Fahrplan für eine CO2-arme Wirtschaft bis 2050

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Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss
NAT/514
"Fahrplan für eine CO2arme Wirtschaft bis 2050"
Brüssel, den 22. September 2011
STELLUNGNAHME
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
zu der
"Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Fahrplan für den Übergang
zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050"
KOM(2011) 112 endg.
_____________
Berichterstatter: Richard ADAMS
Mitberichterstatter: Josef ZBOŘIL
_____________
NAT/514 - CESE 1389/2011 (EN) KI/UR-UR-KI/CD-JB-KI/al
Rue Belliard/Belliardstraat 99 — 1040 Bruxelles/Brussel — BELGIQUE/BELGIË
Tel. +32 25469011 — Fax +32 25134893 — Internet: http://www.eesc.europa.eu
DE
-1-
Die Europäische Kommission beschloss am 8. März 2011, den Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
"Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Fahrplan
für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050"
KOM(2011) 112 endg.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 6. September 2011 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 474. Plenartagung am 21./22. September 2011 (Sitzung vom
22. September) mit 119 gegen 3 Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
*
*
*
1.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt den Fahrplan der Kommission für
den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050 als Leitmotiv für
die künftige Strategie und fordert alle europäischen Institutionen auf, ihn allen Maßnahmen
und Strategien zur Verwirklichung der 2050-Ziele zugrunde zu legen. Diesbezüglich verweist
der Ausschuss auf seine Arbeiten im Rahmen der Leitinitiative "Ressourcenschonendes
Europa" sowie auf seine Vorschläge für die VN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung1.
1.2
Der Ausschuss fordert Rat, Kommission und Europäisches Parlament dringend auf, die
umfassende Umsetzung aller bestehenden CO2-Ziele für 2020 sicherzustellen und zu prüfen,
ob das für 2020 gesetzte Klimagasminderungsziel im Hinblick auf die Erreichung der vereinbarten Reduzierung um 80 bis 95% bis 2050 auf der Grundlage der bei den COP-17-Verhandlungen erzielten Fortschritte und der voraussichtlichen Wirtschaftsentwicklung der EU nicht
auf 25% erhöht werden sollte.
1
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an das Europäische
Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Ressourcenschonendes Europa - eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa 2020" und Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Rio+20: Hin zu einer umweltverträglichen Wirtschaft und besserer
Governance" (siehe S. xx dieses Amtsblatts).
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-21.3
Die EU sollte Reduktionsrichtziele für Klimagasemissionen von 40% bis 2030 und 60% bis
2040 festsetzen und diese mit rechtsverbindlichen Maßnahmen flankieren, um diese Verringerung auch wirklich zu erreichen. Derartige langfristige Richtziele sind notwendig, um Vorhersehbarkeit und Stabilität für Investoren und Entscheidungsträger zu gewährleisten.
1.4
Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, ein komplettes neues Maßnahmenpaket vorzulegen, um Anreize für die massiven Investitionen zu schaffen, die für die Verwirklichung dieser Ziele erforderlich sind. Dieses Maßnahmenpaket sollte eine Stärkung des EU-EHS als
Instrument zur Kostenoptimierung beinhalten, um Investitionsentscheidungen in die richtige
Richtung zu lenken, und des Weiteren




die Energieeffizienz in allen Sektoren fördern;
die Verbraucher sensibilisieren und in die Lage versetzen, durch ihre Kaufkraft Güter und
Dienstleistungen mit guter CO2-Bilanz zu fördern;
Investitionen in die notwendigen Infrastrukturen fördern;
den Aufbau von Kompetenzen und Kapazitäten in den Schlüsselsektoren unterstützen.
1.5
Der Ausschuss fordert eine aktive Industriepolitik sowie koordinierte Forschung und Entwicklung, um die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft zu unterstützen. Er befürwortet
den Vorschlag von Fahrplänen als strategische Vision, um bei dieser Umstellung den Weg zu
weisen, insbesondere in den Bereichen Stromerzeugung, Verkehr, Gebäudesektor, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft.
1.6
Die Zivilgesellschaft muss mittels eines strukturierten und dauerhaften Dialogs über die einzelnen strategischen Konzepte umfassend in diese Umstellung einbezogen werden.
2.
Der Fahrplan
2.1
In dem Fahrplan bis 2050 werden Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen die EU eine Senkung der Treibhausgasemissionen in Höhe des vereinbarten Ziels von 80 bis 95% gegenüber
1990 erreichen könnte, das im Februar 2011 vom Europäischen Rat als Ziel für die EU bestätigt wurde.
2.2
Im Hinblick darauf wird zunächst eine Reduzierung der EU-internen Treibhausgasemissionen
um 80% bis 2050 vorgeschlagen (was bedeutet, dass das höhergesteckte Ziel von 95% über
CO2-Ausgleich durch Zertifikate-Handel auf dem globalen Kohlenstoffmarkt erreicht werden
müsste). Eine Verringerung der internen Emissionen gegenüber 1990 um 40% bis 2030 bzw.
um 60% bis 2040 wäre der kostengünstigste Weg, und eine 25%ige Senkung bis 2020 wird in
diesem Zusammenhang als stimmiges Zwischenziel erachtet.
