konzentrationen im Perkolat orientiert sich
an der im Kapitel C 2.3 beschriebenen Methode. Da die NH4-N-Konzentration stets
unterhalb der Bestimmungsgrenze lag, wird hier die NO3-N-Konzentration der
Konzentration mineralischem Stickstoffs gleichgesetzt.
Die Analysen wurden freundlicherweise von Herrn M. Schreieck, Abteilung AgrarÖkologie des DLR Rheinpfalz durchgeführt.
C 3.1.6 Statistische Auswertung
Die statistische Auswertung der Summen der N-Fracht über den Simulationszeitraum
erfolgte mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 6.0 for Windows® der Firma SPSS
Inc. (Chicago, IL, USA). Der dort enthaltene LSD Multiple Range Test nach
Bonferroni wurde zum Vergleich der Mittelwerte eingesetzt.
C 3.1.7 Gütekriterium zur Beurteilung des Simulationserfolges
Die Berechnung der Modelleffizienz EF nach Loague und Green (1991)
46
EF  1   Pi  O i 2 /  O i  O 
n
n
i 1
i 1
2
(Gleichung C 3.1)
mit Pi = den simulierten und Oi = den beobachteten Werten, n = der Anzahl der
Beobachtungen und Ō = dem Mittelwert der beobachteten Werte, dient als
Gütekriterium für die Simulation. Sie ist definiert als der Anteil der Varianz der
beobachteten Daten, der durch das Modell erklärt werden kann. Dabei kann auch eine
negative Modelleffizienz ermittelt werden. In diesem Fall kann das Modell den
beobachteten Wert weniger genau vorhersagen als der Mittelwert der beobachteten
Werte. Nichtsdestotrotz kann auch eine korrekte Schätzung des beobachteten
Mittelwertes gegebenenfalls immer noch als gutes Simulationsergebnis gewertet
werden.
C 3.1.8 Boden- und Klimadaten für die Simulation
Die Simulationen der Mikrolysimeter mit NVINO werden auf der Grundlage der im
Rahmen des Ringversuches für die Versuchsböden ermittelten bodenphysikalischen
Kenndaten sowie der im Rahmen des Messprogramms des Agrarmeterologischen
Messnetzes Rheinland-Pfalz am Standort Neustadt-Mußbach erhobenen Klimadaten
durchgeführt. Das tägliche Sättigungsdefizit wurde aus der Tagesmitteltemperatur in
2 m Höhe und der relativen Luftfeuchte nach Weischet (1991) berechnet.
C 3.2 Ergebnisse
Die folgenden Abbildungen (Abbildung C 3.2 bis Abbildung C 3.5) enthalten die
Gegenüberstellung
der
Messwerte
aus
dem
Lysimeterexperiment
mit
der
entsprechenden Simulation. Die Simulation schließt die erste Kompostausbringung im
Jahre 2000 und den darauf folgenden Untersuchungszeitraum mit ein. Da die
Ergebnisse für diesen Zeitraum jedoch Bestandteil des Vorgängerprojektes sind und
bereits bei Nendel (2002) veröffentlicht wurden, sind hier nur die Daten für den
Zeitraum vom 11.02.2003 bis zum 04.04.2005 dargestellt.
47
450
Ruppertsberg
400
NO3-N [kg ha-1], kumuliert
350
300
250
200
150
100
50
0
10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005
Simulation 0 t ha-1
Simulation 30 t ha-1
Simulation 50 t ha-1
Messwert 0 t ha-1
Messwert 30 t ha-1
Messwert 50 t ha-1
Abbildung C 3.2: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat
aus Ruppertsberg in [kg N ha-1], kumuliert.
450
Nierstein
400
NO3-N [kg ha-1], kumuliert
350
300
250
200
150
100
50
0
10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005
Simulation 0 t ha-1
Simulation 30 t ha-1
Simulation 50 t ha-1
Messwert 0 t ha-1
Messwert 30 t ha-1
Messwert 50 t ha-1
Abbildung C 3.3: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat
aus Nierstein in [kg N ha-1], kumuliert.
48
450
Wolf
400
NO3-N [kg ha-1], kumuliert
350
300
250
200
150
100
50
0
10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005
Simulation 0 t ha-1
Simulation 30 t ha-1
Simulation 50 t ha-1
Messwert 0 t ha-1
Messwert 30 t ha-1
Messwert 50 t ha-1
Abbildung C 3.4: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat
aus Wolf in [kg N ha-1], kumuliert.
450
Bad Kreuznach
400
NO3-N [kg ha-1], kumuliert
350
300
250
200
150
100
50
0
10/12/2002 20/03/2003 28/06/2003 06/10/2003 14/01/2004 23/04/2004 01/08/2004 09/11/2004 17/02/2005 28/05/2005
Simulation 0 t ha-1
Simulation 30 t ha-1
Simulation 50 t ha-1
Messwert 0 t ha-1
Messwert 30 t ha-1
Messwert 50 t ha-1
Abbildung C 3.5: Simulation des NO3-N-Austrags aus den Mikrolysimetern mit dem Substrat
aus Bad Kreuznach in [kg N ha-1], kumuliert.
49
C 3.3 Diskussion
Aufgrund der trockenen Witterung im Jahre 2003 ist es während der Frühjahrs- und
Sommermonate in keinem der untersuchten Mikrolysimetern zu einem nennenswerten
Perkolationsereignis gekommen. Die ersten Nitrat-Austräge wurden erst im Oktober
2003 beobachtet. In drei der vier Böden wurden zu diesem Zeitpunkt wesentlich
höhere Austräge aus den Kompostvarianten verzeichnet als es das Modell berechnet.
Nur in den Kompostvarianten des Ruppertsberger Bodens wurde erheblich weniger
Nitrat freigesetzt und ausgewaschen. Diese Beobachtung deckt sich mit den
Ergebnissen der vorangegangenen Untersuchungsperiode (Nendel, 2002). In den
Kontrollvarianten deckte sich die simulierte N-Auswaschung mit den Beobachtungen.
Einzig am Standort Bad Kreuznach wurden etwa 40 kg N mehr aus der
Kontrollvariante ausgewaschen als vom Modell vorhergesagt.
Im Sommer 2004 führte Trockenheit erneut zu einer negativen Wasserbilanz in den
Lysimetern, so dass keine Auswaschung erfolgte. Das mit dem Einsetzen der
Herbstniederschläge ausgewaschene Nitrat war diesmal mengenmäßig jedoch sehr
viel weniger als das Modell prognostizierte. Auffallend ist, dass mit Ausnahme der
Ruppertsberger Varianten die Abweichungen der beobachteten N-Austräge vom
Modellergebnis in jeweils entgegen gesetzter Richtung in den Jahren 2003 und 2004
sich in der Summe praktisch aufheben. In den Kontrollvarianten stimmten
Beobachtungen und Simulation in allen Böden augenscheinlich gut überein.
Wie kam es nun zu den beobachteten Abweichungen zwischen Modell und
Experiment in den Kompostvarianten? Eine plausible Erklärung liefert die Annahme,
dass es nach der Kompostaufbringung im April 2003 zu einem Priming-Effekt
gekommen ist. Dieser Effekt, der sich durch eine starke Reaktion der
Bodenmikroorganismen auf die Verfügbarkeit leicht abbaubarer organischer Substanz
mit darauf folgendem Wachstum und N-Mineralisation auszeichnet, wurde bereits
nach der ersten Applikation im Frühjahr 2000 beobachtet (Nendel, 2002). In diesem
Falle zeigt sich aufgrund der Trockenheit das über das normale Maß hinaus
freigesetzte Nitrat erst mit der Auswaschung im Herbst. Die Trockenheit im Sommer
2003 war so extrem, dass davon ausgegangen werden muss, dass ein erheblicher Teil
der Mikroorganismen-Population der r-Strategen, die aufgrund der Kompostzugabe
50
sehr schnell und stark angewachsen war, abgestorben sein muss. Sie dienten im
folgenden Winterhalbjahr den verbliebenen Mikroorganismen als Nahrung, wobei
erhebliche Mengen des zuvor freigesetzten Stickstoffs wieder in ihren Zellen
festgelegt wurden. Diese Immobilisation führte vermutlich dazu, dass im Herbst 2004
geringere N-Mengen aus dem System ausgewaschen wurden, als angenommen. Da
das Modell nicht über die Möglichkeit verfügt, die Populationsdynamik der
Mikroorganismen zu simulieren, wird im Jahre 2003 der Priming-Effekt nicht
berücksichtigt und die darauf folgende N-Auswaschung unterschätzt und folglich im
Jahre 2004 die Immobilisation außer Acht gelassen und die N-Auswaschung
überschätzt. Da dieser Vorgang im Prinzip nicht zu einer Veränderung der NGesamtmenge im System führt (das von den Mikroorganismen immobilisierte N
bleibt weiterhin im Boden), kommt das Modell in der Summe über diese zwei
besonderen Jahre letztendlich zu einem vergleichbaren Ergebnis. Für die Anwendung
bedeutet dies jedoch, dass die Abweichung des Modells innerhalb dieses Zeitraums zu
einer erheblichen Fehleinschätzung des Düngebedarfs führen kann.
C 3.4 Schlussfolgerung
Bereits im vorangegangenen Projekt wurde kritisch bemerkt, dass das Modell nicht in
der Lage ist, die auftretenden Priming-Effekte nachzuvollziehen. In diesem
Experiment wurde deutlich, dass die Konsequenz aus der Nicht-Berücksichtigung der
Populationsdynamik der im Boden lebenden Mikroorganismen im Modell darüber
hinaus
auch
zu
einer
Fehleinschätzung
in
den
Folgejahren
nach
einer
Kompostapplikation führen kann. Das Modell ist deshalb vor dem Hintergrund der
geplanten Anwendung kritisch zu beurteilen. Eine Erweiterung des Modells um
