Physikalisch-analytisches Praktikum FS 2009 Versuch Schallgeschwindigkeit Die Ermittlung des Schmelzdiagramms des binären Systems Naphthalin/Phenanthren Jorge Ferreiro, Studiengang Chemieingenieur, 4. Semester Email: [email protected] Tommy Schlumpf, Studiengang Biotechnologie, 4. Semester Email: [email protected] Assistentin: Christa Haase Abstract: Mittels thermischer Analyse wurden Thermogramme des binären Systems Naphthalin/ Phenanthren bei verschiedenen Molenbrüchen aufgenommen. Anhand der linearisierten Claperyon-Gleichung für den Phasenübergang fest/flüssig liess sich die Schmelzenthalpie und die Schmelztemperatur beider Komponenten bestimmen. Die experimentell ermittelten Werte sind: ∆mH*Naphthalin = 20.6 ± 4.3 kJ·mol-1 ∆mH*Phenanthren =12.3 ± 1.6 kJ·mol-1 Tm*Naphthalin = 351.3 ± 0.3 K Tm*Phenanthren = 369.19 ± 0.20 K Es wurde ausserdem noch der eutektische Punkt des Systems bestimmt, und zwar liegt dieser bei x = 0.602 ± 0.008 und T = 327.7 ± 0.3 K. Zürich, 24. März 2009 Jorge Ferreiro Tommy Schlumpf Physikalisch-analytisches Praktikum FS 2009 Versuch Schmelzdiagramm 1. Einführung [1] 1.1. Theoretische Grundlagen Eine Phase ist ein homogener Bereich eines bestimmten Systems, welches konstante physikalische Eigenschaften (Dichte, Brechungsindex u.a.) hat. Das System bezeichnet die Gesamtheit aller Phasen, die untereinander im Gleichgewicht stehen. Das thermodynamische Gleichgewicht hängt von verschiedenen Zustandsgrössen, sowie von der Zusammensetzung des Systems. Die Gibbs’sche Phasenregel stellt nun einen Zusammenhang zwischen den Grössen her: F (N R) P 2 (1) N bezeichnet die Anzahl Stoffe, R die linear unabhängigen Reaktion, P die Phasen und F die Freiheitsgrade, d.h. die Menge an frei veränderbaren Zustandsgrössen im Gleichgewicht. Die Anwendung der Phasenregel ist vor allem für die Diskussion von Phasendiagrammen zentral. Die Phasen Ai eines Systems lassen sich thermodynamisch durch das chemische Potential μi(p,T) beschreiben. Wenn das Gleichgewicht bei Änderung einer unabhängigen Zustandsvariablen bestehen bleibt, nennt es sich währendes Gleichgewicht. d(i ) d(i ) d(i ) ... (2) Zur Beschreibung von Zweikomponentensystemen wird noch eine dritte Zustandsvariable notwendig, und zwar der Molenbruch xi der Komponenten. Ein solchen Systems ist dreidimensional, wobei man in der Regel Phasendiagramm eines Niveaukurven betrachtet: das Dampfdruckdiagramm (T = konstant, Druck aufgetragen gegen Molenbruch) und das Schmelzdiagramm (p = konstant, Temperatur aufgetragen gegen Molenbruch). Die zweite Variante ist für die Laborbedingung einfacher umsetzbar. Man betrachte zuerst ein ideales Schmelzdiagramm. Dies tritt dann auf, wenn beide Komponenten sowohl in der festen als auch in der flüssigen Phase vollständig miteinander mischbar sind. Auch der Phasenübergang geht nahtlos ineinander über. Dafür müssen jedoch Atom – bzw. Molekülstruktur in den Ionengrössen und intermolekularen Wechselwirkungskräften ähnlich sein. Das chemische Potential jeder Komponente in der flüssigen Phase entspricht: (li ) p,T, x(li ) (li )* (p,T) R T ln( x(li ) ) (3) wobei μi(l)*(p,T) das chemische Potential der reinen Flüssigkeit beim Druck p und der Temperatur T ist. Analog lässt sich das chemische Potential der festen Phase Gleichgewichtsbedingung (4) entspricht der Situation, in welcher die herleiten. Die chemischen Potentiale der flüssigen und der festen Phasen gleich sind. Dieses Gleichgewicht liegt bei der Schmelztemperatur Tm. (s) d(li ) p,Tm , x(li ) d(s) i (p,Tm , x i ) (4) 