2.3
Für den Stromsektor soll dem Fahrplan zufolge der gesamte Strombedarf bis 2050 nahezu
vollständig über CO2-arme Technologien gedeckt werden. Dazu werden erhebliche Investitionen in erneuerbare Energieträger und den Aufbau neuer intelligenter Netze in ganz Europa
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-3erforderlich sein; Impulsgeber wäre in erster Linie ein gestärktes Emissionshandelssystem
(EHS).
2.4
Für den Verkehrssektor wird eine 60%ige Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2050
angestrebt. Die Entwicklung von Biokraftstoffen muss gefördert werden, insbesondere für die
Luftfahrt und schwere Nutzfahrzeuge, wobei in dem Fahrplan auch darauf hingewiesen wird,
dass Probleme in Bezug auf Ernährungssicherheit und Umwelt mit dem Ausbau der Biokraftstoffgewinnung in Verbindung gebracht werden. Außerdem wird die Bedeutung der Entwicklung von nachhaltigeren Biokraftstoffen der zweiten und dritten Generation betont.
2.5
In Bezug auf die bebaute Umwelt werden die Bedeutung einer raschen Durchsetzung von
Normen für die quasi Nullemission von Neubauten und die Herausforderungen in Verbindung
mit der Verbesserung der Energieleistung von Bestandsgebäuden hervorgehoben.
2.6
Für die Industrie sind eine weitere Verbesserung der Energieeffizienz und eine Umstellung
auf CO2-ärmere Produktionsverfahren vorgesehen. Es werden sektorspezifische Lösungen
und zusätzliche sektorspezifische Fahrpläne erforderlich sein. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Maßnahmen zur CO2-Minderung energieintensive Industriesektoren nicht einfach dazu bewegen, ihre Tätigkeiten in Regionen zu verlagern, in denen es weniger einschlägige Vorschriften gibt (Stichwort Emissionsverlagerungen – "carbon leakage").
2.7
In der Land- und Forstwirtschaft sind Energieeffizienzsteigerungen sowie Verfahren von Nöten, die die Kapazität von bewirtschafteten Böden zur Bindung und Speicherung von Kohlenstoff verbessern. Diesbezüglich sei auf Biomasse als potenzielle nachhaltige Energiequelle
verwiesen, sofern ihre Auswirkungen ordnungsgemäß bewertet werden. Generell sind
Lösungswege zu finden, um die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln bzw. Biomasse mit
den klimapolitischen Zielen in Einklang zu bringen.
2.8
Zur Verwirklichung all dieser Ziele sind zusätzliche öffentliche und private Investitionen in
Höhe von rund 270 Mrd. EUR jährlich für die kommenden 40 Jahre erforderlich. Dies entspricht 1,5% des BIP der EU pro Jahr bzw. 8% des derzeitigen Investitionsniveaus in der EU
und liegt somit deutlich unter dem Investitionsniveau in einigen Schwellenländern, die ernstlich bemüht sind, eine CO2-arme Wirtschaft auf den Weg zu bringen.
2.9
Zusätzliche öffentliche Investitionsmittel könnten aus den Erlösen der nächsten Versteigerungsrunde von Emissionszertifikaten im Rahmen des EHS kommen. Außerdem sollten sämtliche öffentliche Investitionsprogramme systematischer als Hebel für die Mobilisierung
zusätzlicher Mittel des Privatsektors genutzt werden.
2.10
Weitere Vorteile der Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft sind u.a. die Verringerung der
Abhängigkeit von Einfuhren fossiler Brennstoffe, Erhöhung der Energieversorgungssicherheit, Schaffung neuer Arbeitsplätze und Verbesserung der Luftqualität und der Gesundheit.
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-42.11
In der Mitteilung werden keine spezifischen neuen Maßnahmen vorgeschlagen. Es werden
zahlreiche Bereiche genannt, in denen neue Strategien oder Politikinitiativen auf EU- und
nationaler Ebene erforderlich sind, um den Wandel in den kommenden 40 Jahren zu bewerkstelligen. Der Fahrplan 2050 weist eine deutliche Veränderung auf: weg von verbindlichen
Zielen, hin zu Maßnahmen. Auf diese Weise leitet er eine Debatte ein, in der die EU-Mitgliedstaaten entscheiden müssen, ob neue Ziele aufgestellt werden sollen oder nicht. Ausschlaggebende politische Entscheidungen sind zwischen "Top down" vorgegebenen Zielen
oder einer "Bottom up" geleiteten technologischen Innovationspolitik zu treffen.
3.
Allgemeine Bemerkungen
3.1
Der Fahrplan stützt sich auf bestimmte wirtschaftliche Modelle, um die kostengünstigsten
Wege zur Verwirklichung der Klimagas-Emissionsreduktionsziele bis 2050 aufzuzeigen. Um
das Vertrauen in die Methode zu sichern, müssen mehr Informationen über die Entwicklung
dieser Modelle, die verwendeten Daten und die durchgeführten Sensitivitätstests bereitgestellt
werden. Die Methodik erscheint jedoch bereits aufschlussreich genug, um die wichtigste
Schlussfolgerung zu belegen: Das Investitionsniveau muss erheblich erhöht werden, um die
Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft bis 2050 bewerkstelligen zu können.