mikrobielle N-Pools und deren dynamische Einbindung in den N-Kreislauf wir als
essentiell betrachtet. Für eine Simulation der N-Dynamik in Rebflächen, die nicht
einer organischen Düngung ausgesetzt sind, ist das Modell jedoch bereits gut
geeignet. Dies zeigen die Resultate der Simulation der Kontrollvarianten in diesem
Experiment. Ungeklärt ist weiterhin die ungewöhnlich schwache N-Mineralisation des
Komposts im Boden aus Ruppertsberg.
51
C 4 ABSCHÄTZUNG DER GRUNDWASSERGEFÄHRDUNG DURCH
NITRAT AUS BIOABFALLKOMPOST IM LYSIMETERVERSUCH
Im vorangegangenen Projekt wurden im Detail die Aspekte der N-Mineralisation aus
dem Bioabfallkompost untersucht. Des Weiteren konnten mit Hilfe eines MonitoringVersuches Information über die Verlagerung des mineralischen Stickstoffs im Boden
gewonnen werden. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl die Simulation mit dem
Modell NVINO 1.0 als auch das Monitoring im Feld eine Verlagerung von
mineralischem Stickstoff über die Profilgrenze von 2 m Tiefe hinaus zeigte. Die
Mengen, die dabei vom Modell als Verlust geschätzt wurden, lagen im Bereich von 90
kg N ha-1 für einen Sandboden bis über 300 kg N ha-1 für einen Schluffboden in einem
Zeitraum von drei Jahren nach einer Kompostausbringung von 30 t ha-1. Ob diese
Verluste den Bedingungen im Feld entsprechen, soll in dem folgend beschriebenen
Versuch mit Hilfe von tiefen Lysimetern geprüft werden.
C 4.1 Material und Methoden
C 4.1.1 Lysimeter
Die Lysimeteranlage des DLR Rheinpfalz in Neustadt a.d.W., in der Versuche zu
Nährstoff- und Wasser-Bilanzen im Boden unter Reben durchgeführt werden können,
steht wie die Kleinlysimeter ebenfalls in der Lage Eselshaut auf dem Gelände des
DLR. Es handelt sich dabei um 12 frei dränende Lysimeter mit 1,25 × 1,25 m² Fläche
und einer Tiefe von 1,0 m (sechs Stück) und 1,5 m (sechs Stück). Jeweils drei tiefe
und drei flache Lysimeter enthalten einen mittel lehmigen Sand (Sl3) oder einen mittel
tonigen Schluff (Ut3). In jeder der vier Gruppen sind zwei Lysimeter mit einer Rebe
bestockt, eins ist unbepflanzt.
C 4.1.2 Versuchsanordnung und Messbetrieb
Jeweils ein bepflanztes und ein unbepflanztes Lysimeter haben im Frühjahr 2003 eine
Gabe Kompost entsprechend 30 t ha-1 bekommen. Das verbliebene bepflanzte
Lysimeter in der jeweiligen Gruppe bekam zum gleichen Zeitpunkt eine mineralische
Düngergabe von 60 kg N ha-1. Die Versuchsanordnung ist der Abbildung C 4.1 zu
entnehmen. Die Perkolatentnahme erfolgte an insgesamt 11 Terminen im Zeitraum
von der Kompostausbringung bis zum Mai 2005.
52
mittel lehmiger Sand
mittel toniger Schluff
K
K
M
K
K
M
Nr.
7
8
9
10
11
12
Nr.
1
2
3
4
5
6
K
K
M
K
K
M
1,5 m Tiefe
1,0 m Tiefe
K
= Kompost 30 t ha-1, 1 x im Frühjahr 2003
M
= Mineralischer Stickstoff 60 kg ha-1, 1 x im Frühjahr 2003
= Lysimeter mit Rebstock
= Lysimeter ohne Rebstock
Abbildung C 4.1: Versuchsplan der großen Lysimeteranlage.
C 4.1.3 Analyse
Die Aufbereitung der Perkolatproben und die anschließende Analyse erfolgte
entsprechend der im Kapitel C 3.1.5 beschriebenen Methode.
C 4.2 Ergebnisse
Zwei Ergebnisse lassen sich aus den beobachteten Auswaschungssummen ableiten:
zum einen werden innerhalb des Untersuchungszeitraums die höchsten Mengen
mineralischen N aus den Lysimetern ausgewaschen in denen keine Rebe wächst
(Lysimeter 1, 5, 8 und 11 in Abbildung C 4.2). Dabei ist der Unterschied zwischen
den tiefen und den weniger tiefen Lysimetern nur gering. Zum anderen wird unter
Reben zumindest in den weniger tiefen Lysimetern N aus dem Sandboden
aufgefangen (Lysimeter 2 und 3 in Abbildung C 4.2), während aus dem mit Reben
bestandenen Schluffboden kein N ausgewaschen wird (Lysimeter 4 und 6 in
Abbildung C 4.2). Auch aus den tiefen, unbestockten Lysimetern (Lysimeter 8 und 11
in Abbildung C 4.2) wird mehr N aus dem Sandboden als aus dem Schluffboden
53
ausgewaschen. Aufgrund der Tatsache, dass jede Variante nur mit einem Lysimeter
belegt ist, kann eine statistische Überprüfung der Ergebnisse nicht erfolgen.
-1
Ausgewaschener mineralischer Stickstoff [kg N ha ]
120
100
Sand
Kompost
ohne Rebe
Sand
Kompost
ohne Rebe
80
Schluff
Kompost
ohne Rebe
Schluff
Kompost
ohne Rebe
60
Sand
Kompost
mit Rebe
40
Sand
mineralisch
mit Rebe
Schluff
Kompost
mit Rebe
20
Schluff
Sand
mineralisch Kompost
mit Rebe
mit Rebe
Sand
mineralisch
mit Rebe
Schluff
Kompost
mit Rebe
Schluff
mineralisch
mit Rebe
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Abbildung C 4.2: Aus den Großlysimetern ausgewaschener mineralischer Stickstoff im
Zeitraum April 2003 bis Mai 2005. Hellgrau (1-6): 1,0 m Tiefe; dunkelgrau (7-12): 1,5 m Tiefe.
C 4.3 Diskussion
Die beobachteten Phänomene bestätigen Annahmen, die sich aus allgemeinem
bodenkundlichen Wissen ableiten lassen. Die Rebe entzieht dem Boden erhebliche
Mengen Wasser und einen nicht minder relevanten Anteil an Nährstoffen. Während
letzteres bereits die N-Menge im Boden reduziert, verringert der erst genannte Effekt
die zur Verlagerung in Richtung Grundwasser zur Verfügung stehende Menge
Wasser. Die dadurch wesentlich geringer ausfallende abwärtsgerichtete Translokation
von N resultiert in einer deutlich geringeren N-Auswaschung aus den mit Reben
bestockten Lysimetern. Des Weiteren kann der Schluffboden aufgrund seines höheren
Mittelporenanteils und der damit verbundenen höheren Feldkapazität eine größere
Menge Wasser speichern. Diese Wassermenge wird fast ausschließlich durch
Matrixpotenzialgradienten weiter nach unten verlagert. In einem gleichmäßig
durchfeuchteten Boden findet kaum eine Verlagerung statt. Der Sandboden hat im
Gegensatz zum Schluffboden eine wesentlich geringere Retentionsfähigkeit, so dass
54
größere Mengen Wasser perkolieren können und darin gelöste Nährstoffe abwärts
verlagert werden. Das zeigt sich in der tendenziell größeren N-Auswaschung unter
den Sandboden-Lysimetern, wie sie im Versuch beobachtet wurden.
Es wird folgendes dabei deutlich: Die Höhe der bei Nendel (2002) vom Modell
geschätzten N-Auswaschungsmenge wird in den Lysimetern nicht bestätigt. Zwar
unterstreichen die Lysimeterergebnisse allgemein bekannte Phänomene, jedoch ist die
Menge des ausgewaschenen N sehr viel geringer als vom Modell prognostiziert. Es ist
außerdem zu erkennen, dass offensichtlich aus dem Kompost eine höhere Menge N
freigesetzt worden ist als eine entsprechende Düngermenge von 60 kg N ha-1, was
Untersuchungen
von
Nendel
(2002)
bereits
vermuten
ließen.
Die
Auswaschungsmengen aus den hier verwendeten Lysimetern müssen jedoch im Licht
der Versuchsbedingungen betrachtet werden. Da der Rebe im Lysimeter ein sehr
begrenzter Wurzelraum zur Verfügung steht, ist zu vermuten, dass in den Lysimetern
eine wesentlich höhere Durchwurzelungsdichte vorherrscht, als das in einem nicht
limitierten Wurzelraum der Fall wäre. Sowohl die Wasseraufnahme als auch die damit
einhergehende Nährstoffaufnahme wird dadurch im Lysimeter wesentlich effektiver
sein als im natürlichen Boden. Dazu kommt, dass an der unteren Begrenzung des frei
dränenden Lysimeters sich aufgrund des Potenzialgefälles ein Stauhorizont bildet. Da
sich dieser Stauhorizont im Durchwurzelungsbereich der Rebe befindet, hat die Rebe
die Möglichkeit, das dort befindliche Wasser zusätzlich aufzunehmen. Im
unbegrenzten Wurzelraum würde das Wasser weiter abwärts transportiert werden und
durch die weniger dicht verteilten Wurzeln vermutlich nicht mit vergleichbarer
Effektivität ausgenutzt werden. Es steht außerdem zu befürchten, dass an dem
beschriebenen Stauhorizont in dieser Tiefe erheblich Verluste durch Denitrifikation
auftreten. Während dieses Problem in den Kleinlysimetern aufgrund der besseren
Sauerstoffversorgung kaum zu erwarten ist, könnte dieser Verlustpfad das Ergebnis
der Versuche in den tiefen Lysimetern stark beeinflussen. Alles in allem bedeutet dies,
dass in einer natürlichen Rebfläche größere Auswaschungsverluste zu erwarten sind,
als die in den Lysimetern beobachteten. Dabei werden die angedeuteten Trends sich
jedoch relativ zueinander kaum verändern.
55
C 4.4 Schlussfolgerung
Der Lysimeterversuch hat gezeigt, dass bei einer Kompostanwendung entsprechend