2 Physikalisch-analytisches Praktikum FS 2009 Versuch Schmelzdiagramm Aufgrund dieser Gleichgewichtsbedingung kann man nun die Differentiale als totale Differentiale schreiben, wobei man nach einigen Umformungen auf die ClapeyronGleichung kommt: x (l ) H (l )* H i(s)* m H i* d ln i(s) i dT dTm m RTm2 RTm2 x i (5) Die Differenz Hi(l)* - Hi(s)* entspricht der Wärme, die beim Schmelzen der reinen Komponente Ai aus der idealen Lösung bei konstantem Druck und Temperatur wird; also die Schmelzenthalpie. Durch Integration von (5) erhält man aufgenommen (6). Dabei wird angenommen, dass die Enthalpie unabhängig von der Temperatur und von den Molenbrüchen der Phasen ist. x (l ) H * 1 1 ln i(s) m i * R Tm,i Tm x i (6) (l) (s) +(l) Fig. 1: Schmelzdiagramm eines allgemeinen binären Systems. Die Grenzlinie zwischen der homogenen flüssigen Phase und dem Zweiphasengebiet (s) + (l) nennt man Liquiduskurve. Analog wird die Grenzlinie zwischen dem Zweiphasengebiet und der homogenen festen Phase als Soliduskurve bezeichnet. [2] (s) Nun soll die Mischung zweier Komponenten mit einer vollständigen Mischlücke betrachtet werden. Dabei ändert sich gegenüber der vollständigen Mischbarkeit nur, dass das chemische Potential der festen Phase in der Mischung gleich dem chemischen Potential des reinen Stoffes ist, also μi(s)*(p,T). Die Schmelztemperatur nimmt hier mit zunehmendem Gehalt der zweiten Komponenten ab, bis die beiden Liquiduskurven im Punkt E enden. Dieser Punkt wird auch als Eutetikum bezeichnet. Das bedeutet, bei einer gewissen Temperatur Tm,E und einem gewissen Molenbruch xi,E sind die beiden Komponenten in der Schmelze vollständig miteinander mischbar. Somit bezeichnet ein Eutetikum ein Schmelzpunktminimum. Man kann nun die verschiedenen Kurvenäste der Liquiduslinien berechnen: * dTm RTm,1 (l ) * dx1 x1( l ) 1 m H1 2 (7) 3 Physikalisch-analytisches Praktikum FS 2009 Versuch Schmelzdiagramm Die Steigung gibt nun an, wie sich der Schmelzpunkt einer Substanz bei Verunreinigungen verhält. Die Anfangssteigung der Kurve ist stoffunabhängig und wird als kryoskopische Konstante bezeichnet. Um Schmelzdiagramme zu bestimmen gibt es eine Vielzahl verschiedener Methoden. Im vorliegenden Fall beschränkt man sich auf die thermische Analyse (siehe dazu Kapitel 2.1). 1.2. Verwendete Grössen und Einheiten Symbol μ p T xi ∆mH Einheit J·mol-1 Pascal Kelvin keine Einheit kJ·mol-1 Tab. 1: Physikalische Grössen und die jeweiligen Einheiten 2. Experimentelles [1], [3], [4] 2.1. Die Methode der thermischen Analyse Bei der Bestimmung eines Schmelzdiagramms verfolgt man bei verschiedenen Zusammensetzungen die Abkühlung der Schmelze und trägt die Temperatur gegen die Zeit auf. Die Form der Abkühlungskurve in den Thermogrammen zeigt dann sofort die Natur des Phasenübergangs. Die Abkühlung folgt dem Newtonschen Abkühlungsgesetz: dT (8) (T Tu ) dt wobei T die Temperatur während des Abkühlvorgangs ist, Tu die Umgebungstemperatur und κ ein Mass für die Abkühlungsgeschwindigkeit ist. 2.2. Versuchsaufbau Fig. 2: Schematischer Aufbau der Versuchsapparatur 1. Reagenzglasrührer mit einstellbarer Rührfrequenz 2. Dewargefäss 3. Isoliermantel (Glasrohr mit kleinem Loch für Lufteinlass) 4. Probenzelle mit Thermofühler 1 4 4 Physikalisch-analytisches Praktikum FS 2009 3 Versuch Schmelzdiagramm 2.3. Kalibrierung des W+W 600 x,t-Schreibers 2 Nullpunktseinstellung: Das Referenz – und Probenthermoelement wurden jeweils in Eiswasser eingetaucht, damit sie die gleiche Temperatur annahmen. Anschliessend stellte man ZERO COARSE auf 0% und reguliere den Nullpunkt auf dem Papier mithilfe des Reglers ZERO RANGE. Siedepunkt von Wasser: RANGE war nun auf 5 mV eingestellt und der Messbereich erstreckte sich von 0 bis 5 mV. Man legte nun in die Probezelle Wasser ein und brachte es mit dem Fön zum Sieden. Man bekam einen maximalen Wert von 4.15 mV. Zur Vereinfachung wurde angenommen, dass die Temperatur linear zu- bzw. abnimmt. 