3.2
Der Ausschuss befürwortet insbesondere die Schlussfolgerung, dass frühzeitige Fortschritte
für die Kostenwirksamkeit von entscheidender Bedeutung sind. Frühzeitige Fortschritte können die Einführung wettbewerbsfähiger neuer Technologien beschleunigen, die dadurch wiederum kostengünstiger werden, und es werden teure, überflüssige Neuinvestitionen in kurzlebige kohlenstoffintensive Anlagen vermieden. Außerdem wird die für die erforderlichen Veränderungen notwendige wirtschaftliche Dynamik angekurbelt.
3.3
Ein Fahrplan ist nur dann sinnvoll, wenn er als Richtschnur für Maßnahmen dient. Die Nagelprobe für diesen Fahrplan ist es, wie weit er bei der politischen Gestaltungsarbeit und Entscheidungsfindung seitens der europäischen Schlüsselakteure in den Regierungen, dem Energiesektor und anderen grundlegenden Industrien sowie den individuellen Entscheidungen der
Verbraucher als wesentliche Grundlage berücksichtigt wird.
3.4
Künftige politische, wirtschaftliche und technologische Veränderungen setzen ein gewisses
Maß an Flexibilität auf dem gewählten konkreten Weg voraus, was aber nicht als Entschuldigung für Zögerlichkeit und Aufschub herhalten sollte. Der Fahrplan könnte als Grundlage für
einen Konsens der wichtigsten Interessenträger in Bezug auf Art und Tempo der notwendigen
Fortschritte und Umfang der erforderlichen Investitionen dienen, wobei angesichts der Ungewissheiten bezüglich zahlreicher vorhandener Energiequellen in Europa in den kommenden
Jahren Investitionen zur Verbesserung der europäischen Versorgungssicherheit Priorität einzuräumen wäre.
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-53.5
Darüber hinaus sollte der Fahrplan zur Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit und bei den
Verbrauchern für die Notwendigkeit dieses Übergangs zu einer CO2-armen Wirtschaft und
die diesbezügliche Rolle jedes einzelnen beitragen. Dieser Übergang muss gerecht sein ("Just
Transition"), d.h. er darf niemanden diskriminieren und muss die Bürger bei ihrer Anpassung
an die erforderlichen Veränderungen unterstützen.
3.6
Zahlreiche weitere Länder (einschl. China, die USA und Südkorea) investieren massiv in die
Entwicklung und den Einsatz kohlenstoffarmer Technologien, um in diesem neuen industriellen Wachstumssektor die technische Führung zu übernehmen und Wettbewerbsvorteile zu
erringen. Die Europäische Union muss sich unbedingt diesem industriellen Wettlauf stellen,
wenn sie in dem Ringen um die Führungsrolle für eine umweltfreundlichere und CO2-arme
Technologie nicht ins Hintertreffen geraten will.
3.7
Mit den bestehenden "20-20-20"-Zielen zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energieträger,
zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Verringerung der CO2-Emissionen verfügt die
EU bereits über konkrete Zielsetzungen für 2020. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass
all diese Ziele auch wirklich erreicht werden. Der Ausschuss fordert daher Rat, Europäisches
Parlament und Kommission erneut auf, umgehend zu prüfen, ob das für 2020 gesetzte Emissionsminderungsziel auf der Grundlage der bei den COP-17-Verhandlungen erzielten Fortschritte und der voraussichtlichen Wirtschaftsentwicklung der EU nicht auf mindestens 25%
angehoben werden sollte, um die für 2050 vereinbarte Verringerung um 80% zu erreichen.
3.8
Es wäre natürlich wünschenswert, wenn diese Erhöhung Hand in Hand mit Fortschritten beim
Abschluss eines allgemeinen Übereinkommens über neue Ziele im Rahmen der internationalen Klimaverhandlungen ginge. Das Fehlen eines derartigen allgemeinen Übereinkommens
darf jedoch nicht als Vorwand dienen, um weitere Maßnahmen auf die lange Bank zu schieben, die die EU selbst zur Verwirklichung ihres langfristigen 2020-Ziels, zur Verbesserung
ihrer Energieversorgungssicherheit und zur Wahrung ihrer Wettbewerbsposition im Rennen
um grüne Technologien ergreifen muss.
3.9
Die EU sollte ferner schleunigst Reduktionsrichtziele für Klimagasemissionen von 40% bis
2030 und 60% bis 2040 festsetzen, um Investoren im Energiesektor und anderen Bereichen
vorhersehbare Leitlinien an die Hand zu geben.
3.10
Die notwendigen Neuinvestitionen werden auf 270 Mrd. EUR jährlich beziffert – zwar eine
beeindruckende Zahl, die aber nur 1,5% des BIP der EU pro Jahr entspricht und deshalb
machbar ist, sofern die richtigen steuerlichen und sonstigen Rahmenbedingungen geschaffen
und aufrechterhalten werden. Der Ausschuss unterstützt die Forderung nach Stabilität und
Vorhersehbarkeit dieses Rahmens, um angemessene Sicherheit für die notwendigen Investitionen zu gewährleisten.