den gesetzliche Vorgaben (BioAbfV: 30 kg N ha-1 3a-1) auf tiefgründigen Böden mit
gutem Retentionsvermögen kaum Gefahr nennenswerter Auswaschungsverluste
besteht und damit eine Grundwasserbelastung durch Nitrat nicht zu erwarten ist. Aus
den oben diskutierten Gründen sind jedoch flachgründige, auf massivem Gestein
anstehende Rebflächen sowie sandige oder grundwasserbeeinflusste Rebstandorte
durchaus als Quellen für eine kompostbürtige Nitratbelastung des Grundwassers
anzusehen. Die N-Mengen, die nach einer gesetzeskonformen Kompostausbringung
durch das weitmaschige Netz der Rebwurzeln hindurch abwärts verlagert werden, sind
jedoch wahrscheinlich geringer als zunächst durch die Modellanwendung berechnet.
Sie sind jedoch ebenso wahrscheinlich höher, als die im Lysimeterversuch
beobachteten Werte.
56
C 5 ERSTELLUNG EINES KATALOGES FÜR DIE VEREINFACHTE
ERHEBUNG VON EINGABE-PARAMETERN
Für einen Einsatz in der Düngeberatung stehen nur wenige Daten als Grundlage für
eine erfolgreiche Simulation zur Verfügung. Die vom Anwender abzufordernden
Eingangsparameter und –variablen müssen aus diesem Grund sorgsam gewählt
werden. Dabei ist es wichtig zu erkennen, welche Parameter für den Erfolg der
Simulation besonders wichtig sind und auf welche Parameter das Modell weniger
sensitiv reagiert. Anhand dieser Sensitivitätsanalysen wurde geprüft, welche
Parameter auch in verminderter Genauigkeit dem Modell für eine Simulation
ausreichen und auf welche Parameter möglicherweise auch ganz verzichtet werden
kann. Dafür wurden aus den über 200 Arbeitsparametern in NVINO 2.0 die
prozessrelevanten Parameter ausgewählt, über ihre natürliche oder messtechnische
Schwankungsbreite hinaus variiert und der Effekt im jeweiligen Simulationsergebnis
festgestellt.
Mit dem Ziel, ein Akquirierungssystem für die Anwendung des Modells in der
Düngeberatung zu erstellen, mussten jedoch weitere Kriterien beurteilt werden. Neben
der Sensitivität des Modells auf die Arbeitsparameter waren die Erfassbarkeit und die
Regionalisierbarkeit der Parameter von besonderer Wichtigkeit. Die Beurteilung in
diesen beiden Kategorien musste jedoch auf der Basis von Expertenwissen erfolgen
und beinhaltet deshalb durchaus subjektive Einschätzungen.
Als Ergebnis verblieben 13 Eingangsparameter und –variablen, auf deren Variation
entweder das Modell empfindlich reagierte oder aber die relativ einfach zu akquirieren
sind. In Tabelle C 5.1 sind die essentiellen Eingangsdaten zusammengefasst und
klassifiziert in den Kategorien Erfassbarkeit, Regionalisierbarkeit und Sensitivität.
Aufgrund der partiellen Subjektivität der Klassifizierung soll im Folgenden eine
Erklärung für die jeweilige Einordnung geliefert werden.
Zu der als unverzichtbar erachteten Information für den Modellbetrieb zählen zum
einen vier Wettervariablen. Sie sind jedoch vom Berater relativ einfach über die
Agrarmeteorologischen Serviceeinrichtungen zu beschaffen, so dass hier keine
Schwierigkeiten im Modellbetrieb zu erwarten sind. Alle anderen Parameter müssen
vor Ort ermittelt werden. Sie sind jedoch dort einfach zu erfassen, so dass hier weder
57
eine spezielle Schulung der Berater noch (in den meisten Fällen) eine Anwesenheit
des Beraters vor Ort nötig ist. Die Managementdaten sowie die Daten der Rebe sind
dem Winzer bekannt und in den überwiegenden Fällen dokumentiert. Diese Daten
sind aus diesem Grund in der Kategorie Erfassbarkeit in Tabelle C 5.1 jeweils als
„gut“ bewertet worden. Dazu zählt auch die Information über die Bodenart. Sie ist im
Allgemeinen aus einer Bodenkarte, die in den meisten Bundesländern im Maßstab
1:50 000 (BK50) vorliegt, mit hoher Genauigkeit abzulesen. In Grenzfällen ist die
Bodenart außerdem vor Ort einfach mit Hilfe der sog. Fingerprobe abzuschätzen.
Die verbleibenden Bodenparameter Humusgehalt, Lagerungsdichte und Skelettgehalt
sind nur als „mittel“-mäßig gut erfassbar eingestuft worden, da zu ihrer Ermittlung im
Feld eine gewisse Erfahrung vorausgesetzt werden muss. Besonders die Abschätzung
des Humusgehaltes ist hier als kritisch einzustufen, da ein fehlerhaft geschätzter Wert
das simulierte N-Mineralisationspotential des Bodens stark beeinflusst und damit zu
einer Fehleinschätzung der N-Dynamik im Boden führen kann. Ebenso problematisch
ist es, den Skelettgehalt des Bodens zu erfassen, da keine Messtechnik verwendet
werden
kann.
Der
Skelettgehalt
hat
jedoch
großen
Einfluss
auf
die
Wasserhaltekapazität.
In der Kategorie Regionalisierbarkeit sind die Klimavariablen mit Ausnahme der
Niederschlagsdaten als „gut“ eingestuft worden. Diese subjektive Einschätzung beruht
auf der Annahme, dass Temperatur, Strahlung und Luftfeuchte im Skalenbereich von
einem 1 km² nur in geringem Maße variieren, so dass der zu erwartende Effekt auf die
Simulation zu vernachlässigen ist. Lokale Unterschiede in der Niederschlagsmenge
und -verteilung können sich jedoch sehr wohl auf das Simulationsergebnis auswirken,
so dass diese Variable als „mittel“ eingestuft wurde. Ebenso wurde die Information
über die Bodenart eingestuft. Sie ist zwar oftmals kleinräumig variabel, so dass eine
Regionalisierung im Sinne einer Extrapolation nicht durchführbar erscheint, jedoch
kann u. U. mit Hilfe einer auf einem Geografischen Informationssystem hinterlegten
Digitalen Bodenkarte (DBK50) eine Verfügbarkeit der Bodenartinformation
ermöglicht werden, die dann eine fallspezifische Ermittlung der Bodenart für die
Anwendung im Modell überflüssig macht. Weiterhin wurde als „mittel“ eingestuft die
Managementdaten im Weinberg. Diese orientieren sich zu einem großen Teil an den
stark temperaturabhängigen Wachstumsstadien der Rebe, so dass auf einen
58
regionaltypischen Wert zurückgegriffen werden kann, sofern das Datum einer
bestimmten Bearbeitung im Weinberg nicht zu ermitteln sein sollte. Im Sinne einer
exakten Reproduktion des Geschehens im Weinberg sollte jedoch die Akquirierung
der jeweiligen Daten vom Winzer stets vorzuziehen sein. Alle anderen Parameter sind
stark von Einzelentscheidungen des Winzers abhängig oder sind kleinräumig
unterschiedliche
Standorteigenschaften,
die
nicht
in
einem
überregionalen
Informationssystem erfasst sind. Diese sind als „schlecht“ regionalisierbar eingestuft.
Die Zusammenfassung der Klassifizierung der vom Modell essentiell benötigten
Information ist in Tabelle C 5.1 zusammengefasst.
Tabelle C 5.1: Klassifizierung der Information, die
Simulationsmodells NVINO 2.0 zur Verfügung stehen muss.
Parameter
für
die
Anwendung
Erfassbarkeit
Regionalisierbarkeit
Sensitivität
Klima:
Tagesmitteltemperatur
gut
gut
hoch
rel. Luftfeuchte
gut
gut
hoch
Niederschlag
gut
mittel
hoch
Globalstrahlung
Boden:
gut
gut
hoch
Bodenart
gut
mittel
hoch
Humusgehalt
mittel
schlecht
hoch
Lagerungsdichte
Skelettgehalt
mittel
mittel
schlecht
schlecht
mittel
hoch
Augenzahl
Standweite
gut
gut
schlecht
schlecht
mittel
mittel
Rebalter
gut
schlecht
mittel
Eingriffsdaten
gut
mittel
hoch
Düngermenge
gut
schlecht
hoch
des
Rebe:
Management:
Für die Ableitung eines Akquirierungssystems werden den zu erfassenden InputParametern je nach Klassifikation Akquirierungspfade zugeteilt. Auch hierbei handelt
es sich um einen Ansatz der auf Experten-Wissen beruht. Das System gibt für jeden
Parameter eine vorzuziehende Möglichkeit an sowie eine Alternative. Bei Parametern,
die den Boden betreffen, ist sogar eine zweite Alternative verfügbar. Die klimatischen
Eingangsvariablen
sollten
primär
aus
dem
lokalen
Agrar-metereologischen
59
Informationsnetz gezogen werden. In Rheinland-Pfalz bietet das AGMEDA-System
bereits eine Datenschnittstelle für das HERMES-Modell an. Diese kann auch für
NVINO genutzt werden. In anderen Bundesländern gibt es zum Teil ähnliche Anbieter
von Agrar-meteorologischen Daten. Sollte dies nicht der Fall sein, muss auf frei
zugängliche Klimadaten zurückgegriffen werden. Diese sind z.B. von der Website des
Deutschen Wetterdienstes für einige überregionale Wetterstationen abgreifbar.
Tabelle C 5.2: Akquirierungssystem für die Information, die für die Anwendung des
Simulationsmodells NVINO 2.0 zur Verfügung stehen muss.
Parameter
Akquirierung
1. Alternative
2. Alternative
Klima:
Tagesmitteltemperatur
AGMEDA

