Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Peter Schwarzbauer Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Marketing & Innovation Wien Vortrag beim Forsttag der Wintertagung 2006 des Ökosozialen Forums Österreich, Bundesamt und Forschungszentrum für Wald, Mariabrunn Mariabrunn, 15. 02. 2006 GLOBALISIERTE HOLZMÄRKTE ALS CHANCE FÜR MITTELEUROPA Vorbemerkung Die Diskussion des Themas erfolgt primär aus Sicht der österreichischen Forstwirtschaft, stellvertretend für die Forstwirtschaft in Mitteleuropa. 1. Was ist Globalisierung überhaupt? • Zunahme der Intensität und Reichweite grenzüberschreitender Austauschbeziehungen Zunahme des internationalen Handels mit Gütern & Dienstleistungen Zunehmende internationale Investitionen (Kapitalströme) Zunehmende Internationalisierung der Forschung Zunehmende Diffusion neuer Technologien, des Wissens • Zunehmender Wettbewerb zwischen Unternehmen und Wirtschaftsstandorten • Abnehmender Einfluss von Nationalstaaten, zunehmender Einfluss von global agierenden Unternehmen Zunahme des Außenhandels betrifft nicht nur Holzprodukte, sondern – insbesondere in den klassischen europäischen Holzproduzentenländern – auch den Import von Rohholz. Steigende Abhängigkeit der Holzwirtschaft (insbes. Sägeindustrie) von Rohholzimporten. 2. Rahmenbedingungen der österreichischen Forstwirtschaft im internationalen Vergleich – Besonderheiten und Unterschiede Spitzenwerte bei Hektarvorrat und –zuwachs Vorrat im Starkholz dominiert Hoher Anteil Privatwald –geringer Anteil industrieller Waldbesitz Nichtausschöpfung des Nutzungspotenzials (nicht nur in Ö) Geringer Anteil Stockverkauf Wettbewerbsfähigkeit vor allem bei Halbprodukten (z. B. Schnittholz) , weniger bei Endprodukten (z. B. Möbel) 3. SWOT Analyse (Stärken-Schwächen-Chancen-Risken) STÄRKEN – interne Faktoren: Hohe und zunehmende Ressourcen Hoher Erschließungsgrad Hohes Know-how in pfleglicher Waldwirtschaft STÄRKEN – externe Faktoren: Hohe Glaubwürdigkeit – pflegliche Nutzung Potente Holzwirtschaft auf technisch hohem Niveau Relative Nähe und Zugang zu bedeutenden, hoch entwickelten Märkten SCHWÄCHEN – interne Faktoren: Ca. 1/3 der Waldeigentümer ohne Interesse an Holznutzung Nichtausschöpfung des Nutzungspotenzials (vor allem im Kleinwald) Geländeverhältnisse – hohe Erntekosten SCHWÄCHEN – externe Faktoren: Allgemein teure Produktionsfaktoren „Holzkultur“, vor allem im Baubereich (noch) nicht besonders ausgeprägt Importabhängigkeit bei Rohholz und zunehmende Marktmacht der Abnehmer Geringe Rentabilität der Holzwirtschaft mit Folgen für Investitionen, F & E SCHWÄCHEN – Beziehung Forst- und Holzwirtschaft: Fehlendes gegenseitiges Vertrauen auf Betriebsebene Vielfach bis ins Absurde gehende gegenseitige Vorwürfe Statt „Sitzen im selben Boot“ zwei Branchen mit mehr unterschiedlichen als gemeinsamen Interessen ► Verhinderung der Nutzung von Logistikpotenzialen CHANCEN: Mobilisierung gelingt Aktivitäten zur Förderung der Holzverwendung greifen: ►Promotion von Holz als modernen, natürlichen, trendigen, nachhaltigen, technisch und wirtschaftlich wettbewerbsfähigen … Rohstoff (weniger „öko“, mehr „wellness“) ►Investitionen in Forschung in Prozess- und Produktentwicklung (Verbesserung technischer Eigenschaften, Erschließung völlig neuer Anwendungsmöglichkeiten) ►Orientierung weg vom Produktangebot zum Angebot von Paketlösungen ►Förderung erneuerbarer Energien Weitere Strukturentwicklung der Sägeindustrie passt sich der Angebotssituation an (Starkholz) Wachstumspotenzial für Exporte von Holzprodukten nach Osteuropa Überwindung der Vertrauenskrise – ein Schritt dazu: FHP RISKEN: zunehmender Anteil von nicht an Holznutzung interessierten Waldbesitzern Mobilisierung wird primär als technisches und Informationsproblem und nicht als Kommunikations- bzw. Vertrauensproblem gesehen ► Mobilisierung gelingt nicht ausreichend Vertrauenskrise zwischen Forst & Holz bleibt Barriere für gemeinsame Aktivitäten Rohholzimporte bleiben aus 4. Konkurrenz mit anderen Weltregionen und anderen Produkten nimmt zu ► Im Sinne des Wirtschaftsstandorts – Desinvestion/Abwandern der Holzwirtschaft ► Importe von Holzprodukten aus „billigeren“ Regionen ► Substitution von Holzprodukten durch andere Produkte ► Substitution von Massivholz (Schnittholz) durch andere Holzwerkstoffe Schlussfolgerungen (Chancen Forstwirtschaft) Intensivierung sämtlicher Aktivitäten zur Förderung der Holzverwendung, inkl. F & E Weiterbetreiben/Intensivierung sämtlicher Aktivitäten zur Mobilisierung Nutzung von Logistikpotenzialen (Voraussetzung: Abbau von Vertrauensbarrieren)