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-63.11
Um die Ziele des Fahrplans zu erreichen, bedarf es sowohl der Zugkraft des Marktes (über
einen wettbewerbsfähigen integrierten EU-Energiemarkt, die erforderliche Netzinfrastruktur
und die Bepreisung von Kohlenstoff) als auch der von der Technologie ausgehenden Schubkraft (über Förderung von FuE, Demonstration und frühen Einsatz im Einklang mit dem SETPlan 2 ). Unterstützung für einen frühzeitigen und flächendeckenden Einsatz neuer, bahnbrechender kohlenstoffarmer Technologien ist besonders wichtig, um die Lernkurve und die
Technologieübernahme zu beschleunigen. Bereits eingegangene Haushaltsverpflichtungen für
diesen Bereich müssen aufrechterhalten werden.
3.12
Vor allem über Brückenfinanzierungen ist sicherzustellen, dass neue Technologien mit hohem
europäischem Mehrwert und langfristig positiver wirtschaftlicher Amortisierungsrate nicht
schon in frühen Entwicklungsphasen verkümmern. Die EU sollte



die im Rahmen des SET-Plans weiterentwickelten Technologien über geeignete Kombinationen von Krediten und Zuschüssen finanziell unterstützen;
die vergaberechtlichen Bestimmungen an die Ziele des SET-Plans anpassen;
für eine konsequente Nutzung der Kohäsions- und den Strukturfonds zur Förderung kohlenstoffarmer Technologien in Infrastruktur- und sonstigen Vorhaben sorgen.
3.13
In dem Fahrplan wird großes Gewicht auf das europäische Emissionshandelssystem (EUEHS) zur Herbeiführung der erforderlichen Veränderungen und Investitionen gelegt. Das
EHS sollte ursprünglich eine weltweite Vorbildfunktion übernehmen und in einem internationalen Emissionshandelssystem mit festen Emissionsobergrenzen ("Cap-and-Trade"-System) aufgehen, in dessen Rahmen die zulässige Emissionsobergrenze im Einklang mit dem
Ziel, die Erderwärmung auf 2°C zu begrenzen, weltweit stetig herabgesetzt und ein globaler
Preis für den Emissionshandel auf einem globalen Markt festgelegt werden sollte. Sobald sich
dieser Preis durchgesetzt hätte, wäre er wiederum zu einem wichtigen Mittel für die erforderliche Investitionsverlagerung auf die kohlenstoffarmen Zukunftstechnologien geworden.
In seiner derzeitigen Form ist das EU-EHS jedoch allein nicht in der Lage, den erforderlichen
Investitionsschub in neue umweltfreundlichere Technologien auszulösen.
3.14
Der Ausschuss empfiehlt der Kommission daher, ein komplettes neues Maßnahmenpaket vorzulegen, um die erforderliche rasche Verlagerung der Investitionsprioritäten zu bewirken. Zu
diesem Maßnahmenpaket gehört zweifelsohne eine Reform und Stärkung des EHS (das nun
eher als europäische Maßnahme denn als weltweiter Vorreiter verstanden werden muss) in
Verbindung mit einem spezifischen Ziel, umfangreiche Mittel für die Förderung von FuE und
Einsatz neuer Technologien und unterstützender Infrastruktur zu beschaffen; ferner sollte es
eine Reihe steuerlicher, regulierender und verbraucherorientierter Maßnahmen umfassen.
2
Strategieplan für Energietechnologie, siehe http://ec.europa.eu/energy/technology/set_plan/set_plan_en.htm.
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-73.15
Ein komplettes Maßnahmenpaket
a) Stärkung des EHS
Der Ausschuss empfiehlt eine gründliche Überarbeitung des EHS. Vier Bereiche sind besonders wichtig:

es müssen Wege gefunden werden, die Kapazität des Systems zur Förderung von Innovation und Einsatz neuer kohlenstoffarmer Technologien entsprechend dem SET-Plan zu
erhöhen. In diesem Sinn sollten Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten in die Förderung von FuE, Demonstration und frühzeitigem Einsatz investiert
werden;

das potenzielle Problem der Kohlenstoffverlagerung, d.h. der Verlagerung von Unternehmenstätigkeiten (insbesondere energieintensiver Branchen) in Drittländer, muss thematisiert werden. Da die Errichtung eines globalen Kohlenstoffmarkts gescheitert ist, ließen
sich nun eventuell Grenzausgleichsmaßnahmen zur Anpassung der Preise rechtfertigen.