rel. Luftfeuchte
AGMEDA
│
Niederschlag
AGMEDA
Globalstrahlung
AGMEDA
Frei zugängliche
DWD-Daten einer

überregionalen
│
Station

Boden:
Bodenart
Bodenkarte
Humusgehalt
Analyse
Lagerungsdichte
Analyse
Fingerprobe vor Ort 
Beurteilung vor Ort │ Einschätzung des

Winzers
Messung vor Ort
Skelettgehalt
Analyse
Beurteilung vor Ort

Dokumentation

des Winzers


Regionaltypische

Daten


Dokumentation

des Winzers


Regionaltypische

Daten

│

Rebe:
Augenzahl
Standweite
Rebalter
Management:
Eingriffsdaten
Düngermenge
Bodenparameter sollten vorrangig durch eine Analyse bestimmt oder aber über
gespeicherte Analysen ermittelt werden. Die inzwischen fast flächendeckend für
Deutschland vorliegende digitale Bodenkarte ist hier ein Hilfsmittel, das eine
Körnungsanalyse durchaus ersetzten kann. Für die Parameter Humusgehalt,
Lagerungsdichte und Skelettgehalt ist meist keine Information in Karten vorhanden.
Sollte hier eine Analyse nicht durchführbar sein, kann ein geschulter Berater mittels
einfacher Schätz- und Messmethoden eine Parameterbestimmung durchführen. Ein
erfahrener Bodenkundler ist in der Lage, mit Hilfe der Fingerprobe die Bodenart sehr
60
exakt abzuschätzen. Sollte ein Besuch des Beraters vor Ort ebenfalls nicht ohne
Schwierigkeiten zu organisieren sein, kann als zweite Alternative hier auf den
Erfahrungshorizont des Winzers zurückgegriffen werden. Die Winzer haben in den
meisten Fällen eine sehr gute Kenntnis der Eigenschaften ihrer Böden. Für die Daten
über die Rebe und das Flächenmanagement sind die Winzer selbst die beste
Informationsquelle. Sie führen meist Buch über Ihre Flächen und können über
Düngungs- und Bearbeitungstermine sowie über Alter und Anschnitt der Reben
erschöpfend Auskunft geben. Sollte dies nicht der Fall sein, sind regionaltypische
Daten eine Alternative, allerdings keine besonders gute. Da aber zumindest die
Pflanzenparameter nur mit mittlerer Sensitivität beurteil worden sind, kann diese
Alternative angeboten werden. Eine Übersicht über das Akquirierungssystem gibt
Tabelle C 5.2.
Das hier vorgestellte Akquirierungssystem erlaubt es dem Berater, bei ausreichender
Verfügbarkeit der benötigten Informationen, Beratungen bereits am Schreibtisch
vorzubereiten oder gegebenenfalls sogar durchzuführen. Hierzu sind lediglich ein
Rechner mit Internetanschluss und einer lauffähigen Version des Modells sowie ein
Telefon, über das die fehlende Information beim Winzer abgefragt werden kann,
notwendig. Die so erfolgte Vorbereitung befähigt den Berater, die Ortstermine
effektiver zu gestalten und trotzdem den Erfolg der Beratung durch die Möglichkeit
der Effekt-Visualisierung zu steigern.
61
C 6 IMPLEMENTIERUNG DES MODELLS IN EINE ZEITGEMÄßE
PROGRAMMOBERFLÄCHE
Die Umsetzung der im Vorgängerprojekt erarbeiteten Ideen in ein modernes
Düngeberatungssystem wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Kurt C. Kersebaum,
Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, Institut für Landschaftssystemanalyse,
Müncheberg, durchgeführt. Zu diesem Zweck ist in der Programmierumgebung
TrueBasic® eine anwenderfreundliche Programmoberfläche im Stil von MS
Windows® geschaffen worden. Das leicht verständliche Menü des Beratungssystems
führt den Benutzer durch die Vorbereitungsphase, in der die Eingabedaten dem
Programm zugänglich gemacht werden müssen. Der Benutzer kann zunächst ein
Verzeichnis für sein neues Projekt wählen oder aber ein bereits bestehendes Projekt
öffnen (Abbildung C 6.1). Diese Wahl aktiviert die Folgegeneration im Menübaum, in
der nun die verschiedenen Dateneinheiten zur Bearbeitung bereitstehen. Die
Organisationsstruktur der zu simulierenden Flächen und die damit verknüpften
Bodenprofile können angelegt und editiert werden (Abbildung C 6.2). Wetterdaten
können eingelesen und die einzelnen Aktionspunkte im Flächenmanagement
(Düngungs-,
Pflege-
und
Bodenbearbeitungsmaßnahmen)
organisiert
werden
(Abbildung C 6.3). Ein Wegweiser auf der Hauptseite informiert den Benutzer über
den Fortschritt seiner Vorbereitungen. Sind alle Eingangsdaten dem Programm zur
Verfügung gestellt worden, kann die Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der Daten
geprüft werden. Wenn diese Prüfung erfolgreich verlaufen ist, wird der Startbutton in
der Programmoberfläche freigeschaltet und das Modell kann gestartet werden. Nach
Abschluss der Simulation kann der Benutzer thematische geordnete Ergebnisfenster
abrufen und sich sowohl die Zusammenfassung als auch den grafisch aufbereiteten
Verlauf der Simulation anzeigen lassen. Zusätzlich werden aber weiterhin die
benutzerspezifisch einstellbaren Ergebnisdateien erzeugt, um die generierten Daten in
weiterführender Datenverarbeitungssoftware zu verwenden. Hier sind sowohl
statistische Auswertungen der simulierten Daten denkbar oder die Verwendung der
Daten mit eindeutigem Flächenbezug in Geoinformationssystemen als auch die
einfache Visualisierung in Präsentationen oder Medien.
Die neue Benutzeroberfläche stellt in vielerlei Hinsicht eine Verbesserung gegenüber
der alten DOS-Oberfläche dar. Dabei steht insbesondere die sofort zur Verfügung
62
stehende Visualisierung der Ergebnisse im Vordergrund, die zuvor nur über
umständliche Wege und unter Zuhilfenahme von weiteren Programmen möglich war.
Aber ebenso die freundliche Aufmachung sowie die selbsterklärende Menüführung
nehmen die Berührungsängste, die das technisch anmutende DOS-Fenster und die
komplizierte Struktur der benötigten Daten in der Vergangenheit hervorgerufen haben.
Da der rasante Fortschritt der Unterhaltungs- und Bürosoftware eine starke
Verbreitung des Windows®-Konzepts mit sich gebracht hat, haben sich die Anwender
vom Gebrauch zeilenorientierter prompt-command-Strukturen entwöhnt. Die Führung
durch Menü- und Untermenüstrukturen mit Hilfe einer Maus oder eines Touchpads
sind inzwischen bei Software, die für den Endverbraucher konzipiert ist, zum
Standard avanciert.
Die einfache Bedienung der neuen Programmoberfläche ist außerdem ein wesentlicher
Schritt in Richtung der Anwendung der Software in der Düngeberatung. Die
Verwendung des Simulationsmodells auf einem mobilen Rechner erlaubt nun die
einfache und schnelle Beratung des Winzers, unterstützt durch visuell aufbereitete
Ergebnisse von simulierten Szenarien, die der Berater gemeinsam mit dem Winzer am
Tisch entwickeln kann. Der Berater ist in nun der Lage, mit Hilfe von vorbereiteten
Szenarien dem Winzer so genannte „Was-passiert-wenn“-Situationen vorzuspielen
und ihm die Konsequenzen seines Tuns vorzuhalten. In diesem Vorgehen entfaltet
sich die volle Stärke eines solchen Simulationsmodells. Es muss in diesem
Zusammenhang
jedoch
darauf
hingewiesen
werden,
dass
das
vorliegende
Simulationsmodell NVINO 2.0 noch bei Weitem nicht alle Management-Szenarien im
Weinberg abbilden kann. So sind z.B. eingesäte Winter- und Dauerbegrünungen
sowie laterale Wasserbewegungen in hängigem Gelände im Modell bis dato nicht
berücksichtigt.
63
Abbildung C 6.1: Der erste Schritt in NVINO 2.0: die Auswahl des Projektes.
Abbildung C 6.2: NVINO 2.0: Die Organisation der Kenndaten im virtuellen Bodenprofil.
64
Abbildung C 6.3: NVINO 2.0: Die Eingabe der Managementdaten.
65
C 7 SIMULATION DER N-DYNAMIK IN REBFLÄCHEN DES
KOMPOST-RINGVERSUCHES
C 7.1 Einleitung
Das Modell NVINO ist in der Lage, eine Düngung mit Bioabfallkompost auf vier
ausgesuchten Weinbaustandorten in Rheinland-Pfalz wiederzugeben und die
Stickstoffdynamik auch für zukünftige Kompostapplikationen vorherzusagen (Nendel,
2002). Die Erweiterung der Leistungsfähigkeit des Modells im Hinblick auf die
überregionale Anwendung in der Düngeberatung wird in diesem Abschnitt geprüft.
Im Rahmen des Ringversuchs des FDW werden kontinuierlich Daten über den NminStatus in den mit Kompost gedüngten Rebflächen erhoben, sowie einige Daten zur
Standortcharakterisierung. Diese Daten unterscheiden sich aber von denen des
vorangegangenen Exaktversuchs (Nendel, 2002) durch eine geringere zeitliche und
räumliche Datendichte. Es gilt nun zu prüfen, ob das Modell in der Lage sein wird,
mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Standortcharakterisierung die N-Dynamik in
den Versuchsböden ebenso genau wiederzugeben, wie sie durch die routinemäßig
erhobenen Nmin-Daten beschrieben wird.
Tabelle C 7.1: Übersicht über die zur Leistungsprüfung des Modells von den Teilnehmern
des Ringversuches Humusersatzwirtschaft im Weinbau – Bioabfallkompost“ (1999 bis 2005)
zur Verfügung gestellten Parameter und Validierungsdaten aus dem Routine-Messprogramm.
Standort
Validierungsdaten
Standortdaten
Klimadaten
Managementdaten
(Versuchsfläche der
BBA, FH oder des
DLR)
NminProben
Bodenfeuchte
Bodenart,
Humusgehalt,
Skelettgehalt
Temperatur,
rel. Luftfeuchte,
Globalstrahlung,
Niederschläge
Schnitt,
Bodenbearbeitung,
Düngung
Bad Kreuznach
+
–
+
+
+
Ruppertsberg
+
–
+
+
+
Nierstein
+
–
+
+
+
Wolf
–
–
+
+
–
Blankenhornsberg
+
–
–
–
–
Geisenheim
+
+
–
–
–
Weinsberg
–
–
–
–
–
Marktheidenfeld
–
–
+
+
–
66
C 7.1.1
Gütekriterium zur Beurteilung des Simulationserfolges
C 7.1.1.1 Modelleffizienz
Die Berechnung der Modelleffizienz EF erfolgt nach Loague und Green (1991),
modifiziert nach Richter et al. (Richter et al., 1996). Sie beruht auf der Berechnung
der geringsten euklidischen Distanz zwischen beobachtetem und simuliertem Wert.
Verwendet wird