2.4. Aufnahme der Erstarrungskurven Es wurden jeweils zehn verschiedene Molenbrüche Naphthalin bzw. Phenanthren berechnet (total immer 10 mmol) und jede Messung dreimal (die ersten fünf Molenbrüche) bzw. nur noch zweimal (die letzten fünf Molenbrüche) vollzogen. Die Feststoffmischung wurde jeweils in das Probeelement eingefüllt und durch den Fön geschmolzen. Anschliessend setzte man ein zweites Glasrohr darauf (Abkühlen mit Luftisolation) und steckte es in das Dewar-Gefäss mit Eiswasser. Es wurde das Thermogramm aufgenommen. 2.5. Verwendete Chemikalien Stoff Naphthalin Phenanthren Molare Masse 128.17 g·mol-1 178.23 g·mol-1 R-Sätze 22-40-50/53 50/53 S-Sätze 36/37-46-60-61 24/25-61 Tab. 2: Verwendete Chemikalien mit R/S-Sätzen [4] 3. Resultate und Auswertung Für die graphischen Darstellungen und Berechnungen siehe im Fig. 3 und Fig. 4 im Anhang. -1 Schmelzenthalpie [kJ·mol ] Schmelztemperatur [K] Experimenteller Wert 20.6 ± 4.3 351.3 ± 0.3 Literaturwert 19.01 353.4 Tab. 3: Berechnete Resultate für die Schmelzenthalpie und die Schmelztemperatur von Naphthalin mit zugehörigen Vertrauensintervallen und Vergleich mit Literaturwerten. [3] -1 Schmelzenthalpie [kJ·mol ] Schmelztemperatur [K] Experimenteller Wert 12.3 ± 1.6 369.19 ± 0.20 Literaturwert 16.46 372.4 5 Physikalisch-analytisches Praktikum FS 2009 Versuch Schmelzdiagramm Tab. 4: Berechnete Resultate für die Schmelzenthalpie und die Schmelztemperatur von Phenanthren mit zugehörigen Vertrauensintervallen und Vergleich mit Literaturwerten. [3] Molenbruch Eutetikum Temperatur Eutetikum [K] Experimenteller Wert 0.602 ± 0.008 327.7 ± 0.3 Literaturwert 0.47 321.75 Tab. 5: Eutektischer Punkt mit zugehörigen Vertrauensintervallen und Literaturwerten [3]. Für die detaillierte Rechnung siehe Anhang. 4. Diskussion Die Schmelzenthalpie Naphthalin liegt im 95% Vertrauensintervall; für Phenanthren hingegen nicht. Die Schmelztemperaturen liegen für beide Stoffe nicht in den jeweiligen Intervallen. Die Kalibration des x,t-Schreibers hatte sich als schwierig erwiesen und es wird vermutet, dass Messungenauigkeiten eine Folge davon sind. Man müsste noch andere binäre Zusammensetzungen betrachten, um diese These auszuschliessen. Der eutektische Punkt weicht deutlich von den Literaturwerten, was natürlich nicht weiter erstaunt beim Betrachten der erhaltenen Schmelzenthalpien und Schmelztemperaturen. Erstaunlicherweise zeigt die graphische Darstellung der Datenpunkte den eutekitschen Punkt inetwa an der Stelle an, die eher den Literaturwerten entspräche. 5. Literaturverzeichnis [1] Meister, E.; Grundpraktikum Physikalische Chemie, 2. Auflage, vdf Hochschulverlag AG der ETH Zürich, 2006, S. 53 – 74 [2] http://www.chemgapedia.de/vsengine/media/vsc/de/ch/13/pc/thermodyn/ phasen/images/siede.gif, abgerufen am 30. März 2009 [3] Gallus, J.; Qiong, L.; Zumbühl, A.; Friess S. D.; Hartmann R.; Meister, E.C., JChemEd.chem.wisc.edu, Vol. 78 No. 7, 2001 [4] Fluka Katalog (CH) Riedel de Haen, Sigma-Aldrich, 2007/2008 [5] Meister, E.; Grundpraktikum Physikalische Chemie, 2. Auflage, vdf Hochschulverlag AG der ETH Zürich, 2006, S. 427-435 6