Solange ein globaler Kohlenstoffmarkt nicht existiert, sollte die Kommission weitere
Schritte zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ergreifen, die tatsächlich von der Emissionsverlagerung betroffen sind;

die erfassten Sektoren sollten überprüft werden (In früheren Stellungnahmen hat der Ausschuss die Einbeziehung des Luftfahrtsektors befürwortet und eine weitere Ausweitung
auf die Seeschifffahrt gefordert.);

internationale Ausgleichsmechanismen zur Förderung kostengünstiger Emissionssenkungen in Entwicklungsländern sollten strenger gefasst und ausgeweitet werden (so dass sie
nicht als Entschuldigung für unterlassene Emissionssenkungen in der EU vorgeschoben
werden können).
b) Ordnungspolitische Maßnahmen: Energieeffizienz
Einige Bereiche wie beispielsweise Energieeffizienz reagieren kaum auf Preissignale. Es
bedarf strengerer europäischer Maßnahmen, um verbindliche höhere Energieeffizienznormen
für Wohn- und andere Gebäude, Pkw und andere Fahrzeuge und verschiedene Konsumgüter
durchzusetzen. Der Ausschuss plädiert dringend für einen konsequenten Nachgang zur Energieeffizienzrichtlinie (KOM(2011) 109 endg.), nachdem diese eingehend auf ihren Wirkungsgrad überprüft wurde.
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-8c) Empowerment der Verbraucher
Die Verbraucher müssen zur Mitwirkung an der Schaffung einer CO2-armen Gesellschaft
durch den Kauf umweltfreundlicher Waren und Dienstleistungen insbesondere mittels folgender Maßnahmen motiviert werden:



Verbesserung der Glaubwürdigkeit der Initiativen zur Umweltkennzeichnung und Harmonisierung der für sie geltenden Normen;
Förderung der Verfügbarkeit effizienter und nachhaltiger Verbraucherprodukte;
Stärkung des Energiebinnenmarktes.
Die Verbraucher müssen davon überzeugt werden, dass sie in einer kohlenstoffarmen Zukunft
eine Rolle zu spielen haben. Öffentlich-private Partnerschaften sollten gefördert werden.
d) Infrastruktur
Europaweit sind umfangreiche Infrastrukturinvestitionen nötig, um neue kohlenstoffarme
Technologien zu unterstützen und Interoperabilität, bspw. im Rahmen neuer intelligenter
Stromversorgungsnetze, sicherzustellen und die Kohärenz der technischen Spezifikationen
und einen optimalen Stromverbund zu gewährleisten. Die Kommission sollte eine Follow-upStudie über Möglichkeiten ausarbeiten, wie die europaweite Infrastrukturentwicklung die
Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft unterstützen kann und welche finanziellen
und institutionellen Voraussetzungen hierfür gegeben sein müssen.
e) Aufbau von Kapazitäten und Auswirkungen auf die Beschäftigung
Es ist sehr wichtig, schon im Vorfeld aus sozialem Blickwinkel zu analysieren, inwieweit die
Branchen, die von der Umstellung auf kohlenstoffarme Technologien betroffen sind, expandieren oder schrumpfen werden, und umfassende sektorspezifische Instrumente und Maßnahmen für den Aufbau der erforderlichen Kompetenzen und Kapazitäten in den expandieren
Branchen bzw. Umschulungs- oder andere Unterstützungsmaßnahmen für die Beschäftigten
in den schrumpfenden Branchen vorzusehen, um so eine sozial gerechte Umstrukturierung zu
gewährleisten.
f) Steuerliche Maßnahmen
Neutrale Steuerreformen zur Erhöhung der Steuern auf fossile Brennstoffe (und andere natürliche Ressourcen) bei gleichzeitiger Förderung von Beschäftigung und Sozialschutz sind für
die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft von grundlegender Bedeutung. Das politische
Klima ist zwar vielleicht noch nicht reif, um den früheren Vorschlag für eine europaweite
CO2-Steuer wieder aufleben zu lassen, doch sollten derartige Reformen in den Mitgliedstaaten
unbedingt gefördert werden. Der Ausschuss befürwortet den vor kurzem veröffentlichten
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-9Vorschlag für eine Finanztransaktionsteuer und fordert, die diesbezüglichen Einnahmen für
die Förderung von Investitionen in eine CO2-arme Wirtschaft zu verwenden.
4.
Bemerkungen zu spezifischen Sektoren
4.1
Stromsektor: Die Kosten für erneuerbare Energieträger sind in den letzten Jahren stetig
gesunken. Nun müssen die Investitionen angeschoben werden, um diese Kosten auf ein wettbewerbsfähiges und erschwingliches Niveau zu senken. Gleichzeitig muss eine ausreichende
Grundlast gewährleistet oder aber müssen Speicher- und Vertriebssysteme entwickelt werden,
um die Probleme der Einspeisungsschwankungen bei Windenergie und Photovoltaik zu lösen.
4.2
Auch die Entwicklung eines Konzepts für ein intelligentes Netz auf europäischer Ebene ist für
eine umfassendere Integration erneuerbarer Energieträger unverzichtbar. Die derzeitige Aufnahmekapazität des europäischen Stromnetzes für die schwankende Einspeisung aus erneuerbaren Energieträgern ist begrenzt und das System muss einen angemessenen Teil des Grundlaststroms aus nicht erneuerbaren Energieträgern (einschl. Kernkraft) beziehen. Intelligente
und integrierte Netzsysteme (einschl. des Nachfragemanagements seitens Industrie und Privathaushalten) müssen erheblich ausgebaut und umfassende Speicherkapazitäten für leicht
zugängliche Stromressourcen (Batterien, Pumpspeicher usw.) aufgebaut werden. Wenn Kernkraft und fossile Brennstoffe im Verbund mit CCS Teil der Lösung sein sollen, muss diese
Frage offen angesprochen und gelöst werden, wahrscheinlich fall- oder länderspezifisch. Der
Ausschuss hofft, dass diese Optionen in dem angekündigten Energiefahrplan bis 2050 eingehender analysiert werden und die Energieerzeugung und -verteilung in Europa besser koordiniert wird.