 

2
2
Fi   Pi  P̂()  t i  t̂ () 


n
n
i 1
i 1
EF  1   Fi / 
(Gleichung C 7.1)
Oi  O 2
(Gleichung C 7.2)
mit Pi = den simulierten, Oi = den beobachteten Werten am Zeitpunkt ti und Ō = dem
Mittelwert der beobachteten Werte. P̂  und t̂   sind die Koordinaten des
simulierten Punktes mit minimaler euklidischer Distanz zum beobachteten Wert,
wobei Φ den Parametervektor mit der Lösung des Minimierungsproblems bezeichnet.
Die Verwendung der geringsten euklidischen Distanz gleicht Fehleinschätzungen des
Simulationserfolges
aufgrund
von
zeitlichen
Verschiebungen
zwischen
den
beobachteten und simulierten Dynamiken aus.
C 7.1.1.2 Mittlere Reproduktionsgüte
Die Fähigkeit des Modells, einen beobachteten Wert zu reproduzieren, lässt sich aus
der Häufigkeitsverteilung der Differenzen zwischen simulierten und beobachteten
Werten ableiten. Als Maß kann hierbei der Anteil der simulierten Werte gelten, der
nicht weiter vom beobachteten Wert abweicht als die beobachteten Werte selbst
untereinander. Letzteres wird durch die mittlere Standardabweichung der Messwerte
ausgedrückt, die sich in diesem Fall aus den Analyseergebnissen von acht
Bodenproben zusammensetzen. Der arithmetisch gemittelte Anteil der simulierten
Werte, die die geforderte Abweichung vom beobachteten Wert unterschreiten, wird
als mittlere Reproduktionsgüte R des Modells bezeichnet:
R
k 0 d s
n
(Gleichung C 7.3),
mit der Häufigkeit k der Wertepaare, deren Differenz d kleiner ist als die Standardabweichung s der gemessenen Werte, und der Anzahl der Wertepaare n. Sie gibt im
67
vorliegenden Fall an, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Modell einen Messwert mit
vorgegebener Genauigkeit reproduzieren kann.
C 7.2 Ruppertsberg
C 7.2.1 Datenerfassung
Die Messung der Nmin-Dynamik in der Versuchsfläche Mühlenweg II erfolgte in
unregelmäßigen Abständen in den Jahren 2003 und 2004. Der Boden wurde in zwei
Schichten zu jeweils 30 cm beprobt. In den Jahren zuvor wurden Messungen in
Dezimeterschichten erhoben, da der Versuchsstandort im Intensivmessprogramm des
Vorgängerprojektes
aufgenommen
worden
war.
Diese
werden
hier
nicht
berücksichtigt.
C 7.2.2 Simulation
Kontrollvariante
300
250
Boden Nmin [kg ha-1]
200
150
100
50
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.1: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Ruppertsberg,
Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert.
68
-1
Variante 30 t ha Kompost
300
250
Boden Nmin [kg ha-1]
200
150
100
50
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.2: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Ruppertsberg, Variante
30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
Variante 50 t ha-1 Kompost
300
250
Boden Nmin [kg ha-1]
200
150
100
50
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.3: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Ruppertsberg, Variante
50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
69
100
-1
-1
150
200
150
100
50
Ruppertsbeg 0 t ha
0
0
50
100
150
-1
Ruppertsberg 30 t ha
0
200
simuliert [kg N ha ]
150
100
50
-1
gemessen [kg N ha ]
200
gemessen [kg N ha ]
-1
gemessen [kg N ha ]
200
0
50
100
150
-1
50
Ruppertsberg 50 t ha
0
200
-1
0
50
100
150
-1
200
-1
simuliert [kg N ha ]
simuliert [kg N ha ]
Abbildung C 7.4: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort
Ruppertsberg mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz
(Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– =
x = y-Gerade, --- = mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte.
C 7.2.3 Diskussion
Am
Standort
Ruppertsberg
wurde
zunächst
ein
augenscheinlich
gutes
Simulationsergebnis erzielt. Die Simulation der Kontrollvariante lag in der
Vorhersage zwar stets unter den beobachteten Werten, jedoch betrug die Abweichung
kaum mehr als 25 kg N ha-1. Auf den mit Kompost gedüngten Flächen zeigt das
Modell die gleiche N-Dynamik wie sie in den betreffenden Böden beobachtet wurde.
Jedoch muss hier konstatiert werden, dass das Ausmaß der N-Mineralisation des
Kompostes vom Modell teilweise erheblich unterschätzt wird. Augenscheinlich hat
die Applikation des Kompostes im Jahre 2002 im Boden einen Priming-Effekt
ausgelöst. Aber auch im Folgejahr hat es offensichtlich einen stärkeren Anstieg der
Nmin-Werte im Boden gegeben, als das Modell es nachzuvollziehen vermochte. Da der
Ruppertsberger Datensatz jedoch ein zeitlich sehr begrenztes Bild der N-Dynamik
liefert, soll an dieser Stelle die Diskussion über die Leistung des Modells verschoben
werden. Herauszuheben ist jedoch folgendes Phänomen: in diesem Datensatz wird
noch einmal verdeutlicht, dass die Verwendung des Kapazitätsansatzes zur
Beschreibung der Wasserbewegung im Boden Nachteile mit sich bringt. Der Anstieg
des Nmin-Gehaltes im Unterboden der Kompostvarianten im Jahr 2003 kommt mehrere
Wochen zu spät. Während im untersuchten Boden davon ausgegangen werden kann,
dass durch ungesättigte Wasserbewegung bereits nach wenigen Tagen nach Einsetzen
der Herbstniederschläge vorhandenes Nitrat in den Unterboden verlagert worden ist,
70
verbleibt im Modell das zugeführte Wasser zunächst in den oberen virtuellen
Bodenschichten, bis diese mit Wasser gesättigt sind. Erst dann erfolgt der Transport in
die unteren Schichten. Dies hat zu Folge, dass im Feld bereit sehr früh hohe NminWerte in der 30-60 cm-Schicht zu finden sind, während das Modell an diesem Tage
noch wesentlich geringere Werte errechnet.
C 7.3 Nierstein
C 7.3.1 Datenerfassung
Am Standort Nierstein wurden ab 1999 Proben erhoben, obwohl parallel dazu auch
das Intensivmessprogramm auf dieser Fläche lief. Zu den im Ringversuch
vereinbarten phänologischen Terminen wurden bis einschließlich „Blattfall 2004“ die
Bodenschichten 0 – 30 cm und 30 – 60 cm vierfach parallel beprobt.
C 7.3.2 Simulation
Kontrollvariante
200
180
160
Boden Nmin [kg ha-1]
140
120
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.5: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein,
Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert.
71
-1
Variante 30 t ha Kompost
200
180
160
Boden Nmin [kg ha-1]
140
120
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.6: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein, Variante
30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
Variante 50 t ha-1 Kompost
200
180
160
Boden Nmin [kg ha-1]
140
120
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.7: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein, Variante
50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
72
100
50
Nierstein 0 t ha
0
0
50
100
150
-1
simuliert [kg N ha ]
-1
-1
150
200
gemessen [kg N ha ]
200
gemessen [kg N ha ]
-1
gemessen [kg N ha ]
200
150
100
50
-1
0
200
0
50
Nierstein 30 t ha
-1
100
200
150
-1
simuliert [kg N ha ]
150
100
50
Nierstein 50 t ha
0
0
50
100
150
-1
200
-1
simuliert [kg N ha ]
Abbildung C 7.8: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort Nierstein
mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz (Gleichung C 7.1)
zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– = x = y-Gerade, --- =
mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte.
C 7.3.3 Diskussion
Am Standort Nierstein wurde ebenso zunächst ein augenscheinlich gutes
Simulationsergebnis erzielt. Die Simulation der Kontrollvariante brachte eine
Vorhersagegenauigkeit, die selten um mehr als 20 kg N ha-1 vom beobachteten Wert
abwich. Auf den mit Kompost gedüngten Flächen musste jedoch ebenso festgestellt
werden, dass das Modell grundlegende Züge der N-Dynamik in den betreffenden
Böden nicht nachvollziehen konnte. Der erhebliche Priming-Effekt, der auch mit den
von der ehemaligen SLVA Oppenheim erhobenen Daten belegt wird, wurde bereits
bei Nendel (2002) diskutiert mit dem Ergebnis, dass das Modell an der Abbildung
dieses Phänomens scheitert. In diesem Datensatz wird jedoch darüber hinaus deutlich,
dass im Boden offensichtlich auch in den Jahren zwischen den Kompostapplikationen
der Kompost das Bodenleben so stark anregt, dass es zu Mineralisationsschüben
kommt, die mit den im Labor ermittelten Mineralisationsparametern nicht beschrieben
werden können. Das Modell bildet die beobachtete Dynamik zwar überwiegend
richtig ab, jedoch in einer wesentlich schwächeren Ausprägung. In den Jahren 2000
und 2004 konnte der starke Anstieg der Nmin-Werte vom Modell nicht nachvollzogen
werden. Hier macht sich das Fehlen von Mikroorganismen-Pools bemerkbar, wie sie
z.B. im DAISY-Modell (Abrahamsen und Hansen, 2000) verwendet werden. Die
Entwicklung der Mikroorganismen als Reaktion auf die Kompostzugabe und die
daraus resultierende N-Umsetzung in den Folgejahren ist für die N-Dynamik
offensichtlich so entscheidend, dass sie die verbleibenden Prozesse in Ihrer
73
Wichtigkeit in den Schatten stellt. Dem Modell muss in diesem Zusammenhang
jedoch zu Gute gehalten werden, dass offensichtlich die starken Anstiege der NminWerte im untersuchten Boden räumlich extrem variabel gewesen sind, wie die
teilweise äußerst hohen Standardabweichungen der einzelnen Messpunkte belegen.
C 7.4 Bad Kreuznach
C 7.4.1 Datenerfassung
Wie schon in Nierstein wurde auch in Bad Kreuznach trotz der parallel laufenden
Intensivuntersuchung ein eigenes Messprogramm durchgeführt. Ab 1999 wurden bis
einschließlich 2003 die beiden obersten Bodenschichten zu je 30 cm beprobt. Im Jahre
2004 wurde nur noch eine Beprobung zur Veraison durchgeführt. Die Proben wurden
vierfach parallel im Rahmen des angelegten Versuchsdesigns erhoben.
C 7.4.2 Simulation
Kontrollvariante
600.0
500.0
Boden Nmin [kg ha-1]
400.0
300.0
200.0
100.0
0.0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.9: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad Kreuznach,
Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert.
74
-1
Variante 30 t ha Kompost
600.0
500.0
Boden Nmin [kg ha-1]
400.0
300.0
200.0
100.0
0.0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.10: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad Kreuznach,
Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
Variante 50 t ha-1 Kompost
600.0
500.0
Boden Nmin [kg ha-1]
400.0
300.0
200.0
100.0
0.0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.11: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad Kreuznach,
Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
75
300
200
100
Bad Kreuznach 0 t ha
0
0
100
200
300
400
-1
simuliert [kg N ha ]
-1
-1
gemessen [kg N ha ]
-1
400
gemessen [kg N ha ]
400
gemessen [kg N ha ]
400
300
200
100
-1
Bad Kreuznach 30 t ha
0
0
100
200
300
-1
300
200
100
400
-1
simuliert [kg N ha ]
Bad Kreuznach 50 t ha
0
0
100
200
300
-1
400
-1
simuliert [kg N ha ]
Abbildung C 7.12: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort Bad
Kreuznach mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz
(Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– =
x = y-Gerade, --- = mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte.
C 7.4.3 Diskussion
Wie schon an den anderen Standorten zuvor, konnte auch am Standort Bad Kreuznach
das Modell zunächst augenscheinlich gute Ergebnisse erzielen, zumindest in den
ersten beiden Jahren nach der Kompostausbringung. Starke Mineralisationsschübe in
den Jahren 2001 bis 2003, der sich in den Daten zeigt, konnte jedoch mit dem Modell
nicht nachvollzogen werden. In diesem Zusammenhang muss jedoch erwähnt werden,
dass im parallel laufenden Intensivmessprogramm ein solch starker Anstieg im
gleichen Zeitraum nicht beobachtet wurde. Nichtsdestotrotz zeigen die hier
gewonnenen Messergebnisse Konsistenz innerhalb des Jahres und trotz der hohen
Streuung liegen selbst die Minima der jeweiligen beobachteten Variante höher als das
Simulationsergebnis. Die Mineralisationsschübe traten sowohl in den KompostVarianten auf, als auch in der Kontrollvariante. Dies zeigt, dass der Boden in Bad
Kreuznach, der einen sehr hohen Humusgehalt aufweist, biologisch sehr aktiv ist. Die
Mikroorganismen sind offensichtlich in der Lage, auch ohne Einbringung zusätzlicher
leicht verfügbarer organischer Substanz Mineralisationsraten zu erbringen, die weit
über die im Labor gemessenen Raten hinausgehen. Hier ist das Modell ohne
Berücksichtigung der Populationsdynamik der Mikroorganismen bereits mit der
Simulation der Kontrollvariante überfordert. Interessanterweise bildet das Modell
jedoch die Nmin-Werte im Winterhalbjahr gut ab, so dass der Verdacht nahe liegt, dass
das im Frühsommer im Boden freigesetzte und durch Messung beobachtete Nmin im
Herbst wieder in den mikrobiellen Pool zurückgeführt wird.
76
C 7.5 Blankenhornsberg
C 7.5.1 Datenerfassung
Am Blankenhornsberg wurde zuvor kein Intensivmessprogramm durchgeführt.
Stattdessen lief an diesem Standort das im Rahmen des Ringversuchs vereinbarte
Standardprogramm ab. Ab 1999 wurden bis einschließlich 2004 die beiden obersten
Bodenschichten zu je 30 cm beprobt. Die Proben wurden vierfach parallel im Rahmen
des angelegten Versuchsdesigns erhoben. Im Winter wurde stets eine Begrünung mit
Winterwicke und Winterroggen in alternierenden Gassen eingesät und im Frühjahr
umgebrochen.
C 7.5.2 Simulation
Kontrollvariante
140
120
Boden Nmin [kg ha-1]
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.13: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden
Blankenhornsberg, Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert.
am Standort
77
-1
Variante 30 t ha Kompost
140
120
Boden Nmin [kg ha-1]
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.14: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Blankenhornsberg,
Variante 30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
Variante 50 t ha-1 Kompost
250
Boden Nmin [kg ha-1]
200
150
100
50
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.15: Simulation der der Nmin-Gehalte im Boden
Blankenhornsberg, Variante 50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
am Standort
78
-1
150
100
50
Blankenhornsberg 30 t ha
150
100
0
200
-1
-1
200
-1
gemessen [kg N ha ]
Blankenhornsberg 0 t ha
gemessen [kg N ha ]
-1
gemessen [kg N ha ]
200
50
0
0
50
100
150
200
-1
simuliert [kg N ha ]
Blankenhornsberg 50 t ha
-1
150
100
50
0
0
50
100
150
-1
simuliert [kg N ha ]
200
0
50
100
150
200
-1
simuliert [kg N ha ]
Abbildung C 7.16: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort
Blankenhornsberg mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz
(Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm, –– =
x = y-Gerade, --- = mittlere Standardabweichung der gemessenen Nmin-Werte.
C 7.5.3 Diskussion
Die Performance des Modells am Standort Blankenhornsberg zeigt bereits im
Augenmaß deutliche Mängel. Bereits in der Kontrollvariante wird deutlich, dass im
untersuchten Boden eine viel stärkere N-Dynamik herrscht, als es das Modell
berechnet. In den Kompost-Varianten muss festgestellt werden, dass ähnlich wie in
den zuvor untersuchten Flächen die Kompostzugabe eine viel stärkere Reaktion im
Boden hervorruft, als vom Modell veranschlagt. Gleichzeitig berechnet das Modell
jedoch starke Anstiege der Nmin-Gehalte zu Zeitpunkten, in denen eine solche
Reaktion im Boden nicht festzustellen war. Die Tatsache, dass das Modell an diesem
Standort keine zutreffende Simulation erzeugen kann ist vermutlich dem Umstand
geschuldet, dass am Blankenhornsberg mit einer langzeitigen Winterbegrünung
gearbeitet wird. Diese Winterbegrünung hat nicht nur eine puffernde Wirkung auf
aktuell mineralisierenden Stickstoff, sondern auch eine eigene Abbaudynamik, bei der
wieder N freigesetzt wird. Da das Modell nicht in der Lage ist, Untersaaten als parallel
wachsende Feldfrucht zu berücksichtigen, scheitert die Simulation in dieser Situation.
C 7.6 Geisenheim
C 7.6.1 Datenerfassung
Der Kompostversuch am Standort Geisenheim ist vom Beginn des Ringversuchs bis
zum Ende des Jahres 2004 begleitet worden. Proben der Bodenschichten 0-30 cm und
79
30-60 cm sind jedoch ohne räumliche Parallelproben erhoben worden, so dass an
diesem Standort keine Aussage über die räumliche Variabilität getroffen werden kann.
C 7.6.2 Simulation
C 7.6.2.1 Bodenfeuchte
Für den Standort Geisenheim stehen zu jedem Probenahmetermin Messungen der
Bodenfeuchte zur Verfügung. Das eröffnet die Möglichkeit, auch für die Simulation
der Bodenwasserdynamik die Leistung des Modells zu prüfen. Die Messwerte und die
Simulationsergebnisse der einzelnen Varianten am Standort Geisenheim sind in
Abbildung C 7.17, Abbildung C 7.18 und Abbildung C 7.19 dargestellt. Eine
Gegenüberstellung der Messwerte und der simulierten Werte befindet sich in
Abbildung C 7.20.
Kontrollvariante
60.0
Bodenfeuchte [m3 m-3]
50.0
40.0
30.0
20.0
10.0
0.0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.17: Simulation der Bodenfeuchte am Standort Geisenheim, Kontrollvariante.
○ beobachtet, –– simuliert.
80
-1
Variante 30 t ha Kompost
60.0
50.0
Boden Nmin [kg ha-1]
40.0
30.0
20.0
10.0
0.0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.18: Simulation der Bodenfeuchte am Standort Geisenheim, Variante 30 t ha-1
Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
Variante 50 t ha-1 Kompost
60.0
50.0
Boden Nmin [kg ha-1]
40.0
30.0
20.0
10.0
0.0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.19: Simulation der Bodenfeuchte am Standort Geisenheim, Variante 50 t ha-1
Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
81
30
25
25
25
20
20
15
10
5
gemessen [%]
30
gemessen [%]
gemessen [%]
30
15
10
5
Geisenheim 0 t ha
0
0
5
10
15
20
25
15
10
5
-1
Geisenheim 30 t ha
0
30
20
0
5
10
simuliert [%]
15
20
25
-1
Geisenheim 50 t ha
0
30
0
5
simuliert [%]
10
15
20
25
-1
30
simuliert [%]
Abbildung C 7.20: Vergleich der simulierten und beobachteten Bodenfeuchten am Standort
Geisenheim. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm.
C 7.6.2.2 Mineralischer Stickstoffgehalt
Kontrollvariante
200
180
160
Boden Nmin [kg ha-1]
140
120
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.21: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Geisenheim,
Kontrollvariante. ○ beobachtet, –– simuliert.
82
Variante 30 t ha-1 Kompost
200
180
160
Boden Nmin [kg ha-1]
140
120
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
05/11/2001
0-30 cm
30-60 cm
20/03/2003
Simulation 0-30 cm
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.22: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Geisenheim, Variante
30 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
Variante 50 t ha-1 Kompost
200
180
160
Boden Nmin [kg ha-1]
140
120
100
80
60
40
20
0
09/02/1999
23/06/2000
0-30 cm
05/11/2001
30-60 cm
Simulation 0-30 cm
20/03/2003
01/08/2004
Simulation 30-60 cm
Abbildung C 7.23: Simulation der Nmin-Gehalte im Boden am Standort Geisenheim, Variante
50 t ha-1 Kompost. ○ beobachtet, –– simuliert.
83
100
50
Geisenheim 0 t ha
0
0
50
100
150
-1
simuliert [kg N ha ]
-1
-1
150
200
gemessen [kg N ha ]
200
gemessen [kg N ha ]
-1
gemessen [kg N ha ]
200
150
100
50
-1
200
Geisenheim 30 t ha
0
0
50
100
150
-1
simuliert [kg N ha ]
150
100
50
-1
200
Geisenheim 50 t ha
0
0
50
100
150
-1
200
-1
simuliert [kg N ha ]
Abbildung C 7.24: Vergleich der beobachteten Nmin-Gehalte im Boden am Standort
Geisenheim mit den simulierten Nmin-Gehalten, die die niedrigste euklidische Distanz
(Gleichung C 7.1) zum jeweiligen Messwert aufweisen. □ = 0 – 30 cm, ■ = 30 – 60 cm.
C 7.6.3 Diskussion
Am Standort Geisenheim kann aufgrund der vorliegenden Bodenfeuchtemessungen
das Modell auch auf die Simulationsleistung hinsichtlich des Wassergehalts des
Bodens überprüft werden. Hier zeigt sich, dass zwar die Dynamik der
Bodenbefeuchtung und -abtrockung gut nachvollzogen werden kann und auch der
Wassergehalt des Bodens bei Sättigung gut getroffen wird, jedoch hat das Modell
Schwierigkeiten, die verhältnismäßig geringe Durchfeuchtung des Unterbodens zu
erklären. Selbst im Frühsommer, wo unter normalen Umständen der Oberboden
schneller abtrocknet als der Unterboden, zeigt sich am Standort Geisenheim der
umgekehrte Fall. Die 30-60 cm-Bodenschicht ist zu jedem Zeitpunkt trockener als die
Krume. Dies kann unter Umständen in der übermäßig starken Wasserentnahme der
Rebe begründet sein. Da aus Geisenheim keine Management-Daten geliefert wurden,
wurde möglicherweise die falsche Augenzahl als Input verwendet und somit die
Wuchsleistung und die Wasserentnahme unterschätzt.
Das Modell ist in der Lage, die N-Dynamik der Kontrollvariante nach Augenschein
verhältnismäßig gut nachzuvollziehen. Eine Abweichung ergibt sich durch das
Unterschätzen der N-Freisetzung im ersten Jahr kurz nach der Kompostausbringung
(vermutlich ein leichter Priming-Effekt) und die daraus resultierende Überschätzung