4.3
Investitionen in CO2-arme Technologien bedeuten eventuell die Beschleunigung der Investitionsrate über das Maß hinaus, dass der Markt für gewinnbringend erachtet. Hierfür sind
öffentliche Mittel vor allem für Demonstration und frühen Einsatz erforderlich. Die Weiterentwicklung des SET-Plans ist für eine CO2-arme Wirtschaft unabdingbar.
4.4
Verkehrssektor: Der Ausschuss befürwortet den in der Mitteilung vertretenen Standpunkt in
Bezug auf den Wandel im Verkehrssektor. Es gilt, die CO2-Leistung aller bestehenden Technologien zu optimieren. Gefördert werden müssen neue Technologien wie Elektrifizierung
des Straßenverkehrs. Hinzu kommt die Förderung moderner Biokraftstoffe, die die Emissionen des vorhandenen Nutzfahrzeugbestands reduzieren und einen Schwerlastverkehr ohne
fossile Kraftstoffe gestatten. Ebenso gefördert werden müssen die Verkehrsverlagerung auf
einen effizienten öffentlichen Verkehr und nichtmotorisierte Verkehrsträger. Die EU und ihre
Mitgliedstaaten müssen das öffentliche Beschaffungswesen sowie Steuer- und Regulierungsmaßnahmen zur Bewerkstelligung dieser Umstellung nutzen. Die EU muss als wichtiger
Koordinator und Impulsgeber auftreten und Ziele und Fristen für einige der erforderlichen
spezifischen Veränderungen setzen.
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- 10 4.5
Emissionsnormen für Pkw und andere Straßenfahrzeuge haben sehr wirksam zur Emissionssenkung beigetragen. Rechtsverbindliche Emissionsnormen geben der Automobil- und ihrer
Zulieferindustrie größtmögliche Gewissheit. In früheren Stellungnahmen hat der Ausschuss
sich zur stufenweisen Anhebung der Kraftstoffeffizienznormen für Straßenfahrzeuge geäußert
und diesbezüglich schnellere Fortschritte gefordert 3. Hiermit bekräftigt er seine damaligen
Empfehlungen.
4.6
Da der Effizienz von Verbrennungsmotoren physikalische Grenzen gesetzt sind, sollte sich
die Kommission nun nach Meinung des Ausschusses die langfristige Perspektive des Fahrplans für den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft zueigen machen und in Anbetracht
der unverrückbaren Notwendigkeit, die durch den Straßenverkehr verursachten Emissionen
zu senken, den Weg weisen und sich für die beschleunigte Entwicklung und den Einsatz von
Nullemissionsfahrzeugen stark machen, die mit nachhaltig erzeugtem Wasserstoff oder anderen saubereren Energieträgern angetrieben werden.
4.7
Der Ausschuss hegt nach wie vor Bedenken, inwieweit ein Ausbau der Biokraftstoffe angezeigt und machbar ist, und stimmt der Europäischen Kommission darin zu, die Nutzung von
Biokraftstoffen auf Nischen im Verkehrssektor zu beschränken, in denen die Elektrifizierung
schwierig ist und sie zur Reduzierung der Emissionen des vorhandenen Fahrzeugbestands eingesetzt werden können. Dazu gehören auch Anstrengungen zur Entwicklung von CO2-effizienteren Biokraftstoffen der zweiten und dritten Generation.
4.8
Bebaute Umwelt: Die Fortschritte bei der Förderung von energieeffizienten Wohn- und
anderen Gebäuden sind bislang viel zu schleppend vorangekommen. Der Anteil des Bestandsersatzes im Wohnungsbau ist niedrig, und deshalb müssen in diesem Sektor in erster Linie
flächendeckende Programme zur Verbesserung der Energieeffizienz in bestehenden Gebäuden konzipiert und durchgeführt werden. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission,
schnellstmöglich
4.9
3

sobald machbar verbindliche Nullemissionsnormen für öffentliche und private Neubauten, und zwar Wohn- und sonstige Gebäude, vorzugeben, die Klimaschwankungen Rechnung tragen;

sofern machbar quantifizierte Ziele und Programme zur Erhöhung der Energieleistung
aller bestehenden Gebäude festzulegen.
Industrie: In Anbetracht der möglichen Folgen für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung
müssen in dem Fahrplan die politischen Auswirkungen des vorgeschlagenen Wegs für die
europäische Industrie klar aufgezeigt werden. Die aktuellen Ziele sollten einer umfassenden
sektorspezifischen Bewertung unterzogen werden. Bei einigen Industrieverfahren (Stahl-,
Zementerzeugung usw.) ist die Entstehung von Kohlendioxidemissionen durch die verwendeCESE 1454/2007, ABl C 44 vom 16.2.2008, S. 53.
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- 11 ten chemischen Verfahren bedingt. Daher gibt es möglicherweise grundlegende Grenzen für
die Treibhausgasreduzierung in diesen Sektoren, bis eine massive Ersetzung durch neue Produkte machbar ist oder neue Kohlenstoffabscheidungsverfahren zur Verfügung stehen. Deshalb müssen für jeden einzelnen Industriezweig sektorspezifische Analysen und Fahrpläne
zur weiteren Senkung der Treibhausgasemissionen erstellt werden.
4.10
Der Ausschuss ersucht die Kommission um Klarstellung, ob eine Analyse sowie die Verringerung des CO2-Fußabdrucks von inländischen Erzeugnissen (oder von Exportgütern) Teil
des Fahrplans sind. Die weltweiten Emissionen aus der Herstellung von Exportgütern ist von
4,3 Gt CO2 im Jahr 1990 (20% der Gesamtemissionen) auf 7,8 Gt CO2 im Jahr 2008 gestiegen
(26% der Gesamtemissionen). Offensichtliche Kohlenstoffreduktionen in den Mitgliedstaaten
können durch den nunmehrigen Import bislang in der EU erzeugter Güter zunichte gemacht
werden. Für eine effektive Steuerung in diesem Bereich wären Grenzausgleichsmaßnahmen
und -kontrollen sowie ein Wandel in den Verbrauchsmustern in der EU erforderlich, wobei
beides äußerst heikle Themen sind.
4.11
Land- und Forstwirtschaft: Der Ausschuss pflichtet der Kommission bei, dass im Zuge der
bevorstehenden Überarbeitung der GAP unter Berücksichtigung der zwischen 1990 und 2006
erreichten 20%igen Emissionssenkung energieeffiziente und CO2-arme landwirtschaftliche
Verfahren gefördert und land- und forstwirtschaftliche Verfahren zur Bindung und Speicherung von Kohlenstoff unterstützt werden sollten. Landwirte, die Teil kurzer lokaler Lieferketten sind, sollten unterstützt werden. Die Landwirtschaft bietet umfangreiche Möglichkeiten, CO2-Emissionen, die durch fossile Brennstoffe und nichterneuerbare Stoffe verursacht
werden, zu reduzieren. In der Landwirtschaft lassen sich jedoch deutlich die Zielkonflikte
erkennen, nämlich einerseits die Notwendigkeit einer Produktionsweitung, andererseits
jedoch das Erfordernis, verstärkt Kohlenstoff im Boden und in der Biomasse zu binden. Die
Frage, wie dieser Widerspruch gelöst werden soll, bleibt unbeantwortet. Eine steigende Nachfrage nach CO2-intensiven Lebensmitteln weltweit und eine verstärkte Nutzung von Biomasse
stehen den Vorstellungen nach einer Verringerung von Düngemitteln, einer Ausweitung der
CO2-Sequestrierung, der Vermeidung von Grünlandumbruch usw. nach Ansicht des Ausschusses diametral entgegen, und die vorgeschlagenen Maßnahmen räumen diesen Widerspruch nicht aus.
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- 12 -
4.12
Abfall: Die EU-Abfallstrategie ist nach wie vor in erster Linie auf Abfallvermeidung, auf die
Förderung von Wiederverwendung und -verwertung und auf die möglichst weitgehende Verhinderung von Verschmutzung und Bodenverschlechterung ausgerichtet. Die Kommission
sollte nicht nur verschiedene Abfallbewirtschaftungsmethoden prüfen, sondern auch den Beitrag der Abfallbewirtschaftung und -behandlung zur Schaffung einer nachhaltigeren und CO2armen Wirtschaft beleuchten. So sollte insbesondere die Nutzung von Abfall als erneuerbarer
Brennstoff und der Einsatz von Deponiegas (Methan) zur Energieerzeugung untersucht
werden.
Brüssel, den 22. September 2011
Der Präsident
des Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschusses
Staffan NILSSON
*
*
NB:
*
Anhang auf den folgenden Seiten
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ANHANG I
zu der Stellungnahme
Der Beitrag des EWSA und seiner Mitglieder zu einer CO2-armen Wirtschaft
Im September 2006 verabschiedete der EWSA auf seiner Plenartagung eine Stellungnahme zur Rolle
der Zivilgesellschaft im Klimawandel4. Diese Stellungnahme enthielt einen Anhang mit Vorschlägen
für wirksame interne Maßnahmen, die der EWSA selbst ergreifen könnte. Hintergrund dabei ist, dass
der Ausschuss, wenn er umfassende Klimaschutzmaßnahmen zur Kohlenstoffreduzierung empfiehlt,
auch selbst direkte Schritte vorweisen sollte. Zwei zentrale Handlungsbereiche wurden ausgemacht:
der Ausschuss sollte zum einen die Aufstellung eines umfassenden EMAS-Programms erwägen und
zum anderen Möglichkeiten aufzeigen, wie die Umweltfolgen der Reisen seiner Mitglieder reduziert
werden können.