im folgenden Jahr. In den mit Kompost gedüngten Flächen zeigt sich ein ähnliches
Bild wie schon am Standort Nierstein oder Bad Kreuznach: Die N-Nachlieferung aus
84
dem Kompost übersteigt in mehreren Jahren die Raten, die das Modell vorhersagt,
was den Simulationserfolg stark mindert. Am Standort Geisenheim sind jedoch keine
Wiederholungsmessungen gemacht worden, so dass keine Information über die
Standardabweichung der Messwerte vorliegt. Legt man die an anderen Standorten
beobachtete Variabilität zu Grunde, so wird der tatsächlich erzielte Erfolg vermutlich
größer sein.
C 7.7 Beurteilung des Simulationserfolges
Zur Beurteilung des Simulationserfolges werden die in Kapitel C 7.1.1 beschriebenen
Kriterien verwendet. Die Ergebnisse sind in Tabelle C 7.2 und
Die Modelleffizienz als Standardkriterium für die Beurteilung der Leistung eines
Simulationsmodells zeigt, dass das verwendete Modell nur in wenigen Fällen eine
bessere Schätzung des Erwartungswertes liefert als der jeweilige Mittelwert. Jedoch
wird trotz negativer Modelleffizienz ein Modell oft als tauglich eingestuft, da die
zeitliche Verteilung der Erwartungswerte nicht vom Mittelwert geschätzt werden
kann. Ein Modell liefert zumindest diese Information. Zur Beurteilung, wie genau ein
Modell die gemessenen Werte reproduzieren kann, wird deshalb die Mittlere
Reproduktionsgüte eingesetzt. Sie beschreibt den Anteil der Schätzwerte, die nicht
weiter vom Messwert abweichen als die Messwerte untereinander im Raum. Diese
Maßzahl
wird
durch
die
mittlere
Standardabweichung
der
jeweiligen
Messwertparallelen ausgedrückt.
Tabelle C 7.3 zusammengefasst.
Tabelle C 7.2: Modelleffizienz der Simulationen der Nmin-Gehalte an den untersuchten
Standorten.
Kontrolle
30 t ha-1 Kompost
50 t ha-1 Kompost
Ruppertsberg
-0,76
-0,16
0,22
Nierstein
-0,45
-0,16
-0,20
Bad Kreuznach
0,08
0,06
0,16
Blankenhornsberg
0,06
-0,87
-0,58
-0,45
-0,03
0,10
Standort
Geisenheim
85
Die Modelleffizienz als Standardkriterium für die Beurteilung der Leistung eines
Simulationsmodells zeigt, dass das verwendete Modell nur in wenigen Fällen eine
bessere Schätzung des Erwartungswertes liefert als der jeweilige Mittelwert. Jedoch
wird trotz negativer Modelleffizienz ein Modell oft als tauglich eingestuft, da die
zeitliche Verteilung der Erwartungswerte nicht vom Mittelwert geschätzt werden
kann. Ein Modell liefert zumindest diese Information. Zur Beurteilung, wie genau ein
Modell die gemessenen Werte reproduzieren kann, wird deshalb die Mittlere
Reproduktionsgüte eingesetzt. Sie beschreibt den Anteil der Schätzwerte, die nicht
weiter vom Messwert abweichen als die Messwerte untereinander im Raum. Diese
Maßzahl
wird
durch
die
mittlere
Standardabweichung
der
jeweiligen
Messwertparallelen ausgedrückt.
86
Tabelle C 7.3: Mittlere Standardabweichungen der gemessenen Nmin-Gehalte ( s ) und mittlere
Reproduktionsgüte des Modells (R) für die Simulationen der Nmin-Gehalte an den
untersuchten Standorten.
Standort
Ruppertsberg
Nierstein
Bad Kreuznach
Blankenhornsberg
Geisenheim
30 t ha-1 Kompost
Kontrolle
50 t ha-1 Kompost
s
R
s
R
s
R
kg N ha-1
%
kg N ha-1
%
kg N ha-1
%
18,9
67
23,9
50
30,1
58
2,8
23
15,1
50
20,2
53
22,8
45
25,8
47
38,0
55
3,5
32
4,1
11
6,1
15
–
–
–
–
–
–
Mittlere Reproduktionsgüte für die Kontrollvarianten
42
Mittlere Reproduktionsgüte für die Kompostvarianten
42
Mittlere Reproduktionsgüte des Modells
42
Die mittlere Reproduktionsgüte des Modells beträgt 42 %. Wird der Standort
Blankenhornsberg aus dieser Berechnung herausgenommen, da aufgrund der
Winterbegrünung die N-Dynamik sich von den anderen untersuchten Systemen stark
unterscheidet, kann der Wert auf 45 % für die Kontrollvarianten und 52 % für die
Kompostvarianten angehoben werden. Die somit erreichte mittlere Reproduktionsgüte
von 50 % liegt nur noch 7 Prozentpunkte unter der von Nendel (2002) berechneten
mittleren Reproduktionsgüte für die Modellleistung im vorangegangenen Projekt.
Nichtsdestotrotz bedeute dies, dass nur jeder zweite vom Modell geschätzte Wert das
Gütekriterium einhält. Im Mittel unterschätzt das Modell an allen Standorten den
beobachten Wert um 12,4 kg N ha-1 mit einer mittleren Standardabweichung von
36,2 kg N ha-1.
C 7.8 Zusammenfassende Diskussion
Das Modell wurde abweichend von dem anvisierten Untersuchungsprogramm nur an
fünf Standorten getestet, da zum Abschluss des Projektes nur für diese Standorte
Messdaten zur Verfügung standen. Einer dieser Standorte, die Versuchsfläche
87
Blankenhornsberg, unterscheidet sich aufgrund seiner Bewirtschaftung von den
anderen und muss deshalb gesondert betrachtet werden. Da an diesem Standort eine
regelmäßige Gründüngung erfolgte, weicht die N-Dynamik in dieser Fläche aufgrund
der N-Aufnahme der Gründüngungspflanzen und der zusätzlichen N-Mineralisation
nach dem Umbruch derselben stark von den an anderen Standorten beobachteten
Dynamiken ab. Ein Simulationserfolg wurde hier nicht erwartet, jedoch kann an
diesem Beispiel deutlich gemacht werden, welche Prozesse in das Modell integriert
werden müssen, um auch derartige Umstände abbilden zu können. Die Etablierung
einer regelmäßigen Winterbegrünung oder aber einer dauerhaften Begrünung in
alternierenden Gassen bis hin zu einer flächendeckenden permanenten Begrünung
sind inzwischen der Regelfall im Weinbau. Eine Erweiterung des Modells hinsichtlich
der mit einer Begrünung verbundenen Prozesse im Boden erscheint vor dem
Hintergrund des am Beispiel Blankenhornsberg skizzierten Falles wünschenswert.
Im Vergleich zum Simulationserfolg, der mit dem Modell im Zusammenhang mit den
Arbeiten von Nendel (2002) erzielt worden ist, hat das Modell in dieser Untersuchung
deutliche Schwächen gezeigt. Zwar konnte auch hier der überwiegende Teil der
Kontrollvarianten zufrieden stellend in der jeweiligen N-Dynamik abgebildet werden,
für die Kompostvarianten trifft das jedoch kaum zu. Grundlegend kann festgestellt
werden, dass auf fast allen untersuchten Flächen oftmals eine starke N-Nachlieferung
beobachtet
wurde,
die
offensichtlich
unabhängig
vom
Zeitpunkt
der
Kompostapplikation war. Sie war jedoch mit Sicherheit auf die Anwesenheit der leicht
verfügbaren organischen Substanz des Komposts zurückzuführen, wie ein Vergleich
mit den jeweiligen Kontrollen ergab. Diese Beobachtung führt zu dem Schluss, dass
die N-Dynamik in den untersuchten Weinbergsböden nicht nur durch die von
Bodentemperatur und –feuchte gesteuerten Mineralisationsraten bestimmt wird, wie
sie unter standardisierten Bedingungen im Labor abgeleitet wurden, sondern das die
Populationsdynamik der Zersetzergemeinschaft einen wichtigen Einflussfaktor
beisteuert. Dieser Einfluss beschränkt sich dabei nicht nur auf die Zeit direkt nach der
Kompostaufbringung, sondern zeigt sich auch in den Folgejahren in unterschiedlicher
Ausprägung.
Offensichtlich
ist
der
Anteil
der
schnell
wachsenden
und
hochenergetische Verbindungen nutzenden Mikroorganismen (r-Strategen) in den
untersuchten Böden sehr hoch. Es kann in dieser Untersuchung jedoch nicht geklärt
88
werden, ob diese Population im Boden latent vorhanden ist, oder aber mit dem
Kompost selbst eingebracht wurde. Fakt ist jedoch, dass in den untersuchten Böden NFreisetzungen aus dem Kompost beobachtet wurden, die in ihrer Höhe und
Geschwindigkeit nur in Verbindung mit einer explosionsartig wachsenden
Zersetzerpopulation erklärt werden können. Dieser Umstand macht eine erfolgreiche
Simulation mit dem verwendeten Modell fast unmöglich. Es muss daher gefolgert
werden, dass eine Erweiterung des Modells um mikrobielle N-Pools für die
Modellierung der N-Dynamik in kompostgedüngten Weinbauflächen unumgänglich
ist.
89
D Zusammenfassende Diskussion und Ausblick
D 1 DAS MODELL NVINO 2.0 UND SEINE ZUKUNFT IN DER
DÜNGEBERATUNG
Das Projekt hatte vorrangig zum Ziel, das bestehende, von Nendel und Kersebaum
(2004) erarbeitete Simulationsmodell so weit zu optimieren, dass es als wirksames
Hilfsmittel in der staatlichen Weinbauberatung eingesetzt werden konnte. Zu diesem
Zweck sind sowohl das Pflanzenwachstumsmodul als auch das Gesamtmodell an
weiteren Daten getestet und daraufhin angepasst worden. Der Test des
Pflanzenwachstumsmoduls litt jedoch unter dem besonderen Umstand, dass in beiden
Untersuchungsjahren das Wetter den Reben extreme Trockenheit bescherte, so dass
der erhobene Datensatz nur diesen extremen Bereich abbilden konnte. Das hatte zum
einen den Vorteil, dass das Wuchsverhalten der Rebe bei Trockenheit interpretiert
werden und entsprechende Hypothesen aufgestellt werden konnten, zum anderen
konnten die Daten jedoch nicht wie geplant zur Beurteilung der Simulation des
Wuchsverhaltens der Rebe bei normalen Wetterbedingungen herangezogen werden.
Dieser Abschnitt der Modulvalidierung steht somit noch immer aus.
Bei der Untersuchung des Mineralisationsverhaltens des Kompostes in der
Kleinlysimeteranlage ließ sich erahnen, was sich später bei der Simulation der NDynamik auf verschiedenen Rebflächen bestätigen sollte: kurzeitige Effekte von
mikrobiellen Prozessen wie Priming Effect und Immobilisierung können die NDynamik in einem Weinbergsboden so stark beeinflussen, dass das hypothetische
Modell
der
N-Mineralisation
überlagert
wird.
Das
Modell,
das
keine
Populationsdynamiken von an der N-Mineralisation beteiligten Mikroorganismen
berücksichtigt, liefert hier keine akzeptablen Ergebnisse. Zwar ließ sich zeigen, dass
in drei von vier Böden offensichtlich die langfristige N-Freisetzung aus dem
Bioabfallkompost vom Modell gut beschrieben wird, jedoch werden zur Ableitung
von Düngeempfehlungen im Weinbau zumeist kürzere Zeiträume in Betracht
gezogen. Hier können mikrobielle Kurzzeiteffekte zu erheblichen Abweichungen in
der N-Freisetzung oder -Festlegung führen, so dass eine Düngeberatung mit dem
Modell seine Vorteile nicht mehr ausspielen kann.
90
Dazu kommt, dass in den Rebflächen, in denen mit einer permanenten oder mit einer
saisonalen Begrünung gearbeitet wird, eine weitere Komponente dem System
zugefügt wird, die starken Einfluss auf die N-Dynamik im Boden hat. Auch auf diesen
Flächen ist eine Modellanwendung nicht ratsam.
Diese alles in allem wenig zufrieden stellenden Erkenntnisse haben jedoch den
weiteren Forschungsbedarf klar umrissen. Drei Eigenschaften fehlen dem Modell, um
es erfolgreich zum Einsatz bringen zu können:

die
Fähigkeit,
das
Pflanzenwachstum
unter
allen
erdenklichen
Wettersituationen hinreichend genau zu beschreiben

die Eigenschaft, das Wachstum mehrerer Pflanzen simultan zu simulieren, um
das Abbild einer begrünten Rebfläche zu schaffen.

das Vermögen, die Wachstumsdynamik der Zersetzergemeinschaften mit
ihrem Einfluss auf die N-Dynamik abbilden zu können und
Der erste Punkt ist einfach zu bewerkstelligen, sofern das Wetter mitspielt. Hier geht
es vorrangig um die Erhebung weiterer Daten zum Rebwachstum an verschiedenen
Standorten
und
Wachstumsdaten
in
verschiedenen
wird
die
Wettersituationen.
Erkenntnis
steigern,
Die
welche
Analyse
Faktoren
dieser
für
Wuchsreduktionen vorrangig verantwortlich sind und in welcher Weise die Rebe auf
Wachstumslimitierung reagiert. Auch die zweite Eigenschaft des Modells ließe sich
verwirklichen, sofern ausreichend Daten über die N-Dynamik in begrünten
Rebflächen zur Verfügung stehen. Die Datenerhebung ist in beiden Fällen jedoch mit
hohem Personalaufwand verbunden, da nur eine hohe Datendichte eine erfolgreiche
Prozessanalyse möglich macht.
Die Verbesserung des Modells hinsichtlich der dritten genannten Eigenschaft stellt
jedoch eine größere Herausforderung dar. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt,
dass die Abbildung von mikrobiellen Populationsdynamiken im Boden nicht trivial
ist. Zurzeit arbeiten mehrere Arbeitsgruppen an der Beschreibung des PrimingEffektes, wobei bis dato trotz erheblichen Forschungsaufwandes keine Erfolge zu
verzeichnen sind. Es ist in absehbarer Zeit auch nicht zu erwarten, dass eine
Modelllösung gefunden werden wird, deren Ansatz mit der einfachen Modellstruktur
von NVINO 2.0 zu vereinbaren sein wird. Bis es also so weit ist, sollte die Forschung
91
am Simulationsmodell sich auf die beiden erstgenannten Eigenschaften konzentrieren.
Die Erarbeitung eines zuverlässigen Pflanzenwachstumsmodells für die Rebe hat
dabei nicht nur den Vorteil, dass sie durch die Weinbauforschung selbst gestemmt
werden kann, sondern auch den, dass die Anwendung eines solchen Modells
hinsichtlich Precision Viticulture und Schädlingsbekämpfung von Interesse ist. Es
wird
als
Quintessenz
aus
dem
vorgestellten
Projekt
vorgeschlagen,
das
Pflanzenwachstumsmodell sowie die N-Dynamik unter begrünten Rebflächen als
Aufgabe anzugehen.
D 2 SCHLUSSBETRACHTUNG
Im Hinblick auf die Eingangs aufgeworfenen Fragestellungen bleibt abschließend
festzuhalten, dass

das Modell im Rahmen des weiterhin laufenden Biokompost-Ringversuchs im
vierten, fünften und sechsten Jahr auf den verschiedenen Versuchsstandorten
angewendet
und
seine
Vorhersagegenauigkeit
durch
entsprechende
Untersuchungen als teilweise ungenügend eingestuft wurde.

das Modell im Hinblick auf die Sensitivität der Eingabeparameter getestet und
ein einfach zu erhebender Parametersatz zur Eingabe erarbeitet wurde.

durch einen Lysimeterversuch festgestellt wurde, dass eine sachgerechte
Kompostdüngung auf Rebland nicht zu einer signifikanten Stickstoffbelastung
des Sicker- und Grundwassers führt.

vorgeschlagen
wird,
die
Forschung in
Richtung
eines
universellen
Rebwachstumsmodells und eines Modells für die N-Dynamik in begrünten
Rebflächen voranzutreiben.
92
D 3 FAZIT

Die weiterführende Optimierung des Pflanzenwachstumsmoduls hat eine
wesentliche Verbesserung der Simulationsleistung des Modells erwirkt.
Besonders unter Trockenstress konnten die Modellabweichungen deutlich
reduziert werden. Die Gesamtleistung des Pflanzenwachstumsmoduls ist
jedoch noch immer nicht ausreichend und muss deshalb weiter verbessert
werden.

Traubentrester mineralisiert nicht nach dem klassischen kinetischen
Modell. Hohe Polyphenolgehalte hemmen vermutlich den Beginn des
Prozesses. Eine Anpassung des Modells wurde erarbeitet.

Die im Modell verwendeten Parameter beschreiben auch in der zweiten
Ausbringungsperiode
das
langfristige
Mineralisationsverhalten
des
Kompostes überwiegend gut. Kurzfristige Dynamiken können jedoch nicht
erfasst werden.

Lysimeterstudien zeigen, dass bei sachgemäßer Anwendung auf Böden mit
guten Wasserrückhaltevermögen kaum eine Gefahr für Nitratauswaschung
nach Kompostzugabe besteht. Bei flachgründigen Böden oder Böden mit
schwachem
Retentionsvermögen
kann
es
jedoch
durchaus
zu
Nitratauswaschung kommen.

Bei der Simulation der N-Dynamik auf verschiedenen Rebflächen leidet die
Leistung
des
Modells
Populationsdynamiken
unter
nicht
der
Tatsache,
nachvollzogen
dass
werden
mikrobielle
können.
Diese
beeinflussen jedoch die N-Dynamik nach Kompostapplikation über alle
Maßen.

Die N-Dynamik unter begrünten Rebflächen kann mit dem Modell nicht
beschrieben werden. Sie sollte Gegenstand zukünftiger Forschung sein.
93
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