Das EMAS-Programm, das von den Gemeinsamen Diensten verwaltet wird und auch den AdR mit
einschließt, wurde 2008 erstellt und ist inzwischen in den beiden Ausschüssen fest etabliert. 2009
wurde ein ausführlicher Dreijahres-Maßnahmenplan angenommen, und das nächste Ziel ist die
EMAS-Zertifizierung im Anschluss an ein umfassendes externes Audit Ende 2011. Eine deutliche
Verringerung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltfolgen wurde bereits in den Bereichen Energie, Papierverbrauch, Abfallreduzierung und Recycling sowie beim Kauf nachhaltiger Produkte
erreicht. Auch die laufenden Sensibilisierungsprogramme zeigen Wirkung. In den folgenden EMASBereichen konnten die bislang größten Erfolge verzeichnet werden:
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Stromverbrauch: -10,6% (2010 gegenüber 2008)
Gasverbrauch: -30,3% (2010 gegenüber 2008)
Verbrauch von Papier für Bürozwecke: -22% (2010 gegenüber 2009)
Verwendung umweltfreundlicher Reinigungsmittel: 27% 2010, im Vergleich zu 3% 2009
Verwendung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln: in den Ausschüssen werden zu
100% biologische Pflanzenschutz- und Düngemittel verwendet
Bei allen Ausschreibungen der Direktion Logistik über 25 000 EUR werden ökologische Aspekte mit
berücksichtigt.
Wir können mit Fug und Recht behaupten, dass unser Vorschlag aus dem Jahr 2006 dank der
Bemühungen und des unermüdlichen Einsatzes des Personals Früchte getragen hat. Den Mitgliedern
kommt bei der Unterstützung des EMAS-Programms durchaus eine gewisse, jedoch weitgehend passive Rolle zu. In dem großen Bereich der Umweltfolgen der Reisen der Mitglieder und damit zusammenhängend der Arbeitsmethoden ist allerdings wenig Fortschritt zu verzeichnen.
4
CESE 1160/2006, ABl. C 318 vom 23.12.2006, S. 102-108.
NAT/514 - CESE 1389/2011 Anhang I (EN) KI/UR-UR-KI/CD-JB-KI/al
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- 14 Wie groß dieser Teil unserer gemeinsamen Umweltauswirkungen ist, lässt sich durch eine einfache
Rechnung veranschaulichen. 2010 unternahmen die Mitglieder etwa 12 000 Hin- und Rückflüge über
eine durchschnittliche Entfernung von 2 000 km. Die gesamte Strecke, die von (EWSA-)Mitgliedern
per Flugzeug zurückgelegt wurde, beträgt damit etwa 24 Mio. Kilometer. Dies entspricht nach Schätzungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation 3 600 Tonnen CO2.
Wäre es möglich, diese Emissionen haushaltsneutral zu kompensieren? In unserer Stellungnahme aus
dem Jahr 2006 wurden verschiedene Möglichkeiten skizziert, wie CO2-Emissionen ausgeglichen werden können. Inzwischen ist weithin anerkannt, dass eine solche Verrechnung, auch wenn sie keine
Ideallösung ist, zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen beitragen kann. Die Kosten für eine CO2Kompensation sind je nach Projekt - saubere Energie, Aufforstung usw. - unterschiedlich. Im Durchschnitt würden die Kosten 15 EUR pro Tonne betragen und bewegen sich damit etwa in der gleichen
Größenordnung wie der derzeitige "Preis" für Kohlenstoff im Rahmen des Emissionshandelsystems.
Der Betrag zur Kompensation der Reisen der Mitglieder würde sich somit auf lediglich 54 000 EUR
belaufen.
Durch eine kleine Veränderung unserer Arbeitsweise könnte diese Summe leicht aufgebracht werden.
Zum Beispiel könnte durch Telekonferenzen ein Teil der Reisekosten gespart werden; in größerem
Maßstab ließen sich Einsparungen erzielen, wenn die Erörterung der Arbeitsdokumente – sofern es
die Sprachregelung zulässt – in manchen Studiengruppen per E-Mail oder über Filesharing und Fileediting erfolgte. Weitere Einsparungen bei den Reise- und Dolmetschkosten ließen sich erzielen,
wenn die durch Auslassung einer Plenartagung (entweder im Februar oder im Juni) die Zahl der Plenartagungen auf acht reduziert würde.
Längerfristig ließe sich eine Reduzierung des Papierverbrauchs in größerem Maßstab erreichen,
indem die Mitglieder mit einem sprachenspezifischen EWSA-Laptop oder Notebook ausgestattet würden, der alle relevanten Dokumente enthält und per Fernwartung aktualisiert wird. Zum Teil ist dies
derzeit schon über das Mitgliederportal möglich.
Durch das positive Beispiel der Umsetzung des EMAS-Programms innerhalb des Ausschusses ist es
jetzt mehr denn je angebracht, dass die Mitglieder selbst nach Lösungen suchen, wie sie den Kohlenstoffausstoß in Zusammenhang mit ihrer Arbeit direkter reduzieren können. Zur Sondierung aller
möglichen Optionen sollte eine EMAS-Gruppe aus Mitgliedern eingerichtet werden.
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